Titel: | Nutt's verbesserter Doppelbienenstok für Landleute. Von Hrn. Massingbird. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. LII., S. 237 |
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LII.
Nutt's verbesserter
Doppelbienenstok fuͤr Landleute. Von Hrn. Massingbird.
Aus dem Mechanics' Magazine N. 341. 20. Febr. 1830. S.
450.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Nutt's verbesserter Doppelbienenstok.
Der in vorstehender Abhandlung beschriebene Bienenstok scheint mir eine artige
Spielerei; da ich jedoch glaube, daß es nochwendig ist, daß das Flugloch immer an
demselben Orte bleibt, und daß die Sonne den ganzen Tag, wo moͤglich, auf den
Bienenstok scheint, vom Morgen bis zum Abende, so sehe ich nicht ein, wie dieser
Bienenstok seinem Zweke entsprechen kann.
Wenn ich indessen auch diesen Bienenstok des Hrn. Saul in mancher Hinsicht tadle, so verdanke ich
ihm doch die Idee, meine Bienenstoͤke so zu haͤngen, daß sie ohne die
mindeste Ungelegenheit und ohne alle Nebenauslage von jedem Kinde von 10 Jahren
gewogen werden koͤnnen, ohne daß die Bienen irgend eine Bewegung dabei
verspuͤren.
Unter den vielen Entdekungen und Verbesserungen, welche taͤglich „im
heutigen Gallope des menschlichen Geistes“ vor uns
voruͤberfliegen, verdient vielleicht keine mehr den Dank der arbeitenden
Classe, als die neue Methode Bienen zu warten, die Hr. Thomas Nutt, zu Moulton-Chapel, Spalding,
Lincolnshire, uns gelehrt hat.Wir haben hiervon im Polytechn. Journ. Bd. XXXII. S. 297. Nachricht
gegeben.A. d. R.
Man sagt, daß England jaͤhrlich fuͤr 300,000 Pfd. Sterling (3,600,000
fl.) Honig und Wachs aus dem Auslande einfuͤhrt. Wir beobachteten in England
bisher die Bienen, so wie wir die Ameisen beobachteten: einige Individuen, die an
Naturgeschichte Geschmak fanden, beschaͤftigten sich mit denselben: die
Wartung und Pflege der Bienen war bisher noch nie der Gegenstand eines allgemeinen
Interesses und Ertrages; vielweniger ein Gegenstand von Nationalwichtigkeit.
Sollen diese Thierchen noch laͤnger oder fuͤr immer
vernachlaͤssigt bleiben? Soll der Bienenstok noch immer auf der schmuzigen,
morschen, feuchten Bank des Landmannes stehen; jezt noch, wo es doch erwiesen ist,
daß man nach dieser neuen Art von Bienenwirthschaft ein Mal, und zwar in dem unguͤnstigsten Jahre, von Einem einzigen
Schwarme vierhundert Pfund Honig und Wachs erhalten hat; da man weiß, daß
sechs Schwaͤrme, in demselben Jahre, 1192 Pfd.
Wachs und Honig lieferten, und zwar beides von so ausgezeichneter Guͤte, daß es um den
vierfachen gewoͤhnlichen Preis auf dem Markte verkauft wurde? Sollen wir noch
immer auslaͤndisches Wachs und fremden Honig kaufen, wenn wir bei Hause
unseren vollen Bedarf in gleicher Guͤte erzeugen koͤnnen? Ist
Naͤchstenliebe ausgestorben in unserem Lande,Tutto il mondo è paese: die
Naͤchstenliebe, die Kenntnisse unter dem Landvolke verbreiten soll,
ist auch auf dem festen Lande hier und da ausgestorben. Wir koͤnnten
ein Land nennen, in welchem viele Zentner Wachs des Tages umsonst verbrannt
werden, und wo man den Landmann nicht einmal lehrt, wie er einen schweren
Ochsen und eine gute Milchkuh erhalten kann, viel weniger wie er
Bienenwirthschaft treiben soll. Dafuͤr soll die liebe Jugend dieses
Landes Griechisch und Hebraͤisch lernen, und Verslein machen!
„Nur kein Buch, das von Kraͤuteln und von Viehern
handelt!“ – Wir hatten oͤfters Gelegenheit in
diesen Blattern zu bemerken, daß die englische Bienenwirthschaft schlecht
bestellt ist, und daß Deutschland, zumal die kleine Lausitz, bessere
Bienenwirthe besizt, als Großbritannien: einige Kritiker haben uͤber
unsere Freimuͤthigkeit die Nase geruͤmpft; indessen
koͤnnen wir uns damit troͤsten, daß wir unser fruͤheres
Urtheil jezt durch einen Englaͤnder selbst bestaͤtigt
sehen.A. d. Ue. daß der arme schwer arbeitende Landmann noch immer fortkaͤmpfen soll
mit seinem Elende, und dieß bloß aus Unwissenheit, waͤhrend doch sein Loos so
leicht verbessert werden koͤnnte? Ich will hoffen: Nein! Man wird sich um
Nutt's Verfahren
kuͤmmern, und es wird in jedem Dorfe der Vereinigten Koͤnigreiche
eingefuͤhrt werden.
