| Titel: | Bericht über die sogenannten Knallpulver, die man als Zündkraut auf Feuergewehre brauchen kann. Von dem Hrn. Obersten Aubert und den HHrn. Pelissier und Gay-Lussac. | 
| Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. V., S. 24 | 
| Download: | XML | 
                     
                        V.
                        Bericht uͤber die sogenannten Knallpulver,
                           die man als Zuͤndkraut auf Feuergewehre brauchen kann. Von dem Hrn. Obersten
                           Aubert und den
                           HHrn. Pelissier und
                           Gay-Lussac.
                        Auszug aus den Archives de la Direction des poundres et
                                 salpêtres. 1825. Aus den Annales de Chimie et de Physique, T.
                              XLII. S. 5.Wir haben einige Zeit uͤber Anstand genommen, diesen Aufsaz unseren Lesern
                                 in einer Uebersezung mitzutheilen; theils weil er schon alt ist, (er lag 4 Jahre
                                 im Archive, ehe er am Ende des vorigen Jahres in den Annales de Chymie
                                 erschien), theils weil es uns scheint, daß die Sache selbst schon aus dem Grunde
                                 allein von geringerer Bedeutung ist, weil sich das heutige franzoͤsische
                                 Ministerium dafuͤr interessirt. Da indessen, wie wir in der A. Z. lasen,
                                 die ganze jezige franzoͤsische Armee mit solchen Schlagflinten versehen
                                 werden soll, so wollen wir unsere Leser in den Stand sezen nach obigem Berichte
                                 uͤber diese Sache ihr eigenes Urtheil faͤllen zu koͤnnen.
                                 Uns scheint dabei mehr Nachtheil und Gefahr fuͤr den Freund, als
                                 fuͤr den Feind. Wir bitten uͤbrigens unsere Leser den Aufsaz
                                 uͤber Knallsalze im Polyt. Journ. Bd. XIII. S. 474., so wie die vielen
                                 Uebrigen uͤber Schlagflinten, wovon in jedem Jahrgange mehrere vorkommen,
                                 zu vergleichen.A. d. Ue.
                           
                        Bericht uͤber Knallpulver, als Zuͤndkraut auf
                           Feuergewehre.
                        
                     
                        
                           Der Kriegsminister hat, als Hauptmann Vergnaud ihm eine
                              Schlagflinte (fusil à percussion)
                              uͤberreichte, die mit Howard's Knallqueksilber
                              abgefeuert wird, den Herrn Generaldirector des Pulver- und Salpeterwesens
                              (Hrn. Grafen Ruty) eingeladen, uͤber die
                              Knallpulver, und vorzuͤglich uͤber das Knallqueksilber alle
                              noͤthigen Untersuchungen und Versuche anstellen zu lassen, um uͤber
                              die Gefahren bei Verfertigung, bei dem Transport und bei der Anwendung dieser
                              Compositionen ein sicheres Urtheil fallen zu koͤnnen. Der Hr. Generaldirector
                              hat den Hrn. Oberst Aubert und die HHrn. Pelissier und Gay-Lussac mit dieser Arbeit beauftragt; der Bericht, den wir die
                              Ehre haben dem Ausschusse vorzulegen, enthaͤlt die Resultate derselben. Hr.
                              Hauptmann Tardy, Unterinspector der
                              Salpeter-Raffinerie zu Paris, war so gefaͤllig uns zu helfen und uns
                              mehrere Bemerkungen mitzutheilen, die die Frucht seiner eigenen Erfahrungen
                              sind.
                           
                           Es gibt eine Menge Knallpulver, die sich mittelst eines Schlages entzuͤnden
                              und detoniren; in Hinsicht auf Anwendbarkeit auf Feuergewehre sind jene aus
                              chlorsaurem Kali und aus Knallqueksilber die einzigen, die eine besondere
                              Aufmerksamkeit verdienen; die uͤbrigen sind mit zu viel Unbequemlichkeiten
                              und Gefahren verbunden, theils bei ihrer Bereitung, theils bei ihrer Anwendung.
                           
                        
                           Pulver aus Chlorkali.
                           Dieses Pulver ist ein inniges Gemenge aus Schwefel, Kohle und Chlorkali. Man kann den
                              Schwefel oder die Kohle weglassen, und sie durch andere brennbare Substanzen
                              ersezen; allein das Pulver verliert dadurch mehr oder weniger an Starke. Auf Berthollet's Vorschlag welcher bekanntlich chlorsaures
                              Kali entdekte) fing man im J. 1786. an, solches Pulver auf den Pulvermuͤhlen
                              zu Essonne zu verfertigen: allein eine Explosion mit den schreklichsten Folgen
                              noͤthigte zur gaͤnzlichen Beseitigung desselben. Dieses Pulver ist
                              weit staͤrker, als das beste Pulver, das man aus Salpeter bereitet; der
                              Probemoͤrser wird mittelst desselben sehr bald unbrauchbar, indem die Kammer
                              desselben erweitert wird, und tiefe Risse bekommt. Als Hr. Welter zu Meudon sich desselben zum
                              Fuͤllen der Haubizen bediente, die er in der Erde eingegraben sprengte,
                              sprengte es dieselben immer in gleichfoͤrmige Stuͤke von der
                              Groͤße einer Kastanie, waͤhrend die Bruchstuͤke anderer
                              Haubizen, die mit gewoͤhnlichem Pulver gefuͤllt waren,
                              uͤbrigens aber unter gleichen Umstaͤnden mit den vorigen sich
                              befanden, weit weniger zahlreich waren. Dieses Pulver konnte demnach mit weit
                              groͤßerem Vortheile, als das gewoͤhnliche Pulver, zum Fuͤllen
                              der Haubizen, zum Einsprengen der Thore, zum Zerstoͤren der Bruͤten
                              verwendet werden.
                           Die Eigenschaft, die es besizt, sich durch Stoß oder Schlag zu entzuͤnden,
                              veranlaßte den Gebrauch desselben auch bei den sogenannten Schlagflinten: allein, es
                              wurde wegen seiner vielen Unbequemlichkeiten, vorzuͤglich wegen des Schmuzes,
                              den es zuruͤk laͤßt, und wegen der hoͤchst zerfressenden
                              Wirkung, die es auf das Eisen außen, bald mit dem Knallqueksilber vertauscht. Da
                              dieser lezte Nachtheil desselben von der schwefeligen Saͤure
                              herruͤhren kann, welche sich waͤhrend der Zersezung desselben
                              entwikelt, so versuchten wir die Wirkung der Saͤure dadurch zu neutralisiren,
                              daß wir dem Pulver eine hinlaͤngliche Menge getrokneter kohlensaurer Soda
                              beimengten. Der Versuch hatte den erwuͤnschten Erfolg; allein das Pulver
                              hatte durch diese Mischung viel von seiner Entzuͤndbarkeit verloren, und wir
                              fanden uͤberdieß sehr bald, daß das Potassium-Chloruͤre,
                              welches durch die Zersezung des chlorsauren Kali waͤhrend der
                              Entzuͤndung entsteht, das Eisen in feuchter Luft sehr bald anfrißt. Dieß ist
                              ein großer Fehler am chlorsauren Pulver, und es scheint uns schwer, demselben
                              abzuhelfen.
                           
