Titel: | Ein zerplazendes Wurfgeschüz (exploding Projectile), worauf Joh. Tucker, Brauer in Hammersmith, Middlesex, sich am 2. Nov. 1829 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XCIX., S. 353 |
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XCIX.
Ein zerplazendes Wurfgeschuͤz (exploding Projectile), worauf Joh. Tucker, Brauer in
Hammersmith, Middlesex, sich am 2. Nov. 1829 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Arts. Jun. 1850. S
146.
Mit Abbildung auf Tab.
VI.Wir haben von diesem neuen Wurfgeschuͤze bereits Nachricht gegeben; es ist
aber hier deutlicher beschrieben und gezeichnet, als in der fruͤheren
Quelle, aus welcher wir unsere Notiz schoͤpften, und wir tragen daher
bessere Beschreibung und Abbildung hier nach. A. d. Ue.
Tucker's zerplazendes Wurfgeschuͤz.
Dieses Geschuͤz ist eine Art Bombe oder Rakete, welche aus einer Kanone (cannon) abgeschossen wird und zerplazen muß, sobald es
auf die Erde faͤllt, oder auf irgend ein Hinderniß stoͤßt. Die Bombe
oder Rakete besteht aus einem hohlen eifoͤrmigen Stuͤk Gußeisen,
welches mit Pulver gefuͤllt ist. Mit diesem Pulver steht eine Lunte in
Verbindung, welche sich (nach der Percussionsmethode) durch den Stoß
entzuͤndet, welcher entsteht, wenn der Bolzen oder Staͤmpel, der in
der hohlen Roͤhre liegt, die den Raketenstok bildet, und der sich außen
schwingt und die Bombe leitet, zuͤruͤkfaͤhrt. Der
Patent-Traͤger sagt woͤrtlich:
„Meine Erfindung besteht in einem Wurfgeschuͤze, welches mittelst
Percussionspulvers berstet. Dieses Pulver erhaͤlt den zu seiner
Entzuͤndung noͤthigen Stoß mittelst eines lokeren Bolzens,
welcher, wenn die Bombe durch die Luft faͤhrt, in dem Hinteren Theile
einer Roͤhre zuruͤkbleibt, die denselben aufnimmt, in dem
Augenblike aber, wo die Bombe auf irgend einen Widerstand stoͤßt, an das
vordere Ende der Roͤhre hervor faͤhrt, und mit solcher Gewalt an
das daselbst angebrachte Percussionspulver anschlaͤgt, daß auf der Stelle
eine Entzuͤndung desselben, und folglich Entzuͤndung des
Schießpulvers in der Bombe und Berstung dieser lezteren Statt haben muß.
Fig. 22.
stellt einen Laͤngendurchschnitt meines Wurfgeschuͤzes vor. a, ist der Kopf oder das Magazin. b, ist ein Schraubenpfropfen fuͤr das Loch, durch welches die Bombe
mit Pulver gefuͤllt wird. cc, sind zwei
Fluͤgel oder Schwingen, welche die Bombe leiten und sie im Fluge gerade
halten, wie einen Pfeil. dd, ist ein langer hohler
Raum, oder eine Kammer in dem Hinteren Theile oder Schweife des Geschuͤzes
zur Aufnahme und Befestigung der Roͤhre, e. Diese
Roͤhre wird in die Bombe bei f eingeschraubt, und
enthaͤlt den lokeren Bolzen, so wie das Knallpulver, wie Fig. 23. deutlicher
zeigt.
Fig. 23. ist
ein Durchschnitt der Roͤhre, e, die hier aus der
Bombe bei f ausgeschraubt dargestellt ist. g ist der lokere Bolzen, oder, wenn man will, Hammer,
welcher dem Knallpulver den Stoß oder Schlag mittheilt. h, ist ein Schraubenpfropfen, dessen eines Ende ein Waͤrzchen, i, bildet, auf welches das Knallpulver aufgelegt oder
aufgebunden wird. In dieser Figur ist es, als in einem kleinen Sake befindlich,
dargestellt, welcher auf das Waͤrzchen aufgebunden ist. j ist ein Stuͤk Zuͤndlunte, welche durch
zwei Loͤcher in der Roͤhre, e,
durchgezogen ist, die als Zuͤndloͤcher dienen. Man wird bemerken, daß
in dem Schraubenpfropfen, h, zwei verschiedene
Schraubengange eingeschnitten sind, k und l; die ersteren schrauben sich in das Ende der
Roͤhre, e, ein, die lezteren in das Magazin, oder
in das Ende f des Geschuͤzes. s ist das Ende der Roͤhre, welches geschlossen
ist.
