Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 37, Jahrgang 1830, Nr. CIX., S. 374 |
Download: | XML |
CIX.
Miszellen.
Miszellen.
Die Vorlesungen bei dem land- und
forstwissenschaftlichen Institut in Hohenheim im Koͤnigreich
Wuͤrtemberg, fuͤr das Winterhalbjahr 1830/31.
In Bezug auf die Ankuͤndigung des Lehrkursus fuͤr die land- und
forstwirtschaftliche Lehranstalt unterm 3. April v. I. werden die Vorlesungen
fuͤr den naͤchsten Semester, welche den 1. November beginnen,
angezeigt. Vorgetragen wird in diesem Semester:
I. Im landwirtschaftlichen Fache: von Hofrath Volz, landwirthschaftliche
Verhaͤltniß- und Organisationslehre, 6 Stunden in der Woche;
Schafzucht und Wollkunde, 3 Stunden; praktische Demonstrationen daruͤber, 1
Stunde. Von Oekonomierath Pabst: Agricultur und allgemeiner Pflanzenbau, deßgleichen
Wiesenbau, 5 Stunden woͤchentlich; Viehzucht nebst praktischen
Demonstrationen, 5 Stunden; landwirthschaftliche Technologie, 2 Stunden;
Buchhaltung, 2 Stunden.
Von dem Institutsgaͤrtner Walker: Anweisung in der Obstbaumzucht, 2 Stunden
woͤchentlich.
II. Im forstwirtschaftlichen Fache: vom Professor der Forst- und
Jagdwissenschaft, Gwinner: Forstbenuzung und Forsttechnologie, 4 Stunden
woͤchentlich; Forstschuz, 2 Stunden; Jagdwissenschaft, 2 Stunden;
Forstinsectologie, 2 Stunden und Gebirgskunde, 2 Stunden. Von Forstrepetent
Voͤgel: forstwissenschaftliche Repetitionen, 10 Stunden
woͤchentlich.
III. In den huͤlfswissenschaftlichen Faͤchern: 1) von Professor Riecke:
allgemeine Physik und Chemie, 4 Stunden woͤchentlich; theoretische Geometrie,
4 Stunden; praktische Geometrie, 2 Stunden; Arithmetik, 4 Stunden;
Styluͤbungen, 1 Stunde; 2) von Professor Hering: Thierarzneikunde, 2 Stunden;
3) von Apotheker Schumann: specielle Chemie, 3 Stunden; 4) von Professor Heigelin:
buͤrgerliche Baukunst, Straßen- und Wasserbaukunde, 5 Stunden; 5) von
Forstrepetent Voͤgel: mathematische Repetitionen, 6 Stunden; 6) von Geometer
Tuͤrk: Maschinenzeichnen, 2 Stunden; Planzeichnen, 4 Stunden. Privatim kann
Unterricht genommen werden: in der franzoͤsischen, lateinischen und deutschen
Sprache, deßgleichen im Reiten auf einer zu diesem Zwek errichteten Reitbahn.
Fuͤr den praktischen Unterricht unter besonderer Leitung des Directors
Freiherrn v. Ellrichshausen bietet zu diesem Zwek die Administration der bedeutenden
Domaine, die immer mannigfaltiger werdenden Wirtschaftszweige, ferner ein eigenes
Feld zu Versuchen und belehrenden Culturen, so wie die Werkzeugsammlung, nebst den
uͤbrigen Huͤlfsanstalten hinreichende Gelegenheit dar. Fuͤr den
forstwirtschaftlichen Unterricht finden Exkursionen in die benachbarten Forste, den
Schwarzwald und die Alp Statt, auch ist eine Waldflaͤche zu praktischen
Versuchen angewiesen.
Die Zoͤglinge koͤnnen mit Beginn jeden Semesters eintreten. Die
Aufzunehmenden sollen der Regel nach das 18te Jahr zuruͤkgelegt haben.
Inlaͤnder, welche als Forstzoͤglinge eintreten wollen, haben sich
einer Vorpruͤfung uͤber ihre Kenntnisse in der deutschen Sprache,
namentlich in Hinsicht auf den Styl, und in der Arithmetik zu unterwerfen, welche am
31. Oktober, vor dem Eintritte in die Anstalt, Statt hat. Die mit Anfang jeden
Halbjahrs vorauszubezahlende Pension, oder Entschaͤdigung fuͤr
Wohnung, Unterricht und Verwaltungskosten betraͤgt fuͤr die
Studirenden der Landwirthschaft dem Jahr nach bei dem Auslaͤnder 300 fl., dem
Inlaͤnder 100 fl., gegen deren Entrichtung ihnen der Zutritt zu
saͤmmtlichen Unterrichtsfaͤchern frei steht. Diejenigen
Zoͤglinge, welche sich bloß dem Forstfache widmen wollen, zahlen nur, und
zwar der Auslaͤnder 180 fl., der Inlaͤnder 60 fl. jaͤhrlich,
wogegen ihnen aber nicht gestattet ist, die Vorlesungen uͤber
Landwirthschaft, mit Ausnahme der Agronomie und Thierheilkunde, zu frequentiren. Die
Kost nehmen saͤmmtliche Studirende an dem Tische, welchen der von dem
Institute aufgestellte Speisemeister haͤlt, und dessen Preis fuͤr
Mittag- und Nacht-Essen ohne Wein dermalen auf 20 Kreuzer fuͤr
den Tag bestimmt ist. Das Kostgeld wird, wie die Pension, halbjaͤhrig mit 52
st. 40 kr. (indem die Ferien, im Ganzen sieben Wochen, nicht in Berechnung kommen)
an die Institutscasse vorausbezahlt. Jeder Studirende bewohnt ein eigenes, heizbares
Zimmer, und nur wenn der Raum nicht zureichen sollte, haben die Forstleute, welche
die geringere Pension bezahlen, getheilte Zimmer sich gefallen zu lassen. In jedem
Zimmer finden sich die noͤthigen Mobilien; Betten, Bettzeug und
Handtuͤcher aber bringen die Inlaͤnder mit, auch haben sie fuͤr
die Waͤsche der leztern zu sorgen. Auslaͤnder erhalten diese
Gegenstaͤnde ohne besondere Verguͤtung von der Anstalt. Zur Bedienung
sind eigene Personen aufgestellt, denen monatlich ein Gulden zu bezahlen ist.
Fuͤr Fruͤhstuͤk, Getraͤnk, Holz und Licht hat jeder
Studirende selbst zu sorgen. Es ist aber die Einrichtung getroffen worden, daß sie
diese Beduͤrfnisse theils von der Anstalt, theils von dem Speisemeister zu
billigen Preisen beziehen koͤnnen.
Damit kein hier Studirender den Zwek seines Aufenthalts in der Anstalt verfehlen
moͤge, haben die Direction und die Lehrer die Verpflichtung
uͤbernommen, die Zoͤglinge in der Anordnung ihrer Studien zu berathen.
Am Ende des Lehrkursus findet eine Hauptpruͤfung Statt, an der alle
inlaͤndische Forstcandidaten Theil zu nehmen haben, und welcher sich auch die
uͤbrigen Studirenden in dem Fall nicht entziehen koͤnnen, wenn ihre
Theilnahme an der Pruͤfung von ihren Eltern oder Vormuͤndern verlangt
worden ist. Diejenigen, welche sich durch Fleiß, Sittlichkeit und Kenntnisse am
meisten auszeichnen, erhalten besondere Denkmuͤnzen, und ihre Namen werden
oͤffentlich bekannt gemacht, so wie das Resultat der Pruͤfung in die
Zeugnisse aufgenommen wird, welche den Zoͤglingen bei dem Abgang aus der
Anstalt ausgestellt werden. Man erwartet, daß die neu Eintretenden einige Tage vor
dem Anfang des Semesters in der Anstalt eintreffen.
Koͤnigliche Direction des
land- und forstwirtschaftlichen Instituts.
Preisfragen, welche von der niederlaͤndischen
oͤkonomischen Gesellschaft in Harlem im Jahre 1830 ausgeschrieben worden
sind.
1) Kann man es fuͤr hinlaͤnglich erwiesen halten, daß man vermittelst
der Chlorine die Lebenskraft oder Anlage zum Wachsthum in sehr
alten Getreidekoͤrnern wieder erweken koͤnne, so, daß man im
Großen Gebrauch davon machen koͤnnte?
Ist dieß nicht der Fall, so wird gefragt: durch welches einfache und wenig kostende
Mittel kann man die Keimkraft in alten Samenkoͤrnern wieder erregen, und
welches ist das beste Verhaͤltniß des anzuwendenden Mittels zu einer gewissen
Quantitaͤt Samen, – welche die richtigste Art der Anwendung? Die
Gesellschaft verspricht fuͤr die beste, ihr Genuͤge leistende Antwort
hierauf die zweite goldene Medaille, jedoch muß der
Versuch durch Beweise bestaͤtigt werden, und das angegebene Mittel im Großen
angewendet werden koͤnnen. Die mir Beweisen und Zeugnissen versehenen
Antworten muͤssen vor oder an dem lezten September, 1834, eingesandt
werden.
2) Da man bemerkt hat, daß verschiedene Sorten von Erdaͤpfeln (Kartoffeln) in unserm Vaterlande, sowohl fruͤhe,
als spaͤte, jedoch wohl besonders die vorzuͤglichste beste spaͤte Wintersorte, seit einigen Jahren
eine Abnahme sowohl in der Qualitaͤt, als auch in der Quantitaͤt
erlitten haben; so wird gefragt, was hiervon die Ursache sey, und welche Mittel man
anwenden muͤsse, um entweder diesem Uebel zuvorzukommen, oder demselben
abzuhelfen, – woruͤber eine kurze und deutliche Beschreibung gegeben
werden muß, – wie auch ob eine bessere Art, sowohl fruͤhe, als
spaͤte Sorten, aus Samen in hinreichender Menge gezogen werden koͤnne,
oder ob es vielleicht den Vorzug verdiene, vom Auslande Erdaͤpfel
einzufuͤhren und hier im Lande zu ziehen, jedoch muͤßten damit, man
moͤchte nun Erdaͤpfel aus Samen gewinnen, oder sie vom Auslande
einfuͤhren wollen, wenigstens zwei Morgen (bunders) Landes bepflanzt werden. Derjenige, welcher vor oder an dem
lezten September, 1836, diese Frage in allen ihren Theilen und Gliedern befriedigend
beantwortet, und Beweise und Zeugnisse daruͤber einsendet, soll mit der goldenen Medaille der Gesellschaft bekroͤnt
werden.
3) Aus Syrien ist eine gewisse Pflanze, Apocynum syriacum, (Asclepias
syriaca, Linn
.) nach Europa gebracht worden, und obgleich diese Pflanze aus dem gedachten
heißen Lande abstammt, und dort gleichsam zu Hause gehoͤrt, so
vertraͤgt sie doch die strengste Kaͤlte unsers Klima's; sie gedeihet
in Frankreich bei la Rochelle, in den wuͤsten
Duͤnen, und pflanzt sich da mit gutem Erfolge fort; so daß sie sowohl
daselbst, als in Deutschland, Schlesien u.s.w., in großem Rufe steht, und
fuͤr Viele eine sehr ergiebige Quelle des Wohlstandes geworden ist. Sie gibt
seidenartige Faden, womit die Samenkoͤrner dieser Pflanze umgeben sind, so
daß von diesen Faͤden, nachdem sie mit Baumwolle, Schafwolle oder Floretseide
vermengt worden sind, Struͤmpfe, Muͤzen, Handschuhe, Westen, Jaconets,
sogenanntes englisches Leder, auch Berkan und halbseidene Stoffe verfertigt
werden.
In Paris bestehen davon viele bluͤhende Fabriken; dort macht man auch hiervon:
Sammet, Molton, Flanelle, welche besser sind, als die englischen, sogar Atlasse,
welche den indischen gleich kommen, Spaniolette u.s.w.
In Schlesien hat man ganze große Felder mit dieser Pflanze bestellt. In Berlin hat
man davon ebenfalls ansehnliche Fabriken errichtet; daselbst wird diese Seide auf
englischen Spinn- und Kraͤmpelmaschinen bearbeitet, man macht davon
Huͤte, welche fuͤr einen sehr maͤßigen Preis verkauft werden.
Auch sehr gutes Schreibpapier liefert diese Pflanze. Ihre Blume ist reichlich mit
Honigstoff versehen; in America kocht man aus diesem Blumenhonige einen sehr guten
braunen Zuker. Mehrere
besondere Umstaͤnde von diesem Gewaͤchse sind zu finden in de Vriend des Vaderlands, 1829, Nro. 1. S. 50.
Demjenigen, welcher mit diesem Gewaͤchse in den Niederlanden einen Morgen (bunder) Landes mit gutem Erfolge bestellt, verspricht
die Gesellschaft ihre goldene Medaille. Proben, Beweise
oder Zeugnisse muͤssen vor oder an dem lezten September, 1837, eingesandt
werden.
4) Unter die Schwierigkeiten, womit der Gebrauch der Dampfmaschinen auf Schiffen, welche fuͤr laͤngere oder
kuͤrzere Seereisen bestimmt sind, verbunden ist, gehoͤrt unter andern
die nachtheilige Wirkung, welche das Seewasser vorzuͤglich auf eiserne Dampfkessel ausuͤbt. Da es indessen nicht
moͤglich ist, suͤßes Wasser in hinreichender Menge mitzunehmen, so ist
zu wuͤnschen, daß Mittel gefunden wuͤrden, durch welche man dieser
nachtheiligen Wirkung des Seewassers vorbeugen koͤnnte, als welches gewiß zur
Befoͤrderung und Ausbreitung der Seefahrt mit Dampfbooten gereichen
wuͤrde. Man hat verschiedene Mittel vorgeschlagen, um der gedachten
nachtheiligen Wirkung zuvorzukommen, aber keines derselben scheint der Erwartung zu
entsprechen. Daher legt die Gesellschaft folgende Frage zur Beantwortung vor:
Worin liegt die nachtheilige Wirkung des Seewassers, besonders
auf eiserne Dampfkessel, und durch welche Mittel kann man derselben vorbeugen?
Diese Mittel duͤrfen jedoch weder der Kraft der Dampfmaschine hinderlich
seyn, noch einen Verlust an Kraft verursachen.
Fuͤr die beste genugthuende Beantwortung dieser Frage verspricht die
Gesellschaft ihre goldene Medaille. Die Antworten
muͤssen nebst Beweisen, daß mit dem Mittel hinlaͤngliche Versuche
gemacht worden, vor oder an dem lezten September, 1832, eingesandt werden.
Die Gesellschaft verspricht uͤberdieß, daß sie dem Erfinder, wenn die
Erfahrung lehrt, daß das Mittel oder die Mittel bei dem Gebrauche fortdauernd der
Erwartung entsprechen, noch eine mit der Wichtigkeit und dem Werthe der Erfindung im
Verhaͤltniß stehende außerordentliche Belohnung zukommen lassen wolle, welche
jedoch nicht eher bestimmt oder zuerkannt werden kann und soll, als bis eine
Erfahrung wenigstens von zweien Jahren, bei der Anwendung
des Mittels, auf einem oder mehreren Seedampfbooten, dessen Guͤte und
Brauchbarkeit uͤber allen Zweifel erhoben hat.Ueber diesen Gegenstand kann man unter andern nachlesen: Memoires sur les bateaux à vapeur, von
Maristier.
5) Unter die Ursachen, welche das Zerplazen oder Springen der
Dampfkessel zuwege bringen koͤnnen, rechnet man auch die, daß, wenn
ein Theil des Kessels aus Mangel an hinlaͤnglichem Wasser gluͤhend
oder wenigstens sehr heiß geworden ist, und denn damit Wasser in Beruͤhrung
kommt, hier ploͤzlich ein so sehr erhoͤheter Druk entsteht, daß weder
der Kessel demselben widerstehen kann, noch die Sicherheilsklappen der Gefahr
abhelfen koͤnnen; dem sind vornehmlich die Kessel auf Dampfbooten, wegen des
Schwankens des Schiffes, unterworfen.
Nun kann man zwar dem zuvorkommen, wenn man dafuͤr sorgt, daß immer eine
hinreichende Menge Wasser in dem Kessel ist) aber da dieser allein durch eine
ununterbrochene Aufmerksamkeit des Aufsehers (Directeurs) der Maschine geschehen kann, so haͤngt man denn auch hierin
voͤllig von ihm ab. Von vieler Wichtigkeit wuͤrde es seyn, wenn man
Mittel haͤtte, wodurch dieser Gefahr vorgebeugt werden koͤnnte, ohne
ganz und allein von der Aufmerksamkeit des Aufsehers der Maschine
abzuhaͤngen.
Es wird daher gefragt: Durch welche Mittel kann diese Gefahr,
sowohl fuͤr Kessel von unterem, als auch fuͤr die von oberem
Druke, abgewendet werden, ohne daß man von der Sorgfalt und Aufmerksamkeit
desjenigen, welcher die Maschine dirigirt, abhaͤngt? Fuͤr die
beste befriedigende Beantwortung dieser Frage bietet die Gesellschaft ihre goldene Medaille an. Vor oder an dem lezten September,
1831, muͤssen die Antworten nebst den noͤthigen Zeichnungen, Beweisen
und Zeugnissen eingesandt werden.Man sehe uͤber diese Zerplazungen die Abhandlung von Maristier in den Ann.
maritimes et coloniales vom Jahre 1828. (Eben so die von einem
Mitarbeiter im Polyt. Journal, Bd. XXXVII.
S. 149. auf diesen Gegenstand Bezug habende Notiz.) A. d. R.
6) Da es muͤhsam ist, das Feuer unter den Kesseln der Dampfmaschinen,
besonders am Borde der Dampfschiffe, vermittelst der Haͤnde zu unterhalten,
so hat man schon fruͤher, vornehmlich in England, getrachtet, Mittel zu
finden, durch welche das Feuer auf eine andere Weise, als durch die Haͤnde
der Heizer, regelmaͤßig unterhalten werden kann, unter diesen scheint die
Einrichtung, welche Herr Brunton erfunden hat, der
Absicht am meisten zu entsprechen, allein so sinnreich sie auch ausgedacht ist, so
ist sie doch sehr zusammengestellt, weßwegen sie nicht allein weniger allgemein
gebraucht wird, sondern auch fuͤr Dampfboote nicht passend ist. Da indessen
eine solche Einrichtung, besonders fuͤr Dampfboote auf langen Reifen, von
Wichtigkeit und Vortheil seyn wuͤrde, so bietet die Gesellschaft ihre goldene Medaille an fuͤr die Beschreibung und
Zeichnung einer Maschine und damit in Verbindung stehenden Einrichtung des
Dampfkessels fuͤr ein Dampfboot, wodurch das Feuer bestaͤndig
unterhalten wird, ohne daß, fuͤr dieselbe Kraft der Dampfmaschine, der Kessel
vergroͤßert wird, oder mehrere Brennmaterialien erforderlich werden.
Man muß hierbei den kleinen Raum in Obacht nehmen, welcher im Allgemeinen am Borde
der Schiffe bei den Dampfmaschinen vorhanden ist, und dem gemaͤß die
Einrichtung machen. Die Beantwortung dieser Frage muß vor oder an dem lezten
September, 1832, mit Zeugnissen, daß die Erfindung wenigstens auf Einem Boote
angewendet und gepruͤft worden sey, eingeschikt werden.
7) Der Rauch, welcher bei dem Gebrauche der Steinkohlen
aus den Schornsteinen vieler Fabriken, auch aus denen der Dampfmaschinen kommt, ist
oͤfters fuͤr die benachbarten Haͤuser sehr nachtheilig. Ob nun
gleich, um dem abzuhelfen, in England und anderwaͤrts verschiedene Mittel
vorgeschlagen worden sind, durch welche der Rauch in den Schornsteinen selbst
verzehrt werden sollte; so scheinen doch dieselben noch bis jezt wenig angewendet zu
werden. Dieses mag die Folge seyn theils davon, daß dergleichen Mittel mehr oder
weniger zusammengestellt sind, theils aber auch wohl davon, daß sie bei dem
Gebrauche der Erwartung nicht entsprechen. Die Gesellschaft bietet ihre goldene
Medaille an fuͤr die Erfindung und Anwendung – wenigstens bei zwei
verschiedenen Fabriken und Einer Dampfmaschine in dem Koͤnigreiche der
Niederlande – eines Mittels, wodurch diesem Uebel in der Maße abgeholfen
wird, daß der Rauch der Schornsteine weder an den in der Naͤhe stehenden
Haͤusern, noch sonst einigen Nachtheil zuwege bringt, ohne daß dadurch
mehrere Brennmaterialien erforderlich werden. Auch wuͤrde es von Wichtigkeit
seyn, wenn dieses Mittel bei Dampfbooten ebenfalls angewendet werden koͤnnte.
Die Beschreibung muß nebst den Beweisen und Zeugnissen vor oder an dem lezten
September, 1831, eingesandt werden.
8) Ob es gleich viele Mittel gibt, durchsichtiges Papier
zu Abzeichnungen u.s.w. zu machen, so ist doch keines der auf diese Weise bereiteten
Papiere fuͤr alle Zweke und zu jedem Gebrauche so geeignet, als dasjenige,
welches zu diesem Behufe in Frankreich verfertigt, und Papier
vegetal, Papier à calquer genannt wird, dessen hoher Preis jedoch
oft den Gebrauch verhindert. Die Gesellschaft bietet demjenigen, welcher in dem
Koͤnigreiche der Niederlande dieses Papier macht, ihre zweite goldene Medaille an, jedoch darf selbiges nicht von geringerer
Beschaffenheit seyn, als das franzoͤsische, und die Bogen muͤssen
nicht kleiner seyn, als großes Medianpapier, auch darf der Preis den des
franzoͤsischen Papiers nicht uͤbersteigen. Muster, Beweise und
Zeugnisse sind vor oder an dem lezten September, 1831, einzusenden.Bei dem unten genannten allgemeinen Secretaͤr der Gesellschaft liegen
Muster von dem in dieser Frage beabsichtigten Papiere, welche man bei
demselben, wenn man will, in Augenschein nehmen kann, und denen das
einzusendende entsprechen muß.
