Titel: | Bemerkungen über die Abhandlung des Hrn. Raymond, betreffend das Färben der Wolle mit Berlinerblau; von Ed. Collomb. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. VII., S. 42 |
Download: | XML |
VII.
Bemerkungen uͤber die Abhandlung des Hrn.
Raymond, betreffend
das Faͤrben der Wolle mit Berlinerblau; von Ed. Collomb.
Aus den Annales de l'Industrie française et
étrangère, 1829. B. III. S. 430.
Raymond, Bemerkungen uͤber Berlinerblau.
Nach der Abhandlung des Hrn. Raymond (welche im polyt.
Journal Bd. XXXI. S. 43.) enthalten ist,
bestehen die beiden Hauptoperationen, welche man vornehmen muß, um die Wolle
vermittelst Berlinerblau zu faͤrben:
1) in einem Bade von Weinstein – schwefelsaurem Eisenperoxyde;
2) in einem Bade von eisenblausaurem Kali, auf welches ein Bad von
Eisenblausaͤure folgt.
Da ich die Versuche des Hrn. Raymond in der Fabrik zu
Wesserling wiederholen und versuchen wollte, ob man das Berlinerblau nicht auch auf
Baumwolle auf eine solide Weise befestigen kann, so bereitete ich zuerst ein
Rostbad, so wie er es in seiner Abhandlung vorschreibt, in der Hoffnung, daß
dasselbe Bad auch zur Erzielung anderer Farben, wo man ein vollkommen oxydirtes
Eisensalz noͤthig hat, sich wird anwenden lassen. Aber nach einigen Versuchen
fand ich bald, daß die Umaͤnderung des kaͤuflichen Eisenvitriols in
schwefelsaures Eisenoxyd vermittelst Salpetersaͤure und
Schwefelsaͤure, so wie sie Hr. Raymond
vorschreibt, in der Praxis im Großen mit bedeutenden Schwierigkeiten
verknuͤpft ist. Die Notwendigkeit einen Dampfapparat zu haben waͤre
allein schon hinreichend, um es in vielen Etablissements, besonders solchen, welche
nicht nach einem sehr großen Maßstabe angelegt sind, unausfuͤhrbar zu machen.
Ich suchte daher ein einfacheres und wohlfeileres Verfahren zur Bereitung des
schwefelsauren Eisenperoxydes auszumitteln; nach dem folgenden gelang mir die
Bereitung desselben immer sehr gut.
Bereitung des schwefelsauren Eisenoxydes.Das hier angegebene Verfahren ist dasselbe, dessen sich die Chemiker in den
Laboratorien zur Bereitung des schwefelsauren Eisenoxydes bedienen; wir
glauben mit dem Verfasser, daß es dem von Hrn. Raymond angegebenen vorzuziehen ist; wenn aber, das
Faͤrben mit Berlinerblau mehr in Gebrauch kommen sollte, so wird man
in den Mutterlaugen, welche man bei Bearbeitung der Alaunschiefer auf Alaun
und Eisenvitriol erhaͤlt, ein wohlfeiles schwefelsaures Eisenoxyd
finden. A. d. R. der Ann. Ohne Vorliebe fuͤr unsere Verfahrungsweise
das oxydschwefelsaure Eisen darzustellen scheint uns die unsrige, welche im
polyt. Journ. Bd. XXXI. S. 66.
beschrieben ist, den, Vorzug zu verdienen, um so mehr als die obige
Verfahrungsweise schwerlich ein stets gleiches Resultat gibt.A. d. R. dieses Journales.
Man bringt in einem Kessel aus Gußeisen, 100 Kilogr. gepulvertes kaͤufliches Englischroth
und 150 Kilogr. Schwefelsaͤure von 66° Beaumé.
Man gießt allmaͤhlich die Saͤure auf das Oxyd, indem man
bestaͤndig mit einer Eisenstange umruͤhrt; die Masse erhizt sich
uͤber 100° C. und vermittelst etwas kuͤnstlicher Waͤrme
erhaͤlt man ein hartes, compaktes Product von graulichweißer Farbe, welches
nichts als wasserfreies schwefelsaures Eisenoxyd ist; man bringt sodann in den
Kessel 800 bis 1000 Kilogr. Wasser; man erhizt, das Salz weicht auf und loͤst
sich leicht auf; man laͤßt absezen und gießt die klare Fluͤssigkeit
ab; auf dem Boden des Gefaͤßes findet man etwas Peroxyd, welches von der
Saͤure nicht angegriffen wurde und welches zu einer zweiten Operation
gebraucht werden kann. Nach der Theorie muͤßte man fuͤr 100 Oxyd, 188
Schwefelsaͤure von 66° anwenden; in der Praxis muß man aber das
Englischroth im Ueberschuß anwenden, weil die Vereinigung dann schneller erfolgt und
man sicher ist, daß sich alle Schwefelsaure mit Eisenperoxyd verbunden hat; die oben
angegebenen Verhaͤltnisse gaben mir die besten Resultate. Bei diesem
Verfahren braucht man keinen Dampf anzuwenden; man vermeidet die Entwikelung von
Salpetergas, welches der Gesundheit so nachtheilig ist und ist sicher, daß man
schwefelsaures Eisenperoxyd ohne alle Beimengung von Oxydulsalz erhaͤlt, was
nach Hrn. Raymond unumgaͤnglich noͤthig
ist, wenn man recht satte blaue Farben darstellen will.