                           Wir halten es fuͤr uͤberfluͤssig, bei den Eigenschaften dieses
                              Pulvers laͤnger zu verweilen, dessen Anwendung man bereits aufgegeben hat;
                              wir beschraͤnken uns bloß auf die Bemerkung, daß, wenn die Artillerie sich
                              entschließen koͤnnte von demselben in einigen Faͤllen Gebrauch zu
                              machen, die Verfertigung dieses Pulvers, so wie der Transport desselben, unter der
                              noͤthigen Vorsicht mit keiner Gefahr verbunden waͤre.
                           
                        
                           Howard's Pulver, oder Knallqueksilber.
                           Dieses Pulver wird heute zu Tage bei Jagdflinten allgemein angewendet, weil es sich
                              sehr leicht entzuͤnden laͤßt und nicht auf das Eisen wirkt. Wir wollen
                              es unter den verschiedenen Bedingungen seiner Anwendung auf Feuergewehre
                              betrachten.
                           Howard's Pulver ist ein Salz, welches aus Queksilberoxyd
                              und aus einer besonderen Saͤure besteht, die Ein Atom Stikstoff, Ein Atom
                              Sauerstoff und zwei Atome Kohlenstoff enthaͤlt. Man nennt diese Composition
                              seit ihrer Bekanntmachung Knallqueksilber (fulminate de Mercure) oder knallsaures Queksilber. Wenn es entweder durch einen Schlag oder Stoß,
                              oder durch Hize verknallt, wird das Queksilber in Gestalt von Daͤmpfen frei,
                              so wie auch der Stikstoff, und nach dem kohligen Ruͤkstande, den man auf den
                              Oberflaͤchen bemerkt, auf welchen man es verknallen oder verpuffen ließ, ist
                              es hoͤchst wahrscheinlich, daß die Haͤlfte des Kohlenstoffes, welchen
                              es enthaͤlt, mit dem Sauerstoffe Kohlensaͤure bildet, und daß die
                              andere Haͤlfte sich absezt oder zerstreut wird. In dieser Voraussezung
                              gaͤbe Ein Gramm knallsaures Queksilber 0,155 Liter bleibendes Gas bei der
                              Temperatur des Eispunktes (des schmelzenden Eises) und unter einem Druke von 0,76
                              Meter.
                           Dieses Volumen ist aber in dem Augenblike der Explosion um vieles groͤßer,
                              indem es durch die Hize erweitert und noch mit den Queksilberdaͤmpfen gemengt
                              ist. Ein Gramm gewoͤhnliches Schießpulver gibt ungefaͤhr ein doppeltes
                              Volumen elastischer Fluͤssigkeiten.
                           Die Wiederherstellung des Queksilbers (revivification) im
                              Dampfzustande waͤre ein großer Nachtheil, wenn das Knallpulver als
                              Zuͤndkraut in groͤßerer Menge genommen werden muͤßte, als man
                              dasselbe wirklich braucht; indem der Queksilberdampf uͤbel riecht, und
                              zugleich der Gesundheit schaͤdlich ist. Die Jaͤger haben zwar
                              uͤber diesen Nachtheil noch keine Klage erhoben, er ist aber doch immer
                              vorhanden, und ehe man Knallcompositionen als Zuͤndkraut bei dem
                              Militaͤrdienste einfuͤhrt, erfordert die Klugheit den Einfluß zu
                              untersuchen, den sie auf das Moralische des Soldaten in Folge der Nachtheile haben
                              koͤnnen, die wir so eben andeuteten.
                           
                        
                           
                           Verknallung des knallsauren Queksilbers durch den Stoß oder
                                 Schlag.
                           Wir wollen diese Eigenschaft sowohl an dem vollkommen trokenen als sehr nassen
                              knallsauren Queksilber betrachten.
                           Trokenes knallsaures Queksilber verknallt sehr leicht durch Stoß oder Schlag von
                              Eisen auf Eisen; etwas weniger leicht, wenn Eisen auf Stuͤkgut
                              schlaͤgt oder stoͤßt, und noch weniger leicht, wenn Marmor auf Glas
                              oder Marmor auf Marmor stoͤßt oder schlaͤgt; es entzuͤndet sich
                              jedoch unter allen diesen Umstaͤnden ziemlich leicht, so daß man beinahe
                              sicher ist, daß es bei jedem Schlage oder Stoße los geht. Wenn Eisen auf Blei
                              stoͤßt, so entzuͤndet es sich nur mit Muͤhe, und wenn es auf
                              Holz schlaͤgt oder stoͤßt, beinahe gar nicht.
                           Das knallsaure Queksilber entzuͤndet sich immer sehr leicht durch Reibung,
                              besonders wenn Holz auf Holz sich reibt; es verknallt weniger leicht, wenn Marmor
                              auf Marmor und noch weniger wenn Eisen auf Eisen sich reibt, oder gar Eisen auf Holz
                              oder Marmor. Gepuͤlvertes knallsaures Queksilber verknallt weit schwerer,
                              zumal durch Reibung, als solches, welches sich im krystallisirten Zustande
                              befindet.
                           Wenn es mit 5 p. C. Wasser befeuchtet ist, so verliert es viel von seiner
                              Entzuͤndbarkeit, es verknallt indessen noch, wenn Eisen auf Eisen
                              stoͤßt oder schlaͤgt: der Theil, welcher gestoßen oder geschlagen
                              wird, brennt jedoch fuͤr sich allein und ohne Flamme, ohne die
                              Entzuͤndung jenem Theile mitzutheilen, welcher nicht gestoßen oder geschlagen
                              worden ist. Reibung von Holz auf Holz erzeugt eine aͤhnliche Wirkung; allein,
                              durch Stoß von Marmor auf Marmor entstand bei den Versuchen keine,
                              Entzuͤndung, auch nicht durch Reibung von Marmor auf Marmor und auf Holz.
                              Wenn das knallsaure Queksilber von einem heißen Koͤrper entzuͤndet
                              wird, so schmilzt es eben so langsam, wie gewoͤhnliches Schießpulver, das mit
                              15 p. C. Wasser befeuchtet wurde.
                           Wenn das knallsaure Queksilber mit 10 p. C. Wasser gemengt wurde, so
                              entzuͤndet sich dasselbe noch weit schwerer. Es verschwindet jedoch unter dem
                              Schlage von Eisen auf Eisen, aber ohne Flamme und ohne Knall: der Theil, welcher den
                              Schlag empfaͤngt, brennt allein, und wirft den anderen weg. Wenn es mit 30 p.
                              C. befeuchtet wird, verknallt es zuweilen unter dem Laͤufer (Holz auf Marmor)
                              waͤhrend der Arbeit: die Verpuffung geschieht jedoch nur theilweise, ohne der
                              uͤbrigen Masse sich mitzutheilen; der Laͤufer wird bloß unter dem Arme
                              des Arbeiters gehoben, und es entsteht nie ein Nachtheil. Aus diesen Versuchen geht
                              nun die Gewißheit hervor, daß, wenn man mit knallsaurem Queksilber zu thun hat,
                              welches mit Wasser gemengt ist, die Explosionen desselben nicht zu fuͤrchten
                              sind.Bei den neuen Anordnungen, die man in der Zuͤndkrautfabrik (Fabriques
                                    
                                    d'amorces) in der Ebene von Ivry bei Paris seit
                                    der lezten Explosion getroffen hat, durch welche dieselbe gaͤnzlich
                                    zerstoͤrt wurde, hat man daselbst mehr als 2 Millionen Kapseln ohne
                                    irgend einen anderen Schaden verfertigt, als daß ein Marmor unter dem
                                    Laͤufer brach, wie oben angedeutet wurde. A. d. O.
                           