9) Was haben neuere Versuche und Wahrnehmungen uͤber die Art und die
Zusammenstellung des Indigo gelehrt, und was ist hieraus fuͤr den Gebrauch
desselben in den Faͤrbereien abzuleiten? Welche Indigosorten werden in unser
Vaterland eingefuͤhrt und daselbst verbraucht, und wie koͤnnen sie auf
eine leichte, jedoch zugleich hoͤhere Weise unterschieden werden? Und welches
ist das beste und sicherste Mittel, die Guͤte oder Tauglichkeit und die
Verfaͤlschung des Indigo zu erkennen, und schnell, auf eine fuͤr die Fabricanten leichte
Weise, zu bestimmen, wie viel Farbestoff diese oder jene Sorte Indigo enthalte? Die
Gesellschaft verspricht demjenigen, welcher diese Fragen auf eine genuͤgende
Weise am besten beantwortet, als Praͤmie ihre goldene
Medaille und dreihundert Gulden. Proben, Beweise
und Zeugnisse muͤssen vor oder an dem lezten September, 1832, eingeschikt
werden.
10) Die Erfahrung lehrt wiederholt, daß aus unerlaubter Gewinnsucht einige Menschen
sich nicht entbloͤden, sogar an den ersten und nothwendigsten
Beduͤrfnissen des Lebens Betrug und Verfaͤlschung zu begehen, wovon
man unlaͤngst in der Verfaͤlschung der
Butter mit Bleiweiß ein Beispiel gesehen bat. Diese Verfaͤlschungen
haben oft die schaͤndlichsten Folgen fuͤr die Gesundheit und das Leben
der Consumenten, und benachtheiligen zugleich den Handel in verschiedenen Artikeln.
In Erwaͤgung, daß neben andern Mitteln, um solchen schaͤdlichen
Verfaͤlschungen vorzubeugen und sie zu verhindern, die allgemeine
Bekanntmachung der Mittel, um dergleichen Betruͤgereien zu entdeken, eines
der kraͤftigsten ist, – wuͤnscht die Gesellschaft zu erhalten:
Eine Angabe der Verfaͤlschungen, welche mit den gebraͤuchlichsten
Eßwaaren und Getraͤnken gebtrieben werden, nebst einer deutlichen Anweisung
der Mittel, durch welche diese Verfaͤlschungen auf eine sichere Weise und so
leicht als moͤglich entdekt werden koͤnnen. Bei der Beantwortung
dieser Frage muß man auf Folgendes Ruͤksicht nehmen:
1) Daß unter Eßwaaren und Getraͤnken besonders Brot,
Butter, Bier, Essig, Wein und andere geistige Getraͤnke begriffen
werden.
2) Daß man bei der Angabe der Verfaͤlschungen nicht in die
besonderen Umstaͤnde derselben eingehen, – sich nicht uͤber
die Art und Weise, wie diese Verfaͤlschungen
bewerkstelliget werden, herauslassen duͤrfe, indem eine solche
Bekanntmachung mehr nachtheilig, als vorteilhaft seyn wuͤrde, sondern daß
es genug ist, die Bestandtheile anzugeben, mit welchen die
Verfaͤlschungen vorgenommen werden.
3) Daß sowohl die Mittel zur Entdekung der
Verfaͤlschungen, als auch die dabei noͤthigen Handgriffe deutlich
und genau beschrieben werden muͤssen, jedoch mit Vermeidung
unnoͤthiger Weitlaͤufigkeit.
Die Gesellschaft bietet demjenigen, welcher diese Frage zu ihrer Zufriedenheit vor
oder an dem lezten September, 1831, am besten beantwortet, ihre goldene Medaille an. Sie behaͤlt sich ferner das
Recht vor, auch von den nicht bekroͤnten Abhandlungen denjenigen Gebrauch zu
machen, welchen sie fuͤr nuͤzlich und noͤthig erachten wird;
sie wird in diesem Falle den Verfassern entweder die zweite
goldene Medaille, oder die silberne Medaille
zukommen lassen, wenn sie sich veranlaßt sieht, dieselbe bekannt zu machen.
11) Da ein großer Theil der Provinzen des Koͤnigreiches der Niederlande mit
groͤßeren oder kleineren Canaͤlen durchschnitten ist, und da es in
lange dauernden Wintern vorteilhaft und wichtig seyn kann, binnen einer bestimmten
Zeit eine Gemeinschaft zu Wasser zwischen verschiedenen Hauptpuncten zu
oͤffnen und offen zu erhalten; so verspricht die Gesellschaft demjenigen ihre
goldene Medaille, welcher das beste Werkzeug oder die
beste Zusammensezung von Werkzeugen einreichen wird, wodurch man in zugefrorenen
Fahrwassern oder Canaͤlen eine solche Oeffnung machen kann, daß sie von den
groͤßten hier zu Lande bekannten Schiffen befahren werden kann, – und
welcher zugleich zeigen wird, daß die Anwendung dieses Werkzeuges oder dieser
Werkzeuge einen augenscheinlichen Vortheil gewaͤhre, gegen die
gewoͤhnliche Verfahrungsart, nach welcher man bis jezt in diesen Landen das
Eisen (Aufeisen, Auseisen, Zerbrechen des Eises) vorgenommen hat. Modelle, nebst
Zeichnungen, Beweisen und Zeugnissen muͤssen vor oder an dem lezten
September, 1832, eingesandt, werden.
Die Antworten auf die vorgelegten Fragen muͤssen zu
der bei jeder Frage bestimmten Zeit, mit Beifuͤgung eines versiegelten
Billets, welches den Namen und den Wohnort des Einsenders enthaͤlt, in
englischer, franzoͤsischer, niederlaͤndischer oder hochdeutscher
Sprache, (jedoch in leztem Falle mit lateinischen Buchstaben,) franco, an den allgemeinen Secretaͤr der Gesellschaft, I. T. Siegel, in Harlem,
uͤberschikt werden.
Bemerkungen uͤber National-Aufmunterung der
Wissenschaften und uͤber Foͤrderung derselben durch gelehrte
Gesellschaften; nebst einigen Betrachtungen uͤber den Zustand der gelehrten
Gesellschaften in England. Von Karl Babbage, Esqu. M. A.
F. R. S. L. und E., Professor der Mathematik zu Cambridge.
Aus dessen Werke: „uͤber den Verfall der Wissenschaften.“ (On the decline of science) im Edinburgh Journal of Science. Julius. 1830. S. 58.Hr. Prof. K. Babbage ist nicht bloß in England,
sondern auch in allen Laͤndern des festen Landes als einer der
geistreichsten Maͤnner und der feinsten Mathematiker unseres
Zeitalters auf eine hoͤchst ehrenvolle Weise bekannt. Seine Ansichten
uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand der eigentlichen
Wissenschaften (sciences exactes) in England
sind um so wichtiger, als sie alte Vorurtheile zerstoͤren, und den
Bewohnern des Continentes zu jenem Selbstgefuͤhle verhelfen
koͤnnen, dessen sie so sehr beduͤrfen, um der. englischen
Despotie los zu werden. Unsere Leser werden hier manche Bestaͤtigung
desjenigen finden, was sie in unseren Blaͤttern fruͤher
gelesen haben, und was sie vielleicht als die untergeordnete Ansicht eines
bloßen Uebersezers zu beherzigen verschmaͤhten. Vielleicht daß sie
jezt mancher unserer fruͤheren Ideen mehr Aufmerksamkeit schenken,
weil ein Mann, wie Babbage, die Wahrheit
derselben beurkundete. A. d. Ue.
Die geringe Aufmunterung, welche die englische Regierung in fruͤheren Zeiten
denjenigen schenkte, welche nuͤzliche Entdekungen und Erfindungen gemacht
haben, laͤßt sich aus folgenden Gruͤnden entschuldigen:
1) das Publikum, welches die neue Erfindung benuͤzt, oder den neu erfundenen
Artikel verbraucht, weiß den Werth hiervon weit richtiger zu beurtheilen, als die
Regierung selbst.
2) die Belohnung, welche aus dem Absaze des erfundenen Artikels hervorgeht, ist weit
groͤßer als jene, welche die Regierung geben koͤnnte oder selbst geben
duͤrfte) sie steht in genauem Verhaͤltnisse mit dem Verbrauche
desselben, d.h., mit dem Mangel, welchen das Publikum durch denselben ersezt
fuͤhlt.
Man kann nicht laͤugnen, daß diese Gruͤnde im Allgemeinen richtig sind;
es gibt indessen Ausnahmen, welche nothwendig aus denselben Schluͤssen
folgen, aus welchen jene Gruͤnde urspruͤnglich abgeleitet wurden.
Ohne uns in das kleinste Detail aller dieser Ausnahmen einlassen zu wollen, wird es
hinreichen, wenn wir zeigen, daß bei diesem Systeme jede Untersuchung abstracter
Wahrheiten von aller Belohnung ausgeschlossen ist. Nur die Anwendung
wissenschaftlicher Grundsaͤze auf das gemeine Leben kann auf diese Weise
belohnt werden. Ein paar Beispiele moͤgen vielleicht diese Behauptung
deutlicher machen. Der Grundsaz, auf welchem das hydrostatische Paradoxon beruht,
war schon zu Stevinus Zeiten (um das Jahr 1600) bekannt;
die Anwendung desselben zum Heben schwerer Lasten wurde in Elementarwerken der
Physik schon langst angegeben, und in Vorlesungen immerdar demonstrirt. Man kann
aber dieses hydrostatische Paradoxon, bis auf den sel. Bramah herab, mit Recht als bloßes abstractes Princip betrachten. Bramah sezte an die Stelle der kleinen Roͤhre eine
Pumpe, und verwandelte das abstracte Princip in eine hoͤchst brauchbare und
gewaltige Maschine. – Die Umwandlung der Mittelpunkte der Schwingung und
Hangung am Pendel, welche Huygens vor mehr dann
anderthalb Jahrhunderten entdekte, blieb, bis vor wenigen Jahren, ein unfruchtbarer,
obschon hoͤchst eleganter, Lehrsaz. Prony deutete
auf denselben hin; Bohnenberger entwikelte ihn
vollkommen, und Capitaͤn Kater gruͤndete
endlich auf denselben die bequemste Methode, die Laͤnge eines Pendels
praktisch zu bestimmen. – Der Zwischenraum zwischen Drs. Black Entdekung des gebundenen Waͤrmestoffes, und der
gluͤklichen Anwendung dieser Entdekung auf die Dampfmaschine, war
verhaͤltnißmaͤßig kurz: es war aber auch hierzu die Anstrengung zweier
Koͤpfe noͤthig, und gluͤklicher Weise kamen zwei Koͤpfe
vom ersten Range zusammen. – Der Einfluß der Elektricitaͤt auf
Zersezung, obschon von unendlichem Werthe als Fuͤhrer zur Entdekung bei
chemischen Untersuchungen, ward kaum jemals zu praktischem Dienste im gemeinen Leben
benuͤzt, bis dasselbe geistvolle Genie, welches den Grundsaz entdekte,Hr. Babbage scheint seinem sel. Freunde hier zu
viel Freundschaft zu erweisen: der Grundsaz (the
principle), „daß Elektricitaͤt
zersezt,“ war lang vor Sir Humphry Davy bekannt, und Sir Humphry's Anwendung desselben auf den
Beschlag der Schiffe zeigte sich in der Ausfuͤhrung unbrauchbar.A. d. Ue. denselben zugleich auch, durch seinen leichten Fluß von Schluͤssen,
auf Schuͤzung der Kupferbekleidung der Schiffe gegen Anfressung anwendete.
Diese wunderbar gluͤklich verbundene Kette von Schluͤssen, deren
Wahrheit sich selbst durch ihr Mißlingen als Gegenmittel in der Anwendung
beurkundete, wird wahrscheinlich in der Zukunft durch eine gluͤklichere
Anwendung die Wahrheit der Behauptung erweisen, die wir hier aufzustellen
versuchten.
Man koͤnnte, noͤthigen Falles, noch andere Beispiele anfuͤhren,
um darzuthun, wie nicht selten viele Jahre zwischen einer Entdekung neuer
Grundsaͤze in Wissenschaften, und zwischen der Anwendung derselben im
praktischen Leben verstreichen: doch daruͤber duͤrfen wir uns nicht
wundern. Diejenigen Koͤpfe, welche neue Grundsaͤze und Methoden
erfinden, sind von ganz anderer Art, als diejenigen, die zur praktischen Anwendung
dieser Erfindungen nothwendig sind.
Zur Zeit, wo Huygens seinen schoͤnen Lehrsaz
entdekte, mußte er, als Erfinder desselben, nicht bloß die gesammte mathematische
Wissenschaft seines Zeitalters umfassen; er mußte auch Genie genug besizen, die
Graͤnzen derselben durch seine eigenen Schoͤpfungen zu erweitern.
Solche Talente sind nicht jedes Mal auch zugleich mit der Gabe eines schnellen
Auffassens des einzelnen Details, mit der Gabe der praktischen Anwendung der von
ihnen aufgestellten Grundsaͤze ausgestattet, und es ist vielleicht ein
Gluͤk fuͤr die Menschheit, daß Koͤpfe dieses Ranges nicht
gewohnt sind ihre Kraft an Gegenstaͤnden zu verschwenden, die nicht
fuͤr ihren Bereich sind.Dieß ist allerdings von Genies in den mathematischen Wissenschaften wahr und
richtig; es darf aber keinesweges von den gewoͤhnlichen Professoren
der Mathematik gelten, die nur zu oft absichtlich Dunkelheit suchen, und es
verschmaͤhen ihre Wissenschaft allgemein nuͤzlich zu machen.
A. d. Ue.
In der Mathematik ereignet es sich nicht selten, oder wenigstens haͤufiger als
in anderen Wissenschaften, daß Wahrheiten, die zu einer gewissen Zeit noch zu den
abstractesten gehoͤrten, und von welchen man haͤtte glauben sollen,
daß sie schwerlich einer nuͤzlichen praktischen Anwendung faͤhig sind,
in der naͤchsten Generation die Basis der tiefsten physischen Untersuchungen
bilden, und schon in der darauf folgenden vielleicht durch gehoͤrige
Vereinfachung, durch Abfassung derselben in Tabellen der taͤgliche sichere
Fuͤhrer des Kuͤnstlers und Seemannes werden.Hierauf kommt es bei dem gegenwaͤrtigen, bereits so hoch ausgebildeten
Zustande der Mathematik und der mechanischen und chemischen Kuͤnste
vor Allem an. Man hat zwar bereits fuͤr mehrere der lezteren eine
Menge Tabellen entworfen durch welche die Arbeiten derselben, insofern sie
auf langen und oft schwierigen Berechnungen beruhen, ungemein beschleunigt
und zugleich in ihrem Erfolge vollkommen sicher gestellt werden
koͤnnen. Die Nautik, die Artillerie in allen ihren Zweigen, die
Baukunst, das Forstwesen etc. hat bereits viele Tabellen, durch welche die
Muͤhseligkeiten und Zufaͤlligkeiten langer Berechnungen
erspart und beseitigt werden; es ist aber kaum erst der tausendste Theil von
dem gethan was noch zu thun uͤbrig ist. Jede technische Kunst, in
welcher Maß und Gewicht, folglich Zahlen, was immer fuͤr eine Rolle
spielen, verdient heute zu Tage die Revision eines gruͤndlichen und
hoch gebildeten Mathematikers, wenn sie auf feststehende Grundsaͤze
zuruͤkgefuͤhrt, in ihren Arbeiten vereinfacht und
beschleunigt, in ihren Resultaten vollkommen sicher gestellt, in ihrem
Umfange erweitert werden soll. Der Mathematiker darf es nicht langer
verschmaͤhen, in die Werkstaͤtten der Kuͤnstler
herabzusteigen, ihre Kunst sich vollkommen eigen zu machen, und dann mit der
Allmacht seiner Wissenschaft der Ohnmacht des praktischen Kuͤnstlers
zu Huͤlfe zu kommen. So lang dieß nicht geschieht, wird die
Mathematik unfruchtbar in ihrer reinen Jungfraͤulichkeit, und die
Kuͤnste werden Kinder der Nacht und der Finsterniß bleiben. Von einem
Techniker, sey er auch noch so großer Meister in seiner Kunst, fordern, daß
er mathematische Kenntnisse in jenem Umfange besizt, welche zur
gruͤndlichen Revision seiner Kunst in allen ihren Zweigen
unentbehrlich ist, heißt das Unmoͤgliche verlangen: es
gehoͤrt mehr, als die gewoͤhnliche Geisteskraft
tuͤchtiger Techniker dazu, in die Mysterien, in den Zauber, den die
Mathematik in Alles bringt, was sie beruͤhrt, auch nur einzudringen,
viel weniger die magischen Kraͤfte den selben so zu sagen zu schaffen
und dorthin zu bannen, wohin sie zum Dienste der Menschheit
urspruͤnglich bestimmt waren. Der Mathematiker wird beim ersten Blike
sehen, wo es der Kunst gebricht; der Kuͤnstler, und selbst der
ausgezeichnete Kuͤnstler, weiß sehr oft nicht was ihm gebricht, und
wo es fehlt, viel weniger daß er wuͤßte, wie den Maͤngeln
abzuhelfen ist. A. d. Ue.
Es kann sich auch treffen, daß zur Zeit der Entdekung solcher Grundsaͤze die
mechanischen Kuͤnste noch viel zu unvollkommen sind, als daß sich eine
erfolgreiche Anwendung von jenen auf diese erwarten ließe. Dieß war der Fall mit dem
hydrostatischen Paradoxon. Erst nachdem der Termin von Bramah's Patent schon verlaufen war, erhielt die Presse, die seinen Namen
fuͤhrt, jene Vollendung in der Ausfuͤhrung, die sie nun auf eine so
verdiente Weise allgemein in Gebrauch sezte.
Auf der anderen Seite wird man fuͤr ein Individuum, welches mit
Erfindungsgeist begabt ist, eine Menge anderer Individuen finden, welche die
Faͤhigkeit besizen Grundsaͤze anzuwenden, und das Verdienst, das man
solchen Anwendungen zuschreibt, wird immer von der Sorgfalt und Muͤhe
abhaͤngen, weiche man auf die Ausfuͤhrung des Details gewendet
hat.
Wenn es daher fuͤr ein Land wichtig ist, daß abstracte wissenschaftliche
Grundsaͤze auf das praktische Leben angewendet werden, so ist es klar, daß es
auch wichtig ist jene Wenigen aufzumuntern, welche im Stande sind die Zahl solcher
Grundsaͤze, auf welchen diese Anwendungen beruhen, zu vermehren. So lang es
nicht Anstalten gibt, in welchen man solchen Forschern zu Huͤlfe kommt; so
lang die Regierung hier nicht unmittelbar eingreift, wird der Verfertiger eines
Thaumatropes Vortheil von seinem Talente ziehen, und der Mann, der die Geseze des
Lichtes und des Sehens aufgestellt hat, von welchen so viele Erscheinungen
abhaͤngen, wird unbelohnt in das Grab steigen.
Man koͤnnte vielleicht dagegen behaupten, daß die Professorstellen an unseren
Universitaͤten Aufmunterung genug fuͤr die Cultur der abstrakten
Wissenschaften sind. Indessen liegt es nicht in der Macht dieser Institute als
Schoͤpfer aufzutreten; sie koͤnnen hoͤchstens Talente entwikeln
und naͤhren helfen, und Professorstellen sollten, wenn sie nach
Wuͤrden verliehen wuͤrden, der verdiente und ehrenvolle Lohn
hoͤherer Talente seyn. In vielen Faͤllen ist der Ertrag dieser
Professorstellen gering, und wenn er es auch nicht ist, so sind die Vorlesungen,
welche man von einem Professor fordert, vielleicht nicht in jedem Falle die
geeignetesten Mittel die Talente derjenigen zu benuͤzen, welche im Stande
sind etwas zu erfinden.
Ich kann nicht umhin diese meine Ansicht durch den Ausspruch eines der
groͤßten Physiker eines fruͤheren Jahrhundertes zu
unterstuͤzen, und dem Verfasser der hoͤchst interessanten Biographie
desselben (in Galileo's Leben in der Sammlung der Society for the Diffusion of Useful Knowledge) meinen
Beifall zu zollen. In einem Briefwechsel, welcher mit der Ruͤkkehr Galileo's an eine Professorsstelle in seinem Vaterlande
endet, sagt dieser große Mann: „Da aber meine Privatvorlesungen und die
Zoͤglinge in meinem Hause ein großes Hinderniß fuͤr mich in meinen
Studien sind, und mich noͤthigen, dieselben oͤfters zu
unterbrechen, so wuͤnschte ich von den ersteren gaͤnzlich, und von
lezteren großen Theils befreit zu werden.“ (Life of Galileo p. 18) In einem anderen Briefe
an Keppler spricht er mit vielem Danke von Herzog Cosmus
von Toscana, „der,“ sagt er, „mich
gegenwaͤrtig mit 1000 fl. Jahresgehalt, und mit dem Titel des Physikers
und ersten Mathematikers Seiner Hoheit, zu sich einlud, ohne daß ich irgend eine
aͤmtliche Obliegenheit zu besorgen habe, wenn ich nicht vollkommene Muße
hierzu finde. Ich kann also meine Abhandlung uͤber Mechanik vollenden
etc.“ (Daselbst S. 31.)
Wahrlich, wenn Wissenschaft ein Schaz ist, so kann man es nimmermehr als weise
Staatswirthschaft preisen, wenn man in einem weit reicheren Lande als Toscana ein
Genie wie Dalton zu dem Gedrasche des
Elementarunterrichtes verdammt sieht. Was wuͤrde aus dem
militaͤrischen Ruhme Englands geworden seyn, wenn man, eben so unvorsichtig
verschwenderisch mit geistiger Kraft in militaͤrischer Hinsicht, den Herzog von
Wellington gezwungen haͤtte sein Leben lang Rekruten abzurichten, Statt
Plaͤne zu Feldzuͤgen zu entwerfen?
