Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. LIX., S. 212 |
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LIX.
Miszellen.
Miszellen.
Preisaufgabe der Société
royale des Sciences, des lettres et arts de Nancy fuͤr das Jahr
1831.
Man hat bereits seit vielen Jahren die Weidenrinde als Surrogat der Chinarinde
vorgeschlagen und versucht, den wirksamen Bestandtheil derselben auszuziehen. Man
hat aber diese Sache nicht gehoͤrig untersucht. Erst neuerlich gelang es Hrn.
Leroux zu Vitry aus der Rinde jener Art Weide, die
unter dem Namen Salix, Heilx bekannt ist, einen
krystallisirbaren Stoff auszuziehen, den er Salicine
nennt. Einige Aerzte schreiben diesem neuen Stoffe dieselbe Fieber vertreibende
Kraft zu, welche die China besizt, und meinen, daß sie die Stelle derselben in
unseren Apotheken ersezen koͤnnte. Wenn diese Meinung gegruͤndet
waͤre, so wuͤrde das Resultat derselben unermeßlich seyn; Frankreich
„(und jedes andere Land)“ wuͤrde von dem Tribute
befreit, den es dem Auslande bezahlt, und an die Stelle eines Arzeneimittels, das
den Waͤldern einer andern Hemisphaͤre angehoͤrt, dessen Einfuhr
nicht selten unterbrochen wird, wuͤrde ein Product treten, das haͤufig
auf unserem eigenen Boden erzeugt wird. Allein, ehe man uͤber eine solche
Meinung ein gruͤndliches Urtheil faͤllen kann, muß dieselbe dem
Pruͤfsteine einer weiteren und allgemeineren Erfahrung unterzogen werden. Es
ist nicht selten der Fall, daß eine Neuerung von solcher Wichtigkeit einen
unbesonnenen Enthusiasmus erregt, oder eine uͤbertriebene Verachtung
hervorbringt: nur nach einer gruͤndlichen Untersuchung kann eine billige und
kluge Wuͤrdigung eines solchen Gegenstandes moͤglich werden. Die
Akademie schreibt daher folgende Preisaufgabe aus.
„Angabe eines wohlfeileren Verfahrens, die Salicine aus der Weide
auszuziehen, als dasjenige ist, welches Hr. Leroux
der Academie des Sciences, unterlegt.“
„Ausziehung der Salicine aus verschiedenen Arten von Weiden, damit man
diejenige Art kennen lernen kann, welche am meisten davon liefert. Untersuchung,
ob Verschiedenheit des Klimas und des Bodens auf die Menge der Salicine in einer
und derselben Weidenart Einfluß hat.“
Die Société haͤtte wohl auch
auf das Alter des Baumes; auf die Unterschiede der Rinde vom Stamme an
aͤlteren und juͤngeren Aesten und Jahrestrieben; auf die
Unterschiede zwischen Rinde, Bast und Splint; auf die Unterschiede endlich
der Jahreszeit, in welcher die Rinde abgenommen wird, Ruͤksicht
nehmen sollen. A. d. Ue.
„Vergleichendes Studium der Wirkungen der Salicine und der China in
verschiedenen Arten von Fiebern. Bestimmung der Faͤlle, in welchen sie
die China ersezen kann, und in welchen nicht.“
Die Abhandlungen muͤssen vor Ende Februars 1834 an den Secretaͤr der
Société eingesendet, und demselben der
Name des Verfassers in einem versiegelten Billete beigeschlossen werden.
Der Preis, eine goldene Medaille 300 Franken werth, wird in der Maisizung 1831 dem
Verfasser der gekroͤnten Preisabhandlung zuerkannt werden. (Journ. d. Pharmacie. Juillet. 1830. S. 422.)
Die Union Encylopédique zu
Paris.
Es existirt in England seit 3 Jahren eine Gesellschaft zur
Verbreitung nuͤzlicher Kenntnisse, deren Praͤsident Hr. Brougham ist, und welche alle Wissenschaften und
Kuͤnste im Umrisse, und so viel moͤglich gedraͤngt, in Form
einer Encyclopaͤdie in einzelnen kleinen Baͤndchen um hoͤchst
niedrige Preise herausgibt. Manches ist vortrefflich, manches mittelmaͤßig
und einiges sogar schlecht behandelt, indessen gewinnt die Cultur des Volkes
ungemein, indem die Gesellschaft, welcher es bloß um Verbreitung nuͤzlicher
Kenntnisse zu thun ist, keine Buchhaͤndler-Speculation macht, sondern
vielmehr den englischen Buchhandel durch die Wohlfeilheit ihrer Ausgaben
druͤkt.
Als eine Nachahmung dieser Gesellschaft bildete sich nun die Union encyclopédique pour la propagation des connaissances utiles
zu Paris unter Hrn. Builly de Merlieux. Das Conseil de perfectionnement dieser Gesellschaft besteht
aus 60 Mitgliedern, und 120 Huͤlfsmitgliedern aus den ausgezeichnetesten
Gelehrten gewaͤhlt, welche bei der Bearbeitung der einzelnen Werke
uͤber jede Wissenschaft und Kunst den Vorsiz fuͤhren. Die Sammlung
aller dieser Verke fuͤhrt den Titel: Bibliothèque universelle, und umfaßt die eigentlichen
Wissenschaften (Sciences),
die schoͤnen Wissenschaften und Kuͤnste (Lettres et Beaux-Arts), die
nuͤzlichen Kuͤnste (Arts industrieles,
manufactures et Métiers), Geschichte
(l'Histoire), Geographie und Reisen (Géographie et Voyages).
Ein Recueil mensuel, unter dem Titel Mémorial Encyclopédique in welchem die
taͤglichen Fortschritte des menschlichen Geistes verzeichnet werden, dient
als Supplement und Folge dieser Bibliothek.
Die ersten Subscribenten zahlen fuͤr den Band nur 2 Frank. Statt 3 1/2
Franken; sie erhalten ferner 3/4 des Ertrages der Unternehmung, welcher, wenn diese
Unternehmung 6 Mal schlechter gelingen sollte, als die Londoner, jedem Mitgliede
eine Bibliothek von 300 Baͤnden ohne alle Auslage und noch 100 Franken
Jahresrate sichert. Die Subscribenten sind also Actionnaͤre, haben aber nur
bei der Erscheinung eines jeden Bandes 2 Franken zu bezahlenSo eben sehen wir aus der Allgem. Zeit. A. O. B. Nr. 80, daß die Congregation
am Montrouge sich mit den Armeniern (der Kongregation der Muhitaristen) zu
Wien, die daselbst eine eigene Drukerei besizen, vereinigte, um nach
demselben Plane, wie Brougham und Bailly nuͤzliche Kenntnisse unter dem
Volke verbreiten, Asceten und Missionsschriften in Umlauf zu sezen. Wenn die
Armenier, die so feine Rechenmeister sind, bei diesem Plane ihre Rechnung
finden, so wuͤrden sie auch die Buchhaͤndler finden, wenn sie
auf dieselbe Weise nuͤzliche Werke unter
den Land- und Gewerbsleuten verbreiteten. A. d. U..
Ein detaillirter Prospectus, so wie die Form der Subscription, wird jedem unentgeldlich
mitgetheilt, der sich in frankirten Briefen aux Bureaux de la
direction de l'Union encyclopédique, rue du Jardinet, Nr. 8. nach
Paris wendet.
Es laͤßt sich nicht erwarten, daß in Deutschland eine aͤhnliche
Gesellschaft von Gelehrten sich bildet. Es waͤre jedoch zu wuͤnschen,
daß eine Gesellschaft von Buchhaͤndlern sich zu diesem menschenfreundlichen
Zweke vereinigte, und die Werke der englischen und
franzoͤsischen Union fuͤr das deutsche Volk von
tuͤchtigen Gelehrten umarbeiten, und unter demselben zu den moͤglich
niedrigsten Preisen in Umlauf sezen ließe. Sie wuͤrde dabei nicht schlecht
fahren. Je wohlfeiler ein Werk, desto mehr findet es Kaͤufer: ein kleiner oft
wiederkehrender Gewinn traͤgt eben so viel, als ein spaͤrlich
kommender groͤßerer; so rechnen die Israeliten sehr weise und auch die
Philister auf der Insel.
Fortschritte der Temperance
Society (Gesellschaft zur Verminderung des Brantweintrinkens) zu
Edinburgh.
Diese hoͤchst achtbare Gesellschaft, die urspruͤnglich aus Nordamerika
ausging, hielt Anfangs Junius ihre erste Jahressizung. Als Beweis, wie
wohlthaͤtig diese Gesellschaft auf das physische und moralische Wohl ihrer
Mitglieder wirkt, mag der Umstand dienen, daß in einem einzigen Markte, Duntocher, in den lezten 4 Monaten, die Einnahme des
Brantweinaufschlaͤgers woͤchentlich um 100
bis 120 Pfd. (1200 bis 1440 fl.) weniger betrug, als ehevor. (Edinb. Cour. Galign. N. 4765.)
Gedeihen der amerikanischen Canal- und
Dampfschifffahrt.
Es ist. unglaublich, mit welcher Schnelligkeit die nordamerikanischen Dampfbothe
fahren: man rechnet fuͤr sie 18 engl. Meilen auf die Stunde. Die
Philadelphier fahren 40 engl. Meilen in 2 Stunden 15 Minuten. Der Schuyl-hill Canal ist noch nicht ganz vollendet,
und tragt jaͤhrlich schon 150,000 Dollars Zoll, und 160,000 Ctr.
Anthracitkohlen. Auf diesem Canale faͤhrt man von Philadelphia nach
Baltimore, 126 engl. Meilen, in ungefaͤhr 11 Stunden. (Scotsman. Galignani. 4767.)
Strom aufwaͤrts Fahren mittelst einer neuen Maschine,
Remorqueur à écluse mobile
genannt.
Der Moniteur vom 11. Februar 1830, und aus diesem der Bulletin d. Scienc. technol. Mars, S. 271, gibt
Nachricht von einer neuen Maschine Strom auswaͤrts zu fahren, bei welcher der
Strom selbst die Triebkraft ist, dessen Kraft man nach Belieben vermehren und
vermindern kann. Man hofft mit dieser Vorrichtung von Arles nach Lyon, eine Streke von 80
franzoͤsischen Meilen (80 Lieues) binnen 12 Tagen laͤngstens Strom
aufwaͤrts fahren zu koͤnnen. Gegenwaͤrtig braucht man mittelst
der Pferde und Esel 40 bis 50 Tage zu dieser Streke. Es hat sich eine Gesellschaft
zur Foͤrderung dieser Anstalt gebildet.
Roßboth am Lago di Garda.
Das Court Journal, und aus diesem das Mechanics' Magazine, 5. Jun.
N. 356. S. 240. erzaͤhlt, daß Hr. de Riva eine
Maschine theils aus Gußeisen, theils aus geschlagenem Eisen verfertigte, welche, von
8 Pferden in Bewegung gesezt, zwei Ruderraͤder auf dieselbe Weise treibt, wie
diese sonst von Dampfmaschinen auf Dampfbothen getrieben werden. Diese Maschine
wurde aus ein Schiff gesezt, das 100 Tonnen Last (2000 Ctr.) ladet, und hat bereits
mehrere Fahrten am Garda-See gluͤklich zuruͤkgelegt. Der Name
des Schiffes ist L'amico alla prova. (Sonderbar, daß die
Biblioteca italiana noch keine Notiz von diesem
Schiffe gab, das uͤbrigens nichts Neues darbietet: wir haben die Schiffe der
Alten, die mit Ruderraͤdern mittelst Ochsen getrieben wurden, in unserem Polytechn. Journ. B.
XVII. S. 231. bereits vor Jahren abgebildet.)
Herrn King Williams's
Ruderraͤder gehoͤren Herrn E. Galloway
an.
Wir haben, nach dem Philosophical magazine et Annals of
Philosophy von Hrn. King Williams's
Ruderraͤdern Nachricht gegeben. Das Philosophical
Magazine etc. bringt nun in seinem Junius-Hefte 1830. S. 408. ein Schreiben des Hrn. E. Galloway und Zeugnisse von Hrn. Chapman und Hrn. Alex. Park, durch welche
erwiesen wird, daß Hr. King Williams nicht der Erfinder
dieses Ruderrades ist, sondern daß er dasselbe nach Hrn. Galloway's Rad copirte, und fuͤr seine Erfindung ausgab. Die eidlichen Aussagen hieruͤber finden sich a. a.
O.
Kettentaue an Schiffen durch Erdbeben geschmolzen.
Wir haben hiervon bereits in einer Miscelle Notiz gegeben. Das Quarterly Journal of Science, und aus diesem Hr. Gill im technol. et microsc. Repository,
Junius, 1830 liefert S. 358 eine umstaͤndliche Beschreibung des Erdbebens vom
30. Maͤrz 1828 in der Bai von Callao, wie es auf dem Schiffe der k. Flotte,
„Volage“ beobachtet wurde.
Wir wollen hier nur dasjenige ausheben, was sich an den Kettentauen des Schiffes
zeigte.
„Die Kettentaue des Schiffes Volage,“ erzaͤhlt Capt. Bagnold, „lagen in weichem kothigen Grunde 36 Fuß unter Wasser.
Als man den daran befestigten besten Anker in die Hoͤhe zog, fand man das
Kettentau desselben, 13 Faden von dem Anker und 25 von dem Schiffe, sehr stark
angegriffen. Nachdem der Koth abgewaschen war, fand man die Cylinder der Kette,
die aus dem besten geschlagenen Bolzen- oder Glieder-Eisen von 2
Zoll im Durchmesser verfertigt war, auf eine bedeutende Streke theilweise geschmolzen. Das Metall schien in Furchen
von 5 bis 4 Zoll Laͤnge und 3/8 Zoll Durchmesser geflossen, und bildete
(hier und da an den Enden dieser Furchen, an anderen Stellen in der Mitte
derselben) kleine kugelfoͤrmige Knoͤpfe, die, bei dem Scheuern der
Kette, auf das Verdek des Schiffes fielen. Das zweite Kettentau war
unbeschaͤdigt geblieben. Der Theil der Kette, welcher beschaͤdigt
war, wurde bei der Heimkehr, des Schiffes zu Portsmouth fuͤr unbrauchbar
erklaͤrt, und ist nun im Sail-field der Werfte. Er verdiente,
gliederweise, in physikalischen Cabinetten aufbewahrt zu werden.“
Bestimmung des Tonnengehaltes der Schiffe.
Die Weise, wie der Tonnengehalt der franzoͤsischen
Schiffe gesezlich bestimmt wird, ist diese: man multiplicirt die Laͤnge mit
der Breite, und das Product mit der Tiefe. Der Tonnengehalt der englischen Schiffe
hingegen wird durch Multiplikation der Breite mit der Tiefe, deren Product dann mit
dem halben Querbalken, der das Verdek des Schiffes traͤgt, (le demi-ban) multiplicirt wird, gesezlich
bestimmt. Der englische Kaufmann laͤßt daher sein
Schiff sehr tief und so bauen, daß er mehr laden kann, als sein gesezlich
angegebener Tonnengehalt angibt. Er zahlt also weniger Tonnengebuͤhr, als der
franzoͤsische Schiffer, wenn er auch eben so viele Guͤter gefrachtet
hat, und kann folglich fuͤr geringeres Frachtgeld fahren. Die Handelskammer
zu Havre hat von dem Handlungsbureau laͤngst schon eine verstaͤndigere
Bestimmung des Tonnengehaltes gefordert, wodurch der franzoͤsische Schiffer
gleichen Vortheil mit dem auslaͤndischen erhielte: allein, von Bureaukraten
Verstand und Aufmerksamkeit auf das Wohl ihres Landes fordern, hieße die Segel
mitten in der Windstille einziehen. Journ. de Commerce.
Jan. 1830. Bullet. d. Scienc. techn. Mars. 279.
Ueber einige der groͤßten Bogen an steinernen
Bruͤken.
Man hat im Mechan. Mag. N. 356. den mittleren Bogen an
der neuen Londoner Bruͤke (New London Bridge) als
den groͤßten in der Welt angegeben. Nun zeigt aber ein Ungenannter
(ebendaselbst N. 359., 26. Jun.), daß der von den
Roͤmern erbaute Bruͤkenbogen uͤber den Allier zu Brioude in
Frankreich weit groͤßer ist; naͤmlich 180 Fuß in der Spannung. Er ist
indessen nicht weiter als 18 Fuß und 70 Fuß hoch. Man baut jezt zu Chester eine
Bruͤke uͤber den Dee in einem Bogen von 200
Fuß Spannung und 50 Fuß Hoͤhe. Bei beiden diesen Bruͤken ist also die
Spannung groͤßer, als bei der Londoner. Der Redacteur des Mechan. Mag. meint jedoch, der mittlere Bogen der
Southwark-Bridge zu London sey der groͤßte in der Welt.
Segeltuch aus Baumwolle.
Wir haben von dieser nuͤzlichen Anwendung, welche die Nordamerikaner
gegenwaͤrtig von ihrer Baumwolle machen, schon im vorigen Jahrgange, so wie
in diesem von den Einwuͤrfen, welche man gegen Segeltuͤcher aus
Baumwolle machte, Nachricht gegeben. Wir sehen jezt aus einem Auszuge aus Nile's Register 3. Oct. 1829. S. 82., daß Jonathan Elliot eine eigene kleine Schrift uͤber diesen
Gegenstand herausgegeben hat, und daß bereits drei Fabriken fuͤr
Baumvollensegel in Nordamerika im Gange sind: die eine bei Boston; die zweite zu
Paterson im Lande New-Yorck; die dritte zu Baltimore. Hr. Colt, Besizer der zweiten, hat vom 1. Mai 1828 bis 1.
