Titel: | Ueber Cavallier's, Frère et Comp., Knetemaschine. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XLVII., S. 166 |
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XLVII.
Ueber Cavallier's, Frère et
Comp., Knetemaschine.Wir haben schon so oft von Knetemaschinen in diesen Blattern gesprochen, und im
2ten Aprilhefte l. J. S. 111. die Ansicht eines
erfahrnen, angesehenen und seiner Zeit zu Wien ruͤhmlich bekannt
gewesenen Bakermeisters mitgetheilt. Wir sind vollkommen uͤberzeugt, daß
die Ansichten dieses Meisters in feiner Kunst aus dem Leben, aus der Erfahrung
aufgegriffen und wahr und richtig sind, wir sind uͤberzeugt, daß, wenn
eine Maschine die Hand des Menschen bei dem Kneten des Teiges zum Brote ersezen
koͤnnte, die Baͤkermeister, denen ihre Leute in der
Baͤkerstube keine geringe Summe kosten, laͤngst diese Maschine
eingefuͤhrt haben wuͤrden, wenn sie wahre Vortheile bei derselben
gesehen haͤtten; denn kein Bakermeister ist so arm, daß er sich nicht
eine solche einfache Maschine beilegen koͤnnte, die ihm kaum mehr als den
halben Jahreslohn eines Baͤkerjungen kostet. Waͤhrend wir aber,
bei unserer hohen Werthschaͤzung aller Maschinen, wodurch
Menschenhaͤnde erspart und Menschen wieder in ihren wahren Menschenwerth
eingesezt werden koͤnnen, als Gegner der Knetemaschinen aufzutreten uns
gezwungen glauben, halten wir es auch fuͤr unsere Pflicht, die Ansichten
unserer Gegner treu darzustellen, damit wir einen so wichtigen Gegenstand nicht
einseitig und parteiisch zu behandeln scheinen. In jeder Streitsache muß das
„audiatur et altera
pars“ gelten, ehe der Handel entschieden werden kann. Wir
haben daher auch die Notiz in den Annales de
l'Industrie uͤber Cavallier's Knetemaschine mit jener des Register's verbunden. A. d. Ue.
Aus dem Register of Arts, Junius 1830, S. 17.
und aus den Annales de
l'Industrie, 1830 N. III. S. 177. aus dem Register und aus den
Annales N.
IV. Auch uͤber die Knetemaschine der Gebruͤder Gui. Aus dem Bulletin d. Scienc. technol. Mars. S.
275.
Mit Abbildung auf Tab.
III.
Cavallier's Knetemaschine.
Das Register of Arts erwaͤhnt a. a. O. eines
franzoͤsischen Patentes, welches Hr. Cavallier und
Comp. sich auf seine Maschine geben ließ; eines englischen, das Hr. Poole, als Agent desselben, auf diese Maschine nahm,Wir haben bereits von diesem Patente Nachricht gegeben. A. d. Ue. und noch einer besonderen Broschuͤre uͤber diese Maschine, die
die Patent-Traͤger austheilen, die aber sehr unverstaͤndlich
abgefaßt seyn soll. Auch weicht die dieser Broschuͤre beigegebene Abbildung
von dem Modelle ab, welches der Patent-Traͤger im National-Repository aufgestellt hat. Das Register hielt es daher fuͤr geeignet, eine
Zeichnung nach dem Modelle zu liefern, welches im National-Repository aufgestellt ist, und diese Zeichnung mittelst
folgender Beschreibung zu erklaͤren, die wir hier woͤrtlich
liefern.
„aaaa, Fig. 5., ist ein
starker hoͤlzerner beinahe vierekiger Trog, der sich nach unten zu etwas
verschmaͤlert und einen gekruͤmmten oder
halbwalzenfoͤrmigen Boden hat. Der untere Theil dieses Troges ist mit
Eisenblech ausgefuͤttert, wie man an bb
sieht, und der Laͤnge nach durch eine senkrechte Scheidewand, o, getheilt.
Der untere Theil dieser Scheidewand, d,
laͤuft in einen spizigen Winkel zu, und ist mit Eisenblech beschlagen,
damit er einen Krazer auf der Oberflaͤche des hohlen Cylinders aus
Gußeisen, e, bildet, der sich unter demselben
bewegt. Die Achse des Cylinders, e, welche an einer
Seite durch den Trog laͤuft, fuͤhrt ein Zahnrad, f, welches von einem Triebstoke, g, in Bewegung gesezt wird, der von einer Kurbel,
h, getrieben wird. Bei ii sind die sogenannten „Saͤke oder Size (der
Erfinder), die sich nach abwaͤrts erstreken, so daß sie den
senkrechten Ausschnitt oder Falz, der zur Aufnahme derselben an jedem Ende
des Troges angebracht ist, schließen.“
„Diese Stuͤke“ sagen sie „fuͤhren
zwei Baken an ihrer inneren Seite, durch welche der Krazer seitwaͤrts
gehalten wird.“
„Die Lager der Zahnraͤder, f und g, befinden sich in einer aufrechten Stange an jedem
Ende des Troges, und sind mittelst derselben mit der senkrechten Scheidewand,
cd, verbunden, so daß, wenn es
noͤthig wird, den Raum zwischen der Walze und dem gekruͤmmten
Boden des Troges, wo der Teig gebildet wird, zu vergroͤßern, die Griffe
kk zweier Hebel der zweiten Classe gehoben
werden. Da diese Hebel in der Nahe der Stuͤzpunkte, wovon man einen bei
I sieht, mit den oben erwaͤhnten
senkrechten Stangen verbunden sind, so heben sie zugleich die Walze, den Krazer
und das Raͤderwerk in jede Hoͤhe, welche durch die Ausschnitte,
mm, moͤglich wird, durch welche die Hebel
laufen, und in welchen sie mittelst der Bolzenstifte, n, die durch die Loͤcher, welche durch die Hebel und durch die
Waͤnde der Ausschnitte aus Gußeisen laufen, befestigt werden. Um den
Krazer, cd, nach der Walze, e, zu stellen, werden Schrauben gewoͤhnlicher Art hierzu
verwendet: diese Schrauben haben kugelfoͤrmige Koͤpfe, durch
welche ein Loch, o, laͤuft, in welches man
einen Schluͤssel stekt, so daß, wenn man den Kopf der Schraube dadurch
dreht, der Krazer in jede beliebige Entfernung parallel mit dem Cylinder
gestellt werden kann. Dieser ganze Apparat steht auf starken hoͤlzernen
Fuͤßen mit Querbalken, wie die Figur zeigt.“
Das Register theilt nun, theils im Auszuge, theils in Extenso, das Verfahren ans oben erwaͤhnter
Broschuͤre mit, nach welchem mit dieser Maschine der Teig zum Brote bereitet
wird.
„Es ist einerlei, ob man nach franzoͤsischer Art Sauerteig oder
nach englischer Hefen zu dem Teige nimmt, welcher mit dieser Maschine geknetet
werden soll. Die erforderliche Menge Mehles, Hefen und Wassers, und was die
Baker sonst zum Brote brauchen, wird in dem Troge gehoͤrig mittelst der
Kruͤke, p, unter einander gemengt. Das Kneten
faͤngt damit an, daß man obiges Gemenge durch das Drehen der Kurbel unter
dem Cylinder durchtreibt. Nachdem aller Teig aus einem Fache in das andere
hinuͤber getrieben wurde, wird die Kurbel in entgegengesezter Richtung
gedreht, wodurch der Teig wieder in das vorige Fach zuruͤkgetrieben wird.
Auf diese Weise wird der Teig durch Wechslung der Richtung, in welcher der
Cylinder gedreht wird, aus einem Fache oder aus einer Abtheilung in die andere
getrieben werden, bis der ganze Teig gehoͤrig durchgeknetet
ist.“
Es ist offenbar, daß der Teig hier auf diese Weise bloß gewalgt, aber nicht
geknetet wird. A. d. Ue.
„Ehe man den Cylinder dreht, muß er mittelst der Hebel, kk, in seine hoͤchste Lage gehoben,
und, so wie die Arbeit nach und nach fortschreitet, von einem Loche zu dem
anderen herabgelassen, und mittelst des Stiftes, n,
darin befestigt werden, bis man endlich zum untersten Loche mit demselben
herabkommt, wo der Zwischenraum zwischen dem Cylinder und dem
ausgehoͤhlten Troge des Bodens sehr eng ist, also der Teig schon ziemlich
nachgiebig seyn muß, um durch denselben ohne großen Gewaltaufwand durchgetrieben
werden zu koͤnnen.“
„Wenn“ heißt es in der Broschuͤre „der Teig
bei den ersten Umdrehungen der Walze zu weich ist, so sezt man so viel Mehl zu,
daß man in der Folge keines mehr zuzusezen braucht. Man darf sich jedoch nicht
zu viel auf das erste Ansehen verlassen, indem der Teig spaͤter fester
wird, als man Anfangs haͤtte erwarten sollen.“
Der Nachtheil hiervon bei dieser, wie bei jeder anderen Knetemaschine ist
offenbar. Der Teig ist hier dem Auge und der fuͤhlenden Hand des
Kneters entzogen. Die Maschine weiß nicht, ob zu wenig oder zu viel Wasser
im Teige ist, sie fuͤhlt nicht, wie viel das Mehl anzieh: denn nicht
jedes Mehl zieht gleich stark an. Alles dieß fuͤhlt aber die Hand des
Baͤkers mit Einem Griffe.A. d. Ue.
„Die Menge Mehles muß mit aller moͤglichen Genauigkeit berechnet
werden: ehe zu wenig als zu viel ist indessen weit rathsamer, da man leichter
Mehl als Wasser nachschuͤtten kann.“
„Das Mehl muß mittelst kleiner Brettchen nachgestreut werden, so daß es zu
beiden Seiten der Maschine eine ebene Flaͤche bildet. Die
Patent-Traͤger liefern diese Brettchen, so wie den Handkrazer, q, und ein biegsames Messer, r.“
„Das Nezen“ heißt es in der Broschuͤre
„geschieht mittelst eines Pinsels, mit welchem der Teig mit Wasser
uͤbersprizt wird; waͤhrend des Sprizens muß die Walze zugleich
gedreht werden, damit man immer eine neue Oberflaͤche des Teiges
erhaͤlt, und dieser uͤberall gleich naß wird. Um den Teig aus dem
Troge zu nehmen, darf derselbe nur von dem Cylinder abgenommen werden, indem er
auf demselben in großen Stuͤken gegen den Krazer kommt. Jedes
Stuͤk kommt hierauf in einen gemeinschaftlichen Korb, aus welchem es
genommen wird, um Leibe daraus zu bilden. Dieser Korb ist aber nur dort noͤthig, wo die
Maschine nicht in dem Bakhause selbst aufgestellt ist, und das Brot nicht
alsogleich abgewogen werden kann. Wo lezteres geschehen kann, laͤßt man
den Teig in jenem Fache, in welches ihn die lezte Umdrehung des Cylinders
gebracht hat, und nimmt ihn aus demselben zum Abwaͤgen nach und nach
heraus: eine Arbeit, die auf dem Dekel des Troges selbst geschehen
kann“ (welchen, sagt Hr. Hebert sehr
aufrichtig, wir in der Zeichnung aus Versehen weggelassen haben). „Es
laͤßt sich leicht begreifen, daß, wenn nur fuͤr Einen Einschuß in
den Ofen Teig geknetet werden soll, oder daß, wenn fuͤr jeden Einschuß,
wie es in einigen Laͤndern Sitte ist, ein eigener Sauerteig
angeruͤhrt wird, es nicht noͤthig ist, den Sauerteig
aufzubewahren, der nicht verbraucht wurde.Wir begreifen dieß nicht so leicht; die Dunkelheit in diesem Ausdenke ist
zu groß, als daß wir die Wahrheit ertappen, viel weniger zu G sichte bekommen koͤnnten. A. d.
