Titel: | Verbesserte Methode, lithographische Zeichnungen von Papier auf Stein überzutragen. Von Hrn. Jos. Netherclift. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XLVIII., S. 230 |
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XLVIII.
Verbesserte Methode, lithographische Zeichnungen
von Papier auf Stein uͤberzutragen. Von Hrn. Jos. Netherclift.Hr. Netherclift
erhielt fuͤr diese Mittheilung von der Society of
Arts 20 Guineen.A. d. O.
Aus dem XLVII. Bd. der Transactions of the Society for the
Encouragement of Arts etc. In Gill's technological and microscop.
Repository Februar. S. 98.
Netherclift, uͤber lithografische Zeichnungen.
Bei dem ersten Entstehen der Lithographie wurde die Zeichnung mittelst einer
besonderen Tinte auf ein Papier entworfen, welches mit einer Lage Staͤrke
uͤberzogen war, und dann auf den Stein uͤbergetragen. Der Stein wurde
gewaͤrmt, das Papier mit jener Seite, auf welcher die Zeichnung sich befand,
auf denselben gelegt, und mit diesem zugleich unter, die Walzenpresse gebracht.
Hierauf wurde mit einem Schwamme, oder auf eine andere Weise, heißes Wasser so lang auf das Papier
aufgetragen, bis die Deke von Starkmehl, aus welcher die Zeichnung gemacht war, ganz
aufgeloͤst, und in einen weichen Brei verwandelt wurde, so daß man das Papier
abnehmen konnte, wo dann die Zeichnung, durch die Waͤrme und durch den Druk
vorlaͤufig auf dem Steine befestigt, auf der Oberflaͤche desselben
zurukblieb.
Dieses urspruͤngliche Verfahren der Lithographen hat manchen Vortheil vor dem
spaͤteren voraus: naͤmlich vor dem Zeichnen unmittelbar auf den Stein;
der Kuͤnstler hat an dem Steine ein unbehuͤlfliches Ding vor sich, das
er nicht regieren kann; er muß seine Figur umgekehrt zeichnen; waͤhrend er,
wo er auf lithographischem Papiere arbeitet, eine leichte Flaͤche vor sich
hat, die sich nach allen Seiten kehren laͤßt, seine Zeichnung nicht umgekehrt
zu entwerfen braucht, und so seiner Arbeit mehr Leichtigkeit und Schwung geben
kann.
Gegen das urspruͤngliche Verfahren, das Uebertragen auf Stein, laͤßt
sich aber einwenden, daß die Linien dadurch grob werden; daß es daher nur
fuͤr Skizzen taugt; daß ihm die Zartheit und Reinheit versagt bleibt, die bei
Werken der schoͤnen Kuͤnste, vorzuͤglich bei Zeichnungen
naturhistorischer Gegenstaͤnde oder bei Werken hoͤherer Kunst, so
wichtig ist. Solche Zeichnungen muͤssen unmittelbar auf dem Steine selbst
ausgearbeitet werden. Die Gesellschaft hat jedoch die Ansicht, daß sehr viel
gewonnen seyn wuͤrde, wenn man die lithographische Tinte und das
lithographische Papier so verbesserte, und uͤberhaupt die ganze
Uebertragungsmethode auf den Stein, daß man diese Art zu lithographiren in den
meisten Faͤllen anwenden koͤnnte, in welchen man jezt zur Zeichnung
auf Stein gezwungen ist. Sie schrieb in dieser Absicht einen Preis aus, und hat
denselben Hrn. Netherclift
zuerkannt. Sie wollte hierdurch nicht das Verfahren des Hrn. Netherclift als das
vollkommenste erklaͤren, das keiner Verbesserung mehr faͤhig ist; nach
den Arbeiten aber, die er vorgelegt hat, und nach dem einstimmigen Urtheile der
Kenner, ist sie der Meinung, daß das Verfahren, welches sie hier bekannt macht, weit
bessere Ubertragungen auf Stein gewaͤhrt, als man bisher gesehen hat.
Bereitung der Materialien.Lithographisches Papier.
