Titel: | Papier aus Ulva marina. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XLVII., S. 228 |
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XLVII.
Papier aus Ulva
marina.
Aus dem Franklin-Journal. IV. B. im
Philosophical
Magazine and Annals of Philosophy. Maͤrz 1830. S.
236.
Papier aus Ulva marina.
Elisha Hayden Collier, zu
London, ehevor in Plymouth-County, Massachusetts, ließ sich am 15. April 1828
ein Patent ertheilen, „Papier aus einem Stoffe zu verfertigen, welcher bisher noch nicht zu
diesem Zweke verwendet wurde.“
„Mein Verfahren, „sagt der
Patent-Traͤger,“ Papier aus einem Seeproducte oder
Seegrase, welches die Botaniker Ulva
marina
Man sieht, daß das Nordamerikanische
Patentbuͤreau so schlecht ist, wie das englische und
franzoͤsische, und sich wenig darum kuͤmmert, ob die erste
Bedingung zu einem Patente: „deutliche
Erklaͤrung“ (Specification) erfuͤllt ist, oder nicht: es ist nur in
der Hinsicht besser, daß man an demselben beinahe nichts zu bezahlen
hat, und sein Patent auf der Stelle erhaͤlt, waͤhrend man
in England beinahe ausgepluͤndert wird, und Monate lang warten
muß. Weder das Buͤreau des Patentwesens noch der
Patent-Traͤger scheint zu wissen, daß wenn man sagt, man
mache Papier als Ulva
marina, dieß eben so viel ist, als wenn man
sagen wollte, man mache Papier aus yxz.Niemand weiß was Ulva
marina ist: unter den 10 Ulven, die Vater
Linné in seinen Species
auffuͤhrte, kommt eben so wenig eine Ulva
marina vor, als unter den 13, die heute zu
Tage bekannt sind. Die alten Botaniker fuͤhrten wohl die Ulva
Lactuca L. als Ulva
marina an; allein „Ulva
marina“ war in den
aͤlteren Zeiten eben so viel, als in den neueren
„Seegras:“ es gibt mehrere tausend Arten
Seegraͤser. Man hat nichts gesagt, wenn man sagt, daß man aus
Seegras Papier macht: man muß sagen aus welcher Art von Seegras man es
bereitet. Schon vor 30 Jahren hat ein Deutscher aus unseren Conserven,
die unsere stillstehenden Wasser mit einer gruͤnen Deke aus
Myriaden von Millionen Fasern uͤberziehen, herrliches
Zeichen- und Pak-Papier verfertigt und seine
Verfahrungsweise deutlich in einem eigenen Werke beschrieben: wir wissen
nicht, ob irgend ein Papiermacher darauf geachtet hat. Vielleicht achtet
man jezt darauf, da seit dieser Zeit die Lumpen um 100 Procent im Preise
stiegen. Nach unserem die deutsche Industrie belebenden freien
Handlungssysteme duͤrfen die Englaͤnder und
Hollaͤnder unsere Lumpen gegen einen unbedeutenden Zoll bei uns
aufkaufen und ausfuͤhren, damit die Handelsfreiheit nicht leidet.
Bei dieser Lumpenhandels-Freiheit
gewinnen nun 10 oder 12 Lumpengroßhaͤndler, Hunderte von
Papierfabrikanten aber, und Millionen von Papierconsumenten, das ganze
deutsche Publikum, das seine Tagesblaͤtter und Buͤcher auf
Ausschußlumpen, die der hollaͤndische und englische
Papierfabrikant nicht der Bearbeitung werth findet, gedrukt lesen muß,
verliert. Es muß uͤberdieß, wenn es ein Paar Zeilen auf etwas
honnetem Papiere schreiben will, das Papier dazu aus England} oder
Holland kommen lassen. England laͤßt keinen Sak Lumpen
ausfuͤhren. Moͤchten unsere Papierfabrikanten (bis unsere
Mauthtarif-Fabrikanten zu Verstand kommen werden) einstweilen
doch ihr rohes Material, das sie auf. Zeichen- und
Pak-Papier etc. verschwenden, durch anderes Material ersezen,
woran Deutschland Ueberfluß hat, und mit welchen der sel. Superintendent
Schaͤffer zu Regensburg schon vor
mehr als einem halben Jahrhunderte die gelungensten Versuche anstellte,
die man alle in Boͤhmer's techn. Gesch. d.
Pflanzen aufgefuͤhrt findet. Was vor 50 Jaͤhren
kaum 1 p. C. trug, ist zeither auf 10 u. 20 p. C. gestiegen, und lohnt
jezt der Muͤhe.A d. Ue. nennen, zu bereiten, ist in Folgendem beschrieben.“
1) „Alle Steine, Muscheln, Wurzeln werden sorgfaͤltig
ausgelesen.“
2) „Der Staub wird durch Klopfen davon entfernt.“
3) „Wird dieses Material in Kalkwasser eingeweicht, um es von dem Seesalze
zu reinigen, und so seiner Zersezung vorzubeugen.“
4) „Wird es groͤblich gepuͤlvert. (Es kann mittelst oxygenirt
kochsalzsauren Kalkes, oder wie man ihn auch „(nur in
Amerika)“ nennt, mit Chaloniksaͤure, gebleicht werden.)
[Kalkchloruͤr].“
5) „Wird es auf die gewoͤhnliche Weise, entweder durch Stampfen oder
in der Maschine zu Zeug gemacht.“
6) „Wird es auf die gewoͤhnliche Weise geschoͤpft, gepreßt,
geleimt und getroknet.“
„Da die Ulva
marina oder das Seegras auch noch auf andere Weisen
zu Papier gemacht werden kann, so nehme ich nicht bloß mein hier angegebenes,
sondern jedes andere Verfahren, aus Ulva
marina Papier zu bereiten, als mein Recht in
Anspruch, das Papier mag uͤbrigens rein aus diesem Stoffe, oder aus
demselben durch Beimengung des gewoͤhnlichen Papiermateriales bereitet
werden.