Titel: | Untersuchungen über die verschiedenen in den Künsten gebräuchlichen Gläser. Von Hrn. J. Dumas. |
Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XIV., S. 27 |
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XIV.
Untersuchungen uͤber die verschiedenen in
den Kuͤnsten gebraͤuchlichen Glaͤser. Von Hrn. J. Dumas.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Juin. 1830.
S. 144.
Dumas, Untersuchungen uͤber die in den Kuͤnsten
gebraͤuchlichen Glaͤser.
Die Glaͤser sind den Chemikern ihrer Natur nach im Allgemeinen so gut bekannt,
und ihre Zusammensezung scheint so vieler Abaͤnderungen faͤhig, daß
man sich verleiten ließ die Analyse derselben gaͤnzlich bei Seite zu sezen.
Ich fand es fuͤr nothwendig, mir uͤber die Natur derselben genaue
Kenntniß zu verschaffen, als ich im II. Bd. meines Traité de Chimie appliquée aux arts
J. Dumas, Handbuch der angewandten Chemie;
fuͤr technische Chemiker, Fabrikanten und Gewerbtreibende
uͤberhaupt; aus dem Franzoͤsischen von Gottl. Alex und Friedr. Engelhart. Nuͤrnberg bei Joh. Leonh. Schrag.A. d. R. die Geschichte des Glases bearbeiten wollte. Dieser Umstand verwikelte mich
in eine Reihe von Untersuchungen, die noch viele Analysen nothwendig machen werden,
ehe man dieselben als geschlossen betrachten kann. Ich mußte mich mit der Analyse
der gemeinen Glaͤser, der Glaͤser der Alten, der gefaͤrbten
Glaͤser und selbst der entglasten Glaͤser (verres devitrifiés) beschaͤftigen. Diese Analysen bieten
offenbar fuͤr die Kuͤnste ein hohes Interesse dar; es laͤßt
sich aber auch erwarten, daß sie selbst fuͤr die allgemeine Chemie, und
vorzuͤglich fuͤr die Theorie der kieselsauren Verbindungen von Nuzen
seyn koͤnnen.
Gegenwaͤrtige Abhandlung soll die Bestandtheile der Glaͤser
uͤberhaupt (composition générale)
kennen lehren, und ihre Verhaͤltnisse sowohl in Hinsicht auf die allgemeine
Theorie der Chemie, als auf das gewoͤhnliche Verfahren bei ihrer Erzeugung
darstellen.
In den Kuͤnsten kann man folgende Glaͤser unterscheiden.
1) das Wasserglas oder aufloͤsbare Glas. (Verre
soluble.) Es ist eine einfache kieselsaure
Verbindung, deren Basis Kali oder Natron ist.
2) Boͤhmisches Glas (Verre de Bohème). Eine doppelt kieselsaure Verbindung aus Kali und
Kalk.
3) Kron-Glas (Crown
glass). Eine Abart des boͤhmischen Glases.
4) Fenster-Glas (Verre
à vitres). In Frankreich beinahe immer ein Glas, dessen Basis Natron
und Kalk ist.
5) Spiegel- oder Tafel-Glas (Verre de glaces).
Eine Abart des Fenster-Glases.
6) Flaschen-Glas (Verre à bouteilles). Es ist kieselsaurer Kalk, kieselsaure
Thonerde, kieselsaures Eisenoxyd, und kieselsaures Kali und Natron.
7) Krystall-Glas (Cristal). Eine kieselsaure Verbindung, deren Basis Kali und
Blei-Protoxyd ist.
8) Flint-Glas. Eine an Blei-Protoxyd
reichere Abart des Krystall-Glases.
9) Strass. Eine an Blei-Protoxyd noch reichere
Abart des Krystall-Glases.
Ich will nun jede dieser Abarten des Glases nach einander unter suchen, und die
Zusammensezung desselben darstellen, so wie auch die merkwuͤrdigeren
Umstaͤnde, die ich in Bezug auf dieselben wahrnahm, anfuͤhren.
Wasserglas, oder aufloͤsbares Glas.
Unter diesem Namen machte Hr. Fuchs
Polytechn. Journal Bd. XVII. S. 465.
A. d. R. in neuerer Zeit eine Glasart bekannt, welche bloß Kieselerde und Kali, oder
Kieselerde und Soda enthaͤlt. Diese Glasart besizt die sonderbare
Eigenschaft, sich in siedend heißem Wasser aufzuloͤsen, von kaltem Wasser
aber nur wenig angegriffen zu werden. Wenn man die Aufloͤsungen derselben der
Luft aussezt, so vertroknen sie an derselben, und bilden eine Art von Firniß, der
die Feuchtigkeit nicht staͤrker anzieht, als das gewoͤhnliche Glas.
Hierauf gruͤndet sich der einzige Gebrauch, den man von diesem Wasserglase
machen kann, naͤmlich die Anwendung desselben auf Koͤrper, welche man
dadurch unverbrennlich machen will. Hr. Fuchs hat sich
des Wasserglases mit Vortheil bei dem Muͤnchner Schauspielhause bedient. Es
waͤre zu wuͤnschen, daß man dasselbe auch zu Paris versuchte, denn das
Wasserglas scheint alle hierzu noͤthigen Bedingungen zu erfuͤllen,
d.h., es macht Holz und Gewebe unverbrennlich; es zieht keine Feuchtigkeit aus der
Luft an und wirkt nicht auf die Mahlereien, vorausgesezt, daß man dasselbe unter den von dem Erfinder
angezeigten Vorsichtsmaßregeln anwendet.
Nach Hrn. Fuchs besteht das Wasserglas, mit Kali als
Basis, aus
Kieselerde
70 = 36,33 Sauerstoff
Kali
30 = 5,08 detto.