Ue. Man muß ferner bemerken, daß der Baker, der nur einiger Maßen sein Mehl
und das Brot kennt, das er aus demselben zu baten wuͤnscht, durch das
bloße Ansehen des Teiges leicht die Zahl der Umdrehungen bestimmen kann, die zur
Erhaltung eines guͤnstigen Resultates von Seite der Walze nothwendig
sind.Dieß ist zu viel gefordert von dem groͤßten Virtuosen in der
Bakerkunst. Es gibt Falle, in welchen der Baker durch das bloße Ansehen
des Teiges sagen kann, und mit Bestimmtheit sagen wird, daß er schlecht
ist. Es gibt aber Falle, in welchen auch der erfahrenste Baͤker
seinen eigenen Augen, dem „bloßen Ansehen“ nicht
trauen wird, und unwillkuͤrlich mit seiner Hand in den Teig
fahren wird, um, wie einst Thomas, mit seinen Fingern zu sehen, ob das,
was er zu sehen glaubt, wirklich so ist, wie er es zu sehen glaubte.
Wenn es indessen auch moͤglich waͤre die Guͤte des
Teiges durch das bloße Ansehen zu erkennen, so muͤßte der Baker
vorlaͤufig erst feine Maschine kennen, wenn er hiernach die Zahl
der Umdrehungen des Cylinders bestimmen, oder jene aus dieser herleiten
wollte, und diese Knetemaschine wuͤrde wie ein Billiard, auf
welchem man erst dann gut spielt, wann man es kennt. Jeder neue
Bakerjunge und jede neue Knetemaschine wurde schlechtes Brot geben. A.
d. Ue. Es verdient kaum bemerkt zu werden, daß gegen das Ende eines jeden
Knetens, d.h., wenn die eine Seite des Troges auf dem Punkte ist, leer zu
werden, es immer noͤthig ist, den an der Scheidewand haͤngenden
Teig mit dem Handkrazer ein Mal abzukrazen, und ihn zugleich mit jenem, was an
dem Boden unter der Walze waͤhrend der Umdrehungen haͤngen bleibt,
wieder unter die Walze zu werfen, waͤhrend diese sich dreht.“
Es ist offenbar, daß auf diese Weise in dem Teige und in dem Brote sogenannte
Bazen (flache Klose) entstehen
muͤssen. A. d. Ue.
„Das Wasser muß etwas waͤrmer als gewoͤhnlich angewendet
werden, damit die Temperatur der Walze erhoͤht wird, indem diese ein
guter Waͤrmeleiter ist, und sich folglich leicht in Gleichgewicht mit der
umgehenden Luft stellt. Des Winters ist diese Vorsicht unerlaͤßlich.
Wenn, unerachtet des Rathes, lieber eine zu kleine Menge Mehles, als eine zu große nach dem
Anmachen des Teiges zuzusezen,Die Absicht, warum Anfangs ehe weniger Mehl zum Teige genommen werden
soll, ist wahrscheinlich diese, weil diese Maschine mehr ein
Ruͤhrkuͤbel als eine Knetemaschine ist. Man
koͤnnte, wenn sie wasserdicht waͤre, vielleicht damit ehe
Burter ruͤhren, als einen gesunden, schmakhaften Brotteig
fertigen. Der Baker, der Brot bakt, kann keinen Nudelwalger dazu
brauchen, wohl aber der Pastetenbaͤker. A. d. Ue. der Teig dennoch zu fest werden sollte, so muß Wasser mit einer
Buͤrste zugesprizt werden, wie bereits bemerkt wurde. Was das Uebrige
betrifft, naͤmlich den Grad der Gaͤhrung, die Zeit, welche der
Teig zu dem sogenannten Aufgehen braucht etc., so kann alles dieses auf irgend
eine Weise, welche Ortsverhaͤltniß oder Gutduͤnken nothwendig
macht, eingeleitet werden.“
Dieses „Uebrige“ und
„Grad der
Gaͤhrung“
„Zeit“ etc. erinnert uns an die alten englischen
Parliamentsacten „de omnibus et quibusdam
aliis,“ und an manche neue Schreiberausfertigungen
„uͤber Alles, was zu
vollziehen ist, und noch Einiges andere.“ A. d.
Ue.
„Man darf jedoch nicht vergessen, daß dieser Petrisseur d.h. diese Knetemaschine, das Mehl besser und
gleichfoͤrmiger mengt, und jedes Theilchen desselben in unmittelbare
Beruͤhrung mit dem Wasser bringt. Das Mehl saugt also nicht bloß alles
Wasser ein, welches dasselbe im Stande ist zu verschlingen, sondern nimmt selbst
noch mehr auf, als man mit der Hand demselben nicht beizubringen vermag.Wenn die Maschine dieß wirklich thut, so ist sie ein gefaͤhrlich
s Werkzeug in der Baͤkerstube;
denn jeder Baker wuͤnscht nichts sehnlicher, als nicht mehr
Wasser in seinen Teig zu bringen, als zu einem guten Brote noͤthig ist. Wehe dem Baͤker, der zu
viel Wasser in seinem Brote hat. A. d. Ue. Hiernach kann der Baker leicht bestimmen, wie viel er zusezen muß und
darf.“
„Mit Einem Worte, das Kneten des Teiges mit der gegenwaͤrtigen
Maschine ist von dem gewoͤhnlichen Kneten in Nichts verschieden, als daß
es ein vollkommneres Kneten ist.“
Mit diesem „Einem Worte“ ist
viel zu viel gesagt. Nicht bloß jeder Baker, sondern jede Hausfrau oder jede
Tochter, die Brot baten kann, wird bei Ansicht dieses in einer Art von
Uhrwerk aufgezogenen Nudelwalgers sagen, daß hier gewalgt, nicht geknetet wird, und daß
der Teig selbst zu Nudeln, ehe geknetet werden muß, ehe er gewalgt werden kann. Ein Brot, wie eine Nudel,
ist aber ein schlechtes Brot. A. d. Ue.
„Denn, Statt daß hier das Mehl mit dem unsicheren und ungleich wirkenden
Arme des Mannes gemengt wird, wirkt die gleichfoͤrmig druͤkende
Walze ununterbrochen auf dasselbe.“
Sehr naiv ist das Ende. „Es ist nun der Urtheilskraft eines jeden Bakers
uͤberlassen, ob er von den vielen Vortheilen, die sich mittelst einer so
einfachen und zugleich sinnreichen (?Ein Nudelwalger an einem Bratenwender angebracht, ist doch wahrhaftig
kein feiner Wiz. A. d. Ue. Maschine erhalten lassen, Gebrauch machen will. Denn es muß jedem
einleuchten, daß dieser Mechanismus alles gewahrt, was zu einem
„(schlechten Nudel-)“ Teige gehoͤrt:
Erneuerung der Oberflaͤchen, Einwirkung der Luft, gleichfoͤrmige
Vertheilung aller Theilchen etc. etc.“
Nicht so naiv, sondern Marktschreiereien aͤhnlich ist der Anfang, den wir hier
(wie man sagt) zu guter Lezt geben wollen:
„Da jedem menschlichen Wesen, mittelbar oder unmittelbar, an der Erzeugung
eines guten, wohlfeilen und vorzuͤglich reinlichen Brotes gelegen seyn muß, so bedarf es keiner
Entschuldigung, wenn man dem englischen Publikum Mittel an die Hand gibt, zu
einem so seltenen und wuͤnschenswerthen Gegenstande zu gelangen. Die
wahrhaft barbarische und ekelhafte Weise, Brot mit nakten Haͤnden und Armen,Zu viel Ziererei wird ekelhaft. Der unsterbliche Dechant von St. Patrick,
Jonathan Swift, fand es der Muͤhe
werth in sein Tagebuch zu schreiben: „Wem nichts rein genug ist, der muß den Kopf voll Garstigkeiten
haben;“ (A nice man is a
man of nasty ideas), und man wird
diese Bemerkung des alten Dechantes nur zu oft wahr finden.
„Ziererei bringt um manchen guten Bissen“ sagte
einst ein alter Offizier, der eben so gern geschnittene Nudeln in der
Suppe aß, als Esau Linsen, und der zufaͤllig diese Suppe an dem
Tische des Uebersezers ganz nach seinem Geschmak fand. „Ich
habe“ sagt' er, „seit Jahren keine so gute
Nudelsuppe gegessen. Sie ist so, wie mir meine selige Frau sie
machte, nachdem ich sie dieselbe vorher machen lehrte. Meine Frau
war in einem sogenannten Institute erzogen, und kannte also von
allem dem, was man in einem Hause braucht. Nichts. Ich bat sie um
eine Nudelsuppe, meine Lieblingsspeise, gleich in den ersten Tagen
nach der Hochzeit; die Suppe kam auf den Tisch; ich konnte keinen
Loͤffel voll davon hinabwuͤrgen; die Nudeln blieben
mir an den Zaͤhnen haͤngen und im Gaumen kleben. Ich
bat fuͤr den naͤchsten Tag um dieselbe Suppe, und
wurde wie Tags vorher bedient, und am dritten und vierten Tage
erging es mir um nichts besser. Ich sah also, daß der Fehler in der
Kuͤche war, und meine Frau entschuldigte sich mit der
Bemerkung: daß sie die Nudeln selbst bereitet und sich auf das
sorgfaͤltigste gehuͤtet hat, den Teig ja mit keiner
Hand zu beruͤhren, daß sie bloß die Eier und etwas Wasser mit
dem Mehle zu einem Teige geruͤhrt, und dann den Teig mit dem
Nudelwalger ausgewalgt habe: es ist keine Hand daran gekommen!
fuͤgte sie in ihrer Naivitaͤt bei. Ich bat sie,
kuͤnftig ihre beiden Handchen zu brauchen, den Teig so lang
auf dem Brette zu kneten, bis er in die
Hoͤhe springt, wenn sie ihn auf dem Brette niederwirft, und
dann erst zu walgen (denn so hatte ich mir meine Suppe
fruͤher selbst bereitet): sie fand, daß ich Recht hatte, und
daß das Walgen das Kneten nicht
ersezt. A. d. Ue. zuweilen sogar mit den Fuͤßen,In einigen Militaͤrbaͤkereien war und ist dieß zuweilen
allerdings noch der Fall; allein die Fuͤße der Kneter sind dann
vielleicht reiner, als manche Hand, die die ganze Stadt kuͤßt.
