Titel: | Bericht des Hrn. Penot, im Namen des Ausschusses für Naturgeschichte, über Veredlung der Pferderasse. Vorgelesen in der Sizung vom 30. October 1829 an der Société industrielle de Mulhausen. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. X., S. 45 |
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X.
Bericht des Hrn. Penot, im Namen des Ausschusses
fuͤr Naturgeschichte, uͤber Veredlung der Pferderasse.
Vorgelesen in der Sizung vom 30. October 1829 an der Société
industrielle de Mulhausen.
Aus dem Bulletin dieser
Société N. 13. S. 224.
Penot, uͤber Veredlung der Pferderasse.
Sie haben, meine Herren, Ihrem Ausschuͤsse fuͤr Naturgeschichte ein
Schreiben des Hrn. Robineau, Praͤsidenten der
Section des Akerbaues an der Akademie zu Nantes, nebst einer Broschuͤre unter
dem Titel: „Rapport du Jury de la distribution des
primes faite à la faire Nantaise, le 25. Mai 1829“ mitgetheilt. Hr. Robineau verlangt die Meinung unserer Société uͤber einige Fragen in Hinsicht auf
Verbesserung der Pferderasse, und Ihr Ausschuß fuͤr Naturgeschichte glaubte
sich der Einsichten einiger Personen bedienen zu muͤssen, die nicht in seiner
Mitte sind, um diese Fragen auf eine genuͤgende Weise zu beantworten. Wir
waren so gluͤklich einen in dieser Hinsicht sehr erfahrnen Mann zu finden,
der so gefaͤllig war, den Aufsaz zu schreiben, welchen wir die Ehre haben
Ihnen hier vorzulesen. Wenn die Bescheidenheit dieses Mannes uns nicht erlaubt,
denselben zu nennen, so hat sich doch der Ausschuß beeilt ihm in Ihrem und in seinem
Namen dafuͤr zu danken. Die Mittel, die der Hr. Verfasser vorschlug, um die
Rasse unserer Pferde zu verbessern, haben uns sehr geeignet geschienen, diesen Zwek zu
erreichen, und es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß die Administration der
Gestuͤte davon Gebrauch machen wollte.
Der Ausschuß schlaͤgt daher vor, diesen Aufsaz Ihrem Bulletin einzuverleiben, und den Brief des Hrn. Robineau demselben
vorauszuschiken.Auch die Redaction glaubt einen Mann gefunden zu haben, der zu
oberwaͤhntem Aufsaze des ungenannten Herrn Verfassers einige
Bemerkungen liefern konnte. Er war so gefaͤllig, dem Ersuchen der
Redaction zu entsprechen, und wir liefern hier in Anmerkungen zu der
Uebersezung des Aufsazes des Ungenannten die Bemerkungen eines zweiten
Ungenannten.A. d. R.
Schreiben des Hrn. Robineau an den Praͤsidenten der Société industrielle zu
Muͤlhausen.
Nantes den 17. Juli 1829.
Ich bin von der Section des Akerbaues, bei welcher ich in diesem Jahre die Ehre habe
den Vorslz zu fuͤhren, beauftragt. Ihnen den anliegenden Bericht uͤber
Verbesserung der Pferderasse und unserer Remonte zu uͤbersenden.
Das System, welches wir Ihrer Betrachtung unterlegen, beruht auf drei Punkten:
1) Auf Veredlung der gemeinen Rasse und auf Erhaltung guter Zuchtstuten aus
derselben, die geeignet sind durch Kreuzung mit edleren Rassen die Rasse zu
vervollkommnen.
Dieser erste Punkt, der einzige, mit welchem wir uns beschaͤftigen
koͤnnen, laͤßt sich mit geringen Kosten durch anerkannt gute Hengste
erhalten, die Privaten angehoͤren.
2) Auf Verbreitung der bereits vorhandenen Hengste durch das ganze Land. Diese
Hengste sollen auf Kosten der Ortschaften unterhalten werden, welche davon Vortheil
ziehen, und durch Gestuͤte aus reinem arabischen und turcomanischen
Gebluͤte ersezt werden, um eine reine franzoͤsische Blutrasse zu
erhalten, (raçe française pur sang). Diese
Gestuͤte wuͤrden bald fuͤr die Beduͤrfnisse der
Localitaͤten hinreichen, welchen man vielleicht durch einige Jahre noch
andere Hengste liefern muͤßte.
3) Auf unmittelbarem Ankaufe der jungen Pferde zur Remonte von den
Pferdezuͤchtern.
Es wird uns sehr freuen zu vernehmen, daß unsere Bemuͤhungen Ihren Beifall
fanden und daß sie unseren Ideen beistimmen.Obschon der ungenannte Hr. Verfasser in dem folgenden Aufsaze die wichtigsten
in diesem Schreiben aufgestellten Punkte umstaͤndlich beleuchtet, so
glauben wir doch vorlaͤufig noch einige andere Punkte aus demselben
ausheben und mit allgemeinen Bemerkungen gleichsam als Einleitung zu unseren
folgenden Anmerkungen beginnen zu muͤssen. Es handelt hier sich, wie
man sieht, 1) bloß um Veredlung der Pferde zum Dienste der
Cavallerie; um sogenannte Remonte; 2) bloß um Stuten, 3) um Gruͤndung
einer franzoͤsischen Blutrasse.Was den ersten dieser Punkte betrifft, so scheint es uns, insofern wir
Geschichte aͤlterer und neuerer Zeiten, und die Cavallerie der
groͤßten gegenwaͤrtigen Heere kennen, fuͤr jeden stark
bevoͤlkerten, folglich auf einer hoͤheren Stufe von Kultur
stehenden, Staat in dem Maße unmoͤglich seine Cavallerie aus seinen
eigenen Landpferden beritten zu machen, als die Cultur, auf welcher er
steht, hoͤher gestellt ist. Wenn in Frankreich die Cultur bereits auf
einer solchen Stufe steht, daß der Boden kaum mehr zur bequemen und
reichlichen Ernaͤhrung seiner Einwohner hinreicht; wenn Getreide aus
Rußland und aus Afrika nach Frankreich eingefuͤhrt werden muß; wenn
dort in so vielen Departementen die Ziege Statt der Melkkuh die Milch
liefern, das Kaninchen und das Meerschweinchen Statt des Rindes dem
Landmanne sein spaͤrliches Fleisch geben, wenn in Frankreich der Esel
Statt des Pferdes den Pflug und die Schiffe ziehen muß: wie kann man in
einem solchen Lande im Ernste daran denken, seine Cavallerie mit Pferden
beritten zu machen, die im Lande selbst gezogen wurden? Um wie viel theuerer
muͤßte nicht ein Pferd, das in Frankreich vier Jahre lang
gefuͤttert werden mußte, im Vergleiche zu einem Pferde kommen, das
man aus dem Auslande kauft! Man rechne, daß der Unterhalt eines Pferdes in
Frankreich taͤglich nur Einen Franken koste (und gegen einen so tief
unter den wirklichen Unterhaltungskosten stehenden Anschlag wird auch der
groͤßte Skeptiker nichts einwenden) so kommt das Pferd, bis es
vierjaͤhrig geworden ist, vier Mal 365 Fr., oder 1460 Fr., oder 243
Laubthaler: eine Summe, um welche man selbst im Kriege Pferde kaufen kann.
Es ist platterdings unmoͤglich, daß Frankreich wilde Gestuͤte
oder auch nur halbwilde Gestuͤte halten kann, wenn seine Pferde ihm
nicht noch weit theuerer kommen sollen. Es ist ferner platterdings
unmoͤglich, aus halbwilden Gestuͤten, oder gar aus Pferden,
die im Stalle gezogen wurden, eine brauchbare
Cavallerie zu erhalten. Was war die Cavallerie der großen
franzoͤsischen Armee, ehe sie sich durch die Ereignisse des Krieges
mit den ungrisch en siebenbuͤrgischen und moldauischen Pferden der
oͤsterreichischen Armee, mit den polnischen und ostpreußischen
Pferden der preußischen Armee, und mit einigen russischen remontiren konnte?
Napoleon selbst erklaͤrte seine Cavallerie als die „partie honteuse“ seiner Armee.