–––––
100
Es kommt also Ein Atom Kali auf 7 Atome Kieselerde, wenn man, nach meiner
Voraussezung (Annal. d. Chim. et de Phys. t. XXXIII. S.
368.) annimmt, daß die Kieselerde nur Ein Atom Sauerstoff enthaͤlt. Man
haͤtte also wirklich
7 Atom Kieselerde
= 1348,
oder
auch
69,88
1 do
Kali
= 587
–
–
30,12
––––––
––––––––––
1935.
100.
Das Wasserglas bildet ein bestimmtes Hydrat, welches zuruͤkbleibt, wann seine
Aufloͤsungen der Luft ausgesezt werden und in derselben vertroknen. Dieses
Hydrat, welches ohne Zweifel eine große Rolle in den Eigenschaften des Wasserglases
bildet, besteht aus
Kieselerde
62 =
31
Sauerstoff
KaliWasser
26 = 12 =
4,410,6
15 do.
–––––
100.
Es scheint, daß in diesem Hydrate, wenn man den Sauerstoff des Kalis und des Wassers
dazu rechnet, die Gesammtsumme beider lezteren ungefaͤhr die Haͤlfte
des Sauerstoffes der Kieselerde gibt.
Man kann sich auch Wasserglas mit Natron als Basis desselben bereiten; man muß aber
dann, nach Hrn. Fuchs, eben so viel Natron zu demselben
nehmen, als ersteres Kali enthaͤlt, ungeachtet der verschiedenen
Saͤttigungsfaͤhigkeiten dieser beiden Grundlagen. Man hat also
fuͤr Wasserglas, dessen Basis Natron ist,
Kieselerde
70 = 36,33 Sauerstoff;
Natron
30 =
7,65 do.
––––
10.
oder Ein Atom Soda auf fuͤnf Atome Kieselerde, wenn man
nach obigen Daten rechnet.
Die hier angegebenen Resultate stimmen mit der allgemein angenommenen Idee
uͤber die Natur der Glaͤser. Man ist heute zu Tage so ziemlich
einstimmig der Meinung, daß sie unbestimmte Mischungen verschiedener bestimmter
kieselsaurer Verbindungen sind. Ohne uͤbrigens diese Frage auf eine zu
absolute Weise entscheiden zu wollen, will ich hier nur bemerken, daß Glas, welches
in thoͤnernen Tiegeln erzeugt wird, immer auch Thonerde enthaͤlt; daß
diese Thonerde in demselben die Rolle einer Grundlage spielt, und daß die große
Menge Sauerstoff, welche es enthaͤlt, die scheinbaren angegebenen
Verhaͤltnisse durchaus veraͤndert. Man wird sich hiervon durch die Resultate folgender
Analyse uͤberzeugen.
Hr. Bontems gab mir fuͤr die Sammlung der
polytechnischen Schule, vier Muster eines Glases, dessen Grundlage Natron ist, und
das man bei Versuchen auf Kronglas-Erzeugung an der schoͤnen
Glashuͤtte zu Choisy erhielt. Dieses Glas wurde aus 100 Theilen Sand und 40
Theilen Natronhydrat erzeugt. Man hatte bei diesen Versuchen die Absicht sich zu
uͤberzeugen, ob durch langsame Erkaltung an diesem Glase jene Entglasung (dévitrification) Statt hat, welche man so oft an
den kalkhaltigen Glaͤsern wahrnimmt. Man schmolz die Mischung, und ließ sie
schnell erkalten; sie hatte die Durchsichtigkeit des gewoͤhnlichen Glases.
Man schmolz sie zum zweiten Male, hatte aber die Vorsicht, sie sehr langsam sich
abkuͤhlen zu lassen; das Glas ward undurchsichtig, kluͤmperig, und
voll krystallinischer Punkte. Man nahm es in diesem Zustande, und gab ihm seine
Durchscheinenheit durch eine neue Schmelzung wieder und durch ploͤzliche
Abkuͤhlung. Dieses leztere Product gab endlich neuerdings geschmolzen und
langsam erkaltet wieder entglastes Glas. Diese vier Glaͤser boten mir so
ziemlich dieselbe Zusammensezung dar, was daher ruͤhrt, daß die Entglasung in
denselben auf eine unvollkommene Weise geschah, und daß die Krystalle, deren
Entstehung sie veranlaßte, in einer großen Menge nicht entglasten Glases
ersaͤuft wurde.
N. 1. Durchsichtiges Glas.
Kieselerde
76,4
Thonerde
2,0
Natron
21,6
–––––
100.
N. 2. Das vorige entglast.
Kieselerde
76,1
Thonerde
1,5
Natron
22,4
–––––
100.
N. 3. Das vorige verglast.
Kieselerde
76,8
Thonerde
2,5
Natron
20,7
–––––
100.
N. 4. Das vorige entglast.
Kieselerde
76,0
Thonerde
2,7
Natron
21,3
–––––
100.
Man bemerkt nicht, daß diese vier Schmelzungen in dem Glase entschiedene
Veraͤnderungen hervorgebracht haͤtten. Man weiß indessen, daß das
Natron sich in den Glasoͤfen verfluͤchtigen kann, und die Gegenwart der Thonerde in
diesen Glaͤsern zeigt uns, daß der Tiegel angegriffen wurde: ein Umstand,
welchen die Untersuchung der Schmelztiegel in den Glashuͤtten
uͤbrigens hinlaͤnglich erweiset. Ohne indessen diesem Resultate eine
zu hohe Wichtigkeit beizulegen, kann man jedoch bemerken, daß das hier in Frage
stehende Glas eine beinahe bestimmte Zusammensezung besizt. Es enthaͤlt
wirklich, wenn man aus diesen vier Analysen das Mittel nimmt,
Kieselerde
76,3 = 39,6
Sauerstoff.
ThonerdeNatron
2,2 = 1,024,5
= 5,5
=
6,5 do.