Um dieses Wurfgeschuͤz herzurichten, muß der Bolzen, das Knallpulver und die
Lunte, wie in Fig.
23. vorgerichtet, und dann in die Bombe, wie Fig. 22. zeigt,
eingeschraubt werden, (wo Fig. 24. im Durchschnitte
dargestellt ist). Das Vorderende zeigt Fig. 25., das Hintere
Fig.
26.
Nun wird die Schraube, b, herausgenommen, der Theil a gefuͤllt, b wieder
zugeschraubt, das Geschuͤz in die Patrone aus grobem Canevasse gethan, fest
zugebunden, und so geladen, daß das Federende „(der Schweif)“
zunaͤchst an dem Pulver zu liegen kommt.
Man kann dieses Geschuͤz aus einer gewoͤhnlichen Kanone abfeuern, und
die Wirkung wird folgende seyn. So lang das Geschuͤz durch die Luft
faͤhrt, bleibt der Bolzen, g, am Hinteren Ende
der Roͤhre, indem er gleichen Wurf mit den uͤbrigen Theilen des
Geschuͤzes erhaͤlt; sobald aber dasselbe irgendwo mit einem Theile
anfaͤhrt, treibt der Stoß, welchen der Bolzen, g,
dadurch erleidet, denselben vorwaͤrts auf die Warze, i, wo er mit solcher Gewalt auf das daselbst befindliche Knallpulver
stoßen wird, daß alsogleich eine Explosion entstehen muß, die sich dem Pulver in der
Kammer, a, mittheilt, welche davon nach allen Seilen hin
plazen wird.
Es ist kaum noͤthig zu bemerken, daß die Lunte bloß daz dient, um zu hindern, daß kein Pulver
aus der Kammer a durch die Zuͤndloͤcher
nach der Roͤhre e gelangt.Wie koͤnnte der gute Braumeister, wenn er auch noch so reich ist, 3000
fl. dafuͤr bezahlen, allein mit einem
solchen Wurfgeschuͤze Spazen schießen zu duͤrfen: denn
schwerlich wird irgend ein Kauffahrdeifahrer seine Kanonen mit einem solchen
Projectile laden. Wir wollen annehmen, daß
Hr. Tucker wirklich damit geschossen hat (obschon
wir noch sehr daran zweifeln), so ist doch so viel gewiß, daß man nicht
leicht eine kostspieligere, langweiligere und gefaͤhrlichere Methode ausdenken wird, um eine Bombe,
Haubize oder Granate mittelst Knallpulvers springen zu machen, als diese.
Indessen hat Hr. Tucker das Verdienst, unter die
Wenigen zu gehoͤren, die auf Benuͤzung des Knallpulvers zum
sicheren Sprengen der Bomben etc. Ruͤksicht nehmen: eine
Benuͤzung, die, wie es uns scheint, von unseren Bombardieren, und
uͤberhaupt von unseren Artilleristen, bisher viel zu sehr
vernachlaͤssigt wurde. Kein Stand in der menschlichen Gesellschaft
ist, dem Umfange der Wissenschaften nach, die sein Dienst fuͤr die
Gesellschaft fordert, mehr zu ununterbrochenem Studium und gefahrvollen
Versuchen verbunden, als der der Artilleristen; keiner ist wichtiger
fuͤr dieselbe, als dieser: denn sein Ius
canonicum ist die Basis alles Staats- und Kirchen-
und Voͤlker- und Naturrechts. Wuͤrde nur halb so viel
aus diese Professores juris canonici gewendet,
als auf die des anderen juris canonici; auf wie
viel festerer Basis wuͤrde das Wohl von manchem Staate beruhen, der,
wenn er ein Heer von Millionen besizt, von jedem Duodez-Staate
vernichtet werden kann, in dessen Gewalt es steht, Taufende mit einem
Schusse niederzustreken, waͤhrend jezt kaum die zwanzigste Kugel
trifft! Auf diesem Ius canonicum, welches auf
den umfassendsten Kenntnissen der Mathematik in
allen ihren Theilen, der Physik, Chemie und Mineralogie beruht, beruht auch das Wohl der
Fuͤrsten und Voͤlker weit sicherer, als auf allen Decretalen,
Concordaten und Tractaten, in welchen von Legaten und Diplomaten nur die
Voͤlker verkauft und die Fuͤrsten verrathen sind. Wer nur um
10 Klaster weiter schießt, als jeder andere, und bei jedem Schusse nur zehn
Mal mehr trifft, wird der Welt ehe den ewigen Frieden schenken, als
********. A. d. Ue.