                           Wirkung der Explosion des knallsauren Queksilbers. Es ist
                              eine Eigenheit aller hoͤchst entzuͤndbarer Pulver, daß sie in dem
                              Augenblike ihrer Entzuͤndung verknallen, selbst dann, wenn man nur sehr
                              geringe Mengen derselben anwendet, und auf die sie umgebenden Koͤrper wie
                              eine Triebkraft wirken; die mit einer sehr großen Geschwindigkeit begabt ist. Das
                              beste gewoͤhnliche Schießpulver ist unendlich weniger schnell
                              entzuͤndbar, als das knallsaure Queksilber, und besonders das knallsaure
                              Silber. Es gibt kein Feuergewehr von was immer fuͤr einer Art, das, mit einer
                              eben so großen Ladung dieser bei, den Knallpulver geladen, als man
                              gewoͤhnlich Schießpulver in dieselbe ladet, der Wirkung derselben widerstehen
                              koͤnnte, obschon das Volumen der elastischen Fluͤssigkeiten, die sich
                              aus jenen entwikeln, kleiner ist als das derjenigen aus dem Schießpulver.Man mag was immer fuͤr eine Menge Knallqueksilber in ein Feuergewehr,
                                    aus irgend einem bekannten Metalle laden, so wird man dasselbe dadurch bald
                                    zerstoͤren: denn, waͤhrend man die Zuͤndkapseln mit dem
                                    knallsauren Queksilber ladet, das durch gewoͤhnliches Pulver
                                    gemildert wurde, werden die hierzu noͤthigen Griffel, aus
                                    gehaͤrtetem Gußstahle, mit welchen man dieses Zuͤndkraut in
                                    den Grund der Kapseln eindruͤkt, sehr bald durch die mit jedem
                                    Augenblike sich wiederhohlenden Explosionen ganz gefurcht, obschon die bei
                                    denselben sich entwikelnden Gase auf den Seiten des Griffels ganz frei
                                    hinziehen koͤnnen. A. d. O.
                              
                           30 Gramm knallsaures Queksilber in einer kleinen Schachtel aus Kartenpapier
                              entzuͤndet auf einem Fasse, dessen Boden nur loker befestigt ist, schlugen
                              ein rundes Loch in denselben ohne ihn zu zerschmettern, gerade so, wie eine Kugel
                              eines Vierpfuͤnders dasselbe durchgeschlagen haben wuͤrde. Der Knall
                              bei der Explosion schien weit starker, als der einer Muskete.
                           Dieselbe Menge Schießpulvers unter denselben Umstaͤnden entzuͤndet ließ
                              kaum einiges Geraͤusch vernehmen, zerbrach den Boden nicht, und machte
                              denselben nicht einmal zittern.
                           25 Gramm knallsaures Queksilber in freier Luft auf ein auf der Erde befindliches
                              Brett gelegt zerrissen dasselbe in Stuͤke und schlugen noch uͤberdieß
                              unter dem Brette ein Loch in die Erde. Dieselbe Menge knallsaures Queksilber in ein
                              Faß von ungefaͤhr einem Hektoliter ohne Boden gethan zerschlug dasselbe bei
                              seiner Detonation in Stuͤke.
                           Eine kleine staͤhlerne Kammer von nur 3 Kubikmillimeter (1 1/2 Kubiklinien)
                              Hohlraum, deren Waͤnde 3 Millimeter dik waren, wurde oͤfters durch die
                              Explosion des in derselben enthaltenen Knallqueksilbers zerrissen.
                           25 Gramm in freier Luft entzuͤndetes Knallqueksilber theilten ihre
                              Entzuͤndung einer anderen Portion knallsaurem Queksilber mit, die 5 Centimeter (22,9 Linien)
                              davon entfernt lag; eine zweite Portion desselben, die 12 Centimeter davon entfernt
                              lag, wurde aber nicht mehr davon angegriffen.
                           Wenn man auf Papier neben einander oder selbst auf einander einen Strich knallsaures
                              Queksilber und einen Strich gewoͤhnliches Pulver wie ein Lauffeuer streut,
                              und das knallsaure Queksilber entzuͤndet, so zerstreut sich das Schießpulver
                              ohne eine Spur seines Verbrennens auf dem Papiere zuruͤkzulassen, und man
                              kann es beinahe ganz wieder zusammensammeln. Wenn man aber dafuͤr das
                              Schießpulver anzuͤndet, so geschieht, sobald die Entzuͤndung das
                              knallsaure Queksilber erreicht, die Verknallung augenbliklich, und zwar mit solcher
                              Heftigkeit und Schnelligkeit, daß lezteres noch Zeit genug findet, das
                              uͤbrige Schießpulver zu zerstreuen, ehe es sich entzuͤnden konnte, und
                              man wird keine Spur von Entzuͤndung an dem zerstreuten Schießpulver entdeken.
                              Wenn jedoch das knallsaure Queksilber mit dem Schießpulver, als Mehlpulver, innig
                              gemengt wird, so brennt die ganze Mischung vollkommen ab.
                           Dieses Resultat uͤber die Fortpflanzung der Entzuͤndung durch das
                              knallsaure Queksilber bei so kleinen Entfernungen, in freier Luft, scheint um so
                              mehr außerordentlich, als diese Fortpflanzung bei den Zuͤndkapseln der
                              Feuergewehre im Verhaͤltnisse der Menge des knallsauren Queksilbers ohne
                              Vergleich großer ist, indem sie sich weiter als auf Ein Centimeter (4,588 preuß.
                              Linien) erstrekt, und der Oberstlieutenant Chateaubrun die Entzuͤndung dem
                              Pulver in einem Vierundzwanzigpfuͤnder durch die ganze Dike des Metalles
                              mittelst eines Zuͤndloches von 10 Spizen mit 10 Centigramm knallsaurem
                              Queksilber mittheilte. Die Resultate, die wir so eben hier angefuͤhrt haben,
                              sind unbestreitbar, und man wird bald sehen, daß der Anomalie, die sie darzubieten
                              scheinen, nichts Wesentliches zum Grunde liegt.Unsere Marine hat ein Zuͤndkraut angenommen, welches aus demselben
                                    Pulver bereitet wird und auf das Zuͤndloch der Kanone kommt: dadurch
                                    kommt das Feuer nicht nur in die Patrone durch die ganze Metalldike, sondern
                                    es zerreißt sie, wenn auch das Pergament oder die Huͤlle, aus der man
                                    sie machte, noch so stark ist.A. d. O.
                              