Sept. 1829 bereits 9,600 Bolts solchen Segeltuches verfertigt, waͤhrend er
ehevor nur 2,500–3,000 Bolts lieferte. Zu Baltimore verfertigt man jezt
jaͤhrlich an 2000 Stuͤke. Es geht also vorwaͤrts mit den
Baumwollen-Segeln.
Ueber den Erfinder des Durchbrechens der feindlichen Linie in
einer Seeschlacht
wurden seit mehreren Monaten in England und Schottland
gewaltige Federschlachten geliefert, an welchen auch Sir Walter Scott Antheil nahm. Der Federfeldzug entschied
fuͤr John Clerk of Eldin gegen Lord Rodney, so daß also Clerk als
Erfinder dieses kuͤhnen Manoeuvres begruͤßt wird. Nach eingetretenem
Frieden zwischen den Federhelden ergab sich aber: 1) daß ein franzoͤsischer
Moͤnch, Namens Paul Hoste, schon vor einem
Jahrhunderte in einem Werke uͤber Seetaktik das Durchbrechen der feindlichen
Linie empfahl; 2) daß, wenn man die Berichte der griechischen und roͤmischen
Geschichtschreiber uͤber die Seeschlachten liest, man durchbrochne Linien des Feindes schon
in Jahrhunderten findet, wo England noch kein Linienschiff besaß; 3) daß, was das
Sonderbarste ist, dieses Manoeuvre von den Lords der Admiralitaͤt vor Clerk und Rodney, ungeachtet
des durch so viele Seeschlachten erwiesenen gluͤklichen Erfolges, fuͤr
so gefaͤhrlich erklaͤrt wurde, daß jeder Admiral, der dasselbe wagen
wuͤrde ohne des Erfolges gewiß zu seyn, ein Kriegsgericht befuͤrchten
mußte. (Globe. Galignani. 4767.)
Transparente Sternkarten, gezeichnet von T. Thomas, gemahlt von W. J. Simpson.
Das Register of Arts, Junius, S. 25, erwaͤhnt
dieser Sternkarten, die im National-Repository
aufgestellt sind, mit vielem Beifalle, den sie auch zu Verdienen scheinen. Sie
koͤnnten manche literarisch-artistische Anstalt, manches Industrie-Comptoir auf eine vorteilhafte Weise
beschaͤftigen, und eine Masse nuͤzlicher Kenntnisse, nicht bloß unter
der Jugend, sondern selbst unter den Alten verbreiten; denn, Dank der
vaͤterlichen Vorsorge der Studien, Referenten, Curatoren und wie diese
Oberschreiber alle heißen, die den Unterricht in Schulen und auf
Universitaͤten zu leiten haben, weiß vielleicht der Tausendste Mensch auf dem
festen Lande nicht, daß es einen großen Baͤren und einen kleinen
Baͤren am Himmel gibt, und mancher dieser Oberschreiber weiß es vielleicht
selbst nicht, und glaubt vielleicht gar, wenn er so vor seinem Spiegel da steht, und
sich Stunden lang schminkt und lekt, er sey der einzige Baͤr am gestirnten
Himmel, und in seinem Schwanze drehe sich die Achse des Weltalles, nicht in dem des
kleinen Baͤren am Himmel.
Unsere bisherigen Sternkarten fuͤr den Unterricht, und auch fuͤr die
Unterrichteten, waren bisher meistens so eingerichtet, daß auf die Zeichnung der
sogenannten Sternbilder Alles, fuͤr die Sterne in denselben aber, fuͤr
die eigentliche Constellation, nichts gethan war: man sah wohl die schoͤne
Jungfrau, man sah die Leyer; aber die Jungfrau war so schoͤn, und die Leyer
so herrlich, daß ihr Bild die Constellation in denselben verdunkelte. Man hat, in
den neueren Zeiten, hier und da, diesen Fehler dadurch verbessert, daß man die
Sterne weiß auf schwarzem Grunde abdrukte, und bloß den Umriß des Sternbildes in
einer zart gefuͤhrten Linie andeutete, um dem Gedaͤchtnisse zu
Huͤlfe zu kommen. Allerdings ist dadurch schon vieles gewonnen; allein das
Weiß auf dem schwarzen Grunde hat etwas Widerliches und selbst Angreifendes
fuͤr das Auge. Am natuͤrlichsten und wohlthaͤtigsten
fuͤr das Auge sind transparente kleine Scheibchen nach der Groͤße der
Sterne in dunkelblauem Grunde.
Die Karten der Hrn. Thomas und Simpson sind bloß zwei Planisphaͤrien auf obige Weise verfertigt:
die Sterne alle (bis zu jenen der vierten Groͤße) nach ihrer Constellation
transparent, in dem zarten Umrisse des Sternbildes eingeschlossen; ferner ein
sogenanntes Tellurium: die Erde in ihren Aequinoctial- und
Solstitial-Punkten, wo auf einem gegebenen Meridiane eine Mittagsansicht der
Erde im Winter, ein Sonnenaufgang im Fruͤhlinge, eine Mitternacht im Sommer
und ein Sonnenuntergang im Herbste dargestellt ist; endlich noch unser
Planetensystem mit den Bahnen der Planeten von Mercur bis zum Herschel. Diese Karten
sind auf zwei Rollen aufgezogen, und gewaͤhren, gegen das Licht der Fenster
oder einer Argandlampe gehalten, ein eben so schoͤnes Bild, als lehrreichen
Unterricht.
Wenn man nun entweder die zwei Planisphaͤrien, oder die Sternbilder des
Horizontes der Breite und Laͤnge, in welcher man sich befindet, fuͤr
die zwoͤlf Monate des Jahres entweder auf Papier, oder noch besser auf
Sendeltaffet (den Grund dunkelblau, die Sterne transparent blaßgelb) druken
laͤßt, und diese Papiere oder Taffete als Vorhang vor die Fenster am Tage, in
kleinerem Formate als Lichtschirme des Nachts vor das Licht stellt, und nach den
Monaten wechselt, so lernt man die Sternbilder und die Constellationen in seinem
Zimmer nach und nach ohne viele Muͤhe so deutlich und sicher kennen, daß man
sich zu jeder Jahreszeit des Nachts im Freien nicht bloß orientiren, sondern auch
ohne Uhr so ziemlich die Stunde treffen wird, in der man sich, befindet.
Wir zweifeln nicht, daß es denjenigen Anstalten, welche das elegante und
lernbegierige Publikum, jedes nach seiner Art und fuͤr den Meridian seiner
naͤchsten Sternwarte, mit solchen Vorhaͤngen (Rouleaux) und
Lichtschirmen versehen wuͤrden, dabei eben so viel an Geld gewinnen
koͤnnten, als an Belehrung. In Schulen, Erziehungsanstalten, fuͤr welche sie auf Leinwand
gedrukt seyn koͤnnen, sollten solche Vorhaͤnge nicht fehlen: denn was
ein gut gerathenes Kind sieht, das lernt es, auch ohne Lehrer; man darf nur nicht so
barbarisch seyn, es ihm vorzuenthalten, oder so einfaͤltig, es so schlecht
lehren zu lassen, wie manches gelehrt wird. Die Unwissenheit eines Volkes, und das
Elend, und der Jammer, die die steten Begleiter der Unwissenheit sind, ist nicht die
Schuld des Volkes, sondern die Schuld seiner Lehrer. und seiner Schreiber, die ihm
schlechte Lehrer zum Unterrichte gaben.
Herrn Jopling's
Septenarsystem
ist im Mechanics System N. 356, 5.
Jun. auf eine sehr vollstaͤndige Weise mit vielen Figuren erlaͤutert.
Diese Abhandlung verdient in einer deutschen Zeitschrift fuͤr Mathematik
uͤbersezt zu werden.
Ueber den Einfluß des Magnetismus auf chemische
Verbindungen
findet sich eine interessante Abhandlung des Hrn. Dr. und Prof. Carpi an der
Universitaͤt della Sapienza (!) in den Mem. di Matematica e di Fisica della Società italigna
della Scienze rezidente in Modena T. XX. 4. Modena. 1829. tip. camerale, auf welche wir
Chemiker aufmerksam machen wollen.
Nobili's neues Galvanometer.
(Eine Verbesserung seines fruͤheren) findet sich in dem oben
angefuͤhrten Bande der Memorie d. Soc. italiana
beschrieben und abgebildet.
Ueber eine besondere Bewegung, welche durch die Waͤrme
in der Wasserwage mit Luftblase entsteht,
kommt in den eben angefuͤhrten Momorie d. Soc. italian. eine lehrreiche Abhandlung von Dr. und Prof. Belli am
Lyceum zu Mayland vor, welche die Aufmerksamkeit der praktischen Geometer verdient.
Schon Libri
Ende vorigen Jahres erschienen zu Florenz die Mémoires de mathématique et de physique, p. Guill. Libri.
T. I. 4 Florence. 1829. ch. Leon. Ciardetti.
210 S. hat hierauf aufmerksam gemacht.
Zustand der elektro-magnetischen Wissenschaft in
Italien.
Ueber den gegenwaͤrtigen Zustand der elektro-magnetischen Wissenschaft
in Italien findet sich ein sehr lehrreicher Aufsaz in der Biblioteca italiana, Maggio, N. 183. S. 193., worauf wir unsere deutschen
Physiker, die mit der italiaͤnischen Literatur zu wenig bekannt zu seyn
scheinen, aufmerksam machen zu muͤssen glauben.
Oberst Raucourts
Hlydrotachymètre und Hlydrosynomètre.
Herr Oberst Raucourt hat zwei neue Instrumente erfunden,
mittelst welcher er die Geschwindigkeit und den Druk des Wassers in bestimmten
Tiefen mit Genauigkeit zu messen im Stande ist. Er hat seine Versuche an der Newa angestellt, und zwar an einer Stelle, wo dieser Fluß
900 Fuß breit und 60 Fuß tief ist. Er fand die Geschwindigkeit des Wassers in der
Mitte der Wassermasse zu 2 Fuß 70 Cent. in Einer Minute, und die mittlere
Geschwindigkeit in der Lothlinie 2 1/2 Fuß. Nach seiner Berechnung rollt die Newa in
jeder Secunde eine Masse Wassers von 80,000 Kubikfuß. Bullet.
d. Scienc. techn. Mars, 1830. p. 269, d. Scienc. phys. et math. Mars.
Oxamid; ein neuer Stoff.
Hr. Dumas fand einen neuen Stoff, der sich bildet, wenn
man sauerkleesaures Ammonium der Destillation unterwirft. Diesen Stoff nennt er Oxamid.
Das Oxamid ist vollkommen neutral, und enthaͤlt weder Sauerkleesaͤure
noch Ammonium, verwandelt sich aber durch Einfluß des Kali gaͤnzlich in
Sauerkleesaͤure und in Ammonium. Er ist unter einer Temperatur von
300° fluͤchtig, und bildet ein gelblich weißes Pulver, welches in
kaltem Wasser unaufloͤslich, in warmem etwas aufloͤsbar ist.
Concentrirte Schwefelsaͤure verwandelt es in schwefelsaures Ammonium, in
Kohlensaͤure und in Kohlenstoffoxyd. Es besteht aus 4 Volumen
Kohlenstoff-Dampf, 2 Volumen Stikstoff, 4 Volumen Wasserstoff und 2 Volumen
Sauerstoff; so daß, wenn man noch 2 Volumen Wasserdampf zusezt, dasselbe in trokenes
sauerkleesaures Ammonium verwandelt wird. (Journ. d.
Pharm. Jul. 1830. p. 428.)
Pruͤfung des Salzes auf Jod.
Da sich in manchem franzoͤsischen Salze „(und auch in manchem
deutschen, Dank der hohen Weisheit unserer Salzschreiber, die ihre
Fuͤrsten und ihre Voͤlker durch ihre unsinnigen Mißhandlungen der
Salinen nach und nach zu Grunde richten, ungeachtet ihres jaͤhrlich auf
ihren Tabellen ausgewiesenen Mehrertrages)“ Jod im Kochsalze
befindet, und dieses dadurch der Gesundheit sehr nachteilig werden kann, so hat Hr.
Barruel, Vorstand der chemischen Arbeiten an der k.
Facultaͤt der Medicin zu Paris, ein Verfahren bekannt gemacht, wodurch jeder
sich uͤberzeugen kann, ob Jod im Kochsalze, dessen er sich bedient, enthalten
ist. Dieses Verfahren ist folgendes.
Man gibt ein Quentchen fluͤssige Staͤrke in ein
Liqueurglaͤschen, und sezt der. selben Einen Tropfen Schwefelsaͤure
von 66°, dann zwei Tropfen Chlor zu, ruͤhrt Alles gut durch einander,
und wirft darin eine Prise (so viel man zwischen dem Daumen und Zeigefinger halten
kann) Kochsalz in diese Mischung. Wenn Jod oder jodhaltige Salze in diesem Kochsalze
enthalten sind, so wird obige Mischung auf der Stelle violett oder blau werden.
Jeder, der auch gar nichts von Chemie versteht, wird auf diese Weise sein Kochfalz
auf Jod pruͤfen koͤnnen.
Hr. Serullas hat ein anderes Verfahren angegeben. Man
nimmt einige Prisen Salz und reibt dieses in einer steinernen Reibschale mit dem
vierten Theile seines Gewichtes etwas genezter Staͤrke ab, worauf man dieser
Mischung zwei bis drei Tropfen Chlor zusezt. Wenn Jod oder irgend eine Jodverbindung
in dieser Mischung enthalten ist, wird dieselbe dadurch alsogleich blau werden, und
zwar desto mehr, je mehr Jod in derselben enthalten ist.
Hrn. Barruel's Verfahren scheint bequemer und besser. (Journ. d. conaiss. usuell.
April 1830. p. 187. Bullet. d. Scienc. techn.
April, p. 330.)
Chiutz-Modelling.
Die englischen Damen beschaͤftigen sich seit mehreren Jahren damit, die
unglasirten spanischen Toͤpfe, in welchen ihnen spanische Trauben
zugefuͤhrt werden, durch Abdruͤke von Kupferstichen, Mahlereien etc.
zu verschoͤnern. Diese Bearbeitung kommt im Register
of Arts Junius
S. 23. unter dem Namen Chiutz-Modelling
Das Chiutz ist wahrscheinlich ein
geraͤdertes spanisches Wort, das uͤber seiner Entstellung kein
Ohr und kein Auge mehr zu erkennen vermag. A. d. Ue. vor. Eine Miß Peare ist in dieser Kunst eine
solche Meisterin, daß ihre Arbeiten im National-Repository aufgestellt sind, und die schoͤnsten
Porzellantoͤpfe uͤbertreffen.
Anstreicher-Farbe mit geronnener Milch.
Man ist sehr oft in dem Falle, das Leinoͤhl bei Anstreicher-Farben
nicht anwenden zu koͤnnen oder zu wollen, theils weil es nicht schnell genug
troknet, theils weil es zu stark stinkt, theils weil es zu theuer ist. Folgendes
Verfahren dient ganz vortrefflich, um Lambris, Gelaͤnder, Thuͤren und
selbst Moͤbel anzustreichen.
Man nimmt frisch geronnene Milch, und zerreibt die Kruͤmelchen derselben auf einem Reibsteine
oder in einer Schuͤssel oder in einem Moͤrser mit einem Spatel.
Nachdem diese Operation geschehen ist, gibt man sie in einen Topf, und sezt
derselben eben so viel gut geloͤschten Kalk zu, der so dicht geworden ist,
daß er sich ballen laͤßt, und ruͤhrt diese Mischung, ohne daß man
Wasser derselben zusezt, fleißig durch einander. Man wird auf diese Weise bald eine
weiße Farbe erhalten, die sich leichter auftragen laͤßt, als Oehlfarbe, und
weit schneller, als diese troknet. Man muß sie noch an demselben Tage verbrauchen,
an welchem man sie angeruͤhrt hat, denn sie wird uͤber Nacht zu dik.
Man kann Ocher, armenischen Bolus, und alle Erdfarben, die der Kalk vertragt,
zusezen, und so dem Holze eine beliebige Farbe ertheilen. Die zugesezte Farbe darf
aber, was wohl zu bemerken ist, nur wenig Wasser enthalten, indem sonst der Anstrich
an Dauerhaftigkeit verloͤre.
Nachdem man zwei Lagen dieses Anstriches aufgetragen hat, kann man denselben mittelst
eines Wollenlappens poliren, und er wird glaͤnzen, wie Firniß. Man kann, an
einem und demselben Tage, diese zwei Lagen auftragen und poliren, so schnell troknet
dieser Anstrich, der gar keinen uͤblen Geruch hat. Wenn man ihm indessen an
Orten, die der Feuchtigkeit sehr ausgesezt sind, noch mehr Haltbarkeit geben will,
darf man ihm nur, nach der Politur, eine Deke von Eiweiß geben. Durch dieses
Vorsichtsmittel allein wird er sehr dauerhaft. (Journal d.
connaiss. usuell. Avril. 1830. Bullet d. Sc.
Avril S. 341. Man vergleiche auch den Traité
de la peinture au lait, par Cadet de Vaux. Bulletin
d. sc. techn. T. III. n. 7.)
