Titel: | Ueber das Vorkommen von Arsenik im Kochsalze; von A. Latour de Trie und E. Lefrançois. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. LXIV., S. 235 |
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LXIV.
Ueber das Vorkommen von Arsenik im Kochsalze; von
A. Latour de Trie
und E.
Lefrançois.
Aus dem Journal de Pharmacie. Octbr. 1830. S.
618.
Ueber das Vorkommen von Arsenik im Kochsalze.
Das Vorkommen von Arsenik, welchen man bereits in einigen kaͤuflichen
Salzsorten fand, ist ein so wichtiger Umstand, daß wir es fuͤr
nuͤzlich halten, einen Auszug aus einer uns von den HHrn. Latour de Trie und Lefrançois mitgetheilten
Abhandlung bekannt zu machen.
Da schon mehrere Chemiker in dem Seesalze und besonders in einem Salze dieser Art,
welches im Canton von Sézanne, Dpt. der Marne, haͤufig gebraucht wird,
Arsenik gefunden hatten, so stellten wir folgende Versuche an, um zu erfahren, ob
diese gefaͤhrliche Substanz nicht auch in einem uns uͤbergebenen Salze
vorkommt, von dessen schaͤdlichen Wirkungen wir Augenzeugen waren:
1) Das gepulverte und getroknete Salz stieß auf gluͤhenden Kohlen beim
Decrepitiren einige weiße Daͤmpfe von knoblauchartigem Geruch aus; als wir
diesen Versuch oͤfters wiederholten, stellte sich der Arsenikgeruch nicht
immer ein; dieß ruͤhrt daher, daß der Arsenik in dem Salze als arsenige
Saͤure enthalten und ungleichfoͤrmig vertheilt ist;
2) Als es in einer Roͤhre erhizt wurde, bildete sich einige Linien
uͤber demselben ein weißlicher Anflug; die Roͤhre wurde zerbrochen und
verbreitete dann zwischen gluͤhenden Kohlen bald einen arsenikalischen
Geruch.
3) Bei mehrmaliger Behandlung mit kaltem Wasser hinterließ das Salz einen
Ruͤkstand, welcher auf gluͤhenden Kohlen einen deutlichen
Knoblauchgeruch ausstieß. Die Aufloͤsung faͤllte die Reagentien auf
Arsenik reichlich.
4) Schwefelwasserstoff-Aufloͤsung in eine warm bereitete
Aufloͤsung des Salzes gegossen, brachte einen gelben Niederschlag hervor,
welcher sich in aͤzendem Kali wieder aufloͤste.
Schwefelwasserstoffsaure Salze brachten nur auf Zusaz einer Saͤure einen
aͤhnlichen Niederschlag hervor.
5) Schwefelsaures Kupferoxyd-Ammoniak faͤllte daraus langsam
arseniksaures Kupfer (Scheelesches Gruͤn). Die Farbe sticht in's
Gruͤnlichweiße; wahrscheinlich ruͤhrt dieß von einigen erdigen Salzen
her, welche zugleich niedergeschlagen werden und die Farbe verhuͤllen.
6) Man brachte eine Quantitaͤt des pulverisirten Salzes auf ein Uhrglas,
welches man mit einem kleinen Trichter bedekte, dessen Roͤhre verschlossen
worden war, und erhizte das Glas mit der Weingeistlampe. Am oberen Theile des
Trichters sublimirte sich etwas weiße Substanz; er wurde den Daͤmpfen einer
Ammoniakaufloͤsung ausgesezt, wodurch sich diese Substanz aufloͤste
und in Tropfen herabfiel; leztere wurden auf einem weißen Papiere gesammelt und
einem Strome Schwefelwasserstoffgas ausgesezt, wodurch sie gelb wurden. Die Farbe
verschwindet durch Ammoniak, welches das gebildete Schwefelarsenik wieder
aufloͤst.
Diese Versuche waͤren zwar hinreichend die Gegenwart des Arseniks zu beweisen,
aber um keinen Zweifel mehr uͤbrig zu lassen, haben wir den Arsenik auch noch
reducirt. Wir schlugen naͤmlich eine Aufloͤsung von vier Unzen Salz
durch einen Strom Schwefelwasserstoffgas nieder; der gebildete Schwefelarsenik wurde
ausgesuͤßt, getroknet, mit gleichen Theilen Kohle und Aezkali innig gemengt
und in einer Roͤhre calcinirt; der reducirte Arsenik sublimirte sich in
kleinen tetraedrischen Koͤrnern nicht weit von der erhizten Stelle. Er wurde
nach Orfila's Methode mit
destillirtem Wasser gekocht; der Ruͤkstand verbreitete auf gluͤhenden
Kohlen Knoblauchgeruch und die Fluͤssigkeit enthielt arsenige Saͤure
genug, um mit Schwefelwasserstoffgas einen gelben Niederschlag zu geben.
Um den Gehalt des Salzes an Arsenik zu bestimmen, winden 4 Unzen Salz oͤfters
mit destillirtem Wasser ausgekocht, bis kein merklicher Ruͤkstand mehr blieb
und derselbe auf gluͤhenden Kohlen keinen Knoblauchgeruch mehr
verbreitete; durch die Fluͤssigkeit wurde sodann ein Strom
Schwefelwasserstoffgas geleitet; aus dem gefaͤllten Schwefelarsenik wurde die
Menge des Arseniks berechnet. 130 Grammen Salz enthielten 0,05, was einen
Viertelsgran auf die Unze ausmacht.Dieser Gehalt kann leicht zu hoch angegeben seyn, da der gefaͤllte
Schwefelarsenik in Aezammoniak haͤtte aufgeloͤst werden
sollen, um allenfalls beigemengten Schwefel abzuscheiden.A. d. R.
Die Versuche 1 und 3 beweisen, daß der Arsenik in dem Salze als arsenige
Saͤure enthalten ist. Wir glauben in dieser Thatsache den Grund der
verschiedenen Meinungen zu finden, welche mehrere Chemiker uͤber das
Vorkommen von Arsenik in dem von ihnen untersuchten Salze von Sézanne
aufstellten. Hr. Sérullas untersuchte ein ihm von Sézanne aus
zugeschiktes Salz und fand nicht die geringste Spur Arsenik. Hr. Guibourt hingegen bestaͤtigte
den Arsenikgehalt eines von demselben Orte gekauften Salzes. Dieses kann man sich
nicht anders erklaͤren als durch die Annahme, daß die arsenige Saͤure
in geringer Menge in dem Salze enthalten und ungleichmaͤßig vertheilt ist,
wobei es uͤbrigens unentschieden bleibt, ob sie zufaͤllig hinein kam
oder absichtlich damit vermischt wurde. Auf diese Art kann man in einer
Quantitaͤt Salz Arsenik finden und in einer anderen nicht die geringste Spur;
so haben wir selbst Salzmuster in verschiedenen Quartieren von Paris gekauft und in
keinem derselben Arsenik gefunden. Ebenso kann es sich treffen, daß von zwei
gleichen Quantitaͤten Salz die eine mehr und die andere weniger Arsenik
enthaͤlt, daher auch der oben angegebene Arsenikgehalt nur fuͤr die
untersuchte Probe gilt.
Das Vorkommen des Arseniks in dem von uns untersuchten Salze (wovon das Haus Pymor ein Opfer zu werden anfing) ist um so
interessanter, weil dieß das erste Mal ist, daß man im Salze zu Paris arsenige
Saͤure aufgefunden hat.