Titel: | Versuche mit einem Dampfkessel mit niedrigem Druke nach dem Exhaustions-Principe der HHrn. Braithwaite und Ericsson. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XXIV., S. 83 |
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XXIV.
Versuche mit einem Dampfkessel mit niedrigem
Druke nach dem Exhaustions-Principe der HHrn. Braithwaite und Ericsson.
Aus dem Mechanics' Magazine. 5. Jun. N. 556.,
im Liverpool Albion
31. Mai.
Braithwaite u. Ericsson, Versuche mit einem
Dampfkessel.
Wir haben folgenden sehr interessanten Bericht uͤber die lezten Sonnabend mit
einem neuen Seekessel (marine boiler) angestellten
Versuche erhalten, welcher nach Hrn. Braithwaite's und
Ericsson's Systeme erbaut und von niedrigem Druke
war. Aus diesen Versuchen erhellt, daß folgende Vortheile fuͤr die
Dampfschifffahrt durch Einfuͤhrung dieses Systems hervorgehen.
1) Gaͤnzliche Abwesenheit alles Rauches.
2) Beseitigung des Schornsteines.
3) Ersparung von wenigstens 120 p. C. Kosten fuͤr Brennmaterial und 30 p. C.
an Raum im Bothe.
4) Ersparung von 400 p. C. an Raum fuͤr den Kessel.
Nach eben diesen Grundsaͤzen wird nun auch die Dampfmaschine an den Dampfwagen
fuͤr die Liverpool- und Manchester-Eisenbahn
ausgefuͤhrt.
Die Versuche wurden an den Werken des Hrn. Laird, North
Birkenhead, von Hrn. Alex. Nimmo und C. B. Vignoles in Gegenwart vieler
(namentlich angefuͤhrten) Mechaniker angestellt.
Der Exhaustionsapparat bestand aus einem Faͤcherrade mit breiten
Radialblaͤttern, welches sich innerhalb einer geschlossenen Buͤchse
oder Kammer in einer kleinen Entfernung von dem Kessel drehte, mit diesem aber
mittelst eines Canales aus den Zuͤgen her, die durch den Kessel zogen,
verbunden war. Eine kurze Roͤhre uͤber der Exhaustionskammer ging in
die Luft.
Der Ofen war an dem Ende des Kessels dem Exhaustionsapparate gegenuͤber
angebracht, welcher leztere, wo er in Thaͤtigkeit gesezt wurde, die heiße
Luft aus dem Feuer durch alle Windungen des Kessels zog: die heiße Luft ging
uͤber die Kehle des Ofens durch die Bruͤke des Zuges, und dann nach
und nach durch die uͤbrigen fuͤnf Windungen des Zuges, die durch den
Kessel liefen, bis sie endlich durch die Exhaustionskammer gezogen wurde und in die
Atmosphaͤre uͤbertrat.
Die Hize, welche in dem Ofen außerordentlich stark war, wurde von dem Wasser in dem
Kessel verschlungen, so wie die Luft durch die Zuͤge fuhr, und war, wenn sie
durch die Roͤhre oder den Trichter aus der Exhaustionskammer hinauffuhr, so
weit abgekuͤhlt, daß man die Hand oder den Arm ohne alle Gefahr in die
Roͤhre hinabsteken konnte: die Temperatur mochte wahrscheinlich nicht
180° F. (+ 66 R.) uͤbersteigen. Nicht der mindeste Rauch war
bemerkbar.
Folgende Dimensionen sind die vorzuͤglichsten
Fuß
Zoll
Fuß
Zoll
Ofen
222
0 tief6 lang6 breit
Aschengrube
122
0 tief6 lang6 breit
Die Oeffnungen d. Feuerstangensind ungef. der
halben Grundflaͤchedes Bodens gleich.
Fuß
Zoll
Fuß
Zoll
Exhaustionskammer
233
6 hoch6 breit6 lang
aͤußere Dimensionen
Durchmesser des ExhaustionsradesBreite
desselben
3–
010
Bruͤkenzug oder Kehle von dem Ofen weg 2 Fuß, 6 Zoll breit; 4 Zoll weit, 2 Fuß
tief, 5/16 zoͤll. Eisenplatte.
Erste Windung des Zuges, 4 Zoll
weit,Zweite, dritte, vierte, fuͤnfte Windung,
2 Fuß tief2 Fuß tief 3 Zoll weit
1/4 Lin. Eisenpl.
Ganze Laͤnge der Zuͤge durch
den Kessel
45 Fuß.
Oberflaͤche der hizenden
Flache
247 □ Fuß.
Betrag des Wassers im Kessel, wenn dieser
gefuͤllt ist
85 bis 99 Kubikfuß.
Oberflaͤche der verdampfenden
Flaͤche im Kessel
33 □ Fuß.
Verhaͤltniß der heizenden
Oberflaͤche zur verdampfenden, beinahe wie
7 1/2zu 1.
Dampfkammer
3 Fuß breit.4 – 10
Zoll im Durchschnitte tief.4 –
6 – lang.
Enthaͤlt beilaͤufig 65 Kubikfuß.