Man sieht hieraus, daß, wenn man die Kieselerde und das Natron betrachtet, das
Verhaͤltniß des Sauerstoffes unter denselben 7 : 1 seyn wird; daß aber, wenn
man auch die Thonerde in Anschlag bringt, es genau wie 6 : 1 steht. Die
vorausgeschikten Analysen des Hrn. Fuchs sind also gut
fuͤr die Praxis, aber unzureichend fuͤr die Theorie der Verglasung,
auf welche Hr. Fuchs uͤbrigens auch keine
Ruͤksicht nahm.
Die Rolle, welche die Thonerde in den Glaͤsern spielt, darf nicht
vernachlaͤssigt werden. Wenn, wie es wahrscheinlich scheint, sie dazwischen
tritt, um das Glas auf eine bestimmte Zusammensezung zuruͤkzufuͤhren,
die fuͤr die einfachen Glaͤser von der Art ist, daß sie in den Zustand
eines Sex- oder Quadri-Silicates gelangen, so laͤßt sich leicht
begreifen, daß der Tiegel mehr oder minder angegriffen werden kann, je nachdem das
Mengenverhaͤltniß zwischen der Kieselerde und der alkalischen Basis sich mehr
oder minder diesem bestimmten Verhaͤltnisse naͤhert.
Bei den gewoͤhnlichen Glaͤsern ist das Verhaͤltniß von 1 : 6
zwischen dem Sauerstoffe der Grundlagen und der Kieselerde selten; das
Verhaͤltniß von 1 : 4 aber, oder ein demselben nahekommendes, scheint mir,
wie man sehen wird, haͤufig.
Boͤhmisches Glas.
Diese schoͤne Glasart, die durch die Reinheit ihrer Farbe so ausgezeichnet
ist, und die man nie an Glaͤsern nachahmen konnte, deren Grundlage Natron
ist, ergab bei meiner Untersuchung folgende Zusammensezung:
Kieselerde
69,4 = 36
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeKali
9,6 =
4,48 9,2 =
2,57 11,8 = 1,99
=
9,04 do.
––––––
100.
Das Glas, welches ich analysirte, war von einem alten Staͤngelglase. Es ist
wahrscheinlich, daß andere Muster andere Resultate geben koͤnnen; ich habe
aber Grund zu glauben, daß das Verhaͤltniß zwischen dem Sauerstoffe der
Kieselerde und der Grundlagen dieses Glases immer nahe wie 4 : 1 seyn wird, welches
auch obige Analyse angibt. Auf einige Spuren von Eisen- oder Braunsteinoxyd
habe ich nicht Ruͤksicht genommen, weil sie beinahe unbestimmbar waren; es
gibt aber boͤhmische Glaͤser, deren violette oder gelbliche Farbe das
Daseyn derselben in merklicher Menge beurkundet. Es ist wahrscheinlich, daß man die
Thonerde selten wieder in so großer Menge finden wird.
Kronglas.
Um eine nuͤzliche Analyse des Kronglases zu erhalten, mußte man sie an einem
ausgezeichneten Stuͤke vornehmen. Ich wandte mich an Hrn. Cauchoix, welcher die Guͤte hatte, mir
gepruͤftes Kron- und Flintglas, und besonders ein Stuͤk
deutsches Kronglas zu geben, welches dieser geschikte Optiker fuͤr
vorzuͤglich ausgezeichnet erklaͤrt.
Dieses Kronglas gab
Kieselerde
62,8 = 32,6
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeKali
2,6 =
1,2 12,5 = 3,5 22,1
= 3,7
=
8,4 do.
––––––
100,0.
Eine Thonerde, die sehr weiß war, und einige Spuren von Eisen- und Manganoxyd
hat man nicht abgeschieden.
Wir finden auch hier wieder das Verhaͤltniß wie 1 : 4 zwischen dem Sauerstoffe
der Grundlagen und der Kieselerde; es bietet sich aber noch ein besonderer Umstand
dar. Der Sauerstoff des Kalkes und des Kalis sind so ziemlich gleich, so daß man die
Zusammensezung dieses Kronglases als bestehend betrachten kann, genau aus
1 Atom
Kali
= 588 oder auch
23,8
1 –
Kalk
=
356 –
14,3
4 –
Kieselerde
=
1540 –
61,9
––––––
–––––
2484.
100.
Bei dieser Rechnung ließ man die Thonerde weg. Es waͤre indessen
moͤglich, daß der angewendete Sand selbst schon Thonerde enthalten
koͤnnte, und in diesem Falle muͤßte man sie, sie mag in was immer
fuͤr einer Menge vorkommen, in Rechnung bringen und die Grundlagen
verhaͤltnißmaͤßig vermindern, die zur Erzeugung des Glases nothwendig
sind. Thonhaltiger Sand, bitterhaltiger Kalk verursachen Ungelegenheiten bei
Bestimmung der Mengen der Bestandtheile des Glases, worauf Glasmacher aufmerksam
seyn muͤssen.
Ich wiederhole hier in Bezug auf Kronglas, was ich in Hinsicht auf boͤhmisches
Glas bereits bemerkte. Seine Zusammensezung hat ohne Zweifel ihre Verschiedenheiten;
es ist aber nicht minder merkwuͤrdig, daß ein Kronglas, welches den Optiker
im vollkommensten Maße
befriedigt, beinahe eben so gut eine bestimmte Zusammensezung ist, als es gewisse
Mineralien sind.
Fensterglas.
Ich habe eine große Menge Fensterglaͤser analysirt, die man durch den Gebrauch
selbst, den man von denselben in der Glasmahlereianstalt in der koͤnigl.
Fabrik zu Sevres machte, als gut erprobt gefunden hat.