Werden die Trauben, die Malvasier und Malaga und Madeira geben, nicht
auch mit den Fuͤßen ausgetreten? A. d. Ue. zu kneten, war nur zu lang schon unter den gesitteten Voͤlkern
noch immer Sitte. Den Franzosen verdankt die
Menschheit die Erfindung eines Desideratums in der Hauswirthschaft,
naͤmlich die Knetemaschine (le Petrisseur)
den mechanischen Brotbereiter.Wir wissen, daß Kaiser Joseph schon die
Knetemaschine versuchen ließ, und daß er und seine Feldbaͤker sie
verwarfen, weil sie nicht schnell genug und nicht reinlich genug arbeitet, Insecten, Haare und Alles, was der
Baͤker aus dem Teige herausziehen kann, wenn er gut knetet, in
demselben zuruͤklaͤßt. So viel wir ferner wissen, wurde
die Knetemaschine in neueren Zeiten zu Genf, nicht in Frankreich, wieder
aus der alten Maschinenrumpelkammer hervorgezogen.A. d. Ue. Die Anwendung dieser sinnreichen und schaͤzbaren Verbesserung der
Baͤkerkunst, welche der Haͤnde der Menschen entbehren lehrt, wird ohne Zweifel in
England bald allgemein werden, wo alles Nuͤzliche, auch wenn es fremd
ist, alsogleich und gehoͤrig gewuͤrdigt wird.“
Wir zweifeln indessen sehr, daß die Knetemaschinen, und besonders diese hier,
in England Gluͤk machen wird. Wenn der Englaͤnder eine
Knetemaschine macht, so wird er sie mit einigen Duzend excentrischer Scheiben und Muscheln ausstatten, aber keine
concentrischen Bewegungen hierzu brauchen. Es verdient bemerkt zu werden,
daß alle Maschinen, durch welche Menschenhand in
irgend einer etwas zusammengesezteren Arbeit ersezt werden soll, nur durch
Excentricitaͤt ihrer Bewegungen ihren
Zwek erreichen koͤnnen. Sonderbar, daß dasjenige, was man an Menschen
so sehr fuͤrchtet, in der Mechanik gerade dasjenige ist, was die
Maschine dem Menschen so sehr aͤhnlich macht: Excentricitaͤt.
A. d. Ue.
In den Annales de l'Industrie befindet sich a. a. O. ein
Bericht einer Commission der Société Centrale
d'Agriculture du Depart. de la Seine inférieure uͤber die
Knetemaschine der HHrn. Cavallier, Frère et Comp. Die Commission bestand aus Hrn. Girardin, als Bericht-Erstatter, aus dem
Praͤsidenten der Société Hrn. Dubuc, aus Hrn. Le Pasquier,
aus dem M. Dr.
Pouchet, und sogar aus einem Abbe, F. F. Gossier, Chanoine honoraire.
Es ist dem Berichte eine Zeichnung beigefuͤgt, es ist aber keine
ausfuͤhrliche Beschreibung dieses Pétrisseur
mécanique gegeben, indessen kommen jedoch einige Notizen in
demselben vor, welche theils beachtet, theils beleuchtet werden muͤssen. Der
Cylinder dieser Maschine, mit welcher die unten folgenden Versuche angestellt
wurden, war 1,66 MeterEin Meter ist etwas mehr als 3 alte Pariser Fuß.
A. d. Ue. lang, und hielt 0,23 Meter im Durchmesser. Andere Dimensionen der Theile der
Maschine sind nicht angegeben.
Es heißt hier: „der Teig wird nicht bloß gewalgt (laminé), sondern bestaͤndig um sich aufgewunden (enroulé), und daß
zwar in entgegengesezter Richtung, so oft die Walze in entgegengesezter Richtung
gedreht wird. Diese Bemerkung ist wichtig, denn mittelst dieses
bestaͤndigen Aufrollens nimmt der Teig die Luft auf.“
Es ist nicht zu zweifeln, daß waͤhrend des Knetens des Teiges Luft in
den Teig kommt; es ist aber gewiß, daß weit mehr Luft durch das Kneten aus dem Teige fortgeschafft wird, wie die
groͤßere specifische Schwere des gekneteten Teiges zeigt. Der Zwek
des Knetens ist also nicht Aufnahme der Luft.A. d. Ue.
Die Commission beschreibt die Weise, nach welcher unter ihren Augen mit dieser
Maschine gearbeitet wurde, wie folgt:
„Nachdem der Cylinder auf seinen niedrigsten Punkt herabgelassen wurde,
vertheilt man den gegohrenen Sauerteig (levain à
tout point) in beide Faͤcher der Maschine, und goß lauwarmes
Wasser auf denselben. Ein Arbeiter mengte den Sauerteig mit dem Wasser mittelst
einer eisernen Kruͤke, und nachdem diese Mischung gehoͤrig
geschehen war, trug man mittelst Brettchen die
gehoͤrige Menge Mehles so in den Trog ein, daß dieses zu beiden Seiten gleich
hoch auf dem Sauerteige stand, und vollkommen eben war. Der Cylinder wurde auf
seinen hoͤchsten Punkt gehoben, und ein anderer Arbeiter fing an die
Kurbel zu treiben, wodurch die ganze Masse unter dem Cylinder durchging, und
sich in einer der beiden Abtheilungen des Troges sammelte. Die Kurbel wurde
hierauf in entgegengesezter Richtung gedreht, brachte die Masse zum zweiten Male
unter dem Cylinder durch, und trieb sie in die vorige Abtheilung der Maschine
zuruͤk, die sie verließ. Diese erste Arbeit ist nun das, was die
(franzoͤsischen) Baͤker le frasage
nennen, und deren Zwek die erste Mischung des Sauerteiges mit dem Wasser und mit
dem Mehle ist. Nun wird, Falls man den Teig zu weich finden sollte, das
uͤbrige Mehl zugesezt. Nachdem das Mischen gehoͤrig geschehen ist,
laͤßt man den Cylinder um Einen Grad herab, und den Teig zwei Mal unter
demselben durchlaufen, d.h., abwechselnd aus einem Fache in das andere. Der
Cylinder wurde nun auf den lezten Punkt herabgelassen, und von diesem Augenblike
an gab man der Masse eine Bewegung hin und her, bis man glaubte, daß sie
hinlaͤnglich geknetet war. Um sie bis auf diesen Punkt zu bringen,
braucht man fuͤnf vollkommne Umdrehungen.Dieß ist nicht recht deutlich. A. d. Ue. Der Arbeiter, der die Kurbel drehte, gab dem FlugradeEin Flugrad war an der Maschine im Register
nicht angebracht. Die Commission haͤtte bestimmen sollen, wie oft
der Cylinder sich in Einer Minute drehte. A.
d. Ue. eine Geschwindigkeit von 50 Umdrehungen in Einer Minute; diese
Geschwindigkeit war fuͤr den Arbeiter ermuͤdend, und sie ließ
nach, so wie die Arbeit sich ihrem Ende nahte.“
„Zu Rouen knetet man den Teig viel
fester, als zu Paris, und dieser leistet dann
einen groͤßeren Widerstand. Um dem Arbeiter bei den lezten
Drehungen die Muͤhe zu ersparen, darf man nur Statt des
Triebstokes, der an dieser Maschine bei einem Versuche zu Rouen
angebracht wurde, weniger Zahne geben, und man wird dann weniger Kraft
anwenden duͤrfen.“ A. d. O. (Aber doch schlechter
kneten.)
„Man muß bemerken, daß waͤhrend des Walgens (Strekens, laminage
Die Commission gesteht also selbst, daß hier gewalgt, nicht geknetet wird. A. d.
Ue., (ich bediene mich absichtlich dieses Ausdrukes, indem sie dem Geiste
ein vollkommenes Bild von der Weise gewaͤhrt, wie hier die innige
Mischung des Wassers mit dem Mehle geschieht), man muß bemerken, sage ich, daß
waͤhrend des Walgens der Arbeiter, welcher die Mischung zu besorgen
hatte, immer beschaͤftigt war, den Teig von den Waͤnden der
Maschine abzukrazen, und mittelst einer Kruͤke (coupepâte) denjenigen unter den Cylinder zu bringen, der am
Boden der Maschine haͤngen blieb.„Ein zweiter Arbeiter, der den Teig abkrazt, ist nicht
unumgaͤnglich nothwendig. Der Arbeiter, der die Kurbel dreht,
kann bei jeder Umdrehung die Kurbel verlassen, den anklebenden Teig
von der Maschine abkrazen und dann wieder fortfahren zu drehen.
Diese kurze Unterbrechung der Arbeit an der Kurbel verzoͤgert
dieselbe nur sehr wenig. A. d. O. Derselbe Arbeiter nimmt den Teig aus der Maschine, wenn das Kneten fertig ist,
so wie er sich in ungeheueren Wuͤrsten gegen den Krazer oder Streicher
anlegt. Man legt ihn dann auf das Brett (en
fontaine) und laͤßt ihn eine halbe Stunde lang vor dem Einschießen
anziehen.“
„Dieß ist nun die ganze Arbeit, die dieser mechanische Kneter (Pétrisseur
mécanique) vollbringt. Mit einem Sak Mehl ward sie in unserer
Gegenwart in 30 Minuten fertig, mit Inbegriff aller Vorarbeiten vom Abdeken des
Sauerteiges angefangen.“
„Der Teig war, als er aus der Maschine kam, vollkommen
gleichfoͤrmig, von ziemlich fester Consistenz, sehr dehnbar, und hatte
keine Kluͤmpchen (marrons) in seinem Inneren,
d.h., es fand sich nirgendwo das Mehl in Mehlkluͤmpchen bei einander, wie
dieß bei dem Kneten mit der Hand so oft der Fall ist. Die Baker, die bei dem
Versuche gegenwaͤrtig waren, erklaͤrten diesen Teig fuͤr
guten Teig.“
Am folgenden Tage erhielt jedes Mitglied einen Leib Brot von zwei Pfunden.
