Titel: | Bericht über Hrn. Plagne's Abhandlung über Cultur der Indigoarten und Bereitung des Indigos. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. CXVIII., S. 448 |
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CXVIII.
Bericht uͤber Hrn. Plagne's Abhandlung
uͤber Cultur der Indigoarten und Bereitung des Indigos.
Aus dem L'Agriculteur-Manufacturier im
Bulletin d. Scienc.
techn. Julius. 1830. S. 234.
Plagne, uͤber Bereitung des Indigos.
Dieser Bericht ist von dem Berathungsausschusse fuͤr Kuͤnste und
Gewerbe. Hr. Plagne beschreibt
die Cultur der Indigoarten und die Fabrikation des Indigo, so wie beide heute zu
Tage in Coromandel betrieben werden. Der Indigo wird in gemischtem oder in sandigem
Boden, vorzuͤglich aber in lezterem, gebaut. Man akert ihn zwei Mal um,
saͤet ihn in breitem Wurfe, und bedekt den Samen mit Erde, indem man entweder
ein Buͤndel Bambos daruͤber hinzieht, oder eine Herde Schafe
uͤber das Feld treibt. In drei Tagen nach dem Anbaue ist der Same
aufgegangen; in einigen Tagen darauf wird gegaͤtet, und auf dieses
Gaͤten beschraͤnkt sich bis zur Ernte die ganze Arbeit, die man beim
Indigobaue hat: die Ernte geschieht zur Bluͤthezeit, sobald naͤmlich
der Indigo anfaͤngt in die Bluͤthe zu treten. Man troknet die
abgemaͤhte Pflanze schnell, indem man an der Kuͤste von Coromandel mit
troknen Blaͤttern arbeitet. Die trokenen Blätter werden in Magazine
geschafft, und wenn der Augenblik gekommen ist, wo Indig aus denselben bereitet
werden soll, uͤbergießt man die zusammengestoßenen Blaͤtter mit kaltem
Wasser, ruͤhrt den abgegossenen Aufguß um, sezt Kalkwasser zu, laͤßt
einen Bodensaz sich bilden, seiht das Wasser ab, gießt einen Augenblik uͤber
siedend heißes Wasser darauf, wirft die Masse auf ein Filter aus Leinen,
laͤßt sie abtraͤufeln, und faͤngt dann an zu troknen. Wenn man
nach der gewoͤhnlichen Weise dabei verfaͤhrt, so zeigt sich nicht die
mindeste Schwierigkeit; wenn man aber mehr und besseren Indig erhalten will, ist
viele Sorgfalt, Aufmerksamkeit, und Kenntniß noͤthig; und in dieser Hinsicht
hat Hr. de Plagne Versuche
angestellt sowohl in Bezug auf Cultur als auf Fabrikation. Er kam so weit, daß er
bis auf 5maliges Umbrechen des Akers gelangte, und dabei nur 6–8 Zoll tief
eindrang. Alsogleich nach dem lezten Umbrechen wurde in weitem Wurfe gesaͤet,
mit der Ege des Beauvais Duraseau geegt, zur gewoͤhnlichen Zeit
gegaͤtet, und dann noch ein Mal, wann die Pflanze 9 bis 10 Zoll hoch geworden
ist. Sie ist dann stark genug geworden, um den Boden zu beschatten, die Entwikelung
von neuem Unkraute zu verhuͤten, und besizt Kraft genug den Boden ringsum die
Pflanze aufzufrischen. Beim zweiten und dritten Schnitte wird ebenso gegaͤtet
und begossen.Von Lezterem war bisher keine Rede.A. d. Ue. Auf diese Weise erhaͤlt man staͤrkere Pflanzen, die reicher an
Faͤrbestoff sind, und reichlich den groͤßeren Aufwand ersezen, den man
dafuͤr macht.
Was die Fabrikation des Indigo betrifft, so meint Hr. Plagne, daß man aus trokenen Blaͤttern
immer Indigo der besten Qualitaͤt erhalten wird, sobald man folgende
Bedingungen beobachtet.