Unsere Leser werden sich an den uralten Kitt fuͤr Porzellan und Glas aus Kalk
und Kaͤse, aus Kalk und Eiweiß vielleicht unwillkuͤhrlich erinnert
haben, als sie dieses lasen, so wie, wenn sie das 1. Junius-Heft des Polytechn. Journ. l. J. S. 382. gelesen haben, auch an
Bachelier's Tuͤnche (badigeon Bachelier). Wir hatten hier also nur eine neue Anwendung einer
laͤngst bekannten Sache. Es ist aber noch eine Frage, die des Versuches werth
waͤre, ob, da man bekanntlich mit Eiweiß und Kalk, mit Kaͤse und Kalk,
Trinkglaͤser und Kaffeeschalen kitten kann, die gebrochen wurden, man nicht
auch auf diese Weise einen guten hydraulischen Moͤrtel bilden koͤnnte?
Die Sage, daß der Moͤrtel zu manchem Wassergebaͤude mit Milch, mit
Kaͤse angeruͤhrt wurde, erhielt sich hier und da noch bis auf den
heutigen Tag, und wenn Millionen von Luͤgen in der Welt fuͤr bare
Wahrheit gelten, so scheint es erlaubt zu zweifeln, ob alles was man fuͤr
Unwahrheit haͤlt, auch wirklich Luͤge ist. A. d. Ue.
Anstrich, um Eisen gegen Rost zu bewahren. Von Hrn. Zeni.
Im Bulletin de la Société d'Encoragement,
Janv. 1830, S. 20. Bullet. d. Sc. techn. Avril
1830, S. 132, wird, auf den Bericht des Hrn. Payen,
folgender Anstrich des Hrn. Zeni zur Bewahrung des Eisens
vor Rost empfohlen.
Man nimmt 80 Theile gestoßenes und durch ein Sieb aus Seide durchgeschlagenes
Ziegelmehl und 20 Theile Bleiglaͤtte, reibt diese Mischung auf einem
Reibsteine mit Leinoͤhl zu einem diken Anstriche ab und verduͤnnt
denselben mir Terpentingeist. Ehe man denselben auf das Eisen aufstreicht, muß
dieses vollkommen rein gescheuert worden seyn, auch wenn es neu ist.
Hr. Zeni versichert aus zweijaͤhriger Erfahrung,
daß Eisen, welches eine doppelte Lage dieses Anstriches erhielt, selbst der
taͤglichen Einwirkung des Meerwassers ausgesezt, von allem Roste befreit
blieb.
Papierleimen zum Illuminiren.
Illuminirer, die Abdruͤke auf Drukpapier (ungeleimtem Papiere) illuminiren
muͤssen, werden sich mit Vortheil folgenden Leimes bedienen. Vier Unzen (8
Loth) flandrischen Leimes und eben so viel weiße Seife werden am Feuer in einer
Pinte (0,6339 Wiener Maß) aufgeloͤst, und in dieser Aufloͤsung 2 Unzen
Alaun zugesezt. Man ruͤhrt so lang um, bis dieser aufgeloͤst ist, und
laͤßt die Aufloͤsung kalt werden. Man streicht sie nach dem Erkalten
auf dem Papiere mit einem Schwamme oder mit einem breiten Pinsel auf. (Monit. de
l'industrie Fevr. 1830. Bulletin d. sc. techn. Avril
. 1830. p. 344.)
Betruͤgliche Gewichtsvermehrung des Tuͤrkisch
rothgefaͤrbten Garnes und deren Entdeckung.
Die Tuͤrkischrothgarnfaͤrber pflegen das Gewicht des fertigen Garns
durch eine sogenannte Ueberbeize, welche sie das Prozentiren des Garnes nennen, um
6, 8, 10, 12, 15 bis 20 Prozent zu vermehren und den Abnehmer dadurch absichtlich zu
betruͤgen. Bisher geschah dieses mit einer Mischung von Oel mit etwas Lauge
oder Degraisirbruͤhe. Gegenwaͤrtig wird zu diesem Behufe
Kartoffelsyrup von Fabrikanten ausgeboten und angewendet. Die erste Art der
Gewichtsvermehrung entdekt man, wenn ein vorher genau bestimmtes Gewicht, etwa
hundert Gewichts-Theile roth gefaͤrbtes Garn in schwacher Lauge oder
Potaschenaufloͤsung tuͤchtig gewaschen und darauf in Wasser gut
ausgewaschen und getroknet wird, wo das abgaͤngige Gewicht als absichtliche
Gewichtsvermehrung zu berechnen ist; denn das nicht prozentirte Garn verliert durch
Waschen in Lauge nichts von seinem Gewichte. Die zweite und neuere Art der
bezuͤglichen Gewichtsvermehrung entdekt man durch Auswaschen in heißem
Wasser. Man ist berechtigt dem Verkaͤufer solchen Garnes so viel an Prozenten
des Betrags in Abzug zu bringen als das Garn durch den einen oder den andern Versuch
an Gewicht verloren hat. Dieses Prozentiren belebt und erhoͤht auch noch die
Farbe, und es erhaͤlt selbst schwaches Roth durch das Prozentiren mit Oehl
oder einer oͤhligen Verbindung ein satteres Ansehen, das aber verschwindet,
wenn die mit solchem Garne erzeugten Fabrikate gewaschen werden.
Morel's Hygrodopage, oder Korkzieher fuͤr
Champagner und Weißbier.
Nach einem Berichte des Hrn. Robert vor der Société d'Economie
industrielle im Journ. d. connaissances usuelles, Avril, 1830., und im Bulletin d. Scienc. technol. Avril, 1830., S. 148., ist
der schlechte englische Korkzieher zum Entpfropfen der Champagnerflaschen, durch
welchen das Herausfahren des Weines verhindert werden soll, auch in Frankreich
bekannt. Es hat Jemand in Frankreich eine Verbesserung desselben patentiren lassen,
die auch nicht viel werth ist.
Hr. Morel der juͤngere, ein sehr geschikter
Uhrmacher zu Paris, hat nun einen neuen Korkzieher fuͤr Champagner und
starkes Bier erfunden, der ganz vorzuͤglich seyn soll, und der die Flasche
ohne allen Verlust der Fluͤssigkeit mit vollkommener Sicherheit leeren
laͤßt. Beschreibung ist a. a. O. keine gegeben, und die Weinhaͤndler
und Wirthe, welche mit Champagner Geschaͤfte machen, werden gut thun, wenn
sie sich diese, wie man sagt, herrliche Erfindung von Hrn. Morel dem juͤngern kommen lassen. Unsere wakeren Nuͤrnberger
werden sie uns dann auch bald gut und wohlfeil liefern.
Ueber das fluͤchtige Oehl in den bittern
Mandeln,
haben Hr. Robiquet und Voutron neuerlichst Versuche angestellt und gefunden, 1.
daß dieses Oehl in Folge eingesogenen Sauerstoffes in, Benzoe-Saͤure
verwandelt wird; 2. daß dieses fluͤchtige Oehl in der Mandel nicht
vorlaͤufig vorhanden ist, und daß Wasser zu seiner Bildung noͤthig
ist; 3. daß die Benzoe-Saͤure nicht vorlaͤufig in dem
fluͤchtigen Mandeloͤhle vorhanden ist; 4. entdekten sie eine eigene
krystallinische weiße Masse, die geruchlos, in Beruͤhrung mit der Luft
unveraͤnderlich, bitter schmekend, vollkommen wie bittere Mandeln,
hoͤchst aufloͤsbar in Alkohol und durch Erkaltung in
strahlenfoͤrmige Nadeln krystallisirbar ist, und die endlich, mit kaustischer
Potasche-Aufloͤsung erhizt, einen ausgezeichneten
Ammonium-Geruch entwikelt; 5. fanden sie, daß die Amygdaline (so nennen die Herren diese Masse oder diesen Stoff) die
einzige Ursache der Bitterkeit der bittern Mandeln, und einer der Bestandteile, des
fluͤchtigen Oehles ist. (Journal d. Pharm.
Jul. 427.)
Hrn. Soames's Kerzen aus
Kokosnuß-Oehl.
Das London Journal of Arts gibt in seinem neuesten Junius-Hefte das Patent des Hrn. Soames's d. juͤng. auf Kerzen aus
Kokosnuß-Oehl, welches wir bereits im 2. Mai-Hefte, 36. B. S. 272. aus
dem Repertory geliefert haben. Es fuͤgt jedoch
bei, daß der Redacteur solche Kerzen gesehen, und sie sehr schoͤn und gut
gefunden hat.
Das Licht ist heller, als von gleich starken Talgkerzen; die Flamme ist vollkommen
farbenlos, und der Docht bleibt waͤhrend des Brennens frei von aller Asche
und von allen Auswuͤchsen. Sie geben keinen Rauch und auch nicht den
mindesten unangenehmen Geruch von sich, so lang sie brennen, und selbst sehr wenig,
wenn man sie ausloͤscht. Sie sind weißer als die Kerzen aus dem reinsten
Talge, scheinen laͤnger und gleichfoͤrmiger zu brennen, und laufen
nicht im Mindesten ab, selbst wenn sie der Zugluft ausgesezt sind, oder wenn man mit
denselben auf der Treppe auf und nieder geht. Der Preis ist, so viel wir
hoͤren, 10 Shillings (6 fl.) fuͤr 12 Pfund; allerdings hoͤher,
als fuͤr Talgkerzen) dafuͤr sind sie aber auch um Vieles besser. Das
Kokosnuß-Oehl, das uͤbrig bleibt, brennt so hell wie die Kerzen aus
demselben, und kommt nicht theurer als Wallrathoͤhl. (Fuͤr Holland,
das Kokoswaͤlder besizt, ist diese Benuͤzung wichtig.)
Thierische Kohle aus Weinhefen und Essigmutter.
Wenn man Weinhefen und Essigmutter dem Einflusse der warmen Sommerluft aussezt, so
geht sie sehr bald in faule Gaͤhrung uͤber, und es erzeugt sich in
derselben eine ungeheuere Menge von Wuͤrmern. Wenn man nun diese
Wuͤrmer herausnimmt, in einen Cylinder von Blech oder Gußeisen gibt, und
verkohlt, so erhaͤlt man eine eben so brauchbare thierische Kohle, als jene
aus Knochen. Ich habe den Versuch angestellt, und war damit zufrieden. Pajot Descharmes in der Bibliothéque physico-économique, Août. 1829.
p. 83. Bulletin d. Scienc.
technol. Maͤrz 1830. S. 215. (Es scheint, daß man diese thierische
Kohle aus mehreren in so vieler Hinsicht schaͤdlichen Insecten auf dieselbe
Weise wird bereiten koͤnnen. Wenn der Bauer wissen wird, daß Fabrikanten ihm
fuͤr das Pfund Kaͤfer und Wuͤrmer auch nur 1 kr. geben, wird er
sie centnerweise damit versehen koͤnnen, wird seinem Obst- und
Kuͤchengarten und Krautaker durch fleißigere Reinigung von Insecten noch mehr
nuͤzen, als durch das Geld, das er aus dem Verkaufe der Insecten gewinnt, und
wird die kostbaren Knochen [den besten Duͤnger!] seinen Feldern erhalten
helfen.)
Gerinnen der Milch, mittelst thierischer Kohle und
Glas.
Hr. Tonery, Apotheker zu Sologniac, fand daß Milch
gerinnt, wenn man sie eine laͤngere Zeit uͤber mit thierischer Kohle
kocht. Dieß scheint bloß durch mechanische Wirkung zu geschehen, denn sie gerinnt
auch, wenn man sie mit fein gestoßenem Glase kocht. (Journ.
d. Pharm. Juill. p. 426.)
Ueber Schornsteinfegen.
Der deutsche Leser hat aus unseren Blaͤttern, wenn er sie gelesen hat,
gesehen, wie viel in England jaͤhrlich Menschen bei dem Schornsteinfegen
durch Jungen (climbing Boy-System) zu Grunde
gehen. Er weiß, daß zwei menschenfreundliche Gesellschaften in London vorhanden
sind, die diesem Systeme, die Kinder, dem Moloch zu opfern, seit Jahren entgegen
arbeiten, ohne daß die Regierung in England, die fuͤr Geld Alles erlaubt,
ihnen zu Huͤlfe gekommen waͤre. Das Gute geschieht in England nur
durch Private, und folglich sehr langsam. Die Starrkoͤpfigkeit der
Menschenfreunde siegt aber am Ende doch gegen die Hohlkoͤpfigkeit der
Beutelfreunde, in England Clerks, (Schreiber) genannt.
Die Gesellschaft zur Verbannung der Menschenopfer durch
Schornsteinfegen wendete sich neulich an die Directoren des St. George Spitals mit der Bitte, ihr das Kehren der
Schornsteine in dieser Wohlthaͤtigkeitsanstalt mittelst Glass's Maschine (die wir im Polyt. Journ. B. XXXIII. S. 223 beschrieben und abgebildet
haben) zu gestatten. Sie erhielt zur Antwort: „Es soll ein unparteyischer
Versuch an allen Schornsteinen des Spitals in Gegenwart des Kaminfegers Bentley vorgenommen werden, und wenn die Maschine
besser fegt, soll es derselben uͤberlassen werden.“ Der
Versuch wurde am 24. April angestellt. Auf der einen Seite stand der Kaminfeger Bentley mit seinem Sohne und drei Jungen; auf der anderen
die HHrn. Glaß und Day, als
Abgeordnete der Gesellschaft, nur mit zweien ihrer Leute. Die feindlich gegen
uͤber stehenden Parteien kamen darin uͤberein, daß der erste
Schornstein mit Glass's Maschine gekehrt werden sollte,
und daß hierauf einer von Hrn. Bentley's Jungen
nachsteigen und sehen soll, wie viel er noch herunter zu krazen und zu kehren
vermag. Am zweiten Schornsteine sollten Hrn. Bentley's
Jungen zuerst hinauf, und die Maschine sollte dann nachkehren, u.s.f. bei allen 18
Schornsteinen des Spitals. Das Resultat war ganz entschieden fuͤr die
Maschine, indem alle Augenzeugen sahen, daß der Ruß, welchen die Jungen nach der
Maschine noch herabbrachten, um ein Fuͤnftel weniger betrug, als die Maschine
nach den Jungen noch aus den Schornsteinen herabbrachte. (Vergl. Mech. Mag. N. 355. 29. Mai, S. 223.)
Den Rauch in den Schornsteinen niederzuschlagen.
Ein Hr. Thomas schlaͤgt zum Niederschlagen des
Rauches in den Schornsteinen vor, Wasser aus Reihen von Asbestfasern oder dicht an
einander stehenden Drathen, die im Schornsteine angebracht sind, in den Schornstein
herabregnen zu lassen. Allerdings wird dadurch der Rauch herabgedruͤkt
werden, wie dieß der Fall ist, wenn es in den Schornstein wirklich einregnet;
allein, wer wird dann unten bei dem Feuer arbeiten koͤnnen? Man muͤßte
nur dem Schornsteine zwei Schenkel geben, einen schief aufsteigenden, durch welchen
der Rauch hinaufzieht, und einen senkrechten, durch welchen man einregnen
laͤßt. (Vergl. Mechan. Magaz. N. 359. 26. Jun. S.
278.)
A la Pauli Flinten verbessert von Hrn. Lafaucheux.
Diese Flinten à la Pauli, nachdem sie von den
HHrn. Roux und Pichereau und
zulezt von Hrn. Lafaucheux verbessert wurden, sollen eine
ganze Revolution in dem Baue der Jagdflinten hervorgebracht haben, und alle
gewoͤhnlichen Gefaͤhrlichkeiten bei denselben vollkommen beseitigen.
Die Notiz, welche sich von derselben im Bulletin d. Scienc.
techn..,
April, S. 359. befindet (wo auf das in Deutschland so
wenig bekannte Journal des forêts, T. I. 1829.
p. 58., Annal. marit. et
colon. Sept. Oct. 1829. p. 523. verwiesen
wird), reicht nicht zu, unseren Lesern einen deutlichen Begriff hiervon zu geben. Da
Jagdliebhaber gewoͤhnlich zu den muͤßigen reichen Leuten
gehoͤren, so koͤnnen sie sich, wenn sie die Gefahren der Jagd
vermindern helfen wollen, wohl eine solche à la
Pauli
Flinte nach der neuesten Verbesserung des Hrn. Lafaucheux zu
Paris, rue J. J. Rousseau N. 3. kommen lassen,
oder irgend ein gewerbfleißiger deutscher Buͤchsenmacher kann sich dieselbe
von Hrn. Lafaucheux verschreiben, und sie fuͤr
seine deutschen Landsleute gewiß eben so gut und wohlfeil verfertigen, als sie zu
Paris gemacht wird.
N. Amerikanische Thuͤrfeder.
Eine 10 bis 12 Zoll lange Feder wird in den hinteren Theil des Thuͤrstokes, an
welchem sich die Thuͤrangeln befinden, in eine zu diesem Ende vorgerichtete
Vertiefung eingelassen. Die Feder ist an ihrem unteren Ende befestigt, an ihrem
oberen Ende hakenfoͤrmig gekruͤmmt, und daselbst mittelst einer kurzen
Stange mit einem Buͤgel im Falze der Thuͤre verbunden. Wenn die
Thuͤre geschlossen ist, zieht die Feder sich gegen das untere Ende der
Vertiefung zuruͤk; wenn sie offen ist, naͤhert sie sich gegen die
Kante des Thuͤrstokes, und wirkt auf die Thuͤre. (Aus dem Franklin Journal, im Register of
Arts. Jun. 1830.
Lampenbrillen.