Wenn man einige Tropfen rothes eisenblausaures KaliDas von L. Gmelin entdekte rothe eisenblausaure
Kali, welches man erhaͤlt, wenn man Chlor durch eine concentrirte
Aufloͤsung von gelbem eisenblausaurem Kali stroͤmen
laͤßt, gibt beim Abdampfen schoͤne rubinrothe Krystalle, deren
Aufloͤsung die merkwuͤrdige Eigenschaft hat, daß sie die
Eisenperoxydsalze nicht faͤllt, waͤhrend sie in den
Eisenoxydulsalzen einen dunkelblauen Niederschlag hervorbringt. Man wird
dieses Salz ohne Zweifel in den Kuͤnsten benuzen koͤnnen.A. d. O. in diese Aufloͤsung gießt, bringen sie darin keinen Niederschlag
hervor, waͤhrend dasselbe Reagens in einer Aufloͤsung von
schwefelsaurem Eisenoxyd, welche mit Salpetersaͤure bereitet wurde, fast
immer einen blauen Niederschlag hervorbringt.
Wenn man alle Fluͤssigkeit decantirt hat, welche 22° am
Araͤometer zeigen muß, gießt man sie in einen Kessel aus Kupfer oder Gußeisen
und versezt sie mit 250 Kilogr. Weinstein; man erhizt bis zum Sieden; das weinsteinsaure
Kali loͤst sich auf und zersezt sich; die Fluͤssigkeit, welche Anfangs
braun war, wird gruͤnlichgelb; nach einer Stunde ist die Zersezung
vollstaͤndig; man laͤßt erkalten; es bildet sich ein leichter Saz; man
zieht die klare Fluͤssigkeit ab und bringt sie in Faͤsser, um sich
ihrer nach Bedarf bedienen zu koͤnnen.
Die Quantitaͤt Weinstein, welche Hr. Raymond zur
Zersezung des Eisensalzes vorschreibt, scheint mir viel geringer als sie sowohl nach
der Berechnung als nach der Erfahrung seyn muͤßte, und es muß in seinem
Mordant nothwendigerweise viel unzerseztes schwefelsaures Eisenperoxyd bleiben; ohne
Zweifel muß man diesem uͤberschuͤssigen Salze seine schwache
Verwandtschaft zur Baumwolle zuschreiben. In der That verwandeln sich 2 Atome
schwefelsaures Eisenperoxyd 2 (Fe O³ + 3 SO³) + 2 Atome doppelt-weinsteinsaures
Kali 2 (KO² + 4 T)
genau in 1 Atom doppelt-weinsteinsaures Eisenkali (KO² + 2 T) + 2 (Fe O² + 3 T) 1 Atom
doppelt-schwefelsaures Kali KO² + 4 SO³ 2 Atome Schwefelsaͤure 2 SO³. Hieraus ergibt sich, daß man wenigstens zwei
Mal so viel Weinstein anwenden muß, als Hr. Raymond
vorschrieb.
Wir wollen nun den Preis meines weinstein-schwefelsauren Eisens berechnen:
100 Kilogr.
Englischroth.
120
Franken.
150 –
Schwefelsaͤure
45
–
250 –
Weinstein
300
–
––––––––––
465
Franken
gaben 75000 Liter einer Aufloͤsung, welche + 1/2 Grad
am Areometer zeigten.
Dieß betraͤgt fuͤr 40,000
Liter
Fr.
248
Die 40,000 Liter des Hrn. Raymond kosten ihm
Fr.
202
––––––
Differenz zu Gunsten meines
Verfahrens
Fr.
154
Ich glaube daher, daß das weinstein-schwefelsaure Eisen, welches Hr. Raymond zum Faͤrben mir Berlinerblau anwendet, auf
die einfachste und zwekmaͤßigste Weise so bereitet wird: daß man das
Eisenperoxyd oder Englischroth mit concentrirter Schwefelsaͤure behandelt,
die erhaltene Masse in heißem Wasser aufweicht, die klare Fluͤssigkeit
abzieht und sie mit einer hinreichenden Menge Weinstein behandelt.