Durchmesser der Sicherheitsklappe fast 5 Zoll, 19 □ Zoll Oberflaͤche,
beladen fuͤr einen Duck von 4 Pfd. auf den Quadratzoll, gibt 76 Pfd.
fuͤr die Beladung.
Von diesen kamen 66 Pfd. Eisen in den Kessel, und 10 Pfd. wurden fuͤr das
Gewicht der Klappe, der Stange, des Hakens, des Griffes etc. gerechnet.
Das Wasser war das Salzwasser aus dem Wallasey-Pool; es wurde in einen großen
eisernen Behaͤlter gefuͤllt, dessen Durchschnittsflaͤche 32 1/2
□ Fuß hielt.
Der Kessel stand unter einer offenen Scheune; der Tag war kalt und es regnete dik. Es
war keine Maschine an dem Kessel angebracht; der Exhaustionsapparat wurde mittelst
eines Rades und Laufbandes an Hrn. Laird's Drehemaschine
getrieben. Die Schnelligkeit des Schlagkreises (circle of
percussion) der Blaͤtter des Exhaustionsrades war 77 Fuß in Einer
Secunde, oder mehr als 52 (engl.) Meilen in Einer Stunde. Hrn. Laird's Dampfmaschine wird auf eine Kraft von 4 Pferden geschaͤzt.
Die Kraft, die zum Treiben des Exhaustionsrades noͤthig war, wurde von
Mechanikern einer Kraft von zwei Pferden gleich geschaͤzt: genaue Rechnung
wurde indessen keine vorgenommen.
Nachdem das Feuer angeschuͤrt war, wurde Dampf von 4 Pfd. Druk in 45 Minuten
mit einem Aufwande von 2 1/2 Ztr. Kohks erzeugt. Anfangs brauchte man 8 Pfd. Kohks
in Einer Minute; dieser Aufwand nahm nach und nach bis auf 5 Pfd. ab, so daß man im
Durchschnitte auf Eine Minute 6 1/4 Pfd. rechnen konnte, um Dampf von obiger
Staͤrke zu erhalten. Der Dampf fing bereits in 27 Minuten an sich zu
entwikeln, worauf wenig Kohks mehr, als 5 Pfd. in jeder Minute, nothwendig waren. Zu
dieser Zeit waͤre Dampf genug dagewesen, um die Cylinder einer Maschine zu
treiben.
Die angewendeten Kohks waren Gaskohks von sehr schlechter Qualitaͤt. 3 1/2
Kubikfuß derselben wogen. 105 Pfd., was 30 Pfd. auf den Kubikfuß, also 3000 Pfd. auf
100 Kubikfuß gibt. Dasselbe Gewicht St. Helen's Kohle (deren man sich auf
Dampfbothen vorzuͤglich bedient) mißt 63 Kubikfuß. Die Tonne Kohks, die hier
gebrannt wurden, kostete
frei Liverpool, 8 Shill. 6 Pence (20 Ztr. also 5 fl. 6 kr.). Schmiedekohks, von
welchen 3 1/2 Kubikfuß 115 Pfd. wiegen, also Ein Kubikfuß beinahe 33 Pfd., kosten 25
Shill. die Tonne (20 Ztr. folglich 15 fl.)
Als der Dampf entwikelt wurde, und das Wasser in dem Eichmaße aus dikem Glase am
Kessel 7 1/2 Zoll stand, fingen zwei hierzu bestimmte Maͤnner an zu pumpen;
es wurde frisches Brennmaterial abgewogen herbeigeschafft, und folgende Resultate
wurden beobachtet:
Um
5 Uhr
32 Minuten
fing man an zu pumpen.
–
3 –
54 –
waren 16 Kubikfuß Wasser verduͤnstet.
–
4 –
12 –
– 27 – – –
–
4 –
19 –
– 38 – – –
und zwei Ztr. Kohks verbraucht.
–
4 –
32 –
waren 41 1/4 Kubikfuß Wasser
verduͤnstet,mit einem Aufwande von 252 Pfd. Kohks.
Hieraus erhellt, daß bloß 6 Pfd. Kohks auf den Kubikfuß Wasser in Einer Stunde
verbraucht wurden, und da die Verdampfung Eines Kubikfußes Wasser in Einer Stunde
gewoͤhnlich als Maß fuͤr die Kraft Eines Pferdes betrachtet wird, so
folgt, daß der Kessel ein vierzig Pferde-Kessel war (forty horse boiler), und daß die Menge Brennmateriales, die erforderlich
war um ihn in Gang zu bringen, 2 1/2, Ztr. fuͤr die Stunde betraͤgt,
was eine Ausgabe von 12 3/4 Pence (Groschen) gibt. Da der Kohksverbrauch nach der
ersten Stunde sich vermindert, so ist die Auslage fuͤr Brennmaterial an einem
vierzig Pferde-Kessel fuͤr die Stunde wahrscheinlich nicht mehr, als
Ein Shill.
Waterloo Hotel, Liverpool, 29. Mai, 1830.
A. Nimmo. Ch. B. Vignoles.