Titel: | Ueber Verbindung der Schwefelsäure mit salpetriger Säure, und über die Theorie der Bildung der Schwefelsäure. Von Hrn. Bussy. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. XVIII., S. 61 |
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XVIII.
Ueber Verbindung der Schwefelsaͤure mit
salpetriger Saͤure, und uͤber die Theorie der Bildung der
Schwefelsaͤure. Von Hrn. Bussy.
Aus dem Journal de Pharmacie. August. 1830. S.
491.
Bussy, uͤber Verbindung der
Schwefelsaͤure.
Die HHrn. Clément und Desormes, die ersten, welche von der krystallinischen Verbindung der
Schwefelsaͤure und der salpetrigen Saͤure Kenntniß nahmen,
betrachteten dieselbe als gebildet aus Schwefelsaͤure und
Stikstoffdeuteroxyd. Spaͤter zeigte Gay-Lussac die wahren Bestandtheile derselben, indem er sagte, daß
sie aus Schwefelsaͤure und aus vollkommen salpetriger Saͤure (acide per-nitreux) besteht. Wenn diese Meinung
bisher nicht allgemein angenommen wurde, so ruͤhrt dieß einzig und allein von
der Ungewißheit her, welche so lang uͤber verschiedene Stikstoffverbindungen
herrschte. Wir wollen vor Allem suchen unter die Nomenclatur dieser Verbindungen
Ordnung zu bringen.
Deutlich bestimmte Verbindungen des Sauerstoffes und Stikstoffes sind, nach Gay-Lussac's Versuchen, fuͤnf, in welchen
sich zwei Volumen Stikstoff nach einander mit 1, 2, 3, 4, 5 Volumen Sauerstoff
verbunden finden. Die erste und zweite dieser Verbindungen hat die Namen Stikstoffprotoxyd und Deuteroxyd erhalten. Die zweite nennt man noch zuweilen salpeteriges Gas. Die fuͤnfte ist wasserfreie
Salpetersaͤure. Die Nomenclatur dieser drei Verbindungen kann zu keinem
Doppelsinne Veranlassung geben. Dieß ist aber nicht der Fall mit der dritten und
vierten, d.h. mit den Verbindungen 2 A und 2 A. Die Verbindung 2
A wurde lange Zeit uͤber mit dem Namen salpetriger Dampf bezeichnet, und spaͤter mit dem Namen salpetriger Saͤure. Man erhaͤlt sie durch
unmittelbare Verbindung zweier Volumen Stikstoffdeuteroxyd mit Einem Volumen
Sauerstoff, oder auch dadurch, daß man, wie Hr. Dulong
erwiesen hat, mittelst einer Temperatur von – 18 bis – 20° die
Producte der Zersezung des wasserfreien salpetersauren Bleies verbindet.
Die Verbindung 2 A ist diejenige, die man bisher unter dem Namen Unter-salpetrige Saͤure (acide hypo-nitreux) verstand, und die Hr. Gay-Lussac, der dieselbe zuerst bekannt machte,
mit dem Namen per-salpetrige Saͤure (acide per-nitreux) bezeichnete. Diese Verbindung entsteht durch
die Vereinigung von vier Volumen Stikstoffdeuteroxyd mit Einem Volumen Sauerstoff.
Man erhaͤlt sie, wenn man eine concentrirte alkalische Aufloͤsung mit
Sauerstoff in Beruͤhrung bringt, und einem Volumen Stikstoffdeuteroxyd, das
vier Mal groͤßer ist, als jenes des Sauerstoffes.
Mehrere Chemiker betrachten die Zusammensezung 2 A nicht als eine eigene oder
besondere Stikstoff- und Sauerstoff-Verbindung, sondern nur als eine
secundaͤre Verbindung der Zusammensezungen 2 A und 2 A.