Wenn wir uns um Thatsachen kuͤmmern, so werden wir finden, daß die großen
Erfindungen aller Jahrhunderte, wenigstens bei uns, nicht immer von
Universitaͤten ausgegangen sind. Die Lehren uͤber die
„bestimmten Verhaͤltnisse,“ und
„uͤber die chemische Wirkung der
Elektricitaͤt,“ Lehren vom hoͤchsten Range, durch
welche die Namen der Erfinder derselben in der Geschichte der Wissenschaften
unsterblich wurden, sind nicht aus Klostermeditationen hervorgegangen: es ist nicht
im Mindesten ein Vorwurf, den man diesem achtbaren Institute macht, wenn man
Wahrheiten, wie diese, laut werden laͤßt. Es bedarf des gluͤklichsten
Zusammentreffens von Umstaͤnden, wenn solche Lehren einen ausgezeichnet
gluͤklichen Erfolg haben sollen. Nicht alle hatten das Gluͤk, das
Archimeden zu Theil wurde, naͤmlich geboren zu werden zu einer Zeit, wo eine
Wissenschaft geschaffen werden mußte, oder, wie Newton das System einer Welt
„ohne Form und Leere“ (wie der Dichter sagt) zu finden, und
durch Enthuͤllung der Geheimnisse der Schwerkraft in diesem Weltsysteme
dasselbe alles durchdringende Licht zu verbreiten, mit welchem der
allmaͤchtige Schoͤpfer die materiellen Massen in demselben
erleuchtete. Nur wenigen Physikern, und auch diesen nur in langen
Zwischenraͤumen, duͤrfte es gelingen, gleich einem Dalton mitten aus dem Chaos der unbestimmten Verbindung
eine neue Wissenschaft aufzubauen, sie mit der goldenen Zahlenkette zu befestigen,
und so zu dem Range echter Wissenschaft (science exacte)
emporzuheben. Triumphe dieser Art sind nothwendig „eben so schoͤn
als selten;“ es laͤßt sich auch nicht erwarten, daß jener
Theil der Aufmunterung, welchen ein Land der Wissenschaft zu schenken fuͤr
geeignet findet, im Stande ist jedes Mal solche Faͤlle zu treffen. Leztere
sind zu außerordentlich, als daß sie haͤufig seyn koͤnnten; sie
muͤssen, wenn man ja hier Aufmunterung geben wollte, unmittelbar der
Regierung zur Belohnung uͤberlassen werden.
Die Gefaͤhrlichkeiten, welche bei einem solchen unmittelbaren Eingreifen der
Regierung in bestimmten Faͤllen zu besorgen stuͤnden, koͤnnten
aus einem oder aus dem anderen der folgenden Umstaͤnde hervorgehen. Es
koͤnnen die Individuen, welche das Regierungspersonale oder die sogenannte
Regierung bilden, nicht hinlaͤngliche Kenntnisse besizen, um entweder selbst
uͤber wissenschaftliche Gegenstaͤnde dieser Art urtheilen zu
koͤnnen, oder auch nur um Leute zu waͤhlen, auf deren Urtheil sie sich
verlassen koͤnnten. Es kann die Zahl von Individuen, die sich den
Wissenschaften widmen, in einem Lande nicht groß genug seyn, um in dem Ausspruche
der oͤffentlichen Meinung das gehoͤrige Gewicht behaupten zu
koͤnnen. Es kann ferner diese Anzahl von Individuen, wenn sie auch groß
waͤre, in der Achtung der Welt nicht so hoch gestellt seyn, daß sie
unabhaͤngig zu seyn vermoͤchte. Wenn nun diese Ursachen in irgend
einem Lande zusammentrafen, so wuͤrde es hoͤchst nachtheilig seyn die
Aufmunterung der Wissenschaften der Regierung eines solchen Landes zu
uͤberlassen. Es scheint, daß dem Scharfsinne derjenigen, welche zur Aufhebung
des Board of Longitude riethen, die Richtigkeit der
obigen Bemerkung nicht entging.
Die Frage, ob es gute Staatswirthschaft in irgend einem Lande ist, die Wissenschaften
aufzumuntern, ist eine von jenen, uͤber welche vielleicht diejenigen nicht am
unparteiischsten urtheilen koͤnnen, welche selbst die Wissenschaften
betreiben. In England haben diejenigen, die sich bisher mit Wissenschaften
beschaͤftigten, im Allgemeinen, keinen vernuͤnftigen Grund sich zu
beklagen; sie wußten, oder sie sollten gewußt haben, daß man sich um Wissenschaft
nicht kuͤmmert, daß sie wenig Ehre bringt und noch seltener Gewinn
traͤgt.
Daß man die Regierung daruͤber tadelte, daß sie die Wissenschaft bei uns nicht
foͤrderte, ist gewiß, und dieser Tadel ist, was die fruͤheren
Verwaltungen betrifft, zugleich auch sehr gerecht: was die gegenwaͤrtigen
Minister betrifft, deren ganze Gewalt lediglich von der oͤffentlichen Meinung
abhaͤngt, so ist es nicht noͤthig, daß sie derselben voraus eilen, sie
werden nicht lang dem Ausdruke der oͤffentlichen Meinung zu widerstehen
vermoͤgen. Wenn wir aber auch annehmen, daß Wissenschaft von jeder
Staatsverwaltung als ein Gegenstand von irgend einiger Wichtigkeit betrachtet
wuͤrde, so wuͤrde es bei dem gegenwaͤrtigen Zustande der Dinge
schwer halten irgend etwas zu Gunsten derselben zu thun, indem auf der einen Seite,
die hoͤheren Classen, im Allgemeinen, nicht sehr tiefe wissenschaftliche
Kenntnisse besizen, und auf der anderen Seite diejenigen Personen, welche sie
gewoͤhnlich hieruͤber zu Rathe ziehen, ihnen nicht einen solchen Rath ertheilt zu haben
scheinen, welcher das Vertrauen der Regierung verdienen koͤnnte. Man scheint
vergessen zu haben, daß das Geld, welches die Regierung zu wissenschaftlichen Zweken
bestimmt, mit derselben Klugheit und Sparsamkeit verwendet werden muß, mit welcher
ein verstaͤndiger Privatmann sein Geld fuͤr seine
Lebensbeduͤrfnisse ausgibt.Allerdings kann man Regierungen nicht genug empfehlen, die hoͤchste
Sparsamkeit und Vorsicht bei ihren Ausgaben fuͤr Foͤrderung
der Wissenschaften zu befolgen. Manche Staaten, große wie kleine, werfen ihr
Geld fuͤr sogenannte literarische Anstalten buchstaͤblich zum
Fenster hinaus. Dieß ist z.B. der Fall bei einigen Akademien, die nichts
anderes als gelehrte Canonicate, Saginarien
fuͤr hungrige und unersaͤttliche, muͤßige Gelehrte
sind, welche, nachdem sie auf ihren eintraͤglichen gelehrten
Pfruͤnden in einer Reihe von Jahren Tausende und Tausende
verschlangen, die Wissenschaft, der sie sich zu weihen vorgaben, auch nicht
um ein Haar breit weiter brachten. Manche Akademie war und ist nichts
anderes, als eine gelehrte Menagerie, heruͤber gegangen aus jenen
alten Zeiten, wo Hoͤfe es noch fuͤr noͤthig erachteten,
sich mit einem falschen Glanze zu umgeben, und in manchem Staate scheint man
noch heute zu Tage zu glauben, eine Akademie gehoͤre eben so sehr zu
dem Glanze eines Landes oder Hofes, als ehevor ein Heer von Sterndeutern,
Hofnarren, Hofpoëten etc. Es ist sehr natuͤrlich, daß
diejenigen Gelehrten, die sich an solchen Mastanstalten befinden, den
Fuͤrsten und den Ministern auf alle erdenkliche Art weiß machen
werden, ihr Glanz sey nur ein Reflex der Strahlensonnen, die an dem
akademischen Himmel leuchten; Fuͤrsten und Minister seyen nur
insofern Foͤrderer der Wissenschaften, als sie einige Duzende
muͤßiger Gelehrten reichlich fuͤttern. Das Volk, das nur nach
Werken, nicht nach Worten zu urtheilen gewohnt ist, die Geschichte der
Fortschritte des menschlichen Geistes, die durch keinen Flitterglanz sich
blenden laͤßt, die Nachwelt urtheilt anders. Wenn die Akademie zu
Petersburg in Reihen von Jahren die ausgezeichnetesten Gelehrten
Deutschlands in ihre Mitte rief, so ehrte sie dadurch nur sich selbst: die
Euler, die Pallas
etc. etc. machten ihr Ehre; sie vermochte nicht die Verdienste dieser unsterblichen
Maͤnner hoͤher zu stellen, als sie bereits gestellt waren, ehe
sie nach Rußland kamen. Es ist also offenbar, daß der Gelehrte von wahrem
Verdienste der Akademie Glanz leiht, die ihn in ihre Mitte nimmt; nicht aber
umgekehrt, daß ein Gelehrter dadurch an Glanz gewinnt, weil er von einer
Akademie zum Mitglieds aufgenommen wird. So hat erst neulich einer der
angesehensten Mathematiker Englands, Oberst B., es abgelehnt, Mitglied einer
in hohem Ansehen stehenden Akademie zu werden, die ihn in ihre Mitte einlud.
Wenn wir den Einfluß der Akademien auf das Wohl des Landes in
Erwaͤgung ziehen, das sie so theuer bezahlt, so werden wir nur wenige
unter denselben finden, die die Interessen des Capitales tragen, das aus sie
verwendet wurde. Die Akademie zu Stockholm, die Akademie zu Turin zeichnete
sich in dieser Hinsicht unter allen ihren Schwestern vorzuͤglich aus:
Kuͤnste und Gewerbe haben durch die Abhandlungen dieser beiden
Akademien mehr gewonnen, als durch Duzende anderer aͤhnlicher weit
imposanterer Institute. Auch hat der gesunde Menschenverstand des deutschen
Volkes es bisher allein fuͤr noͤthig erachtet, die
Abhandlungen der schwedischen Akademie in das Deutsche zu uͤbersezen,
und einer der groͤßten und besten Koͤpfe Deutschlands, Abraham Gotthelf Kaͤstner unsterblichen
Andenkens, beschaͤftigte sich uͤber ein Viertel Jahrhundert
lang mit dieser ersprießlichen Arbeit. Die Abhandlungen der Akademie zu
Turin, in der Landessprache geschrieben, werden von der Regierung einzeln
vertheilt und vom Volke benuͤzt. Es ist merkwuͤrdig, daß zwei
große Staaten in Europa, welche beide die Wissenschaften kraͤftig
foͤrderten, und in welchen beiden Kuͤnste und Gewerbe in einem
bluͤhenden Zustande sich befinden, immer ohne alle Hof, akademien
geblieben sind: Holland und Oesterreich. Holland, das in Hinsicht auf
wissenschaftliche Cultur lang schon auf der hoͤchsten Stufe stand,
als England und Frankreich noch in der Wiege lagen, haͤtte nie eine
Hofakademie: seine trefflichen gelehrten Gesellschaften sind lediglich
Privatanstalten. Oesterreich haͤtte nie eine Akademie, es
unterstuͤzte aber seine Gelehrte, welche kostbare Werke herausgaben,
dadurch, daß es die Kosten der Ausgabe dieser Prachtwerke uͤbernahm:
der Hof half die Prachtwerke Jacquin's und host's zu Tage foͤrdern, die einzelne
Buchhandlungen schwerlich haͤtten uͤbernehmen koͤnnen.
Die einzelnen Zweige der Staatsverwaltungen in Oesterreich
(vorzuͤglich das Geniewesen) lassen einzelne Werke verdienter
Gelehrten in der Staatsbuchdrukerei druken, und verschenken sie so zu sagen
fuͤr Preise, die kaum die Drukkosten deken, unter das Publikum. Auf
diese Weise wird einer der wohltaͤtigsten Zweke der Akademien,
Verbreitung nuͤzlicher kostbarer Werke im Publikum, erreicht, ohne
daß der Staat, folglich das Volk, die misera
contribuens plebs, mit vielen Tausenden unnuͤzer Ausgaben
fuͤr muͤßiges Zeug belastet wird.Wo Akademien in einem Lande mit so geringen Kosten und so hohem Nuzen
fuͤr dasselbe, wie in Schweden und in Piémont, bestehen,
moͤgen sie fortbestehen; wo aber Akademien in gelehrte Menagerien
ausarten, ist es Zeit damit so zu verfahren, wie der Koͤnig von
Wuͤrtemberg mit der angeerbten Menagerie verfuhr. Auch das
schoͤne hochgebildete Wuͤrtemberg hat alle Zweige des
menschlichen Wissens auf eine hohe Stufe von Vollkommenheit foͤrdern
helfen, und besizen Gelehrte von dem ausgezeichnetesten Range in jedem Fache
des menschlichen Wissens, besizt eine Masse von Kenntnissen unter seinem
Volke verbreitet, wie man sie in wenigen Laͤndern findet, ohne daß es
jemals von einer Hofakademie heimgesucht worden waͤre, so sehr auch
seine Fuͤrsten immer gerechten Stolz auf Foͤrderung der
Wissenschaften sezten.Nicht Maststaͤlle fuͤr Gelehrte, aber Nahrung fuͤr
wissenschaftlichen Hunger beduͤrfen die Voͤlker: sie
beduͤrfen: 1) Bibliotheken, nicht bloß in
den Hauptstaͤdten, sondern in allen etwas groͤßeren
Staͤdten des Landes; Bibliotheken, welche die klassischen Werke aller
Zeiten und Voͤlker, die vorzuͤglichsten Werke der
vaterlaͤndischen Geschichte, und dann alle, zum kraͤftigen und
erfolgreichen Betriebe der Landwirtschaft in allen ihren Zweigen, als
Viehzucht, Feldbau, Gartenbau, Forstzucht, zum zwekmaͤßigen und
gluͤklichen Betriebe der Kuͤnste und Gewerbe in allen ihren
Verzweigungen notwendigen Werke in ihren Schraͤnken aufgestellt
enthalten: also eine reiche und auserlesene Sammlung zoologischer,
botanischer und mineralogischer Werke; die vorzuͤglichsten Werke in
allen Zweigen der reinen und angewandten Mathematik, der Physik, der Chemie,
der Landwirtschaft, der Technologie. Die Bibliothek der Hauptstadt muß das
gesammte Gebiet des menschlichen Wissens aller Zeiten und aller
Voͤlker der Erde bis auf den neuesten Tag herab umfassen. Dieß ist um
so notwendiger, als heute zu Tage das Vermoͤgen auch des reichsten
Privatmannes kaum hinreicht, sich alle in dem Gebiete seiner Wissenschaft
bei allen Voͤlkern jaͤhrlich
erscheinenden Werke beizuschaffen: das Gebiet der Naturgeschichte allein,
dieser Basis aller Landwirthschaft und Gewerbskunde, uͤbersteigt
jaͤhrlich 70–80,000 fl. Die Bibliotheken der
Landstaͤdte koͤnnten sich mit den auserlesensten
aͤlteren und den vorzuͤglichsten neueren begnuͤgen. 2)
Sammlungen und Cabinette der Naturprodukte des Vaterlandes aus allen drei Reichen, (aus dem
Thierreiche vorzuͤglich der in der Landwirtschaft schaͤdlichen
Insecten in allen Perioden ihres Lebens); des Auslandes als Basis der Waarenkunde fuͤr Gewerbsleute,
damit sie gegen die so oft im Handel vorkommenden Verfaͤlschungen so
viel moͤglich gesichert waͤren, und gute echte Waare von
verfaͤlschter und schlechter unterscheiden lernten; Sammlungen von Modellen der besten Maschinen und
Geraͤthe zu jeder Arbeit in den Gewerben und in der Landwirthschaft.
In der Hauptstadt muͤßten diese Sammlungen so viel moͤglich
allumfassend seyn: Holland, das heutige Holland, kann in seinen
naturhistorischen Cabinetten zu Leyden, in dem technologischen zu
Bruͤssel anderen Staaten hierin als Vorbild dienen. 3) Botanische Gaͤrten: allumfassend in der
Hauptstadt; in den kleineren Staͤdten als Baum- und
Saamenschulen, in welchen der Buͤrger und Landmann nicht bloß alle
nuͤzlichen schnellwachsenden Holzarten, alle edleren und besseren
Obstsorten, alle besseren Gemuͤse und Getreidearten, alle Oehl:,
Faͤrbe- und Gaͤrbepflanzen etc., mit einem Worte Alles,
was die Pflanzenwelt fuͤr sein Klima Brauchbares ihm darbietet,
kennen lernt, sondern auch unentgeldlich oder fuͤr geringe Preise
erhalten kann. Diese, mitten in den Graͤueln der Revolution
hervorgegangenen, mitten unter den moͤrderischen Kriegen von dem des
Despotismus und des Geizes angeklagten unsterblichen Kaiser auf den
hoͤchsten Grad der Vollendung erhobenen, und, nach der Restauration,
selbst von dem deplorablen und incompatiblen Ministerium sorgfaͤltig
erhaltenen Anstalten in Frankreich koͤnnen jedem anderen Lande als
Muster dienen. 4) Oeffentliche Laboratorien
fuͤr Physiker*) und Chemiker, in welchen der unbemittelte Gelehrte
diejenigen Versuche anstellen kann, die er zum Behufe der Wissenschaft
fuͤr nothwendig findet. Dieß ist der gegenwaͤrtige Bedarf
fuͤr die Voͤlker sowohl als fuͤr die Wissenschaften,
wenn beide in ihrer Cultur gehoͤrig fortschreiten sollen. Ein Theil
dieses Bedarfes wird sich durch die Summen deken lassen, die heute zu Tage
in manchem Lande fuͤr eitle Charlataneria
Eruditorum, fuͤr blauen gelehrten Dunst und literarischen
Nebel hinausgeworfen werden: was uͤbrigens noch zu aͤhnlichen
Anstalten fehlt, muß, wo das Volk, wie in vielen Laͤndern
Deutschlands, viel zu arm ist, von der Regierung nachgeschossen werden. Wozu
nuͤzen dem Lande die 20 Millionen, die z.B. in der Casse*'s
muͤßig liegen? Bibliotheken, Cabinette, Botanische Gaͤrten,
oͤffentliche Laboratorien sind die Festungen des Friedens; sie
nuͤzen dem Lande im Frieden eben so maͤchtig, als die festen
Plaͤze im Kriege; sie sichern das Land, daß es nicht
uͤberfluͤgelt wird von den Nachbarstaaten, waͤhrend
diese auf dem weiten Felde der schoͤnsten Eroberungen, die der
menschliche Geist machen kann, auf dem Felde der Erfindungen und
Entdekungen, rasch vorwaͤrts schreiten, und die Graͤnzen des
menschlichen Wissens immer weiter und weiter hinausruͤken. Wissen ist Kraft, im Frieden eine noch
maͤchtigere Kraft, als Schießen im Kriege, und selbst dieses leztere
beruht in seinem Erfolge lediglich auf der feinsten Mathematik, auf der
hoͤheren Vollendung der Physik und Chemie. Wer nur um ein Zehntel
weiter zu schießen vermag, als ein anderer, und zehn Mal besser trifft, ist
dem Anderen hundert Mal uͤberlegen.Die Wuͤnsche, die uns hier entschluͤpften, sind keine einen
Wuͤnsche; sie wurden in Holland theils vom Volke, theils von der
Regierung, in Frankreich, zum Theile, von lezterer allein
ausgefuͤhrt. Was das reiche hollaͤndische Volk vermag, das mit
dem Ueberschusse seines Vermoͤgens auf das Steigen und Fallen anderer
Voͤlker speculirt, vermag nicht jedes andere Volk. Daß das
hollaͤndische Volk aber zu diesem hohen Reichthume gelangte, verdankt
es bloß seiner hoͤheren Bildung, seinen eben so gruͤndlichen
als ausgebreiteten Kenntnissen in allen Zweigen des physischen und mathematischen
Wissens.*) Das kleine, nur von einigen Tausend Bleichern, Webern,
Gaͤrtnern, Landwirthen und Kaufleuten bewohnte Haarlem besizt an seinem Taylor'schen Institute eine Bibliothek
von naturhistorischen Werken, um deren mehrere man zu Wien und Berlin, zu
Muͤnchen und zu Paris vergebens fragen wird, und aus der kleinen
zoologischen Sammlung dieses Staͤdtchens koͤnnten die
Sammlungen aller so eben genannten Hauptstaͤdte sich noch mit einigen
Exemplaren bereichern. Physische und mathematische Kenntnisse bereichern
nicht bloß den Geist, sie bereichern auch den Sekel desjenigen, der sie
gehoͤrig zu benuͤzen weiß. Ein Volk, das reich an physischen
und mathematischen Kenntnissen ist, muß auch reich an Geld werden.
Moͤchten dieß diejenigen Financiers nicht vergessen, die da glauben,
die ganze Kunst zu regieren bestehe in Vermehrung der Staatseinnahme durch
directe und indirecte Steuern. „Wenn ich, sagt der
Hollaͤnder, von meiner Sau viel Spek gewinnen will, muß ich
vorerst dafuͤr sorgen, daß sie fett werden kann.“ Und
so wird man auch, wo man aus directe oder indirecte Weise von dem Volke viel
Geld erheben will, vorerst dafuͤr sorgen muͤssen, daß es zu
Geld gelangen koͤnne. Dieß kann es aber, wenn es kein Raubvolk ist,
nur dadurch, daß es arbeiten lernt, und zwar mit Verstand arbeiten lernt,
was nie der Fall seyn wird, wo man ihm den hierzu noͤthigen
Unterricht entzieht. A. d. Ue.*) Die Regierung der Vereinigten Staaten hat uͤber ihr Gebiet, das die
Weltmeere der beiden Hemisphaͤren begraͤnzt und von dem
Wendekreise bis an den Polarkreis reicht, genau verglichene Barometer und
Thermometer an ihre Buͤrger auf jedem wichtigeren Punkte ihres
ungeheueren Landes vertheilt, und ein eigenes Comité ernannt, das die
einzusendenden Beobachtungen zu vergleichen hat. (Siehe Edinburgh New Philos. Journal N. 5. IV. Bd.) Hr. v. Humboldt empfahl dem Kaiser aller Reußen am 28. Nov. 1829 in
seiner schoͤnen, aber etwas zu mystischen Rede fuͤr einen
reinen Physiker, dem Beispiele dieses Freistaates zu folgen, und wenn kein
Minister in Rußland auf diesen guten Rath achten sollte, so wird der weise
Cancrin denselben seinem Czar an das Herz zu
legen wissen. Vor mehr dann zwanzig Jahren hat das
Obermedicinal-Comité in Bayern, als es noch unter der Leitung
eines Mannes stand, der eben so großer Physiker als Arzt und seinen
Zeitgenossen vielleicht um ein Jahrhundert voraus war, an die vom Staate
angestellten Aerzte auf den sogenannten Physikaten meteorologische
(verglichene) Instrumente vertheilen lassen, und eine treffliche Instruction
uͤber die anzustellenden Beobachtungen erlassen. Wir fanden in Bayern bei den sogenannten Physicis (Physikatsaͤrzten) die
Thermometer an Kuͤchenfenstern, an Schornsteinen, und ein Barometer
an einer hoͤchst schiefen Wand nicht aufgehaͤngt, sondern
angenagelt. Wer waren die Lehrer dieser Physiker in der Physik?