Man nimmt ein Viertelpfund Tapioca und eben so viel Arrow-root;Arrow-root und Tapioka sind Staͤrk- oder Sazmehle, die unter diesem
Namen bei den englischen Specereihaͤndlern und auch zu Hamburg zu
haben sind. Leztere gilt als Manioc-Sazmehl, erstere ist von einer
Seitaminea.A. d. Ue. kocht jedes einzeln zur Dike eines Teiges, mengt dann beide, und gießt so viel heißes
Wasser zu, als noͤthig ist, um die ganze Masse in einen duͤnnen Brei
zu verwandeln, der durch ein Stuͤk Musselin durchgeseiht wird. Hierauf sezt
man ein Pfund Flake-white
Was dieses Flake-white ist, koͤnnen
wir nicht mit Bestimmtheit angeben; man muß es aus London kommen lassen.A. d. Ue. zu, das vorher mit Wasser gehoͤrig abgerieben wurde, und dann in den
Brei eingeruͤhrt wird. Das Papier, welches man zu lithographischem Papiere
waͤhlt, es mag nun dik oder duͤnn seyn, muß etwas poroͤs seyn,
oder sogenanntes halbgeleimtes Papier. Auf dieses Papier traͤgt man mittelst
eines flachen Kameelhaar-Pinsels zuerst eine Lage gewoͤhnlichen
Pergamentleimes auf, und laͤßt diese gut eintroknen. Hierauf traͤgt
man auf die sorgfaͤltigste Weise, und so gleichfoͤrmig als
moͤglich, drei Lagen von obigem Breie, auf drei verschiedene Male auf, und
laͤßt jede Lage gut troknen, ehe man eine neue auftragt. Auf diese Weise wird
nun jede Stelle auf dem Papiere hinlaͤnglich gedekt seyn: waͤre
irgendwo eine Stelle ausgelassen, so wuͤrde die Arbeit mißrathen. Wenn nun
das Papier gehoͤrig getroknet ist, muß es entweder kalt gut gepreßt werden,
oder in eine Glaͤttmuͤhle geschikt werden, und daselbst durch eiserne
Walzen laufen, wodurch die Oberflaͤche rein wird. Die geglaͤttete
Seite des Papieres muß auf den Ruͤken desselben kommen: es muͤssen
also zwei Blaͤtter Papier mit ihren uͤberdekten Flaͤchen auf
einander gelegt werden, wenn sie durch die Walzen laufen. Wenn die Zeichnung, die
auf das lithographische Papier aufgetragen werden soll, sehr fein ist, so muß sie
mit einer Stahlfeder gemacht werden: die dunkleren Stellen werden mit einem
Rabenkiele gezeichnet.
Die lithographische Tinte besteht aus gleichen Theilen
gelber Seife und Schelllak, die auf die gewoͤhnliche Weise mit einander
gekocht und gebrannt werden. Um sie zu schwaͤtzen, sezt man eine
hinlaͤngliche Menge Lampenschwarz zu. Man bildet daraus einen Kuchen, den
man, wie Tusche, entweder in kaltem oder in warmem Wasser reibt. Ich nehme
absichtlich kein Wachs und keinen Talg zu meiner Tinte, und ich kann beweisen, daß
die Lithographie, was die Tinte betrifft, nicht auf den entgegengesezten
Eigenschaften von Saͤure und Fett beruht: denn obige Tinte fordert keine
Saͤure, um das Alkali in der Seife zu neutralisiren: der harzige Theil
derselben wird durch den in groͤßtem Maße beigesezten Schelllak befestigt.
Auf diese Weise wird die Saͤure gaͤnzlich uͤberfluͤssig,
kann durchaus vermieden werden, und die Linien leiden dadurch weniger, als auf die
gewoͤhnliche Weise. Im aͤußersten Falle kann jedoch, wo eine
Schattenmasse sehr gedraͤngt vorkommt, etwas Saͤure mit gutem Erfolge
gebraucht werden. Salpetersaͤure, mit Wasser verduͤnnt, ist die beste
Saͤure zu diesem Zweke.
Das Uebertragen selbst ist sehr leicht geschehen. Man
laͤßt den Stein maͤßig warm werden, und macht das Papier, auf welchem
die Zeichnung sich befindet, auf dem Ruͤken so feucht, daß es flach und eben
liegt. Man sorgt dafuͤr, daß nichts Nasses auf die Arbeit kommt. Nun legt man
das Papier sorgfaͤltig auf den warmen Stein, und uͤber dasselbe legt
man ein weiches Papier flach und eben hin, wodurch die Feuchtigkeit auf dem
Ruͤken des bezeichneten Papieres eingesogen wird. Hierauf laͤßt man
den Stein mit dem Papiere zwei oder drei Mal unter verstaͤrktem Druke durch
die Presse laufen, wodurch das Papier sich abschaͤlen wird, und die Deke, mit
welcher es uͤberzogen war, sammt der auf derselben befindlichen Zeichnung auf
dem Steine zuruͤklassen wird. Man waͤscht nun die Deke von dem Steine
weg, und uͤberfaͤhrt die Zeichnung mit einer starken Aufloͤsung
von arabischem Gummi in Wasser. Der Stein wird nun bei Seite gestellt, bis er ganz
kalt geworden ist, und dann kann man anfangen mit demselben zu druken.