                           Die Staͤrke des knallsauren Queksilbers ist weit groͤßer als die des
                              besten Jagdpulvers; es laͤßt sich aber kaum bestimmen, um wie viel sie
                              groͤßer ist. Man beschraͤnkt sich, um beide zu schaͤzen und mit
                              einander zu vergleichen, darauf, daß man verschiedene Mengen von knallsaurem
                              Queksilber und von Schießpulver unter einer hohlen Kupfermasse verknallen ließ,
                              welche so vorgerichtet war, daß man bemerken konnte, um wie viel sie in die
                              Hoͤhe getrieben wurde. Man fand, daß unter gleichen Umstaͤnden das
                              knallsaure Queksilber die Kupfermasse um 15 bis 30 Mal hoͤher hob, als das
                              Schießpulver.
                           
                           Die große Schnelligkeit, mit welcher die Explosion des Knallqueksilbers geschieht,
                              wodurch eine Wirkung entsteht, die derjenigen aͤhnlich ist, welche ein von
                              einem Feuergewehre abgeschossenes Geschoß hervorbringt, koͤnnte
                              Knallqueksilber unter einigen Umstaͤnden sehr brauchbar machen; z. V. zum
                              Einsprengen der Thore mittelst Petarden.
                           
                        
                           Mischung des knallsauren Queksilbers mit Pulver zu
                                 Zuͤndkraut.
                           Die als Zuͤndkraut nothwendige Menge knallsauren Queksilbers ist so klein, daß
                              man sie so zu sagen gar nicht handhaben kann. Man wurde dadurch nothwendig auf die
                              Idee gebracht, dasselbe mit dem gewoͤhnlichen Schießpulver zu mengen, um die
                              Masse des Zuͤndkrautes zu vermehren. Indessen ist dieser Vortheil, den man
                              dadurch erhaͤlt, nicht der wichtigste. Das knallsaure Queksilber theilt seine
                              Entzuͤndung, wenn es rein ist, nur sehr schwer mit, und in weit geringerer
                              Entfernung, als wenn es mit Mehlpulver gemengt ist. Dieß ist eine Folge der
                              Augenbliklichkeit seiner Entzuͤndung. Wenn es allein ist, so haben die
                              elastischen Fluͤssigkeiten den groͤßten Theil ihres
                              Waͤrmestoffes verloren, ehe sie zu dem Pulver gelangen, und koͤnnen
                              dasselbe nicht mehr entzuͤnden; wenn es aber mit Mehlpulver gemengt ist, so
                              wird dieser noch brennend auf das Schießpulver geworfen, und entzuͤndet
                              dieses. Auf diese Weise lassen sich wenigstens, wie es uns scheint, die oben
                              erzaͤhlten Resultate uͤber die Fortpflanzung der Entzuͤndung
                              des knallsauren Queksilbers erklaͤren.Bei den Mischungsversuchen des knallsauren Queksilbers mit verschiedenen
                                    Stoffen, die man mehr in der Absicht unternahm, das Zuͤndkraut gegen
                                    Feuchtigkeit zu schuͤzen, als um die Mischung selbst
                                    abzuaͤndern, hat man gefunden, daß mehrere derselben auch nur in
                                    geringerer Menge dem knallsauren Queksilber zugesezt, der Explosion dieses
                                    lezteren nachtheilig waren; wie z.B. Oehl, Talg, Harz.A. d. O.
                              
