| Titel: | Ueber Gypsabgüsse von Medaillen. Von Hrn. Kelsall, Graveur, 8, Clarendon Street, Somers-Town. | 
| Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XLIX., S. 232 | 
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                        XLIX.
                        Ueber Gypsabguͤsse von Medaillen. Von Hrn.
                           Kelsall, Graveur,
                           8, Clarendon Street, Somers-Town.
                        Aus den Transactions of the Society for the Encouragement of
                                 Arts. In Gill's technological and microscopical
                                 Repository. Februar. S. 108.
                        Kelsall, uͤber Gypsabguͤsse von
                           Medaillen.
                        
                     
                        
                           Das gewoͤhnliche Material zu Modeln von Medaillen und anderen kleinen
                              Kunstwerken ist Schwefel, Gyps, Wachs. Ersterer wird am haͤufigsten
                              gebraucht, weil man am leichtesten mittelst desselben arbeitet. Er hat jedoch den
                              Nachtheil, daß er das Metall verdirbt, und selten die gehoͤrige
                              Schaͤrfe gibt, was von dem Oehle herruͤhrt, durch welches man das
                              Ankleben desselben auf der Oberflaͤche des Metalles verhindert, und zum
                              Theile auch daher kommt, daß der Schwefel kalt wird, ehe er Zeit fand in die
                              feineren Theile des Kunstwerkes einzudringen. Da dann noch uͤberdieß auch der
                              Model geoͤhlt werden muß, wenn man einen Abguß aus demselben haben will, so
                              geschieht es nur selten, daß man sich einen guten Abguß
                              verschaffen kann. Gyps taugt zwar zu groͤßeren Abguͤssen sehr gut;
                              allein, da auch hier Oehl angewendet werden muß, so ist es, bei kleineren
                              Gegenstaͤnden, und bei der Weise, wie das Oehl angewendet werden muß, noch
                              weniger brauchbar: es muß ganz mit Oehl gesaͤttigt seyn, und auch dann ist
                              man noch nicht sicher, daß; der Abguß nicht im Model steken bleibt. Die einzige
                              Weise, Gypsmodel mit Vortheil anzuwenden, ist diese, daß man dieselben, nachdem sie
                              vollkommen troken geworden sind, in heißes geschmolzenes Wachs taucht, und sich
                              vollkommen in demselben saͤttigen laͤßt. Wenn man sie dann
                              herausnimmt, und kalt werden laͤßt, kann man aus denselben gießen; nur muß man sie vor dem
                              Gusse mit einer duͤnnen Tuͤnche von Wachs in Terpentingeist
                              aufgeloͤst (welche mall Statt des Oehles hier anwendet) uͤberziehen.
                              Diese Tuͤnche muß vollkommen troken geworden seyn, ehe man den Model brauchen
                              kann, was in ungefaͤhr Einer Viertelstunde geschehen ist. Ein auf diese Weise
                              zubereiteter Model vertraͤgt nun die nasse Mischung, aus Gyps und Wasser so,
                              daß dieselbe mittelst eines Pinsels aus Kameelhaar in die feinsten Theile desselben
                              eingestrichen werden kann: eine hoͤchst noͤthige Arbeit beim Abgießen
                              der Medaillen, um die Luft zu vertreiben, die sich sonst in den tieferen Stellen des
                              Models einsperrt, und Maͤngel im Abgusse erzeugt. Wenn man auf diese Weise
                              arbeitet, wird der Abguß leicht aus dem Model gehen, und beinahe so gut seyn, als ob
                              er aus Wachs gemacht worden waͤre.
                           Wachs liefert einen vollkommenen Model, wenn der Arbeiter Geschiklichkeit genug
                              besizt mit demselben gehoͤrig umzugehen. Ein guter Model aus Wachs ist
                              allerdings schwerer zu verfertigen, als jeder andere; wenn man ihn aber ein Mal
                              erhalten hat, so dauert er lang, und man kann ohne Nachtheil aus demselben gießen.
                              Folgendes Verfahren ist das beste, um einen guten Model aus Wachs zu erhalten. Man
                              befestige einen ungefaͤhr drei Viertelzoll breiten Streifen Papier,
                              Kartenpapier, oder noch besser Bleiblatt, mit welchem die Theekisten
                              ausgefuͤttert sind, an dem Rande der abzugießenden Medaille. Dieser Streif
                              wird sorgfaͤltig an dem Rande der Medaille festgebunden; denn sonst fließt
                              das geschmolzene Wachs bei dem Eingießen desselben aus. Das Wachs wird in einer
                              Schale, die man in siedend heißes Wasser stellt, geschmolzen; dadurch bleibt die
                              Hize regelmaͤßig, und gibt dem Wachse den gehoͤrigen Grad von
                              Fluͤssigkeit. Die Oberflaͤche der Medaille muß vollkommen rein seyn:
                              es ist weder ein Oehl noch irgend etwas anderes hier noͤthig. Die Medaille,
                              von welcher man sich den Model verfertigt, wird etwas erwaͤrmt, (am besten
                              ist es, wenn man sie blutwarm macht), damit das Wachs bei dem Aufgießen auf dieselbe
                              nicht zu schnell erstarrt, und dann wird das Wachs so schnell als moͤglich
                              aufgegossen. So wie es erkaltet, fuͤhrt man die Klinge eines duͤnnen
                              Messers horizontal oben rings um das Wachs, das an den Rand des Papier- oder
                              Bleigehaͤuses angezogen, oder uͤber denselben gelaufen ist, und ebnet
                              es auf diese Weise oben vollkommen ab, indem es sonst wegen seiner groͤßeren
                              Dike daselbst wahrscheinlich rings umher in einem Ringe abspringen wuͤrde.
                              Wenn das Wachs endlich vollkommen kalt geworden ist, nimmt man den Papier-
                              oder Blei-Streifen ab, und wenn der Model (das Wachs) dann nicht leicht von
                              der Medaille sich loͤst, so hizt man eine Kohlenschaufel am Feuer, legt ein
                              Blatt Papier auf dieselbe, und auf dieses die Medaille. Alle vier bis fuͤnf Secunden
                              probirt man die Medaille an seinem Gesichte, um zu sehen, wie heiß sie geworden ist.
                              Wenn die Medaille sich etwas heiß anfuͤhlt, versucht man das Wachs von
                              derselben los zu bekommen, und wenn es noch nicht geht, waͤrmt man so lang,
                              bis es geht. Hier ist nun große Sorgfalt noͤthig, denn ohne dieselbe kann der
                              Model leicht schmelzen und zu Grunde gehen. Wenn die Arbeit indessen gehoͤrig
                              geschehen ist, erspart man sich durch dieselbe viele andere Model, die sonst zu
                              Grunde gegangen seyn wuͤrden.
                           Um aus einem Wachsmodel abzugießen, darf man denselben nur mit einem Rande versehen,
                              und dann den mit dem Wasser angeruͤhrten Gyps in den Model gießen, jedoch mit
                              der Sorgfalt, daß man den Gyps mit einem Kameelhaarpinsel in alle Vertiefungen
                              gehoͤrig eintreibt.
                           Was das Anmachen des Gypses mit Wasser betrifft, so haͤngt die Menge des
                              ersteren immer von der Menge des lezteren ab.Es scheint, daß die Bildhauer, und diejenigen, die sich mit Abgießen in Gyps
                                    beschaͤftigen, wenig oder gar keine chemische Kenntnisse besizen, und
                                    nicht wissen, wie viel am Gyps gelegen, und welcher Unterschied zwischen
                                    Gyps und Gyps ist. Daher das Mißlingen so vieler Abguͤsse. Wir werden
                                    vielleicht auf diesen Gegenstand einmal zuruͤkkommen.A. d. Ue. Wenn man den Gyps in einem Beken anruͤhrt, so haͤuft man ihn
                              in diesem kegelfoͤrmig so lang im Wasser auf, bis die Spize des Haufens
                              uͤber das Wasser emporragt; dann erst, und nicht fruͤher,
                              ruͤhrt man ihn mit dem Wasser an, und auf diese Weise wird er immer die
                              gehoͤrige Dike haben. Er muß hierauf sogleich in den Model gegossen, und in
                              diesem so lang belassen werden, bis er sich gesezt hat, was gewoͤhnlich in 15
                              Minuten geschehen seyn wird: fruͤher darf man keinen Versuch machen, den
                              Abguß aus dem Model zu heben.
                           
