Titel: Verbesserung beim Abdampfen des Zukers, welche Verbesserung auch zu anderen Zweken dient, worauf Wilh. Gottfr. Kneller, Chemiker in Pearl-Street, Spital-Fields, Middlesex, sich am 27. Mai 1829 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XXIII., S. 125
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XXIII. Verbesserung beim Abdampfen des Zukers, welche Verbesserung auch zu anderen Zweken dient, worauf Wilh. Gottfr. Kneller, Chemiker in Pearl-Street, Spital-Fields, Middlesex, sich am 27. Mai 1829 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Februar 1830. S. 69. Mit Abbildungen auf Tab. II. Kneller, Verbesserung beim Abdampfen des Zukers. Meine Verbesserung besteht in einem Verfahren und gewissen Apparate, wodurch ich im Stande bin Fluͤssigkeiten und Aufloͤsungen bei einer niedrigen Temperatur zu verdampfen, und so die Nachtheile zu vermeiden, welchen gewisse Substanzen ausgesezt sind, sobald eine staͤrkere Hize auf dieselben wirkt, wie dieß z.B. beim Zuker der Fall ist. Mein Verfahren selbst besteht darin, daß ich mittelst Blasebaͤlgen oder irgend eines Geblaͤses atmosphaͤrische oder andere Luft, warm oder kalt, durch die abzudampfende Fluͤssigkeit oder Aufloͤsung treibe; was mittelst Roͤhren geschieht, deren Enden bis nahe an die obere Oberflaͤche des Bodens der Pfanne oder des Gefaͤßes, in welcher die abzudampfende Fluͤssigkeit enthalten ist, oder so tief, als man es eben noͤthig findet, reichen: die entgegengesezten Enden dieser Roͤhren sind mit weiteren Roͤhren verbunden, welche mit Blasebaͤlgen oder irgend einem Geblaͤse in Verbindung stehen, durch welches die Luft in sie geblasen wird. Die Pfanne oder der Kessel kann von beliebiger Groͤße und Form seyn; ich ziehe aber solche Gefaͤße vor, die einen flachen Boden haben, und lasse die Fluͤssigkeit 4 bis 6 Zoll hoch in dem Gefaͤße stehen. Die Hize kann auf den Boden oder auf die Seiten des Gefaͤßes wirken, und entweder Flammenfeuer, Dampf oder heiße Luft seyn, welche Heizungsmittel auf die gewoͤhnliche Weise angebracht werden. Die Luft, welche auf obige Weise in die Fluͤssigkeit oder Aufloͤsung eingetrieben wird, ruͤhrt dieselbe so zu sagen ununterbrochen auf, entzieht ihr den Waͤrmestoff, und fuͤhrt den Dampf ab, der aus derselben fortgeschafft werden muß. Je nachdem man die Hize unter dem Gefaͤße vermehrt, oder die Menge und Schnelligkeit der eingeblasenen Luft vermehrt oder vermindert, nach Art naͤmlich der zu verdampfenden Fluͤssigkeit, desto schneller oder langsamer geht die Verdampfung von Statten. Bei Anwendung dieser Vorrichtung zur Verdampfung des Syrupes in Zukerraffinerien erzeuge ich mittelst derselben den Krystallisationspunkt bei einer Temperatur zwischen 140 und 170° Fahrenh. (+48 bis 60° R.), obschon ich gewoͤhnlich eine Temperatur von 160 bis 170° F. vorziehe. Ich erhalte auf diese einfache und wohlfeile Weise eine Menge großer und glaͤnzender Krystalle, wie man sie bisher bloß durch die muͤhsame und kostbare Verdampfung in luftleerem Raume zu erhalten vermochte. Daß das gewoͤhnliche Sieden die Menge, Groͤße und Schoͤnheit der Zukerkrystalle sehr beeintraͤchtigt, und dafuͤr nur desto mehr Syrup liefert, ist bekannt. Je nachdem man nun Temperatur