Moͤnche und Exmoͤnche. Heute zu Tage sieht kein Arzt in Bayern
mehr ex offo auf ein Barometer oder
Thermometer.*) Es ist merkwuͤrdig, daß das hollaͤndische (das
niederdeutsche) Volk, waͤhrend die Gebildeten unter demselben die
klassischen Dichter aller anderen Voͤlker auswendig wissen,
Poëterei nie besonders geachtet, auch keinen Dichter aufzuweisen hat,
den man den vorzuͤglichsten Dichtern anderer Voͤlker an die
Seite stellen koͤnnte. Nur einige gute Satyriker haben die
Hollaͤnder.
Fuͤr diejenigen, welche die Frage der National-Aufmunterung der
Wissenschaften nach Pfund Sterling, Shillings und Pence bemessen, will ich hier eine
Thatsache aufstellen, die, obschon sie ziemlich allgemein bekannt ist, doch, wie es
mir scheint, etwas mehr
Aufmerksamkeit verdient. Die Regierung hat vor Kurzem die Bemerkung gemacht, daß die
Bedingungen, unter welchen sie Leibrenten ertheilte, auf Fehlern in der Berechnung
beruhten, und ein Parliamentsact hat neue Tafeln einzufuͤhren befohlen. Man
hat behauptet, daß die fruͤheren fehlerhaften Tafeln dem Lande einen Verlust zwischen
zwei und drei Millionen Pfund Sterling verursachten. Die Thatsache, daß der
Papierhandel mit diesen Leibrenten eine schlechte Speculation war, war
laͤngst allgemein bekannt, und die Regierung scheint das lezte Individuum
gewesen zu seyn, das hieruͤber gehoͤrig unterrichtet wurde.
Haͤtte man nur die Haͤlfte des Interesses von der Haͤlfte
dieses Verlustes mit Verstand zur Foͤrderung mathematischer Wissenschaften
verwendet, so wuͤrden diese so kostbaren und theueren Fehler durchaus
unmoͤglich geworden seyn.Was Hr. Professor Babbage hier von England sagt,
gilt auch von manchem Lande aus dem Festlande, zumal im suͤdlichen
Deutschland, und es waͤre hoͤchst zu wuͤnschen, daß
diese Laͤnder bei Zeiten durch fremden Schaden klug werden
moͤchten, den sie in England naͤchster Tagen mit eigenen Augen
werden wahrnehmen koͤnnen. Man glaubt nur zu haͤufig in den
Buͤreaukratien, der ganze Nuzen der Mathematik fuͤr den
Staatshaushalt besteht in der Kunst zu Addiren
bei den Rechnungskammern, zu Subtrahiren bei den
Verwaltungen, und zu Dividiren bei den
verschiedenen Finanzdepartements! und zwar so zu dividiren, das; der
Dividendus unter den Divisoren ohne bedeutenden Bruch aufgeht. Daß sich die
Festigkeit, das nahe Sinken oder Steigen eines Staates durch a + b berechnen
laͤßt, scheint man heute zu Tage nicht zu ahnden, und unsere Ahnen
waren mitten in ihrer Unwissenheit und ihren Vorurtheilen wenigstens
insofern kluͤger als wir, als sie die Notwendigkeit fuͤhlten
an jedem Hose, wenn er auch noch so klein war, mindestens doch eine Art von Mathematiker zu halten,
naͤmlich einen Astrologen, der die Zukunft, so gut es gehen mochte,
berechnen sollte. Mit dem Astrologen vom Hofe ist auch die Mathematik, wie
es scheint, aus dem Staatshaushalte verbannt worden, so wie mit dem
Hofnarren die Wahrheit: denn heute zu Tage gilt jeder fuͤr einen
Narren, der es wagt die Wahrheit laut auszusprechen. Wir zweifeln sehr, ob
in irgend einem Staate (außer dem ehemaligen Napoleon'schen) irgend ein
Finanzplan uͤber directe oder indirecte Steuern der Pruͤfung
eines tuͤchtigen Algebristen unterzogen wurde. Die Finanzminister
sind zwar in der Regel beim Staatsschuldenmachen und beim
Staatsschuldentilgen so klug, ihre Unwissenheit oͤffentlich zu
gestehen, und Bankiers in ihre Ministerialsizungen zu laden. Allein die
Bankiers, die die Mathematik des Schuldenmach- und Schuldentilgwesens
in der Regel besser verstehen, als der Hr. Minister mit allen seinen
Finanzraͤthen, vergessen selten, sich selbst als Coefficienten bei
jedem
Gliede der Rechnung anzubringen, und so sehen wir nicht selten diese
Mathematiker fuͤr den guten Rath, den sie den Hrn. Finanzministern
und Raͤthen ertheilten, um eben so viele halb Duzende Nullen hinter
irgend einer Anzahl von Einheiten reicher werden, als der Staat
aͤrmer wird. Die ganze Welt bewundert das Haus Rothschild, und die ganze Welt scheint vergessen zu haben, daß die
Soͤhne Israëls von jeher die Mathematik weit emsiger
betrieben, als irgend ein anderes Volk der Erde. Man glaubt so oft dort
Wunder zu sehen, wo alles auf die natuͤrlichste Weise von der Welt
geschieht. Hr. Baron von Rothschild wird besser,
als Tausend andere, fuͤhlen, wie viel er der Cultur der Mathematik
unter seiner Nation zu danken hat, und wir zweifeln nicht, daß, wenn ihm
Hrn. Babbage's Abhandlung zu Gesicht
kaͤme, er, bei dem hohen Sinne, den er fuͤr Foͤrderung
der Wissenschaften sowohl als fuͤr Linderung menschlichen Elendes
schon so oft auf die ehrenvollste Weise beurkundet hat, sich vielleicht
entschließen wuͤrde eine halbe Million zur Gruͤndung eines Institutes fuͤr mathematische
Wissenschaften in irgend einem Lande fuͤr seine Glaubensgenossen als ewiges Andenken an seinen
unsterblichen Namen zu bestimmen. Sein Beispiel wuͤrde sehr bald
einige andere Voͤlker elektrisiren, und man wuͤrde den Werth
des mathematischen Wissens endlich wenigstens
nach Pfund Sterling, Shill., Pence und Farthings fuͤhlen lernen.
Uebrigens werden dann die Israeliten, wenn Einer der Maͤchtigsten
Ihres Volkes der Erste war, der ein Institut fuͤr das reinste menschliche Wissen, fuͤr mathematische Wissenschaften, gruͤndete,
die Ehre haben den uͤbrigen Voͤlkern mit den heiligen
Buͤchern des Wissens eben so vorausgegangen seyn, wie mit den
heiligsten Buͤchern des Glaubens, und die uͤbrigen
Wissenschaften und Kuͤnste werden sich auf Mathematik stuͤzen lernen, wie das neue Testament sich aus
das alte stuͤzt.Eigene Institute fuͤr mathematische
Wissenschaften sind ein laͤngst gefuͤhltes Beduͤrfniß
in allen Staaten, in welchen Oekonomie, Industrie und Handel sich in einem
bluͤhenden Zustande befindet. Der gewoͤhnliche Lehrvortrag
uͤber Mathematik auf Universitaͤten, wenn er auch, wie an
einigen solideren Universitaͤten, auf drei Jahre ausgedehnt ist, ist
zu kurz; die Vorlesungen uͤber Mathematik werden uͤberdieß
theils sehr nachlaͤssig von denjenigen besucht, die Mathematik nur
als Nebensache, wie man sagt, hoͤren,
theils sehr sparsam und kuͤmmerlich von
denjenigen, die einst Mathematiker von Profession werden wollen; so daß auf
manchen Universitaͤten unter 1000 bis 2000 Studierenden in manchem
Curse auch nicht Einer ist, der Mathematik studiert um Mathematiker zu
werden. Wir wissen, daß der Mangel an Mathematikern in einem Staate von 32
Millionen Menschen vor 20 Jahren noch so groß war, daß einer der
angesehensten Professoren der Astronomie in Europa, der sich damals in einer
Provinz dieses Landes als Director einer Sternwarte befand, zwei Jahre lang
keinen Adjuncten bekommen konnte. Ein Israëlite, der sich zur
Adjunctenstelle weldete, wurde von dem Jesuitenknechte, der das Studienwesen
in diesem Lande leitete, ungeachtet der ausgezeichnetesten
Faͤhigkeiten und Kenntnisse, zuruͤkgegewiesen. Zeither sind
die Lehrstellen der Mathematik in diesem Lande meistens mit Geistlichen
besezt, welche, wie die Geschichte von Galileo bis auf unsere Zeiten lehrte,
immer mehr Interesse fanden, das Studium der Mathematik zu
unterdruͤken und den mathematischen Geist erstiken, als zu weken. Zum
(Gluͤke fuͤr die Menschheit und fuͤr diesen Staat
werden diese jesuitischen Umtriebe in demselben dadurch gelaͤhmt, daß
einige Prinzen des Landes selbst mathematischen Geist genug besizen, um
diesen in dem ihren Befehlen anvertrauten Militaͤre kraftvoll zu
naͤhren und zu pflegen. Die Mathematik ist in diesem Lande so sagen
einzig in den Reihen der Tapferen finden, und wir koͤnnten einige
achtbare Namen unter diesen nennen, die sich bloß deßwegen der Artillerie
und dem Geniewesen widmeten, um ihrem Hange, ihrem Drange zur Mathematik
Befriedigung schenken zu koͤnnen, und wenigstens
ein sicheres Stuͤk Commißbrot an der Seite der Venus Urania zu
finden. Durch diese Officiere, durch die Unterofficiere selbst der
Artillerie und des Geniewesens verbreitete sich in diesem Lande der
notwendige Bedarf mathematischer Kenntnisse unter den Technikern, welche
sich denselben ganz natuͤrlich weder an der Universitaͤt, noch
selbst an der polytechnischen Schule holen konnten. So wird das
Militaͤr durch seine mathematischen Kenntnisse im Frieden eben so
sehr, wie im Kriege, die eigentliche Seele dos buͤrgerlichen Lebens,
ohne welche Akerbau, Industrie und folglich auch Handel in diesem Lande noch
jezt, wie ehevor, danieder liegen wuͤrde.Wenn Hr. Babbage klagt, daß man in England
Maͤnner, wie Dalton, Schule dreschen
laͤßt, so ist dieß ein Ungluͤk, das nicht England allein und
nicht Dalton allein trifft, sondern auch andere
Laͤnder und andere verdiente Maͤnner. Dieses Ungluͤk
ist vorzuͤglich darin gegruͤndet, daß man haͤufig
irgend ein Moͤbel, das man in der Rumpelkammer der Staatshaushaltung
zu nichts anderem brauchen kann, zum Minister des Unterrichtes oder zum
Studienreferendaͤr macht. Gewoͤhnlich ist dieses Moͤbel
ein ehemaliger Jurist, der, als solcher, in der Regel, auf der
Universitaͤt nichts gelernt hat; der sich hoͤchstens
vielleicht einen Anstrich von historischem, publizistischem oder
belletristischem Halbwissen zu geben und dadurch ein Plaͤzchen in der
Bureaukratie zu erschleichen wußte; der so wenig von Mathematik, Physik,
Chemie, Naturgeschichte, mit einem Worte, von Allem demjenigen, worauf das
Wohl des Staates eigentlich beruht, versteht und
weiß, als Karl's XII. Stiefel vom Staatshaushalte.Solche Moͤbel moͤbliren nun nicht selten den Staat mit
Professoren der Mathematik, Physik etc., je nachdem sie ihnen per gladium aut per vaginam aufgedrungen werden;
vertreiben die groͤßten Physiker beider Welttheile, wie z.B. den
unsterblichen Grasen * * aus dem Lande; rufen dafuͤr Narren hinein,
und, wenn sie Gelehrte von Verdienst rufen wollen, wissen sie nicht einmal
den Namen derselben richtig zu schreiben, und lassen X fuͤr V kommen. Wenn man
wuͤßte, wie Professoren gewoͤhnlich auf das Katheder gesezt
werden, wuͤrde man sich nicht wundern, daß die Welt so dumm ist, wie
sie ist: zum Gluͤke ist sie noch nicht gar so dumm, als man sie haben
will, und als die meisten Minister des Unterrichtes, die
Studienpraͤsidenten, Studienrefendaͤre etc. sie haben wollen.
Mitten in der Nacht der Inquisitionen erscheint zuweilen ein
Studienpraͤsident, wie Gerard van Swieten,
der Sohn, und verscheucht die roͤmischen Finsternisse wenigstens
fuͤr ein paar Menschenalter, und neben dem elenden Betruͤger
Defontanes, der den großen Kaiser und die
große Nation zugleich aͤffte, sieht man den edlen Grafen Scopoli im K. Italien sein Vaterland den
Wissenschaften wieder eroͤffnen. Nie sollte eine Regierung die
Gewalt, Lehraͤmter zu ertheilen, einem einzigen Individuum
anvertrauen, außer sie hat sich durch Reihen gluͤklicher Erfahrungen
von der Vielseitigkeit und Gediegenheit der Kenntnisse, von der Treue und
Anhaͤnglichkeit desselben an die Grundsaͤze der Regierung, und
von der reinsten Unbestechlichkeit in physischer und moralischer Hinsicht
vollkommen uͤberzeugt. Diese schoͤne Ueberzeugung
haͤtte Joseph II. von seinem weisen Freunde Gerard van Swieten, Napoleon von dem Med. Doctor, Grafen
Scopoli, gewonnen, und Oesterreich und
Italien erbluͤhten schnell unter dem wohltaͤtigen
Einfluͤsse dieser beiden großen Gelehrten. Da Maͤnner von
solchem Schrote und Korne zu den Seltenheiten ihrer Jahrhunderte
gehoͤren, so sollte die Besezung der Lehrstellen nicht nur nie
einzelnen Individuen, noch weniger aber gelehrten Corporationen
uͤberlassen werden, bei welchen Simonie, Nepotismus, und die Furcht,
daß ein Individuum unter sie geraͤth, das sie auf der einen Seite
verdunkeln, auf der anderen ihre dunkeln Wege beleuchten koͤnnte, nur
zu oft die Anstellung wuͤrdigerer Individuen, als sie selbst sind, zu
hindern weiß. Zur Leitung der wissenschaftlichen Cultur eines Volkes, zur
Foͤrderung der Wissenschaften in einem Lande ist ein eigener
Erhaltungsrath noͤthig, der aus dem gebildetesten und edelsten Theile
der Nation bestehen muͤßte; der fuͤr seine Amtsverrichtungen
keinen Gehalt bezoͤge, sondern durch die Ehre, fuͤr das
hoͤchste und wichtigste Beduͤrfniß eines jeden Landes,
zwekmaͤßige Bildung seiner Einwohner in jeder Classe derselben, sorgen
zu duͤrfen, hinlaͤnglich belohnt wuͤrde. Durch einen
solchen Erhaltungsrath fielen nicht nur, auf der einen Seite, die großen
Auslagen fuͤr das sogenannte Studiendepartement weg, die gerade in
jenen Staaten am groͤßten sind, wo man am meisten fuͤr
Wissenschaft sorgt, und auf der anderen Seite waͤren von den
hunderttausend Menschlichkeiten, die so oft bei Besezung der Lehrstellen
durch einen einzelnen unwissenden, eitlen, eigennuͤzigen, geilen
Schreiber unterlaufen, so viel moͤglich umgangen. Es wuͤrden
dann nur Maͤnner von Verdienst als Lehrer angestellt werden, von
deren Kenntnissen sich der gebildeteste und edelste Theil des Volkes
uͤberzeugt hat, und es wuͤrde dann nicht selten der beinahe
unerhoͤrte Fall eintreten, daß einzelne Buͤrger vom Staate
gebeten wuͤrden, gewisse Lehrstellen zu uͤbernehmen,
waͤhrend man jezt beinahe uͤberall nur um Lehrstellen bitten
oder betteln oder schachern sieht, und, wenn ja irgend ein Ruf (eine
sogenannte Vocation) von Seite eines Studiendepartements erlassen wird,
dieser Ruf meistens nur an einen Gelehrten des Auslandes zur Schande aller
Gelehrten desselben Faches im Inlande, zur wahren Nationalschande, gerichtet
ist.Wenn die Weisheit so vieler Regierungen aller Zeiten und Laͤnder es
fuͤr geeignet fand, die Wahl der Individuen, welche das
Vermoͤgen und die Rechte einzelner Communitaͤten verwalten
sollen, der Municipalitaͤtsbeamten, unter Vorbehaltung der
allerhoͤchsten Genehmigung, dem Volke selbst zu uͤberlassen,
und wenn Regierung und Volk sich gut hierbei befindet; sollten
entgegengesezte Resultate zu besorgen seyn, wenn die Wahl der Lehrer des
Volkes den Gebildetesten und Edelsten in dem Volke uͤberlassen ist?
Wenn das Volk, wie es sich so oft zeigt, weil es ganz in der Natur der Sache
gelegen ist, die tuͤchtigsten Maͤnner zu jedem Fache aus
seiner Mitte besser zu waͤhlen versteht, als mancher Minister; sollte
man Mißgriffe von Seite der Gebildetesten und Edelsten unter dem Volke zu
besorgen haben? Vielleicht, wenigstens, kaum groͤßere, als nach dem
bisherigen Verfahren geschehen, wo es nicht selten selbst den
Schuͤlern unbegreiflich ist, wie ihr Professor Professor werden
konnte, da er offenbar weit weniger weiß, als sie selbst. Man hat die hier
beruͤhrte Weise, die Lehraͤmter von den Trivialschulen bis zu
den Lehrkanzeln hoͤherer Wissenschaften hinaus zu besezen, bereits in
mehreren der Vereinigten Staaten N. Amerika's mit dem gluͤklichsten
Erfolge versucht: vielleicht kommt diese Sitte auch einst noch uͤber
den Ocean her nach Europa. A. d. Ue.
Fuͤr diejenigen, welche sich vor dem Ansehen großer Maͤnner beugen, mag
Eine Bemerkung hinreichen. Die Méchanique
céleste
Der erste Band der ersten Uebersezung dieses beruͤhmten Werkes in die
englische Sprache kam so eben nach England aus Nordamerika. A. d. O. und die Théorie analytique des
Probabilités wurden beide von ihrem Verfasser, Laplace, dem Kaiser Napoleon zugeeignet. Waͤhrend der Regierung dieses außerordentlichen
Mannes waren die Eroberungen Frankreichs im Gebiete der Wissenschaften eben so
glaͤnzend, als die Siege uͤber seine Feinde. Moͤgen die
Institutionen, die Frankreichs Physiker erzogen und belohnten, eben so bleibend seyn, als
die Wohlthaten, welche leztere der Menschheit erwiesen!
In anderen Laͤndern hat man gefunden, und gibt es auch zu, daß
Wissenschaftliche Kenntnisse eine Empfehlung zu oͤffentlichen Aemtern sind,
und daß ein Mann deßwegen, weil er einst eine Sternwarte dirigirte, oder weil er
durch seine Entdekungen den Umfang unserer Kenntnisse im Thierreiche erweiterte,
nicht ein schlechtes Gesandter seyn muß. Es fehlt auch nicht an Beispielen, daß
Minister ihre Laufbahn mit Untersuchungen in der reinen Analysis begannen. Da solche
Beispiele vielleicht haͤufiger sind, als man allgemein glaubt, so wird es
nicht schaden, einige jener Maͤnner, die sich in Wissenschaften
auszeichneten, und entweder fruͤher hohe oͤffentliche Aemter in den
Regierungen ihres Landes bekleideten oder noch bekleiden namentlich
anzufuͤhren:
Textabbildung Bd. 37, S. 390
Land. Name. Wissenschaft. Umt.
Frankreich. Marquis Laplace.Verfasser der Mécanique celeste. A. d.
O.; Mathematik. Praͤsident des Erhaltungsrathes. do; Carnot.;
Kriegsminister. Graf Chaptal.Verfasser des Traité de Chimie
appliquée aux arts. A. d. O. (Und der trefflichen Abhandlung uͤber den Weinbau, und
vieler anderen hoͤchst schaͤzbaren Werke und Abhandlungen
in landwirthschaftlicher, technischer und chemischer Hinsicht.) A. d.
Ue.; Naturgesch. Chemie. Minister des Inneren.
Textabbildung Bd. 37, S. 391
Land. do; Name. Wissenschaft. Amt.
Baron Cuvier.Verfasser der Leçons d'Anatomie
comparée; der Recherches sur les
ossemens fossiles etc. etc. A. d. O. (Eines trefflichen Handbuches der Naturgeschichte, der großen Naturgeschichte
der Fische, und der vielen herrlichen Biographien der verstorbenen
Mitglieder des Institutes.A. d. Ue.); Vergleichende Anatomie. Minister des oͤffentlichen Unterrichtes.
Yreußen. Baron Humboldt. Orientalische Sprachen. Gefandter in England. Alexander
Humboldt. Der beruͤhmte Reisende. Kammerherr u. Geh. Rath des Koͤniges
von Preußen. Modena. Marchese Rangoni.Verfasser der Memoria sulle Funzioni Generatrici.
Modena, 1824, und mehrerer anderer Abhandlungen uͤber
mathematische Gegenstaͤnde.A. d. O.; Mathematik. Minister der Finanzen und des oͤffentlichen
Unterrichtes. Praͤsident der italiaͤnischen Akademie der XL. Toscana.
Conte Fossombroni.Verfasser mehrerer Abhandlungen uͤber Mechanik und Hydraulik in den
Abhandlungen dieser Akademie.A. d. O. Premierminister in Toscana. Schafen. Hr. v. Lindenau.Verfasser der barometrischen Tafeln, Gotha. 1809;
der Tabulae veneris novae et correctae. Gothae.
1810; der Investigatio nova Orbitae a Mercurio circa
Solem descriptae. Gothae. 1813 u.a. Werke.A. d. O.; Astronomie. Gesandter.