„Dieses Brot hatte einen gleichfoͤrmigen sehr
loͤcherigen Teig. Die Loͤcher oder Zellen waren im Ganzen genommen
kleiner, als an dem gewoͤhnlichen Brote, aber alle beinahe von gleichem
Durchmesser, folglich mehr gleichfoͤrmig. Man bemerkte keine
Mehlkluͤmpchen in demselben. Es schmekte so gut, wie das beste
Baker-Brot. Es war zwar weniger weiß, dieß hing aber von dem Mehle
ab.Sollte das Eisen gar keinen Einfluß auf Farbe und Geruch haben?A. d. Ue. Es schien uns weniger schnell hart zu werden, als das
gewoͤhnliche Brot. Alle, die es kosteten, fanden es sehr schmakhaft, und
konnten es von ihrem gewoͤhnlichen Brote nicht unterscheiden.Es mußten also alle ihr Brot fruͤher von demselben Mehle gehabt
haben, sonst waͤre dieß unmoͤglich, wenn anders diese
Personen einigen Geschmak haͤtten.A. d. Ue. Es hatte die Consistenz eines Brotes aus festem Teige, so wie man es zu
Rouen ißt. Bei einem fruͤheren Versuche hat man mit dieser Knetemaschine
noch festeres Brot verfertigt, und bei einem dritten Brot fuͤr das
Militaͤr. Man kann also mit derselben Brot von jedem verlangten Grade von
Festigkeit liefern, und eben so gut auch das leichteste: die Maschine taugt
fuͤr jede Art von Baͤkerei.“
„Man hat seit Kurzem eine Menge von Maschinen zum Kneten des Teiges, in
der Absicht das Kneten zu erleichtern und reinlicher zu machen, auf die Bahn
gebracht. Eine der ersten und bekanntesten ist jene des Hrn. Lagorseix (Petrin
mécanique de Lagorseix.) Viele Baͤker bedienen sich
derselben bereits taͤglich. Die Commissaͤre glaubten sie
sorgfaͤltig pruͤfen und mit jener der HHrn. Cavallier vergleichen zu muͤssen. – An der Knetemaschine des
Hrn. Lagorseix kommt die Mischung, die den Teig
bilden soll, in einen gewoͤhnlichen Trog, und wird in demselben in allen
Richtungen von eisernen und verzinnten Reifen aufgeruͤhrt, welche schief
auf einer Achse von demselben Metalle aufgezogeu sind, die mittelst eines weit
zusammengesezteren Raͤderwerkes, als jenes an Cavallier's Maschine, in Umtrieb gesezt wird. Die Arbeit geschieht
schnell, indem ein Sak Mehl in 15 bis 18 Minuten zu Bakerteig verarbeitet wird,
und der Arbeiter, der das Raͤderwerk treibt, weniger bei dem Treiben
desselben muͤde wird.Wir sehen nicht ein, wie die Commission hier noch ein Mal in einer Note
wiederholen kann, „man duͤrfe nur, um den Arbeiter an
der Kurbel zu schonen, einen Triebstok mit weniger Zahnen
nehmen.“
A. d. Ue. Der in derselben geknetete Teig ist in jeder Hinsicht gut, so wie das
aus demselben bereitete Brot, welches durchaus eben so schmekt, wie jenes aus
der Maschine des Hrn. Cavallier; es ist eben so
loͤcherig, die Loͤcher sind aber nicht so gleichfoͤrmig.
Diesen kleinen Unterschied abgerechnet ist es unmoͤglich irgend einen
anderen aufzufinden, und Nichts spricht fuͤr die eine Maschine mehr, als
fuͤr die andere.“
„Wenn aber auch die Products gleich sind, so sind es nicht die
Vorzuͤge in Hinsicht auf Bau, Festigkeit und Leichtigkeit der Reinigung.
Lagorseix's Maschine ist weit mehr
zusammengesezt, und geraͤth folglich weit leichter in Unordnung. Man
braucht bei beiden Maschinen zwei Arbeiter, den einen zum Treiben des
Raͤderwerkes, den anderen zum Mischen und zur Aufsicht bei dem Kneten
selbst. Aber selbst wenn mit großen Maschinen gearbeitet wird, kann der Arbeiter
an der Kurbel noch, wie oben bemerkt wurde, den Teig besorgen. Cavallier's Maschine ist hingegen so einfach, von so
geringem Umfange, so leicht von einem Orte auf den anderen zu bringen, daß sie
in dieser Hinsicht vor jener Lagorseix's voraus ist.
Man sollte beim ersten Anblike glauben, daß leztere sich ihrer Wirkung nach mehr
dem Kneten mit der Hand naͤhert, weil der Teig nach allen Richtungen in
die Hoͤhe gearbeitet wird, und folglich einer groͤßeren Menge Luft
ausgesezt ist, die einen mehr aufgegangenen, weißeren Teig, also ein leichteres
und schmakhafteres Brot geben sollte: die Resultate der Erfahrung
bestaͤtigen aber diese theoretische Ansicht nicht; denn der Teig und das
Brot faͤllt in beiden gleich aus. Der einzige wirkliche Vortheil bei Lagorseix's Maschine ist also bloß dieser, daß sie
schneller arbeitet, ein Vortheil, der an und fuͤr sich nicht sehr wichtig
ist, und durch die Nachtheile einer geringeren Festigkeit, einer minderen
Tragbarkeit aufgewogen wird. In dieser Hinsicht zieht die Commission Cavallier's Maschine vor, und glaubt, daß die
Baͤker bei dieser sich besser stehen wuͤrden, als bei jener des
Hrn. Lagorseix.“
„Indessen ist sie der Meinung, daß auch Cavallier's Maschine noch mancher Verbesserung faͤhig ist. So
ließe sich sehr leicht ein ganz einfacher Mechanismus am Raͤderwerke
anbringen, mittelst dessen dasselbe gar keines Menschenarmes beduͤrfen
wuͤrde. Ja es koͤnnte das ganze Raͤderwerk wegbleiben, und
die Kurbel unmittelbar an dem Cylinder angebracht werden, wie dieß bei einer
Menge aͤhnlicher Maschinen der Fall ist, und es waͤre um so mehr
noͤthig irgend eine andere Triebkraft Statt des Menschenarmes zu
gebrauchen, als diese Maschinen, so wie sie jezt sind, einen großen Kraftaufwand
fordern, um einige Zeit uͤber gedreht zu werden, vorzuͤglich gegen
das Ende der Arbeit, wo der Teig eine ziemlich große Zaͤhigkeit
erhaͤlt. Ein Pferd koͤnnte auf ein Mal vier bis fuͤnf große
Knetemaschinen treiben, welche dann von einem einzigen Arbeiter besorgt werden
koͤnnen.Es muͤßte aber dann ein sogenannter Wechsel angebracht werden, der
das Drehen der Walze bald nach der einen, bald nach der anderen Seite
moͤglich macht. Wenn die Knetemaschinen wirklich brauchbar
waͤren, so wuͤrden sie in groͤßeren
Baͤkereien wohl am besten durch eine Dampfmaschine getrieben
werden koͤnnen. Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß
jeder Baͤker, der ein etwas groͤßeres Gewerbe hat, sich
sein Mehl in seinem Hause selbst mahlte, und dadurch den zahllosen
Betruͤgereien der Muͤller sich entzoͤge. Eine
kleine Dampfmaschine, nur von der Kraft von 2–3 Pferden,
wuͤrde dazu hinreichen, und der Dampfkessel koͤnnte
zugleich mit dem Feuer geheizt werden, das den Baͤkerofen hizt.
Durch eine eigene solche Dampfmuͤhle bei Hause wuͤrde der
Baker vielleicht mehr gewinnen, als durch diese Knetemaschinen. A. d.
Ue. Eine zweite Verbesserung, durch welche noch viel an
Menschenhaͤnden erspart wuͤrde, waͤre das Anbringen von
Krazern oder Streichern laͤngs den Waͤnden des Troges, welche
zugleich durch denselben Mechanismus in Thaͤtigkeit gesezt werden
koͤnnten, der den Cylinder dreht. Diese Krazer wuͤrden den Teig
ununterbrochen und regelmaͤßig unter den Cylinder bringen, und besser
arbeiten, als der Mann mit seiner Kruͤke. Der Mann koͤnnte sich
unterdessen mit irgend etwas anderem beschaͤftigen, z.B. den Ofen
Herrichten, so daß dann ein einzelner Arbeiter den Teig und den Ofen zugleich
besorgen koͤnnte: allein, durch diese Vorrichtungen wuͤrde das
Verdienst der hoͤchsten Einfachheit geopfert, welche diese Maschine so
sehr empfiehlt. Die Platten aus Eisenblech, mit welchen der Boden des Troges
gefuͤttert ist, koͤnnten fuͤglich wegbleiben, indem sie
nicht bloß ganz uͤberfluͤssig sind, sondern auch durch die
Nothwendigkeit, sie rein zu halten, mehr Muͤhe machen. Wir wissen, daß
Hr. Chevallier diese Idee ausfuͤhren
wird.An der englischen Maschine ist aber noch das Blech da. A. d. Ue. Noch eine leztere Verbesserung waͤre diese, die man
uͤbrigens als bloßes Opfer fuͤr die Theorie betrachten koͤnnte. Man bemerkt
waͤhrend des Knetens, daß der Teig, der unter dem Cylinder durch muß, wo
er einen sehr starken Druk erleidet, sich in sehr duͤnne Blaͤtter
rollt, welche sich gegen den Krazer anlegen und auf einander legen, wie
Blaͤtter in einem Buche, das man mit der Hand zusammenrollen wurde. Wenn
der Teig dann in Folge der entgegengesezten Drehung neuerdings unter der Walze
zuruͤklaͤuft, um in das andere Fach des Troges
zuruͤkzukommen, so folgen diese Blaͤtter einander in derselben
Ordnung, in welcher sie bei dem ersten Durchgange sich bildeten, so daß sie sich
so zu sagen gar nicht unter einander verbinden, was nachtheilig ist. Man
koͤnnte sie, um der Masse mehr Gleichartigkeit zu geben, und die Lage
dieser Blaͤtter zu wechseln, mittelst einer Kruͤke brechen, und
sie auf das Innigste unter einander mengen, so wie sie in die Faͤcher
eintreten. Es laͤßt sich einsehen, wie senkrechte Staͤngelchen aus
Holz oder Eisen in verschiedenen Hoͤhen uͤber dem Krazer diesen
Dienst sehr gut versehen, und dadurch einen Mann ersparen koͤnnten.
Dadurch wuͤrde aber die Maschine wieder mehr eomplicirt, und da der Teig,
so wie er war, ohne alle diese Staͤngelchen, selbst nach dem Ausspruche
der Baͤker, gut war, so sind sie uͤberfluͤssig.
Die Commission glaubt daher diesen einfachen Kneter allen Baͤkern nicht
dringend genug empfehlen zu koͤnnen, indem man denselben in jeder
Groͤße verfertigen, und eben so gut 10 als 1500 Pfd. Teig damit
durchkneten kann. Man wird diese Maschine selbst auf Schiffen und in Lagern
mitfuͤhren koͤnnen.“
„Man wirft den Knetemaschinen zwei Fehler vor, die beim ersten Anblike
wichtig zu seyn scheinen, bei strengerer Pruͤfung aber bald verschwinden.