In den meisten Glashuͤtten macht man heute zu Tage dieses Glas, indem man 100
Theile Sand, 30 bis 40 Theile kohlensaures Natron und 30 bis 40 Theile kohlensauren
Kalk zusammenschmilzt. Man nimmt schwefelsaures Natron statt des kohlensauren
(gleiches Gewicht), seit die Glasmacher sich des Nachlasses durch die Ordonnanz vom
17. Jul. 1826 erfreuen. Es scheint, daß man einigen Vortheil dabei hat, wenn man
ungefaͤhr gleiche Gewichttheile schwefelsaures und kohlensaures Natron
zusammenmengt. Wenn der Sand und der kohlensaure Kalk rein ist, so koͤnnen
diese Glaͤser nur in Hinsicht auf die relativen Verhaͤltnisse des
Natrons und des Kalkes abweichen, was auch die Analyse erweiset. Unten folgen die
Zusammensezungen von vier Abarten von Fensterglaͤsern aus verschiedenen
Glashuͤtten.
Diese vier Glasabarten sind hier nach ihrer Saͤttigung gereiht. Was ihre
physischen Eigenschaften betrifft, so rizt N. 2. alle
uͤbrigen Glaͤser und N. 4. keines
derselben. In eben dieser Ordnung folgt auch ihre Schmelzbarkeit, welche man nach
der mehr oder minder vollkommenen Entstellung beurtheilen kann, welche die Tafeln
erleiden, wenn man sie unter derselben Muffel erhizt.
N. 1. Weiches Glas.
Kieselerde
69,65 = 36,21
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
1,82 =
0,25 13,31 =
3,72 15,22 = 3,88
= 8,45 × 4 =
33,80.
–––––
100. Ueberschuß des
Sauerstoffes
–––––
in der Kieselerde
2,41.
N. 2. Hartes Glas.
Kieselerde
69,25 = 36,69
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
2,20 =
1,02 17,25 =
4,83 11,30 = 2,87
= 8,72 × 4 =
34,88.
–––––
100. Ueberschuß des Sauerstoffes
–––––
in
der Kieselerde
1,81.
N. 3. Weiches Glas.
Kieselerde
68,55 = 35,60
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
2,40 =
1,12 16,17 =
4,52 12,88 = 3,28
= 8,92 × 4 =
35,68.
––––––
100. Weniger Sauerstoff in der
–––––
Kieselerde
0,08.
N. 4. Sehr weiches Glas.
Kieselerde
68,65 = 35,60
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
4,00 =
1,86 9,65 =
2,70 17,70 = 4,50
= 9,06 × 4 =
36,24.
––––––
100. Weniger Sauerstoff in der
–––––
Kieselerde
0,64.
Bei diesen vier Abarten von Fensterglas sind die Verhaͤltnisse zwischen
Kieselerde und ihren Grundlagen bis auf einige kleine Verschiedenheiten dieselben.
Man hat hier Mischungen, wie man sieht, von Natron und
Kalkerde-Quadrisilicaten mit mehr oder weniger Thonerde-Silicat.
Obschon man hier die Grundlagen alle als Quadrisilicate betrachtete, so scheint doch
die kieselsaure Thonerde, welche einen Theil des Glases bildet, oͤfters ein
Trisilicat. Dieß scheint wenigstens aus folgenden Analysen hervorzugehen:
N. 5. Weiches Glas.
Kieselerde
68,5 = 35,5
Sauerstoff.
Thonerde
10,0 = 4,6
× 3
=
13,8.
KalkerdeNatron
7,8 =
2,1 13,7 = 3,5
= 5,6 × 4
=
22,4.
–––––
––––
100,0
36,2
N. 6. Hartes Glas.
Kieselerde
68,0 = 35,3
Sauerstoff.
Thonerde
7,6 =
3,6
× 3
=
10,8.
KalkerdeNatron
14,3 =
4,0 10,1 = 2,5
= 6,5 × 4
=
26,0.
–––––
––––
100,0.
36,8.
Das Glas N. 6. ist haͤrter und weniger schmelzbar
als alle vorhergehenden. N. 5. ist haͤrter als
N. 4., jedoch weniger hart als N. 6., und in der Haͤrte aͤhnlich den
Glaͤsern N. 1 und 3. Es ist also die alkalische
Grundlage, von deren Menge der Rang nach diesen beiden Eigenschaften
abhaͤngt. Die drei uͤbrigen Elemente bringen ohne Zweifel jedes
gewisse specifische Veraͤnderungen hervor; der Unterschied ist aber zu
unbedeutend, als daß er in Anschlag gebracht werden konnte.
In einem Fensterglase aus einer englischen Glashuͤtte, welches Hr. Bontems mir gegeben hat, fand ich
N. 7.
Kieselerde
69,0 = 35,8
Thonerde
7,4 =
3,4
× 3
=
10,2.
KalkerdeNatron
12,5 =
3,4 11,1 = 2,8
6,2 × 4
=
24,8.
–––––
––––
100,0.
35,0.
In allen seinen physischen Eigenschaften naͤhert dieses Glas sich sehr der N. 6.
Bei der Erzeugung des Fensterglases bilden sich oͤfters Krystallisationen, welche Keir, Pajot-Descharmes, Fleuriau de Bellevue,
Dartigues, Guyton-Morveau beschrieben
hat, deren Zusammensezung aber, so viel ich weiß, noch Niemand untersuchte. Die
Glasmacher, welche bemerkten, daß diese Krystallisationen haͤufiger in
Glaͤsern vorkamen, welche zu viel Kalk enthielten, glaubten, daß sie durch
den Kalk entstanden, der sich aus dem Glase abschied. Diese Meinung, die in mehreren
guten wissenschaftlichen Werken wiederholt wird, verdient nicht die mindeste
Beachtung.