Und selbst die Pferde der oͤsterreichischen und preußischen Armee,
die in dem Feldzuge nach Rußland „der großen Armee“
einverleibt waren, vermochten nicht, obschon man sagen darf daß sie sechs
Mal dauerhafter waren, als die besten franzoͤsischen Pferde, die
Unfaͤlle des Ruͤkzuges aus Rußland auszuhalten;
waͤhrend die russischen Pferde (die Rosse der Steppen) die fliehenden
Feinde nicht bloß ereilten, sondern ihnen sehr oft um mehrere Tagmarsche
voraus waren. Oeffnen wir doch einmal unsere Augen, und gestehen wir es uns,
daß, wenn ein in einem wilden Gestuͤte erzogenes Pferd, das in seiner
Jugend sich ganz nach seiner ihm eigenen Natur entwikeln konnte, das durch
alle Einfluͤsse der Witterung und der Jahreszeit abgehaͤrtet
wurde zu jedem Mangel und zu jeder Anstrengung, wenn ein solches Pferd dem
Steppenrosse in Hinsicht auf Starke und Ausdauer weit nachsteht, ein im
warmen Stalle beim Bauern erzogenes Pferd nimmermehr die Dienste zu leisten
vermag, auf welche man bei jenem mit Zuversicht rechnen kann. Wenn ferner
selbst das Steppenroß, so wie das Roß aus dem wilden Gestuͤte in
Ungarn, in der Moldau, in Polen, Ostpreußen, durch laͤngere Wartung
und Pflege im Stalle verweichtlicht wird; wenn es mit jedem Tage, den es im
Stalle zubringen muß, schlechter wird, was laͤßt sich von einer
Cavallerie erwarten, deren Pferde im Stalle geboren, aufgezogen, und, wenn
sie endlich zugeritten worden sind, wieder im Stalle gehalten und in diesem
mir groͤßerer Sorgfalt gepflegt werden, als Hunderttausende von
Menschen sich nicht pflegen koͤnnen? Ist es ein Wunder, wenn man
solche Pferde, wo sie von einem bloßen Manoͤuvre heimkehren, hinken
und aufgedruͤkt sieht? Sieht man nicht, daß, wenn mitten im Frieden,
in ein paar Maͤrschen von vier Stuͤndchen des Tages, nur
einige Escadronen einer solchen Seidenhasen-Cavallerie von einer
Stadt in die andere verlegt werden, hinter jeder Escadron einige Duzende
lahm gewordener. Pferde am Zaume nachgefuͤhrt werden muͤssen
von ihrem Reiter, der noch in seinen schweren Stiefeln schneller weiter
kommt, als sein sauberer Gaul? Wahrhaftig, ein ruͤstiger Mann von 60
Jahren kann die Wette wagen, jedes Pferd einer solchen Cavallerie zu
Schanden zu gehen; in 8 bis 10 Tagen wird er jedes solche Pferd um ein paar
Maͤrsche hinter sich gelassen haben. Jeder erfahrne Soldat, der
einige Feldzuͤge in den lezten franzoͤsischen Kriegen bei der
franzoͤsischen Armee mitmachte, wird wissen, wie sehr die Infanterie
an Starke und Dauer im Marsche der Cavallerie voraus war, und wie sie oft
Tage lang warten und die besten Gelegenheiten zum Schlagen entwischen lassen
mußte, bis die Cavallerie, zumal die schwere, buchstaͤblich
nachgehinkt kam. Die Sansculottes haben Deutschland uͤberschwemmt,
ohne ein einziges achtbares Regiment Cavallerie in ihren Legionen gehabt zu
haben: die Geschichte der neueren Kriege hat uns gelehrt, daß ein gut
angefuͤhrtes Heer, selbst bei einem fast gaͤnzlichen Mangel an
Cavallerie siegen kann. Auf der anderen Seite lehrte aber auch die
Geschichte der neueren Kriege in Deutschland, Rußland, Spanien,
Suͤdamerika und in der Tuͤrkey, daß nur leichte Cavallerie,
nur eine Cavallerie, die mit Steppenrossen beritten ist, wahrhaft furchtbar
ist; und hier liefert sie uns dieselben Resultate, die uns die Barbaren bei
dem Sturze des roͤmischen Reiches, die Huͤnen oder Heunen im
Mittelalter, die Osmanen bei dem Sturze des griechischen Kaiserthumes
geliefert haben. Wenn die Cultur in der Mitte Europas ihren Ultrapunkt
erreicht haben wird; wenn wir so verweichlicht seyn werden, wie die
Roͤmer unter Augustulus, die Byzantiner unter Palaͤologus, und
es kommen dann aus der großen Officinagentium vom Kaukasus her wieder neue
Alariche und Genseriche und Odoacer, neue Timur mit hundert tausend
leichten, aber dauerhaften, Pferden; mit Pferden, die 400 Meilen in 5 Tagen
zuruͤklegen; die nicht den Hafersak an das Maul gebunden brauchen,
wenn sie fressen sollen; die mit Tannennadeln und Baumrinde fuͤr ein
paar Mahlzeiten vorlieb nehmen; die keine Wollendeke des Nachts um den Leib
brauchen, damit sie keine Bauchschmerzen bekommen und die auf der harten
Erde eben so gut ruhen und schlafen, als unsere Seidenhasen –
Cavalleriepferde in ihren Staͤllen auf der weichen Streue; wenn der
Lauf der Zeiten in seinem Circulus vitiosus
wieder solche Kraftgenies mit solchen Kraftpferden nach Europa schleudern
wird; dann werden unsere Quarrés uns so wenig nuͤzen, wie den
Roͤmern und Byzantinern ihre Testudo, unsere Kanonen und Congreves so
wenig, als den Roͤmern ihre Katapulten und Widder, und den
Byzantinern ihr griechisches Feuer. Ein Heer von 400,000 Kosaken,
angefuͤhrt von einem neuen Attila, der nicht einen Ceremonienkrieg,
nicht ein Duell mit Kanonen, sondern einen bloßen Verheerungskrieg zu fuͤhren Luft und Geschik hat; der jede
Schlacht vermeidet, und nur schnell wie der Bliz, sengend und brennend und
zerschmetternd ein Land durchfaͤhrt und eben so schnell wieder
verschwindet, als er gekommen ist; werden wir, mit all unserer Taktik, so
wenig aufhalten, als der Unsterbliche, der einzige Friedrich den
Pandurenhauptmann Trenk, und Napoleon der Große den kleinen Schill. Wenn
Frankreich mit den Staaten, die mit ihm verbunden sind, gegen Preußen,
Oesterreich, Rußland und selbst gegen Spanien, das wilde Gestuͤte
hat, weil es noch tief in seiner Cultur steht, die unter civilisirten
Staaten gewoͤhnlichen Ceremonienkriege fuͤhrt, wird seine
Cavallerie immer nur eine Decimale der Cavallerie seiner Gegner seyn.
Wenn Beckmann, gefeierten Andenkens, sagte: es
ist ein Gluͤk fuͤr Deutschland, daß es keiner spanischen
Schafzucht faͤhig ist, so kann jeder Franzose mit Recht sagen, es ist
ein Gluͤk fuͤr Frankreich, daß es keiner Steppenpferdezucht
faͤhig ist, es ist gluͤklich, daß es mehr Menschen zu
Buͤrgern, als Pferde zu Einwohnern hat. Der General der Cavallerie in
Frankreich, der an des alten guten diken Kellermann's Stelle kam, soll nur dafuͤr sorgen, daß die
Pferde, die Frankreich aus den wilden Gestuͤten des Auslandes kommen
lassen muß, nicht verweichlicht werden. „Die
Cavallerie,“ sagte der treffliche alte Husarenoberst Graf
Keglevich, der in Elsaß geblieben ist, „die Cavallerie darf den
Frieden nicht schmeken; Roß und Mann muß im Frieden, wie im Kriege, Tag
und Nacht, Sommer und Winter immer auf den Beinen seyn. Der
gefaͤhrlichste Feind der leichten Cavallerie ist der
Friede.“ Dieser edle Unger, der vielleicht spaͤter als
Feldherr Großes geleistet haben wuͤrde, wenn nicht eine Haubize ihn
vor der Fronte seines Husarenregimentes auf seinem Siebenbuͤrger in
der Mitte entzwei gerissen hatte, war ungeachtet der Strenge, mit welcher er
seinen Leuten und Rossen so wenig Ruhe goͤnnte, als sich selbst,
geliebt von ihnen, und man darf sagen angebetet, wie ein guter Vater von
seinen Kindern. Wenn der franzoͤsische General der Cavallerie seine
leichte Cavallerie, Dragoner, Chevauxlegers, Husaren, Chasseurs à
Cheval auf allen Hauptstraßen Frankreichs Piquetsweise verlegen, und von
ihnen den Briefposten- und Staffetendienst, den. Dienst der Gens
d'Armes versehen ließe; so wuͤrde Roß und Mann abgehaͤrtet,
und eben dadurch erst gestaͤrkt und zum Kriegsdienste brauchbar, und
die Regierung ersparte die ganze Brief- und Staffetenauslage, und die
ungeheuere Summe, die die Gens d'Armes kosten. Diese Ersparung wuͤrde
die Kosten hinreichend deken, die durch den Verlust schwacher Pferde
entstuͤnden, welche nicht ein Mal die Anstrengung, taͤglich
ein paar Lienes zu laufen und ruhig im Bivouac zu stehen, auszuhalten
vermoͤgen. Den Gewinn an Menschenleben, der hierdurch
entstuͤnde, wenn der Mann im Frieden fuͤr die Drangsale des
Krieges abgehaͤrtet wuͤrde, welchen er, verweichlicht durch
den Kamaschen- und Stiefelpuzdienst, weit mehr im Felde unterliegt,
als den Kugeln oder den Hieben des Feindes, wollen wir nicht in Anschlag
bringen: er zaͤhlt heute zu Tage nicht viel. Desto mehr werden aber
die Einwuͤrfe der Officiere gelten, die lieber in
Opernhaͤusern, als im Bivouac, und lieber auf dem gruͤnen
Billiard als an der bestaͤubten Heerstraße sich aufhalten.Daß man, was den zweiten Punkt, die Stuten,
betrifft, sich in neueren Zeiten zu sehr mit der Idee beschaͤftigte,
die Veredlung der Thierrassen hinge allein von dem maͤnnlichen
Geschlechte ab, ist, leider, nur zu wahr. Wir sehen in manchem Staate die
schoͤnsten Beschaͤlhengste von der Regierung mit großen Kosten
durch das ganze Land umhergefuͤhrt, und sehen Stuten von denselben
belegt, die, wenn sie von einem Bucephalus besprungen wuͤrden, doch
nie ein anderes Fohlen zur Welt bringen wuͤrden, als ein trauriges
Mittelding zwischen Pferd und Maͤhre. Wir haben gesehen, daß reiche
Guͤterbesizer, um ihre Rinderrasse zu veredeln, sich Schweiß zer
Stiere von dem schoͤnsten Schlage anschafften, die so stark waren,
daß die Kuh, als der Stier auf sie aufstieg, unter demselben zusammenfiel,
und ihn nicht einmal zu ertragen vermochte. Wir sahen Schafzuͤchter
Merinoswidder fuͤr theures Geld bezahlen, und dieselben unter eine
Heerde von Heidschnucken steken, deren Wolle so grob und so wenig war, daß
das Geld, welches fuͤr die Widder ausgegeben wurde, rein weggeworfen
war. In dieser Hinsicht verdient die Jury von Nantes Dank, daß sie mir der
gewoͤhnlichen franzoͤsischen Galanterie auch auf das weibliche
Geschlecht, wo es sich um Veredlung der Rassen handelt, gehoͤrige
Ruͤksicht nahm. Indessen scheint man diese Galanterie in Frankreich
zu weit zu treiben, und es ist gewiß zu viel behauptet, wenn es in dem
Schreiben des Hrn. Robineau heißt: man brauche nur
geringe Kosten, um mit Privathengsten gute Stuten zu erhalten. Dieß
erinnert uns an einen gewissen Professor der Landwirtschaft an einer
gewissen Universitaͤt, den wir 17 Jahre lang lehren hoͤrten,
daß zur Veredlung der Schafheerden bloß gute Mutterschafe nothwendig sind;
eine Lehre, die sich in dem Lande dieses Professors leider auch auf die
uͤbrigen Hausthiere verbreitete.Was endlich den dritten Punkt betrifft, die Gruͤndung einer neuen
Rasse, so
scheint dieser Punkt heute zu Tage eine Lieblingsidee bei vielen Landwirthen
geworden zu seyn, und wir hoͤrten nicht bloß von der Notwendigkeit
neuer Rassen bei Hunden und Pferden, sondern
auch bei Rindern und Schafen sprechen. Wir sind noch nicht so alt, daß wir
unseres Alters wegen das Alte loben und preisen zu muͤssen glauben,
sind aber uͤberzeugt, daß man durch die Reihe von Jahrtausenden,
waͤhrend welcher man sich in verschiedenen Laͤndern mit
Viehzucht beschaͤftigt hat, in manchen derselben so treffliche Rassen
erzeugte, daß es unmoͤglich seyn wird eine bessere neue Rasse auf die
Beine zu bringen. Wer kann eine bessere Pferderasse wuͤnschen, als
die arabische, eine bessere Rinderrasse als die Schweizer- oder
Frieslaͤndische, je nachdem man im Gebirge oder in sumpfigen Ebenen
Viehzucht treibt; wer eine bessere Rasse von Schafen, als die der Merinos?
Begnuͤgen wir uns mit dem Besten: das Bessere wird nur zu oft der
Feind des Guten; suchen wir die arabische Pferderasse, die Schweizer und
Frieslaͤnder Rinderrasse, die Rasse der Merinos in unser Land zu
verpflanzen; unser Klima, unser Futter, die Behandlungsweise, die diese
Thiere bei uns finden werden, wird mit der Zeit aus diesen besten Rassen,
die wir uns verschaffen koͤnnen, ohnedieß nothwendig im Verlaufe von
Jahren Mittelrassen bilden, die weit hinter der urspruͤnglichen Rasse
zuruͤkbleiben werden, und die es noͤthig seyn wird wieder
aufzufrischen: Klima, Futter, Behandlungsweise wird allen diesen Thieren das
Wappen unseres Landes weit kraͤftiger aufbrennen, als alle
Gestuͤtzeichen nur immer eingebrannt werden koͤnnen. Wo man zu
waͤhlen hat, muß man immer das Beste waͤhlen, da selbst das
Beste weit leichter ausartet, als das Schlechtere besser wird. A. d. 2.