                           Das beste Verhaͤltniß, in welchem das Knallqueksilber mit dem Pulverstaube zu
                              Zuͤndkraut in den Zuͤndkapseln gemengt werden kann, ist, dem Gewichte
                              nach, 10 Theile knallsaures Queksilber auf 6 Theile Mehlpulver. Weniger stark ist
                              es, wo man auf gleich viel Knallqueksilber 6 Theile Mehlpulver nimmt.
                           Bei dem mit Wachs geschuͤzten Zuͤndkraute (amorces cirées) muß man weniger Pulverstaub nehmen. Das
                              gewoͤhnliche kaͤufliche Zuͤndkraut dieser Art hat nur 5 Theile
                              knallsaures Queksilber, und beiden Zuͤndkapseln, die Hr. Vergnaud fuͤr
                              die gewoͤhnlichen Musketen im Felde vorschlug, finden sich gar nur 3,3.
                           Die fuͤr eine Jagdflinte hinreichende Menge knallsauren Queksilbers ist,
                              0,0166 Gramm; d.h., man kann aus einem Kilogramm, (2,13807 preuß. Pfund) 57,600
                              Zuͤndkapseln verfertigen. Fuͤr Musketen im Kriege braucht man jedoch
                              etwas mehr. Bei dem mit Wachs geschuͤzten Zuͤndkraute betraͤgt die
                              Menge knallsauren Queksilbers 3 Centigramm (1 Centigramm = 0,0125 preuß.
                              Graͤn), oder ungefaͤhr doppelt so viel als in den
                              Zuͤndkapseln.
                           Die Kraft, welche noͤthig ist um knallsaures Queksilber zu entzuͤnden,
                              nimmt in dem Maße zu, als man mehr Mehlpulver zur Mischung nahm, und als die
                              Schichte des knallsauren Queksilbers diker liegt. Man kann folglich mehr, oder
                              minder stark explodirendes Zuͤndkraut verfertigen; z.B. ein
                              Zuͤndkraut, das sich entzuͤndet, wenn der gespannte Hahn darauf
                              schlaͤgt, nicht aber wenn der Hahn aus seiner Ruhe darauf faͤllt. Man
                              hat sich, um diese Kraft zu bemessen, mit Vortheil einer kleinen Ramme bedient, die
                              man aus verschiedenen Hoͤhen auf die Zuͤndkrautmischung herabfallen
                              laͤßt; man hat aber zugleich auch die Notwendigkeit einsehen gelernt, zu
                              gleicher Zeit zu untersuchen, wie weit der entzuͤndete Strahl sich durch das
                              Zuͤndloch erstreken kann, durch welches er zu dem Pulver gelangt: denn, wie
                              wir bereits bemerkten, so ist es nicht das reine knallsaure Queksilber, das die
                              Entzuͤndung am weitesten in die Ferne treibt. Man kann uͤbrigens
                              Zuͤndkraut von der staͤrksten Explosionskraft anwenden, ohne
                              fuͤrchten zu duͤrfen, daß es bei dem Hahne in der Ruhe los geht, wenn
                              man nur zwischen demselben und dem Zuͤndloche eine sehr kleine Entfernung
                              laͤßt.
                           Untersuchung des Zuͤndkrautes aus Knallcomposition in
                                 Hinsicht auf den Schmuz, den sie zuruͤk lassen, und auf ihre Wirkung
                                 gegen das Eisen. Das knallsaure Queksilber laͤßt, wie wir bereits
                              bemerkten, einen kohligen Ruͤkstand auf den Koͤrpern, auf welchen man
                              es verknallen laͤßt. Dieser Ruͤkstand ist,
                              verhaͤltnißmaͤßig zu dem Gewichte des knallsauren Queksilbers,
                              ziemlich groß; er verursacht jedoch keine Ungelegenheit, weil die Menge des
                              knallsauren Queksilbers, die als Zuͤndkraut gebraucht wird, aͤußerst
                              klein ist. Es wird uͤberdieß nirgendwo fest zusammenhaͤngend und kann
                              sich nirgendwo anhaͤufen, ohne in Folge der Detonation selbst wieder
                              zerstreut zu werden. Er aͤußert uͤberdieß gar keine
                              zerstoͤrende Kraft auf das Eisen.
                           Das Zuͤndkraut hingegen aus Knallqueksilber, so wie man dasselbe wirklich
                              anwendet, naͤmlich als eine Mischung von Knallqueksilber und Pulverstaub,
                              verhaͤlt sich auf eine verschiedene Weise. Wenn man den Schmuz den sie
                              erzeugen, nach der Zahl des sogenannten Versagens beurtheilen wollte, was
                              uͤbrigens eine sehr genaue Methode ist, um die Nachtheile desselben
                              gehoͤrig zu beurtheilen, so koͤnnte man denselben als gar nicht
                              vorhanden, als Null, betrachten; denn, nach den Versuchen, die wir weiter unten
                              anfuͤhren werden, versagte das Gewehr unter hundert Schuͤssen, die man
                              nach einander abfeuerte, auch nicht ein einziges Mal, weder am Zuͤndloche noch im Lause,
                              waͤhrend man bei dem gewoͤhnlichen Schießpulver mit den alten
                              Schloͤssern annehmen muß, daß jeder siebente Schuß versagt.
                           Um die zerfressende Wirkung des knallsauren Zuͤndkrautes zu beurtheilen, ließ
                              man auf einem sehr schoͤn polirten Flintenlaufe ungefaͤhr gleiche
                              Mengen reinen knallsauren Queksilbers und knallsauren Queksilbers mit Mehlpulver
                              gemengt, chlorsaures Schießpulver und gewoͤhnliches Schießpulver verknallen.
                              Man benezte auch einen Theil des Laufes mit einer Kochsalzaufloͤsung, und
                              legte den Lauf sodann zu ebener Erde in einen feuchten Winkel. Nach vierundzwanzig
                              Stunden untersuchte man die Wirkung, die hierdurch auf das Eisen entstand. Das reine
                              knallsaure Queksilber ließ einen kohligen Ruͤkstand, der mehr
                              voluminoͤs zu seyn schien, als jener von dem gewoͤhnlichen
                              Schießpulver: das Eisen war aber unter demselben ganz unveraͤndert. Das
                              gewoͤhnliche Schießpulver gab weniger Ruͤkstand, und machte das Eisen
                              weniger rostig, als knallsaures Queksilber mit Pulverstaub gemengt. Die
                              Salzaufloͤsung und das chlorsaure Schießpulver hat am meisten Rost
                              erzeugt.
                           Untersuchung der Vortheile, welche bei den Schlagflinten in
                                 Hinsicht auf Ersparung des Schießpulvers Statt haben. Bei der
                              gewoͤhnlichen Flinte hat am Zuͤndloche ein Verlust elastischer
                              Fluͤssigkeiten Statt, welcher bei den Schlagstinten nicht vorhanden ist, und
                              man hielt es der Muͤhe werth, die Groͤße dieses Verlustes zu
                              bemessen.
                           Man nahm zwei gleiche Flinten nach dem Modelle von 1816 fuͤr die Infanterie.
                              Wir wollen sie durch N. 1 und N. 2. bezeichnen. Man pruͤfte sie nach einander
                              am Pendel unter einer Ladung von 10 Gramm Musketenpulver bei einer Kugel von 19 auf
                              das Pfund, die zwischen zwei Lagen von glattem Papiere kam. Der Ruͤkstoß (le recul, das sogenannte Schlagen) war bei beiden
                              Flinten so ziemlich gleich. Man ließ an der Flinte N. 2. ein Schlagschloß (platine à percussion) anbringen, und suchte die
                              Menge Pulvers zu bestimmen, welche zur Ladung nothwendig ist, um einen eben so
                              starken Ruͤkstoß zu erhalten, als die Flinte N. 1. bei einer Ladung von 10
                              Gramm Pulver (1 Gramm = 1,2315 preuß. Graͤn) und obiger Kugel. Man hat
                              gefunden, daß 9,14 Gramm hinreichen, und daß man folglich die Pulverladung beinahe
                              um ein Zehntel vermindern kann, wenn man eine Schlagflinte Statt einer
                              gewoͤhnlichen Flinte nimmt, ohne daß die Weite des Schusses dabei litte. Das
                              so eben angegebene Verhaͤltniß bleibt so ziemlich dasselbe, wenn man
                              staͤrkere Ladungen, als von 10 Gramm nimmt, und gilt genau auch bei einer
                              Ladung von 12,25 Gramm an
                              den sogenannten Munitions-Flinten, an welchen nur ungefaͤhr 11 Gramm
                              in den Lauf gehen.Der Unterschied zwischen den Wirkungen der Schlag- und der
                                    gewoͤhnlichen Flinten mit dem Feuersteine ruͤhrt vielleicht
                                    auch zum Theile von der groͤßeren Schnelligkeit der
                                    Entzuͤndung der Lage her, welche das Zuͤndkraut aus
                                    Knallcomposition veranlaͤßt.A. d. O.
                              
                           Was die Ersparung des Schießpulvers bei der Ladung von ungefaͤhr 1/10
                              betrifft, welche durch Einfuͤhrung einer Schlagflinte entsteht, so muß man
                              noch die Ersparung des Zuͤndkrautes bei der gewoͤhnlichen Flinte dazu
                              rechnen, dessen Gewicht, wenn man die Pfanne voll schuͤttet, im Durchschnitte
                              1,1 Gramm betraͤgt, und dann auch noch das, was auf das Versagen oder
                              Abbrennen kommt, was gewoͤhnlich unter sieben Schuͤssen ein Mal
                              geschieht. Wenn man diese verschiedene Mengen zusammen addirt, so erhaͤlt man
                              eine Ersparung von 2,276 Gramm auf Einen Schuß mit einer Ladung von 12,25 Gramm,
                              oder von 2,276 Kilogramm auf 1000 Schuͤsse, oder in Geld von 6 Frank. 26
                              Cent., wenn das Kilogramm Pulver 2 Frank. 75 Cent. gilt. Diese Ersparung wird zwar
                              zum Theile durch die Kosten des Knallzuͤndkrautes aufgewogen, welches, in
                              Kapseln, 3 1/2, Franken an 1000 Kapseln betraͤgt. Wenn man aber diese lezte
                              Summe von 6 Frank. 26 Cent. abzieht, so bleibt noch immer eine Ersparung von 2
                              Frank. 76 Cent. an 1000 Schuͤssen. Wir fuͤhren uͤbrigens diese
                              Rechnung nur deßwegen hier an, um zu zeigen, daß, in Hinsicht auf Ersparung, die
                              Anwendung des Zuͤndkrautes mehr vorteilhaft, als laͤstig ist.
                           