Man behauptet, daß Brot, welches mit diesen Maschinen verfertigt wurde, mehr
Wasser haͤlt, als das gewoͤhnliche Baͤker-Brot,
folglich, bei gleichem Gewichte, weniger nahrhaft ist; ferner, daß es nicht die
Leichtigkeit des Baker-Brotes besizen kann, indem waͤhrend des
Knetens nicht so viel Luft mit demselben sich verkoͤrpert,Siehe unsere obige Bemerkung. A. d. Ue. und auch nicht so gleichfoͤrmig in dasselbe gelangt. Wir Wollen
nun diese Einwuͤrfe pruͤfen.“
„Reines Starkmehl mit Kleber verbunden, wie dieß bei dem Weizenmehle der
Fall ist, kann nicht einen fuͤr unsere Organisation geeigneten
Nahrungsstoff darbieten.Dieß ist durchaus unrichtig. Wir koͤnnen einen ziemlich starken
und sehr gesunden Mann als Beispiel anfuͤhren, der, ehemals an
sehr gute Kost gewoͤhnt, sich groͤßten Theils von rohen
Weizenkoͤrnern naͤhrt, die er auf seiner eigenen
Muͤhle, (mit seinen Mahlzaͤhnen) mahlt. A. d. Ue. Es handelt sich vorzuͤglich darum, mit Bestimmtheit zu wissen,
wie viel man Wasser zum Brote nehmen muß, um demselben die moͤglich
groͤßte Nahrhaftigkeit zu geben. Ungluͤklicher Weise ward diese
Frage noch nie mit der gehoͤrigen Sorgfalt gepruͤft. Nach Parmentier verschlingt das Mehl gewoͤhnlich
zwei Drittel seines Gewichtes Wasser, um mit demselben einen guten Teig zu
bilden. Wenn wir dieses Verhaͤltniß, wie zwei zu drei, als
Verhaͤltniß fuͤr das beste Brot annehmen, was sehr wahrscheinlich
zu seyn scheint; so fragt es sich, ob dasselbe auch in der Praxis wirklich
befolgt wird. Die Baker nehmen gewoͤhnlich fuͤnfzig bis zwei und
fuͤnfzig per Cent Wasser, woraus erhellt, daß
das Brot in diesem Falle noch nicht alles das Wasser aufgenommen hat, welches
dasselbe ohne allen Nachtheil aufnehmen koͤnnte. Wenn man nun, durch
vollkommneres Kneten, machen kann, daß das Mehl zwei Drittel seines Gewichtes an
Wasser aufnimmt, was mittelst der Knetemaschine geschehen muß, indem durch den
bestaͤndigen Druk, den der Teig von allen Seiten erleidet, das Wasser und
das Mehl innig mit einander gemischt wird, so ist es offenbar, daß der daraus
hervorgehende Teig bei gleichem Gewichte ein leichter zu verdauendes und
nahrhafteres Brot gewaͤhren muß, als das gewoͤhnliche, bei welchem
die Bestandtheile desselben nur grob gemengt sind.Auch dieß ist nicht ganz richtig, und es ist nur so viel gewiß, daß in
einem Brote, zu dessen Teige mehr Wasser genommen wurde, mehr Wasser
enthalten ist, daß, in dem lezteren Falle, bei dem Baken, wo das Wasser
als heißer Dampf aus dem Teige gejagt wird, das Mehl mehr
gedoͤmpft, im Dampfe gesotten, als eigentlich gebaken wird; daß
also die Frage hier, hinsichtlich des Brotes, dieselbe ist, die man beim
Fleische so oft gestellt hat: ob das Fleisch in Wasser gedampft, (nicht
ausgesotten), und mit seiner Sauce genossen, mehr naͤhrt, als
gebaken oͤder gebraten? Wenn man seinem gesunden Magen mehr
trauen darf, als allen franzoͤsischen Koͤchen und
gelehrten Aerzten; so scheint jedes Nahrungsmittel desto mehr zu
naͤhren und desto leichter verdaulich, je mehr es sich seinem
natuͤrlichen Zustande naͤhert. Fleisch, das so zu sagen
bloß zugeritten ist, wie unter dem Sattel eines Tataren, das beinahe
halbroh ist, naͤhrt ungemein: man braucht sehr wenig davon um
satt zu werden, und sich so gestaͤrkt zu fuͤhlen von dem
Genuͤsse dieses Wenigen, wie es ein Tatar ist. Ein paar
Haͤnde voll Weizen, nach und nach klein zerkaut und mit dem
Speichel gemengt, naͤhren sehr gut und kraͤftig. Das
bekannte „natura paucis contenta“ koͤnnen diejenigen nicht begreifen, „quorum Deus venter est,“ und
die nur leben um zu essen, nicht essen um zu leben. Wie immer in der
Welt die Extreme sich einander naͤhern, so naͤhert sich
die feinste Kochkunst darin wieder der Natur, daß sie dasjenige, was den
Menschen naͤhrt und staͤrkt, auf eine eben so kleine Masse
zuruͤkfuͤhrt, als diejenige ist, in welcher die Natur es
fruͤher dem Menschen dargeboten hat. Einige Lothe Creatine,
einige Unzen Consommé reichen hin, um einem Manne Manneskraft zu
geben. Wehe dem, der die feinere Kochkunst nicht als die treue
Nachbilderinn der Natur zu ehren versteht, und sich, wie die Natur es
gebot, mit Wenigem begnuͤgen lernte: er faͤllt aus der
Hand der Koͤche in die Krallen der Aerzte, und die Lichtstrahlen,
die er nur zu bald nicht mehr sehen wird, werden sich in derselben Farbe
uͤber seinem Grabe brechen, in welche man zu * * die ganze
dortige medicinische Facultaͤt gekleidet hat, in die Farbe des
Grases, das den Grabhuͤgel dekt. Wer so
viel waͤsseriges Brot ißt, als er ehevor gutes
Baker-Brot aß, dem wird bald vom. Brote geholfen seyn.A. d. Ue. Das mit der Maschine geknetete Brot kann also mehr Wasser enthalten, als
das Baͤker-Brot, ohne deßwegen weniger gut und vortheilhaft zu seyn.
(?) Wenn der Geschmak der Consumenten ein weniger waͤssigeres Brot
vorzieht, so wird man auch leicht in der Maschine nur 50 bis 52 p. Cent Wasser dem Mehle zusezen koͤnnen,
indem man mit der Maschine so weich und so fest kneten kann, als man
will.“
„Hr. Dubuc, eines der Mitglieder der
Commission, hat sich durch mehrere sehr genaue Versuche uͤberzeugt, daß
Baͤker-Brot oder Hausbrot, auf die gewoͤhnliche Weise
zubereitet, zwischen 7 1/2 und 8 Loth Wasser auf das Pfund enthaͤlt. Die
einfache Verfahrungsweise, mittelst welcher er zu diesem Resultate gelangte, und
deren jeder bei aͤhnlichen Versuchen sich bedienen kann, ist folgende.
Man nimmt ein halbes Pfund (16 Loth) von dem Brote, welches man versuchen will
(zwoͤlf Stunden, nachdem es aus dem Bakofen kam), schneidet es in
duͤnne Schnitten, und sezt es einer Hize von 60°
Réaumuͤr aus: eine staͤrkere Hize wuͤrde das Brot
roͤsten, und koͤnnte das Resultat unsicher machen. Wenn das Brot
auf diese Weise vollkommen troken geworden ist, was man leicht daran erkennt,
daß es sich zwischen den Fingern zu einem feinen Staube zerreiben laͤßt,
waͤgt man dasselbe, und erhaͤlt auf diese Weise durch Vergleichung
des Gewichtes des Brotes vor und nach dem Doͤrren die Menge Wassers,
welche dem Brote bloß auf mechanische Weise beigemengt war. Man kann diesen
Versuch auf jeder Ofenplatte und auf jedem Herde anstellen. Man kann nun auf
diese Weise leicht einen vergleichenden Versuch zwischen Hausbrot und zwischen
Brot, das mit der Maschine geknetet wurde, anstellen.“ (Unsere Leser
werden mit uns bedauern, daß die Commission diesen Versuch nicht selbst anstellte:
er waͤre von der hoͤchsten Wichtigkeit gewesen.)
„Was den zweiten Einwurf betrifft, so fragt es sich, ob es durchaus
nothwendig ist, daß Luft durch das Kneten in den Teig kommen muß, welcher zu
Brot verwendet werden soll? Dieser Punkt wird noch sehr bestritten, und viele
ausgezeichnete Chemiker sind weit entfernt, diese Bedingung als
unerlaͤßlich zu einem guten Brote zu betrachten. Der Baͤker
braucht nur sogenannte Augen (Loͤcher, Zellen) in seinem Brote, und dazu
reicht der Sauerteig, mit Mehl gemengt, allein hin, sobald gehoͤrige
Waͤrme und ein gewisser Grad von Feuchtigkeit auf den Teig einwirkt. (?)
Die Waͤhrung, welche hierdurch in der Masse entsteht, erzeugt eine große
Menge kohlensauren Gases und alkoholischer Daͤmpfe, welche, in der Masse
des Teiges, in Folge der von dem Kleber abhaͤngenden Zaͤhigkeit
desselben, zuruͤkgehalten, die zahllose Menge von Zellen bilden, die man
in dem Brote wahrnimmt. Die Luft, welche durch das Kneten auf eine mechanische
Weise in das Brot gebracht wird, kann also nur die oben angegebene Wirkung noch vermehren. So
viel ist gewiß, daß das mittelst der Maschine geknetete Brot in Hinsicht auf
Leichtigkeit von dem mit der Hand, oder mit Lagorseix's Maschine, gekneteten Brote in nichts verschieden ist. Und
weiß man nicht, daß die Pasteten-Vaͤter ihren Teig bloß mittelst
eines Walgers kneten; daß ihre Arbeit also jener der Maschine des Hrn. Cavallier durchaus aͤhnlich, und ihr
blaͤtteriges Bakwerk doch sicher leichter ist als Baker-Brot?Weiß man nicht, moͤchten wir fragen: daß ein Leib Rokenbrot keine
Pastete ist, und daß die Pastete ihr blaͤttriges Gefuͤge
und ihre Leichtigkeit der Butter verdankt? Von der Pastete auf Rokenbrot
schließen ist doch eben so viel, als von Seidenster auf Strohsakleinwand
argumentiren. A. d. Ue. Ueberdieß ist es nicht wahr, daß die Knetemaschine den Teig, welcher
bestaͤndig unter der Walze durchlaͤuft, weniger mit der Luft in
Beruͤhrung bringt. Wenn man den Gang der Arbeit bei dem Kneten in der
Maschine genau und aufmerksam beobachtet, so wird man bald sehen, daß jede
Platte Teiges von einer Luftschichte umhuͤllt ist; denn man hoͤrt
von Zeit zu Zeit, so wie die Platten durch ihr Uebereinanderliegen
zusammengedruͤkt werden, die Luft zwischen denselben mit einer gewissen
Kraft pfeifen, indem sie nur mit Muͤhe aus denselben entweichen kann. Die
Vorwuͤrfe, die man den Knetemaschinen in dieser und in der ersteren
Hinsicht gemacht hat, sind also nicht gegruͤndet und werden durch die
Erfahrung widerlegt.“
Um zu entscheiden, ob durch das Kneten mehr Luft in den Teig oder mehr
kohlensaures Gas und Alkoholdampf aus demselben herauskommt, haͤtte
die Commission das Mehl, den Sauerteig und das Wasser vor dem Kneten und
nach dem Kneten waͤgen sollen; das Gewicht wuͤrde dann
entschieden haben. Daß gekneteter Teig eine groͤßere specifische
Schwere hat, als nicht gekneteter, ist offenbar. A. d. Ue.
„Wenn neue Erfindungen bei uns ohne Widerstand von denjenigen angenommen
wuͤrden, welche am meisten dabei interessirt sind; so wuͤrden wir
nicht langer bei den Vortheilen der Knetemaschine verweilen.