und Apparat aͤndert, kann dieses Verfahren auch bei anderen Fluͤssigkeiten und Aufloͤsungen angewendet werden. Selbst bei dem Destilliren und Rectificiren des Weingeistes; nur muß hier der Luft, die mit dem Geiste aufsteigt, nachdem dieser sich verdichtet hat, ein Ausgang verschafft werden. Um den Dampf noch schneller von der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit zu entfernen, und dadurch die Verdampfung zu beguͤnstigen, fuͤhre ich, zumal wenn ich mich heißer Luft bediene, die heiße Luft, nachdem sie einen Theil ihrer Hize dem Boden des Gefaͤßes mitgetheilt hat, auch noch auf die Oberflaͤche der Fluͤssigkeit, was jedoch nicht immer noͤthig oder raͤthlich ist. Es ist kaum noͤthig zu bemerken, daß die Verdampfungskraft dieser Roͤhren mit der Groͤße ihres Durchmessers zunimmt, und mit der Menge der Luft, welche aus denselben durch die Fluͤssigkeit durchgeblasen wird. Da es gut ist, wenn die abzudampfende Fluͤssigkeit in dem Abdampfgefaͤße uͤberall gleich hoch steht, so muß der Boden des lezteren uͤberall flach seyn und eben stehen. Man wird finden, daß, wenn die Fluͤssigkeit gehoͤrig abgedampft und concentrirt ist, sie nicht leicht bei dem Hahne ausfließt. Um diese Unbequemlichkeit zu beseitigen, bediene ich mich einer senkrechten schiebbaren Platte von 4 1/2, bis 5 Zoll Hoͤhe, und etwas geringerer Laͤnge als die Breite des Abdampfungsgefaͤßes: diese Platte wird in ihrer senkrechten Lage mittelst Vorspruͤngen unter rechten Winkeln an ihrer unteren Kante erhalten, so daß sie sich so nahe als moͤglich in Beruͤhrung mit dem Boden des Abdampfgefaͤßes hinschieben kann. Diese Platte wird Anfangs au das dem Hahne gegenuͤberstehende Ende des Abdampfungsgefaͤßes gestellt. Wenn nun die Abdampfung einen gewissen Grad erreicht hat, so dampfe ich das Feuer, oder sperre den Dampf oder die heiße Luft ab, und oͤffne den Hahn, durch welche die Fluͤssigkeit abgelassen werden kann; leztere wird sogleich großen Theils ausfließen. Dann hebe ich mittelst einer Kurbel oder eines Hebels die Roͤhren ungefaͤhr 6 Zoll hoch, und ziehe die oben erwaͤhnte senkrechte Platte mittelst eines duͤnnen Drathes oder einer Kette gegen den Hahn hin, und reinige auf diese Weise den Boden der Pfanne mit aller Schnelligkeit. Es ist noͤthig die Roͤhren zu heben, damit die senkrechte Platte unter denselben durchziehen kann, und das Blasen durch die kleinen Roͤhren nicht unterbrochen wird, indem sonst etwas von der verdampften Fluͤssigkeit sich bei dem Erkalten in denselben krystallisiren, und so dieselben verlegen, koͤnnte. Um diese Arbeit vornehmen zu koͤnnen, ist die Hauptroͤhre der Blasebalge oder des Geblaͤses mit der Hauptroͤhre, die durch das Gefaͤß laͤuft, in welcher die Fluͤssigkeit verdampft werden soll, luftdicht mittelst einer biegsamen Roͤhre verbunden, welche lang genug ist, um das ganze Blaseroͤhrensystem 6 Zoll hoch in die Hoͤhe steigen zu lassen. Die Form und der Bau des Geblaͤses und des Gefaͤßes, dessen ich mich zu diesem Ende bediene, kann nach Umstaͤnden und nach den verschiedenen Zweken, zu welchen es bestimmt ist, abgeaͤndert werden. Zwei Dinge sind jedoch bei dieser Vorrichtung nothwendig; naͤmlich erstens, daß, die Blaseroͤhren moͤgen noch