                        
                           Versagen oder Abbrennen bei den Schlagflinten.
                           Um die Wirkung des Knallzuͤndkrautes genauer wuͤrdigen zu
                              koͤnnen, versuchte man sich unter solche Umstaͤnde zu versezen, wie
                              sie im Kriege Statt haben, und nahm zu den Versuchen ein etwas verdorbenes
                              Schießpulver, das schlecht ausgestaubt war. Das Gewehr wurde mit einer Kugel und mit
                              der gewoͤhnlichen Pulverladung geladen, und das Knallzuͤndkraut war
                              eine Kapsel.
                           Bei einem Zuͤndloche von 1,1 Millimeter Durchmesser fing der Lauf bei dem
                              53sten Schusse an zu versagen, und vom 55sten zum 60sten Schusse brauchte man an 6
                              Kapseln, ohne daß man das Zuͤndloch frei machen konnte, ehe der Schuß los
                              ging.
                           Als man ein Zuͤndloch von 1,85 Millimeter nahm, hatte unter 100
                              Schuͤssen kein Versagen mehr Statt, und zwar unter mehreren Reihen von
                              Versuchen. Nach der lezten Reihe von Versuchen puzte man das Gewehr nicht mehr, und
                              fing am folgenden Tage wieder an zu Schießen. Es versagte der 1ste, 2te, 3te, 4te,
                              5te, 6te, 7te, 16te, 42ste Schuß; dann fielen aber die Schuͤsse ohne alles
                              Versagen fort bis zum hundertsten. Offenbar ruͤhrte dieß von dem Schmuze her, der sich Tages
                              vorher in dem Zuͤndloche ansezte und durch die Feuchtigkeit
                              aufgeblaͤht wurde, die derselbe anzog. Es ist merkwuͤrdig, daß bei
                              allen diesen Versuchen das Zuͤndkraut selbst auch nicht ein einziges Mal
                              versagte.
                           Eben diese Versuche wurden auch mit dem durch Wachs geschuͤzten
                              Zuͤndkraute des Hrn. Vergnaud angestellt. Man
                              bediente sich auch der Flinte des Hrn. Vergnaud, an welcher man jedoch das Schloß
                              gehoͤrig abgeaͤndert hatte. Wenn die Temperatur der Luft sehr
                              erhoͤht war, so fanden sich mehrere Schwierigkeiten an diesem mit Wachs
                              geschuͤzten Zuͤndkraute; es wurde weich, kluͤmperte sich bei
                              leichtem Druke zusammen, und verlor seine Form. Bei einem Zuͤndloche von 1,1
                              Millimeter versagte es, bei hoher Temperatur, haͤufiger als die Kapseln;
                              oͤfters schon bei dem 20sten Schusse: anhaltend wurde das Versagen jedoch,
                              wie bei den Kapseln, erst gegen den 60sten Schuß. Bei einem Zuͤndloche von
                              1,85 Millimeter Durchmesser gab es unter 100 Schuͤssen kein Versagen; allein
                              das Auswerfen fing dann an so bedeutend zu werden, daß man sich eines Augenschirmes
                              bedienen mußte. Das Zuͤndkraut selbst hat einige Male versagt, was eben so
                              von der Natur desselben, als von der Form des Schlosses herruͤhren kann.
                           Es ist hier nicht der Ort, das Schloß fuͤr Zuͤndkraut, das mit Wachs
                              geschuͤzt ist, mit jenem fuͤr die Kapseln zu vergleichen: wir
                              beschraͤnken uns bloß auf die Bemerkung, daß lezteres weniger genau
                              gearbeitet seyn darf, als ersteres; daß sein Hammer oder Hahn in senkrechter
                              Richtung mit groͤßerer Sicherheit auf das Zuͤndloch schlagen wird; daß
                              er dann weniger Kraft brauchen wird, um das Zuͤndkraut zu entzuͤnden,
                              und daß das Auswerfen dann weniger bedeutend seyn wird.
                           Der Vortheil, daß hier kein Versagen Statt hat, beschraͤnkt sich nicht auf
                              eine Ersparung an Schießpulver als Zuͤndkraut von 1 Mal unter 7 Mal; man muß
                              bedenken, daß die Menge Schießpulvers, die der Soldat als Zuͤndkraut
                              aufschuͤttet, entweder aus Versehen oder absichtlich, wie er es
                              oͤfters thut, um den Ruͤkstoß, das Schlagen seines Gewehres zu
                              vermindern, weit groͤßer ist, als man dieselbe hier angenommen hat. Allein,
                              abgesehen von dieser Ersparung, die vielleicht unbedeutend scheinen koͤnnte,
                              hat der Umstand, daß das Gewehr hier nie versagt, den nicht zu berechnenden
                              Vortheil, daß der Soldat dadurch mehr Muth, mehr Vertrauen auf sein Gewehr
                              erhaͤlt, indem er die volle Sicherheit hat, daß seine Flinte ihn nie im
                              Angesichte des Feindes und im Augenblike der Gefahr im Stiche lassen wird.
                           Man koͤnnte glauben, daß man das Versagen nur dadurch gaͤnzlich
                              vermeiden kann, daß man dem Zuͤndloche einen zu großen Durchmesser gibt, und folglich die
                              Schußweite dadurch vermindert; allein, die Erfahrung hat uns gelehrt, daß der
                              Ruͤkstoß der Probe- oder Pendelflinte genau derselbe ist, der Canal
                              des Zuͤndloches mag 1,85 Millimeter oder 1,10 Millimeter im Durchmesser
                              haben. Dieses Resultat wird Niemanden befremden, wenn man bedenkt, daß das
                              Zuͤndloch geschlossen bleibt, nachdem der Hammer oder der Hahn auf dasselbe
                              geschlagen hat. Es waͤre selbst moͤglich, dem Zuͤndloche noch
                              einen groͤßeren Durchmesser zu geben, wenn man dem Hammer eine
                              hinlaͤngliche Starke geben wollte, um der Kraft der elastischen
                              Fluͤssigkeiten Widerstand zu leisten, die durch das Zuͤndloch zu
                              entweichen suchen.
                           Wir haben uns uͤbrigens uͤberzeugt, daß, selbst bei der gemeinen
                              Flinte, ein Unterschied zwischen 1 und 2 Millimeter im Durchmesser des
                              Zuͤndloches keine bedeutende Verminderung in der Schußweite erzeugt. Folgende
                              Tabelle liefert die hieruͤber erhaltenen Resultate:
                           
                              
                                 Durchmesser
                                    des   Zuͤndloches:
                                   Ladung des Pulvers fuͤr jeden
                                    correspondirenden Durchmesser, Zuͤndloches: um denselben
                                    Ruͤkstoß an der Pendelflinte zu erhalten:
                                 
                              
                                 0,90 Millim. 
                                        10,00 Gramm.
                                 