Ein sinnreicher Mechaniker in der Nachbarschaft von Hull hat eine kleine Lampe
erfunden, die sich an einer eigenen Art Brillen befestigen laͤßt, und von
welcher das Licht mittelst eines Reflectors auf das Buch, welches man liest, so
geworfen wird, daß dieses der einzige Gegenstand ist, welcher in der Dunkelheit der
Nacht erleuchtet ist. (Globe. Galignani. N. 4766.)
Schottische Manier die Lachse einzusalzen (Salaison à l'écossaise). Von Hrn. Van der Toen.
In der Description des Brevets T. XIV. S. 305 (auch im
Bulletin d. l. Soc. d'Encouragement, Juin, 1828. S.
196, Bulletin d. Sc. techn. Avril 1830, und in den Annal. marit. et colon Sept. Oct. 1829 findet sich die
Patent-Methode des Hrn. Van der Toen aus
Gertruydenburg (bei Ferrussac ist er falsch Vandertoon gedrukt) auf folgende Weise beschrieben:
Man faͤngt damit an, daß man die Lachse auf das Sorgfaͤltigste von dem
Blute reinigt, das sie enthalten, und beginnt mit den minder frischen zuerst. Man
oͤffnet sie vom Kopfe bis zum Schweife laͤngs dem Ruͤken, so
daß die beiden Haͤlften des Fisches nur am Bauche vereint bleiben. Wenn die
Lachse sehr groß sind, so nimmt man einen Theil des Ruͤkgrates heraus, und
macht Einschnitte in das Fleisch zu jeder Seite, damit das Salz
gleichfoͤrmiger und schneller eintritt. Sobald dieß geschehen ist, gibt man
die Lachse in Kufen, die mit sehr reinem frischen Wasser gefuͤllt sind, und
nachdem sie einige Zeit uͤber in denselben gelegen sind, reinigt man ihre
Blutgefaͤße neuerdings von allem Blute und Safte, der sich noch in denselben
findet und Faͤulniß hervorrufen koͤnnte.
Wenn nun die Lachse gehoͤrig gereinigt sind, salzt man sie mit nicht
gereinigtem Salze (sel non raffiné), das so stark
als moͤglich ist, in großen Bottichen. Man legt Anfangs drei (Zentimeter (13
1/2 Linie) hoch Salz auf den Boden eines jeden Bottiches, und laͤßt zwischen
jedem Lachse einen Zwischenraum von 3 Centimeter Salz, so daß man auf 2 1/2 Tonne
Lachs ungefaͤhr Eine Tonne Salz braucht. Die Fische muͤssen ganz und
gar in Salz eingegraben seyn, bis ungefaͤhr auf ein Meter (3 Fuß) hoch, ohne
daß man sie mehr belastet. Erst nach 5–6 Tagen, wenn sie aus sich selbst die
Lake gebildet haben, legt man Bretter auf, die man mit so viel Gewichten beschwert,
daß sie unter der Lakse (Salzbeize) bleiben.
Nachdem die Lachse 15 Tage lang in diesem Zustande blieben, reinigt und salzt man sie
neuerdings, und gibt sie in Faͤsser, die ungefaͤhr 150 Kilogramm
halten. Man legt nicht zu viel derselben in jedes Faß, damit Raum fuͤr das
auslaufende Fett bleibt. Man sorgt genau dafuͤr, daß oͤfters, zumal
Anfangs, neue Lake zugesezt wird, die das Fett aufnimmt, und den Fisch dann auch
gesalzen uͤber die Meere schwimmen laͤßt.Die deutschen Alpenseen vom Bodensee bis zum kleinen Erlasee in der
Nachbarschaft von M. Zell, eine Tagreise von Wien, sind reich an den
koͤstlichsten Lachsarten; mit Ausnahme derjenigen im Bodensee wird
aber nirgendwo gesalzen, sondern bloß geraͤuchert. Da in den
Laͤndern, in welchen diese Seen gelegen sind, auch zugleich reiche
Salinen in der Naͤhe dieser Seen sich finden, koͤnnte es
auffallend seyn, daß man daselbst von dem Salze bei dem Fischfange gar
keinen Gebrauch macht, wenn man nicht wuͤßte, daß durch die
Einfaͤltigkeit und Unwissenheit der Salzschreiber das Salz in einem
Preise gehalten wird, welcher den wohlthaͤtigen Absichten der
Regierungen eben so entgegen ist, als dem landwirtschaftlichen und
industriellen Interesse des Volkes. Bis nicht die Finanzminister ihre
Salzschreiber einsalzen lassen, werden sie keine gesalzenen Lachse aus ihren
Seen auf ihrer Tafel haben. A. d. Ue.
Verbesserung der Weine durch Syrupe und Zuker.
Unsere Leser werden sich vielleicht erinnern, daß wir im vorigen October im XXXIV.
Bd. S. 79. den Winzern riethen, um den Essig, der im J. 1829 gekeltert wurde, in Wein zu verwandeln,
dem Traubenmoste Zuker oder Syrup zuzusezen. Wir wissen, daß dieser wohlgemeinte
Rath von gewissen Herren, die sich fuͤr Weinkenner halten, mit Hohn als
sogenannte Panscherei zuruͤkgewiesen, und auf Burgunder, Bordeaux etc.
hingedeutet wurde, „wo keine solche Panscherei gemacht wird.“
Fuͤr diese gnaͤdige Herren, so wie fuͤr den deutschen Winzer,
der besseren Wein keltern will, als er aus seinen Trauben nicht erhalten kann,
uͤbersezen wir nun folgende Stelle aus dem Agriculteur
manufacturier, Mai 1830. S. 90 und Bulletin d. sc.
techn. Avril S. 338.
„Man bedient sich in Burgund sehr haͤufig zukerhaltiger
Koͤrper, um dem Burgunder mehr Staͤrke und Feinheit zu geben.
Rohrzuker, Runkelruͤbenzuker, Traubenzuker, Syrup wird zu diesem Ende
haͤufig angewendet. Man vermehrt durch diese Zuthat fuͤr jeden
Fall die Menge des Alkohols (den Geist, die Staͤrke) im Weine ganz
ungemein. Wenn man Syrupe anwendet, so duͤrfen diese keinen Rebengeschmak
haben, und in dieser Hinsicht ist der Erdaͤpfelsyrup, der oͤfters
einen bitteren Nachgeschmack hat, weniger zu empfehlen. Rothe Weine erlauben die
Anwendung gefaͤrbter Syrupe, nicht aber die weißen. Man verkauft bei
dieser Behandlung des Mostes Weine, die man kaum um 40 Franken anbringen
wuͤrde, fuͤr 60 Franken.“
Verminderung der Zukersteuer in England.
Der Finanzminister Englands hat an der Zukertaxe ungefaͤhr 200,000 Pfd.
Sterling nachgelassen. Dafuͤr weiß ihm aber, wie wir aus allen englischen
Zeitschriften, ersehen, Niemand Dank, indem das alte Unheil auf den armen Colonisten
in Ost- und Westindien liegen bleibt und England in Gefahr ist, seinen
Zukerhandel zu verlieren. Wir wollten fuͤr unsere Leser die Debatten, die 6
Stunden lang das Unterhaus beschaͤftigten, und die in Galignani mitgetheilt sind, uͤbersezen, konnten aber aus allem dem,
was der Chancellor of the Exchequer und Hr. Huskisson
uͤber diesen Gegenstand plauderten, nicht klug werden, obschon wir drei Mal
das Geschwaͤz durchlasen, und warfen das Blatt mit Unwillen weg. Zn unserem
Troͤste fanden wir in Galignan. N. 4771, daß es
anderen Leuten, die mehr von der Sache verstehen, wie wir, in England selbst um kein
Haar besser ging, als uns. „Es ist ein merkwuͤrdiger
Umstand,“ heißt es a. a. O. aus dem Herlad,“ den man wohl nie mehr in der
Geschichte Englands vergessen wird, daß, nach einer sechs Stunden langen Debatte in
der gesezgebenden Versammlung des groͤßten Handelsvolkes in der Welt der
Praͤsident der ersten Handelsgesellschaft dieses Volkes sich dahin
aͤußerte: „daß er jedem Dank wissen
wuͤrde, der im Stande waͤre ihm zu sagen, woruͤber die
gnaͤdigen Herren eigentlich geschwaͤzt haben.“
Dieß ist das heutige Parliament Englands!
Runkelruͤbenkaffee. (!¡!)
Die Cichorienkaffee-Fabrikanten in der Naͤhe von Valenciennes kauften
dieß Jahr von den Runkelruͤbenzuker-Raffineurs daselbst alle kleinen
Runkelruͤben, die nicht fuͤglich zerrieben werden konnten und auch die
Reste (Schwaͤnze etc.) der groͤßeren. Sie bereiten daraus Kaffee auf
dieselbe Weise, wie sie ihren Cichorienkaffee bereiten. (L'Agriculteur manufacturier,
Mai, S. 74. Bullet. d. Scienc. techn. Avril 1830. S.
338.) – Wir betrachten diesen neuen Zweig der, Industrie als ein wahres
Ungluͤk sowohl fuͤr die Menschheit, die hier wieder auf eine neue
Weise um ein gutes Nahrungsmittel geprellt wird, als fuͤr die
Runkelruͤben selbst, die dadurch, daß man das Unmoͤgliche von ihnen
fordert, in Gefahr sind, ihren Credit auch fuͤr das zu verlieren, was sie
wirklich zu leisten im Stande sind.
Ein- und Ausfuhr in Frankreich vom Jahre 1716 bis
1829.
Textabbildung Bd. 37, S. 225
Jahre des Krieges oder Friedens:
Periode von: Einfuhr: Ausfuhr: Revolution; Friede; Restauration
Eine Periode von 114 Jahren, in welcher nur die Jahre der Revolution ohne Ausweis
bleiben, so daß also eigentlich fuͤr 106 Jahre die Uebersicht so steht:
Ausfuhr:
11,993,318,494 Franken.
Einfuhr:
10,207,123,681 –
–––––––––––––––––––––––––––––––
Mehr
ausgefuͤhrt:
1,786,194,813 Franken.
Jaͤhrlicher Ueberschuß der Ausfuhr uͤber die
Einfuhr im Durchschnitte von 106 Jahren: 16,850,994 Franken. Galignani N. 4765. –
Es erhellt ferner, daß, da in den Friedensjahren von 1716–20 der
fuͤnfjaͤhrige Durchschnitt der jaͤhrlichen Ausfuhr 21,243,200
Franken betraͤgt, und derselbe im Jahre 1825 sich bis auf 802,311,662 erhebt,
die jaͤhrliche Ausfuhr in 105 Jahren um mehr als um das Sieben und
dreißigfaͤltige sich gehoben hat. Indessen sehen wir, daß so, wie
fruͤher in den Friedens-Jahren unter schlechten Ministern von 1787 bis
1789 die Einfuhr die Ausfuhr uͤbertraf, so jezt wieder unter den deplorablen
Ministern die Einfuhr die Ausfuhr uͤbertrifft, am Ende eines
14jaͤhrigen Friedens. Im alten Frankreich, vor der Revolution und vor
1787–89, hat selbst im Kriege die Ausfuhr die Einfuhr immer
uͤbertroffen.
Ueber den Zustand der Industrie im noͤrdlichen
Holland.
Einige Journale der armen Belgen, die von den Zeiten Tacitus bis auf unsere Tage bei ihrer Gutmuͤthigkeit immer der
Spielball schlechter Intriganten gewesen waren, so wie sie gegenwaͤrtig
wieder der Kreisel der Theo-Demokraten, der liberalen Jesuiten und der
jesuitischen Liberalen, und der allerheiligsten Congregation zu Paris sind,
erlaubten sich (das „non debet, cui plus licet,
quod minus est, non licere,“ ist ein altes Juristen-
und Jesuiten-Axiom) einige schiefe Blike auf die Industrie des
noͤrdlichen Hollands, auf den aͤltesten und schoͤnsten Stamm
deutscher Geistesgroͤße zu werfen. Das Algemeen
handelsblad und der
Industriel Belge scheucht diese roͤmischen
Kraͤhen, denen die batavische Preßfreiheit ihre Rabenzunge geloͤst
hat, in ihre alten Klostermauern zuruͤk, die sie gern neu zu ihrer
Maͤstung erbauen moͤchten.
Die Bataver, die einst den Welthandel in ihren Haͤnden hatten, die der
spanischen Weltherrschaft den Stab brachen und die Scheiterhaufen der Inquisition
zerstoͤrten, die England seine heutige Cultur, seine Industrie, seine ganze
Groͤße schenkten, und dafuͤr so britisch undankbar belohnt wurden; die
uͤber ganz Europa das Licht der classischen Welt verbreiteten; sind zwar
nicht mehr das, was sie fruͤher waren, sind aber nahe daran, ihre alte
Groͤße zu erreichen, wenn der Feind, den es sich an seinem entarteten Kinde
erzog, fortfaͤhrt seinem gaͤnzlichen Untergange, wie in den neuesten
Zeiten, entgegen zu rollen. Holland ist noch immer das reiche und das fleißige
Holland, und wo es an Milliarden nicht fehlt, an Fleiß und ruhiger Besonnenheit
nicht gebricht, kann jeder Augenblik das Land zur alten Groͤße heben, wo
guͤnstige Umstaͤnde eintreten: zuweilen wird das Ungluͤk
selbst, wie dieß bei Holland zwei Mal schon der Fall gewesen ist, die Quelle neuen
Gluͤkes.
Holland ist nicht bloß ein Handelsstaat; es ist auch ein akerbauender Staat, und
treibt seine Landwirthschaft, wie es scheint, nach einem richtigeren Grundsaze, als
mancher andere Staat. Es baut seinen Bedarf an demjenigen, was es fuͤr
theueres Geld einfuͤhren muͤßte, es baut, was es mit Gewinn
ausfuͤhren kann, und kauft von dem Gewinne dasjenige, was es nur mit
Nachtheil innerhalb seiner Graͤnzen erzeugen wuͤrde. In welchem Lande
ist die Viehzucht bluͤhender als in Holland? Welches Land erzeugt jaͤhrlich, bei so beengtem und
uͤbervoͤlkertem Flaͤcheninhalte, bei dem ungeheuren Werthe
einer jeden Spanne Landes, die dem Ocean durch die kostbarsten Daͤmme
abgewonnen werden muß, 26 Millionen Pfund Butter, und fuͤhrt, wie das einzige
Friesland, fuͤr 1100000 fl. davon aus? Welches Land erzeugt, bei einer
solchen Buttergewinnung, auf gleichem Umfange, jaͤhrlich 30 Millionen Pfund
Kaͤse? Welches Land fuͤhrt, bei einer solchen Viehzucht, allein nach
England, fuͤr 2 Millionen Grapp aus, und verkauft, aus der Umgegend von zwei
kleinen Staͤdtchen allein (Nykerk und Amersfoort) jaͤhrlich
fuͤr 2 Millionen Tabak nach Frankreich, Frankreich, das die Hollaͤnder
bittet ihren Tabakbau noch mehr zu beleben, damit es seine einfaͤltige
Tabakregie fortsezen kann? Der Hollaͤnder baut nur dort Getreide, wo nichts
Besseres gleichen Ertrag liefert: Seeland versieht Holland mit Weizen, Roten,
Gerste; Friesland und Groͤningen mit Hafer, und was mehr hiervon gebraucht
wird, wird dort gekauft, wo man sich daran arm baut. Eine solche Landwirthschaft ist
nicht so schlecht berechnet, wie sie es in jenen Laͤndern ist, wo Akerbau auf
Kosten der Viehzucht getrieben wird; wo man fuͤr jeden Scheffel Korn, den man
kuͤmmerlich ausfuͤhren kann, Einen Ochsen eintreiben muß, der, bis er
zur Schlachtbank kommt, ein Zehntel seines Fleisches und Fettes auf dem Triebe
verloren hat.
Die Wallfischfaͤngerei und der Heringsfang ist zwar kaum mehr der Schatten von
dem., was er war; er naͤhrt aber noch immer Tausende, und ist noch immer die
Schule der ausgezeichneten hollaͤndischen Seeleute: der Hollaͤnder ist
zwar der langsamste, aber vielleicht der sicherste Seemann in der Welt, weil er der
ruhigste, der besonnenste ist.
Der hollaͤndische Wachholderbrantwein (génièvre) ist noch immer ein Gegenstand des Welthandels, und
das kleine Staͤdtchen Schiedam zaͤhlt
allein 190 solche Brennereien.
Amsterdam ist noch immer im Besize seiner
Borax-Raffinerien, und wenn seine Kampher-Raffinerien in neueren
Zeiten durch die franzoͤsischen Raffinerien litten, so ist sein Kampher doch
noch immer der beste in der Welt. Wo ist ein Salpeter, der dem Amsterdamer gleich
kaͤme? Sind nicht alle bisherigen Zinnober-Fabriken hinter den
Amsterdamern zuruͤk geblieben, deren Geheimniß noch immer unverrathen, und
deren Ruhm noch immer unerreicht da steht? Amsterdam hat noch immer, bei aller
Concurrenz des Auslandes, 62 Zuckerraffinerien, die uͤber 40 Millionen Pfund
Zucker des Jahres erzeugen, und viele andere Staͤdte des noͤrdlichen
Hollands haben noch die ihrigen in großer Anzahl, und arbeiten alle reinlicher und
besser, als die belgischen.
Die Wachsbleichen, die unermeßlichen Leinwandbleichen um Harlem, der Blumenhandel
dieser kleinen Stadt uͤber ganz Europa und das westliche Asien, die Industrie
dieses kleinen Staͤdtchens in diesen Zweigen ist noch von keinem andern
Riesenstaate uͤbertroffen.