Ungluͤklicher Weise vermag aber Vorurtheil und Schlendrian uͤber
die meisten Menschen mehr, als der gesunde Menschenverstand, und es ist Pflicht
der gelehrten (Corporationen, diese gefaͤhrlichen Feinde jedes Besseren
und jeder Vervollkommnung auf das Aeußerste zu bekaͤmpfen, und alle
Mittel anzuwenden, um den blinden Glauben dieser guten Leute, die nicht Muth
genug besizen ihr Gewohnheitsjoch freiwillig abzuschuͤtteln, etwas
aufzuklaͤren.Alles dieß ist, leider, in vielen Fallen nur zu wahr, in dem
gegenwaͤrtigen aber nichts weniger als ausgemacht. Bakermeister
vom ersten Range, die ihre Kunst nicht bloß verstehen, sondern
maͤchtig foͤrderten, und die von keinem Vorurtheile
geblendet sind, erklaͤrten sich gegen diese Maschinen. Was
gelehrte Corporationen betrifft, so hat die Geschichte nur zu deutlich
erwiesen, daß diese Corporationen (nicht einzelne Gelehrte) Vorurtheile
und Schlendrian und altes Herkommen mehr foͤrderten als
bekaͤmpften, und den gesunden Menschenverstand mehr radebrachen,
als aufrecht hielten. A. d. Ue. Daher findet die Commission es noͤthig, am Ende dieses Berichtes
noch alle Nachtheile des gewoͤhnlichen Knetens
aufzuzaͤhlen.“
Die Commission ergießt sich zuerst in einer langen Predigt uͤber die
Unreinlichkeit des gewoͤhnlichen Knetens, die wir schon so oft hoͤren
mußten. Sie bemerkt, daß, wenn auch Haͤnde und Fuͤße des knetenden
Bakers rein sind, „er doch waͤhrend der Arbeit schwizen kann, und
daß schon die bloße Idee, daß Schweiß in den Teig fallen kann, Ekel erregen
muß.“ Wir erlauben uns die Bemerkung, daß der Ixion am Rade, der
Arbeiter der die Walze an der Knetemaschine drehen muß, die nach dem eigenen
Gestaͤndnisse der Commission sehr schwer zu drehen ist, bei seiner Arbeit
auch nicht abgekuͤhlt wird; daß er schwizen wird, und daß folglich
Schweißtropfen von seiner Stirne so gut in den Trog fallen koͤnnen, als von
der Stirne des knetenden Bakers auf den Knetetisch. Die Commission sagt:
„der Baker kann Kraͤze, Hautkrankheiten aller Art an seinen
Haͤnden haben.“ Kraͤze und Hautkrankheiten an den
Haͤnden ist bei Baͤkern ein seltenes Uebel, indem jeder Baͤker
sich sehr oft waschen muß, und Leute, die ihre Haͤnde sehr oft des Tages
waschen, selten die Kraͤze bekommen. Wir erlauben uns ferner die strengen
Puritaner noch zu fragen: ob sie bei dem Formen des Teiges zum Leibe auch Maschinen
haben, oder ob nicht hier am Ende der Teig dennoch mit der Hand beruͤhrt, mit
der Hand geformt werden muß; mit der abscheulichen Hand, die fuͤnf Finger
hat, wie die Hand eines Affen, und wie die Vorderfuͤße eines Krokodiles und
die Hinterfuͤße eines Laubfrosches sie haben?
Die Commission bemerkt, daß bei den Knetemaschinen weniger Mehlstaub in die Luft
steigt; daß also die armen Baͤker bei dem Gebrauche derselben dem Husten, der
Engbruͤstigkeit, der Lungensucht weniger bloßgestellt sind, als bei dem
gewoͤhnlichen Kneten; daß diese Krankheiten eine Menge Baͤker vor der
Zeit dahin raffen, und nur die staͤrksten Menschen die strenge Arbeit des
Knetens eine kurze Zeit uͤber auszuhalten vermoͤgen; daß das
Anstrengen der Brustmuskel und der Lungen bei dem Kneten mit den Armen eine
Hauptursache der vielen Lungensuchten unter den Baͤkern ist; daß sogar
Aneurysmen des Herzens dadurch entstehen. Allerdings ist es sehr wahr, daß durch das
Kutten mit den Armen viele Brustkrankheiten entstehen, und daß, in dieser Hinsicht
allein schon, die Knetemaschine alle Ruͤksicht verdiente, selbst wenn sie
theuerer zu stehen kaͤme, als dieß nicht der Fall ist; daß sie eine wahre
Wohlthat waͤre, wenn sie den Menschenarm ersezen koͤnnte. Indessen ist
das Kneten und der Mehlstaub, den jeder Meister, in dessen Bakstube viel gearbeitet
wird, fern zu halten sucht und fern zu halten weiß, nicht die einzige Ursache der
vielen
Brustkrankheiten der Baͤker, und vorzuͤglich der bei denselben so
haͤufigen Lungensucht. Es kommt ein guter Theil der Todesopfer dieser Classe
arbeitender Buͤrger auch auf Rechnung der Hize des Bakofens, und der schnell
wechselnden Temperatur von dieser Hize bis zu jener unter dem Frierpunkte im Winter;
auf Rechnung ihrer ehemaligen schlechten Bekleidung, die den Koͤrper, bei
diesem Wechsel der Temperatur, fast halbnakt ließ; auf Rechnung der schweren Lasten
an Mehl und Brot, die diese Leute tragen muͤssen; auf Rechnung der schlechten
Luft um das neugebakene Brot; diese nachteiligen Einfluͤsse auf die
Gesundheit der armen Baͤker lassen sich durch die Knetemaschine allein nicht
beseitigen, welche von Menschenhand getrieben, uͤbrigens auch nichts weniger
als ein sogenannter Brustthee ist.
„Noch eine lezte Betrachtung, welche die Aufmerksamkeit der Bakermeister
vorzuͤglich in Anspruch nehmen muß, und welche auch mehr auf sie wirken
wird, als Alles, was wir uͤber die nachtheiligen Einfluͤsse des
Knetens auf die Gesundheit angefuͤhrt haben, ist die Ruͤksicht auf
die Ersparung, welche bei Knetemaschinen Statt hat. Die Erfahrung hat gelehrt,
daß dort, wo mit der Hand geknetet wird, bei jedem Sake zwei Pfund Mehl verloren
gehen: ein Verlust, welchen der Baker, der in einer trokenen und warmen Luft
sein Mehl mischen muß, der immer mehr oder weniger dasselbe in Bewegung erhalten
muß, nicht in seiner Gewalt hat. Mehl liegt in der Bakerstube auf allen nahen
oder fernen Gegenstaͤnden mehr oder minder. Hierzu kommt noch der Verlust
an Teig, sey es nun aus Mangel an Aufmerksamkeit, oder aus was immer fuͤr
einer anderen Ursache, so daß man immer 2 Kilogramm (4 Pfd.) Verlust auf den Sak
Mehl rechnen kann; ein ungeheuerer Verlust,Wir wollen zugeben, daß dieser Verlust in franzoͤsischen
Baͤkereien Statt haben mag; in deutschen ist er, wo reinlich und
ruhig gearbeitet wird, nicht so groß. Wir wollen aber fragen, ob bei dem
Eintragen des Mehles in den Trog der Maschine, ob bei dem Mischen des
Mehles kein Stauben Statt hat; ob nicht vom Teige am Troge und an der
Walze haͤngen bleibt? A. d. Ue. welcher sich stets wieder erneuert, und den der Baker einzig und allein
zu tragen hat. Man darf nicht sagen, daß diese Angaben nicht genau, oder von
unserer Seite uͤbertrieben waren; wir haben sie aus dem Munde eines
Baͤkers, der schon vor einiger Zeit das gewoͤhnliche Kneten
aufgab, und sich der Knetemaschine des Hrn. Lasgorseix bedient.“
Wir haben hier zu bedauern, daß die Commission nicht die Menge des in ihrem
Sake Mehl (sac de farine) enthaltenen Mehles dem
Gewichte nach bestimmte. Man kann ihr nicht mit Sicherheit nachrechnen. Ist
ihr Sac derselbe, dessen bei Gui's Maschine unten erwaͤhnt wird? A. d.
Ue.
„Diese Betrachtungen sind von der hoͤchsten Wichtigkeit, und die
Commission glaubte dieselben ausfuͤhrlich erlaͤutern zu
muͤssen. Sie erwartet, indem sie dem Publicum dieselben mittheilt, die gluͤklichsten
Resultate, naͤmlich den Sieg uͤber den Widerwillen, welchen die
gesammte Masse der Baker gegen diese Knetemaschine aͤußert. Das Publicum
wird die Baͤker zwingen das Brot auf eine Weise zu bereuen, nach welcher
es wohlfeiler, besser, reinlicher und schneller bereitet werden kann.
Dieß wird das Publicum, wenn es klug ist, bleiben lassen. Es mag seyn, daß
mancher Baker, der vorher wenig Absaz hatte, der Neuheit der Knetemaschine
wegen, die er sich beigeschafft hat, mehr Absaz bekommt; wir wissen, daß der
bloße Name des pain à la mécanique
manchen Pariser verfuͤhrte, eine halbe Stunde weit zu gehen, um sich
eine Semmel á la mécanique zu
kaufen, und das Wunderding zu kosten; wir wissen, daß diejenigen Baker,
welche die ersten diese Mode mit machten, nicht wenig dabei gewonnen haben;
wir wissen aber auch, daß diese guten Leute sehr bald wieder in das alte
Geleise zuruͤkkehrten, sobald zwei oder drei andere Baker, in ihrer
Nachbarschaft, der Mode gleichfalls huldigten, d.h., sobald die Mode
allgemein, das Brot nicht mehr neu, also auch nicht mehr besser war. A. d.
Ue.
Die Commission bedauert, nicht alle noͤthigen Elemente zu Gebote gehabt zu
haben, nm eine der wichtigsten Fragen fuͤr die Baker gehoͤrig
loͤsen zu koͤnnen, naͤmlich, wie viel diese Maschinen beim
ersten Ankaufe kosten. Die Commission liefert die Preise nach dem Prospectus, welche
die HHrn. Lasgorseix und Cavallier fuͤr ihre Knetemaschinen Herausgaben.
Die Knetemaschinen des Hrn. Lasgorseix (Petrins mécaniques à la Lasgorseix)
kosten
Franken.
fuͤr
900 bis
1000
Pfd.
Teig
sammt
Sauerteig,
bei
13 1/2 Fuß Laͤnge
2000
800 –
900
–
–
–
–
–
12
1/2 – –
1750
700 –
800
–
–
–
–
–
11
1/2 – –
1500
600 –
700
–
–
–
–
–
10
1/2 – –
1350
500 –
600
–
–
–
–
–
9
1/2 – –
1200
400 –
450
–
–
–
–
–
8
1/2 – –
1000
300 –
350
–
–
–
–
–
7
1/2 – –
800
200 –
250
–
–
–
–
–
6
– –
600
50 –
120
–
–
–
–
–
4
1/2 – –
500
Die Knetemaschinen der HHrn. Cavallier, Frère et Comp. kosten fuͤr
1000
Pfd.
Teig
1800 Franken
800
–
–
1500
–
600
–
–
1200
–
150
–
–
500
–Man wird gestehen, daß diese Preise schoͤne Preise sind.