Berthollet hat, in seinen Statique
chimique, das wahre Gesez dieses Phaͤnomenes aufgestellt. Hier folgt
die Stelle, welche dieser beruͤhmte Chemiker der Entwikelung seiner Ansicht
widmete, die durch Analysen so gruͤndlich bestaͤtigt wurde, daß sie
nicht mehr den geringsten Zweifel uͤber diesen Gegenstand uͤbrig
laͤßt:
„Wenn man das Glas im Flusse erhaͤlt, so bilden sich im Grunde des
Tiegels Krystalle, welche Keir bemerkte. Diese
Krystallisation hat allerdings große Aehnlichkeit mit derjenigen, welche in
einer Fluͤssigkeit Statt hat. Es waͤre interessant, die
Verhaͤltnisse der Substanzen zu untersuchen, aus welchen diese Krystalle
bestehen, und sie mit jenen des Glases zu vergleichen, aus welchem sie
entstanden sind, und die eine noch schmelzbarere Verbindung liefern
muͤssen, wenn eine symmetrische Aneinanderreihung der Krystalltheilchen
in einer Fluͤssigkeit, wie bei den Salzen, Statt haben soll.“Statique chimique, t. 11. p. 327.
Im Cabinette der polytechnischen Schule befindet sich eine Masse weißen Glases, die
offenbar von dem Boden eines Schmelztiegels abgeschlagen wurde. An der
Oberflaͤche ist eine undurchsichtige, weiße, nadelfoͤrmig
krystallisirte Masse in einer regelmaͤßigen Dike von einigen Millimetern. Der
ganze uͤbrige Rest der Masse ist vollkommen durchsichtig; man bemerkt aber im
Inneren derselben eine Menge weißer und undurchsichtiger Prismen, die der
aͤußeren Rinde aͤhnlich sind, theils einzeln, theils in Gruppen von 2,
3, 4 etc., wo sie Sterne bilden, theils in noch groͤßerer Anzahl in Form von
Sphaͤroiden.
Die Analyse der beiden Glasarten, die in diesem Stuͤke enthalten sind, gibt
fuͤr den
durchsichtigen Theil:
Kieselerde
64,7 = 33,6
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
3,5 =
1,6 12,0 = 3,3 19,8
= 5,2
10,1 do
––––––
100,0.
krystallisirten Theil:
Kieselerde
68,2 = 35,39
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
4,9 =
2,28 12,0 =
3,36 14,9 = 3,81
=
9,45 do.
–––––
100,0.
Es ist offenbar, daß das Natron sich in dem Augenblike der Krystallisation in
bedeutender Menge in dem Glase abgeschieden hat. Es ist eben so gewiß, daß,
waͤhrend man kein einziges einfaches Verhaͤltniß zwischen den
Elementen des durchscheinenden Glases findet, man, im Gegentheile, in dem
krystallisirten Glase eine nette und gut bestimmte Zusammensezung wahrnimmt; denn
der Sauerstoff der Thonerde ist ungefaͤhr der dritte Theil des Sauerstoffes
des Natrons und des Kalkes zusammengenommen, und der Sauerstoff dieser drei
Grundlagen steht, mit jenem der Kieselerde, ziemlich genau in dem
Verhaͤltnisse, welches zur Bildung eines Thonerde-Trisilicates und
Kalkerde- und Natron-Quadrisilicates nothwendig ist. Man hat
wirklich
2,28 ×
3 = 6,84
3,363,81
=
7,17 ×
4 = 28,68
––––––––
35,52,
eine Groͤße, welche derjenigen beinahe gleichkommt, die
den Sauerstoff der Kieselerde darstellt. Diese Krystalle enthalten also Ein Atom
Thonerde-Trisilicat, und neun Atome Kalkerde- und
Natron-Trisilicat. Sie haben uͤbrigens beinahe die Zusammensezung des
gewoͤhnlichen Fensterglases, und verdanken ihre Undurchsichtigkeit ohne
Zweifel dem Aggregationszustande der Nadeln, aus welchen sie gebildet sind.
Die Theorie Berthollet's bezog sich nur auf jene besondere
Art von Entglasung, von welcher ich gesprochen habe. Es wuͤrde gewagt seyn,
wenn man sich derselben zur Erklaͤrung der Wirkungen der Entglasung bedienen
wollte, die nach Réaumuͤr's Verfahren bewirkt wird. Ich werde
spaͤter auf dieselbe zuruͤkkommen.
Ich glaube, ohne es jedoch bestaͤtigen zu koͤnnen, daß die
Krystallisationen des Fensterglases in ihrer Zusammensezung wechseln muͤssen,
und daß diese von der Zusammensezung des Glases abhaͤngen, welches sich
entglast, und von der Langsamkeit der Abkuͤhlung.
Tafel- oder Spiegelglas.
Dieses Glas enthaͤlt gewoͤhnlich Kieselerde, Kalkerde und Natron, wie
das Fensterglas, aber in ganz verschiedenen Verhaͤltnissen.
In einer Analyse eines schoͤnen Spiegelglases fand ich:
Kieselerde
75,9 = 39,4
Sauerstoff.
ThonerdeKalkerdeNatron
2,8 =
1,3 3,8 =
1,0 17,5 = 4,4
6,7 × 6
= 40,2 do
–––––
100.
Obschon hier der Sauerstoff der Grundlagen so ziemlich das Sechstel des Sauerstoffes
der Kieselerde ist, so glaube ich doch nicht, daß das Spiegelglas immer dieses
Verhaͤltniß darbietet.
Hier ist eine andere Analyse eines Spiegelglases, das weniger gefaͤrbt war,
als das vorige, und das Kali enthielt:
Kieselerde
73,85 = 39,4
Sauerstoff.
Thonerde
3,50 = 1,63
×
3 =
4,89.
KalkerdeNatronKali
5,60 = 1,5612,05
= 3,09 5,50 =
0,92
5,57 × 6 =
33,42.
–––––
38,31.