Die Bleiweißfabriken von Amsterdam, Rotterdam, Schiedam,
Dordrecht, Utrecht, Wormerveer etc. behaupten noch immer ihren alten Ruhm,
und die neueren franzoͤsischen Bleiweißfabriken sind gezwungen, ihr Bleiweiß
unter dem Namen hollaͤndisches Bleiweiß zu verkaufen, und in
hollaͤnder Papier einzupaken, um ihre Waare absezen zu koͤnnen. Den
Utrechter Tournesol hat noch Niemand erreicht, so wie
auch das hollaͤndische Wasch- oder Staͤrkblau noch immer das
beste ist.
Die hollaͤndischen Pulvermuͤhlen verfertigen woͤchentlich
200,000 Pfund Schießpulver, und die hollaͤndischen. Schrote rivalisiren mit
den englischen.
Die hollaͤndischen Tuchfabriken fangen wieder an aufzuleben, so wie die
Baumwollenmanufacturen in allen ihren Zweigen. Das Hollaͤnder feine
Briefpapier haben selbst die englischen Papierfabrikanten noch nicht
uͤbertroffen. Sogar Seidenfabriken werden jezt errichtet.
Die hollaͤndischen Faͤrbereien, Gerbereien, Seifensiedereien,
Glashuͤtten, Toͤpfereien, Pfeifenbrennereien, Salzsiedereien sind noch
immer, was sie waren, und dieß ist genug. (Vergl. Bulletin d.
Scienc. technol. Maͤrz S. 299.)
Was das ist, wenn Stokgelehrte uͤber Industrie und
Handel schwaͤzen.
Hat der Hahn, welcher die Leipziger Messe in den Beilagen der A. Z. jaͤhrlich
zweimal auskraͤht, und uͤber die Jubilate-Messe bis gegen
Michaelis hin, wie uͤber die Michaelis-Messe bis nahe gegen Ostern in
Einem fort kraͤht, in der Beilage zur Allgem. Zeitung Nr. 87. 14. Julius S.
345. laut verkuͤndet. –
Wir sind zwar seit langer Zeit gewohnt, diesen Hahn, der mit aͤchtem
Gokel-Stolze auf seinem Leipziger Miste stundenlang nach den
Weizenkoͤrnchen scharrt, die sich unter demselben verloren haben, nach Art
seiner blechernen Bruͤder auf den, Kirchthuͤrmen und
Hausdaͤchern sich nach allen Winden drehen, und die bunten Federn seines
Steißes bald dem Norden, bald dem Suͤden, bald dem Osten und bald, dem Westen
zukehren zu sehen; indessen hat dieser Wetterhahn sich am 14. Julius in seiner
Wandelbarkeit selbst uͤbertroffen. Er kraͤht a. a. O. wie folgt:
„Viele tausend Nadeln sind (in Sachsen) mit Stikerei in Spizengrund und
Tuͤll beschaͤftigt, und erwerben sich dadurch etwas Brot,
Kartoffeln und Cichorien-Kaffee. Welch ein unberechenbares Unheil, wenn
von England aus auch Maschinen-Stikereien zu uns auf's Festland
kaͤmen.“
Wenn ein Hahn solchen baaren Unsinn kraͤht, so ist es wahrlich an der Zeit,
daß man ihn dem Aeskulap opfert. – Weiß der Gokel nicht, wie viele Tausende
und Tausende von Toͤchtern und Muͤttern armer Familien durch das der
Gesundheit des weiblichen Koͤrpers so hoͤchst verderbliche Stiken vor
der Zeit ihr Grab fanden? kennt er die traurigen Folgen des Drukens der Brust an die
Tambours und Stikrahmen, der Kruͤmmung des Ruͤkgrates, des Sizens Tage
und halbe Naͤchte lang am Stikrahmen nicht? weiß er nicht, daß Bleichsucht
und weißer Fluß und Hysterie, daß Brustleiden aller Art, Krebs von außen, und
Husten, Lungenkrampf, Blutspeien, Lungensucht, Brustwassersucht von innen, daß die
hartnaͤkigsten Krankheiten des Unterleibes, Leber- und
Milz-Erhaͤrtungen, Bauchwassersuchten, Haͤmorrhoiden, daß
Augenkrankheiten aller Art, die meistens in unheilbare Blindheit enden, nebst einer
zahllosen Menge anderer Uebel, die eben so allgemeinen als traurigen Folgen des
ewigen Sizens am Stikrahmen und an den Tambours sind? daß wir dadurch also das
weibliche Geschlecht, den Schoß kuͤnftiger Generationen und Nationen, in
Siechlinge verwandeln, die wieder nur Siechlinge, die ihnen gleichen, in die Welt zu
sezen vermoͤgen? Hat er nie, da er doch selbst in Sachsen lebt, wenn er des
Morgens auf seinem Misthaufen scharrte und kraͤhte und die Fluͤgel
schlug, die leichen- und gespensterartigen Gestalten gesehen, wie sie bleich
und gesenkten Hauptes, hustend und ihr Tuch vor dem Munde haltend, zur Kirche
schleichen, in deren Hofe sie bald fuͤr immer ruhen werden? Diese
gespensterartigen Wesen sind die armen Stikerinnen, deren Jammer und Elend unser
Gokel durch philanthropisches Kraͤhen nach „etwas Brot Kartoffeln
und Cichorien-Kaffee“ fuͤr alle Ewigkeit hinaus
verlaͤngert zu sehen wuͤnscht, damit des Jammers und Elendes kein Ende
werde auf dieser besten Welt. Wenn unser Hahn fuͤr andere eben so gut als
fuͤr sich selbst, Weizenkoͤrner aufscharren wuͤrde, so
wuͤrde er gar bald finden, daß weit mehr, als diese armen Stikerinnen sich zu
ihren Erdaͤpfeln und Cichorien-Kaffee mit der Stiknadel verdienen, den Aerzten,
Wundaͤrzten und Apothekern theils von den armen Stikerinnen selbst, theils
von den Gemeinde- und Stadtkassen, deren Spitaͤlern und
Versorgungsanstalten sie endlich anheim fallen, bezahlt werden muß, und daß hier,
wie uͤberall in der Welt, male parta male dialbuntur.
–
Es ist fuͤrwahr unbegreiflich, wie unser mystirische Hahn, der so sehr auf
Allwissenheit Anspruch macht, so unwissend seyn kann, daß er Englaͤnder
fuͤr Erfinder der Maschinenstikerei auskraͤht. Der Erfinder der
Stikereimaschinen ist ein Deutscher, Herr Heilmann zu
Muͤhlhausen, aus demselben Muͤhlhausen, von welchem unser Gokel so
vornehm kraͤht: „es wundere ihn nur, von dem interessanten Bulletin, welches in Muͤhlhausen erscheint,
noch keinen Gebrauch gemacht zu sehen.“ Man hat an den Hahnen
laͤngst bemerkt, daß, wann sie kraͤhen, sie die Augen dabei
zudruͤken. So mag es nun auch bei dem Leipziger Hahn der Fall gewesen seyn,
denn wenn er die Augen bei seinem Kraͤhen offen gehalten haͤtte, so
wuͤrde er gesehen haben, daß wir schon vor 7 Monaten im Polytechnischen Journale
B. XXXIV. S. 441. von Hrn. Heilmanns herrlicher Erfindung Nachricht gegeben, und von
dem interessanten Bulletin, welches zu
Muͤhlhausen erscheint, den „besten Gebrauch,“ und nicht
„keinen Gebrauch“ gemacht
haben. Wenn Hr. Weber dieß nicht auch that, so ist es
nicht unsere Schuld. Wir haben Hrn. Heilmanns Erfindung
in ihrem ersten Entstehen als eine der groͤßten Wohlthaten fuͤr die
Menschheit gepriesen, und ihm gesagt (a. a. O.), daß sein Name, wo seine Erfindung
(woran nicht zu zweifeln ist), gluͤklich ausgefuͤhrt wird, unter den
Wohlthaͤtern der Menschheit in den Annalen derselben noch nach Jahrhunderten
glaͤnzen wird.“ Wir sagten dabei voraus (a. a. O.): „Es wird
nicht an Leuten fehlen, die in dieser neuen Anwendung von Maschinen auf
Handarbeit ein neues Unheil fuͤr die Gesellschaft finden, und die
Tausende von Stikerinnen in der Schweiz, in Sachsen etc. beklagen werden, die
dadurch brotlos werden muͤssen.“ Und siehe da, der Leipziger
Hahn kraͤht nun wirklich, wie wir 7 Monate fruͤher vorausgesagt haben,
7 Monate spaͤter, aus voller Kehle: „Unberechenbares Unheil! Unberechenbares Unheil!
Wenn der Herzog von Wellington in der dießjaͤhrigen Parliamentssizung das
Elend, in welches er und Huskisson die Industrie in
England stuͤrzte, den Maschinen zuschreibt, so mag man sich dieß gefallen
lassen, ohne ihn, wie Hr. Brougham that, deßwegen ins
Irrenhaus schiken zu wollen. „Fuͤr einen Herzog, und
uͤberhaupt fuͤr einen vornehmen Herrn, ist man bald gescheidt
genug,“ sagte der Freund Josephs des II.,
der selbst ein edler Sprosse eines der aͤltesten graͤflichen
Haͤuser Boͤhmens war, Graf Kinsky, in einem
seiner unsterblichen Werke. Was einem Herzoge zu sagen erlaubt ist, steht darum
nicht einem Hahne zu, frei nachzukraͤhen. Zum Gluͤke haben aber die
Haͤhne ein so schwaches Gedaͤchtniß, daß sie nicht nur nicht wissen,
was sie kurz vorher gekraͤht haben, sondern sogar auch, daß sie
gekraͤht haben: denn nur darum, sagte ein alter Naturforscher, kraͤht
der Hahn so oft, weil er immer vergißt, daß er bereits gekraͤht hat. An einem
aͤhnlichen schwachen Gedaͤchtnisse scheint nun auch der Leipziger Hahn
zu laboriren. Denn, waͤhrend er so eben „Unberechenbares Unheil! Unberechenbares Unheil fuͤr
Sachsen“ kraͤhte, wenn eine Stikmaschine in dieses Land
kommt, preist er es, einige Secunden spaͤter gluͤklich, daß es die
englische Maschine zur Verfertigung der Bobbin-Spizen erhielt.
„Seit kurzem ist es dem erfinderischen Wick
zu Chemnitz gelungen, den aͤchten Bobbinetstuhl so nachzumachen, daß er
sogar in einigen Stuͤken noch mehr leistet, als der englische. –
Er ist mit drei großen Chemnitzer Haͤusern zusammen getreten, und schon
sind mehr als zwoͤlf Muͤhle in voller Arbeit. Ein Stuhl
kloͤppelt 24 Ellen in 12 Stunden eben so schoͤn in Baumwolle, als
in Seide, welches leicht auch fuͤr die Erzeugung der Blonden von
Wichtigkeit ist.“
So sind die gelehrten Wetterhaͤhne heutiger Zeit. Was sie auf einer Blattseite
ein unberechenbares Unheil nennen, preisen sie auf der Ruͤkseite desselben
Blattes als das Heil und das Wunder des Landes. Sie haben also mit vielen Worten
eigentlich nichts gesagt, und aͤcht jesuitisch beiden Partheien zugleich
gedient, den herzoglichen Feinden der Industrie und des Aufschwunges des
menschlichen Geistes, und den Freunden der leidenden Menschheit: sie sind
Allerwaͤrts-Freunde, weil sie sich selbst als den Abglanz der Welt
betrachten.
Der Grundsaz, daß Alles, was eine Maschine eben so gut und wohlfeil wie die Hand des
Menschen zu fertigen vermag, durch Maschinen und nicht durch Menschenhand gefertigt werden
muͤsse, wenn man den Menschen zu seiner wahren Wuͤrde erheben, und
nicht zur bloßen Maschine herabwuͤrdigen will, wird ewiglich feststehen: Kein
Hahn wird ihn umkraͤhen, wenn er auch noch so mystisch, und so laut wie die
Trompeten vor Jericho, kraͤhte, das heißt, mystischer und lauter als der Hahn
zu Leipzig. Man darf nicht fuͤrchten, daß diejenigen verhungern werden, die
bisher durch Stiken sich bloß Erdaͤpfel, Cichorien und etwas Brot verdienen
konnten. Wenn es in Sachsen dahin kommen sollte, wohin es in Angelsachsen nicht
durch Uebervoͤlkerung (England koͤnnte noch einmal so viel Menschen
naͤhren, als es zaͤhlt), sondern durch die erbaͤrmlichsten
Geseze, die die Geschichte der Menschheit aufzuweisen hat, durch die
schaͤndlichsten Auswuͤchse des Lehenrechtes bereits gekommen ist; so
wird den Sachsen die Erde im Osten, im Westen und Suͤden eben so offen
stehen, wie den Englaͤndern, den Wuͤrtembergern, den Schweizern, die
jezt die Steppen Rußlands, die Savannen des noͤrdlichen und die Campos und
Llanos des suͤdlichen Amerika, die Karros des suͤdlichen Afrika und
die unermeßlichen fruchtbaren Wuͤsten Neu-Seelands in Paradiese
verwandeln, da sie zu Hause nicht mehr Brot fuͤr sich und die ihrigen finden.
Die Menschen-Rasse, die in Europa als Maschine behandelte,
verkruͤppelte, wird, dem Akerbaue auf jungfraͤulichem Boden wieder
gegeben, sich von ihrem Leiden erholen, wird erstarken, und die spaͤten Enkel
kuͤnftiger Generationen in Nord- und Suͤdamerika im
suͤdlichen Afrika, im mittlern Asien, werden im Schoße der Natur und der
Cultur derselben an Kraft und Staͤrke ihren Urahnen gleichen, die so lang der
Schreken der entarteten Weltgebieter gewesen sind. Naturam
expella furca tamen usque recurret, et mala perrumpet furtim fastidia victrix,
victrix uͤber alle Chimaͤren aller gelehrten Gokel.
Zu den schoͤnsten dieser Chimaͤren gehoͤren unstreitig der S.
701. Nr. 176. aus der Berliner Voß'schen Zeitung referirte hochweise Saz:
„Aber immer und ewig wird nur von dem Staate viel erkauft, wohin viel
verkauft wird.“ Wahrlich herrlich gekraͤht und mit gelehrter
dunkler Tiefheit gesagt: Viel Geld ist zu erhaschen von dem der viel ausgibt. Was
wuͤrde der russische Minister Cancrin darum geben,
sich diese tiefe Finanzweisheit aneignen zu koͤnnen, und welche unermeßlichen
Vortheile koͤnnte Rußland daraus ziehen, wenn es von seinen
aufgezaͤhlten vielen Producten den Englaͤndern, Franzosen und
Deutschen alles das zukommen lassen wuͤrde, was sie gerade nehmen
moͤgen zu den Preisen, die sie gerade dafuͤr geben moͤgen, ganz
nach dem Beispiele der hochweisen deutschen Finanzraͤthe, und dagegen die
Einfuhr aller fremden verarbeiteten Producte mit seinen Gold-Barren bezahlte,
bloß um seine anstelligen und genuͤgsamen Arbeiter nicht mit Production durch
eigenen Kunst- und Gewerbsfleiß, sondern mit Consumtion der fremden
Manufacturen zu beschaͤftigen. Wahrlich, wenn der ganze Kaukasus eine
Goldmasse waͤre, es koͤnnte damit fertig werden, und der Berg bald in
Liverpool, Manchester, London, Paris und sonsten mit allerlei Effigien
bepraͤgt umherrollen.
Die Finanzweisheit eines in Berlin angestellten declamirt und unser Hahn referirt
weiter: „Das unfehlbare Mittel die Ausfuhr aus einem Staate und die
Verwerthung seiner Erzeugnisse zu laͤhmen, ist uͤbermaͤßige
Belastung aller Einfuhr.“ Hochweiser hochgelahrter Hahn, welches von
ihren Gesichtern plappert hier dem gelehrten Collegen in Berlin nach; der Sokrates
oder der Schafskopf? Welcher es auch sey, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen,
und wir stehen zuruͤk, denn solchem tiefsinnigen Urtheile koͤnnen wir
nichts entgegen sezen. Zwar haben wir von einem Kinde gelesen, das mit Sehorganen
geboren worden seyn soll, in denen sich alles verkehrt spiegelt. So auch
muͤssen unsere geistigen Sehorgane und alle die derer, die uns die Geschichte
einiger Jahrhunderte lieferten, bisher beschaffen gewesen seyn. Warum hat doch der
Finanzweisheitsmann nicht eher gekraͤht. Wir wissen nun erst, daß England,
seit es sich mit dem eisernen Harnisch der Prohibitionen umguͤrtete, nichts
mehr ausfuͤhrte; daß seine Flotten verfaulten, daß es Maschinen erfinden
mußte, um die Thaͤtigkeit seiner Arbeiter zu vermindern, denn seine Producte
konnte es nicht los werden, weil es nichts einfuͤhren ließ. Wir wissen nun,
daß Frankreich, seit es die unter Colbert zuerst
versuchten Prohibitionen ausgebildet, und auf die 38 Hauptgegenstaͤnde des
Manufacturhandels ausgedehnt hat, nichts mehr exportirt. Seine Weine, seine
Suͤdfruͤchte, seine Seidenstoffe, seine zahllosen Pariser Niaiserien
sind vergessen in der uͤbrigen Welt. Sein Wohlstand sinkt, der Grundbesiz
verliert taͤglich am Werth; seine Fabrikstaͤdte verfallen, seine Canaͤle
vertroknen. O tiefsinniger Finanzrath! warum haben wir so verkehrte Augen; warum
koͤnnen wir unsere Denkkraft nicht auf eine solche hohe Stufe schrauben, um
so durchdringend absurd zu werden!