Dieß war die Meinung Dalton's, welcher alle die
zahlreichen Verbindungen, die man erhaͤlt, wenn man den Sauerstoff in
verschiedenen Verhaͤltnissen mit Stikstoffdeuteroxyd in Verbindung bringt,
als Verbindungen der Salpetersaͤure und der untersalpetrigen Saͤure in
wandelbaren Verhaͤltnissen betrachtet. Diese Meinung wird nach Gay-Lussac's Versuchen hoͤchst
wahrscheinlich, durch welche erwiesen ist, daß die salpetrige Saͤure sich
jedes Mal zersezt, sobald man sie mit einer alkalischen Aufloͤsung in
Beruͤhrung bringt, und sich in Salpetersaͤure Und untersalpetrige
Saͤure verwandelt. Diese Meinung wurde von Berzelius in dem neuen Lehrbuche der Chemie, von welchem so eben die
Uebersezung erschienen ist, ausschließlich angenommen. Nach dieser neuen Ansicht der
Dinge ergibt sich, daß die Nomenclatur der Stikstoffverbindungen einige
Veraͤnderungen erleiden muß, wenn sie in Einklang mit jener anderer
aͤhnlicher Verbindungen gebracht werden soll. Wir werden die Zusammensezung 2
A, d.h. die untersalpetrige Saͤure (l'acide
hypo-nitreux), wie es Berzelius gethan
hat, und wie es schon Hr. Dumas fruͤher angedeutet
hat, geradezu durch die einfache Benennung, salpetrige
Saͤure (acide nitreux) bezeichnen, indem
ihre Verbindung ganz analog mit der phosphorigen und arsenigen Saͤure ist.
Und wenn man darauf besteht, den salpetrigen Dampf als eine besondere Verbindung von
Stikstoff und Sauerstoff zu betrachten, so wird er den Namen Unter-Salpetersaͤure (acide
hypo-nitrique) annehmen muͤssen, wegen der Aehnlichkeit in
seiner Zusammensezung mit der Unter-Phosphorsaͤure, vorzuͤglich
aber wegen der Analogie in der Wirkung dieser beiden Saͤuren auf
salzfaͤhige Grundlagen: eine Wirkung, in Folge deren die eine wie die andere
in zwei Saͤuren verwandelt werden, wovon die eine mehr, die andere weniger
oxygenirt ist, als die urspruͤngliche Verbindung.
Die ersten Chemiker, welche Kenntniß von der Verbindung der Schwefelsaͤure mit
der salpetrigen Saͤure genommen haben, waren, wie wir bereits gesagt haben,
die HHrn. Clément und Desormes,
welche, auf die Zusammensezung dieses Productes, ihre sinnreiche Theorie der
Schwefelsaͤure-Erzeugung gegruͤndet haben: eine Theorie, welche
spaͤter durch die genaueren Kenntnisse, die man uͤber die Verbindungen
des Stikstoffes und Sauerstoffes erlangt hat, einen hoͤheren Grad von
Genauigkeit erhielt. Denn in der That genuͤgte die Theorie der HHrn. Clément und Desormes,
so genau sie auch im Grunde und in ihrem Endresultate gewesen ist, nicht
hinlaͤnglich, um alles Detail des Phaͤnomenes, welches sie
erklaͤren sollte, gehoͤrig aufzuhellen. Der Hauptversuch, auf welchem
die Theorie dieser Herren beruht, ist folgender:
Man bringt in einen luftleeren Ballon Stikstoffdeuteroxyd, schwefelige Saͤure
und Sauerstoff in solchem Verhaͤltnisse, daß dieses leztere Gas im
Verhaͤltnisse zum Deuteroxyde sich in großem Ueberschusse befindet, z.B., im
Verhaͤltnisse von 15 Theilen Sauerstoff gegen 5 Theile Deuteroxyd. Wenn diese
Gase feucht sind, so bildet sich im Ballon eine theilweise Verdichtung, in deren
Folge farbenlose Krystalle entstehen, waͤhrend die rothe Farbe der Mischung
verschwindet. Wenn man auf die Krystalle eine gewisse Menge Wasser gießt, so
loͤsen sie sich mit einer Art von Zischen auf, und es entwikelt sich ein Gas,
welches in Beruͤhrung mit Sauerstoff roth wird, und wenn noch schwefelige
Saͤure vorhanden ist, so erhaͤlt man dadurch neue farbenlose
Krystalle. Wenn man neuerdings eine gewisse Menge Wassers auf diese Krystalle gießt,
so erhaͤlt man dieselbe Reihe von Phaͤnomenen, solang noch Sauerstoff
und schwefelige Saͤure da ist. Das Wasser, welches zur Aufloͤsung der
Krystalle diente, enthaͤlt dann eine gewisse Menge Schwefelsaͤure.
Auf diese Weise erzeugt sich die Schwefelsaͤure in den Bleikammern. Die HHrn.
Clément und Desormes betrachten die Krystalle, von welchen wir gesprochen haben, als
eine Verbindung von Schwefelsaͤure und Stikstoffdeuteroxyd, und nehmen an,
daß die Wirkung des Wassers sich auf Aufloͤsung der Schwefelsaͤure und
Befreiung des Stikstoffdeuteroxydes beschraͤnkt.