Ue.
Ich habe die Ehre etc.
An die HHrn. Mitglieder der Société industrielle de Mulhouse
.
Meine Herren.
Sie erwiesen mir die Ehre, mir den Bericht der HHrn. Geschwornen bei der Vertheilung
der Preise auf dem Markte zu Nantes mitzutheilen, und Sie fragten mich um meine
Meinung uͤber die vorgeschlagenen Mittel, um zu einer Veredlung der gemeinen
Pferderasse zu gelangen.
Ehe ich zur Sache selbst uͤbergehe, will ich Ihnen einige allgemeine
Bemerkungen unterlegen. Gute Pferderassen, finden sich nur in Laͤndern, wo
die Guͤter nicht zertruͤmmert sind, wo noch großer Grundbesiz
vorhanden ist; wo Stuten guter Art den Werth des Gutes mit welchem sie gleichsam
einverleibt sind, erhoͤhen; wo man endlich sein Interesse dabei findet die
veredelten Pferde zu behalten und die Veredlung durch weitere Fortpflanzung zu unterhalten
und fortzusezen.Dieß ist nicht ganz richtig. Man kann, wenn man auch keine Spanne Landes
besizt, aber einen schoͤnen Stall in einer gut gelegenen Gegend, Geld
und Kenntniß und Fleiß genug um fuͤr gehoͤrige Wartung und
Pflege des Thieres zu sorgen, und Geld genug um die schoͤnsten
Hengste und Stuten jeder Rasse und jedes Schlages zu kaufen, mit Ausnahme
des Kriegsrosses, des Steppenrosses und der harten Rosse der wilden
Gestuͤte, die schoͤnsten Pferde jeder Rasse und jedes Schlages
im Stalle erziehen. England, und das noͤrdliche Deutschland
laͤngs der Ostsee, wo man großen Theils bloß Stallgestuͤte
hat, liefern Beweise fuͤr diese Behauptung. Luxuspferde und die
gewoͤhnlichen Dienstpferde zum Zuge von der hoͤchsten
Schoͤnheit und Guͤte kann jedes Land, das nicht zu sehr
bevoͤlkert oder gar uͤbervoͤlkert ist, in
hinlaͤnglicher Menge zu seinem Bedarfe und selbst noch zur Ausfuhr
auf gewoͤhnlichen Bauernhoͤfen durch Stallgestuͤte
erzielen: Kriegsrosse aber koͤnnen nur in Laͤndern gezogen
werden, die wilde Gestuͤte in ihren noch unbevoͤlkerten
Gegenden halten koͤnnen.
In Frankreich ist dieß nicht so. Durch die Zertruͤmmerung der großen
Guͤter hat sich das Interesse auf eine entferntere Zukunft hinzuarbeiten
verloren; man sorgt so zu sagen nur mehr fuͤr den Augenblik, und jeder
Besizer einer Stute, die den Preis erhielt, und die eine treffliche Zuchtstute
geworden waͤre, wird sie augenbliklich verkaufen, wo man ihm einen guten
Preis dafuͤr bietet, ohne sich zu bekuͤmmern, ob diese Stute, mit
welcher die Veredlung eigentlich anfing, als Zuchtstute gebraucht wird, oder
nicht.Wenn dieß in Frankreich jezt der Fall ist, so muß der Landmann entweder sehr
arm seyn, und die Noth ihn druͤken, die Quelle seines Wohlstandes,
sein Capital anzugreifen, oder er muß hoͤchst unwissend seyn, und
auch nicht die ersten Elemente der Pferdezucht verstehen. Bei uns in
Deutschland wird ein Bauer, der eine gute Zuchtstute besizt, die ihm mit
einem edlen Hengste schoͤne Fohlen bringt, dieselbe um keinen Preis
und nicht ehe weggeben, als bis er sie durch ein anderes aͤhnliches
oder noch besseres Individuum ersezt hat. A. d. 2. Ue.
Hieraus folgt indessen nicht, daß man wieder Majorate herstellen muͤsse,
sondern bloß, daß man auf ein anderes Mittel denken muͤsse,
um gute Zuchtstuten und ihre veredelten Nachkommen auf der
Scholle zu erhalten.Dieses Erhalten der Zuchtstuten und ihrer
veredelten Nachkommen auf der Scholle,
worauf der ungenannte Hr. Verfasser so viel Werth legt, hat einen Nachtheil,
dessen er nicht erwaͤhnt; es erschwert die Kreuzung der Raffen, auf
welche bei den Pferden, wie bei allen Thieren, und selbst bei den Menschen,
so sehr viel, so unendlich viel ankommt. Nichts ist verderblicher und nichts
fuͤhrt schneller zu der schaͤndlichsten Ausartung der edelsten
Rasse, als wenn derselbe Hengst zu seinen eigenen Nachkommen, der Vater zu
seinen Toͤchtern, kommt. Schon Blutsverwandtschaft allein ist
hoͤchst nachtheilig. Dieß ist die Ursache, warum der Pferdeschlag auf
Corsica, auf Aland, auf den schottischen Inseln bis zu einer wahren
Zwergrasse ausartete: Pferde auf Aland und auf den Orkney-Inseln sind
oft kleiner, als unsere Boͤke. Eben dieß zeigt sich auch an Menschen.
Wo nur kleine israelitische Gemeinden sind, und die Heirathen derselben
immer in der naͤchsten Verwandtschaft geschehen, artet der Schlag
dieser herrlichen Menschenrasse, die in Rußland, in Polen, in der
Tuͤrkei, wo sie zu vielen Tausenden leben, und die schoͤnsten
Menschengestalten geben, die das Auge nur immer irgendwo finden kann, so
sehr aus, und wird so schwaͤchlich und kraͤnklich, daß man
Mitleid empfindet, wenn man solche Individuen zu Gesicht bekommt. Der große
und weiße Gesezgeber Mose hat die Erfahrungen des
Nomadenvolkes, dessen Gesezgeber er wurde, aus dem Schleier der Jahrhunderte
hervorgezogen, in welchen sie vor ihm verborgen lagen, und in den heiligen
Buͤchern als Geseze fuͤr alle Laͤnder und Zeiten
aufgestellt. Das 18te Kapitel des III. Buches Mose enthaͤlt in
wenigen Zeilen die Basis, auf welchen die Veredlung der Rassen aller Thiere,
und selbst die Erhaltung des physischen Wohles des Menschengeschlechtes
beruht; es hat Menschen gegeben, die sich erfrechten, von diesen ewigen,
goͤttlichen Gesezen fuͤr ein paar Groschen los zu sprechen.
Von diesen Ungluͤkseligen gilt, was Mose sagt: „Verflucht
sey, wer einen Blinden irren macht auf seinem Wege, und das ganze Volk
sage: Amen!“ (Mos. V. B. 27. 18.)A. d. 2. Ue. Man muß den Grundbesizem zeigen, daß sie einen bleibenden Vortheil hiervon zu erwarten haben, und dieser wird gewiß mehr
Reiz fuͤr die gesammte Masse der Grundbesizer haben, als die jezt
gewoͤhnlichen Preise, die man fuͤr bessere Pferde gibt; Preise die
fast immer wieder in die vorigen Haͤnde zuruͤk fallen, und die in
einer viel zu geringen Anzahl vertheilt werden, als daß sie zur allgemeinen
Aufmunterung dienen koͤnnten.Diese Bemerkung uͤber die Preise sind, leider, nur zu wahr. Sie sind
nicht bloß ein verkehrtes, sondern ein hoͤchst schaͤdliches
Mittel, zur Veredlung der Rassen der Hausthiere aufzumuntern; sie
entmuthigen vielmehr, als daß sie aufmuntern.A. d. 2. Ue.
Ein Zeichen, welches die zur Fortpflanzung geeigneten Individuen vor den
uͤbrigen auszeichnet, und welches zugleich den Grad der Verbesserung in den
Nachkommen derselben ausdruͤkt, scheint mir ferner eine unerlaͤßliche
Sache, wenn man die erhaltenen Vortheile verfolgen und beurkunden will. Ohne diese
Vorsicht kann man nie wissen, woran man ist. Mit der Zeit wird dieses Zeichen den
Pferden, die damit versehen sind, eben den Werth geben, den das
Gestuͤtezeichen auserlesener Gestuͤte des Auslandes einem Pferde in
den Augen derjenigen gibt, die die Guͤte eines Pferdes nicht selbst zu
beurtheilen wissen.Wenn diese Zeichen nicht mit einer geheimen Marke versehen sind, woran ein
geschworner Commissar allein die Aechtheit derselben erkennt, so werden sie
nur zu demselben Betrug Anlaß geben, der mit den Gestuͤtezeichen so
oft getrieben wird. Es ist eine alle Achtung, d.h. Aufsicht verdienende
Classe von Menschen, zu welcher die Roßhaͤndler nicht selten
gehoͤren. Wir wissen, daß ein Roßhaͤndler alle Marke der
vorzuͤglicheren Gestuͤte in Vorrath hatte.A. d. 2. Ue.
Alles dieß laͤßt sich nur durch ein Gesez einfuͤhren, denn es muß
Privilegien und Strafen geben.