Warum sind wir so ungluͤklich, tief unter der Nacht des großen, unermeßlich
verwirrten Chaos, das der Weltverkehr vor unseren geistigen Augen bildet, alle
Quellen, in denen die edlen Metalle den Reichthum, die Kraft und die Fuͤlle
der Nationen verfuͤhren, hinuͤber auf die britischen Inseln,
hinuͤber nach Galliens Provinzen fließen zu sehen, waͤhrend sie doch,
wie Ew. Wohlgeborne Weisheit uns erkennen lassen, umgekehrt stroͤmen.
Wahrlich wir koͤnnen uns nur bedauern und schweigen, und uns damit
troͤsten, daß die hier angezogenen Grundsaͤze gerade so
zuverlaͤssig sind, als etwa alle Berichte aus dieser Quelle uͤber die
Leipziger Messe, worin sogar, wie es in den vorlezten Meßberichten geschah,
Fabrikanten als anwesend bezeichnet, und ihre Waaren einem kritischen Urtheile
unterworfen wurden, welche, obwohl sie fruͤher die Messen Leipzigs besucht
hatten, dennoch auf jener weder selbst noch in ihren Waaren anwesend waren, und es
nimmer der Muͤhe werth halten sie wieder zu besuchen. Es muß also Referent
damals eine Ausnahme gemacht und die Produkte jener Fabrikanten voraus abgeurtheilt
haben, in der Erwartung, daß ihm das Criterium, wenn es ihm auch auf dieser Messe
nicht so recht zum gruͤndlichen Studium zugekommen war, ja noch
nachtraͤglich eingesendet werden koͤnne.
Weiter heißt es in Ferbers beigezogenem Saze: „Preußen hoͤrte nie
auf die Klagen seiner Fabrikanten, und erschuf erst von 1818 an in seinen
Staaten wahren Gewerbsfleiß.“ Desto schlimmer fuͤr Preußen,
wenn es nie darauf hoͤrte und noch nicht darauf hoͤren will, denn es
beweist dadurch, daß nicht der Schuz der Industrie das Augenmerk seiner
Finanzraͤder ist, sondern eitel Finanzplusmacherei; es will von keinem
absoluten Prohibitivsysteme wissen, sondern nur Zoͤlle haben und seine
Fabriken immer in Schach halten, damit sie gewissen Leuten ja nicht uͤber den
Kopf wachsen. Und doch, was waͤre die Industrie des alten Preußen ohne seine
Prohibitionsmaßregeln unter Friedrich II.? Wuͤrde es wohl seitdem einen Faden
Baumwolle verwebt haben? Gebe Gott, daß sich einst bei der endlichen Gesammteinigung
Deutschlands andere Ideen der administrativen Machthaber bemaͤchtigen, und
man endlich die deutsche Industrie gegen die nachtheilige Willkuͤhr des
Auslands schuͤze, oder dieses zwinge auch den deutschen Producten Zutritt zu
vergoͤnnen. Preußen und Bayern umklammern Sachsen mit ihren Zoͤllen,
was kann Sachsen dabei thun? So fragt unser Gallus
Lipsiensis, ohne daß sein Sokrateskopf ihm die Antwort zufluͤstert:
seine antike stoͤrrische Regierung so lange belagern, bis es an Preußen oder
Bayern sich anschließen darf, und wieder waͤre ein Schritt zur Vereinigung
Deutschlands geschehen; und wuͤrden dann scharfe Waffen gegen das Ausland
gewendet, so wuͤrde wohl endlich unsere Industrie Schuz gegen die
laͤcherlich wohlfeilen englischen Lumpenfabrikate und die Judenherrschaft
finden koͤnnen. Ob dann Leipzigs und Hamburgs Schacherer, die sich der
zaͤrtlichen Sorgfalt der weisen saͤchsischen Regierung so sehr zu
erfreuen haben, die verlegenen englischen Kattune an die Asiaten losschlagen
koͤnnen oder nicht, wird wenig Interesse bieten, und um so weniger, als diese
Maͤklerei des englischen Troͤdels und der Handel an jene Asiaten
uͤberhaupt fast nie einigen Gewinn bringt. Warum also soll Deutschland seine
Zeit und Muͤhe vergeuden, den Englaͤndern den Umsaz ihrer Waaren zu
bewerkstelligen?
Verschließt ihnen unsere Hafen und seht, was dann aus all den verworfenen Lordhips
und ihren Hunderttausenden werden wird, die sie von der Welt erpressen,
waͤhrend sie ihre armen elenden Unterthanen Hungers sterben lassen. Dem
englischen Volke selbst waͤre damit ein groͤßerer Dienst geleistet,
als die Franzosen den Arabern durch ihre Befreiung vom tuͤrkischen Joche
leisteten. Die deutsche Industrie aber wuͤrde nach einem einzigen Jahrzehend
kraͤftigen Schuzes selbst noch Kraft genug entwikeln, in Leipzig einen
Weltmarkt zu bilden, der den englischen Tyrannen wohl auch noch bange machen
koͤnnte. So lange aber keine ernste Maßregeln der Art ergriffen werden, so
lange die Spaltungen Deutschlands fortbestehen werden, so lange die Stubengelehrten
am Ruder der Staaten den Declamationen des absoluten Handels, des ewigen Feindes der
Industrie in seiner Naͤhe, nur allein Gehoͤr geben, von Monopolisten
der Fabriken traͤumen, waͤhrend sich diese in gegenseitiger Concurrenz
zu Tode balgen – und der deutsche Handel selbst bei theurerern Preisen fremde
Waare vorzieht, – so lange sie von Reciprocitaͤt des freien Handels
traͤumen, und sich in ihre Abstraktheit so weit vertiefen, daß sie nur einen gegenseitigen
Waarentausch im Auge behalten, die Existenz des Tauschmittels, Geld, aber ganz
ignoriren, so lange man nicht einsehen wird, daß Handel von selbst erscheint, wo
Industrie bluͤht, und jener ohne die leztere nur Verarmung hervorbringt,
– so lange, sagen wir, wird Deutschland andern Nationen nachstehen
muͤssen, und sich der Handelstyrannei des Auslands nicht entziehen
koͤnnen. Denn falsch und absurd ist die Idee der Stubengelehrten, daß nur bei
freiem Handel Reciprocitaͤt Statt finde, widerlegt durch
hundertjaͤhrige Erfahrung, die uns zeigt, daß England troz seiner famosen
Schifffahrtsakte, troz seiner enormen Zoͤlle die Welt mit seinen Manufacten
uͤberschwemmt; daß Frankreich troz der Prohibirung der 38
Haupthandelsartikel, dieselben und zahllose andere nach Deutschland
verfuͤhrt; daß Oesterreich troz seiner Prohibitionen nun anfaͤngt als
Verkaͤufer da zu erscheinen, wo man es fruͤher nur als Kaͤufer
zu sehen gewohnt war. Aber alle diese Erfahrungen sind verloren fuͤr unsere
38 Finanzcollegien, die sich unmoͤglich das Vergnuͤgen berauben
koͤnnen, der deutschen Industrie ihre 38 Zuͤgel und zahllosen
Nebenzuͤgelchen anzulegen, um sie wie eine Marionette daran springen zu
lassen.
Obschon wir ihnen das Vergnuͤgen nicht im Mindesten goͤnnen,
muͤssen wir uns doch einstweilen damit begnuͤgen, alle ihre falschen
Grundsaͤze, alle die Chimaͤren ihrer Helfer und Speichelleker mit
unerbittlicher Strenge zu verfolgen, in der Erwartung, daß der Zeitgeist und die
Notwendigkeit auch endlich jene mit deutscher langweiligen Bedaͤchtlichkeit
nachhinkenden Collegien an sich ziehe, und mit der naͤchsten Generation auch
neue, bessere Ideen in dieselben Eingang finden moͤgen.
Verfall des Wohlstandes der akerbauenden und industriellen
Classe in England.
„Wir koͤnnen mit Wahrheit sagen,“ heißt es im Standard, „daß es noch nie ein britisches
Parliament gegeben hat, welches sich vier Monate lang so sehr mit eitlem Nichts
beschaͤftigt haͤtte, als das gegenwaͤrtige, was um so
auffallender ist, als die Parliamentssizung des Jahres 1830 ausdruͤklich
mit Allem demjenigen beauftragt war, was in der vorjaͤhrigen Sizung
fuͤr das allgemeine Beste des Landes haͤtte geschehen sollen.
Alles liegt darnieder.“
„Das aͤlteste Mitglied des Parliaments,“ sagt der Herald, „erinnert sich keiner so
muͤßigen Sizung, als die gegenwaͤrtige ist. Die nordamerikanischen
Wilden halten sogenannte „Schwaͤztage,“ und so
koͤnnte man diese Sizungen auch nennen.“ Und in einem solchen
Parlamente, in welchem 63 Mitglieder nicht weniger als 180,000 Pfund aus der
Treasury beziehen, erlaubte sich der Jesuitenknecht und Volksaufwiegler, O'Conell,
am 38. Mai 1830 den Koͤnig von Preußen einen „Despoten von
Preußen“
(Despot of Prussia), und den
Kaiser von Oesterreich „Despoten von Oesterreich“
(Despot of Austria) zu schelten, ohne daß er vom
Sprecher oder von irgend Jemanden zur Ordnung gewiesen worden waͤre. Wahrlich
die Despoten von Oesterreich und Preußen sorgen fuͤr ihre Voͤlker
vaͤterlicher, als kein constitutioneller Koͤnig fuͤr dieselben
sorgen kann und darf, der in den Fesseln der Volkstuͤmlichkeit und des
Jesuitismus geknebelt liegt. O'Conell, dieser Jesuit quarti
voti, erlaubt sich im Parliament die Zierde der heutigen Regenten Europa's
„Despoten“ zu nennen!
Moͤgen die Fuͤrsten hieraus lernen, was sie
von Jesuiten zu erwarten haben, wenn diese in konstitutionellen Staaten Siz und
Stimme bekommen. Vgl. Galignani N. 4750. 4753.
4755.Wie sehr dieses Parliament jezt die Achtung in
England verloren hat, sieht man aus folgendem Artikel in den Times, (Galignani,
N. 4754), zu dessen Erlaͤuterung jedoch vorausgeschikt werden
muß, daß gegenwaͤrtig eilte Unzahl wuͤthender Hunde in London
herumlaͤuft, und viele Menschen taͤglich ungluͤklich
werden, ohne daß die Polizei, deren Stelle das konstitutionelle Parliament
usurpirt hat, davon auch nur die mindeste Notiz nimmt. Dieser Artikel lautet
nun so: „Mittel gegen die Hundswuth.
Nimm einen wuͤthenden Hund, stek' ihn in einen Sak, und binde den
Sak oben fest zu. Nimm dann den Sak, trag' ihn auf die Gallerie des Hauses „(das Haus der
Gemeinen)“
und unterbinde daselbst den Sak noch ein Mal so, daß er bequem auf
die Tafel des Hauses gelegt werden kann. Es wird nicht lang anstehen, so
wird ein Antrag gemacht werden, und eine Stimme sich vernehmen lassen:
„Die Fremden muͤssen hinaus!“ (die
Parliamentsformel: Strangers must with
draw!)“ In einen Augenblike wird, auf diese Zauberworte,
der Hund aus seinem festgebundenen Sake herausschliefen, und uͤberall
im Hause die ehrenwerthen Herrn in die Fuͤße beißen. Man wird dann
„zur Ordnung!“
rufen, und einen Befehl erlassen, daß fortan die gehoͤrige Aufsicht
auf Hunde gehalten werde..
Elend der akerbauenden Classe in England. Lord Radnor, der Retter seiner Unterthanen.
Die gegenwaͤrtige schlechte Witterung in England droht mit
kuͤmmerlichen Ernten aller Art, und Guͤterbesizer und Paͤchter
leiden gleichmaͤßig. Dessen ungeachtet gab der edle Lord Radnor, der bereits vor 2 Jahren alle herrschaftliche
Jagdgerechtigkeit aufhob und seinen Unterthanen erlaubte, alles Wild auf ihren
Grundstuͤken wegzuschießen, neulich, als einer seiner besseren
Paͤchter ihm den halbjaͤhrigen Pachtschilling mit 600 Pfd. (7200 fl.)
auf den Tisch legte, 200 Pfd. (2400 fl.) „wegen der jezigen schweren
Zeiten“ zuruͤk, und behielt nur 400 Pfd. (4800 fl.)
fuͤr sich von dem stipulirten Pachtschillinge zuruͤk. (Globe. Galignani. N. 4767.)
Sinken der Preise der indischen Seide in England.
Obschon gegenwaͤrtig die Pest in Ostindien furchtbar in jenen Gegenden
wuͤthet, wo die beste indische Seide gezogen wird, fiel doch der Werth
derselben so sehr, daß neulich zu London das Pfund indischer Roheseide 13–13
1/2 Shill. kos stete. (Galignani. 4769.)
Baumwollenverkauf in Nordamerika.
Der staͤrkste Baumwollenverkauf, dessen man sich in Nordamerika erinnert,
hatte am 1. April l. J. zu New-Orleans Statt. 7500 Ballen wurden, als Eine
Partie, um 300,000 Dollars von den HHrn. Wilkins u.
Linton an die Hrn. Lockheart und C., Calder Brock und C. in England verkauft. (Courier. Galignani. N. 4764.)
Kupfereinfuhr in Frankreich.
Frankreich hat in 5 Jahren (vom Jahre 1822 bis 1826 incl.) 22,538,537 Kilogramm Kupfer (Ein Kilogramm = 2,13 preuß. Pfund)
eingefuͤhrt: Werth 44,480,596 Franken. (Nouv. Journal
de Paris, 20. Fevr. 1830. Bulletin d. Scienc. technol. Maͤrz, S. 217.) Wir
erinnern uns noch einer Zeit, wo die Franzosen in Oesterreich die Kupferkreuzer, die
unter Maria Theresia gepraͤgt wurden, sammeln, und zu Triest in
Faͤssern ausfuͤhren ließen, weil sie dieselben zum Beschlagen der
Schiffe besser brauchen konnten, als Garkupfer. Oesterreich war damals zu freigebig
in seinem Schlagsaze. Als, spaͤter, in Oesterreich 15 und 30 kr.
Stuͤke aus Kupfer gepraͤgt wurden, die kaum fuͤr zwei bis vier
Kreuzer Kupfer im Schrote hielten, hatten Juden in Preußisch-Polen
Muͤnzwerke errichtet, in welchen 15 und 30 kr. Stuͤke nach Millionen
ausgepraͤgt, und die Oesterreichischen Provinzen mit dieser schlechten
Muͤnze uͤberschwemmt wurden. Es ging Oesterreich damals mit seinen
Kupfermuͤnzen, wie es England jezt mit seinen Silbermuͤnzen ergeht. So
viel kommt auf gehoͤrigen Schlagsaz an, der nie richtig berechnet werden
kann, wenn man nicht das Beduͤrfniß, d.h. den eigentlichen Werth der
verschiedenen praͤgbaren Metalle in verschiedenen Laͤndern kennt.
Theepreise in Nordamerika.
Man wird sich erinnern, daß England sein Nordamerika verlor, weil der Finanzminister
so thoͤricht war, den Einfuhrzoll auf jedes Pfd. Thee in Nordamerika im Jahr
1773 um 3 Pence (9 kr.) zu erhoͤhen und weil das damalige Parliament so
einfaͤltig war, diese ministerielle Thorheit durch eine Bill zu sanctioniren. Waͤhrend zeither England die Theetaxe noch
immer und immer erhoͤhte, sezte der Congreß von Washington den Einfuhrzoll
auf Thee von Jahrzehend
zu Jahrzehend herab. Erst vor Kurzem wurde derselbe neuerdings herabgesezt, so daß
man gegenwaͤrtig folgende Theesorten um folgende erstaunlich niedrige Preise
in bester Qualitaͤt uͤberall in Nordamerika haben kann:
Imperial and Gunpowder
3 Shill.
5
Pence bis
4
Shill.
4
Pence.Ein Shilling = 36 kr. Ein Penny = 3 kr.
Hyson
2 –
7 1/2
–
3
–
9
–
Young Hyson
2 –
0
–
3
–
6
–
Hyson Skin
1 –
0
–
2
–
4 1/2
–
Souehong
0 –
10 1/2
–
2
–
6
–
Bohea
1 –
0
–
1
–
1
–
Liverpool Times. Galignan. N. 4766.)
Jaͤhrlicher Theeverbrauch in England.
England braucht jaͤhrlich 26 Millionen Pfund Thee, und gewinnt daran 3 1/2
Millionen Pfund Sterl. (42 Millionen Gulden) reine
Einnahme. Der Handel mit China ist jezt unterbrochen, und die ostindische Compagnie
hat nur auf Ein Jahr Vorrath. (Herald Galignani. N.
4755.)
Gedeihen der amerikanischen Negercolonie (Liberia) an der Westkuͤste von Afrika.
