Titel: | Hut nach einer neuen Einrichtung, auf welchen Rob. Lloyd, Hutmacher am Strande, und Jak. Rowbotham, Hutmacher in Great Surrey Street, Blackfriars' Road, Surrey, sich am 19. Febr. 1824 ein Patent ertheilen ließen. |
Fundstelle: | Band 38, Jahrgang 1830, Nr. CXX., S. 452 |
Download: | XML |
CXX.
Hut nach einer neuen Einrichtung, auf welchen
Rob. Lloyd, Hutmacher am
Strande, und Jak.
Rowbotham, Hutmacher in Great Surrey Street, Blackfriars' Road, Surrey,
sich am 19. Febr. 1824 ein Patent ertheilen
ließen.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. August.
1830. S. 89.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Rowbotham's Hut nach einer neuen Einrichtung.
Die neue Einrichtung dieser Huͤte, welche die ganz neue und einzige Erfindung
von Lloyd und Rowbotham sind,
ist folgende:
1) Der Hut ist entweder bloß aus Haar, Wolle, Seide, Baumwolle, Pelz, Leder, Flachs,
Hanf, Stroh oder irgend einem anderen, von anderen nicht als Patent-Recht in
Anspruch genommenem, und von dem Geseze nicht verbotenen Stoffe, oder aus einem
Gemenge dieser Stoffe; er kann auch aus Seide- oder Baumwollenfelbel, und aus
superfeinem Wollentuche oder aus Leinwand seyn.
2) Die eigene Einrichtung dieses Hutes, worin derselbe von allen anderen bisher
verfertigten Huͤten abweicht, ist diese, daß die Krone (oberdeutsch Gupf) beweglich ist, so daß man ihn steigen und fallen
lassen, hoch und niedrig machen kann. Die Weise, wie dieß geschieht, besteht darin,
daß ein Theil der Krone sich in den anderen zuruͤkziehen, falten oder
schieben kann, so daß der mittlere Theil derselben sich gaͤnzlich, wie ein
Theil eines Fernrohres, zuruͤkschieben und ausziehen laͤßt, folglich
die Krone (der Gupf) hoch und niedrig getragen werden kann. In dem lezteren Falle
wird der mittlere, sich faltende, Theil zuruͤkgezogen, so daß er
gaͤnzlich außer Augen kommt. Dieses Falten und Schieben des Hutes, welches
ganz neu ist, nehmen die Patent-Traͤger vorzuͤglich als ihre
Erfindung in Anspruch.
3) Obschon die Materialien, aus welchen diese Huͤte gemacht werden, auf die
gewoͤhnliche Weise zu Huͤten verarbeitet werden, so nehmen die
Patent-Traͤger doch ein Verfahren in Anspruch, welches, wie sie
glauben, noch von Niemanden befolgt wurde: statt daß sie naͤmlich den ganzen
Hut aus Einem Stuͤke machen, schneiden sie, zur Erleichterung der Arbeit,
zwei oder mehr flache Stuͤke Filz, gewebtes Tuch oder Pelz, oder was immer
fuͤr Hutmaterial aus, und naͤhen oder fuͤgen sie zusammen, so
daß sie dann uͤber die Form gezogen und gehoͤrig gestaltet werden
koͤnnen.
4) Um nun die Kronen heben oder senken, falten oder stuͤzen zu koͤnnen,
bedienen sie sich der hier angegebenen Vorrichtungen N.
1, 2, 3 und 4.
Fig. 20. ist die Stuͤze mit dem Demantgefuͤge: (diamond jointed prop). Sie ist aus Metall, Fischbein
oder Holz. Die Mittelpunkte oder Enden einer jeden Raute drehen sich um einen Stift,
so daß die Stuͤze in jeder beliebigen Laͤnge verlaͤngert, und
durch Zusammenschieben verkuͤrzt werden kann, die Krone also steigen und
fallen kann. Diese Stuͤzen werden innenwendig, zu einer, zwei oder mehreren,
in der Krone zur Stuͤzung derselben angebracht. Jede Stuͤze hat drei
Rauten; sie kann aber auch deren mehrere haben: die eine derselben ist oben an der
Krone fest gemacht; die andere unten beim Bande.
Fig. 21., das Korkzieher-Gefuͤge (corkscrew joint) ist ein Stuͤk Metalldrath,
Fischbein oder Holz, welches so gebogen ist, daß die beiden Enden an einander
stoßen. Zwischen diesen Enden befindet sich eine kleine gezaͤhnte Walze aus
Metall oder aus irgend einer harten Masse, und ist daselbst mittelst eines Stiftes
so befestigt, daß sie sich drehen kann, und daß die Zaͤhne als Haͤlter
wirken, die sie in jeder beliebigen Lage festhalten. Die ganze Vorrichtung wirkt wie
ein Korkzieher, an dessen jedem Ende ein kleines Stuͤk Drath oder anderer
harter Masse befestigt ist: man kann diese Stuͤke Arme nennen: einer dieser
Arme ist oben an der Krone, der andere am Bande befestigt. Man kann Eines dieser
Gefuͤge oder mehrere derselben an jedem Hute anbringen: das Gefuͤge an
der Walze wird die Krone heben oder senken lassen, wie man wuͤnscht.