Ich hoͤre schon die Schreier, die das bloße Wort
„Privilegium“ in Aufruhr bringt; man wird mir aber diese
aristokratische Idee verzeihen, wenn man eingesehen haben wird, daß sie mir nur um
des allgemeinen Besten willen in den Kopf gekommen ist; denn nur durch ein solches
Gesez koͤnnen wir es dahin bringen, daß wir bei unseren Remonten nicht
laͤnger mehr vom Auslande abhaͤngen, und daß Frankreich um alles jene
baare Geld leichter wird, was jaͤhrlich fuͤr Militaͤrpferde in
das Ausland geht, und selbst fuͤr Luxuspferde: eine Ausgabe, die
jaͤhrlich zwischen 10 bis 15 Millionen Franken betraͤgt.Wir glauben weder zu den Schreiern, noch zu den Demagogen zu gehoͤren,
wenn wir uns gegen die Aeußerung des ungenannten Herren Verfassers:
„es muß Privilegien und Strafen geben,“ laut
erklaͤren. Es gibt ein weit einfacheres, ein weit kraͤftigeres
und wohltaͤtigeres Mittel, den Landmann zur Anzucht guter und
schoͤner Pferde zu zwingen, ohne daß man ihm ein Privilegium
ertheilt, und dadurch die gleichen Menschenrechte seiner Nachbarn
beeintraͤchtigt und ohne daß man ihn zu strafen braucht. Dieses
Mittel ist: „Verbreitung von Kenntnissen
unter dem Landvolke.“ Die Grundsaͤze der
Veredlung der Rassen aller unserer Hausthiere sind so einfach, und auch
fuͤr den schwachsinnigsten Menschen so leicht faßlich und
einleuchtend, daß man sie jedem Bauer in Einer Stunde begreiflich machen
kann. Sie beruhen auf den allgemein anerkannten Erfahrungen: daß
Kruͤppel nur wieder Kruͤppel erzeugen, daß man also nur
schoͤne, gesunde, starke Hengste, Rinder, Schafe zum Sprunge lassen
darf, wenn man starke, gesunde und schoͤne Nachkommen von diesen
Thieren haben will, daß man keines dieser Thiere zum Sprunge lassen soll,
bis es vollmaͤulig ist, indem ein Thier, das sich selbst in seinen
festen Theilen noch nicht ganz ausgebildet hat, nimmermehr im Stande seyn
kann, ein anderes festes Thier seiner Art zu
erzeugen; daß man einem Hengste, einem Stiere, einem Widder nicht mehr
weibliche Individuen waͤhrend der Sprungzeit zufuͤhren darf,
als er ohne alle Anstrengung, vielweniger nur mit Erschoͤpfung seiner
Zeugungskraft, bespringen kann, daß es sogar ohne Vergleich besser ist, den
maͤnnlichen Thieren weniger weibliche Individuen zuzufuͤhren,
als sie fuͤglich belegen konnten, denn zu viele derselben; daß man
die traͤchtigen weiblichen Thiere waͤhrend ihrer Trachtzeit
und waͤhrend der Zeit, wo sie saugen, schonen muͤsse; daß man
die jungen Thiere sich an ihrer Mutter satt muͤsse trinken lassen,
sie nicht vor der Zeit entwoͤhnen duͤrfe, daß man sie nie vor
der Zeit, und ehe sie stark genug geworden sind, zur Arbeit anstrengen
duͤrfe; daß man endlich jede Blutschande unter den Thieren, nach Mose III. 18 C., auf das Sorgfaͤltigste
vermeiden, d.h., daß man das Blut immer kreuzen muß. Auf diesen wenigen
Grundsaͤzen beruht, mit Einschluͤsse der gehoͤrigen
Wartung und Pflege, das ganze Geheimniß der Veredlung der Rassen. Die
Erlaͤuterung desselben, allenfalls aus der Geschichte der Menschen
selbst von Kruͤppelehen, von Ehen unbaͤrtiger Jungen, von der
Hinfaͤlligkeit der Wuͤstlinge, die sich erschoͤpften,
von den schlechten Muͤttern, die ihre Kinder nicht gehoͤrig
saͤugen, von dem zu fruͤhen Anstrengen der Kinder zur Arbeit,
von den Heirathen in die naͤchste Verwandtschaft etc. hergenommen,
wird kaum eine Stunde noͤthig haben, und wird zugleich eben so
vortheilhaft auf die Moralitaͤt des Landmannes, als auf sein und der
Seinigen physisches Wohl wirken; sie wird ihn lehren, daß die
Grundsaͤze der Religion und der Moral nicht aus der Luft
gegriffen, sondern in der Natur der gesammten thierischen Schoͤpfung
gegruͤndet sind. Wenn es nun bloß dieser Aufklaͤrung
fuͤr den Landmann bedarf, die er gewiß leicht auffassen und begreifen
wird; wenn er, wo er die hier gegebenen Regeln befolgt, sich schon bei dem
naͤchsten Wurfe seiner Hauschiere von der trefflichen Wirkung der
Befolgung dieser Grundsaͤze uͤberzeugen wird; wird es dann
eines Privilegiums fuͤr ihn beduͤrfen, um ihn aufzumuntern,
sein Einkommen zu vermehren, oder wird eine Strafe noͤthig seyn, um
ihn zu zwingen wohlhabender zu werden? Das kraͤftigste und das
wohlthaͤtigste Zwangsmittel, den Menschen zum Guten zu zwingen, ist,
ihn aufzuklaͤren uͤber sein eigenes physisches und moralisches
Wohl. Ist sein Verstand zur Ueberzeugung gekommen, daß er und die Seinigen,
zugleich mit seinen Hausthieren nur dann gedeihen koͤnnen, wenn er
sich und die Seinigen nach den ewigen Gesezen der Natur behandelt, so kann
er, so lang sein Verstand gesund und diese Ueberzeugung in ihm lebhaft ist,
nimmermehr abweichen von der Bahn zum Guten; er kann nicht irren:
Ueberzeugung ist ein innerer Zwang, der, jedem aͤußeren, dem Reize
und der Strafe, gleich maͤchtig widersteht.A. d. 2. Ue.
Entwurf eines Gesezes.
1) Die zur Fortpflanzung tauglichen Stuten werden zu einer Revue vorgefuͤhrt,
die in jedem Bezirke unter Aufsicht des – – – – gehalten
wird.
2) Die Zuchtstuten, welche man fuͤr tauglich zur Fortpflanzung gefunden hat,
werden mit einem Eisen gebrannt, welches das Wappen des Departements einbrennt.
Ueber diesem Wappen befindet sich die Zahl, welche die Generation andeutet.Vergl. Note 25. S. 51.
3) Die Eigenthuͤmer der ersten gut befundenen Zuchtstuten werden von der
Grundsteuer einer halben Hektare Wiesenlandes (2780 Wiener Klafter) erster
Classe als Futterland fuͤr jede Stute unter der Bedingung frei gesprochen,
daß sie sich ausweisen, daß diese Stuten in zwei Jahren wenigstens ein Mal
besprungen wurden, und daß sie die Nachkommen derselben aufbehalten wollen.Der Landmann gewinnt also bei diesem Steuernachlasse, wie sich aus der unten
folgenden Rechnung ergibt, dadurch, daß er seine Stute behaͤlt, 10
Franken. Wenn nun der Ort, wo die Revue gehalten wird, etwas weiter von
seinem Hofe entfernt liegt, so kann ihm der Ritt zur Revue und
zuruͤk, und der Aufenthalt bei derselben, von diesen 10 Franken
leicht so viel entziehen, daß ihm wenig oder gar nichts davon uͤbrig
bleibt. Er hat also von den 10 Franken wenig oder nichts, und die Regierung
hat einen positiven, und nicht geringen, Schaden. Wenn ihm aber auch die 10
Franken des Jahres rein in der Tasche blieben; sollen ihn diese mehr reizen
gute und schoͤne Pferde zu ziehen, als die Ueberzeugung, daß er an
einem schoͤnen und guten Pferde das Doppelte und oft noch mehr
gewinnt, als an einer elenden Maͤhre, sobald man diese Ueberzeugung
einmal kraͤftig in ihm hervorgerufen hat?A. d. Ue.
4) Im Falle, daß die Eigenthuͤmer diese Bedingungen nicht erfuͤllen,
oder daß sie eine dieser Stuten fruͤher verkaufen, als sie dieselbe durch
eine ihrer Nachkommen in einem Alter von 4 Jahren ersezen, sind sie gehalten den
Betrag der Grundsteuer, von welchem sie befreit wurden, zu ersezen.Dieß, und der folgende 5te Artikel veranlaßt Haͤkeleien und erschwert
die Steuereinnahmen.A. d. 2. Ue.
5) Wenn eine Zuchtstute stirbt, so muß ein Todtenschein von der Ortsbehoͤrde
ausgestellt werden, und in diesem Falle bleibt der Eigenthuͤmer von der
Ruͤkerstattung der nachgelassenen Grundsteuer frei; es ist ihm erlaubt,
dieselbe durch eine andere in gleichem Grade gut zur Nachzucht befundene Zuchtstute
zu ersezen.
6) Ueber die gut befundenen Zuchtstuten und ihre weiblichen Nachkommen bis zum Alter
von vier Jahren wird jaͤhrlich in den Hauptorten des Bezirkes von einem
Thierarzte in Gegenwart des – – – – Revue gehalten.
Die jungen Stuten bis zum dritten Jahre (pouliches), die
seit der lezten Revue geboren wurden, werden nach Artikel 2 gezeichnet, nur mit dem
Unterschiede, daß die Ziffer nach der veredelten Generation, zu welcher sie
gehoͤren, verschieden ist.
7) Jeder Besizer, der eine vierjaͤhrige Stute von der zweiten Generation
vorgefuͤhrt haben wird, wird, fuͤr dieselbe, von der Grundsteuer
fuͤr eine ganze Hektare Wiesenlandes frei gesprochen; fuͤr eine solche
Stute von der dritten Generation erhaͤlt er Nachlaß fuͤr anderthalb
Hektaren, und fuͤr eine von der vierten Generation Nachlaß fuͤr zwei
Hektaren Wiesenlandes.
Dafuͤr muß er die Bedingungen in Artikel 3, 4, 5 erfuͤllen.
8) In dem Maße als Zuchtstuten einer neuen Generation bei der Revue
vorgefuͤhrt werden, werden die Befreiungen von Grundsteuer fuͤr die
alten Zuchtstuten eingezogen. Die Befreiungen von der Grundsteuer fuͤr eine
und dieselbe Stute gilt nur sechs Jahre lang.
Sie werden bemerken, daß ich hier nur fuͤr Stuten sorge; wenn man der
Veredlung dieser lezteren sicher ist, wird die der Hengste in demselben Maße folgen,
ohne daß es noͤthig waͤre sie besonders zu beguͤnstigen.Dieß scheint uns zu viel behauptet. Die Veredlung durch
Hengste wird immer am besten und sichersten durch
auslaͤndische Hengste edler Race geschehen. Die Race muß immer durch
frisches edles Blut aufgefrischt werden, wenn sie nicht schnell
zuruͤksinken und unter den widrigen Einfluͤssen des Klima's
endlich so zu sagen gaͤnzlich erloͤschen soll.A. d. 2. Ue.
Ueberschlag der Kosten.
10,000 gut befundene Stuten werden dem Staate die Grundsteuer von 5000 Hektaren
kosten. Wenn man im Durchschnitte 20 Franken fuͤr die Hektare Grundsteuer
rechnet, so betraͤgt der hierdurch entstehende Abgang an Grundsteuer
waͤhrend 6 Jahre 200,000 Franken; dieß gibt 2325 Franken fuͤr jedes
Departement. Es gibt wenige Departements, die an den vertheilten Preisen nicht eine
groͤßere Summe bezoͤgen. (Das Departement Ober-Rhein bewilligt
allein jaͤhrlich 7000 Franken fuͤr Veredlung der Pferde und
Rinder.)
Nach dem fuͤnften Jahre koͤnnen schon vierjaͤhrige Stuten der
ersten Erzeugung zur Revue kommen; dann wird also der Abgang an Grundsteuer sich
nach und nach vermehren, sich verdoppeln, verdreifachen und vervierfachen.
Wenn man 10,000 Stuten privilegirt, so werden diejenigen, die durch ihre Nachkommen
ersezt werden, nichts desto weniger fortfahren Fohlen zu werfen; man wird also bald
die doppelte Anzahl guter Stuten besizen.
Es wird gut seyn, die gut befundenen Stuten uͤber das ganze Land zu
vertheilen, um dieser Huͤlfsquelle nicht allenfalls durch die Ereignisse
eines Krieges beraubt zu werden, und vorzuͤglich um die Beispiele, welche man
im Fortschreiten der Veredlung zu befolgen hat, zu vervielfaͤltigen.Wenn man dieses Gesez fuͤr ganz Frankreich, also fuͤr jedes
Departement gelten laͤßt, so scheint diese Maßregel
uͤberfluͤssig.A. d. 2. Ue. Die Vertheilung koͤnnte im Verhaͤltnisse der Anzahl der Stuten
geschehen, die bereits in jedem Departement vorhanden sind.