Hr. v. Lindenau, Gesandter der Koͤniges von Sachsen
am niederlaͤndischen Hofe, begann seine Laufbahn als Astronom an der
Sternwarte des Herzoges von Gotha, und ward dann Gesandter am deutschen Bunde. Nach
dem Tode des Herzoges ward Hr. von Lindenau nach Dresden
geladen, und bekleidete dieselbe Stelle unter dem Koͤnige von Sachsen, der
ihn dann zum Gesandten am niederlaͤndischen Hofe ernannte. Zu solchen
Beispielen finden wir nun in unserem Lande (England), wenigstens in den neueren
Zelten, keine Gegenstuͤke. Newton ist zwar
Muͤnzmeister geworden, allein dieß geschah vor mehr dann hundert Jahren: wenn
heute zu Tage Jemand einen aͤhnlichen Posten fuͤr einen Newton
vorschlagen wuͤrde, so wuͤrde er sehr bald aus dem Laͤcheln
derjenigen, denen er einen solchen Vorschlag machte, entnehmen, daß die
hoͤchsten wissenschaftlichen Kenntnisse hier ohne Erfolg bleiben, und daß
politischer Einfluß, „(d.h. auf deutsch ministerieller)“
beinahe die einzige Enpfehlung ist.
Aufmunterung durch gelehrte Gesellschaften.
Es gibt verschiedene Umstaͤnde, welche dazu beitragen, Individuen, die
sich mit Wissenschaften beschaͤftigen, zu Verbindungen, zur Bildung von
Gesellschaften oder Akademien zu veranlassen. In fruͤheren Zeiten, wo
physikalische Instrumente noch eine Seltenheit waren, und die Kunst, Versuche
anzustellen, noch nicht gehoͤrig begriffen war, waren solche Verbindungen
beinahe nothwendig. In neueren Zeiten hingegen, wo die Wissenschaften sich
taͤglich durch neue Fortschritte bereichern, hat es sich gezeigt, daß
diejenigen Individuen, die am meisten geeignet sind die Graͤnzen des
menschlichen Wissens zu erweitern, nur zu oft am wenigsten im Stande sind die
Drukkosten fuͤr ihre Untersuchungen und Entdekungen zu bestreiten. Es war
daher sehr gut, daß man einige Mittel ausdachte, um diesem Nachtheile
abzuhelfen, und die Abhandlungen der Akademien haben diesen erwuͤnschten
Zwek erfuͤllt.Es gibt aber auch Akademien, die diesen Zwek waͤhrend der
Jahrhunderte und Jahrzehende ihres Bestehens mehr hinderten, als
foͤrderten, und es ist durch die Geschichte der meisten Akademien
erwiesen, daß sie eigentliche Erfindungen mehr unterdruͤkten und
untergruben, als foͤrderten. Hiervon finden sich von Papin bis auf Aldini in unseren Zeiten die schreiendsten Beweise auf jeder
Seite der Geschichte der Erfindungen. Wenn die sogenannten Abhandlungen der Akademien, nach Hrn. Babbage, den Zwek haben sollen,
Schriftstellern zum Druke einer Abhandlung zu helfen, fuͤr welche
sie sonst keinen Verleger finden wuͤrden; so ist dieß auf der
einen Seite eine Satyre auf die Verfasser dieser Abhandlungen, die man
kaum schneidender sich zu denken vermag, indem eine gut geschriebene
Abhandlung uͤber einen wichtigen Gegenstand immer sicher ist
einen Verleger zu finden, der sie ohne
Honorar drukt: auf der anderen Seite waͤren die
ungeheueren Auslagen, welche Akademien in einem Staate verursachen,
sicher das unzwekmaͤßigste Mittel, Abhandlungen zum Druke zu
soͤrdern, die keinen Verleger finden. Der Staat koͤnnte,
wenn er es fuͤr gut faͤnde, Abhandlungen druken zu lassen,
die auch ohne Honorar keinen Verleger finden, diesen Zwek weit sicherer
erreichen, wenn er denselben in seiner Staatsdrukerei druken
laͤßt. Hier waͤren, im ungluͤklichsten Falle, doch
nur die Drukkosten verloren; der uͤbrige Auswand bei der Ausgabe
der Abhandlungen der Akademie waͤre rein erspart. Wenn wir die
Rechnungen der meisten Akademien (bei welchen gehoͤrige Rechnung
gehalten wird) durchsehen, so werden wir finden, daß die Kosten, welche
die Ausgaben ihrer Abhandlungen verursachten, ein nagender Krebs am
Fonde der meisten Akademien sind. Haͤtte die Akademie ihre
kostbaren Abhandlungen irgend einem Buchhaͤndler geschenkt, der
sie unentgeldlich haͤtte druken wollen, so wuͤrde sie die
Tausende von harten Thalern erspart haben, die ihre Finanzen jezt so
hart druͤken. Wenn Abhandlungen von Gesellschaften, die so
allgemein und so tief in das Leben von Millionen eingreifen, wie der Bulletin de la Société
d'Encouragement, der Bulletin de la
Société industrielle de
Mulhausen, diesen Gesellschaften fuͤr ihre
hoͤchst wohlthaͤtigen, rein menschenfreundlichen und
wohlwollenden Absichten einen jaͤhrlichen Verlust von vielen
tausend Franken verursachen; wenn diese beiden Gesellschaften,
waͤhrend der kurzen Periode ihres Daseyns, der Menschheit mehr
ersprießliche Dienste geleistet haben, als manche Akademie
waͤhrend eines Jahrhundertes; so ist es erlaubt sich zu wundern,
wie Akademien und Gesellschaften auf dem Selbstverlage ihrer
Abhandlungen fortan beharren koͤnnen, waͤhrend
Buchhaͤndler dieselben gratis sicher
gern uͤbernommen haben wuͤrden. Der Buchhandel bildet
heute zu Tage in Frankreich, und noch mehr in Deutschland, einen
Phalanx, den kein Achill und kein Ajax, und selbst der schlaue Odysseus,
nicht durchzubrechen vermoͤgen wuͤrde. Man muß sich
demselben auf Diskretion ergeben, wenn man nicht Zeit, Muͤhe und
Capitalien, die man den Wissenschaften opferte, umsonst hinausgeworfen
haben will. Buchhaͤndler sind die Sensale der Capitalien des
menschlichen Geistes: ohne Sensale kein Borseverkehr; ohne Buchhandel
kein Verkehr in Ideen unter den Voͤlkern. Daher ist Italien, von
welchem wir so vieles lernen koͤnnten, und das auch von uns noch
manches lernen koͤnnte, insofern es keinen wahren Buchhandel
besizt, obschon Individuen durch alle Muͤheseligkeiten des
Selbstverlages in 20 Jahren Hunderttausende daselbst gewinnen
koͤnnen, doch noch immer fuͤr Europa nicht bloß eine
Halbinsel, sondern, in intellectueller Hinsicht, eine Insel außerhalb
Europens Graͤnzen.A. d. Ue.
Akademien dienen indessen auch noch zu einem anderen Zweke. Wenn sie sich auf
eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern beschraͤnken, welche durch ihre
Kenntnisse ausgezeichnet sind, so wird die Aufnahme an denselben ein Gegenstand
des Ehrgeizes. Allen denjenigen, die sich mit Wissenschaften
beschaͤftigen, wird dadurch ein Reiz angeboten, der sie bei ihren
Anstrengungen anspornt die gewuͤnschte Auszeichnung zu erlangen. Es ist
offenbar, daß man eine solche Stelle in dem Maße schaͤzen wird, als sie
schwer zu erlangen ist, und als der Ruhm derjenigen groß ist, die sie bereits
besizen. Sobald der Maßstab, nach welchem man den Rang in wissenschaftlichen
Kenntnissen bemißt, kleiner genommen wird, wird auch der Werth der Auszeichnung
geringer, die man nach diesem Maße erhaͤlt. Sobald einmal eine Menge
Leute, die gar keine wissenschaftlichen Kenntnisse besizen, aufgenommen werden,
werden Maͤnner von wissenschaftlicher Bildung keinen Stolz mehr darin
suchen, von einer solchen Akademie aufgenommen zu werden, und nur die minder gebildete Classe
wird noch wuͤnschen koͤnnen darin aufgenommen zu werden.Hr. Prof. Babbage wird uns verzeihen, wenn wir
unter allen Arten von Stolz den gelehrten
Stolz, und unter allen Arten von Eitelkeit, die literarische Eitelkeit, fuͤr die
deklagenswertheste Schwaͤche unter den vielen Arten von
Schwaͤchen halten, von welchen das arme Menschengeschlecht
heimgesucht wird. Es ist allerdings wahr, daß „Principibus placuisse viris, non ultima laus
est;“ es wuͤrde vielleicht ein Fehler
seyn, es zu verschmaͤlern; vielleicht waͤre der Fehler
aber noch groͤßer, wenn man darum buhlen wollte. Man muß das, was
man thut, ohne alle Ruͤksicht thun: weder Furcht vor Strafe noch
Sucht nach irgend einen Lohn wird denjenigen bei seinen Handlungen
leiten duͤrfen, der das, was er thut, in dem reinen
Gefuͤhle thut, daß Gutes daraus hervorgehen muß. Wer Gutes in der
Absicht thut, dafuͤr belohnt zu werden, hat Boͤses gethan;
denn er hat eigennuͤzig gehandelt. Er hat uͤberdieß
thoͤricht gehandelt, indem er sich durch eitle Meinungen zur
Handlung bestimmen ließ. Wer in aller Welt wird heute zu Tage mehr
irgend einen Werth auf die Aufnahme als Mitglied einer Akademie legen,
wenn er gesehen hat, daß dieselbe Akademie, daß derselbe gelehrte Koͤrper nach 20 Jahren
dasselbe Individuum wieder in seiner Mitte aufnimmt, welches er vor
zwanzig Jahren aus der Liste seiner Mitglieder mit allem Rechte
ausgestrichen hat? Wir wollen hoffen, daß das Zeitalter der Charlataneria Eruditorum im J. 1830 endlich
an dem Erdballe gluͤklich voruͤber gegangen ist, und daß
der lange lange Schweif des gelehrten Kometen, der ihn seit den
Jahrhunderten gelehrter Innungen so unsanft beruͤhrte, fortan die
ruhigen und regelmaͤßigen Umdrehungen um seine Achse nicht
laͤnger stoͤren wird. Schon vor bald hundert Jahren ließ
ein vortrefflicher Mann auf seinen Grabstein schreiben:„Çi git Piron, qui ne fut
rien,
Pas même
Academicien.“Es ist an der Zeit, die Lebenden an diese Grabschrift zu erinnern, damit
sie nicht vergessen, wie weise Maͤnner schon vor hundert Jahren
von akademischen Wurden dachten.A. d. Ue.
Wir wollen nun einige der verschiedenen Akademien Europens in Hinsicht auf die
Anzahl ihrer Mitglieder vergleichen. Die Royal Society of
London, das Institut de France, die Accademia italiana de' XL, und die k. Akademie zu Berlin sind unter den
ausgezeichnetesten.
Name des Landes:
Bevoͤlkerung:
Zahl der Mitglieder der Akademie:
Zahl der fremden Mitglieder:
England
22,299,000
685
50
Frankreich
32,050,000
75
8100
Preußen
12,415,000
38
16
Italien
12,000,000
40
8
Es ist also in Frankreich Ein Mensch unter 427,000 Mitglied des Institutes. In
Italien und Preußen ungefaͤhr Einer unter 300,000 Menschen Mitglied der
dortigen Akademien. In England hingegen liefert jeder Haufe von 32,000 Menschen
ein Mitglied der Royal Society. Wenn man nun bloß
allein diese Verhaͤltnisse der Zahlen der Mitglieder betrachtet, so muß
die Ernennung zum Mitglieds der Akademie zu Berlin 9 Mal mehr werth seyn, als
die zum Mitgliede der Roy. Society in England, und
ein Mitglied des Institutes in Frankreich ist in Frankreich ein 13 Mal
selteneres Ding, als ein Geselle, (Fellow) of the Royal Society in England.Es scheint uns nicht, daß aus dieser Darstellung eine Schande fuͤr
England oder eine besondere Ehre fuͤr die uͤbrigen Staaten
hervorgeht. Waͤren die Akademien in den lezteren eben so
eingerichtet, wie die Roy. Society, daß man
bloß zu bezahlen braucht, um in derselben aufgenommen zu werden; so
wuͤrde die Zahl der Akademiker vielleicht in Frankreich, Italien
etc. eben so groß seyn. Es ist uͤbrigens keine Schande
fuͤr ein Land und kein Nachtheil fuͤr die
Wissenschaften, wenn in diesem Lande jeder 32000ste
Mensch 600 fl. hergibt, um einem wissenschaftlichen Vereine desselben
auf was immer fuͤr eine Weise anzugehoͤren.A. d. Ue.
So sehr uͤbrigens obige Ansicht die Wuͤrde einer Stelle an einer
Akademie in anderen
Laͤndern erhoͤht, so ist doch die verhaͤltnißmaͤßige
Seltenheit derselben durchaus nicht der einzige auffallende Unterschied in den
Verhaͤltnissen wissenschaftlich gebildeter Maͤnner. Wenn wir auf
die Stelle Ruͤksicht nehmen, welche die Gelehrten, die Savans, in anderen Laͤndern in der
Gesellschaft behaupten, so werden wir finden, daß sie in mehreren derselben hoch
gestellt sind, und daß ihre Stellen eintraͤglich sind. Preußen ist
gegenwaͤrtig unter allen Staaten Europens vielleicht derjenige, welcher
den Wissenschaften die hoͤchste Aufmunterung, die kraͤftigste und
nachhaͤltigste Unterstuͤzung gewaͤhrt. So groß die
Verdienste vieler seiner Physiker sind, so ist doch auch ein guter Theil des
Schuzes, dessen sich die eigentlichen Wissenschaften in Preußen erfreuen, in dem
Charakter des regierenden Hauses gelegen, dessen heller Geist auch die
abstractesten Wissenschaften zu naͤhren und zu ehren weiß.
Der Grundsaz: „Wissen ist Kraft,“ kann nur von denjenigen
gehoͤrig begriffen werden, welche selbst in den Wissenschaften
gehoͤrig bewandert sind, und so koͤnnen wir dem Umstande, daß die
juͤngeren Zweige der k. preußischen Familie selbst sich bedeutende
Kenntnisse in diesen Wissenschaften erwarben, die wuͤrdevolle Kraft
zuschreiben, mit welcher diese Maxime in Preußen befolgt wird.
In Frankreich ist die Lage der Gelehrten hoͤchst ehrenvoll und
eintraͤglich. Wenn wir die Liste des Institutes analysiren, so finden wir
wenig Mitglieder, welche nicht Titel und Decorationen besaͤßen; da aber
der Werth solcher Merkmale der koͤniglichen Gunst großen Theiles von der
Menge derselben abhaͤngen muß, so will ich hier einige Umstaͤnde
auffuͤhren, die wahrscheinlich dem englischen Leser nicht allgemein
bekannt sind. Ich sammelte dieselben durch Vergleichung der Liste des Institutes
vom J. 1827 mit dem Almanach royal fuͤr
1823.
Zahl der Mitglieder des Institutes von Frankreich,die zur Ehrenlegion gehoͤren:
Zahl der Mitglieder
der
Ehrenlegion aus jeder Classe:
Großkreuze
3
80
Großofficiere
3
160
Commandeurs
4
400
Officiere
17
2,000
Ritter
40
Unbestimmt.
Zahl der Mitgliederdes Institutes, die denMichaël-Orden tragen:
Die Zahl der
Mitglieder dieses Ordens
ist
100.
Großkreuze
2
Ritter
27
Unter den Mitgliedern
des Institutes befinden sich
2 Herzoge,
1 Marquis,
4 Grafen,
2 Vicomtes,
14 Barone,
–––––
23, worunter fuͤnf Pairs von Frankreich.Hr. Babbage wird uns verzeihen, wenn
uns bei dieser Zusammenstellung gelehrter und politischer
Auszeichnung die Bemerkung eines alten Hofnarren einfiel, der,
als sein Koͤnig sich wunderte, daß sein Beichtvater auf
einmal den Kardinalshut erhielt, zu demselben sagte:
„Sire, wer hoch im Hause wohnt, hat nicht weit auf
den Dachgiebel; und wenn er nicht an Schwindel leidet, kann
er dann, wo es ihm beliebt, auf allen Hausdaͤchern
der Stadt umher spazieren. Orden und Wuͤrden ziehen
sich an, wie der Magnet die Feilspaͤne. Es gibt
Herren, die alle Voͤgel und vierfuͤßige Thiere
aller Hoͤfe an einem kleinen goldenen Bratspieße
gespießt in einem einzigen Knopfloche ihres Rokes tragen:
sogar ganze Elephanten.“ A. d. Ue.
Wenn wir die Liste der Royal Society
durchblaͤttern, so koͤnnen wir in derselben eine groͤßere Anzahl
von Peers finden, als am Institute von Frankreich, wir werden aber die Vergleichung dieser
beiden Gesellschaften richtiger anstellen, wenn wir auszumitteln suchen, wie
viel Mitglieder der Roy. Society, welche hohe
Wuͤrden bekleiden und hoͤhere Titel fuͤhren, zu den Transactions derselben beigetragen haben. Im J. 1827
haben 109 Mitglieder zu den Transactions of the Roy.
Society beigetragen. Unter diesen sind
5 Ritter,
3 Barone,
1 Peer.
Es verdient bemerkt zu werden, daß unter diesen Titeln 5 der Lohn fuͤr
aͤrztliches Verdienst gewesen sind; nur einer, jener naͤmlich des
Sir Humphry Davy, kann als Belohnung fuͤr
reine Wissenschaft betrachtet werden.
Man darf uͤbrigens nicht glauben, daß alle Adelstitel in der Liste des
Institutes Belohnungen fuͤr ausgezeichnetes Verdienst um Wissenschaften
waren; indessen waren es doch viele derselben, und es ist mehr als hinreichend,
wenn man hier bloß an die Namen Lagrange, Laplace,
Berthollet und Chaptal erinnert.
Die Achtung, in welcher literarisches Verdienst in Frankreich und in England
steht, erhellt durch einen sonderbaren Zufall bei Gelegenheit einer
franzoͤsischen Uebersezung einer Debatte im Oberhause, welche durch die
Thronrede im Anfange der Sizung des Jahres 1830 veranlaßt wurde. Die Gazette de France sagt: die Addresse wurde von dem
Herzoge Buccleugh, „Chef de la maison de Walter Scott“ vorgeschlagen. Wenn
ein englischer Zeitungsschreiber den Herzog Buccleugh
haͤtte durch ein Beiwort auszeichnen wollen, so wuͤrde er ohne
Zweifel das Beiwort „wohl
habend“ (wealthy), oder irgend
ein anderes gewaͤhlt haben, das unter seinen Landsleuten irgend eine der
geschaͤztesten Qualitaͤten eines Herzoges bezeichnet.
Wenn wir, auf der anderen Seite, die Ertraͤgnisse betrachten, welche die
Wissenschaften in Frankreich gewaͤhren, so werden wir finden, daß sie
jene in unserem England weit uͤbertreffen. Ich bedauere, daß ich in dem
gegenwaͤrtigen Augenblike ein Blaͤttchen Papier nicht mehr finde,
auf welches ich vor mehreren Jahren mir eine Bemerkung aufzeichnete: ich glaube
jedoch, daß mein Gedaͤchtniß mich nicht sehr taͤuschen wird. Es
besuchte mich vor einigen Jahren ein Auslaͤnder, der mehr als
gewoͤhnliche wissenschaftliche Kenntnisse besaß. Er war nur eine kurze
Zeit uͤber zu London, und verrieth in einem Gespraͤche mit mir,
daß er hoͤchst unrichtige Ideen in Hinsicht der Aufmunterung, welcher die
Wissenschaften bei uns sich zu erfreuen haben, erhalten haben mußte.
Ich hielt diesen Augenblik fuͤr eine erwuͤnschte Gelegenheit, eine
gehoͤrige Vergleichung zwischen dem Ertrage der Wissenschaften in England
und in Frankreich anzustellen, und legte ein Blatt Papier vor dem Fremden hin,
auf welches ich ihn bat die Namen von 6 Englaͤndern niederzuschreiben,
die, nach seiner Ansicht, in Frankreich ihrer wissenschaftlichen Verdienste
wegen am meisten geachtet sind. Ich nahm dann ein anderes Blatt Papier, und
schrieb die Namen von 6 Franzosen auf dasselbe, die man in England ihrer
wissenschaftlichen Entdekungen wegen am meisten achtet. Ich gab dem Fremden das
leztere Blatt, und ersuchte ihn, unter jedem Namen dieser 6 Franzosen das
Einkommen eines jeden derselben, insofern er es wußte, hinzuschreiben. Dasselbe
that ich mit den Namen der 6 Englaͤnder, die er niedergeschrieben hatte:
unter einige derselben mußte ich geradezu 0 schreiben. Bei Vergleichung der
beiden Summen ergab sich fuͤr die 6 franzoͤsischen Gelehrten ein
Durchschnitt von jaͤhrlich ungefaͤhr 1200 Pfd. Sterl. Wie hoch
sich die Summe fuͤr die 6 Englaͤnder belief, weiß ich nicht mehr
genau nur weiß ich noch, daß sie um Vieles kleiner war.Es ist allerdings wahr und richtig, daß der groͤßte Theil der
englischen Gelehrten von hoͤchstem Range in sehr
gedraͤngten und getruͤbten Verhaͤltnissen zu leben
gezwungen ist; es ist buchstaͤblich wahr, daß vielleicht kein
Land so ungerecht gegen seine großen Maͤnner gewesen ist, wie
England, das mehrere seiner groͤßten Genies buchstaͤblich
verhungern ließ; indessen ist es eben so wahr, daß die Gelehrten keines
anderen Landes sich ruͤhmen duͤrfen, solche
Unterstuͤzung gefunden zu haben, wie die englischen Gelehrten
sie aus der Hand ihrer Buchhaͤndler fanden. Man erinnere sich an
Gibbon's, an Walter Scott's, an Byron's Honorarien. A.
d. Ue. Wer da weiß, wie man in Frankreich mit 1200 Pfd. jaͤhrlich leben
kann, wird wissen, daß 1200 Pfd. in Frankreich weit mehr Lebensgenuß
gewaͤhren, als 2000 in England.
Wir wollen nun einen Blik auf die Aussicht werfen, die einem jungen Manne bei
seinem Eintritte in das Leben offen steht, wenn er, angetrieben von einem
unwiderstehlichen Drange, sich den abstracteren Wissenschaften weiht, oder, im
Vertrauen auf seine Jugendkraft, fuͤhlt, daß das Gebiet der abstracten
Wissenschaften dasjenige ist, welches seinen Geistesanlagen am meisten
entspricht, um jenen Ruhm zu erlangen, dem sein Herz entgegenschlaͤgt.