Einen solchen Cavallier-Trog, wie
ihn die Figur im Register darstellt,
kann doch jeder billige Arbeiter um eben so viele Groschen liefern,
als hier Franken gefordert sind. Man sieht hier, wohin das
Privilegienmonopol fuͤhrt. Wenn die Maschine wirklich so gut
waͤre, als es heißt, so muͤßte jeder Baker sie von dem
Patent-Traͤger kaufen, und sie diesem neun Mal theurer bezahlen, als er
dieselbe sich selbst bei irgend einem Tischler und Schlosser
koͤnnte machen lassen. Ist dieß, wir wollen nicht sagen
recht, sondern auch nur billig? A. d. Ue.
„Eine Knetemaschine des Hrn. Cavallier von 2
1/2 Fuß Breite, 1 1/2 Fuß Tieft, und 6 Fuß Laͤnge reicht fuͤr 600
Pfo. Teig hin; nimmt also weit weniger Raum ein, als die Maschine des Hrn. Lasgorseix.“
„Man haͤtte die Knetmaschine schon vor vielen Jahren
einfuͤhren koͤnnen, indem Hr. Lambert,
Baker zu Paris, der Société
d'Encouragement daselbst schon im J. 1810 eine Maschine zum Kneten
vorlegte, welche den von der Gesellschaft ausgeschriebenen Preis erhielt.
Versuche, die man mit dieser Maschine zu Paris, Reuen, Lyon und zu Amiens
anstellte, bewiesen die Vortheile, welche die Baͤkerkunst durch diese
eben so einfache als sinnreiche Maschine erhalten koͤnnte: allein, die
Klagen und selbst die Drohungen der Vaͤterjungen noͤthigten die
Baͤker, diese Maschine wieder aufzugeben.Wir haben nachgewiesen, daß die Knetemaschine weit fruͤher, schon
in den goldenen Zeiten Josephs II., zu Wien bekannt war. Vielleicht ist
sie weit aͤlter, obschon die ganze Baͤkerkunst nicht so
alt ist, als man glauben sollte: Erst 580 Jahre nach Erbauung der Stadt
Rom (172 Jahre vor Christus) hatte Rom Baker; ehevor waren die
schoͤnen Roͤmerinnen die Baͤkermeisterinnen
daselbst: jede in ihrem Hause, (Pistores Romae
non fuerunt ad persicum usque bellum, annis ab urbe conditâ
super CLXXX. Ipsi panem faciebant Quirites, mulierumque id opus
erat, sicut etiam nunc in plurimis gentium. Plin. hist. nat. 18. 11 c.) Und, was vielen noch unglaublicher scheinen wird, die
Muͤller kamen erst nach den Baͤkern. Die Baͤker
machten sich selbst ihr Mehl (Et panem facis, et
facis farinam, sagte Martial, noch
unter Domition von einem schlechten Advocaten, der ehevor Baͤker
war, und dann, um noch reicher zu werden, ein caussidicus wurde, und den Leuten Staub in die Augen warf);
das Mehl wurde durch Stoßen in den Baͤkereien (in pistrinis) bereitet; man hatte bloß
Hand- und Esels-Muͤhlen bei Hause, und
Wassermuͤhlen waren noch zu Zeiten des Plinius nichts weniger, als allgemein: „Major pars Italiae ruido utitur pilo, rotis
etiam, quas aqua verset obiter, et molat“ sagt
er Hist. nat. 18. c. 10. Erst bei Vitruvius finden
wir die Beschreibung einer Wassermuͤhle, die einige Aehnlichkeit
mit unseren Muͤhlen hat, und Palladius
empfiehlt das Wasser, das aus den Baͤdern abfließt, zum Treiben
der Muͤhlen zu benuͤzen, um Thiere und Menschen zu
schonen. „Si aquae copia est, fusuras balnearum debent pistrina
suscipere, ut ibi formatis aquariis molis, sine animalium vel
hominum labore, frumenta frangatur.“Pallad. I. 32 (Wo ist heute zu Tage
ein kuͤnstliches Bad in Europa, mit dessen Wasser man auch nur
einen Schleifstein, viel weniger eine Muͤhle treiben
koͤnnte!). So unvollkommen die Muͤhlen bei den
spaͤtern Roͤmern waren, so waren die Muͤller doch
bald nach ihrer ersten Entstehung das, was sie heute zu Tage nur zu oft
sind, dar Schreken aller Mahlgaͤste, und Gruterus hat uns noch die roͤmische Inschrift auf einem
alten Steine erhalten, auf welchem die Worte zu lesen sind:
„VT. OMNIVM. MOLENOINARIOR.
FRAVDES AMPVTFNTVR“
(um allen Betruͤgereien der Muͤller
ein Ende zu machen) Es ist nicht ganz gewiß, ob die
Roͤmer Windmuͤhlen hatten: die „versatiles molae Volsiniis
inventae,“ von welchen Plinius spricht (36, 18) und die man fuͤr
Windmuͤhlen gelten lassen will, koͤnnen wohl auch die
gewoͤhnlichen Handmuͤhlen gewesen seyn, denn die
Roͤmer nannten das Treiben ihrer Handmuͤhlen:
„versare molam.“
Bielleicht steken die Windmuͤhlen unter denjenigen, die Plinius noch fuͤr ein Wunder hielt,
und von welcher et sagt: „aliquas et
sponte motas invenimus in prodigiis.“ Die
Roͤmer waren uͤberhaupt seine großen Freunde von Mechanik,
und beschraͤnkten dieselbe fast einzig und allein auf Baukunst
und Kriegskunst. Arglist, Betrug und Maschine ward bei ihnen mit einem und
demselben Worte, „machina“ bezeichnet, und Raͤnke schmieden, auf Betrug
sinnen und eine Maschine
bauen hieß bei ihnen „machinari“ so gut, wie bei den Griechen das μηχανῶμαι.
Bei lezteren war sogar Kunst einerlei mit Betrug (τεχνη). Technologie ist bei den Franzosen „fausse science de mots, qui cache le sens des
choses,“ und unser alte unsterbliche Vater Wernecke sang noch:„Technikus kann alle
Sachen,Andre lehre, selber machen;Reiten kann er, Tanzen, Springen,Saͤgeseilen und auch Singen,– – –
– –– – –
– –Ernten, Saͤen, Egen, Pfluͤgen,Und zulezt, erschreklich Luͤgen.“Der reiche Prasser Seneca spricht mit
Verachtung von Posidonius (an dessen
Schriften wir mehr verloren haben, als wir an jenen Seneca's) nicht verloren haͤtten, wenn
diese dafuͤr zu Grunde gegangen waͤren), weil dieser
behauptete, die nuͤzlichen Kuͤnste waͤren von
weisen Maͤnnern erfunden und betrieben
worden „(artes a sapientibus dixit
inventas).“
„Menschen, sagt Seneca, haben sie
erfunden, nicht Weise. Das ist die Sache der elendsten Sclaven. Die
Weisheit steht hoͤher; sie beschaͤftigt sich mit der
Seele, nicht mit den Haͤnden.“
„(Hominis, non sapientis inventa sunt.
Vilissimorum mancipiorum ista commenta sunt. Sapientia altius
sedet, nec manus edocet; animorum magistra est. Epist.
90.)“ Dieselbe Sprache hoͤrt man heute zu
Tage noch auf den meisten Universitaͤten, und sie hallt aus den
Buͤreaux maͤchtig wieder. Wie wollen aber fragen, ob Seneca, der bei seiner hohen Weisheit als
zwanzigjaͤhriger Erzieher und Freund Nero's Welt mit einem Nero,
als Meisterstuk seiner Philosophie und Erziehungskunst, beschenkte, der
Welt mehr nuͤzte, als die „elende
Sclavenseele“
„(vilissimum
mancipium),“ die sie Weden, Baken, Landwirtschaft
treiben, Schiffen etc. lehrte? denn alle diese nuͤzlichen
Kuͤnste nennt der weise der christliche, der so hoch gepriesene
Seneca: „Sache der elendsten
Sclaven (vilissimorum mancipiorum
commenta).“
Seneca verdiente einen kleinen Aderlaß
fuͤr eine solche Raserei: eine venaesectio
Neroniana aber, dergleichen auch jezt wieder in jenen
medicinischen Lehranstalten Sitte ist, wo die „Sapientia altins sedet,“ war zu stark. A. d. Ue. Wir hoffen,
daß diese guten Leute sich heute zu Tage nicht mehr der Einfuͤhrung der
Knetemaschinen widersezen werden, und daß Aufmerksamkeit auf ihre Gesundheit
ihnen die Augen uͤber ihre Vorurtheile oͤffnen wird.“
Die Annales de l'Industrie, Nov. 1829., p. 477, und aus diesen der Bulletin des Sciences technol., Mars, S. 273. fuͤhren noch eine
Knetemaschine (Pétrin mécanique) auf, die
wir hier in extenso beschreiben wollen, denn wir sehen
nicht ein, worin sie von jener des Hrn. Cavallier
verschieden ist, und wie, da Cavallier ein Patent auf
seine Maschine nahm, diese neueste Knetemaschine ohne Eingriff in Patent –
Rechte geduldet werden kann.
Knetemaschine der Bruͤder Gui. (Pétrin mécanique des fréres Gui.)
„Die Knetemaschine der Bruͤder Gui
besteht aus einem festen gezimmerten Troge, der halb walzenfoͤrmig ist,
und so viel Mehl faßt, als man Brot baken will. Eine liegende eiserne Walze von
ungefaͤhr 8 Zoll im Durchmesser laͤuft mit ihren Zapfen in zwei
Lagern an den Seitenenden des Troges, welche parallel mit derselben laufen. Diese Walze ist
cylindrisch und in geringer Entfernung von dem Boden des Troges befestigt.Vermuthlich wird sie hohl seyn, was nicht gesagt ist. A. d. Ue. Die Lager ruhen an den beiden Enden des Troges auf Schraubennieten
(Schraubenmuͤttern) und Schraubenspindeln, welche auf die Achse der Walze
senkrecht stehen, so daß man diese nach Belieben dem Boden des Troges
naͤhern kann, wenn man leichteres Brot bereiten und die Theile inniger
mit einander mengen will. Ein Brett oder eine senkrechte Scheidewand ist
uͤber der Walze befestigt, und laͤuft der ganzen Laͤnge
nach uͤber dieselbe hin, indem es unmittelbar dieselbe an ihrer
Oberflaͤche beruͤhrt. Auf diese Weise theilt demnach die Walze und
die Scheidewand den Hohlraum des Troges in zwei der Laͤnge nach
hinlaufende Kammern oder Faͤcher, zwischen welchen keine andere
Verbindung, als diejenige. Statt hat, welche der kleine Raum unter der Walze
offen laͤßt. Die Erfinder haben bemerkt, daß der Teig unter den
Oberflaͤchen, welche ihn druͤken, durchschluͤpft
„(fuͤrwahr eine wichtige Bewertung, diese neu ist, als der
Nudelwalger alt ist!)“ und daß folglich, wenn man die Walze
dreht, der Teig gegen den Boden des Troges gedruͤkt, und nach der zur
Seite stehenden Kammer hinuͤber gezogen wird. Die senkrechte Scheidewand
hindert, daß der Teig nicht uͤber der Walze in diese Kammer gelangt.