Waͤhrend die Negercolonien der Englaͤnder zu Sierra Leone und Fernando
Po der Leichenaker der Englaͤnder an der Westkuͤste von Afrika waren
und sind,Wie England seine uͤberseeischen Besizungen heute zu Tage verwaltet,
mag aus folgender Darstellung im Chronicle (Galignani 4765 Suppl.) erhellen: England besizt eine Insel, genannt Prince Edward's Island. Auf dieser Insel wohnt
nun kein Mensch: der Exgouverneur dieser Insel zieht aber an Gehalt
fuͤr seine Gouverneursstelle 500 Pfd. (6000 fl.) jaͤhrlich;
der Advocat, Richter und die uͤbrigen Schreiber dieser beziehen
jaͤhrlich 3000 Pfd. (36,000), und kein einziger dieser Federnfuchser
hat auch diese Insel nur gesehen, vielweniger betreten. Man gab dieser Insel
auch einen Pfarrer, den hochwuͤrdigen Hrn. Griffin, mit reichlichem Einkommen. Dieser wahrhaft
hochwuͤrdige Mann war aber, „so unverschaͤmt ein
Gewissen zu haben,“ und bewies der Colonialadministration,
daß es absurd ist, einen Pfarrer fuͤr eine Insel zu besolden, auf
welcher kein sterblicher Mensch lebt. Man nahm nun einen anderen Pfarrer,
und gab diesem den doppelten Gehalt, den Hr. Griffin von sich wies. So regiert die
Buͤreaukratie in England; und anderswo macht sie's um kein Haar
besser. Sie gibt manchem Pfarrer auch auf dem festen Lande, der kaum 1000
Seelen in seinem Markte so nahe um seinen Pfarrhof hat, daß er jeder
derselben pfeifen kann, 4 bis 10,000 fl., und manchem Pfarrer, der
4–5000 Seelen auf einer Streke von 2–3 □ Meilen
zerstreut hat, 7–800 fl., und verkauft nicht bloß die
Schaͤflein Christi, sondern die Hirten selbst fuͤr Geld und
schoͤne Worte. gedeiht Liberia, welches die Nordamerikaner
fuͤr ihre freigelassenen Neger an der Westkuͤste von Afrika
gruͤndeten, herrlich, und gab den Vereinigten Staaten im vorigen Jahre schon
einen Gewinn von 200,000 Dollars. (Scotsman. Galignani.
N. 4767.)
Gedeihen der alten Colonien in
New-South-Wales.
Man pachtet jezt daselbst 200 Tagwerke um 10 Pfd. (120 fl.) ohne alle andere Abgabe.
Eine Kuh kostet 5 Pfd. (60 fl.); ein fetter Stier 3 Pfd.; ein gutes Schaf 8 Shill.
(4 fl. 48 kr.); Weizen gilt das Bushel 7 Shill. (0,5734 Wiener Mezen 4 fl. 12 kr.);
Thee das Pfd. 2 Shill. (1 fl. 12 kr.); brauner Zuker, das Pfd. 4 Pence (12 kr.) (Chronicle. Galignani. 4767.)
Apostolische Volkscultur in Spanien.
Waͤhrend man in Spanien keinen Heller mehr hat, um einem Soldaten Schuhe zu
kaufen, waͤhrend Akerbau, Industrie, Handel, Kuͤnste und
Wissenschaften zu Boden
getreten sind, findet man noch Geld genug daselbst um eine neue Schule mit zwei
Professoren zu gruͤnden, wovon der eine 12,000, der andere 8000 Realen
jaͤhrlich dafuͤr bezieht, daß er lehrt, wie man Thiere zu Tode martern
kann. Diese neue Schule fuͤr „Tauromaquia“
(Stiergefechte) wurde Anfangs dieses Jahres zu Sevilla gegruͤndet und
eroͤffnet. (Galignan. 4765.)
Ueber Ausbesserung der Alleen, und eine neue Art von
Befriedigung, oder wie man einen Stunden langen Baum ziehen kann.
Die Stuͤrme, welche dieses Jahr auf dem festen Lande von Europa herrschen,
haben, wie wir hoͤren, großen Schaden in den Alleen an den Straßen, und auch
in regelmaͤßig gepflanzten Obstgaͤrten angerichtet. Dieser Schaden ist
um so trauriger, als er, nach der gewoͤhnlichen Weise demselben abzuhelfen,
sich aus Vierteljahrhunderte hinaus erstrekt, und dem Auge sichtbar bleibt. Die
Weise, wie man diesem Schaden bisher abzuhelfen suchte, ist naͤmlich diese,
daß man an die Stelle des alten erwachsenen Baumes einen jungen Baum hinpflanzt,
der, ganz natuͤrlich, eine Reihe von 25 und mehr Jahren braucht, bis sein
Stamm und seine Krone die Hoͤhe und Dike und Groͤße seiner Nachbarn
erhaͤlt. Große alte Baͤume zu versezen, ist auf dem festen Lande seit
Josephs Zeiten nicht mehr Sitte.
Es gibt indessen ein sehr einfaches Mittel, dem Schaden, welcher durch die oben
erwaͤhnten Ereignisse entstand, auf eine kraͤftigere Weise, als
bisher, abzuhelfen; ein Mittel, das die Natur uns alle in jedem Walde lehrt, das
aber bisher nur wenige treue Freunde und Beobachter der Natur von ihr lernten und
benuͤzten. Wir sehen nicht selten, daß der Wind in Waͤldern an den
Baͤumen gerade das Gegentheil von demjenigen thut, was er an frei stehenden
Baͤumen in den Ebenen veruͤbt: waͤhrend er diese abbricht,
macht er jene zusammenwachsen: er reibt die Aeste der nebeneinander stehenden
Baͤume so lang, er reibt die Staͤmme der dicht nebeneinander
aufgeschossenen Baͤume so lang aneinander, bis ihre Rinde wund wird,
bindender Saft (das Cambium) aus derselben hervorquillt,
und dadurch die Aeste und Staͤmme aneinander wachsen, und aus zwei und
oͤfters drei Baͤumen Ein Baum wird.
Dieses bekannte Spiel der Natur hat, unseres Wissens, bisher noch Niemand fuͤr
die Baumzucht benuͤzt, außer ein einziger Mann, der jedoch fuͤr
Garten-Cultur in Europa mehr leistete, als Tausende vor ihm nicht geleistet
haben und Tausende nach ihm nicht wieder leisten werden. Wir meinen hier den großen
Gartenmeister an dem Pariser Nationalgarten unter Napoleon, den verstorbenen A. Thouïn unsterblichen Andenkens. Dieser Mann,
dessen meisterhafte einzelne Abhandlungen uͤber die Kunst des Pfropfens in
den einzelnen Baͤnden der, in mehr denn einer Hinsicht kostbaren, Annales du Musée et Mémoires du Muséum
d'Histoire naturelle zerstreut sind, sind in Deutschland wenig bekannt
geworden. Im ersten Bande der Mémoires du
Muséum S. 257. lehrte dieser große Gartenkuͤnstler uns eine
Methode, wie man aus einer beliebigen Anzahl junger Baumstaͤmme in wenigen
Monaten Einen Baum empor kann wachsen machen. Es wird naͤmlich an den
Baumstaͤmmen dort, wo man dieselben sich wechselseitig beruͤhren
laͤßt, die Rinde bis auf den Bast abgeloͤst, die dadurch entstehenden
Wunden werden auf einander festgebunden, und sind in wenigen Monaten fest unter
einander verwachsen, so daß man, wenn z.B. zehn oder zwoͤlf junge
Baumstaͤmme auf diese Weise untereinander verbunden wurden, man in wenigen
Monaten einen Baum von bedeutender Staͤrke erhaͤlt. Dieß ist Thouïn's
Greffe Bancks mit welcher Benennung Thouïn das Andenken an den großen Naturforscher
und Foͤrderer der Naturgeschichte, Sir Joseph Banks, des ehemaligen Praͤsidenten der Royal
Society zu London, unter den Gartenfreunden erhalten wollte. Thouïn lehrte in demselben Bande der Mémoires S. 417. noch eine andere Methode (Greffe Vilmorin), nach welcher man auf den Stumpf eines
abgebrochenen Stammes einen andern schon ziemlich ausgewachsenen Stumpf pfropfen
kann. Es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß der Landwirthschaftliche Verein
in seinem Wochenblatte Thouïn's
Pfropf-Methoden dem Landvolks bekannt machte. Es gehoͤrt
nicht viel mehr Kunst zum Pfropfen, als zum Federn schneiden, und ein Knabe, der
einmal seine Feder schneiden lernte, kann auch Pfropfen.
Als der selige Praͤsident der Linnean Society, Sir
James Edw. Smith, zu Edinburgh studierte, machten die
Studenten daselbst sich den Spaß, in einer Weidenallee die nahe stehenden Weiden mit
ihren Aesten zusammen zu copuliren. Nachdem die Aeste ein paar Jahre uͤber
fest mit einander verwachsen waren, schnitten sie die Staͤmme zwischen zwei
und zwei Baͤumen uͤber der Wurzel ab, so daß der Stamm frei in der
Luft hing. Der abgeschnittene Baum wuchs, genaͤhrt von seinen Nachbarn,
freudig fort, und schaukelte bei jedem Luͤftchen.
Wenn man im Fruͤhjahre, wo man Weidensteklinge sezt, diese dicht neben
einander steken, und an der Stelle, wo sie sich beruͤhren, ihnen vorher die
Rinde bis auf den Bart abgenommen haben wuͤrde, so wuͤrde man, wenn
diese Steklinge hierauf oben und unten fest aneinander gebunden wuͤrden, in
einem Jahre eine lebende Bretterwand an der Stelle haben, wo man diese Pflanzung
anlegte. Wenn die Steklinge Zoll dik sind, so brauchte man fuͤr die Klafter
nur 72, fuͤr 100 Klafter also nur 7200 solcher Steklinge. Es wuͤrde in
den meisten Faͤllen genug seyn, wenn man diese Steklinge nur auf einem
Drittel in ihrer Mitte verbaͤnde, ungefaͤhr so) () (; sie
wuͤrden dann in ein paar Jahren von selbst zusammenwachsen, und man
haͤtte die Haͤlfte der Steklinge, die dann einen Zoll weit von
einander gestekt wenden koͤnnen, erspart. Dieß koͤnnte die Arbeit von
Knaben seyn, die daran Kurzweile hatten. Wenn man sieht, wie mancher Bauer mit
Anlage seiner duͤrren Zaͤune um seine Grundstuͤke, die einer
Umzaͤunung beduͤrfen, wochenlang Zeit und Holz verschwendet, so wird
man vielleicht die Taͤndelei, die die Anlage eines solchen fuͤr halbe
Jahrhunderte dauernden Zaunes fordert, nicht zu kostbar finden an Zeit und an
Material.
Analyse der Rinde des Buchsbaumes.
Hr. Fauré zu Bordeaux hat die Rinde des Buchsbaumes
einer chemischen: Analyse unterworfen (sie ist in dem Journ.
d. Pharm.
Julius, S. 428–435 in extenso mitgetheilt) und gefunden, daß sie ein eigenes Pflanzenalkali,
einen eigenen Stoff Buxine, enthaͤlt, welcher
Stoff sich auch, nur in verschiedener Menge, in den uͤbrigen Theilen des
Vuchses findet, und denselben ihren bitteren Geschmak gibt. Die Buxine ist in der Masse roͤthlich, gepulvert
gelblich roth: nur mittelst thierischer Kohle und wiederholter Aufloͤsungen
wird sie beinahe weiß. Sie ist geruchlos, aͤußerst bitter, aber nicht scharf.
Die Staͤubchen, welche sich beim Pulvern verfluͤchtigen, erregen
Nießen. Sie ist in heißem Wasser weit aufloͤsbarer, als in kaltem. Aether
loͤst nur wenig davon auf, Alkohol im Gegentheil sehr viel. Alkalien
loͤsen sie nicht auf. Sie macht den Veilchensaft stark gruͤn, und
faͤrbt das von Saͤuren geroͤthete Tournesol-Papier blau.
Salpetersaͤure verwandelt sie in Bitterstoff, ohne
Sauerklee-Saͤure mit derselben zu bilden. Buxine neutralisirt die
Saͤuren, und bildet mit denselben unkrystallisirbare Salze, die sich in
Wasser und Alkohol leicht aufloͤsen lassen. Wenn man sie mittelst Zusazes
einer Saͤure in Wasser aufloͤst, wird sie durch Alkalien aus demselben
niedergeschlagen. Potasche, Soda und Ammonium schlagen sie in Form einer weißen
Gallerte (Buxine-Hydrat) nieder. 100 Theile reine
Buxine, in Alkohol aufgeloͤst, forderten 11,2 Schwefelsaͤure von
66° zur Saͤttigung. Eine junge Rinde gibt ungefaͤhr 5 Gran
Buxine (im Großen das Pfund zu 16 Unzen 62 Gran.
Hr. Fauré fand in der Asche der Rinde schwefelsaure
Potasche und schwefelsauren Kalk; basisch kohlensauren Kalk und solche Bittererde,
phosporsauren Kalk, Kieselerde und Eisenoxyd. Im Holze fand er Staͤrkmehl.
Das Resultat dieser Analyse gibt in 1000 Theilen dieser Rinde:
Chlorophyll
6
Eigenen roͤthlichen Stoff
3
Wachs
14
Fetten stikstoffhaltigen Stoff
11
Harz
40
Extractivstoff
141
Aepfelsaure Buxine
11
Gummi
44
Holzfaserstoff
678
Asche aus den oben angegebenen
Bestandtheilen
52
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1000
Analyse der Weidenrinde von Hrn. Leroux.
In dem neuesten Hefte der Annales de Chimie et de Physique,
Avril, S. 440. befindet sich ein Bericht der HHrn. Gay-Lussac und Magendie uͤber
eine Abhandlung des Hrn. Leroux, Apothekers zu Vitry-le-Français, uͤber
Analyse der Weidenrinde von Salix Helix nach Desfontaines Bestimmung.
Hr. Leroux glaubte Anfangs in dieser Rinde ein neues
vegetabilisches Alkali, Salicine, gefunden zu haben, und
bereitete daraus schwefelsaure Salicine (Sulfate de Salicine), wie schwefelsaure Chinine bereitet
wird. Er uͤberzeugte sich aber spaͤter zu Paris, daß diese Salicine kein Alkali ist; daß sie die Saͤuren
nicht saͤttigt; daß die Saͤuren sie vielmehr zersezen und ihr die
Eigenschaft entziehen sich zu krystallisiren; daß sie keinen Stikstoff
enthaͤlt, mit einem Worte, daß sie kein Alkali ist, und daß es folglich auch
keine schwefelsaure Salicine giebt.
Der Koͤrper, den Hr. Leroux in der Rinde der Salix Helix entdekte, und den er Salicine nennt, bildet, wenn er rein ist, sehr feine, weiße, wie
Perlmutter glaͤnzende Krystalle, ist in Wasser und Alkohol sehr leicht
aufloͤsbar, nicht aber in Aether, und schmekt aͤußerst bitter und
etwas nach Weidenrinde. Um Salicine zu erhalten, kocht man 3 Pfund trokene
gepulverte Weidenrinde Eine Stunde lang in 15 Pfund Wasser, dem man 4 Unzen Potasche
zusezte. Man seiht die Abkochung durch, und sezt derselben, kalt, zwei Pfund basisch
essigsaures Blei in fluͤssiger Form zu. Man laͤßt die Abkochung sich
sezen, filtrirt sie, behandelt sie mit Schwefelsaͤure und schlaͤgt
endlich alles Blei durch einen Strom von Schwefelwasserstoffsaͤure nieder.
Die uͤberschuͤssige Saͤure wird mit kohlensaurem Kalke
gesaͤttigt; man filtrirt neuerdings, concentrirt die Fluͤssigkeit und
saͤttigt sie mit verduͤnnter Schwefelsaͤure, entfaͤrbt
sie mit thierischer Kohle und filtrit sie siedend heiß, krystallisirt sie in
zweimaligem Anschießen, und troknet sie an einem gegen das Licht geschuͤzten
Orte. Auf diese Weise erhaͤlt man aus obigen 3 Pfund Eine Unze Salicine,
welche man in gut verschlossenen Gefaͤßen aufbewahrt. In Großem wuͤrde
man vielleicht das Doppelte erhalten.
Hr. Miguel hat mit dieser Salicine in der Charité,
Hr. Husson und Bully im
Hôtel-Dieu, Hr. Girardin zu Paris, Hr. Caynon zu Vitry Versuche angestellt, und man fand, daß
Wechselfieber auf 3 Dosen, jede zu 6 Gran, auf Salicine eben so gut wie auf Chinine
ausbleiben. Diese Herren haͤtten aber nicht vergessen sollen, daß
Wechselfieber, zumal Fruͤhlings-Wechselfieber, auch fuͤr sich
selbst allein, daß sie auf Lukaszettel ausbleiben: man schließt in der Medizin nur
zu oft post hoc, ergo propter hoc. So bildete sich
bekanntlich ein Hahn auf seiner Latte einst ein, er mache durch sein Kraͤhen
die Sonne aufgehen, weil die Sonne immer aufgeht, nachdem er einige Male vorher
gekraͤht hat.
Die Berichterstatter bemerken, daß, so wie die Versuche, welche Hr. Reuß zu Moskau, Hr. Gomes zu
Lissabon, Hr. Laubert zu Paris uͤber den
eigentlich wirksamen Theil in der China vor den HHrn. Pelletier und Caventon ohne Erfolg geblieben
sind, so auch die Versuche der HHrn. Brugnatelli, Fontana, Buchner vor jenen des Hrn. Leroux kein Resultat
uͤber die Weidenrinde geliefert haben.