Fig. 22. Der Reif. Er ist von Metall oder irgend einer harten
Masse. An demselben sind zwei oder mehrere Metalldrathe angebracht, oder senkrechte
Holz- oder Fischbeinstreifen. Der Reif liegt oben im Gipfel der Krone, und
laͤuft durch mehrere Ringe oder Augen: die anderen Enden der senkrechten
Streifen sind zunaͤchst dem Bande befestigt. An jedem Ende dieser lezteren
ist innerhalb der Krone ein Drehegewinde (Schweife!), so daß jeder Streif eine
doppelte und verschiedene Bewegung hat. Wenn die Krone niedergedruͤkt wird,
zwingt sie den Reif sich zum Theile ringsumher durch die Augen zu schieben, bis sie
in die verlangte Tiefe kommt, und die Streifen fallen gleichfalls uͤber
einander. Wenn die Krone aber in die Hoͤhe gezogen werden soll, werden die
Streife senkrecht, und ein kleiner Federhaͤlter im Reife sichert die Krone
vor dem Niedersinken.
Fig. 23. Das Teleskop-Gefuͤge (telescope fliding joint). Dieses Gefuͤge wird aus
Metall, Bein, Holz oder aus irgend einer harten Masse auf folgende Weise verfertigt.
Zwei oder mehrere Stuͤke werden mit schiebbaren Furchen versehen, so daß ein
Stuͤk oder Gefuͤge aus dem anderen in jeder gegebenen Laͤnge
hervorgezogen werden und mittelst einer Feder, eines Faͤngers oder Schneppers
festgehalten werden kann. Wenn Ein solches Stuͤk, oder wenn zwei oder mehrere
solche Stuͤke innerhalb der Krone unten und oben befestigt sind, wird die
Krone nach Belieben gehoben und gesenkt werden koͤnnen.
Es gibt noch mehrere Vorrichtungen zu diesem Ende, welche die
Patent-Traͤger in Anspruch nehmen, z.B. Eine Spiralfeder oder mehrere
Spiralfedern; gerade Spangen von Metall, Bein oder Holz, die man herausnehmen und
einsezen kann, mit Federn und Gefuͤgen, oder ohne dieselben. Sie brauchen zu
eben diesem Zweke auch zwei oder mehrere Stuͤke Drath, Fischbein, Holz, die
in einer Querrichtung angebracht werden, so daß die eine Haͤlfte durch die
andere laͤuft, oder sich in derselben dreht etc. etc.
––––––––––
Wir sehen nicht ein, fuͤgt das Repertory bei,
welchen Nuzen dieser „Hut nach einer neuen Einrichtung“
gewaͤhren soll, und finden auch gar nichts Gescheidtes in demselben. Wenn
wir, im Wechsel der Mode, verdammt waͤren Huͤte von der Laͤnge
Einer Elle oder von drei Ellen zu tragen, und unser theures Haupt mit ein paar Pfund
Metallfedern zu beschweren, so koͤnnte diese kostbare Erfindung vielleicht
von einigem Werthe werden: wahrscheinlich ließen die HHrn. Lloyd und Rowbotham sich ihr Patent in Erwartung eines
solchen Ereignisses ertheilen.
Wir wuͤrden dieses Patent nicht bekannt gemacht haben, wenn wir nicht
uͤber die Patente des Hrn. Lloyd von mehreren Seiten Nachfrage erhalten haͤtten. Eines
haben wir im VIII. Bd. S. 600. mitgetheilt.So laͤcherlich diese Vorrichtung scheinen mag, so wird doch manche
Puzmacherinn bei Damenhuͤten Gebrauch von einer oder von der anderen
dieser Vorrichtung machen koͤnnen: vorzuͤglich geeignet
waͤren diese Huͤte fuͤr Baͤlle und Maskeraden.
Eine andere weit nuͤtzlichere Anwendung, unter gehoͤrigen
Modificationen, ließe sich von dieser Idee vielleicht bei den Tschakos der
Militaͤre machen, die einer Reform gar sehr beduͤrfen. Es
scheint, daß noch kein Mann von Kopf uͤber die zwekmaͤßigste
Bedekung des Kopfes des Kriegers gehoͤrig nachgedacht hat. Man treibt
erbaͤrmliches Puppenspiel mit der großen Tragoͤdie des
Krieges. Der heutige Zustand der Technik erlaubt eine zwekmaͤßigere
Kopfbedekung fuͤr den Krieger, als ein Faß auf dem Kopfe, das dem
Manne eine unnuͤze Last ist, indem es ihn
weder gegen den Hieb des Reiters, noch gegen Regen, Wind und Sonne
schuͤzt, und eine schaͤdliche Last,
indem es ihn theils aufdruͤkt, theils auf sein Hirn selbst
nachtheilig wirkt. Es ist doch sonderbar, daß, waͤhrend der
tuͤrkische Kaiser die Janitscharen-Uniform abschaffte, wir
dieselbe, namentlich an der Kopfbedekung, bei uns einfuͤhren.A. d. Ue.