Man laͤßt nun die Walze von einem Manne mittelst einer Kurbel und eines
Raͤderwerkes treiben, welches die Triebkraft verstaͤrkt,
waͤhrend die Umdrehung der Walze dadurch zugleich langsamer gemacht wird.
Das Mehl wird in eines der beiden Faͤcher gebracht, und in demselben nur
ganz obenhin mit der erforderlichen Menge Sauerteiges und Wassers gemengt.
Dieses Mischen geschieht mittelst einer Klaue mit einem hoͤlzernen
Stiele: denn man ruͤhrt die Masse nicht mit den Haͤnden
„(!)“ unter einander. Waͤhrend nun die Walze
umgetrieben wird, hindert man mittelst des Krazers oder Streicheisens das
Ankleben des Teiges an den Waͤnden der Maschine. Der Teig wird, durch
sein Ankleben an der Walze, nach und nach gaͤnzlich in das andere Fach
uͤbertragen; man schafft ihn aus demselben in das vorige Fach
zuruͤk, indem man die Walze in entgegengesezter Richtung dreht, und
faͤhrt so fort, bis Alles gehoͤrig gemengt ist. 25 Minuten reichen
hin, um 600 Pfd. Teig zu kneten.Dieß waͤre allerdings ein großer Gewinn an Zeit, wenn geknetet und nicht gewalgt wuͤrde; denn, wie wir im 2. April hefte unseres Journales S. 112 sahen, wird ein Mensch in eilf Minuten nicht
leicht uͤber 100 Pfd. Teig kneten; er
wuͤrde also zum Kneten von 600 Pfd. wenigstens 66 Minuten oder
beinahe 3 Mal so viel Zeit brauchen. Allein, jede auch nur
mittelmaͤßige Koͤchinn weiß, daß Kneten langer hergeht,
als Walgen. A. d. Ue. Hierauf theilt man die Masse in Leibe, und wiegt sie.“
„Wenn man weniger Mehl zu verarbeiten hat, als der Trog fassen
koͤnnte, so verkleinert man den Hohlraum desselben dadurch, daß man eine
Querscheidewand aus zwei senkrechten Brettern anbringt. Diese Bretter sind nach
dem Durchschnitte des Troges zugeschnitten und nach dem Durchschnitte des
Cylinders, so daß sie genau an die Waͤnde anschließen, und dem Teige den
Durchgang versperren.Wir sehen nicht ein, wie dem Teige hierdurch der Durchgang verschlossen
werden kann, da der Cylinder sich drehen muß, folglich die
Querscheidewand nicht uͤberall dicht an dem Cylinder anliegen
kann. Wenn aber ein kleiner Spielraum zwischen der Scheidewand und dem
Cylinder uͤbrig bleibt, wird der Teig durch denselben
durchgepreßt werden, zum Theile aber auch den Spielraum verlegen. A. d.
Ue. Diese Bretter werden hier, ich weiß nicht aus welchem Grunde, Quellen, fontaines,
genannt.Wir vermuthen bloß, daß man sie deßwegen Quellen (fontaines) genannt hat, weil der Teig durchquillt. A. d.
Ue. Eine Knetemaschine von dieser Art gibt, wenn sie 2 1/2 Fuß breit, 1 1/9
Fuß tief, 6 Fuß lang ist, 600 Pfd. Teig, oder verarbeitet anderthalb Sak (un sac et demi) Mehl von 325 Pfd.“
Der Text im Original ist etwas dunkel: es heißt „un Sac et demi de farine de 325
livres;“ man weiß also nicht mit voller Gewißheit, ob
der „Sac“ 325 Pfd.
haͤlt, oder ob anderthalb Sak „un Sac et demi“ 325 Pfd. sind. Ersteres ist jedoch wahrscheinlicher, da sonst der Sak
(Sac) auf 2/3 Pfd., (216 2/3 Pfd.) ausginge,
was nicht wahrscheinlich ist. Ob der „Sac“ der obigen Commission eben so weit war, wissen
wir nicht, da die gelehrte Commission sich nicht in den Sak sehen ließ. A.
d. Ue.
„Dieser Apparat ist sehr gut ausgedacht, ist aber noch einer Verbesserung
faͤhig. Man muß suchen die Klaue, den Krazer oder Streicher, und das
abwechselnde Drehen der Walze in entgegengesezter Richtung zu vermeiden;
uͤbrigens ist die Anwendung desselben so leicht, daß man erwarten darf
von ihr alle Vorurtheile gegen Knetemaschinen und den alten Schlendrian besiegt
zu sehen. Gewiß wird man in Baͤlde das Kneten mit der Hand
gaͤnzlich aufgeben und Knetemaschinen in allen Baͤkereien finden.
Das Publicum, das Ekel an dem gewoͤhnlichen Kneten gefaßt hat,Auch hier ist das Original dunkel: es heißt: „le public, dégoûté du
travail à bras“ Das kann nun heißen:
„das Publicum, welches Ekel daran bekommen
hat,“ oder, „das Publicum, welchem man Ekel
gemacht hat;“ wir haben daher diese Stelle eben so
zweideutig in der Uebersezung ausgedruͤkt, als sie im Originale
da steht. A. d. Ue. wird kein Brot mehr essen, das auf die alte gewoͤhnliche Weise
gebaken wurde. Die Maschine des Hrn. Gui ist zu
einfach und zu bequem, als daß sie nicht allen uͤbrigen vorgezogen werden
sollte.
Der einzige Unterschied, den unsere Leser zwischen dieser Knetemaschine und
jener Cavallier's im Register finden werden, besteht 1) darin, daß diese Schrauben und
jene Loͤcher zum hoͤher und tiefer stellen der Walze hat: Wenn
die Schrauben eine feinere Stellung, als die Loͤcher erlauben; so
fragt es sich auf der anderen Seite: in wie fern die Schwierigkeiten der
Schrauberei bei allen Maschinen, die durch zwei Schrauben horizontal
gestellt werden sollen, hier beseitigt werden koͤnnen? 2) in der
Querscheidewand? Reichen diese Abaͤnderungen und Zusaͤze nun
hin, um Hrn. Cavallier's Patent zu
beeintraͤchtigen? Wohin fuͤhrt das Patent-Wesen? Es
kehrt in sich selbst zuruͤk: „ad
absurdum et inhumanum“
––––––––
Man verzeihe uns, daß wir so lang bei einem Gegenstande verweilen, der
Manchem unbedeutend scheinen wird, der aber der Gegenstand des
taͤglichen Gebetes eines jeden Christen ist: „das
taͤgliche Brot.“ Die Bourboniden, nicht zufrieden das
uͤbrige Europa in der Quelle seines Lebens, in dem weiblichen
Geschlechte, mit ihren Schnuͤrleibern und Corsets (die eine der
edelsten deutschen Frauen, so wahr und huͤbsch als sie selbst ist,
„Drachenfluͤgel“ nannte) verkruͤppelt und
zum Siechlinge gemacht zu haben, kommen nun auch uͤber die
Maͤnner, die ihnen noch zu fest zur Seite stehen, und wollen sie mit
Leimsuppe Statt Fleischbruͤhe, mit Brot aus Erdaͤpfeln und
Leim, Statt mit Brot aus gutem Roken- oder Weizenmehle
fuͤttern, und dieses Brot sollen sie nicht mehr kraͤftig und
gut kneten, sondern walgen. Wenn der Bourbonide so entnervt wurde, daß sein
Arm nicht mehr Teig kneten kann, so wird der deutsche Mann sich
huͤten, so tief zum Schwaͤchlinge herabzusinken. Er wird sich
weder sein gutes Brot noch sein Fleisch fuͤr Erdapfelbrot und
Knochenleim von Pseudo-Philanthropen aus, dem Kopfe, und noch weniger
aus dem Magen schwazen lassen, der bekanntlich keine Ohren hat.
HAEC. SVNT. VENTRI. STABILIMENTA: PANIS. ET. ASSA.
BVBVLA; sagte einer der geistreichsten Maͤnner des
klassischen Allerthumes, den, obschon er ein blinder Heide war, der heilige
Kirchenvater Hieronymus nie von seiner Seite kommen ließ, Accius Plautus in seinem Curcul. 2. 3. 88. Wer die Menschen um gutes Brot und gesundes
Fleisch gelehrter oder finanzieller Grillen wegen bringen will, wird sie
bald in Heuschreken verwandelt haben, die am Ende alles fressen, selbst die
Meßkleider.
A. d. Ue.
Erklaͤrung der Abbildung der Knetemaschine der
HHrn.
Cavallier, Frère et Comp.,
rue Caumartin, N. 7 zu Paris, in den
Annales de l'Industrie. N. IV.
AA, Fig. 1 bis 4. Trog aus Eichenholz, der Form nach einem gewoͤhnlichen Baktroge
ziemlich aͤhnlich, am Boden rundlich ausgehoͤhlt, und mit Blech
ausgekleidet.
B, hohler Cylinder aus Gußeisen. Seine zwei Achsen, bb, aus geschlagenem Eisen liegen in Lagern, C, und folgen den Bewegungen, welche man
veranlaͤßt, um den Cylinder zu heben oder zu senken.
CC, Lager. Sie verlaͤngern sich nach
aufwaͤrts, so daß sie die senkrechte Vertiefung schließen, welche an jedem
Ende des Troges zur Aufnahme derselben angebracht ist. Diese Stuͤke sind
innen mit zwei Baken versehen, welche den Krazer oder Streicher seitwaͤrts
befestigen.
D, Streicher oder Krazer, bestehend aus einem starken
Brette aus Eichenholz, welches sich an seinem unteren Theile in einen spizigen
Winkel verduͤnnt, unduad daselbst mit Eisen beschlagen ist.
EE, maͤnnliche Schraube, deren Stuͤtzpunkt
in C ist, und mittelst welcher der Abstand des Streichers vom Cylinder genau
regulirt werden kann.
F, Niet der Schrauben EE.
G, Knopf. Er dient als Gegenniet, und umfaßt das
Stuͤk Eisen H.
H, flaches Stuͤk Eisen, welches an dem oberen
Theile des Krazers befestigt ist.
H, Hebel, mittelst welcher man die Entfernung des Troges
von dem unteren Rande des Umfanges der Walze bestimmt, um dadurch der Teigplatte,
welche darunter oder zwischen beiden durchlaͤuft, die beliebige Dike zu
geben.
J, Auge des Hebels, in welches der Vorsprung, K, eingreift.
L, Ende des Hebels.
M, Stift mit einem Kopfe, mittelst dessen man das Ende
des Hebels auf der gehoͤrigen Hoͤhe befestigt.
N, Zahnrad, am Ende der Achse des Cylinders
befestigt.
O, Triebstok, welcher dem Rade und dem Cylinder die
Bewegung mittheilt.
P, runde Stange, auf einem Stuͤke Gußeisen,
welche dem Flugrade als Achse dient.
Q, Flugrad, an welchem auf einer Seite der Triebstok, an
der anderen die Kurbel angebracht ist.
K, die Kurbel.
S, Dekel, welcher den Trog bedekt.