1) Das moͤglich reinste und klarste Wasser zum Einweichen und zum Waschen.
2) Das Blatt nicht, wie gewoͤhnlich, grob zerstoßen.
3) Das Blatt vor dem Einweichen schwingen.
4) Das Wasser, dessen man sich zum Einweichen bediente, mit der groͤßten
Sorgfalt durchlaufen lassen.
5) Den Indigo zwei Mal waschen, ehe man ihn kocht.
6) Waͤhrend des Kochens abschaͤumen.
7) Das Sazmehl, das noch im Wasser schwimmt, durch den moͤglich dichtesten
Musselin laufen lassen, ohne jedoch die Operation dadurch sehr zu erschweren.
8) Maͤßig und langsam ausdruͤken.
9) Die Stellen, auf welchen getroknet wird, mit frischem Strohe einfassen.
10) In großen Massen troknen.
Der Ausschuß theilt nun die Ansichten des Hrn. Plagne, in Hinsicht auf Cultur, und meint, daß
man schwere, thonige, feuchte Gruͤnde vermeiden muͤsse, in welchen sie
auf Kosten des Faͤrbestoffes wuchern.
Die Resultate, die Hr. Plagne
durch Bearbeitung der troknen Blaͤtter erhielt, scheinen dem Ausschusse um so
mehr Aufmerksamkeit zu verdienen, als sie mit denjenigen geradezu im Widerspruche
stehen, die man seit vielen Jahren in Amerika und in Bengalen erhielt, wo man immer
nur frische Blaͤtter brauchte, und auch mit den Theorien in Europa. Er
schreibt diesen Umstand bloß der schlechten Verfahrungsweise zu, deren sich die
Landleute in Coromandel bedienen, welchen an der Verbesserung ihres Stoffes nichts
gelegen ist. Er ist nicht der Meinung des Hrn. Plagne, daß der Reichthum an Faͤrbestoff
im Indigo vermehrt wird, wenn man lezteren mit Mitteln behandelt, welche ihm seine
fremdartigen Bestandtheile entziehen. Solcher Indigo wuͤrde nur theuerer
werden, und in vielen Faͤllen, in welchen man ihn anwendet, namentlich in der
Tuchfaͤrberei, wo gemeine Sorten sehr schoͤnes Blau geben, dann gar
nicht mehr zu brauchen seyn.
Die Muster, welche Hr. Plagne
einschikte, sind nicht nur besser, als man sie bisher aus Coromandel erhielt,
sondern so gut, wie die besten Bengal'schen Sorten.Was uns auffaͤllt, ist daß der Ausschuß auch nicht mit einer Sylbe der
Art von Indigofera erwaͤhnt, aus
welcher Hr. Plagne
seinen Indigo, bereitete. Weiß er denn nicht, daß es uͤber 120
verschiedene Arten von Indigoferae gibt, und daß
man vorzuͤglich uͤber diejenigen Arten, welche den meisten und
den schoͤnsten Indig geben, noch am wenigsten im Reinen ist? Es ist
unglaublich, wie man heute zu Tage uͤberall Botanik
vernachlaͤssigt sieht, selbst dort, wo Alles und Alles auf derselben
beruht. Man schreibt Abhandlungen uͤber Indigo, ohne der Art und der
Sorte der Pflanze, aus welcher der Indigo gewonnen wurde, auch nur mit einer
Sylbe zu erwaͤhnen; gerade als ob man aus einer Holzbirne so gutes
Compot machen koͤnne, als aus der feinsten Isambert. Moͤchte
doch der liebe Gott die Veraͤchter und Unterdruͤker der
Botanik in unseren Tagen mit Nabuchonodosors Loos begluͤken, damit
sie lernten, was fuͤr ein himmelweiter Unterschied zwischen
„Kraͤutel und Kraͤutel“ ist.A. d. Ue.