                        
                           Zusaz von Hrn. Gill.
                           Ich besaß vor einigen Jahren schoͤne Abguͤsse in Gyps, die Hr.
                              Francillon, ein
                              ausgezeichneter Juwelier zu London, verfertigt hatte, welcher unter anderen einen
                              unschaͤzbaren, aus Pfirsischkernen gearbeiteten Rosenkranz von dem
                              beruͤhmten Florentiner Benvenuto Cellini
                              aufbewahrte. Jeder dieser Steine hatte auf der einen Seite den Kopf eines
                              roͤmischen Imperators oder eines Papstes, und auf der anderen einen
                              Triumphbogen, ein Gebaͤude oder etwas Aehnliches. Hr. Francillon machte davon Abguͤsse aus Gyps
                              fuͤr seine Freunde, und hatte zu diesem Ende sich Model aus Schwefel
                              bereitet. Um diese Model sich zu verfertigen, umgab er den abzuformenden Gegenstand
                              mit einem Streifen Papier, Kartenpapier oder Messing, der geoͤhlt war, und
                              goß dann den Schwefel hinein. Dieser wurde vorher erhizt, bis er Syrupsdike bekam,
                              wodurch er zugleich braun wurde und dann in der Folge nicht mehr sprang. Man ließ ihn dann
                              abkuͤhlen, bis er duͤnner wurde, und goß ihn sogleich in den Model.
                              Nach dem Erkalten wurde der Schwefel abgenommen, und gab dann einen Model, der dem
                              Originale vollkommen aͤhnlich war. Wenn Hr. Francillon dann aus diesen Schwefelmodeln in
                              Gyps gießen wollte, wischte er denselben mit einer Mischung aus Rum und Oehl, oder
                              bloß aus Oehl aus, und goß, nachdem er denselben vorlaͤufig mit einem Rande
                              umgeben hatte, eine Mischung aus feinem frischen Gyps in dieselbe, welcher er etwas
                              rohe Sienaerde beisezte, um dem Gypse die blendende Weiße zu benehmen, und
                              duͤnnes Gummiwasser. Von diesem goß er auch etwas Weniges sehr
                              verduͤnnt in den Model, blies stark auf dasselbe, damit es alle
                              Hoͤhlungen ausfuͤllte, und alle Luftblasen beseitigt wurden, und
                              schuͤttete nun auf einer Seite den dikeren Gyps ein, den er auf die andere
                              Seite sanft hinlaufen ließ, damit alle Luft ausgetrieben wird. Nachdem der Gyps
                              erhaͤrtet war, nahm er den Streifen Kartenpapier ab, und brachte
                              dafuͤr einen anderen von steiferem Papier oder von Leder an, der innenwendig
                              vergoldet war. Diesen wikelte er drei oder vier Mal um den Abguß, und kittete ihn
                              dann fest.