Titel: | Ueber die Vermengung des Weizenmehles mit anderen Mehlarten. Von Hrn. Rodriguez aus Buénos-Ayres. |
Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XXVI., S. 69 |
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XXVI.
Ueber die Vermengung des Weizenmehles mit anderen
Mehlarten. Von Hrn. Rodriguez aus Buénos-Ayres.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. September.
1830. S. 55.
Rodriguez, uͤber die Vermengung des Weizenmehles
etc.
Durch eine sehr oft wiederholte mechanische Analyse erhielt ich aus 100 Theilen
Weizenmehl bestaͤndig 27 bis 28 Theile hydratischen Kleber: Mehl von Roken,
Reis, Mais, Erbsen und (tuͤrkischen) Bohnen hinterließ bei derselben
Behandlung keinen Ruͤkstand.
Als mit einem Gemenge aus gleichen Theilen Weizenmehl und
Kartoffel-Staͤrkmehl dieselbe mechanische Analyse vorgenommen wurde,
betrug der Verlust an Kleber ungefaͤhr ein Drittel; denn anstatt 13,5 bis 14,
welche man haͤtte erhalten sollen, fand man nur 9,3. Aehnliche Gemenge im
Verhaͤltniß von 1/4, 1/8, 1/16 Kartoffel-Staͤrkmehl gaben
ziemlich dasselbe Resultat, als wenn das Weizenmehl allein angewendet worden
waͤre.
Bei Behandlung dieser verschiedenen Gemenge mit Wasser zeigt sich eine
bemerkenswerthe Erscheinung. Gegen die Mitte der Operation faͤngt die Masse,
welche Anfangs ziemlich fest war, an sich in einen diken und klebenden Brei zu
verwandeln, den man unmoͤglich in den Haͤnden zuruͤkhalten
kann. Bringt man ihn sodann auf ein feines Sieb und faͤhrt man fort ihn
zwischen den Fingern zu druͤken, so wird er endlich vollkommen
fluͤssig. Sobald dieß eingetreten ist, muß man weniger Wasser auf ihn fallen
lassen, denn ohne diese Vorsicht wuͤrde ein Theil des Klebers mit dem
Staͤrkmehl durch das Sieb fortgerissen: mit Wassertropfen, welche langsam auf
einander folgen, vermeidet man diesen Nachtheil. Nach fuͤnfzehn bis zwanzig
Minuten nimmt die Masse ihren festen Zustand wieder an, und man kann sodann mehr
Wasser auftropfen lassen. Wenn man das Kartoffel-Staͤrkmehl durch
Reismehl oder Weizen-Staͤrkmehl ersezt, zeigen sich dieselben
Erscheinungen, und man erhaͤlt aͤhnliche Resultate.
Wenn man Mehl von Mais, Bohnen oder Erbsen mit Weizenmehl vermengt, so zeigt es ein
verschiedenes Verhalten. Der Teig behaͤlt die gehoͤrige
Zaͤhigkeit und man erleidet nicht den geringsten Verlust an Kleber, in
welchen Verhaͤltnissen das Gemenge auch gemacht worden seyn mag. Man muß
diesen Unterschied zum Theil der unvollkommnen Zertheilung dieser Mehlarten
zuschreiben; wahrscheinlich haͤngt er aber auch von ihrer
eigenthuͤmlichen Natur ab. Man kann uͤbrigens die Gegenwart dieser
Mehlarten im Weizenmehl sehr leicht an dem eigenthuͤmlichen Geruch erkennen,
welcher sich waͤhrend des Knetens der Masse entwickelt; man bemerkt ferner
hinsichtlich des Erbsenmehles, und besonders des Bohnenmehles, daß das Gemenge bis
zum Ende der Operation außerordentlich klebend und teigig wird. Die Gemenge mit
Rokenmehl zeigen auch eine charakteristische Eigenschaft: sie sondern sich in kleine
Theile ab, welche zu einem gleichartigen Teige zu vereinigen unmoͤglich
ist.
Es erhellt aus diesen Versuchen, daß man sich leicht durch eine mechanische Analyse
uͤberzeugen kann, ob Weizenmehl rein oder vermengt ist; man kann sogar
erkennen, ob es ein Sechszehntel fremde Substanzen enthaͤlt; diese
analytische Methode kann aber kein genaues Resultat geben, welche Geschicklichkeit
man auch besizen mag, und
es ist daher noͤthig, zu anderen Verfahrungsarten seine Zuflucht zu
nehmen.