Was hat dieser Mann fuͤr eine Aussicht? Kann selbst der gluͤhende
Pinsel des Enthusiasmus ihm irgend etwas auf die kahle Niete mahlen, die er sich
hier gezogen hat? Es gibt kein Amt im Staate, keinen Plaz in der Gesellschaft,
auf welchen die Hoffnung ihm hindeuten koͤnnte, um ihn auf seiner
muͤhevollen Laufbahn zu ermuntern. Wenn er zu irgend einer unserer
Universitaͤten gehoͤrt, so gibt es zwar einige Lehrkanzeln an der
Alma Mater, zu welcher er
gehoͤrt, auf die er einst in fernster Zukunft Anspruch machen
kann; allein diese Lehrkanzeln sind nicht zahlreich, und der Gehalt, der mit
denselben verbunden ist, reicht selten hin um ein einzelnes Individuum,
vielweniger eine ganze Familie, zu naͤhren. Was kann er nun seinen
Freunden antworten, wenn sie ihn bitten sich auf irgend etwas zu verlegen, wobei
sie ihm vielleicht einst noch nuͤzlich seyn koͤnnen, oder irgend
etwas zu ergreifen, wobei seine Talente ihren verdienen Lohn finden
koͤnnen? Wenn er kein Vermoͤgen hat, so bleibt ihm keine Wahl
uͤbrig. Er muß die Bahn aufgeben, fuͤr
welche er sein Leben berechnete, auf welcher seine Denkweise und sein Ehrgeiz
ihm den ausgezeichnetesten Erfolg zusicherten; er muß ein Jurist oder irgend
etwas anderes werden, was Tausende werden, unter welchen er, ungeachtet seiner
großen Talente, hoͤchstens ein mittelmaͤßiger Mensch bleiben wird.
Der Verlust fuͤr ihn ist: groß, fuͤr das Land noch groͤßer.
Auf diese Weise machen wir, durch eine verderbliche Mißanwendung der Talente,
welche aus unseren Anstalten hervorgeht, alles einem großen Physiker und
Mathematiker hoͤchstens einen ertraͤglichen Juristen.Dieses Unheil ist nicht bloß in England; es ist auch in anderen
Laͤndern zu Hause. Es ruͤhrt davon her, daß die
Professoren der sogenannten Huͤlfswissenschaften auf unseren
Universitaͤten ihren Schuͤlern zu wenig Aufmerksamkeit
schenken; daß sie die Koͤpfe ihrer jungen Freunde zu wenig
pruͤfen; das sie nicht beauftragt sind, die Regierung auf die
vorzuͤglich ausgezeichneten Talente unter denselben fuͤr
dieses oder jenes Fach aufmerksam zu machen; daß die
Studienpraͤsidenten oder Referendaͤre sich nicht die
Muͤhe geben, oͤffentliche Pruͤfungen mit diesen
jungen Leuten abzuhalten, oder sie zu sich zu laden und sie im
Gespraͤche zu pruͤfen. Dieß thaten die Jesuiten fleißig,
und sie haben wahrlich nicht Unrecht daran gethan: sie wußten auf diese
Weise unter ihren Zoͤglingen die gehoͤrige Auswahl zu
troffen, und man, wird nicht sagen, daß diese schlauen Vaͤter
sich in ihrer Wahl so leicht betrogen haben. Virtus et in hoste laudanda. Van Swieten, der Sohn, fand es,
als Studienpraͤsident und als einer der reichsten Cavaliere der
oͤsterreichischen Monarchie, nicht unter seiner Wuͤrde und
uͤber seine Bequemlichkeit, zwoͤlf Wochen des Jahres
uͤber (6 in jedem Semester) von Morgens 8 bis 12 Uhr Mittags, und
von 2 Uhr Nachmittags bis 6 Uhr Abends im Schulstaube auf den
Schulbaͤnken unter den Schuͤlern der untersten
Gymnasialclassen wie unter den zum Doctorgrade reifen Candidaten der
hoͤheren Wissenschaften da zu sizen, und jeden Schuͤler
pruͤfen zu hoͤren und selbst zu pruͤfen. Die
Candidaten der Philosophie waren der Gegenstand seiner hoͤchsten
Aufmerksamkeit: unter diesen suchte er die sorgfaͤltigste Auswahl
fuͤr den Dienst des Altares, der Themis, der leidenden Menschheit
zu treffen, und wo das Talent des jungen Mannes sich mehr fuͤr
abstracte Wissenschaften, Mathematik, Physik, Chemie, Naturgeschichte,
fuͤr Philologie, Geschichte etc. hinneigte, wußte er jedem
ausgezeichneteren Talente eine sichere Bahn zu oͤffnen, auf
welcher dasselbe nach Herzenslust seiner Lieblingswissenschaft obliegen
konnte. Er hatte in jeder Woche einen Tag bestimmt, wo von 10 Uhr
Morgens, bis 3 Uhr Nachmittags jedem ausgezeichneteren Studierenden, dem
Sohne des Tagloͤhners und des Schuhmachers, wie dem Sohne des
Freiherrn und des Grasen, seine Thuͤre offen stand; wo jeder bei
ihm Rath uͤber den Gang, den er in seiner wissenschaftlichen
Ausbildung zu nehmen hatte, und kraͤftige Huͤlfe
finden konnte, wenn er den Erwartungen seines hohen Freundes entsprach.
Auf eine aͤhnliche Weise handelte Leopold's Freund in Florenz,
Graf Manfredini; nur auf eine dem
italiaͤnischen Charakter eigene, feinere, Weise. Wenn, in
Erwartung irgend einer fetten Pfruͤnde ein Cavaliere sein
Soͤhnchen zu ihm fuͤhrte, und ihm versicherte, der junge
Herr habe einen ganz ausgezeichneren Beruf zum geistlichen Stande,
langte der alte Graf seinen Plutarch oder Herodot aus seiner
Buͤcherstelle hervor, und erbat sich von dem jungen Herren eine.
Erlaͤuterung dieser oder jener Stelle, die er, wie er sagte nicht
mehr deutlich verstuͤnde, weil er sein Griechisch beinahe
vergessen habe. Wenn der junge Mann die Stellerichtig interpretirte, so
war er der Unterstuͤzung sicher; wo nicht, so erklaͤrte
ihm der Graf, daß er sich in einigen Jahren melden moͤge, wenn
sein hoher Beruf ihm eine genauere Kenntniß der Sprache des N.
Testamentes verliehen haben wuͤrde. „Auf diese Weise,
„sagte der alle Graf eines Tages zu dem
Uebersezer,“ habe ich Hunderten und Hunderten
gezeigt, daß sie keinen wahren Beruf zum Altare haben. Mit Juristen
habe ich es mit dem Coder eben so gemacht. Das Einzige,
„fuͤgte der Graf dieser Erzaͤhlung noch
bei“ was ich glaube, daß ein Minister thun kann, wenn
er bei Besezung von Stellen seinem Fuͤrsten und seinem Lande
treu dienen will, ist, daß er gehoͤrige Auswahl unter den
Leuten zu treffen weiß. Um diese zu treffen, muß er aber seine Leute
kennen, und um sie zu kennen, muß er sie pruͤfen. Wehe dem
Minister. der auf Empfehlungen anderer traut. Man muß mit eigenen
Augen sehen.“ Haͤtte jeder Staat einen Van Swieten oder Manfredini, so staͤnde jeder Mann nach seinem Waffe auf
seinem Posten, und wo jeder Posten gut besezt ist, ist auch jeder, der
auf demselben steht, so gut geschuͤzt als es im Kampfe des Lebens
immer seyn kann.A. d. Ue.
Wenn er hingegen irgend ein maͤßiges Vermoͤgen besizt; wenn er,
geizend nach dem Ruhme eines unsterblichen Namens, ohne blind zu seyn
uͤber den Zustand der Wissenschaft in seinem Lande, sich entschließt
seiner Neigung ein desto groͤßeres Opfer zu bringen, je deutlicher er die
Groͤße desselben einsieht; wenn, unter diesen Umstaͤnden, er ein
Geschaͤft oder eine Beschaͤftigung aufgibt, wovon er hohen
Vortheil haͤtte ziehen koͤnnen, in der einzigen Hoffnung, daß,
nachdem er sich hoch genug empor geschwungen haben wird auf den Stufen
europaͤischen Wissens, er seine Einnahme durch irgend eine Stelle, zu
welcher seine Wissenschaft fuͤhrt, etwas vergroͤßert setzen
konnte; wenn er hofft, irgend eine Stelle (z.B. am Board.
of longitude, der jezt aufgehoben ist) zu erhalten, wo es ihm
gegoͤnnt waͤre: seine Talente als Physiker und Mathematiker
fuͤr den kuͤmmerlichen Gehalt eines Schreibers zu uͤben; so
wird er am Ende finden, daß auch hierzu noch etwas ganz anderes gehoͤrt,
als Liebe zur Wissenschaft und Kenntnisse. Er wird finden, daß der hohe, jedes
niedrige Kriechen verschmaͤhende, Geist, der gewoͤhnlich die Brust
derjenigen belebt, die die Tiefen ihrer Wissenschaft ergruͤndet haben,
nicht fuͤr solche Plaͤze geeignet ist, und daß, selbst wenn es ihm
hier gelingen sollte, er manches muß hoͤren koͤnnen, was er
gezwungen ist zu mißbilligen, ohne daß er seine Stimme laut dagegen erheben darf.
Es ist also klar, daß man nicht fuͤglich erwarten kann, es werde jemand
sich auf abstracte Wissenschaften verlegen, ohne daß er Privatvermoͤgen
besizt, und sich entschließen koͤnnte, jeden Gedanken auf Vermehrung
desselben durch fortgeseztes Studium seiner Wissenschaft gaͤnzlich
aufzugeben. Allein, wie wenige, die sich in einer solchen Lage sich wohl der
Muͤhe unterziehen, welche die Erlangung solcher Wissenschaft fordert;
und, wenn sie dem unwiderstehlichen Drange folgen, und dieses Opfer bringen, was
koͤnnen sie fuͤr eine Veranlassung, finden, nur einen Schritt von
jenen Untersuchungen sich zu entfernen, in welchen, sie ihr groͤßtes
Vergnuͤgen finden, und sich mit solchen abzugeben, welche fuͤr das
Publicum auf eine mehr unmittelbare Weise nuͤzlich sind?Dieses Raͤsonnement scheint uns etwas englisch. Es laͤßt
sich auf die wenigen Worte zuruͤkfuͤhren: gebt ihr mir
nichts, so gebe ich euch auch nichts. Dem deutschen Gelehrten, der
Vermoͤgen besizt, wuͤrde es vielleicht scheinen:
„eben deßwegen, weil ich so gluͤklich bin ein
Vermoͤgen zu besizen, das mich der Nothwendigkeit enthebt,
irgend einen Schreiberdienst zu suchen; eben deßwegen, weil ich mit
gluͤklicherem Erfolge, als mancher andere, mich auf meine
Lieblingswissenschaft verlegen kann, will ich, muß ich versuchen meine Wissenschaft meinen
Mitbuͤrgern nuͤzlich zu machen.“ Der arme
deutsche Mathematiker und Physiker hingegen wird, wenn er von sich sagen
kann: est Deus in nobis, agitante calescimus
illo, die Buͤreaukratie um sich her = 0 sezen, und sich
begnuͤgen, wenn er als Oberfeuerwerker fuͤr seinen
taͤglichen Unterhalt noch eine Einheit vor einer 0 heraus zu
intregriren vermag. War doch der Verfasser des besten deutschen
technologischen Woͤrterbuches bis auf unsere Tage, der alte Jacobson, gar nur gemeiner Soldat im Heere
Friedrichs des Einzigen: als sein Koͤnig ihn kennen lernte, ward
er Fabrikinspector. Wissenschaftliches Verdienst ist nirgendwo so sicher
endlich seinen Lohn zu finden, als dort, wo der Mann als Mann
gezaͤhlt wird: beim Militaͤrs: in der Buͤreaukratie
ist der Mensch nur ein Individuum. A. d. Ue.
Zustand der gelehrten Gesellschaften in England im
Allgemeinen.
Das Fortschreiten des menschlichen Wissens uͤberzeugte die Welt, daß das
System der Vertheilung der Arbeit und Aushuͤlfe sich aus Wissenschaften
eben so gut anwenden laͤßt, als es hoͤchst zutraͤglich zur
Foͤrderung der Manufacturen befunden wurde. Mangel an Wetteifer bringt in
den Wissenschaften dieselben Nachtheile hervor, welche aus eben demselben Grunde
in den Kuͤnsten entstehen. Die Freunde der Botanik waren die ersten,
welche fuͤhlten, daß der Umfang der Wissenschaften, den die Royal Society umfaßte, viel zu groß war, als daß ihr
Lieblingsgegenstand gehoͤrig beachtet werden konnte: sie
gruͤndeten daher die Linnean Society. Nach
mehreren Jahren entstand eine neue Wissenschaft: es bildete sich die Geological Society. Zu einer anderen, neueren, Zeit
vereinten sich die Freunde der Astronomie, gedrungen von den
Beduͤrfnissen ihrer Wissenschaft, und gruͤndeten die Astronomical Society. Jede dieser Gesellschaften
fand, daß die Aufmerksamkeit, welche ihre Mutteranstalt auf ihre Wissenschaft
wendete, fuͤr ihre Maͤngel nicht hinreichte, und jede erfuhr, der
Reihe nach, den entschiedensten Widerstand von Seite der Royal Society.
Gegruͤndet von den groͤßten Physikern, einzig und allein
fuͤr Naturwissenschaften, dachte diese gelehrte Gesellschaft mit Recht,
daß Nichts das Gelingen dieser jungen Gesellschaften auf eine bleibendere Weise
sichern koͤnnte, als Entmuthigung und Widerstand bei dem Beginnen
derselben. Da sie die ersten Versuche derselben so ausgezeichnet gelungen fand,
so verdoppelte sie die Strenge ihrer Verfolgung, und das Resultat stand mit der
Kraftanstrengung im Verhaͤltnisse, und uͤbertraf ihre
gespanntesten Erwartungen.Die Bitterkeit dieser Satyre ist so stark, daß wir besorgen, sie
koͤnnte die Geschmaksnerven mancher deutschen Leser
gaͤnzlich gelaͤhmt und unempfindlich fuͤr den
Bitterstoff gemacht haben, den sie enthaͤlt. A. d. Ue. Die Astronomical Society wurde in sechs
Jahren beruͤhmt und geachtet durch ganz Europa, nicht durch den Hof ihres
Ruhmes, mit welchem der Strahlenkranz ihrer kraͤftigen Jugend die
Schwaͤche ihrer abnehmenden Jahre umguͤrtete, sondern durch das
reine Verdienst (Sterling-Verdienst nennt es der Englaͤnder nach
seiner Goldmuͤnze) „ihrer anspruchslosen Thaten, durch die
Sympathie, mit welcher sie jeden praktischen Astronomen ansprach und von
jedem derselben aufgenommen wurde, indem sie ihm seine Arbeiten erleichterte
und Licht uͤber seine Rechnungen verbreitete.“
Allein, dieses System, welches so trefflich wirkte, ist nun aufgegeben. Die Zoological und die Medico-Botanical Society wurden ohne allen Widerstand
gegruͤndet: das gaͤnzliche Mißlingen der lezteren ist vielleicht
der richtigste Beweis der Weisheit, welche die Rathschluͤsse der Royal Society leiteten. Gegenwaͤrtig bestehen
diese verschiedenen Gesellschaften ohne alle Gefuͤhle von
Rivalitaͤt oder Feindseligkeit, verfolgen ihre einzelnen
Gegenstaͤnde, und vereinigen sich alle mit kindlichem Leihwesen die
zweite Kindheit ihrer gemeinschaftlichen Mutter zu beweinen, so wie die
uͤblen Nachschlaͤge, durch welche dieß traurige Ereigniß
herbeigefuͤhrt wurde.
Es ist (in England) Sitte, seinem Namen gewisse Buchstaben beizusezen, je nachdem
man zu dieser oder jener Gesellschaft gehoͤrt, und dieses Recht wird von
mehreren Mitgliedern solcher Gesellschaften als der einzige wahre Vortheil
betrachtet, den sie durch ihren Eintritt in eine solche Gesellschaft erlangen.
Ich theile hier eine Liste einiger dieser Gesellschaften mit. Die zweite Columne
zeigt das baare Geld, welches die Schweifbuchstaben (tail-pieces) in der dritten Columne jedem Mitglieds kosten.
Gesellschaften:
Eintrittspreise bei der Aufnahme:
Angehaͤngte Buchstaben:
Royal Society
50 Pfd.
0 Shll.
0 Pen.
F. R. S.
Royal Society of Endinburgh
25 –
4 –
0 –Wenn diese Preise sogleich beim Eintritte bezahlt werden, wird
kein Jahresbeitrag mehr gefordert. Die Royal Society bestimmt die Jahresbeitraͤge zu
dieser Summe nach dem Probabilitaͤtscalcuͤl, d.h.,
nach der wahrscheinlichen Lebensdauer des eintretenden
Mitgliedes. A. d. Ue.
F. R. S. E.
Royal Academy of Dublin
26 –
5 –
0 –
M. R. I. A.
Royal Society of Literature
36 –
15 –
0 –
F. R. S. Lit.
Antiquarian Society
50 –
8 –
0 –
F. A. S.
Linnean
36 –
0 –
0 –
F. L. S.
Geological
34 –
13 –
0 –
F. G. S.
Astronomical
25 –
4 –
0 –
M. A. S
Zoological
26 –
5 –
0 –
F. Z. S.
Royal Institution
50 –
0 –
0 –
M. R. I.
Royal Asiatic Society
31 –
10 –
0 –
F. R. A. S.
Horticultural
48 –
6 –
0 –
F. H. S.
Medico-Botanical
21 –
0 –
0 –
F. M. B. S.
Wer also auf wissenschaftliche Auszeichnung stolz ist, kann, nach seinem
Wohlbefinden, seinen Namen in eine Art von Kometen verwandeln, und einen Schweif
von mehr als vierzig Buchstaben hinter demselben nachziehen, vorausgesezt, daß
er fuͤr jeden Buchstaben im Durchschnitte 10 Pfd. 9 Shill. 9 1/4 Pence
(125 fl. 51 kr. 3 Pf.) zu bezahlen beliebt.Wenn es Leute gibt, die zu irgend einem wissenschaftlichen Zweke 200 bis 600 fl. bar bezahlen, so
verdienen diese Leute, mag der Grund aus welchem sie diese Summe
vorschossen, noch so albern von ihrer Seite seyn, keinen Hohn, wie es
uns scheint, sondern allen Dank. Wo, wie in England, der Staat
fuͤr Wissenschaft nichts thut, in mancher Hinsicht sogar hindernd
eingreift, und folglich weniger als nichts thut; wo Alles, was zum
Gedeihen der Wissenschaften und Kuͤnste geschieht, von der
Leseschule an bis zur Hochschule, lediglich Privatfache ist, und durch
Vermaͤchtnisse, von welchen der Staat 7 p. C. nimmt, durch
Geschenke und durch Beitraͤge besteht: in einem solchen Lande muß
man sich gluͤklich schaͤzen, wenn Eitelkeit an die Stelle
der Liebe fuͤr Wissenschaft und Vaterland tritt. Auf welcher
Stufe wuͤrden die Wissenschaften heute zu Tage in England stehen,
wenn alle oben angefuͤhrten gelehrten Gesellschaften nicht
vorhanden waͤren? Der Staat thut nichts. Die
Universitaͤten sind nicht viel mehr, als gelehrte Canonicate. Die
Bibliotheken der lezteren, so reich auch jene zu Oxford ausgestattet
ist, werden den Studierenden erst im 4ten Jahre ihres Aufenthaltes
zugaͤngig: mitten im Lande der Preßfreiheit darf die Jugend kein
Buch lesen, das nicht der Lehrer zu lesen erlaubt. Die Sammlungen
(sogenannten Cabinette) aller Art sind, verglichen mit jenen zu Leyden
und Bruͤssel, zu Paris, Berlin, Wien, unbedeutend; die
botanischen Gaͤrten zu Cambridge, Oxford, Kew ebenso. Wenn nun
diese Gesellschaften es sind, die das Wohl der Wissenschaften in England
tausend Mal kraͤftiger fordern, als die Regierung, die sich um
nichts kuͤmmert; so verdienen sie alle Achtung: und der
Englaͤnder, der nicht lesen und nicht schreiben kann, der Geological Society aber, um das Studium der
Mineralogie und des Bergbaues zu foͤrdern, 353 fl. auf den Tisch
legt, und sich dafuͤr die Ehre erbittet, auch ein Geselle, Kerl oder Bursch, von die: ser Gesellschaft seyn zu duͤrfen (denn
dieß bedeutet der Buchstabe F, als
Anfangsbuchstabe des Wortes Fellow)
verdient, nach unserer Ansicht, nicht zuruͤkgewiesen zu
werden.Der gute Kerl thut was er kann, um das Wohl seines Vaterlandes und der
Wissenschaft zu foͤrdern: er hat nichts, wie Geld, wodurch er
nuͤzlich werden kann, und gibt es mit Freude. Es waͤre
thoͤricht, wenn man einen Gelehrten von Verdienst von einer
gelehrten Gesellschaft deßwegen allein zuruͤkwiese, weil er ein
armer Teufel ist; und es wuͤrde vielleicht kaum hoͤhere
Weisheit seyn, wenn man einen guten Burschen deßwegen, weil er mehr Geld
als Verstand hat, abhalten wollte, seinem Vaterlande und den
Wissenschaften so viel er kann, d.h. mit seinem Sekel beizustehen. Da
gegenwaͤrtig in Deutschland mehrere Gesellschaften sich bilden,
und die nachfolgenden Bemerkungen des Hrn. Babbage uͤber dieselben sehr gegruͤndet sind, so
werden sie manchen Lesern nuͤzlich seyn koͤnnen. A. d.
Ue.