Wir finden also hier die Thonerde im Zustande eines Trisilicates, wie bei einigen der
vorigen Glaͤser. Das Spiegelglas ist unter allen
im Handel vorkommenden Glaͤsern dasjenige, welches sich am meisten dem Wasserglase naͤhert.
Flaschenglas.
Ich gebe hier die Analyse zweier Flaschenglaͤser.
Kieselerde
53,55
27,6
Sauerstoff
ThonerdeEisenoxydKalkerdeKali
6,01 =
2,8 5,74 = 1,7 29,22
= 8,2 5,48 = 0,9
= 4,5 × 2 == 9,1 × 2 =
9,018,2
27,2
–––––––
100,00
Dieses zu Sevres verfertigte Glas entglast sich nur mit vieler Muͤhe und
bildet, nach dieser Operation, eine milchartige Masse, jedoch ohne jenen
seidenartigen und krystallinischen Bruch, den man immer in einem nach
Réaumuͤr's Methode gut entglasten Glase wahrnimmt.
Hier folgt die Analyse eines anderen Flaschenglases, das sich, im Gegentheile, sehr
leicht entglaset, und das immer jenen seidenartigen krystallinischen Bruch
darbietet.
Kieselerde
45,6
= 23,66 Sauerstoff
ThonerdeEisenoxydKalkerdeKali
14,0 =
6,58 6,2 = 1,92 28,1
= 7,64 6,1 = 1,00
= 8,50 × 1= 8,64 × 2
= 25,78.
–––––––
100,00
In ersterem dieser beiden Glaͤser sind alle Grundlagen im Zustande eines
Bisilicates. Im zweiten behalten die alkalinischen Grundlagen diesen
Saͤttigungszustand; die Thonerde und das Eisenoxyd sind aber im Zustande
einfacher Silicate.
Man findet oͤfters im Boden der Toͤpfe der Glashuͤtten, auf
welchen Flaschenglas verfertigt wird, Metallkuͤgelchen, in welchen eine sehr
bedeutende Menge Gold vorkommt.
Es ist beinahe reines Gold. Diese Thatsache ist allen Glasmachern bekannt, und die
meisten derselben erklaͤren sie durch die Voraussezung, daß dieses Gold von
Bijouteriewaaren herkommt, die in der Asche verloren gingen, welche sie anwenden. Diese Annahme
duͤnkt mich nicht sehr wahrscheinlich. Ich habe bereits einige solche
Goldmuster gesammelt, und ich hoffe mir noch mehrere derselben verschaffen zu
koͤnnen. Ihre Analyse koͤnnte einiges Licht auf eine Frage werfen,
deren Aufloͤsung die Geologen interessiren muͤßte, wenn man beweisen
koͤnnte, daß die Asche an Erzeugung dieser Kuͤgelchen keinen Antheil
hat.
Krystallglas.
Hr. Berthier gab eine Analyse des Krystallglases der
Huͤtte zu Bonêche, wo mit Steinkohlen gearbeitet wird. Er fand
N. 1.
Kieselerde
61,0 =
31,7 Sauerstoff.
–––––
Bleioxyd
33,0 =
2,3 × 8 =
18,4
Kali
6,0 =
1,0 × 12 =
12,0
––––––
–––––
100,0.
30,4.
In einem Stuͤke, dessen Ursprung ich nicht kenne, fand ich
N. 2.
Kieselerde
56,0 =
29,06 Sauerstoff.
––––––
Bleioxyd
32,5 =
2,25
× 6 =
13,50
KaliKalkerde
8,9
= 2,6 =
1,500,72
2,22 × 8 =
17,76
––––––
––––––
100,0.
31,26.
Man sieht aus diesen beiden Analysen, daß der Saͤttigungsstand des
Krystallglases dem Saͤttigungsstande des Flaschenglases ganz entgegengesezt
ist. Das Krystallglas ist unter allen Glaͤsern dasjenige, in welchem der
Sauerstoff der Kieselerde zum Sauerstoffe der Grundlagen in dem hoͤchsten
Verhaͤltnisse steht. In dem Krystallglase, welches ich untersuchte,
enthaͤlt die Kieselerde sieben Mal so viel Sauerstoff, als die Grundlagen,
und in jenem, welches Berthier analysirte, neun Mal so
viel; ich halte es aber fuͤr wahrscheinlicher, daß die Silicate sich in
denselben nicht auf gleichem Saͤttigungsgrade befinden, und daß eine
Abscheidung Statt hatte, wie sich aus den Rechnungen ergibt.
Hier eine Analyse eines englischen Krystallglases von Hrn. Faraday:
N. 3.
Kieselerde
51,93 =
26,93 Sauerstoff.
BleioxydKali
33,28 = 2,313,67 = 2,3
4,6 × 6 =
27,6 do.
In diesem Krystallglase enthalten das Kali und das Bleioxyd dieselben Mengen
Sauerstoff, und diese beiden Grundlagen befinden sich in dem Zustande eines
Sex-Silicates. Hr. Faraday meint, und mit Recht,
daß dieses Krystallglas zu viel Kali enthaͤlt. Ueberhaupt ist das Bleioxyd
desto besser geschuͤzt, als der Sauerstoff der Kieselerde in einem
hoͤheren Verhaͤltnisse da steht. Hieraus folgt, daß unter den drei hier
vorausgeschikten Krystallglaͤsern nur N. 1. das
beste ist, und N. 3. das schlechteste. Dasjenige,
welches ich analysirte, ist also von mittlerer Guͤte.