In Laͤndern, wo es, wie in Elsaß, keine Weiden gibt, koͤnnte die
Regierung die koͤniglichen Waldungen gegen einen maͤßigen Ersaz hierzu
anweisen.Dagegen wird das Forstdepartement bei dem hohen Preise des Holzes in
Frankreich wohl sehr protestiren. In keinem gutgehaltenen Walde, zumal in
Laubwaͤldern (und Frankreich hat keine oder nur sehr wenig
Nadelwaͤlder) kann man Viehtrieb ohne großen Nachtheil fuͤr
den Forst gestatten. Pferde, die so sehr gern an den jungen Trieben des
Laubholzes naschen, und in Waͤldern, die ihrer Natur so sehr zusagen,
so lustig werden und munter hin und her galoppiren und die aufschießenden
Baumchen mit dem festen Tritte ihres Hufes zertreten, sind doͤse
Gaste in einem Walde. Wir zweifeln sehr, ob bei den hohen Holzpreisen in
Frankreich und bei dem hohen Werthe liegender Gruͤnde in diesem Lande
ein halb wildes Gestuͤte, zu welchem wenigstens eine kleine Streke
Waldes gehoͤrt, auch nur halb moͤglich ist.A. d. 2. Ue.
Die HHrn. Geschwornen zu Nantes schlagen vor die Hengste uͤber das Land zu
verbreiten, wo sie dann auf Kosten der Oerter, die von denselben Vortheil ziehen,
unterhalten werden sollen; sie wollen sie durch Gestuͤte aus arabischem und
turkomanischem Blute ersezen.
Die Verbreitung der Hengste uͤber das Land wuͤrde allerdings Vortheile
gewaͤhren; allein diese Maßregel ist nur in Laͤndern anwendbar, wo
noch große Guͤterbesizungen vorhanden sind.Wir haben gezeigt (Not. 21. S. 50.), daß diese Bemerkung nicht richtig ist.
Wenn jedes Dorf in Frankreich so viel auf einen arabischen Hengst, als auf
seinen Kirchthurm und seine Gloken, verwendete, so wuͤrde die
Pferderasse in diesem Lande bald ein anderes Ansehen gewinnen, und die echte
Religiositaͤt wuͤrde dabei nichts verlieren. Jeder Bauer kann
in seinem Stalle eben so gut ein Fohlen aufziehen, das von einem arabischen
Hengste erzeugt wurde, als von einem schlechten Landhengste: die Fohlen
arabischer, Hengste wiehern nicht arabisch.A. d. 2. Ue. In Elsaß kann sie nicht eingefuͤhrt werden, weil der Landmann nicht
mit Hengsten umzugehen weiß; weil man Hengste nicht in demselben Stalle halten kann, in welchem man
Stuten haͤlt, weil endlich nur wenige sich wegen des Springens mit denselben
wuͤrden belasten lassen.Diese Hindernisse sind vielleicht in der That nicht so groß, wie sie
scheinen. Wohlhabende und verstaͤndige Gemeinden haben sich schon
langst beschieden, einen oder mehrere Gemeindestiere auf gemeinschaftliche
Kosten zu halten, und denselben oder dieselben demjenigen anzuvertrauen, der
am besten mit dem Viehe umzugehen weiß. Wenn die Bauern einst
uͤberzeugt werden, daß ein edler Hengst fuͤr ihre Pferdezucht
eben so notwendig und nuͤzlich ist, als ein guter Zuchtstier
fuͤr ihre Rindviehzucht, werden sie sich auch dazu verstehen, einen
edlen Zuchthengst zu halten. Daß der Landmann gewoͤhnlich mit
Zuchthengsten nicht umzugehen weiß, ist allerdings wahr; allein es lernt
sich dieß nicht nur sehr bald und leicht, sondern es wird auch
oͤfters gar nicht noͤthig seyn, daß es erst gelernt wird,
indem nicht so gar selten nicht nur erfahrne Bauern, die bei dem Belegen der
Stuten oͤfters gegenwaͤrtig waren, in dieser Sache Bescheid
wissen, sondern in vielen Doͤrfern auch Bauern sind, die bei der
(Kavallerie gedient haben. Allerdings kann man einen Zuchthengst nicht in
einem und demselben Stalle mit Stuten halten; man kann ihn aber leicht in
einem Stalle halten, in welchem Walachen stehen, oder man kann ihn wohl auch
einzeln in einem Stulle halten. Wenn endlich der Zuchthengst auf
gemeinschaftliche Kosten gehalten wird, so werden sich gewiß auch Bauern
finden, die ihn gern bei ihrem Hause warten und pflegen.A. d. 2. Ue.
Der Rang, in welchem auslaͤndische Hengste auf einander folgen, ist von der
Jury sehr gut bestimmt worden. Ich glaube jedoch, daß man dieser Liste auch noch
auserlesene Hengste aus der Ukraine, aus Siebenbuͤrgen, aus Polen
beifuͤgen koͤnnte, die alle stark und kraͤftig sind.Diese Bemerkung ist sehr richtig; der ungenannte Hr. Verfasser hatte sie sogar noch weiter ausdehnen, und sich auf
einzelne Arten von Pferdeschlag einlassen koͤnnen. Wir haben in der
Einleitung gezeigt, daß Frankreich und uͤberhaupt jedes hoch
cultivirte Land uͤberhaupt keine Kriegsrosse mit Vortheil ziehen
kann, und wir haben in Note 21 erwiesen, daß Lupus- sogenannte
Dienstpferde fuͤr den Pflug, fuͤr den schweren Zug,
fuͤr die Post etc. fuͤglich im Stalle gezogen werden
koͤnnen. Nun wird aber, wo man schwere Pferde braucht, die vor
Lastwagen gespannt werden, ein leichter Araber als Zughengst schwerlich
dienen; ein frieslaͤndischer oder juͤtlaͤndischer, ein
holsteiner Hengst, oder ein Pinzgauer wird hierzu weit besser taugen. Edle
Siebenbuͤrger, Ukrainer, Moldauer, Polaken werden sehr gute Pferde
zum Postendienste und zum leichten Fuhrwerke liefern. Wo es sich aber um
Luxuspferde zum Ritte und zu Equipagen handelt, wird man immer arabische
Hengste; oder wenigstens Barbaren oder schoͤne Tuͤrken, und
allerwenigstens englische oder spanische Hengste noͤthig haben.A. d. 2. Ue. Diese Herren beklagen sich, daß man englische Hengste einfuͤhrt,
waͤhrend man fuͤr denselben Preis sich arabische Hengste, oder Hengste
aus anderen mittaͤgigen Rassen verschaffen koͤnnte.Diese Herren haben hierin allerdings Recht; allein, es gibt nun ein Mal
Liebhaber des inglischen Schlages, und wo man solcher Kundschaften und
seines Absazes sicher ist, laͤßt sich nichts gegen Anschaffung der
theuren englischen Hengste sagen. A. d. 2. Ue. (Nach dem Court-Journal, Galignani Mess. N. 4574.
Polytechn. Journ. XXXV. Bd. S. 78. betraͤgt die
jaͤhrliche Ausgabe Frankreichs fuͤr englische, groͤßten
Theils gestohlne, Pferde uͤber 5 Millionen Franken. A. d. R.) Um so mehr haben wir in Elsaß Grund zu klagen, daß man uns normannische
Hengste schikt, von welchen die bestell bloß englischer Abkunft sind, und so die
Mangel dieser beiden Rassen mit den Fehlern unserer Stuten paaren, und ganz lose
Thiere auf die Welt bringen mit langen duͤnnen Fuͤßen und schwerem
Koͤrper, ohne alle Kraft den selben zu schleppen. Es sollte beinahe scheinen, daß man
sich fuͤrchtet, unsere Pferderasse zu schnell zu veredeln. Ich weiß, daß man
die Absicht hat die Formen zu verbessern und daß man dann erst spaͤter durch
eine bessere Auswahl von Hengsten den Pferden auch die gehoͤrige Starke geben
will. Waͤre es aber nicht besser gerade das Gegentheil von demjenigen zu
thun, was man wirklich thut, und damit anzufangen, daß man den Rossen
zuvoͤrderst Kraft und Staͤrke verleiht? Die Regierung haͤtte
dabei wenigstens den Vortheil, daß sie gute Pferde haͤtte, waͤhrend
sie, wenn sie nur schoͤne, oder wenigstens nicht haͤßliche, Pferde
besizt, nur Rosse an diesen Pferden hat, die zu nichts zu brauchen sind.Dieß ist sehr wahr, und verdient die volle Beherzigung der
Gestuͤteadministration. Der ungenannte Hr. Verfasser naͤhert sich hier unserer Ansicht, daß es sich
bei dem Dienstpferde und bei dem Kriegspferde vor Allem um Staͤrke
handelt; – il faut du nerf!
A. d. 2. Ue.
Es ist Grundsaz, daß man, wenn man die Rassen veredeln will, man die Hengste aus dem
Suͤden und Osten, nicht aber aus Westen kommen lassen muß; nicht weil die
englischen und normaͤnnischen Pferde auch aus dem Westen kommen, sondern
weil, da das Futter in den westlichen Gegenden saftiger und kraͤftiger ist,
Pferde die aus dem Westen nach Osten und in die mittaͤgigen Gegenden
verpflanzt werden, leiden und ausarten, sobald sie nicht mehr dieselbe Nahrung
finden, waͤhrend sie gedeihen und besser werden, wenn sie von Suͤden
oder Osten nach Norden oder Westen kommen.Es ist in diesem Grundsaze manches wahr, manches aber auch nur halb wahr, und
einiges ganz falsch. Es ist wahr, daß auf dem alten festen Lande des Erdballes das Pferd im Osten, das russische
und tatarische Steppenpferd, die groͤßte Starke und Ausdauer besizt.
Es ist aber nicht minder wahr, daß auch im Westen von Europa, d.h. in dem
neuen festen Lande des Erdballes, in N.
Amerika, eine Pferderasse sich in den Waͤldern und Steppen dieses
Landes bildet, die der russischen und tatarischen vollkommen gleich kommt.
Der Tom Thumb und der Rattler, zwei mittelmaͤßige nordamerikanische Pferde, haben
die, besten englischen Traber nicht bloß an Schnelligkeit, sondern auch an
Dauer besiegt.*) Es ist also nicht richtig, daß man die Hengste nicht
duͤrfe aus Westen kommen lassen. Das, uns westlich gelegene N.