so zahlreich seyn, die unteren Oeffnungen derselben so gleichfoͤrmig und gleich hoch als moͤglich uͤber dem ganzen Boden des Gefaͤßes verbreitet sind; zweitens, daß gleichzeitig aus allen diesen Roͤhren am unteren Ende derselben die Luft herausstroͤmt. Um diesen lezteren Zwek zu erreichen, ist es nun gleichguͤltig, ob der Boden des Gefaͤßes vollkommen horizontal ist, oder nicht, wenn nur alle unteren Enden der blasenden Roͤhren eine Ebene bilden, welche mit dem Boden des Gefaͤßes vollkommen parallel ist, damit nicht in einer dieser Roͤhren eine hoͤhere Saͤule von Fluͤssigkeit steht, als in der anderen. Die Art, wie diese Einrichtung getroffen werden kann, ist verschieden: um jedoch meine Idee deutlicher darzustellen, habe ich hier folgende Zeichnung des Apparates beigefuͤgt, dessen ich mich bediene, und der seinem Zweke entspricht. AAAA, Fig. 2. ist ein Grundriß oder Vogelperspectiv einer laͤnglichen Pfanne oder eines Kessels. BBB sind die kupfernen verzinnten großen Luftroͤhren, die auch aus einem anderen Materiale verfertigt werden koͤnnen, und welche an einem Ende, bei CCC, geschlossen, an dem anderen Ende aber gegenseitig in einander offen sind, und auch in die noch weit groͤßere senkrechte Roͤhre, D, offen stehen, aus welcher die Luft mittelst Blasebaͤlge oder irgend eines anderen Geblaͤses in die Roͤhren CCC geblasen wird, eeee sind die kleinen Seitenroͤhren, welche mit den Roͤhren CCC in Verbindung stehen, und durch die Fluͤssigkeit, welche verdampft werden soll, bis nahe an den Boden des Gefaͤßes hinabsteigen. Die unteren Enden der, Roͤhren eeee sind alle beinahe gleich weit von einander entfernt, und erzeugen auf diese Weise eine gleichfoͤrmige Vertheilung der Luft. Fig. 3. ist ein Querdurchschnitt des Gefaͤßes AAAA in Fig. 2., wo man die große Luftroͤhre, D, sieht, die Querroͤhre, mit ihren Verbindungen im Durchschnitte, und die kleinen herabsteigenden Roͤhren, eeee etc. aus der vorigen Figur, so wie auch die Roͤhren ffff, welche gleichfalls von den Roͤhren BB, aber in einer mehr senkrechten Richtung, herabsteigen, weßwegen man sie auch in Fig. 2. nicht sehen kann. Dadurch kommen die unteren Enden dieser Blaseroͤhren in gleiche Entfernung, wie unter den Roͤhren BB. ggg sind Fuͤße, welche das oben erwaͤhnte Roͤhrensystem stuͤzen, auf dem Boden der Pfanne stehen, und so hoch sind, daß sie die unteren Enden der Blaseroͤhren vor dem Aufstehen auf dem Boden des Gefaͤßes sichern. Dieses ganze Roͤhrensystem kann, wie bemerkt wurde, mittelst eines zwekmaͤßigen Mechanismus auf ein Mal gehoben werden, damit die senkrechte Platte, die Schab- oder Puz-Platte hh,Fand sich nicht bezeichnet im Originale.A. d. Ue. unter den unteren Enden der oben erwaͤhnten kleinen Blasenroͤhren weg kann. Fig. 4. ist ein Laͤngendurchschnitt von Fig. 2., der keiner besonderen Beschreibung bedarf, indem dieselben Buchstaben denselben Gegenstand bezeichnen, wie in den uͤbrigen Figuren: die Einfuͤgung der kleinen Blaseroͤhren in die Roͤhren BB ist durch schwarze Punkte angedeutet. Fig. 2. zeigt den Ort, wo die Entleerungsklappe angebracht werden muß, und KK deutet die Hoͤhe an, in welcher die Fluͤssigkeit in der Pfanne stehen muß. –––––––––– Bemerkungen. Es ist