Hr. Berthier hat in dem Krystallglase, welches er
analysirte, keine Thonerde angegeben. Die Abwesenheit dieses Bestandtheiles, welche
ich immer in Glaͤsern von mehr oder weniger sogenannter starker Dose
bemerkte, ist mir aufgefallen; ich habe aber vermuthet, daß Hr. Berthier vielleicht glaubte einige Spuren derselben
vernachlaͤssigen zu koͤnnen. Ich erwartete also Thonerde in dem
Krystallglase zu treffen, welches ich analysirte; nachdem ich aber die Kieselerde
und das Bleioxyd abschied, und die Fluͤssigkeiten mit Ammonium im
Ueberschusse behandelte, truͤbten sich dieselben nicht. Durch Abdampfung
bildete sich jedoch ein leichter Bodensaz. Als man denselben sammelte, gab er
hoͤchstens 0,006 des Gewichtes des analysirten Glases, und schien lediglich
aus Manganoxyd zu bestehen.
Wir fanden also keine Thonerde im Krystallglase, weder Hr. Berthier noch ich, und doch muß diese Basis sich in demselben finden. Es
reicht hin, um sich davon zu uͤberzeugen, daß man nur die ungeheueren
Zerfressungen betrachtet, welche die Toͤpfe erleiden. Wahrscheinlich hatten
wir beide Krystallglas bekommen, welches im Anfange der Arbeit geblasen wurde.
Alle Schriftsteller, welche uͤber Glasmacherei geschrieben haben, sprachen von
der Verdampfung, welche die Alkalien waͤhrend der Glasbereitung erleiden.
Auch ich war einst dieser Meinung, die ich selbst jezt noch unter gewissen
Beschraͤnkungen fuͤr richtig anerkenne. Wenn aber Alkalien verdampfen,
so ruͤhrt dieß davon her, daß man sie nicht in der gehoͤrigen Menge
zusezte; denn bei allen gehoͤrig angesezten Glaͤsern ist der Verlust
kaum bemerkbar. Ueberhaupt glaube ich, daß bei Bestimmung der Mengen der
Bestandtheile es darauf ankommt, daß man so viel von der Grundlage nimmt, als man in
dem Glase erhalten will, und nicht mehr.
Beide oben angefuͤhrte Analysen des Krystallglases reichen, wenn man sie mit
den gewoͤhnlichen Mischungsverhaͤltnissen des Krystallglases
vergleicht, uͤber welches kein Zweifel mehr obwaltet, hin, zu beweisen, daß
die Verdampfung des Kalis unmerklich ist.
Man bereitet das Krystallglas aus 300 Theilen Sand, 200 Theilen Mennig, und 95 oder
100 Theilen kohlensaurem Kali. Man nimmt im Winter weniger, im Sommer mehr Kali,
wegen des bedeutend verschiedenen Zuges des Ofens in diesen beiden verschiedenen
Jahreszeiten. Hier folgen die Verhaͤltnisse des Krystallglases nach diesen
beiden verschiedenen Dosirungen berechnet, unter der Voraussezung, daß kein Verlust
Statt hat.
Kieselerde
57,4
57
Bleioxyd
36,3
36
Kali
6,3
7
–––––––––––––
100,0.
100.
Diese Resultate stimmen ziemlich gut mit den beiden Analysen uͤberein, und
lassen keinen Zweifel uͤbrig, daß der Verlust an Kali bei Bereitung des
Krystallglases = 0 ist.
In der That koͤnnte man glauben, daß, da das Krystallglas, wo man Steinkohle
als Brennmaterial braucht, in geschlossenen Toͤpfen bereitet wird, und obige
Analysen und Dosirungen sich auf ein solches Krystallglas beziehen, Krystallglas in
offenen Toͤpfen bereitet andere Resultate geben muͤßte. Es ist aber
nicht so. Eine Vergleichung der Analyse des Fensterglases mit der in guten
Glashuͤtten heute zu Tage gebraͤuchlichen Dosirung laͤßt keinen
Zweifel uͤbrig, daß der Verlust an Kali bei dem Schmelzen dieses Glases nicht
von irgend einer Bedeutung ist.
Ich glaube also, daß, bei der gewoͤhnlichen Bearbeitung des Glases, bei keiner
Art von Glas irgend ein merklicher Verlust an Alkali Statt hat, und daß folglich die
Dosirung (d.h. die Bestimmung der Mengen der einzelnen Bestandtheile) sich immer
nach der Analyse des Glases richten muß, welches man erzeugen will.
Ich behaupte nicht, daß die Alkalien sich nicht verfluͤchtigen koͤnnen;
ich glaube aber, daß diese Verdampfung nur in so fern bedeutend werden kann, als man
zu große Mengen von denselben genommen hat. Ohne Zweifel wird auch weit mehr Zeit
dazu erfordert werden, als man gewoͤhnlich glaubt, wenn eine merkliche Menge
Alkali aus dem Glase verschwinden soll. Ueberschuß an Alkali muß vielmehr das
Anfressen des Topfes erleichtern, der die zur Saͤttigung desselben
nothwendige Kieselerde darbietet.
Flintglas.
Diese Art Glases ist von dem gewoͤhnlichen Krystallglase wesentlich
verschieden, wenn nicht seiner Natur nach, so wenigstens doch in Hinsicht des
Saͤttigungszustandes seiner Elemente, und der relativen Mengen des
kieselsauren Bleies und des kieselsauren Kalis.
Hier folgt die Zusammensezung des Flintglases nach Guinaud.
Kieselerde
42,5
Thonerde
1,8
Bleioxyd
43,5
Kalkerde
0,5
Kali
11,7
Arseniksaͤure
Spuren
––––––
100,0.
Wenn man diese Zusammensezung durch zwei Atome kieselsaures Kali und drei Atome
kieselsaures Blei darstellt, und annimmt, daß der Sauerstoff der Grundlagen sich in einem wie in dem
anderen dieser Silicate zu jenem der Kieselerde verhaͤlt, wie 1 : 4, so
erhaͤlt man folgende Zusammensezung:
2 Atom
Kali
= 1179 oder auch
12,6
3
–
Bleioxyd
= 4183
–
45,5
20 –
Kieselerde
= 3852
–
41,9
––––––
–––––
1
–
Flintglas
= 9214.