Der Leser wird vielleicht meinen, daß Wissenschaften in einem Lande nicht im
Verfalle seyn koͤnnen, in welchem so viele Anstalten zur
Foͤrderung derselben unter, halten werden. Es ist allerdings sehr
lobenswerth an uns, daß der groͤßte Theil dieser Gesellschaften bloß
durch Subscription, durch freiwillige Beitraͤge unterhalten wird; wenn
aber die Untersuchungen, die neuerlich bei einigen derselben angestellt wurden,
nicht das Verwaltungssystem derselben bessern helfen,
unter welchem mehrere unter ihnen so sehr litten, so laͤßt sich ohne
alles Wunder prophezeien, daß ihre Dauer nicht mehr sehr lang seyn wird. Die
vollkommenste Publicitaͤt, gedrukte
Rechnungsvorlagen, und gelegentliche Eroͤrterungen und Untersuchungen
derselben bei allgemeinen Versammlungen sind die
einzigen Sicherungsmittel: diejenigen, welche gegen
diese Maßregeln sind, verdienen in einem gewissen Grade unter einem achtsamen Auge gehalten zu werden. Von der Royal Society werde ich in der Folge sprechen, und
ich bedauere beifuͤgen zu muͤssen, daß ich noch mehr hatte sagen
koͤnnen. Mein Zwek ist, sie zu verbessern; allein, wie bei allen tief
eingewurzelten Uebeln, ist die Operation, durch welche allein Heilung
moͤglich ist, nothwendig schmerzhaft. Haͤtten die Worte des Tadels
oder der Gegenvorstellungen durch irgend einen anderen Canal ihren Ausweg
gefunden, so wuͤrde ich mit Vergnuͤgen geschwiegen und mich
begnuͤgt haben, durch meine Stimme die Ansichten der Freunde der
Wissenschaft und der Royal Society zu
unterstuͤzen. Dieß war aber nicht der Fall, und nach vereitelten
Versuchen, Verbesserungen einzufuͤhren, will ich es jezt wagen mit der
Kraft der baren, aber vielleicht schmerzlichen, Wahrheit die
oͤffentliche. Meinung dahin zu lenken, daß sie eine solche Reform dieser
Anstalt fordert, durch welche dieselbe in ihrem eigenen Lande vor Verachtung, im
Auslande vor Hohngelaͤchter gesichert wird.
Ueber die fuͤnf naͤchst folgenden Gesellschaften in dieser Liste
enthalte ich mich aller Bemerkungen. Ueber die Geological
Society erlaube ich mir einige Worte. Sie besizt die ganze Frischheit,
Kraft und das volle Feuer der Jugend im Betriebe einer selbst noch jugendlichen
Wissenschaft; es gelang ihr einer der schwierigsten Versuche, naͤmlich
dieser: den Gegenstand, uͤber welchen Abhandlungen bei ihren Sizungen
vorgelesen werden, muͤndlich zu eroͤrtern. Wenn man uͤber
diese Eroͤrterungen bemerkt, daß sie hoͤchst unterhaltend sind, so
ist dieß nicht das kleinste Lob, das man ihnen schuldig ist. Sie sind
gewoͤhnlich hoͤchst lehrreich, und stellen zuweilen einzelne
Thatsachen zusammen, die, obschon sie einzeln fuͤr sich keine Bedeutung
haben, wissenschaftlich zusammengereiht, sich wechselseitig aufklaͤren,
und zulezt zu wichtigen Schluͤssen fuͤhren. Ob diese
Eroͤrterungen nun so fortgesezt werden sollen, haͤngt offenbar von
dem Geschmake, von der Neigung und dem gesunden Verstande der sprechenden
Mitglieder ab. Was vorzuͤglich bei denselben zu vermeiden ist, ist
muͤndliche Kritik, wechselseitiges Lob
uͤber alles Maß, und Rechthaberei. Leztere ist vielleicht das Wichtigste
unter diesen drei Stuͤken, sowohl fuͤr das Interesse der
Gesellschaft, als fuͤr die Wahrheit. In Hinsicht der bereits erschienenen
Baͤnde ihrer Transactions darf man bemerken,
daß es in mehr dann einer Hinsicht gut seyn wuͤrde, wenn die Mitglieder
sich gewoͤhnten ihre Aufsaͤze der Gesellschaft in einem mehr
vollendeten Zustande mitzutheilen: unter anderem wuͤrde dadurch den
Beamten der Gesellschaft (die bei der Geological
Society vielleicht thaͤtiger sind, als die Beamten der meisten
uͤbrigen Gesellschaften) viele Erleichterung bei ihren schweren Pflichten
geschenkt werden. Allen ihren Rechnungen und Arbeiten die hoͤchste
Publicitaͤt zu geben, im Gesellschaftsrathe alle einzelnen Ansichten der
Gesellschaft frei auszusprechen; bestaͤndige Praͤsidenten zu
vermeiden, dieß ist es, was wir nicht bloß dieser Gesellschaft allein empfehlen
wollen, sondern was zu dem Wohle einer jeden Gesellschaft beitragen wird.
Ueber die Astronomical Society, welche, der Natur
ihrer Arbeiten nach, kaum solche Eroͤrterungen erlauben kann, wie die Geological Society will ich bloß dieß bemerken, daß
ich kein anderes Geheimniß an derselben kenne, durch welches sie so schnell so
hoch empor gelangen konnte, als die hoͤchste Aufmerksamkeit auf die so
eben aufgestellten Maximen.
Ueber die Zoological Society, die dem Publicum so
viele verstaͤndige Unterhaltung gewaͤhrt, moͤgen
fuͤr jezt einige wenige Winke genuͤgen. Das reichliche Einkommen derselben ist eine
schrekliche Sache. Es ist zu reizend, um nicht zu dem (eben so
schaͤndlichen als gefaͤhrlichen) Boͤrsenspiele zu
verfuͤhren, und zugleich zu schwankend und zu ungewiß, um nicht die
Geldangelegenheiten der Gesellschaft selbst in Unordnung zu bringen: ein
Umstand, welcher, wenn nicht die hoͤchste Vorsicht gepflogen wird, leicht
eintreten koͤnnte. Es ist hoͤchst wahrscheinlich, daß, da die
Gesellschaft noch sehr neu ist, ihre Beamten und ihr Rath so trefflich sind, als
ihre besten Freunde es nur immer wuͤnschen koͤnnen; es ist aber
eben so gewiß, daß es bei einer solchen Gesellschaft wesentlich nothwendig ist,
daß Maͤnner von Geschaͤft eben so gut mit im Rathe sizen, als
Maͤnner von den ausgezeichnetesten zoologischen Kenntnissen. Es ist in
einer solchen Gesellschaft weit gefaͤhrlicher, als in jeder anderen, sich
wechselseitig Complimente zu machen, und Individuen in den Rath zu
waͤhlen, die nicht immer die hierzu noͤthigen Eigenschaften
besizen: die Mitglieder des Rathes muͤssen haͤufig gewechselt
werden, damit man sieht, welche Individuen hierzu am besten taugen.
Oeffentlichkeit bei den Rechnungen und Verhandlungen ist, wegen der
Groͤße des Fondes, hier noch mehr wesentlich nothwendig, als bei irgend
einer anderen Gesellschaft, und es ist ein Unheil verkuͤndendes Zeichen,
daß man bei der lezten Jahressizung versuchte, in dieser Ruͤksicht
Hindernisse zu legen. Wenn die Gesellschaft eine wissenschaftliche Gesellschaft
ist, so sollten die Freunde der Wissenschaft solche Versuche auch nicht einen
Augenblik lang dulden.
Es ist nicht selten der Fall, daß einige Individuen an mehr dann einer gelehrten
Gesellschaft thaͤtigen Antheil nehmen. In diesem Falle wird es gut seyn
die Verdienste dieser Individuen dadurch zu bemessen, daß man den Erfolg
beobachtet, den ihre Maßregeln bei anderen Gesellschaften hatten.
Die Asiatic Society hat, nebst vielem anderen Guten,
auch noch dieses uns erwiesen, daß sie viele schaͤzbare Werke
uͤbersezen ließ, die sonst nicht hatten koͤnnen oͤffentlich
bekannt gemacht werden.
Die Horticultural Society wurde beinahe zu Tode
geritten, und erwacht jezt aus ihrer Betaͤubung: ihre Constitution
scheint aber etwas gelitten zu haben. Es laͤßt sich hoffen, daß sie sich
reinigen und endlich wieder ganz herstellen wird, obschon sie eine Schuldenlast
von 19,000 Pfd. Sterl. druͤkt, welche die Untersuchungscommission als
wirklich bestehend gefunden hat. Indessen wird alles dieß nicht ohne Vortheil
fuͤr die Wissenschaft geschehen seyn, wenn die Gesellschaft
aufhoͤrt, Hauslisten durch zwei oder drei Personen
ernennen zu lassen; Complimenten-Raͤthe zu ernennen, und die Rechnungen durchgehen zu lassen, ohne jede Post genau zu
pruͤfen, oder die Rechnungen gar nicht vorlegen zu lassen.
Die Medico-Botanical Society nahm
ploͤzlich die Aufmerksamkeit des Publikums in Anspruch: ihre
Anspruͤche waren groß; ihre Versprechungen graͤnzenlos. Sie hob
sich schnell zur Auszeichnung empor, nicht durch ihre Entdekungen und Arbeiten,
sondern durch die Zahl der Fuͤrsten, die sie als Mitglieder aufnahm. Es
waͤre uͤberfluͤssig den Umfang der bald Heimgegangenen
Quaksalberei hier zu beleuchten; allein, der Eindruk, den die Uebelthaten dieser
Anstalt erzeugten, wird nicht so bald verloͤschen; sie haben ganz Europa
den Charakter unserer wissenschaftlichen Anstalten kennen gelehrt. Es
wuͤrde eine verstaͤndige und wuͤrdige Maßregel seyn, wenn
jene Freunde der Wissenschaft, die in dieser Gesellschaft so groͤblich
betrogen wurden, auf dem lezten Blatte der Geschichte derselben ihre
hoͤchsten Anspruͤche auf den Beifall des Publicums entwikelten,
und dann der verhoͤhnten und beleidigten Wissenschaft ihres Vaterlandes
die einzige Genugthuung gewaͤhrten, die noch in ihrer Macht liegt,
naͤmlich Unterzeichnung der Aufloͤsung dieser Gesellschaft. Da die
Gesellschaft, durch gaͤnzliche Umkehrung aller Ordnung, sich
bemuͤhte Ausschließung
Die Gesellschaft strich einen Mann aus ihrer Liste aus, dessen geringstes
Lob vielleicht dieses ist, daß er der erste und philosophischste
Botaniker unseres Landes „(?)“ und im Auslande eben
so sehr bewundert, als bei uns geachtet ist. Der Umstand,
woruͤber das Publicum bei dieser Gelegenheit sich am meisten
wunderte, war, nicht daß dieser Mann aus dieser Gesellschaft
ausgeschlossen wurde, sondern daß er in dieselbe eintrat. A. d. O. zur hoͤchsten Ehrenbezeugung zu
erheben, die sie zu ertheilen vermochte, so bleibt ihr auch kein Mittel die
hoͤchste moralische Kraft, deren sie noch
faͤhig seyn kann, auf eine andere Weise zu beurkunden, als durch Selbstmord.
Dienst der Dampfmaschinen in Cornwall.
Die Dampfmaschinen in Cornwall hoben im Quartal: Jaͤner bis Maͤrz 1830, im Durchschnitte 41,58 Millionen Pfund Einen Fuß
hoch mit Einem Bushel (84 Pfd.) Steinkohlen. Das
Detail fuͤr jede Maschine findet sich im Edinburgh-Journal of Science, July, S. 47. angegeben, und ein
wichtiger Drukfehler daselbst im Berichte fuͤr Julius bis September 1829 berichtigt: es
muß bei der Huel Damsel Engine, Statt 136,6
Millionen heißen: 36,6 Million.
Ueber die Verbesserungen an Dampfmaschinen in
Cornwallis,
die Hr. Farey vor dem Ausschusse
des Parliamentes Hrn. Woolf zuschrieb, war in dem Philosophical Magazine and Annals of Philosophy, April,
S. 323. gestritten worden. Hr. Farey erklaͤrt sich
nun in eben dieser Zeitschrift, Junius S. 421.,
ausfuͤhrlich, und zeigt die Mißverstaͤndnisse an, die hier unterlaufen
sind. Fuͤr die Geschichte der Dampfmaschine kommt hier manches Interessante
vor; so wie auch eben daselbst uͤber den Dienst
(Duty) der Dampfmaschinen in Cornwall, von Hrn. Th.
Taylor S. 424., wo gezeigt wird, daß die
hieruͤber herausgegebenen Berichte allerdings allen Glauben verdienen.
Hrn. Merryweather's
Feuerrettungs-Apparat
ist im Mech. Mag. N. 360. S. 290.
von Hrn. Baddeley
jun. beschrieben und abgebildet. Er ist allerdings sehr
leicht tragbar, aber der Retter, der sich in demselben zu dem Fenster hinaufzieht,
scheint uns dadurch eben so seht gefaͤhrdet, als diejenigen die gerettet
werden sollen. Wir zweifeln, daß dieser Apparat, so wie er ist, auf dem festen
Lande, wo keine Seeleute sind, von Nuzen seyn wird. Was an diesem Apparate gut ist,
wird unsere Feuerpolizei benuͤzen.
Loͤcher in Gußeisen zu machen.
Man bediente sich zu diesem Ende bisher der Durchschlageisen, die, wo das Gußeisen
eine sehr harte Schale hat, aus dem haͤrtesten Stahle seyn muͤssen,
und dann gewoͤhnlich das Eisen beschaͤdigen, oder den Rand des Loches
aussprengen. In der großen Fabrik der HHrn. Calla und
Soͤhne zu Paris, Faubourg-Poissonière, N. 92., bedient man sich zur Verfertigung dieser Loͤcher einer
Bohrmaschine, die hoͤchst einfach und fest ist, und aͤußerst schnell
und regelmaͤßig arbeitet. (Bullet. d. l. Soc.
d'Encour. Janv. 1830. Bullet. d. Sc. techn.
Avril. S. 363.)
Glasfaͤrberei und Toͤpferei der Alten.
Der hochwuͤrdige Hr. W. V. Vernon zeigte in einem
Aufsaze, den er vor der Yorkshire Philosoph. Society am
6. April 1830 las, daß die Roͤmer ihr Glas nicht mit Kobalt, sondern mit kohlensaurem Kupfer blau faͤrbten. Die Analyse
einiger blauen Glasperlen und Scherben von blauem Glase aus roͤmischen
Graͤbern, die ihm Hr. Stillingfleet schenkte,
uͤberzeugte ihn hiervon. Bekanntlich fand auch Sir Humphry Davy in einer noch ziemlich gut erhaltenen
Werkstaͤtte zu Pompeji eine blaue Fritte, in welcher gleichfalls Kupfer, und
nicht Kobalt, das Faͤrbematerial gewesen ist. Wahrscheinlich lernten die
Roͤmer dieß von den Aegyptern, von deren kuͤnstlichen
Lapis Lazuli schon Plinius
spricht. Hr. Smithson, welcher einige Farben am Grabe des
Koͤniges Psammis in Aegypten untersuchte (Annals of Philos. Bd. XXIII. S. 116.), fand in dem
blauen Email daselbst nicht Kobalt, sondern Kupfer. Eben dasselbe fand er auch in
einer kleinen Isis, die man ihm aus Aegypten brachte. Unsere heutigen Glasmacher und
Emailmacher sind nicht im Stande, ein so schoͤnes blaues Glas mit Kupfer zu
machen.
Hr. Vernon fand ferner in einem Scherben roͤmischer
schwarzer Toͤpferwaare ein sehr gut erhaltenes Stuͤk Kalkspath
eingebettet. Die Roͤmer konnten also ihre schwarze Toͤpferwaare
unmoͤglich so stark brennen, als man dieselbe heute zu Tage brennt, und die
Vermuthung wird immer wahrscheinlicher, daß sie bei derselben den Thon mit Erdharz
und Steinoͤhl ankneteten, und dann im Feuer so zu sagen nur
roͤsteten.
Hr. Vernon erwaͤhnt ferner eines
Zink-Oxyd-Krystalles, der durch einen Tiegel auf der Zinkhuͤtte
des Hrn. Hitz zu Filisur in Graubuͤndten
durchschwizte, und der mineralogisch, physisch und chemisch sich wie ein
natuͤrlicher Zink-Oxyd-Krystall aus New-Jersey verhielt.
(Vergl. The Philos. Mag. et Annals of Philos.
Juni 1830. S. 404.)
Verbesserung in der Kohlenbrennerei.
Hr. Isak Doolittle, zu Bennington in Vermont, ließ sich am
14. Dec. 1829 ein Patent zu Washington auf einen gemauerten Ofen zum Verkohlen des
Holzes ertheilen. In der Patent-Beschreibung (im Register of Arts, Julius 1830, S. 56.) sind keine Dimensionen angegeben,
und die ganze Notiz ist so dunkel, daß wir nicht beurtheilen koͤnnen, in
wiefern dieser Ofen zum Verkohlen des Holzes von denjenigen verschieden ist, die man
in verschiedenen Laͤndern Europens zu diesem Ende bereits seit Jahren
errichtet hat. Daß die Kohlen besser werden und daß mehr Holzsaͤure gewonnen
wird, wenn man das Holz in Ofen verkohlt, ist leicht begreiflich.
Ueber die Kohlensaͤure in der
Atmosphaͤre,
uͤber ihre Abwechslungen, ihre groͤßte und
geringste Menge, uͤber den Einfluß des Regens und des Frostes, uͤber
das Gas auf dem Genfersee und am Ufer, in der Stadt und auf dem Lande, in Ebenen und
auf den Bergen, uͤber den Einfluß des Windes, des Tages und der Nacht auf
dieselbe, hat Hr. Theodor de Saussure vor der Société de Physique et d'hist. nat. de
Genève, am 18. Febr. 1830 eine Abhandlung vorgelesen, welche nun
auch in: Maihefte der Annales de
Physique et de Chymie abgedrukt ist, und eine vollstaͤndige
Ausfuͤhrung der Ideen enthaͤlt, welche dieser beruͤhmte
Physiker bereits im XXXVIII. Bande der Annales
aufstellte. Diese Abhandlung ist zwar zunaͤchst nur fuͤr Physiker,
Chemiker und Aerzte von dem hoͤchsten Interesse; da aber auch Techniker bei
ihren Arbeiten haͤufig mit Kohlensaͤure zu thun haben, so
muͤssen wir alle diejenigen, welche entweder mit Erzeugung und
Benuͤzung oder mit Verbannung derselben beschaͤftigt sind, auf diese
lehrreiche Abhandlung aufmerksam zu machen, welche wohl bald in irgend einem
deutschen Journal fuͤr Physiker erscheinen wird, und ohne welche sie fortan
sich nicht einbilden duͤrfen, die Kohlensaͤure in der
Atmosphaͤre zu kennen.
Vergsegen an Steinkohlen in England.
Man schaͤzt die beiden Gruben zu Durham und Northumberland allein auf 6000 Millionen Tonnen
Steinkohlen; und so viel ist fuͤr die naͤchsten 1727 Jahre fuͤr
England genug, Age. Galignani. 4785. (Wenn auf der
großen Insel allein in zwei Gruben so viel Steinkohlen liegen, so wird es doch nach
aller Analogie in der Geologie erlaubt, seyn zu schließen, daß auf dem festen Lande
noch mehr Steinkohlen vorkommen muͤssen. Man will
aber im Binnenlande von Europa keine Steinkohlen, es gibt sogar Gegenden, wo man
sich der Torfgraͤberei widersezt, um besseren Absaz fuͤr das Holz zu
gewinnen! Man muß uͤbrigens nicht vergessen, daß die Steinkohlengruben in
England nicht so alt sind, als man glaubt. Erst im J. 1357 kamen die ersten
Steinkohlen nach London! Das Gute schreitet uͤberall nur aͤußerst
langsam vorwaͤrts!)
Capitaͤn Rodger's
Anker.
Wir haben von diesen Ankern neulich Beschreibung und Abbildung gegeben. Das Repertory of Patent-Inventions bringt im Juliushefte dasselbe Patent, und fuͤgt eine Menge
Versuche und Zeugnisse bei, welche fuͤr die Guͤte, dieser Erfindung
sprechen.
Hrn. Huber-Burnand's
Versuche mit dem Sande,
uͤber welche wir im XXXIV. Bd. des polytechn. Journales, S. 270.,
Nachricht gegeben haben, wurden am 23. April an der Royal-Institution zu London von dem beruͤhmten Chemiker und
Physiker, Hrn. Faraday, wiederholt und bestaͤtigt.
Hr. Faraday meint, daß Sand unter gewissen
Umstaͤnden als eine Triebkraft benuͤzt werden koͤnnte, welche
weniger von Zufaͤlligkeiten abhaͤngt, als manche andere, (Philos. Magazin and Annals of Philosophy 1830. S.
68.
Ueber die Arsenik-Wasserstoffverbindungen
hat Hr. Saubeiran im Journal de Pharmacie, Juin. S. 354., interessante
Versuche angestellt, von welchen wir hier bloß die Resultate anfuͤhren
wollen: Nach diesen besteht der gearsenikte Wasserstoff
aus
1 Volumen oder
1 Atom
Arsenik;
2 –
2 –
Wasserstoff.
Wasserstoff:
2 Atom
12,48;
2,584.
Arsenik
1 –
470,38;
97,416.
––––
100
Arsenikhydruͤr ist also von dem gearsenikten Wasserstoffe dadurch verschieden,
daß es im Verhaͤltnisse von 2:3 weniger Wasserstoff enthaͤlt.
Er schließt aus seinen Versuchen: 1) daß man gegenwaͤrtig nur zwei
Arsenikwasserstoffe kennt; der eine, als fester Koͤrper, besteht aus Einem
Atom Arsenik und zwei Atomen Wasserstoff; der andere, gasfoͤrmig, besteht aus
Einem Atom Arsenik und zwei Atomen Hydrogen in zwei Volumen verdichtet. 2) daß das
gearsenikte Wasserstoffgas seiner Zusammensezung nach immer identisch ist, außer
seiner Vermischung mit Wasserstoff, es mag auf was immer fuͤr eine Weise
bereitet worden seyn. 3) daß die Behandlung des durch Schmelzung erhaltenen
Arsenikzinkes das sicherste Mittel ist sich reinen gearsenikten Wasserstoff zu
verschaffen. 4) daß die alkalischen Oxyde, vorzuͤglich im Zustande eines
Hydrates, durch Arsenik in Wasserstoff verwandelt werden, in eine metallische
Arsenikverbindung, und in vollkommen und unvollkommen arseniksaure Verbindungen. 5)
daß der Niederschlag, welcher durch langsame Einwirkung der Luft oder des Chlores
auf den gearsenikten Wasserstoff entsteht, nicht Arsenikhydruͤr ist, wie man
glaubte, sondern metallischer Arsenik. 6) daß Arsenikzinn und Zink, mit
Saͤuren behandelt kein Arsenikhydruͤr liefern, sondern einen
Ruͤkstand von Ueber-Arsenikhydruͤr bilden, der von keiner
Saͤure angegangen wird.