Ich destillirte in einer Retorte von Steingut bei einer starken Hize reines
Weizenmehl; das Product der Destillation sammelte ich in einem Gefaͤße,
welches Wasser enthielt, und fand es vollkommen neutral. Das Rokenmehl gab ebenfalls
ein neutrales Product. Mehl von Reis und Mais, Weizen- und
Kartoffel-Staͤrkmehl gaben saure Producte. Mehl von Bohnen, Linsen und
Erbsen gab eine alkalische Fluͤssigkeit. Verschiedene Gemenge dieser
Mehlarten mit Weizenmehl gaben dieselben Resultate, als wenn man diese Mehlarten
fuͤr sich destillirt haͤtte. So gaben gleiche Theile Weizenmehl und
Kartoffel-Staͤrkmehl ein Product, dessen Saͤuregehalt genau
derselbe war, als wenn man bloß das Kartoffel-Staͤrkmehl destillirt
haͤtte.
Die bei diesen verschiedenen Operationen erhaltenen Fluͤssigkeiten wurden mit
aͤquivalenten AufloͤsungenWie diese Hr. Gay-Lussac bereitet, ist im
pol. Journal Bd. XXXII. S. 190.
angegeben. A. d. R. von kohlensaurem Kali und Schwefelsaͤure neutralisirt.
100 Theile
Kartoffel-Staͤrkmehl gaben ein saures Product, welches
zu
seiner
Saͤttigung an kohlensaurem Kali erforderte
38 Abtheilungen.
100 Reismehl
28
–
100 Maismehl
16
–
100
Kartoffel-Staͤrkmehl
40
–
50 Weizenmehl mit 50
Kartoffel-Staͤrkmehl
19
–
50 Weizenmehl mit 50
Reismehl
14
–
100 Bohnenmehl gaben ein
alkalisches Product, welches zu seiner Saͤttigung
an
Schwefelsaͤure erforderte
36 Abtheilungen.
100 Linsenmehl
20
–
100 Erbsenmehl
20
–
100 feuchter Kleber
100
–
Das Weizen-Staͤrkmehl verlor in seinem gewoͤhnlichen Zustande
bei der Temperatur des siedenden Wassers 13,1 Procent Feuchtigkeit und das
Kartoffel-Staͤrkmehl 19,8. Diese beiden Zahlen stimmen hinreichend mit
den Quantitaͤten von kohlensaurem Kali, welche die sauren
Fluͤssigkeiten von jeder dieser Mehlart zu ihrer Saͤttigung
erforderten.
Zusaz von Hrn. Gay-Lussac.
Die Mehlarten enthalten verschiedene Quantitaͤten Kleber. Angenommen daß man
diese kennt, wenigstens naͤherungsweise, so kann man leicht durch bloße
Destillation des Mehles und Saͤttigung des Productes das Verhaͤltniß
ausmitteln, in welchem es mit einer anderen bekannten mehlartigen Substanz vermengt
wurde. Geht man von den vorhergehenden Daten aus, so wird ein Weizenmehl, welches
bei der Destillation ein saures Product gibt, entweder mit
Kartoffel-Staͤrkmehl oder mit Reismehl oder mit Maismehl vermischt seyn. Wenn
man weiß, daß es mit Kartoffel-Staͤrkmehl vermengt wurde, und daß 100
Theile dieses Gemenges ein saures Product gaben, welches zu seiner Saͤttigung
10 Abtheilungen kohlensaures Kali erforderte, so wird man durch eine einfache
Berechnung finden, daß es aus 26,3 Amylum und 73,7 Mehl besteht.
Diese Versuche uͤber Destillation der Mehlarten, welche Hr. Rodriguez auf meine Einladung anstellte, zeigen, daß das
Korn der Huͤlsenfruͤchte viel mehr Stikstoff enthaͤlt als das
der Getreidearten. Dieses Resultat ist sehr wichtig hinsichtlich ihrer
naͤhrenden Kraft, denn es lehrt, daß das Mehl der
Huͤlsenfruͤchte mit Kartoffeln vereinigt, sie stark animalisirt und
dadurch zu einem besseren Nahrungsmittel fuͤr Menschen und Thiere macht.