Spaͤter hat Hr. Gay-Lussac gezeigt, daß
diese Meinung nicht ganz richtig ist, indem die besagten Krystalle, wenn sie durch
das Wasser in einer Atmosphaͤre von Kohlensaͤure zersezt werden, noch
rothe Daͤmpfe bilden, was nicht geschehen sollte, wenn es wahr waͤre,
daß sie einzig aus Schwefelsaͤure und aus Stikstoffdeuteroxyd gebildet sind,
indem dieses leztere Gas keine rothen Daͤmpfe mit der Kohlensaͤure
gibt. Hr. Gay-Lussac schließt hieraus sehr
richtig, daß die in Frage stehenden Krystalle aus Schwefelsaͤure und aus
salpetriger Saͤure (acide nitreux) bestehen,
welche er damals vollkommen salpetrige
Saͤure (acide per-nitreux) nannte. Diese Meinung, die die
einzige wahre ist, wurde vorzuͤglich durch eine andere Beobachtung desselben
Chemikers bestaͤtigt, welche darin besteht, die in Frage stehenden Krystalle
unmittelbar dadurch zu erzeugen, daß man das Product aus der Destillation von
wasserfreiem salpetersauren Blei in Schwefelsaͤure gießt: Hr. Gay-Lussac betrachtete dieses Product damals als
vollkommen salpetrige Saͤure; da aber Hr. Dulong
bald darauf bewies, daß diese leztere auf obige Weise erhaltene Saͤure nur
salpetriger Dampf (die heutige Untersalpetersaͤure, acide hyponitrique actuel) im fluͤssigen Zustande ist, so nahm man,
ohne weitere Pruͤfung, die Meinung an, daß die Krystalle der HHrn. Clément und Desormes
eine Verbindung von Schwefelsaͤure und Untersalpetersaͤure sind.
Hiervon kann man sich aus den neuesten und geachtetesten Werken uͤber Chemie
uͤberzeugen. Es blieb indessen noch sehr schwer, unter dieser Voraussezung
die Bildung der Schwefelsaͤure zu erklaͤren, und es blieb also hier
noch eine wahre Luͤke, die nur durch eine sehr genaue Analyse der
krystallinischen Zusammensezung, um welche es sich hier handelt, ausgefuͤllt
werden konnte.
Die einzige mir bekannt gewordene Arbeit, die man mit diesem Gegenstande vorgenommen
hat, ist diejenige, die man Hrn. Wilh. Henry verdankt.
Nach dieser Arbeit zu urtheilen bestuͤnden diese Krystalle aus
1 Atom untersalpetriger Saͤure (acide
hypo-nitreux), d. i. salpetriger Saͤure,
5 Atomen Schwefelsaͤure,
5 Atomen Wasser.
Im Gewichte aus:
688 trokener Schwefelsaͤure,
163 salpetriger Saͤure,
153 Wasser.Diese Arbeit befindet sich in den Philosophical
Transactions, und, im Auszuge, im XIII. Bd. des Journal de Pharmacie S. 113.A. d. D.
Allein, Hr. Henry hat nicht unmittelbar auf die Krystalle
gewirkt, welche man erhaͤlt, wenn man das schwefeligsaure Gas, den Sauerstoff
und das Stikstoffdeuteroxyd aufeinander einwirken laͤßt, er arbeitete mit
einer krystallinischen Verbindung, die sich zufaͤllig in bleiernen
Roͤhren bildete, die zur Erneuerung der Luft in Bleikammern gebraucht wurden.
Es war nur aus Analogie, daß er dieses Product als identisch mit den Krystallen des
Hrn. Clément und Desormes betrachtete: eine Voraussezung, die sich heute zu Tage vollkommen
bestaͤtigt
findet. Ich habe zu wiederholten Malen die unmittelbare Analyse dieser Krystalle
versucht; abgeschrekt durch die Schwierigkeiten, welche sich bei dieser Arbeit
darbieten, zog ich aber vor, unmittelbar die Menge Stikstoffdeuteroxydes und
Sauerstoffes zu untersuchen, welche zur Bildung derselben nothwendig ist.