bekannt, daß ein Luftstrom Verdampfung beguͤnstigt, und in dieser Hinsicht laͤßt man denselben, auch uͤber die Oberflaͤche von Fluͤssigkeiten in vielen Faͤllen hinziehen. Der Grundsaz, auf welchem obiges Patent beruht, besteht nun darin, daß Luft durch die Fluͤssigkeit durchgetrieben wird, wodurch die Verdampfung noch weit mehr befoͤrdert wird, insofern die Luft nicht nur in die innigste Beruͤhrung mit so vielen bestaͤndig wechselnden Flaͤchen der Fluͤssigkeit gebracht, sondern leztere auch ohne Unterlaß kraͤftig aufgeruͤhrt wird. Die Folge dieses staͤten Ruͤhrens ist Vermehrung der Ausduͤnstung und Verminderung der Temperatur: zwei wichtige Punkte in allen jenen Faͤllen, wo Fluͤssigkeiten unter dem gewoͤhnlichen Druke der Atmosphaͤre bei niedrigerer Temperatur verdampft werden sollen, als jener des Siedepunktes. Man hat uns versichert, daß nach Hrn. Kneller's Methode Wasser bei einer Temperatur von 180° F. (+ 65° R.) schneller verdampft, als wenn es bei einer Temperatur von 212° F. (+ 80 R.) kocht. Es wird also bedeutend Brennmaterial erspart. Dasselbe hat man zwar auch in luftleerem Raume geleistet; wir geben aber gern zu, daß gegenwaͤrtiger Apparat Vorzuͤge vor jener Methode voraus hat, sowohl in Hinsicht auf Einfachheit als auf Wohlfeilheit, und auch weil er weniger Gefaͤße fordert: die Resultate sind uͤbrigens bei beiden Verfahrungsarten dieselben, indem bei beiden eine hoͤhere Temperatur vermieden wird, die so nachtheilig auf die Substanzen wirkt, welche derselben ausgesezt sind, und neue Verbindungen beguͤnstigt. Man hat uns versichert, daß der auf diese Weise raffinirte Zuker jenem, der in luftleerem Raume verdampft wurde, gleich kommt, und in einiger Hinsicht noch besser ist, indem er nicht so leicht von feuchter Luft angegangen wird. Ersteres stimmt insofern mit der Theorie uͤberein, als eine hohe Temperatur die Bildung großer und glaͤnzender Krystalle hindert, und den Zuker in Syrup verwandelt; lezteres laͤßt sich vielleicht daraus erklaͤren, daß der Zuker unter dem Zutritte einer großen Menge Luft, und nicht in Abgeschlossenheit von aller Luft krystallisirt wurde. „Der Patent-Traͤger bemerkt in einem Schreiben an uns, daß wenn diese Vorrichtung bei Brantweinbrennereien angewendet wird, der Geist dadurch in einem reinen Zustande emporsteigt, und daß die eingeblasene Luft den Durchgang desselben durch die Schlangenroͤhre beschleunigt. Die niedrigere Temperatur verhindert in einem großen Grade die Entstehung des Fuselgeschmakes, welcher durch die groͤßere Hize so sehr beguͤnstigt wird; die Luft, die auf den Boden der Blase hinabgetrieben wird, haͤlt den Meisch kuͤhl, und macht das Umruͤhren uͤberfluͤssig, und, da hier nie eine Hize nothwendig ist, die bis zum Siedepunkt steigt, so kann nie ein Ueberlaufen zu besorgen seyn. Die Zukerraffinerie der HHrn. Widder und Comp., Gravel-Lane, Houndsditch, arbeitet mit diesem Apparate.“ Es ist sonderbar, daß der Patent-Traͤger nicht der Moͤglichkeit einer Anwendung dieses Apparates auf Salinen erwaͤhnt. Vielleicht weiß er aus Erfahrung, daß bei Salinen-Administrationen auf dem festen Lande die Welt mit Brettern vernagelt ist. A. d. Ue.

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