Amerika wird vielleicht die supercultivirten Laͤnder Europens einst
noch mit Kriegspferden versehen, und sich in den Pferdehandel mit Rußland
theilen. Es ist wahr, daß der Suͤden die herrlichste, die beste
Pferderasse, die arabische, hat, und daß die
barbarische, die tuͤrkische, die spanische Rasse ohne Vergleich
besser ist, als die normannische; es ist ferner wahr, daß der Norden alles
Gute, was er besizt, von dem Suͤden erhielt, und daß, was man kaum
glauben sollte, alle dem Suͤden eigene organische Koͤrper,
Pflanzen wie Thiere, aus dem Suͤden nach dem Norden verpflanzt, das
noͤrdliche Klima besser vertragen, als die dem Norden eigenen
organischen Koͤrper das Klima des Suͤden. Die Gerste, deren
Vaterland wahrscheinlich Afrika ist, gedeiht noch an der suͤdlichen
Graͤnze Lapplands, waͤhrend es auch dem geschiktesten
Gaͤrtner beinahe unmoͤglich ist, die nordische Himbeere (Rubus arcticus) in dem wilden Klima von
Montpellier auch nur am Leben zu erhalten. Der Neger vom Aequator ist in
Kopenhagen, in Stokholm, in Petersburg weit gesuͤnder, als der
Daͤne und der Schwede in Ost- und Westindie. Allein, wenn auch
dieß wahr ist, so ist es doch unrichtig, daß das edle, hohe, volle
Daͤnenroß, der Elephant unter den Pferden, nicht auch bei uns
gediehe, wenn wir es so zu schaͤzen wuͤßten, wie es unsere
Voraͤltern mit Recht geehrt haben. Dem schweren Schlage unserer
Pferde waͤre nichts wohlthaͤtiger, als eine Auffrischung von
frieslaͤndischem, juͤtlaͤndischem, holsteinischen
Blute. Das Pinzgau koͤnnte dafuͤr auch den Daͤnen
schoͤne Stuͤke zur Kreuzung liefern. Daß im Westen das Futter
saftiger und kraͤftiger ist, gilt vielleicht nur von einigen Theilen
Frankreichs; von Europa uͤberhaupt aber durchaus nicht. Das Ukrainer,
das Siebenbuͤrger Pferd ist sehr zu bedauern, wenn es nach Frankreich
gebracht wird: es findet daselbst ein erbaͤrmliches Futter im
Vergleiche zu jenem seiner Heimath. Zum Gluͤke hat das Pferd eine
Roßnatur, und ist weniger an eine gewisse Art Futters gebunden, als andere
pflanzenfressende Thiere: das arabische Pferd erhaͤlt bloß Gerste;
aͤußerst wenig, oft Monate lang, kein Heu, und dieses ist so
schlecht, daß ein franzoͤsischer Gaul es kaum fressen wuͤrde.
Das suͤdungrische Pferd wird mit Mohar (Panicum germanicum), gefuͤttert. Die schweren Pferde der
Steyermark erhalten, bei starker Arbeit im schweren Zuge auf den steilen
Bergen, Roggen, statt Hafers oder Gerste. Der polnische Klepper
erhaͤlt oft den ganzen Tag uͤber auf einem Ritte von 12 und
mehr deutschen Meilen nichts wie Brot und etwas schlechtes,
saͤuerliches Bier. Die Pferde des Diomedes, die muthigsten im Heere
der Griechen vor Troja, fraßen Fleisch, und wir sahen selbst ein ungrisches
Husarenpferd geraͤuchertes Fleisch mit Gierde essen, so wie wir
Kosakenpferde Fichtennadeln und Rinde fressen sahen. Englaͤnder haben
Pferde bei gelben Ruͤben, bei Erdaͤpfeln gehalten, und diese
Pferde bei diesem Futter zu schwerer Arbeit mit Nuzen gebraucht. Mehrere
Landwirthe in Deutschland fuͤttern ihre Dienstpferde mit Brot, und
die Pferde in Suͤdamerika, die gleichfalls unter die dauerhaftesten
Pferde gehoͤren, erhalten ihr ganzes Leben uͤber kein
Koͤrnchen Kernfutter. Das Pferd gewoͤhnt sich uͤberdieß
leicht an verschiedenes Futter. Indessen will es uns rathsam scheinen, die
auslaͤndischen Hengste so viel moͤglich bei ihrem
heimathlichen Futter zu lassen. Ich wuͤrde meinen Araber, wenn ich
einen haͤtte, mit Gerste fuͤttern, wie er sie fruͤher
aus der Hand seines Freundes neben dem Zelte erhielt, und den Unger mit
Mohar. Zwischen arabischer Gerste und franzoͤsischer oder deutscher
ist gewiß nicht so viel Unterschied, als zwischen arabischer Gerste und
deutschem oder franzoͤsischem Hafer und Heue; und wenn das Futter,
was allerdings der Fall ist, Einfluß auf die Gesundheit und Starke des
Thieres hat, so wird es besser seyn, wenn man das Thier bei jenem Futter
laͤßt, bei welchem es so ausgezeichnet gut geworden ist. Es ist bei
Menschen eben so: der Sachse wird krank, wenn er keine Butter zu seinem
Brote hat; der Spanier, wenn er keine Linsen, keine Eier mit Baumoͤhl
bekommt) der Englaͤnder, wenn er nicht seinen kalten trokenen
Rostbeaf hat, und der Schweizer und Italiaͤner, wenn er nicht
Kaͤse in die Suppe reiben kann.A. d. 2. Ue.*) Die besten nordamerikanischen Traber liefen, in reinem Trotte, eine
englische Meile in 2 1/2 Minute. Amerikanische Renner (Abkoͤmmliche
zweier Araber: Darley und Godolphin) liefen bereits 4 engl. (eine deutsche)
Meile in 7 Minuten 37 Secunden, und, geritten von einer Dame, Eine engl.
Meile in Einer Minute 44 Secunden. Vergl. Polytechn.
Journ. XXXIV. Bd. S.
324.(A. d. R.)
Ich denke nicht, daß die Errichtung eines Gestuͤtes aus rein arabischem und
turkomanischem Gebluͤte eine gute Spekulation ist. Es heißt dieß nicht eine
Rasse veredeln; es heißt mit großen Kosten eine neue Rasse einfuͤhren, die,
in Folge des Einflusses des Klima's, wieder ausarten wird.Hieruͤber laͤßt sich nichts mit Gewißheit sagen, weil wir des
Unterrichtes der großen Lehrmeisterinn, die allein uns Wahrheit lehrt, der
Erfahrung, hierin bisher gaͤnzlich entbehren mußten, und
wahrscheinlich noch lang entbehren werden: denn schwerlich wird die
Civilliste eines Koͤniges in Europa bei den vielen Lasten, mit
welchen der Hofhalt auf dieselbe druͤkt, hinreichen, ein
Gestuͤte aus rein arabischem Gebluͤte zu errichten und zu
unterhalten; ein Gestuͤte wie es auch nur mancher mittlere Emir in
Arabien hat. Sehr gute, sehr ausgezeichnete arabische Hengste
erhaͤlt man nicht; an die besten ist gar nicht zu denken. Hengste,
die man um 12,000 fl. das Stuͤk kauft, sind eigentlich bloß
Mittelgut. Nun muͤßte man zur Anlage eines solchen Gestuͤtes
wenigstens 6 Hengste haben; = 72,000 fl. Wir wollen auf jeden Hengst 20
Stuten rechnen. Eine Stute von edler Abkunft, nur in drei Generationen edel
sowohl von vaͤterlicher als muͤtterlicher Seite, die alle jene
Eigenschaften besizt, von welchen der Prophet spricht, wenn er sagt:
„ihr Schooß ist ein Schaz und ihr Ruͤken der Siz der
Ehre,“
„die rein wie Milch ist, beruͤhmt durch die Leichtigkeit
und Schnelligkeit ihres Laufes, die im Stande ist den Durst geduldig zu
ertragen und gewohnt an die Beschwerlichkeiten eines langen
Marsches.“ eine solche Stute kostet zwischen 6 und 8000 fl.
Nehmen wir 7000 fl.; so kommen 20 Stuten auf 140,000 fl.; diese Summe
zwoͤlf Mal genommen, gibt, fuͤr den Ankauf eines
Gestuͤtes aus reinem und edlen arabischen
Blute, ein Suͤmmchen von 1,680,000 flHierzu die Summe fuͤr
Hengste mit 72,000
flDann die Reisekosten der
Commissare, welche den Einkauf besorgen, der Pferde
zuruͤk, der Assecuranz auf dem Meere, mit 50,000
fl.
––––––––––gibt 1,802,000 fl.und dafuͤr hat man erst 252 Stuͤk
Pferde. Solcher Pferde besizt aber mancher mittlerer Emir zu 2 bis 5000
Stuͤke, und darunter solche, die ihm um den halben Mond selbst nicht
feil sind. Es ist sehr natuͤrlich zu denken, daß nicht leicht ein
Koͤnig, und auch nicht leicht eine Regierung, ein Experiment wagen
wird, das 2 Millionen Gulden kosten, und uͤber dessen Ausgang der
eine sich denkt, daß es keine gute Speculation ist, und folglich der andere
sich auch bloß denken kann, daß es eine gute Spekulation seyn
koͤnnte. Wenn wir sehen, daß ein paar Troͤpfchen arabischen
Blutes in den Waͤldern von N. Amerika und auf der nebeligen Insel am
Canale, in Klimaten, die so zusagen die Antipoden von dem heißen Himmel
Arabiens sind, Pferde liefern, die zu den schnellfuͤßigsten des
Erdballes gehoͤren; was ließe sich erst erwarten, wenn die ganze
Masse arabischen Blutes dort in Bewegung kaͤme? Wenn das feurige
arabische Pferd, in seiner Heimath vom Durste gequaͤlt, unter diesen
Qualen, die die empfindlichsten fuͤr ein Pferd sind, das geworden
ist, was es ward; sollte sich von einem solchen Pferde nicht erwarten
lassen, daß es unter einem Himmelsstriche, der es von dieser Qual befreit,
noch kraͤftiger gedeihen muͤßte? Sollte in der Natur des
Pferdes derselbe Fehler liegen, den man an Menschen so oft zu beklagen hat,
daß sie nicht besser geworden sind, wenn man ihre Beduͤrfnisse
befriedigt hat, und wenn sie in Ueberfluß versezt wurden? Bei edlen Menschen
ist indessen dieß nicht der Fall; sollte es bei Pferden edler Rasse anders
seyn? Wenn jemals ein Koͤnig in Europa einen solchen Versuch wagen
sollte (falls nicht der Kaiser, der die Haͤlfte des Landes von Europa
und Asien besizt, bei der Leichtigkeit, in welcher er sich befindet, ein
aͤhnliches Experiment in weit groͤßerem Maßstabe
auszufuͤhren, jeden kleineren Versuch uͤberfluͤssig
macht), so muͤßte aber auch derselbe mit arabischer
Puͤnktlichkeit durchgefuͤhrt werden; es muͤßten die
Geseze Mose's auf die gewissenhafteste Weise gehalten und jede Blutschande,
jede Paarung unter Blutsverwandten auf das Sorgfaͤltigste vermieden,
und folglich Kreuzung des Blutes auf das Genaueste beobachtet werden.*)Die Thiere muͤßten ferner genau so gehalten und die Fohlen, wie man
sagt, von Kindesbeinen an so erzogen werden, wie der Araber sie mehr als
Freund und Vater dann, als Herr, behandelt und erzieht.A. d. 2. Ue.*) Bekanntlich besizen die Araber Stammbaͤume ihrer edleren Pferde
sowohl von Hengsten als von Stuten, die in eine Zeit hinaufreichen, bis zu
welcher kein Stammbaum irgend einer europaͤischen Familie, auch nicht
der aͤltesten und vornehmsten zuruͤkfuͤhrt. Es war
naͤmlich lang vor Mahomed schon Sitte unter den Arabern, das Gesez
Mose's gegen die Blutschande auf das Gewissenhafteste zu befolgen, und in
dieser Hinsicht ließen sie jede Belegung einer Stute von einem Hengste nur
vor Zeugen, und gewisser Maßen unter obrigkeitlicher Aufsicht, geschehen,
und nahmen uͤber diesen Art ein kleines Protokoll auf. Man findet bei
manchem Araber, der so zu sagen nur in Lumpen gekleidet ist, eine
Roͤhre aus Gold mit Edelsteinen besezt, in welcher ein Pergament
stekt, worauf die Abkunft seines Leibrosses bis auf viele Jahrhunderte
zuruͤk aufgezeichnet ist. Als in Frankreich und Deutschland noch
gewisse reiche Domstifte vorhanden waren, mußten diejenigen, die auf ein
Canonicat bei demselben Anspruch machten, 10, 20 und mehr Ahnen von
vaͤterlicher und muͤtterlicher Seite beurkunden: der Araber