Wenn der gegenwaͤrtige Bienenstok irgend ein Verdienst besizt, so verdankt er
dasselbe Hrn. Nutt. Hr.
Nutt soll seine Methode
selbst lehren; wir wollen ihn nicht des Gewinnes berauben, den er durch seine
Entdekungen so sehr verdient hat.
Indessen glauben wir seinen Plan hier sehr vereinfacht zu haben. Durch Entfernung der
Baͤnke haben wir die Reinlichkeit befoͤrdert: die Stoͤke werden
nun troken gehalten, und die denselben gefaͤhrlichen Insekten werden mehr von
denselben abgehalten. Durch Anbringung des roͤmischen Wagebalkens unter
denselben, so wie sie nun frei da haͤngen an einem Strike entweder an einem
Baumaste, oder an dem Balken eines Hauses, oder an irgend einer Stuͤze, kann
man sich, wenn man will, zehn Mal des Tages, und in eben so vielen Minuten,
uͤberzeugen, welche Fortschritte die Bienen mit ihrem Eintragen gemacht
haben. Die Ausgabe fuͤr den Strik ist doch eine Kleinigkeit, und selbst diese
kann man ersparen, wenn man einige Haselruthen Statt desselben zusammenflechten
will. Wenn der Stok nicht unter Dach hinge, was am besten ist, kann ein Stuͤk
Wachsleinwand, ein Hafendekel oder ein Strohdach zur Abhaltung des Regens
uͤber dem Stoke angebracht werden.Wir besorgen hier nur Einen Nachtheil bei dieser Methode, und diesen von
einem der gefaͤhrlichsten Feinde der Bienen, dem Winde. Das
Schaukelsystem dieses Ministers des Jupiters kann der alten legitimen
Bienenmonarchie so gefaͤhrlich werden, als irgend ein Schaukelsystem
der neueren Zeit den neueren constitutionellen Staaten.A. d. Ue.
Man wird gegen diese Bienenwirthschaft einwenden, daß, wenn sie so viel Honig
liefert, als sie verspricht, der Honig bald keinen Pfennig mehr werth seyn wird.
Dagegen will ich nur bemerken, daß ich mich sehr irren muͤßte, wenn, wo man
den Bienen fuͤr den Winter uͤber genug Honig laͤßt, sie nicht
in eben demselben Verhaͤltnisse mehr Wachs liefern werden, was gleichfalls
ein sehr gesuchter Artikel ist.Daran laͤßt sich noch zweifeln.A. d. Ue. Man kann ferner aus dem Honige einen sehr guten Brantwein verfertigen. Und
gibt es nicht endlich unter den Menschen so gut, als unter den Bienen, Drohnen, d.h.
Individuen, die nie und nimmer arbeiten, die durch nichts auf der Welt zu irgend
einer Betriebsamkeit zu vermoͤgen sind? Nein; man darf nicht besorgen, daß es
jemals zu viel Honig geben wird, und noch weniger zu viel Wachs. Wenn endlich der
Preis des Honigs so tief sinken sollte, daß nur mehr die aͤrmste Classe an
demselben noch einigen Lohn fuͤr ihre Arbeit findet, so wird die
Bienenwirthschaft von selbst in die Haͤnde derjenigen gerathen, die mit dem
geringsten Gewinne zufrieden sind. Ist es nicht besser unsere
Armen zu diesem Zweige der Industrie aufzumuntern, als unsere
Maͤrkte mitauslaͤndischem Honige und Wachs
versehen zu lassen?
Dieß hieße aber sich gegen die Handelsfreiheit grob versuͤndigen.
Besser Bettler im Lande und Handelsfreiheit! Was liegt uns an der Canaille!
Ein paar reiche Großhaͤndler, die mit russischem Honig und Wachs
handeln, verdienen mehr Beruͤksichtigung, als eine halbe Million
einfaͤltiger Bauern. So denkt man heute zu Tage.A. d. Ue. Die aͤrmere Classe wuͤrde dadurch wenigstens eine kleine
Zubuße zu ihrem geringen jaͤhrlichen Einkommen erhalten, und dieser kleine
Vortheil wuͤrde bei weitem durch die Foͤrderung der Moralitaͤt
aufgewogen, welche aus einer so moralischen Lection, wie jene, die die Beobachtung
der Biene gewaͤhrt, fuͤr sie hervorgeht. Das Land wuͤrde
verschoͤnert werden durch die groͤßere Menge der Blumen, die man in
den Gaͤrten zieht: denn jedes Koͤrnchen eines Tag- und
Nacht-Veilchens wird eine Quelle mehr fuͤr den Reichthum des
Bienenstokes.