                              
                                 1,66    – 
                                        10,00
                                       –
                                 
                              
                                 2,76    – 
                                        10,39
                                       –
                                 
                              
                                 3,48    – 
                                        10,72
                                       –
                                 
                              
                           Verfertigung des knallsauren Queksilbers. Man bereitet
                              dieses Pulver aus Queksilber, aus Salpetersaͤure von 38 bis 40° an Beaume's Araͤometer; und aus Alkohol von 85 bis 88
                              Centesimalgrad. Verschiedene Versuche im Kleinen haben uns gelehrt, daß das
                              Verhaͤltniß, welches Howard gefunden hat, das
                              beste ist, naͤmlich: 1 Theil Queksilber, 12 Theile Salpetersaͤure und
                              11 Theile Alkohol. Ein Kilogramm Queksilber gibt 174 Kilogramm reines knallsaures
                              Queksilber, und diese Menge reicht zu 40,000 Zuͤndkapseln fuͤr
                              Feldflinten hin.
                           Da das knallsaure Queksilber, so wie man es bereitet, aus kleinen Krystallen besteht,
                              so faͤngt man damit an, dasselbe mittelst eines hoͤlzernen
                              Laͤufers auf einer Marmorplatte zu zerreiben, nachdem man es
                              vorlaͤufig mit 30 p. C. Wasser befeuchtet hat. Man sezt hierauf 6 Theile
                              gewoͤhnliches Schießpulver auf 10 Theile knallsaures Queksilber zu, und
                              faͤhrt mit dem Reiben fort. Man erhaͤlt auf diese Weise einen festen
                              Teig, der, an der Luft gehoͤrig ausgetroknet, gekoͤrnt wird, wo dann
                              jedes Koͤrnchen das verlangte Zuͤndkraut ist.
                           Wenn auch das knallsaure Queksilber durchaus keine Gefahr veranlaͤßt so lang
                              es naß ist, so ist es doch sehr gefaͤhrlich, sobald es troken ist, und muß
                              dann nur mit der groͤßten Vorsicht behandelt werden. Man kann indessen auch
                              die Behandlung desselben in diesem gefaͤhrlichen Zustande gaͤnzlich umgehen;
                              und da die Fabrikation des Knallzuͤndkrautes immer nur in sehr kleinen
                              Quantitaͤten geschieht, da man die Arbeit sehr vertheilen kann, und
                              hoͤchst vollkommene Verfahrungsweisen bei derselben besizt; so nehmen wir
                              keinen Anstand zu erklaͤren, daß diese Fabrikation keiner Schwierigkeit
                              unterliegt, und um nichts gefaͤhrlicher ist, als die Schießpulvererzeugung
                              selbst auf den Pulvermuͤhlen der Regierung. Eine Explosion wuͤrde bei
                              der geringen Menge von Masse, die auf ein Mal verarbeitet wird, fuͤr die
                              Menschen und die Gebaͤude weniger nachtheilige Folgen haben, als bei einer
                              Pulvermuͤhle.
                           
                        
                           Verschiedene Arten von Knallzuͤndkraut, welche bis jezt
                                 angewendet wurden.
                           Man hat 1) Knallpulver in Koͤrnern angewendet (en
                                 grains); 2) in kleinen Kuchen, in Blei oder Papier gehuͤllt (en pastilles); 3) in uͤberfirnißten
                              Koͤrnern (en grains vernis); 4) mit Wachs
                              geschuͤzt (amorces cirées); 5) in Kapseln
                              (amorces à capsule); 6) in Roͤhren
                              (en tube).
                           Die erste Art in Koͤrnern ist sehr gefaͤhrlich; denn durch die
                              Explosion eines einzigen Koͤrnchens explodirt die ganze Masse. Sie ist heute
                              zu Tage nicht mehr gebraͤuchlich. Die uͤbrigen Arten haben nicht
                              denselben Nachtheil; da sie aber alle eine Huͤlle haben, und da die mit Wachs
                              geschuͤzten und in Kapseln beinahe die einzigen gebraͤuchlichen sind,
                              so werden wir nur bei diesen lezteren stehen bleiben.
                           Die mit Wachs geschuͤzten wurden von den Jaͤgern bereits gebraucht, als
                              Hr. Vergnaud sie fuͤr die Infanterie empfahl. In
                              jedem solchen Zuͤndkraute sind 3 Centigramm knallsaures Queksilber und 1
                              Centigramm Mehlpulver aus Kanonenpulver enthalten, welche in eine mit der Hand
                              angelegte Wachsdeke gehuͤllt werden. Diese Huͤlle schuͤzt sie
                              sehr gut gegen die Einwirkung der Feuchtigkeit und gegen gleichzeitige
                              Entzuͤndung. Sie legen sich auch sehr gut in die Pfanne, und lassen sich sehr
                              gut und ohne Gefahr transportiren, nur muͤssen sie gegen Sonnenhize und gegen
                              Alles geschuͤzt werden, wodurch sie sich zusammenballen koͤnnten.
                           Sie haben aber den Nachtheil, daß sie stark auswerfen (cracher), und mehr Rauch und Geruch geben, als das Zuͤndkraut in
                              Kapseln. Man kauft sie heute zu Tage das Tausend um 6,75 Franken bis 7 Franken.
                           Die Zuͤndkapseln werden heute zu Tage am haͤufigsten gebraucht und
                              machen wenigstens 99/100 des Gesammtverbrauches des Knallzuͤndkrautes aus.
                              Fuͤr Jagdflinten haͤlt jede Kapsel 0,017 Gramm knallsaures Queksilber,
                              und 6 Zehntel dieses Gewichtes Mehlpulver. Diese Kapseln widerstehen der
                              Feuchtigkeit sehr gut, und entzuͤnden sich selbst noch wenn sie mehrere Stunden
                              lang in Wasser gelegen sind. Ihre sehr regelmaͤßige und feste Form
                              laͤßt sie auf das Zuͤndloch mittelst mechanischer Huͤlfe
                              auflegen, was bei Feldflinten sehr vorteilhaft seyn wird. Bei der Explosion wird die
                              kupferne Kapsel zerrissen: selten nur zerspringt sie oder wird sie in die
                              Hoͤhe geworfen: wenn man aber den Kopf des Hammers aushoͤhlt, so wird
                              das Kupfer immer nur auf die Erde geworfen werden.
                           Die Kapseln werden mittelst eines Schlagwerkes (au
                                 balancier) verfertigt. Das Zuͤndkraut entzuͤndet sich
                              zuweilen unter der Arbeit, allein das Feuer theilt sich nur selten den wenigen
                              uͤbrigen mit, die in der Arbeit sind. Sie lassen sich leicht und ohne Gefahr
                              transportiren. Das Tausend kostet gegenwaͤrtig im Handel 3, 1/2 Franken. Man
                              kann in diesem Augenblike nicht sagen, ob das mit Wachs geschuͤzte
                              Zuͤndkraut oder die Zuͤndkapsel fuͤr den Felddienst den Vorzug
                              verdient. Man muß Proben, Versuche im Großen anstellen, um diese Frage loͤsen
                              zu koͤnnen.
                           