Ueber Rosenessenz.
Das Journal de Pharmacie, Juill. 1830. S. 448., liefert
eine Notiz uͤber Rosenessenz, die bekanntlich von den Arabern (besonders von
jenen in Marocco, die gern auf Rosenblaͤttern schlafen) und von den Persern
bereitet wird. Oberst Polier beschaͤftigte sich
selbst mit der Bereitung der Rosenessenz (Vergl. Asiatic
Researches, 1801. S. 332.) und erhielt, was merkwuͤrdig ist, in
Ostindien weniger von diesem kostbaren Praͤparate, als Hoffmann und Homberg in Deutschland erhielten:
es muß ein sehr gutes Jahr seyn, und sehr sorgfaͤltig gearbeitet werden, wenn
man aus einem Zentner Rosen, in ihren Kelchen destillirt, kaum drei volle Quentchen
erhalten will. Im J. 1787 erhielt der Oberst auf 11 Morgen mit Rosen bestellten
Landes (Acres) nur ungefaͤhr 8 Unzen. Die Farbe
der Rosenessenz, des Ather, ist kein Kennzeichen der Reinheit, noch weniger der
Guͤte oder des Landes: sie ist, nach Polier, bald
schoͤn schmaragdgruͤn, bald glaͤnzend gelb, zuweilen rosenfarb,
und dieß zwar oͤfters von denselben Rosen in einem und demselben Jahre bei
durchaus gleichem Verfahren, so wie bei Rosen, die zu verschiedenen Zeiten gesammelt
wurden. In Indien sezt man gewoͤhnlich geraspeltes Santalholz den Rosen zu,
welche man destillirt: dieses Holz enthaͤlt viel fluͤchtiges Oehl,
welches leicht bei der Destillation empor steigt, und sich mit der Essenz oder mit
dem Rosenwasser mengt, und den Geruch desselben annimmt. Diese Verfaͤlschung
laͤßt sich entdeken, indem das fluͤchtige Santaloͤhl bei der
gewoͤhnlichen Kaͤlte nicht gerinnt (was jedoch nach Einigen der Fall
seyn soll) und den
Geruch weniger lang behaͤlt. Zu Kaschmir verfaͤlscht man den Ather
nicht mit Santal, man destillirt aber eine andere aromatische Pflanze damit, die
demselben eine dunkelgruͤne durchscheinende Farbe gibt. Auch dieser Ather
stokt nicht in der Kaͤlte.
Zukerverbrauch in England.
Nach dem Edinburgh New Philosoph. Journ., April bis Julius wird der jaͤhrlich in England verbrauchte
Zuker auf 160,000 Tonnen, oder ungefaͤhr 360,000,000 Pfd. geschaͤzt.
Nimmt man die Bevoͤlkerung zu 16 Millionen, so gibt dieß im Durchschnitte 22
1/2 Pfd. fuͤr den Kopf. Nun wird aber in Arbeitshaͤusern (work-houses)
fuͤr jeden Kopf jaͤhrlich 34 Pfd. (taͤglich 3 Loth), und in
Privathaͤusern wenigstens woͤchentlich 1 Pfd. fuͤr die
Dienstbothen gerechnet, d.h., 52 Pfd. des Jahres.
Einfuhrzoll auf Rohzuker nach dem neuesten
Parliamentsbeschlusse.
Aller Braun- und Muscovado und
Erdzuker aus den britischenBesizungen in Amerika und auf Mauritius
bezahlt fuͤr den Ztr.
1 Pfd.
4 Shill.
Aller detto aus Ostindien (aus den
britischen Besizungen)
1 Pfd.
12 Shill.
Aller detto aus anderen
Laͤndern
3 Pfd.
3 Shill.
Der Ztr. Syrup aus britischen Colonien
bezahlt
9 Shill.
(Galignani. N. 4780.)
Brot aus Stroh.
Waͤhrend, Dank der Restauration und der Karte, gegenwaͤrtig der
4pfuͤndige Leib Brot 15 1/2 Sous kostet (deren 20 auf den Livre oder Franken
pr. 27 kr. gehen), hat, nach Galignani, N. 4777, Hr. Annoot, Apotheker zu
Bruͤgge in Flandern, gefunden, daß man aus geschnittenem und gemahlenem
Strohe Brot baken kann, und ein Ausschuß von Aerzten fand dieses Brot gut. –
Wir waͤren nun also, im J. 1830 n. Ch. G., in Europa dahin gekommen, daß wir
Statt Brot Stroh, Statt Suppe
und Fleisch Leimwasser und Knochen, Statt Gold und Silber schwarzgetuͤpfelte Lumpen haben. Haben wir es nicht weit
gebracht? Daß die infame Kaste, die sich in den lezten Generationen der Erziehung
des Menschengeschlechtes bemaͤchtigte, den groͤßten Theil der
Koͤpfe des Menschengeschlechtes zu Strohkoͤpfen machte; das mag ihr der Himmel verzeihen: daß sie
aber, damit noch nicht zufrieden, nun auch sogar die Magen der Menschen in Strohmagen verwandeln will, das werden ihr die Richter
der Unterwelt einst nie vergeben koͤnnen.
Cichorien-Kaffee eine Neuigkeit in England.
Im Mech. Mag. heißt es N.
360. S. 304. 3. Jul.: „Dr.
Harrison zu Edinburgh zieht den
Dandelion-Kaffee“ (Cichorien-Kaffee, d.h. von Leontodon-Taraxacum, Loͤwenzahn, Pfaffenroͤhrlein) dem
Mecca-KaffeeSollte vermuthlich Mocca-Kaffee heißen.
Wenn der Hr. Professor diesen Mocca, 3 Loth auf
die Tasse, wie man ihn zu Pesth trinkt, getrunken hat, und
Pfaffenroͤhrl-Kaffee vorzieht, so hatte Johnson Recht, wenn er sagte: „die guten Schotten kennen
nur Hafer und Erdaͤpfel.“ A. d. Ue. weit vor, und viele Personen auf dem festen Lande finden eine Mischung von
echten Cichorien (Succory, Chichoreum Intybus) dem reinen Kaffee vor. Das große Geheimniß
guten Kaffee zu haben, ist, denselben immer frisch brennen und mahlen zu lassen.
„(Man sieht hieraus, daß in England der Cichorien-Kaffee aus
Loͤwenzahn, wie aus echten Cichorien, etwas
Neues ist. Wir haben dieses Unding in Deutschland nun schon bald drei
Generationen lang!)
Der Bazar Montesquieu zu Paris.
Wir haben vor mehreren Jahren schon in unserem Polytechn.
Journ., und
zeither wiederholt oͤfters, behauptet, daß es eine eitle Thorheit fuͤr
reiche Leute und fuͤr Staaten ist, aus Holz bauen zu lassen, was eben so gut
aus Eisen seyn koͤnnte; daß ein solcher Bau das sicherste Mittel gegen jede
Feuersgefahr ist. Unsere, wie wir sehr wohl wissen, in Deutschland still und laut
verhoͤhnte Idee wurde zu Paris auf das Glaͤnzendste
ausgefuͤhrt. Man wird sich erinnern, daß der Bazar daselbst vor 2 Jahren
niederbrannte. Hr. Lainé hat nun einen neuen
Bazar, den Bazar Montesquieu, mit 80 Comptoirs,
lediglich, mit Ausnahme des Mauerwerkes, aus Eisen, (aus Gußeisen und geschlagenem
Eisen) und aus Kupfer und Messing gebaut. Es ist in diesem ganzen Gebaͤude,
das 80 Comptoirs enthaͤlt, auch nicht ein Spaͤnchen Holz; nicht so
viel, als ein sogenannter Kreuzpartikel in mancher Monstranze betraͤgt. Es
ist also doch nicht jede Idee im Polyt. Journ. so albern
und laͤcherlich, als die Didaskalia zu Frankfurt
von Muͤnchen aus schrieb, und manche der daheim verhoͤhnten Ideen
wurde im Auslande gluͤklich ausgefuͤhrt. (Man vergl. die Beschreibung
dieses Bazars im Journal de Paris, 20. Avril 1830. Bulletin d.
Scienc. techn. Avril
. S. 371.)
Obstsorten, welche im Garten der Horticultural-Society zu London gezogen werden.
Die vortreffliche Horticultural-Society zu London
zieht (nach ihrem Catalogue of Fruits, cultivated in the
Garden of the Horticultural-Society of London, 1826) in ihrem Garten
zu Chisvick bei London nicht weniger als 1205
Aepfelsorten, 622 Birnsorten, 293 Pflaumensorten, 246 Kirschensorten; 224
Pfirsichsorten und 72 Brugnons (Pfirsische mit glatter
Frucht), 54 Aprikosensorten, 167 Rebensorten (Graf Chaptal hatte deren im J. 1811, wie wir hoͤrten, an 600 zu Paris),
71 Melonensorten, 121 Erdbeerensorten, 23 Sorten Vaccinien, 30 Crataͤgus
u.s.w. – Was sind unsere Sammlungen in Deutschland gegen diese! Deutschland
hatte bisher nur zu Berlin einen Garten-Verein;
kein anderer Staat in Deutschland hat bisher das Beispiel der Londoner Horticultural-Society oder des Berliner-Vereines nachgeahmt, obschon die
suͤdlicheren Staaten, wie z.B. Oesterreich, Wuͤrtemberg, Baden, ein
weit gluͤklicheres Klima fuͤr Obstbaumzucht besizen, als das kalte und
neblichte Preußen. Dieser kostbare Schaz an Obstsorten, welchen die Horticultural-Society besizt, der noch
kostbarere, den sie an Blumen und Zierdestraͤuchen und Baͤumen, an
pomologischen und botanischen Werken in ihrem Institute aufbewahrt, ist die Frucht
einer Subscription, nach welcher jedes Mitglied jaͤhrlich ungefaͤhr 12
fl. unter der Bedingung bezahlt, den Garten und die Buͤcher benuͤzen
zu koͤnnen, Samen, Pfropfreiser etc. zu erhalten. Sollten sich zu Wien nicht
ein paar Tausend Individuen finden, welche Liebe fuͤr ihr Vaterland und
Geschmak an Gartencultur genug besizen, um jaͤhrlich 12 fl. beiden als Opfer
darzubringen? Was ließe sich aus einem Garten zu Wim schaffen, auf welchen man
jaͤhrlich 24,000 fl. wenden koͤnnte Was Gutes geschehen kann und soll,
kann nur mehr durch Subscriptionen von Privaten geschehen: „Virtus unita fortior!“
125 Spargel wogen 28 Pfund
im Garten des Hrn. W. R. Grayson zu
Mortlake. Sie wurden am 18. Mai bei der London
Horticultural-Society vorgezeigt. Philos.
Mag.
August. 1830. p. 152.
Butter von Issigny.
Die Butter von Issigny ist in Frankreich beruͤhmt.
Die Weise, wie man sie gewinnt, ist aber etwas sonderbar. Man laͤßt die
Kuͤhe so bespringen, daß sie im Herbste kaͤlbern, bekleidet sie dann
warm, und fuͤttert sie und melkt sie im Winter im Freien, indem man bemerkt
haben will, daß die Milch und die Butter im Stalle einen uͤblen Geruch
annimmt. Mechan. Magaz. N. 360. S. 304. Journal d. connaiss. usuell. (Hielten die Bauern zu
Issigny ihr Vieh und ihre Staͤlle so rein, wie die Hollaͤnder, so
wuͤrden sie eben so gute Butter haben, und koͤnnten sich die
Schlafroͤke an ihren Kuͤhen ersparen.)
Der Menschenfreund de Boigne, oder
Beweis, daß es auch reiche Capitalisten auf dem festen Lande gibt.
Zu Chambery in dem Lande der Armuth und der Biederkeit, in
Savoyen, starb am 21. Junius ein Hr. de Boigne, der seit vielen Jahren daselbst wohnte. Außer
einem Vermaͤchtnisse von 300,000 Franken fuͤr seinen Bruder, einer
Rente von 60,000 Frank, jaͤhrlich fuͤr seine Wittwe und 200,000
Franken fuͤr jeden seiner Enkel bei ihrer Muͤndigkeit (seinem Sohne
hinterließ er zwischen 15–18 Millionen Franken) und reichlichen Legaten an
seine Freunde und Diener, vermachte er, fuͤr jeden Armen in der
Charité, im Waisenhause und im Armenhause jaͤhrlich 5 Frank.; der
Stadt Chambery 4–500,000 Franken zur Verschoͤnerung, und schenkte noch
uͤberdieß waͤhrend seines Lebens 400,000 Franken zu einem Theater;
500,000 Franken fuͤr ein zu erbauendes Irrenhaus; 300,000 Franken fuͤr
den Armenfond; zu einem Spitale fuͤr 60 arme alte Maͤnner 1,200,000
Franken; zu Errichtung einer Lehranstalt 300,000 Franken; zur Vergroͤßerung
der Bibliothek 50,000 Frank.; zur Verschoͤnerung des Rathhauses 60,000
Franken; zu einer neuen Straße 500,000 Franken; zu 30 neuen Betten in
Krankenhaͤusern 200,000 Franken; fuͤr Waͤsche und Huͤlfe
an Gefangene 24,000 Franken; den Feuerloͤschern der Stadt 24,000 Frank.; der
Schuͤzengesellschaft 20,000 Franken; 100,000 Franken zum Unterrichte junger
Maͤdchen in Handarbeiten. Es gibt also auch große Capitalisten und
Menschenfreunde auf dem festen Lande, und viele Koͤnige in England starben,
ohne die leidende Menschheit so koͤniglich zu bedenken, wie der gute Savoyard
de Boigne. Heil der Asche dieses Guten, und
Gluͤk seinem Sohne und seinen Enkeln, damit sie einst dem edlen Vater
gleichen koͤnnen! (Galign. N. 4774.)
Zum Andenken an Bernhard Freiherrn v. Eichthal, koͤnigl. bayer. Regierungsrathe.
Unter dieser Aufschrift befindet sich in dem Kunst- und Gewerbeblatt Nro. 31 und 32. (31. Juli 1830) eine aus dem Inlande Nro. 188 und 189 laufenden Jahres entlehnte, und mit
einigen Zusaͤzen bereicherte kurze Biographie eines um Bayern hoͤchst
verdienten Mannes. Wir bedauern bei dem beengten Raume unserer Blaͤtter,
diesen Aufsaz nicht vollstaͤndig in denselben wiedergeben zu koͤnnen,
troͤsten uns aber damit, daß bei der allgemeinen
Verbreitung der angezogenen Zeitschriften in Bayern, so wie durch jene von Voigt's Nekrologien im Auslande, die Verdienste dieses
ausgezeichneten Mannes um physische und mathematische Wissenschaften, um
Landwirthschaft und Industrie, um sein Vaterland und um die Menschheit,
uͤberall jenes dankbare Andenken finden werden, auf welches der zu
fruͤhe uns Entrissene (er war erst 46 Jahre alt) sich waͤhrend der
kurzen Zeit seines schoͤnen Lebens die gegruͤndetsten
Anspruͤche erworben hat. Wir wuͤnschten Bayern besaͤße noch
viele solche Buͤrger, die so wie er verstaͤnden, daß der Lenker der
menschlichen Geschike vielleicht nur deßwegen dem Einen viel, den Andern wenig gab,
um die Menschen zu pruͤfen und das Loos der Ungluͤklichern durch die
Herzensguͤte der Gluͤklichen zu mildern.
Die Edleren unter dem bayerischen Volke werden nie vergessen, was Er dem Lande
gewesen ist, und welche Opfer Er der Landwirthschaft und der Industrie gebracht hat.
Moͤchte das schoͤne Beispiel, das er gegeben hat, nicht unter seinen
Zeitgenossen und deren Nachkommen untergehen, und sich so lange erhalten, als das
Andenken an seinen vortrefflichen Vater, dessen Verdienste Max
Joseph, unsterblicher Erinnerung, zu schaͤzen und zu lohnen wußte,
sich vereint mit jenem an ihn, bei allen Edlen erhalten wird.
Einen Trost bei dem Verluste, den Bayern durch den Hintritt des Vaters der
hochachtbaren Familie Eichthal erlitt, und den er jezt so
schmerzlich durch das fruͤhe Ableben des Freiherrn Bernhard v. Eichthal empfindet, gewaͤhrt uns der
bluͤhende Zustand der uͤbrigen hochachtbaren Mitglieder dieses
Ehrenhauses, des Freiherrn Arnold v. Eichthal,
Gruͤnder und Chef eines der ersten Augsburger Haͤuser. Seinem Sinne
und Geschmake fuͤr das Schoͤne ist Augsburg eine ihrer
schoͤnsten Zierden schuldig, den schoͤnen Garten vor dem Klinkerthore,
eine Schoͤpfung seiner nuͤzlichen Thaͤtigkeit, die ihn, wie auf
das Geheiß einer Zauberruthe, auf einem oͤden, kahlen Huͤgel ersteigen
ließ, so wie dessen schoͤnes, nach seinem Sinne erbautes Wohngebaͤude
eine der schoͤnsten Zierden der Stadt genannt werden kann. Die Ignatz Meier'sche Lederfabrik in
Muͤnchen, die erste und wichtigste in Bayern, gewann in seinen Besiz
uͤbergegangen, in Vervollkommnung jeder Art, und ist nun eine Anstalt, die
Verdienst und Wohlstand in ihrer Umgebung verbreitet und manche Summen im Vaterlande
zuruͤkhaͤlt, die fruͤher der fremden Industrie zuflossen. Wie
lobenswuͤrdige Thaͤtigkeit nur Verwandtes sucht, so sehen wir bereits
mit dessen Familie vereint, Hrn. Wilhelm von Hoͤslin, einen eben so
talentvollen, wissenschaftlich gebildeten Kaufmann als Befoͤrderer der
schoͤnen Gartenkunst; und endlich den wuͤrdigen Hrn. Carl Forster,
Eigenthuͤmer einer Kattundrukmanufaktur in Augsburg, die gewiß unter Allen
des Continents einen ehrenvollen Plaz behauptet. Zwei wuͤrdige Soͤhne
sichern dem Namen sein Fortbestehen in Augsburgs Mauern.
Ihm folgt Freiherr Louis von Eichthal, Bankier in Paris,
dessen Haus der Sammelplaz der ausgezeichnetesten, dort zu Zeiten sich einfindenden
Fremden, der Glanzpunkt der geistreichen Gesellschaft ist, und der sich durch die
ruhige sichere Haltung seiner Operationen, durch edlen Wetteifer bei allem was zur
Befoͤrderung des Guten und Nuͤzlichen zu leisten ist, einen
ehrenvollen Plaz unter den commerciellen Haͤuptern jener Hauptstadt, unter
den Lafitte, Delessert, Perrier, Ternaux und andern erworben hat. Ausgezeichnete
Soͤhne treten in die Fußstapfen des Vaters, um den Namen der Familie noch bei
spaͤtern Geschlechtern in Ehren zu halten.
Freiherr David v. Eichthal in Carlsruhe hat wie der
verblichene Bruder Industrie zum Vorwurf seiner rastlosen Thaͤtigkeit
gemacht. Ihm gelang es mit großen Opfern dem Continente eine der besten Spinnereien
zu schenken, deren Producte an den bedeutendsten Absazorten beruͤhmt geworden
sind. Eine meisterhafte Krappfabrik, deren immer gleichartige Producte von den
besten sind, die uns noch je vor Augen kamen, so wie ein wahres Musterhammerwerk
nebst Waffenfabrik in St. Blasius verdanken ihm ihre Errichtung oder Erhebung. Doch
nicht nur allein der kenntnißreiche Techniker beweist sich in seinen Werken, sondern
wir haben auch Ursache das Herz des Menschenfreundes hoch zu schaͤzen, wenn
wir die wohlthaͤtigen Folgen seiner herrlichen Lehranstalten fuͤr die
Kinder der in seinen Werken beschaͤftigten Familien bedenken. Er gibt vielen
Hunderten Brot und lehrt sie die Tugend, bildet Generationen zu nuͤzlichen
Menschen. Wer den Umfang solcher Thaten zu schaͤzen weiß, wuͤrde sich
zur vollsten Hochachtung gezwungen fuͤhlen, auch ohne die ehrenvolle
Auszeichnung, womit Badens Fuͤrst dessen Brust zu schmuͤken wußte.
Freiherr Simon v. Eichthal in Muͤnchen,
Eigenthuͤmer des vaͤterlichen Hauses, tritt wuͤrdig in die
Fußstapfen des verstorbenen Vaters, dessen Soliditaͤt, dessen reelle
Handlungsweise auf den Sohn mit uͤbergegangen zu seyn scheinen. Verstand und
Guͤte schmuͤken ihn und Muͤnchen verdankt ihm eine der
schoͤnsten architektonischen Zierden, den mit zwekmaͤßig verwendeten
Aufwaͤnde zum Vergnuͤgen aller Augen erbauten Bazar, in welchem sich
die wuͤrdige Thaͤtigkeit eines Staatsbuͤrgers an den
großartigen Schuz, den unser hochgesinnter Monarch den Kuͤnsten erweiset,
anknuͤpft. Das unbegraͤnzte und wohlverdiente Vertrauen des Monarchen,
der hohen Regierung und aller ausgezeichneten Maͤnner der Hauptstadt
schmuͤken den verdienstvollen Buͤrger, und Geist und herzliche
Froͤhlichkeit athmen in dem geselligen Cirkel seines Hauses.
Moͤge sie bluͤhen und wachsen die Familie, deren Fuß auf der breiten
Grundlage der Verdienste und der allgemeinen Achtung ruht, und so fest den
Stuͤrmen trozen, wie der Baum, der symbolisch ihren Namen
begruͤndet.
Berichtigung.
In Bd. XXXVI. Heft 6. S. 433. lese man bei Haßler's
Repetitions-Theodolith statt Hebel: Libelle oder
Niveau.