Ich fuͤllte eine graduirte Roͤhre mit hoͤchst concentrirter
Schwefelsaͤure, und ließ nach und nach Stikstoffdeuteroxyd und Sauerstoff in
dieselbe. In dem Augenblike der Beruͤhrung hat rothe Faͤrbung Statt,
und beinahe eben so augenbliklich bilden sich auch Krystalle, die ganz das Aussehen
jener des Hrn. Clément und Desormes haben, und in Schwefelsaͤure sich in dem Maße
aufloͤsen, als gasartiges Gemenge durch die Verdichtung aufsteigt. Wenn die
Einsaugung vollstaͤndig werden soll, so muß der Sauerstoff einem Viertel des
Volumens des Stikstoffdeuteroxydes gleich seyn, so daß, wenn man von einem der Gase
mehr zusezt, als zur Bildung der salpetrigen Saͤure nothwendig ist, immer
noch ein Ruͤkstand vorhanden ist, der nicht eingesogen wurde, und der mit
diesem Ueberschusse des Gases correspondirt.Dieser Versuch, welchen ich, meines Wissens, der Erste angestellt habe, und
den ich in meinem „Cours“
mehrmals angefuͤhrt habe, findet sich in der so eben erschienenen
Uebersezung des Traité de Chimie de
Berzelius.A. d. O. Es verbindet sich also unter dem Einfluͤsse der
Schwefelsaͤure, wie unter jenem der energischen Alkalien, Stikstoffdeuteroxyd
und Sauerstoff, um salpetrige Saͤure zu bilden. Es begegnete mir zuweilen im
Verlaufe meiner Versuche, daß ich eine Einsaugung von mehr als vier Theilen
Stikstoffdeuteroxyd auf Einen Theil Sauerstoff erhielt; jedoch immer innerhalb sehr
beschraͤnkter Glaͤnzen, so daß ich dafuͤrhalte, daß wirklich
eine Verbindung zwischen der Schwefelsaͤure und der salpetrigen Saͤure
zur Bildung der Krystalle des Clément und Desormes Statt hat. Wenn man aber, wie man wirklich
gezwungen ist es zu thun, zugibt, daß die oben erwaͤhnte krystallinische
Masse aus Schwefelsaͤure und aus salpetriger Saͤure besteht;
wofuͤr soll man dann die Krystalle erklaͤren, welche Gay-Lussac durch bloße Mischung der
Untersalpetersaͤure (Acide hyponitrique) mit der
Schwefelsaͤure erhielt? Man muß, wie es mir scheint, zugeben, daß die
Untersalpetersaͤure sich dann in Salpetersaͤure und in salpetrige
Saͤure zersezt. Die zweite verbindet sich mit der Schwefelsaͤure, um
die in Frage stehenden Krystalle zu bilden, und die erste bleibt in der
Aufloͤsung, ohne Zweifel vereint mit einem Theile des Wassers der
Schwefelsaͤure. Die Krystalle des Hrn. Gay-Lussac bilden sich wirklich auch nicht augenbliklich, sondern
immer erst nach Verlauf einiger Zeit; und uͤberdieß bemerkt man immer, man
mag die beiden Saͤuren, welche man anwendet, in was immer fuͤr einem
Verhaͤltnisse nehmen, daß eine roͤthliche Fluͤssigkeit auf den
Krystallen schwimmt, welche Daͤmpfe in die Luft ausstoͤßt, die jenen
der rauchenden Salpetersaͤure aͤhnlich sind. Nun enthalten, nach Hrn.
Henry's angefuͤhrter Analyse, die Krystalle,
welche sich bilden, eben so viel Wasser, als die Schwefelsaͤure selbst;
folglich muͤßte, wenn wirklich eine Verbindung zwischen zwei Saͤuren
Statt haͤtte, die Mischung sich in eine krystallinische Masse verwandeln,
ohne daß irgend ein fluͤssiger Ruͤkstand zuruͤkbliebe, was
jedoch nicht der Fall ist. Obschon also Hrn. Gay-Lussac's Versuch beim ersten Anblike in Widerspruch mit der
Zusammensezung zu seyn scheint, welche er fuͤr die Krystalle der HHrn. Clément und Desormes
angegeben hat, so stimmt sie doch mit derselben vollkommen uͤberein.