100,0.
Dieses Resultat der Analyse stimmt, wie man sieht, abgesehen von der Thonerde,
Kalkerde und von der Arseniksaure, so viel noͤthig mit dem berechneten
Resultate.
Ich habe nicht versucht die Menge des Arseniks zu bestimmen, welche, wie ich
vermuthe, sich im Zustande von Arseniksaͤure befindet; er findet sich aber in
bedeutender Menge im Flintglase. Wenn man das Schwefelblei mit Salpetersaͤure
erhizt, um es in schwefelsaures Blei zu verwandeln, und es bis zur Rothhize
calcinirt, so entwikeln sich sehr deutlich Arsenikdaͤmpfe.
Es scheint, daß Hr. Guinaud bei seiner Glasbereitung sich
sehr genauer Verhaͤltnisse bediente; denn die Analyse, die Hr. Faraday von demselben mittheilte, trifft mit der meinigen
genau zusammen. Dieser beruͤhmte Chemiker fand
Kieselerde
44,8
Bleioxyd
43,5
Kali
11,7
–––––
100,0.
Das Stuͤk, welches ich analysirte, erhielt ich von Hrn. Cauchoix. Ich habe, schon vor mehreren Monaten, Hrn. Boutems meine Analyse mitgetheilt, in der Erwartung ihm bei seinen
Untersuchungen uͤber Erzeugung des Flintglases im Großen nuͤzlich seyn
zu koͤnnen; allein man hatte damals schon dieses Glas mit bestem Erfolge zu
Choisy erzeugt. Man weiß uͤbrigens, daß das Geheimniß dieser interessanten
Glasbereitung nicht in den Verhaͤltnissen der Bestandtheile,Guinaud dosirte jedoch genau, wie Hr. Dumas selbst richtig bemerkt. A. d. Ue. sondern in einem gewissen Kunstgriffe besteht, der keine Spur
zuruͤklaͤßt.Unter Leitung des Hrn. Faraday sind in der lezten
Zeit in London auf Kosten der englischen Regierung Versuche uͤber
Bereitung des Flintglases angestellt worden, eine Arbeit, die nach Hrn. Faraday's eigenem Bericht bis jezt aber noch sehr
unvollkommen und unsicher ist und zu deren gaͤnzlichen Vollendung
noch eine geraume Zeit verstreichen duͤrfte. Dagegen beschrieb Hr.
Faraday in den Philosoph. Transactions fuͤr 1830. Bd. I. S. 1.
ausfuͤhrlich sein Verfahren ein eigenthuͤmliches schweres und
leicht schmelzbares Glas aus Kieselerde, Boraxsaͤure und Bleioxyd zu
bereiten und in einem homogenen Zustande zu erhalten. Dieses Verfahren ist
sehr umstaͤndlich und kostspielig; da es nur fuͤr einen
kleinen Theil der Leser dieses Journales ein besonderes Interesse haben
koͤnnte, so haben wir es nicht mitgetheilt, und verweisen auf die
Uebersezung von Faraday's Abhandlung in Poggendorff's
Annalen der Physik und Chemie, 1830. N. 4. S.
515–579. A. d. R.
Strass.
Auch die Zusammensezung des Strass liefert uns das Verhaͤltniß wie 1 : 4
zwischen dem Sauerstoffe der Grundlagen und jenem der Kieselerde; man findet aber im
Straff ein ganz anderes Verhaͤltniß zwischen dem kieselsauren Bleie und dem
kieselsauren Kali, als in den beiden uͤbrigen bleihaͤltigen
Glaͤsern.
Hier die Analyse des Strasses von Hrn. Donault-Wiéland:
Kieselerde
38,1
Thonerde
1,0
Bleioxyd
53,0
Kali
7,9
BoraxArseniksaͤure
Spuren
––––––
100,0.
Wenn man annimmt, daß der Strass aus Einem Atom kieselsaurem Kali auf drei Atome
kieselsaures Blei besteht, und uͤbrigens das Verhaͤltniß von 1 : 4
zwischen dem Sauerstoffe der Grundlagen und der Kieselerde gelten laͤßt, so
erhaͤlt man folgende Resultate:
1 Atom
Kali
= 588 oder auch
,6,9
3
–
Bleioxyd
= 4183
–
53,6
16 –
Kieselerde
= 3081
–
39,5
–––––––
–––––
1
–
Strass
= 7852
100,0;
Resultate, welche mit jenen der Analyse zusammentreffen, wenn man von
zufaͤlligen Stoffen, d.h., Borax, Thonerde und Arseniksaͤure Umgang
nimmt. Die Fabrikanten haben viele andere verschiedene Verhaͤltnisse
versucht,Vergl. Polytechn. Journ. Bd. III. S. 163. A. d. R. und haben vielleicht durch dieses hier besondere Eigenschaften an ihrem
Fabrikate erhalten, was sie bestimmen mochte, demselben den Vorzug zu geben.
Aus diesen Analysen erhellt, daß die Glaͤser immer bestimmte Silicate oder
Mischungen bestimmter Silicate sind.
Es bleibt nun noch uͤbrig, die Graͤnzen zu bestimmen, innerhalb welcher
man sich zu halten hat, wenn man ein Glas erzeugen will, das bestimmte Eigenschaften
besizt, und Materialien dazu anwendet, welche Bestandtheile des gewoͤhnlichen
Glases bilden. Diese Aufgabe ist sehr verwikelt. Ich werde versuchen meine Meinung
hieruͤber spaͤter auszusprechen, nachdem ich neue Thatsachen werde
gesammelt, und die Versuche, mit welchen ich mich hieruͤber
beschaͤftige, vollendet haben.