                        
                           Schluß.
                           Die Erfahrung, die man sich bisher uͤber das Knallzuͤndkraut an
                              Jagdflinten erworben hat, und der beinahe allgemeine Gebrauch desselben bei diesen
                              Flinten lassen keinen Zweifel uͤber die Vortheile desselben bei den
                              Feuergewehren im Kriege. Ihre Anwendung wuͤrde Pulver ersparen, den Schuß
                              sichern, und dem Soldaten mehr Zutrauen auf sich selbst geben.
                           Da Schießpulver aus chlorsaurem Kali den Nachtheil hat, die Gewehre sehr zu
                              beschmuzen und zu verrosten, und folglich das Versagen derselben zu veranlassen, so
                              muß man das Zuͤndkraut aus knallsaurem Queksilber vorziehen, das keinen
                              dieser Nachtheile veranlaßt.
                           Die Fabrikation des knallsauren Queksilbers, obschon nicht ohne Gefahr, hat keine
                              wirklichen Schwierigkeiten, und die Administration des Schießpulvers waͤre
                              auf der Stelle im Stande, dieselbe zu unternehmen, und die Regierung mit dem
                              noͤthigen Bedarfs desselben zu versehen.
                           Das von Hrn. Vergnaud vorgeschlagene Zuͤndkraut
                              besteht aus knallsaurem Queksilber, wie das jezt gebraͤuchliche
                              Zuͤndkraut; es zeichnet sich aber durch seine Wachshuͤlle aus. Die
                              Zuͤndkapseln scheinen, nach dem beinahe allgemeinen Gebrauche derselben bei
                              Jagdflinten den Vorzug zu verdienen; die Beduͤrfnisse des Felddienstes
                              koͤnnen aber noch andere Bedingungen nothwendig machen, deren Untersuchung
                              nicht in unser Gebiet gehoͤrt. Die Erfahrung kann allein hier entscheiden,
                              welche von beiden den Vorzug verdienen.
                           Am Schluͤsse dieses Berichtes glauben wir einem Einwurfe vorbeugen zu
                              muͤssen, den man gegen die Anwendung des Knallzuͤndkrautes bei den
                              Militaͤr-Feuergewehren machen kann, naͤmlich den, daß wir das
                              Queksilber aus dem Auslande beziehen, und daß man im Falle eines Krieges, desselben
                              vielleicht so sehr beraubt werden koͤnnte, daß der Felddienst dadurch auf die
                              empfindlichste Weise leiden muͤßte.
                           Um diesen Einwurf auf seinen wahren Werth zuruͤk zu fuͤhren, wird es
                              hinreichen, zu bemerken, daß man aus Einem Kilogramm (aus 2,13 Pfund preuß. Gewicht)
                              Queksilber wenigstens 40,000 Stuͤk Zuͤndkraut verfertigen kann; daß
                              man also aus 100 Kilogramm vier Millionen Stuͤk Zuͤndkraut bereiten
                              kann, was fuͤr eine Armee von 100,000 Mann hinreichend ist. Es waͤre
                              demnach leicht zu gehoͤriger Zeit sich mit derjenigen Menge Queksilber zu
                              versehen, die man zum Felddienste noͤthig hat. Man weiß uͤberdieß aus
                              Erfahrung, daß waͤhrend der lezten Continentalsperre Frankreich nie an
                              Queksilber Mangel litt.Frankreich war aber damals fruͤher im Besize der zwei wichtigsten
                                    Queksilberbergwerke: Almada in Spanien und Idria in Krain, die es so leicht
                                    nicht wieder bekommen wird. Es werden sich gegen diese Neuerung im
                                    Felddienste dem erfahrnen Krieger wohl noch einige andere wichtigere
                                    Einwuͤrfe darbieten. Es handelt sich naͤmlich darum, ob man
                                    dem Manne seine oben fuͤr ihn berechneten 40 Stuͤk
                                    Zuͤndkraut auf Einmal geben soll, oder ob man den noͤthigen
                                    Vorrath in Masse bei einander halten und erst zu seiner Zeit vertheilen
                                    soll. Beides hat seine großen Nachtheile, und da die Herren Berichterstatter
                                    bei Menschenmord in Masse das Moralische so sehr zu beruͤksichtigen
                                    beliebten, so fragt es sich, ob dadurch, und vorzuͤglich im lezteren
                                    Falle, die ragusanische Moralitaͤt, die Bourmontiaden etc. nicht noch
                                    mehr genaͤhrt werden duͤrften. Abgesehen von allen
                                    Gefaͤhrlichkeiten und Zufaͤlligkeiten bei der Fabrikation, bei
                                    dem Transporte und bei der Anwendung des Knallzuͤndkrautes in Wachs
                                    oder in Kapseln ist so viel gewiß, daß eine Schlagflinte ohne solches
                                    Zuͤndkraut so gut ist, wie eine gewoͤhnliche Flinte ohne
                                    Feuerstein; daß ferner ein verlorner Feuerstein leichter ersezt werden kann,
                                    als ein verlornes Stuͤk Knallzuͤndkraut etc. etc. Es scheint,
                                    daß, wenn man bei einer Armee das Knallzuͤndkraut einfuͤhren
                                    wollte, man eine solche Vorrichtung an dem Schlosse derselben treffen
                                    muͤßte, daß man die Flinte zugleich als Schlagflinte und als
                                    Feuersteinflinte brauchen koͤnnte; das gegenwaͤrtige Schloß
                                    muͤßte gelassen werden, wie es ist, und an demselben nur die neue
                                    Vorrichtung zum Abfeuern mit Knallzuͤndkraut angebracht werden, so
                                    daß der Mann, dem sein Knallzuͤndkraut ausgeht, sich dann auch noch
                                    seines Feuersteines bedienen kann. Eine solche Vorrichtung ist
                                    moͤglich, ohne daß die Schwere des Gewehres dadurch auf eine
                                    laͤstige Weise vermehrt wird, und sie wird sogar nicht mehr kosten,
                                    als wenn man alle alten Schloͤsser abnimmt, und neue dafuͤr
                                    aufsezt. Indessen scheint es uns nicht, daß die
                                    Militaͤroͤkonomie-Commission bei ihrer lobenswerthen
                                    Sparsamkeit, und bei dem geringen Preise, zu welchem ein Soldat angeschlagen
                                    wird (350 fl. das Stuͤk) zu dieser Vorrichtung, wodurch der Soldat
                                    vielleicht um 2 p. C. theurer kaͤme, ihre Casse oͤffnen
                                    werde.A. d. Ue. Man koͤnnte noch uͤberdieß fuͤr den Augenblik das
                              Knallqueksilber durch chlorsaures Kali ersezen, ohne den Mechanismus des Schlosses
                              am Gewehre aͤndern, ohne Knallsilber anwenden zu muͤssen.