Folgender Versuch beweiset auf eine noch weit positivere Art, daß die
Schwefelsaͤure sich nicht unmittelbar mit der Untersalpetersaͤure zur
Krystallenbildung vereint. Man fuͤlle eine Roͤhre mit
Schwefelsaͤure auf einem Bade von derselben Fluͤssigkeit, und bringe
mittelst eines kleinen RoͤhrchensIch nehme hierzu eine kleine glaͤserne Kugel, die zwischen zwei fein
zulaufenden Spizen aufgeblasen ist, und fuͤlle sie mit
Untersalpetersaͤure, wie man die Kugel eines Thermometers mit Alkohol
fuͤllt. Hierauf fuͤhre ich die offene Spize unter die
Roͤhre, welche die Schwefelsaͤure enthaͤlt, und lasse
durch die Waͤrme der Hand die verlangte Menge in die Roͤhre
eintreten.A. d. O. einige Tropfen Untersalpetersaͤure in dieselbe. Diese Saͤure
wird sich zum Theile aufloͤsen; die Temperatur wird sich etwas erheben; der
nicht aufgeloͤste Theil wird den oberen Raum einnehmen; wird sich in einen
Dampf verwandeln, der die Schwefelsaͤure zuruͤkdruͤkt; diese
wird dann wieder nach und nach emporsteigen und den gebildeten Dampf
aufloͤsen; man wird aber nie Krystalle sich bilden sehen. Wenn man aber, im
Gegentheile, Untersalpetersaͤure hinzubringt, nachdem man Stikstoffdeuteroxyd
zugesezt hat; so wird man eine Einsaugung wahrnehmen; in demselben Augenblike aber
auch, sobald die beiden Gasarten gemengt sind, Krystalle sich bilden sehen, welche,
da sie sich an der inneren Wand der Roͤhre absezen, die Durchscheinenheit
derselben so lang truͤben, bis die Schwefelsaͤure wieder aufsteigt,
und sie aufloͤst. Statt daß man in dem ersten Falle nie Krystalle
erhaͤlt, bemerkt man nur eine Verbindung von Schwefelsaͤure und
Untersalpetersaͤure, welche in Gestalt eines Syrupes erscheint, und in
oͤhligen Streifen nach abwaͤrts sinkt.Die Bildung dieses zusammengesezten Koͤrpers, welcher der
gewoͤhnlichen Schwefelsaͤure Dichtigkeit gibt, scheint mir zu
erklaͤren, wie es kommt, daß man in dem Handel gewisse
Schwefelsaͤuren findet, die, obschon sie dieselbe Dichtigkeit
besizen, welche der concentrirtesten Schwefelsaͤure eigen ist, doch
nicht im Stands sind Indigo aufzuloͤsen, und auch zu den meisten
Arbeiten, zu welchen man Schwefelsaͤure nothwendig hat,
nicht so gut taugen. Diese Bemerkung bestaͤtig sich durch eine
Thatsache, welche Hr. Robiquet mir mittheilte.
Dieser vortreffliche Beobachter hat bemerkt, daß die Schwefelsaͤure
gewisser Fabriken, wenn man sie mit vielem Wasser mengt, einen sehr deutlich
ausgezeichneten Geruch nach salpetriger Saͤure hat, und zuweilen
sogar rothe Daͤmpfe ausstoͤßt.A. d. O. Hiernach wird es also sehr leicht, eine Theorie der Bereitung der Schwefelsaͤure
aufzustellen, welche allen Bedingungen der Erfahrung Genuͤge leistet:
Wenn man schwefelige Saͤure, Sauerstoff und Stikstoffdeuteroxyd naß mengt, so
bildet sich sogleich Untersalpetersaͤure, 2 A, welche, einen Theil
ihres Sauerstoffes an die schwefelige Saͤure abtretend, diese in den Zustand
der Schwefelsaͤure uͤbergehen macht. Diese verbindet sich nun mit der
salpetrigen Saͤure, und gibt die Zusammensezung 2 A + , welche,
mit Wasser verbunden, den krystallinischen Niederschlag bildet. Diese Krystalle
treten, mit Wasser behandelt, die Schwefelsaͤure ab, und die salpetrige
Saͤure, die nicht fuͤr sich allein zu bestehen vermag, verwandelt sich
in Stikstoffdeuteroxyd, welches in Beruͤhrung mit Sauerstoff roth wird, und
in Untersalpetersaͤure, deren Farbe gleichfalls roth ist. Wenn man daher den
Versuch in Kohlensaͤure anstellt, so muͤssen sich, wie Gay-Lussac erwiesen hat, rothe Daͤmpfe
bilden, in dem Verhaͤltnisse der entwikelten Untersalpetersaͤure, und
in der Luft muß, wie Hr. Clement erwiesen hat, Einsaugung
des Sauerstoffes Statt haben. Die auf diese Weise gebildete
Untersalpetersaͤure, die neuerdings auf die schwefelige Saͤure wirkt,
bringt wieder alle Phaͤnomene hervor, die man bei Bereitung der
Schwefelsaͤure wahrnimmt.