besizt Ahnenproben fuͤr seine Pferde, die auf mehrere hundert
Generationen zuruͤkreichen, so daß bei ihm die Ahnen der Pferde
genauer beurkundet sind, als bei uns die der Menschen. Da vielleicht Wenige
wissen, wie bei den Arabern, auch noch in neuern Zeiten, das Belegen der
Stute betrieben wird, so wollen wir hier ein Muster eines solchen
Taufscheines (sit venia verbo!) herschreiben,
welcher einer Stute gemeinerer Abkunft, die nur 3 Ahnen zaͤhlte, am
Ende des vorigen Jahrhundertes bei dem Verkaufe an einen Europaͤer
ausgestellt wurde:„Im Namen des guͤtigen und barmherzigen Gottes, von welchem
wir allen Beistand erwarten. Der Prophet sagt: mein Volk wird sich nie
vereinigen, um den Irrthum befestigen zu helfen.“„Wir Unterzeichnete erklaͤren vor dem hoͤchsten
Gotte, beurkunden und bezeugen, indem wir bei unserem Schiksale, unserem
Gluͤke und unserem Guͤrtel schwoͤren, daß die
braune Stute mit einem weißen Sterne auf der Stirne, einem weißen
Hinter- und Vorderfuße, ein Abkoͤmmling edler Voraltern,
sowohl von vaͤterlicher als muͤtterlicher Seite, durch
drei ununterbrochen auf einander folgende Generationen ist; daß sie
wirklich von einer Seglaauier-Stute von Alcazran, von Nedjed, und
von einem Hengste aus der Rasse Schueyman Elisebbah erzeugt wurde; daß
sie alle Eigenschaften jener Stuten, von welchen der Prophet spricht,
wenn er sagt: ihr Schooß ist ein Schaz und ihr Ruͤken der Siz der
Ehre, in sich vereinigt.“„Gestuͤzt auf das Zeugniß unserer Voraͤltern
bezeugen wir bei unserem Schiksale und unserem Gluͤke, daß die
gegenwaͤrtige Stute von edler Abkunft ist; daß sie rein wie Milch
ist; daß sie beruͤhmt ist durch die Leichtigkeit und
Schnelligkeit ihres Laufes; im Stande ist den Durst geduldig zu ertragen
und gewohnt an die Beschwerlichkeiten eines langen Marsches. Urkunde
dessen haben wir dieses Zeugniß ausgestellt etc.“Mehrere interessante Notizen uͤber arabische Pferde finden sich in den
Fundgruben des Orientes von Hrn. v. Hammer
mitgetheilt von Hrn. Grafen Rzewuski.A. d. 2. Ue. Man wuͤrde weit sicherer und schneller und wohlfeiler verfahren, wenn man
franzoͤsische Stuten mit arabischen Hengsten kreuzte.Ob „sicherer,“ daran zweifeln
wir sehr, wenn wir auch das „wohlfeiler“ gern zugeben. Man wird auf diese
wohlfeilere Weise aber immer nur eine halbe Rasse erhalten, und alles Halde
ist insofern schlecht, als das Ganze immer besser ist, wenn es auch noch ein
Mal und oft 100 Mal so viel kostet.A. d. 2. Ue. In vielen Departements ließe sich das Aufziehen der Hengste mit den sogenannten
Musterschulen fuͤr Landwirthschaft vereinigen, so daß die Kosten auf die Conseils généreaux fielen.Wenn die Musterschulen fuͤr Landwirthschaft in Frankreich nicht besser
sind, als einige derselben in Deutschland, die wir genau kennen, und nur aus
Achtung fuͤr die Regierungen, die den großen verderblichen Aufwand
fuͤr dieselben so wohlmeinend bewilligten, nicht nennen; so
koͤnnen wir von der hier vorgeschlagenen Maßregel nichts anderes
erwarten, als was wir von diesen Musterwirtschaften sahen: Unheil und
Verderben.A. d. 2. Ue.
Wenn die Vertheilung der Hengste im Lande durchgehen sollte, so schien es mir besser,
mit dem Halten dieser Hengste eine Befreiung von der Grundsteuer zu verbinden, als
denjenigen, der den Hengst unterhalt, mit Geld zu entschaͤdigen. Es
waͤre wenigstens wahrscheinlich, daß, wenn das Gut oder die Wirthschaft
dieses Individuums in andere Haͤnde kommt, der Hengst auf dem Gute bei dem
neuen Besizer bliebe.Dagegen haben wir bereits in Note 25 und 28 uns einige Bemerkungen
erlaubt.A. d. 2. Ue.
Unmittelbarer Kauf der jungen Pferde von dem Pferdezuͤchter ist ohne allen
Zweifel die beste Aufmunterung, die man zur Pferdezucht geben kann; denn, wenn man
die Remonte durch Lieferanten im Großen besorgen laͤßt; so bleibt fuͤr
den eigentlichen Pferdezuͤchter, da jeder Lieferant seine zwei bis drei
Unterhaͤndler hat, bis das Geld, welches die Regierung fuͤr den Ankauf
der Pferde bestimmte, durch alle diese Haͤnde gelaufen ist, eigentlich nur
blutwenig uͤbrig.Diese Bemerkung ist eben so richtig, als hoͤchst wichtig, und verdient
die Aufmerksamkeit aller Behoͤrden, die leider nur zu geneigt
scheinen in der Kraͤmerei und in Wucher Handel zu sehen, und beide
wegen des kleinen Gewinnes der Finanzkammer an Concessionsscheinen nur zu
sehr zu ihrem eigenen Schaden sowohl als zu jenem des Publikums und des
Producenten beguͤnstigen. Der Landmann sieht allerdings Anfangs in
dem Erscheinen eines Handelsmannes, der ihm sein Getreide, fuͤr das
er auf dem Markte keinen Kaͤufer findet, seine Wolle, seinen Flachs,
sein Vieh abkauft, einen Engel; allein nur zu bald lernt er einsehen, daß
dieser vermeinte Engel ein unreiner Geist ist, der ihn um den Haussegen
brachte. Je mehr der Kornhaͤndler, der Wollenhaͤndler etc.
sich auf diese scheinbar wohlthaͤtige Weise Korn, Wolle etc.
verschafft hat, desto mehr wird er Herr des Marktes, so wie der Papierhaͤndler Herr der Boͤrse
ist, der das meiste Papier in seinen Haͤnden hat. Jener
uͤberschwemmt den Markt mit seinen Waaren, wie dieser die
Boͤrse mit Papieren, und beide zwingen dadurch diejenigen, die um
jeden Preis verkaufen muͤssen, ihnen ihren Besiz zu jenem Preise
abzutreten, den sie fest zu stellen fuͤr gut befunden haben. Wenn nun
auf diese Weise der groͤßte Theil des verkaͤuflichen Vorrathes
in ihre Haͤnde gekommen ist, entziehen sie dem Markte und der
Boͤrse nach und nach ihren Bedarf, und erhoͤhen dadurch die
Preise des fruͤher wohlfeil gekauften Artikels auf eine Stufe, die
dem Kaͤufer, der denselben um jeden Preis haben muß, nun eben so
laͤstig ist, als der niedrige Preis fruͤher dem
Verkaͤufer laͤstig fiel. Diesen Wucher nennt man heute zu Tage
Handel, und glaubt Wunder was gethan zu haben, wenn man denselben
befoͤrdert. Es gibt sogar Leute, die da sagen, daß bei diesem Wucher
nichts verloren ist, daß nicht Einer allein diesen Handel treibt, daß unter
den mehreren, die sich damit beschaͤftigen, bald Concurrenz eintritt,
und daß Concurrenz alles wohlfeiler macht. Allein, Concurrenz bringt nur zu
oft auch die entgegengesezte Wirkung hervor, und macht theurer. Concurrenz
in der Erzeugung macht allerdings wohlfeiler; je mehr Erzeuger, desto mehr
Waare, und je mehr Waare auf dem Markte, desto wohlfeiler ist sie.
Concurrenz im Handel macht aber immer theurer, nie wohlfeiler; denn, je mehr
Kaͤufer auf dem Markte, desto mehr Nachfrage, und je mehr Nachfrage,
desto mehr geht der Preis der Waare, um welche diese Nachfrage geschieht, in
die Hoͤhe. Die Kraͤmer im Kleinen erhoͤhen also, so wie
die Haͤndler im Großen, insofern sie auf dem Markte als
Kaͤufer zugleich' mit den Consumenten auftreten, und nur kaufen, um
spaͤter wieder zu verkaufen, waͤhrend der Consument bloß
kauft, um zu verbrauchen, den Marktpreis in eben demselben
Verhaͤltnisse, als eine groͤßere Anzahl von ihnen auf dem
Markte erscheint. Und so erhoͤht die Concurrenz der Kaufleute, je
groͤßer sie ist, desto mehr den urspruͤnglichen Marktpreis;
sie vertheuert also, Statt daß sie wohlfeiler macht. Allerdings wird
spaͤter, wo diese Kraͤmer und Haͤndler wieder als
Verkaͤufer auftreten, durch ihre Mehrzahl, durch die Concurrenz im
Verkaufe, der Verkaufspreis wieder herabgedruͤkt werden, und so wird
Concurrenz hier wieder Wohlfeilheit hervorrufen, allein, es waͤre
thoͤricht zu behaupten, daß durch diese Concurrenz jemals wieder die
erste urspruͤngliche Wohlfeilheit des Marktpreises hervorgebracht
werden kann, indem, nach dieser Behauptung, der Kaufmann wieder so verkaufen
muͤßte, wie er gekauft hat, und also mit reinem Verluste der Pro Cento des auf den Kauf gewendeten Capitales
verkaufen wuͤrde. Es ist ferner noch ein anderer Grund der
Vertheuerung der Waaren durch Kaufleute vorhanden, naͤmlich dieser:
Kaufleute halten, wie man sonst von den Juden zu sagen pflegt, zusammen;
jeder hat das Interesse den anderen, mit welchem er durch
Nebengeschaͤfte mehr oder minder verbunden ist, aufrecht zu halten:
ein einzelnes
Bankerott erschuͤttert oft den Handelsstand eines ganzen Landes. Die
Kaufleute kommen daher, entweder tacite oder aperte, uͤberein, gewisse Artikel nicht
unter gewisse Preise sinken zu lassen, sie unterstuͤzen sich
wechselseitig zur Aufrechthaltung dieser Preise, und so leiden
Hundert-Tausende und oft Millionen um des schnoͤden Gewinnes
einiger Hunderte willen. Sieht man doch sogar unter den groͤßeren
Producenten selbst Uebereinkuͤnfte uͤber die Preise, um welche
sie gewisse Artikel auf dem Markte verkaufen wollen: die Großen Bauern, die
Schaffner reicher Zehendpfarren und Herrschaften kommen nicht selten am
Tische des naͤchsten Dorfes vor der Stadt uͤber die Preise
uͤberein, um welche sie, da sie bei der groͤßeren Menge, die
sie zu Markte bringen, großen Einfluß auf denselben haben, ihr Getreide auf
dem Markte dieser Stadt verkaufen wollen. Man sieht also, daß Concurrenz der
Kaufleute nicht Wohlfeilheit erzeugt. Von dieser Wahrheit uͤberzeugt
sich nicht nur das Publikum mit Schmerzen, sondern am Ende nur zu oft die
Regierung selbst, wenn sie, in theuren Jahren oder in Kriegen,
Ankaͤufe zu machen gezwungen ist, und in die Haͤnde der
Lieferanten faͤllt, von welchen sie nun, ungeachtet der Auktionen ad Minimum, schlechte Waare um zehn Mal
theuerere Preise kaufen muß, als sie ihren Bedarf
fruͤher in bester Qualitaͤt auf dem Markte hatte
haben koͤnnen. Wenn selbst eine Ueberzahl von Kaufleuten dem Staate
gefaͤhrlich wird, wenn die alte klassische Welt, und selbst die
verworrene Staatsverwaltung des Mittelalters, so sehr sie den Handel
beguͤnstigte, die Kaufleute zu beschraͤnken wußte; wenn der
Kraͤmer, der vom Kaufmann kaufte um wieder zu verkaufen, gewisser
Maßen ehrlos erklaͤrt war;*) so laͤßt sich wahrhaftig nicht
begreifen, wie man heute zu Tage hier und da den Handel dadurch zu fordern glauben kann, daß man Kraͤmerei
und Wucher beguͤnstigt. Der ungenannte Hr. Verfasser verdient daher
allen Dank, daß er seine Regierung auf die Nachtheile des Pferdekaufes durch
Lieferanten und Roßhaͤndler, und auf die Nothwendigkeit und die
Vortheile desselben bei dem Kaufe aus erster Hand aufmerksam gemacht hat,
wenn sich auch dieser Ankauf, nach unserer Ansicht bloß auf Pferde
fuͤr das Fuhrwesen der Armee beschraͤnken muß. A. d. 2.