Die Bienenstoͤke, die ich hier empfehle, koͤnnen an jedem Fenster, wie
ein Vogelbauer, aufgehaͤngt werden, die Bienen koͤnnen daselbst ohne
alles Hinderniß aus- und einfliegen; die Baͤuerinn oder jeder Greis
kann sie von der Stube aus beobachten und besorgen. Ich weiß, daß ein armer
Schuhmacher 20 solche Bienenstoͤke in einem kleinen Hoͤfchen hinter
seinem Hause hielt, das nicht volle 12 Quadratfuß Raum hatte, und mitten in einer
Stadt gelegen war; in groͤßeren Staͤdten koͤnnte man sie unter
den Hausdaͤchern halten.Wir zweifeln sehr, ob aus diesem Vorschlage, wenn er befolgt
wuͤrde, viel Nuzen hervorgehen wuͤrde; er
scheint uns zu sanguinisch, als daß wir auf ihn zahlen wollten. Selbst wenn
er wirklich Vortheile gewaͤhrte, wuͤrden diese durch große
Nachtheile aufgewogen.A. d. Ue.
Der Wunsch des Hrn. Nutt, der
aͤrmeren Classe durch Bienenzucht zu Huͤlfe zu kommen, wurde von sehr angesehenen
Personen in England unterstuͤzt. Ihre k. k. Hoheiten, der Herzog und die
Herzoginn von Gloucester, der achtbare Carl Fitzwilliam, Lord Viscount Milton, Lord Baron Stafford, Hr. Fraser bei Inverneß, Lady Stapleton, S. Price, Esq. in
Irland interessiren sich fuͤr Verbreitung der neuen Bienenwirthschaft des
Hrn. Nutt.
Erklaͤrung der Figuren.
N. 1. Fig. 8. Ein Balken an dem
Vorsprunge eines Bauernhauses, oder eine Stange, die von einem Baumaste oder von
einer Stuͤze getragen wird.
N. 2. Hier theilt sich der Strik in vier Theile, und
laͤuft uͤber einen Reif, der mit Strohgeflecht, Wachsleinwand etc.
bedekt ist.
N. 3. Eine Kiste aus weichem Holze von 12 Kubikzoll, die
auf einem Brette steht. Ihre Waͤnde sind Einen Zoll dik, glatt abgehobelt,
daß kein Regenwasser daran haͤngen bleibt etc. Unter der Kiste ist ein
Bienenstok aus Stroh, der uͤberweißt werden muß, daß keine Insecten in
demselben nisten koͤnnen. Die Kiste N. 3. kann
zuweilen noch eine zweite Kiste unter derselben fordern, wie man in Fig. 10. sieht.
N. 4. Das Flugloch, 4 Zoll lang, 1/4 Zoll hoch.
N. 6. und 7. Ein bewegliches Gestell zur Befestigung der
Schnellwage. DD, zwei Buͤgel, welche den
Stok auf dem Brette festhalten. Das Brett hat zwei Fuß im Gevierte.
Der doppelte Bienenstok an einem Fenster im
Zimmer.
N. 1. Fig. 9. Ein Stok mit
Einschnitten, der an irgend einem Balken haͤngt, und als Schnellwage dient.
An ihm haͤngt zugleich der doppelte Bienenstok.
N. 2. Ein Reif, uͤber welchen die vier Strike
laufen.
N. 3. Eine Kiste von 12 Kubikzoll. Der Dekel oben an der
Kiste muß niedergeschraubt, nicht aufgenagelt seyn.
N. 4. Eine Kiste, in welcher die Bienen gesammelt
werden, wann sie schwaͤrmen.
N. 5. Eine Roͤhre, welche in der Mitte abgetheilt
ist, und durch welche die Bienen bei dem Fenster in die Kiste N. 3. gelangen.
N. 6. Das Fenster in der Huͤtte.
N. 7. Die Roͤhre, wie sie aussieht, wenn sie in
der Mitte mit Leder bedekt ist, damit die Bienen nicht in das Zimmer gelangen,
waͤhrend zugleich Beweglichkeit genug an der Roͤhre bleibt, um den
Stok mittelst der
Schnellwage zu waͤgen. A das Ende
zunaͤchst am Stoke, Z das Ende zunaͤchst
am Fenster.
Die 10te Figur
zeigt einen Bienenstok zwischen Hopfen oder einem anderen sich aufwindenden
Gewaͤchse. Ein Duzend solcher Bienenstoͤke in Bogen hingehaͤngt
zieren jeden Blumengarten. Man kann sie eben so auch an Stangen uͤber einem
Kleefelde aufhaͤngen.