Wenn die Salicine weniger heftig und zerstoͤrend auf das Nervensystem wirkt,
als die Chinine, so mag man sich zu dieser neuen Entdekung Gluͤk
wuͤnschen; denn es ist unglaublich, und nur Spitalaͤrzten leider zu
wohl bekannt, wie viel Unheil jezt durch Chinine beim Stillen der Wechselfieber
verbreitet wird.
Sechzehn neue Sorten von Stachelbeeren im vorigen Jahre in
England erzogen.
Die Stachelbeeren, welche in Frankreich allgemein als „bons pour les enfants“ verachtet werden, sind in England ein Hauptgegenstand der Garten-Cultur
und gelten als eine der vorzuͤglichsten Obstsorten. In Roͤmer und Schultes
Syst. Vegetabil. finden sich nicht weniger als ein paar
Hundert Sorten namentlich angefuͤhrt. Im vorigen Jahre wurden noch sechzehn
neue Sorten aus Samen gezogen: 5 rothe, 6 gelbe, 5 gruͤne und 2 weiße. Courier. Messenger. N. 4759.
Methode um große Birnen zu ziehen.
In Galignani Messeng. N. 4728. werden Versuche
angefuͤhrt, nach welchen Birnen, wenn man sie mit einer Ziegelplatte
stuͤzt, statt sie frei vom Stiele herabhaͤngen zu lassen, um vieles
groͤßer werden. (Wir haben diese alte, alte Gaͤrtnerpraxis schon in
unserer fruͤhsten Jugend treiben sehen und getrieben; sie ist allerdings gut,
und es laͤßt sich auch leicht erklaͤren, warum sie gut seyn muß;
allein, sie hat auch den Nachtheil, daß die Birnen sich, zumal in nassen Jahren,
leicht aufliegen und unten faul werden.)
Dauer der Vegetationskraft in Zwiebelgewaͤchsen.
Hr. Houlton erzaͤhlte in einer Sizung der Medico-Botanical Society zu London, daß ein Zwiebelgewaͤchs in der Hand einer
aͤgyptischen Mumie, die wahrscheinlich 2000 Jahre alt war, anfing zu treiben,
als es an die Luft gebracht wurde, obschon es bei dem Oeffnen des Sarges ganz troken
war. Als die Pflanze hierauf in die Erde gebracht wurde, wuchs sie mit voller Kraft
fort. (John Bull. Galignani. N. 4765.). (Aehnliche
Beweise fuͤr die nicht zu berechnende Dauer der Vegetationskraft fanden sich
vor einigen Jahren im noͤrdlichen Westphalen, wo, nach dem Einwerfen eines
alten Roͤmer-Walles, der vielleicht vor 1700 Jahren aufgefuͤhrt
wurde, in der Erde, die aus der untersten Tiefe emporgewuͤhlt wurde, Pflanzen
emporzuwachsen begannen, die man sich nie erinnerte in dieser Gegend gesehen zu
haben. Samen gewisser Pflanzen, und auch Zwiebel, koͤnnen, gegen die Luft
geschuͤzt, ihre Keimkraft Jahrtausende lang behalten.
Seltene Groͤße von Hagel.
In Enc. Perth. II. p. 14.
(Mech. Mag. N. 359. S. 288. 26. Jun. 1830) wird
eines Hagelwetters in Italien im J. 1510 erwaͤhnt, in welchem Centner schwere
Hagel fielen. In den Philos. Trans. beschreibt der
beruͤhmte Physiker Halley Schloßen; die einen Fuß
im Umfange hatten.
Gesellschaft zur Schonung der Thiere in England.
Vielleicht wissen nur wenige unserer Leser auf dem festen Lande, daß in England, wo
jaͤhrlich Tausende von Pferden durch das Schnellfahren zu Tode geschunden
werden, eine Gesellschaft zur Schonung der Thiere (die achtbare Society for the Prevention of Cruelty to Anamals)
besteht. Diese Gesellschaft hielt am 24. Junius ihre Jahressizung und legte
Rechnung. Die Beitraͤge beliefen sich auf 416 Pfd. Sterl., die Ausgaben auf
340 Pfd. Klagen wegen Mißhandlungen der Thiere wurden 84 anhaͤngig gemacht,
und davon wurden 34 bestraft, 15 zu den Untersuchungskosten verdammt, 22 abgewiesen,
und die uͤbrigen entzogen sich dem Gerichte. (Cnronicle. Galign. N. 4772.) (Als neulich der wuͤrdige
Secretaͤr dieser Gesellschaft, Hr. Gompertz bei
dem elenden gegenwaͤrtigen Polizeidirector zu London, Sir R. Birnie, (den seine Landsleute auf sechs Jahre nach
Deutschland schiken sollten, damit er bei irgend einem deutschen Polizeidirector als
Praktikant lerne, was Polizei ist) Klage gegen einen Kutscher anbrachte, der sein
krankes Pferd furchtbar mißhandelte, sagte Sir Birnie:
„Ich werde die Sache nicht untersuchen.“ Nicht untersuchen?
sprach Hr. Gompertz. Darf ich fragen warum?
„Ich bin nicht gehalten auf solche
impertinente Fragen Antwort zu geben, schnarchte Sir Birnie; Sie werden die Leute, die sie verklagten, mit 5 Shillings
entschaͤdigen.“ Ich werde mich hoͤheren Ortes
uͤber dieses Verfahren beschweren, erwiederte Hr. Gompertz mit der ihm eigenen Wuͤrde; dieses Verfahren ist gegen
alle bestehenden Geseze. „Ihr seyd ein impertinenter
Hundsfott,“ bruͤllte Sir Birnie, (an impertinent Scoundrel). „Polizeidiener, werft den Kerl hinaus!“ Der
Secretaͤr der Society zog sich zuruͤk. Man
lese diese woͤrtlich uͤbersezte Geschichte im Original in Star oder Galignani N. 4771,
wenn man an der Treue der Uebersezung zweifelt, und beurtheile hiernach den ersten
Polizeimann der Hauptstadt Europens.)
Hunde in England.
Die Zahl der Hundesteuer zahlenden Hunde betrug im J. 1829 in England nur 358,080.
Dafuͤr wurden bezahlt 187,581 Pfd. Sterl. Kuppelhunde bezahlen besonders 36
Pfd. Sterl. die Kuppel; und diese Kuppeln betrugen 2,484 Pfd. Sterl. (Globe. Galignani a. a. O)
Schnelligkeit und Staͤrke eines englischen kleinen
Pferdes (Pony).
Ein Pony, nur 13 Faͤuste hoch, lief mit einem
Karren, in welchem zwei Menschen saßen, die 28 Stein (392 Pfd.) wogen, eine
englische Meile in den Minuten. Dieser Pony
gehoͤrt Hrn. Smith jun. zu Eltham. (Galign. 4771
aus dem Herlad.)
Alte Gaͤule koͤnnen auch noch laufen.
Hr. Webb, Livrée-Stallmeister zu Brigthon,
wettete, daß sein alter Gaul in Einer Stunde 3 engl. Meilen im Schritte, 3 im Trotte
und 3 im Galoppe machen wuͤrde. Der Gaul lief im Trotte die ersten 3
englischen Meilen in 14 1/2 Minuten; die zwei folgenden 3 englischen Meilen ging er
im Schritte in 37 1/2 Minuten; die lezten 3 galoppirte er in 7 3/4 Minuten. (British Traveller. Galignani N. 4733.)
Seehundfang auf New-Foundland.
In diesem Fruͤhjahre waren nicht weniger als 300 Schiffe, bemannt mit 2,400
Fischern, um New-Foundland mit Seehundfang beschaͤftigt. 400 dieser
Schiffe hatten binnen 14 Tagen nicht weniger als 38,963 Seehunde gefangen. (Galignani. N. 4771.)
Groͤße einer Schweinsblase.
In Perthshire ward ein Schwein geschlachtet, dessen Blase 16 imper. Gallons hielt. (Ein imp. Gallon
haͤlt 10 Pfd. destillirtes Wasser; diese Schweinsblase hielt also 160 Pfd.
Wasser oder einen Eimer.) Galignani 4771. Aus dem Perth-Courier. (Dieses Schwein mag vielleicht mit
dem Pferde Gargantua's verwandt gewesen seyn, das die Thuͤrme von Notre Dame
unter Wasser zu sezen drohte als es zu strahlen anfing.)
Neueste Wagensteuer in England.
Nach dem neuesten Parliamentsbeschlusse, Haus der Gemeinen, zahlt jeder
Englaͤnder fuͤr ein vierraͤdiges Fuhrwerk (Wagen oder Kutsche),
wenn ein kleines Pferd oder mehrere kleine Pferde (pony or
ponies), die nicht uͤber 13
Faͤuste hoch sind, eingespannt werden, jaͤhrlich 3 Pfd. 5 Shill. (39
fl.); wenn es von Einem Pferde gezogen wird, 4 Pfd. 10 Shill. (54 fl.). Wenn das
Fuhrwerk im Gewerbe gebraucht wird, zahlt es 2 Pfd. 10 Shill. (30 fl.); mit 2
Raͤdern die Haͤlfte. (Courier. Galign. N.
4766.)
Verfall von London.
Die Zahl der leer stehenden Haͤuser zu London uͤbersteigt beinahe allen
Glauben. In der Upper und Lower-Grosvenor-Street, um Islington und in der Nachbarschaft ist es noch aͤrger. Viele
Haͤuser, die ehevor 60 Guineen jaͤhrlich Miethzins trugen, stehen jezt
leer, obschon die Hausinhaber mit dem Miethzinse nm 50 p. C. herabgingen. (Herald. Galignani. N. 4744.)
Auswanderung aus England.
Dieß Jahr sind bereits uͤber 9000 Menschen, und zwar großen Theils solche, die
einiges Geld haben, aus England nach den Vereinigten Staaten von N. Amerika
ausgewandert. Man rechnet, daß sie 3 Millionen Pfd. Sterl. in Gold mit sich nahmen.
Man hoffte durch Beguͤnstigung der Auswanderung der Armen los zu werden; es zeigt sich aber jezt,
daß die Wohlhabenderen auswandern, und die Armen, die die Ueberfahrt nicht bezahlen
koͤnnen, in England zuruͤk und der Armencasse zur Last bleiben. Vergl.
Galign. N. 4748. (Das Schiff Newry, mit 400 Ausgewanderten, stieß in einem Nebel an einen Fels bei
Portinclineon, noͤrdlich von Bardsey, und mehr als 200 ertranken: die
uͤbrigen verloren alle ihre Habe.)
Ueber Mortalitaͤts-Tabellen
und wahrscheinliche Lebensdauer findet sich ein sehr
interessanter Aufsaz im Philosophical Magazine et Annals and
Philos.
Junius 1830, S. 416. von Hrn. Lubbock, den wir den Inhabern und Teilnehmern an
Lebens-Assecuranzen nicht dringend genug empfehlen koͤnnen. Er
verdiente in medicinischen und statistischen Journalen uͤbersezt zu
werden.
Wie in England Zeit und Papier im Parliament verwuͤstet
wird.
Es wurde, zum Scheine, eine Untersuchungs-Commission der weltbekannten
Saureien, welche in England bei den Wahlen der Parlaments-Glieder aus den
Verfallenen Schloͤssern (rotten boroughs)
getrieben werden, wo bekanntlich die Stimmen fuͤr Geld verkauft und die
Meistbietenden gewaͤhlt werden, im gegenwaͤrtigen Parliamente
niedergesezt. Die Commission ließ bisher uͤber einen einzigen solchen
(Schand)-Fleken 700 Bogen in Folio (sage Siebenhundert Foliobogen) druken,
auf welchen einstweilen bloß die Zeugenaussagen Einer Partei vorkommen. Die Aussagen
der Gegenpartei schaͤzt man bereits auf eben so viele Bogen. Ist es ein
Wunder, wenn, waͤhrend man bei Hause um der Graͤuel einer alten Burg
willen so verfaͤhrt, die bluͤhendsten Kolonien in Asien, Afrika und
Amerika zu Grunde gehen? (Galignani. N. 4765.)
Summen, uͤber welche gegenwaͤrtig vor englischen
Gerichten gestritten wird.
Im J. 1740 betrug diese Summe nur 1,290,000 Pfd. Sterl. Gegenwaͤrtig ist sie
beinahe auf 40 Millionen Pfd. Sterl. (48 Millionen fl.) gestiegen. (Galignani. N. 4766.)
Zeitungswesen in London.
Das Oberpostamt zu London hat im J. 1829 expedirt an ihre Unteraͤmter: auf der
Chester-Road (Chester Straße) 357,450
Exemplare, auf der North-Road, 261,924; auf der
Bristol-Road, 209,600; auf der West-Road, 152,000; auf der Kent-Road 132,496; auf der Yarmouth-Road 94,224: in Allem 1,207,794 Exemplare. Außer diesem
sendete das Postamt noch durch die sogenannten Benders
auf das Land, 10,654,912 Exemplare. Dieß gibt taͤglich eine Expedition von
32,500 Stuͤken, die das Postamt franco verschikt,
weil jedes Blatt gestaͤmpelt ist. (Sun. Galign.
N. 4772.) (Man wird aber auch auf diesem Oberpostamt dazu die erforderlichen
Leute angestellt haben, wodurch diese Spedition moͤglich wird, was wir bei
unserer Bemerkung uͤber die Versendung der Allgemeinen
Zeitung in dem vorhergehenden Hefte S. 158. beizufuͤgen unterlassen
hatten.)
Einige Notizen uͤber Sir Robert
Peel, den Fabrikanten, Vater des Staats-Secretaͤrs.
Sir Robert Peel, Baronet, wurde zu Peel's Groß, einem kleinen Guͤtchen seines Vaters, am 25. April
1750 geboren, und zeigte schon in seiner ersten Jugend viele Thaͤtigkeit und
Unternehmungsgeist. Im Jahre 1770 verlegte er sich auf Maschinenwesen, dem Beispiele
des beruͤhmten Peruͤkenmachers, Sir Rcb. Arkwright, des Vollenders der Spinnmuͤhlen, folgend, und erwarb
sich, als Kattunfabrikant, dadurch ein ungeheures
Vermoͤgen. Er zahlte fuͤr die gedrukten Kattune, die er verfertigte,
jaͤhrlich der Staatskasse uͤber 4,000 Pfund (48,000 fl.). Er sorgte
menschenfreundlich fuͤr das Wohl seiner Arbeiter, zumal der Kinder, die in
seiner Fabrik arbeiteten, und brachte im Jahre 1802 die Bill uͤber die
Verbesserung des Zustandes der Lehrlinge in's Parlament. In seinen Nebenstunden
schrieb er das bekannte Werk: „Nationalschuld die Quelle des
National-Wohlstandes,“ (The national
Debt productive of national Prosperity), ein Werk, das leider viele
Finanzminister zu Narren machte, die in Staasschulden eine Quelle des Wohlstandes zu
finden glaubten.
Im Kriege gegen Frankreich war er bis zum Fanatismus patriotisch. Er schenkte 50,000
Pfund (600,000 fl.) zur Bestechung der Generale der Franzosen her, und exercirte,
aus den Leuten seiner Fabriken, sechs Compagnien selbst. Uebrigens war er sehr
wohlthaͤtig und spendete viel Almosen. Im Parliamente vertrat er den Markt
(town) Tamworth (in
welchem er eine große Fabrik anlegte) vom Jahre 1790 bis 1818, wo er seinen Plaz zu
Gunsten seines zweiten Sohnes, Hrn. Wilh. Yates Peel,
aufgab. Sir Robert heirathete erst in einem Alter von 33 Jahren die
15jaͤhrige Tochter seines Compagnons, Mr. W. Yates, und vermaͤhlte sich, als seine erste Frau ihm 9 Kinder
hinterließ, mit 55 Jahren zum zweiten Male mit der juͤngsten Tochter des
Esqu. Clarke. Als er an seinem acht und siebzigsten
Geburtstage im Jahre 1828 seine Kinder und Enkel um sich versammelte, zaͤhlte
er deren, die gegenwaͤrtig waren, nicht weniger als 50, und gab jedem
derselben eine silberne Medaille zum Andenken. Er war
rastlos thaͤtig fuͤr die Erziehung seiner Kinder und der Kinder seiner
Nachbarschaft, und die Entartung seines Sohnes, des Staatssekretaͤres, auf
den er so viel wendete, hat den alten Vater tief gekraͤnkt. (Vergl. Herald und Galignani
Messeng. N. 4733.)
Literatur.
a) Englische.
Instructions and Observations concerning the use of
the Chlorides etc. by Jam. Porter
. 4. New-Haven. 1829. Howe and Haltby. (Eine Uebersezung von Labarraque's instructions, mit Zusaͤzen.)
b) Franzoͤsische.
Mémoire sur les chemins à
ornières, par Mr. L. Coste et Perdonnet. Paris. 1830 ch. Bachelier. (Wird im Bulletin d. Scienc. techn. Mars S. 283 sehr gepriesen und
verdiente eine deutsche Uebersezung.)
Traité de chimie appliquée aux arts et
métiers, et principalement à la fabrication des acides
sulfurique, nitrique, muriatique, de la soude, de l'ammonium, du
cinabre, minium, céruse, alun, couperose, vitriol, verdet, bleu
de Cobalt, de Prusse, jaune de chrome, de Naples etc. par J. J. Guilloud, Prof. d. Math. et de Phys. 12.
Paris. 1830. 2 vol. 10 Francs.
Cours de physique et de chimie industrielles, par
A. Lechevallier. 8. Metz. 1829 ch. Me.
Thiel.
c) Hollaͤndische.
Verhandeling over de Stoomboten van Rentgen. 8.
Utrecht 1829. b.
Altheer.