Ue.*) Sordidi etiam putantur, qui mercantur a
mercatoribus, quod statim vendant. Ois. off. 1. C. 42.A. d. 2. Ue.
Roßmaͤrkte
fuͤr die Cavallerie, auf welchen die Commissaͤre der Regierung
Walachen kaufen koͤnnten, ließen sich mit der Revue der Stuten im 6ten
Artikel des Gesezes vereinigen.
Es gibt Gegenden, wie z.B. unter anderen Elsaß, wo eine große Menge schoͤner
Fohlen jaͤhrlich geboren werden, und wo man doch nur sehr schlechte Pferde
aus denselben aufzieht, weil man, wegen Mangel an Weiden,
gezwungen ist sie im Stalle zu halten. Da das Futter in solchen Gegenden theuer ist,
so wird der Bauer genoͤthigt seine Fohlen schon im dritten, zuweilen sogar im
zweiten Jahre, einzuspannen, um sich fuͤr die Unterhaltungskosten zu
entschaͤdigen.Leider ist dieß auch in Deutschland in vielen Gegenden der Fall. Vergebens
wendet die Regierung große Kosten auf Veredlung ihrer Pferderassen, und
schikt zur Sprungzeit edle Hengste in die Doͤrfer, wenn der Bauer
entweder so arm oder so unwissend ist, daß er die schoͤnsten Fohlen,
die er durch die Fuͤrsorge der Regierung erhielt, schon im zweiten
Jahre vor seinen Karren oder Pflug spannt, und so fuͤr immer zu
Grunde richtet. Das System, die edlen Hengste zur Sprungzeit im Lande umher
zu fuͤhren, und die Stuten der Bauern von denselben belegen zu
lassen, ist uͤbrigens mit so vielen Nachtheilen verbunden, daß, wenn
man die Kosten desselben auch nicht fuͤr ganz verloren betrachten
kann, diese doch nimmermehr denjenigen Nuzen gewaͤhren, den man von
denselben erwartet.
In solchen Gegenden sollte die Regierung einen Theil ihrer Waͤlder hergeben,
damit die Fohlen herum laufen koͤnnten.Vergl. die Anmerkung 32. S. 55.Wir koͤnnen unsere Bemerkungen nicht schließen, ohne auf einen
Auswuchs bei der, uͤbrigens hoͤchst notwendigen Veredlung der
Pferderasse aufmerksam zu machen, welcher jedem Lande gefaͤhrlich
werden muß, in welchem der Bedarf an Rindfleisch durch inlaͤndische
Rindviehzucht noch nicht gedekt ist.Es ist offenbar, daß, wenn in einem solchen Lande die Pferdezucht und die
Veredlung der Pferderasse kraͤftig beguͤnstigt wird, aus
dieser Beguͤnstigung nur eine hoͤchst nachtheilige
Unterdruͤkung der Rindviehzucht und Hintansezung des Akerbaues
hervorgehen muß, durch welche man sich neue Fesseln bei der
Foͤrderung der Pferdezucht angelegt hat.Wir kennen ein Land, das zu den fruchtbarsten Laͤndern Europens
gehoͤrt, Getreide im Ueberflusse besizt, aber in seinen fruchtbaren
Ebenen eine exemplarische schlechte Rasse von Hornvieh, von welcher im
Durchschnitte ein Stuͤk kaum 5 Str. schwer ist, naͤhrt.
Waͤhrend nun in dieses gesegnete Land jaͤhrlich fuͤr
hoͤchst bedeutende Summen Rindvieh eingefuͤhrt wird, hat
beinahe jeder bessere Bauer zwei Pferde, und mancher groͤßere Bauer
hat deren 6, 10 bis 12 und 14 in seinem Stalle. Seit die Regierung in diesem
Lande fuͤr Veredlung der Pferderasse sorgte, hat sich allerdings der
Schlag der Pferde verbessert; allein die Zahl der Pferde vermehrte sich in
gleichem Verhaͤltnisse, ohne daß ein bedeutender Absaz dafuͤr
in das Ausland vorhanden waͤre, (denn der Schlag dieser Pferde ist
noch weit hinter jenem der Mecklenburger; selbst hinter jenem der ehemaligen
Anspacher) und dadurch entstand bloß ein Sinken im Preise der Pferde, in
mehreren Gegenden ein Steigen des Preises der Rinder und ihrer Produkte, und
vermehrte Einfuhr derselben aus dem Auslande. Waͤre es nun nicht
besser gewesen in diesem Lande vielmehr auf Vermehrung der Rinder zu denken,
als auf Veredlung, und folglich auch Vermehrung, der Pferde, die man
uͤberdieß zum Kriegsdienste, als im Stalle erzogene Pferde, nicht mit
wahrem Nuzen verwenden kann?Es herrscht in diesem Lande unter den Bauern ein solcher Stolz auf
Pferdebesiz, daß mehrere Knechte bei keinem Bauern in Dienste treten wollen,
die ihre Felder mit Ochsen bestellen. Waͤre es nun, wenn man bedenkt,
daß ein Pferd sieben Mal so viel Land zu seinem Unterhalte braucht, als ein
Mensch, daß durch das Feld, auf welchem der Hafer fuͤr die wahrhaft
uͤberfluͤssigen Pferde gebaut wird, den im Lande noch
fehlenden Rindern die Wiese, und somit zugleich den uͤbrigen
Gruͤndender noͤthige Duͤnger entzogen wird; daß ein
Pferd, wenn es bei der Feldarbeit Schaͤden nimmt, was so oft
geschieht und mehr als im Zuge, keinen Werth mehr besizt; daß fuͤr
das durch Alter oder Zufall umgekommene Pferd dem Besizer kein anderer
Ertrag bleibt, als die Haut, das Haar und die Hufeisen, waͤhrend das
Rind, ehe es alt wird, oder wenn es einen Zufall erleidet, der es zum
Dienste am Pfluge unbrauchbar macht, mit Vortheil an den Fleischer verkauft
werden kann; daß der Duͤnger der Rinder jenem der Pferde im Akerbaue
(wenige Faͤlle ausgenommen) weit vorzuziehen ist; waͤre es
nun, fragen wir, nicht weit besser in diesem Lande die Rindviehzucht
zuvoͤrderst, und dann erst die Pferdezucht zu beguͤnstigen,
die bei vermehrter Rindviehzucht durch die groͤßere Menge des
erhaltenen Duͤngers um vieles wieder erleichtert wird? Wir schlagen
als Foͤrderungsmittel der Rindviehzucht nicht Privilegien und
Strafen, nicht Preise und Geseze vor; wir empfehlen nur Aufklaͤrung
des Landwirthes uͤber seinen eigenen Vortheil, uͤber sein
eigenes Wohl, und uͤber die Beduͤrfnisse und das Wohl des
Vaterlandes, insofern dasselbe von dem Bearbeiter der Scholle, von dem
Bewohner des Bauernhofes abhaͤngt; wir verlangen nur einen
zwekmaͤßigen Unterricht des Landmannes in den Landschulen
uͤber Akerbau und Viehzucht; wir wuͤnschen nur, daß Beispiele,
die die Pfarrer, die seine wohlhabenderen und aufgeklaͤrteren
Nachbarn, die seine Herrschaften ihm geben, ihn zur Nachahmung reizen und
aufmuntern, und ihm das Vorurtheil benehmen, daß es eine Schande fuͤr
ihn, ein Zeichen der Duͤrftigkeit ist, hinter einem Pfluge
herzugehen, der von Ochsen gezogen wird. Es ist allerdings wahr, daß man mit
Pferden schneller mit der Feldarbeit fertig wird; es ist aber eben so wahr,
daß die Arbeit darum nicht besser geschieht, weil sie schneller geschieht,
und daß hier der Knecht, und wohl auch der Bauer selbst nicht so sehr auf
lebenswerthen Zeitgewinn bedacht ist, um schneller an eine andere Arbeit
gehen zu koͤnnen, sondern um laͤnger und bequemer auf der
faulen Haut liegen, oder im Wirthshause spielen und zechen zu
koͤnnen.Einer der groͤßten und reichsten Koͤnige in Europa, der lezt
verstorbene Koͤnig von England, Georg III., ließ seine, ihm
persoͤnlich eigenen, Guͤter durchaus nur mit Rindern
bestellen, und erlaubte sich nur so viele Wirthschaftspferde zu halten, als
zur Foͤrderung des Getreides etc. etc. nach den Markten nothwendig
waren.*) Wenn nun einer der groͤßten und reichsten Monarchen sich
nicht schaͤmte, seine Felder mit Ochsen zu bestellen; wie soll ein
Bauer sich schaͤmen duͤrfen hinter einem Pfluge
herzuschreiten, der von Ochsen gezogen wird!Als unsere Truppen nach Frankreich kamen, und dort die armen Bauern mit Eseln
vor dem Pfluge akern sahen, lachten sie; sie wußten nicht, daß dieß aus
harter Armuth geschieht, die den franzoͤsischen Bauern nicht
uͤberall gestattet, Rinder zu naͤhren und vor den
Pfluͤg zu spannen; sie wußten nicht, daß, wenn sie in ihrem
gesegneten Lande in eitlem Stolze Pferde Statt der Rinder den Pflug ziehen
lassen, sie selbst jenen Thieren aͤhnlich sind, uͤber welche
sie hier so herzlich lachten.A. d. 2. Ue.*) Wir haben von dieser Bewirtschaftung des Gutes des hoͤchst sel.
Koͤniges Georg III. mittelst Rindern im Polytechn. Journ. Bd. XIX. S.
57. ausfuͤhrlich Nachricht gegeben.A. d. R.