Titel: | Ueber aufrechtstehende Claviere; mitgetheilt von den Gebrüdern Kulmbach in Heilbronn. |
Autor: | Kulmbach |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. VII., S. 52 |
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VII.
Ueber aufrechtstehende Claviere; mitgetheilt von
den Gebruͤdern Kulmbach in Heilbronn.
Mit Abbildungen aus Tab.
II.
Gebruͤder Kulmbach, uͤber hochstehende
Claviere.
Unter Hinweisung auf die, im ersten Januarhefte 1831 Ihres polytechnischen Journales
enthaltene Verbesserung an Fortepianos von Thompson in
London, mag es nur willkommen erscheinen derartige als neugepriesene Verbesserungen
bei uns Deutschen schon einige Zeit gekannt und in gefaͤlligere,
zweckmaͤßigere Formen als jene englischen gebracht zu wissen.
Fig.
1–6. zeigt ein, von Hrn. Klepfer (ein geborner
Wuͤrtemberger) in Paris patentirtes und bei uns in Wuͤrtemberg bereits
eingefuͤhrtes aufrechtstehendes Fortepiano mit seiner Einrichtung. Seine Form
und Saitenlage ist nach dem Pariser Muster; der Mechanismus hingegen ist von den
Einsendern dieses in derjenigen Composition, wie sie ihn an aufrechten Clavieren
schon angebracht haben, beigefuͤgt. Auch dieses Instrument, das nur einige
Zoll hoͤher ist, als die gewoͤhnlichen horizontalen Claviere, kann der
Vorwurf nicht treffen, daß es die Schwingungen der Stimme, wenn Gesang das Spiel
begleitet, hindere, und entbehrt zu seinem Vortheile die abwaͤrts gebogenen
Tasten, die Thompson bei seinen Clavieren als
Patent-Recht in Anspruch nimmt. Die Form des Gehaͤuses ist der
Saitenlage so angepaßt, und uͤberhaupt sein Aeußeres so gefaͤllig, daß
es auch als Meuble Beruͤcksichtigung verdient.
Fig. 1. ist
die vordere Ansicht dieses Instrumentes in geschlossenem Zustande. A ist ein Theil der Vorderseite, der mit dem Vorsprung
B, unter dem die Tasten sich eingeschlossen finden,
nach Art der Schrankthuͤren von der rechten zur linken Seite sich
oͤffnet, um zu den Saiten, oder zu dem Hammerwerke gelangen zu
koͤnnen. C, ist eine Klappe, die geoͤffnet
wird, wenn das Instrument gestimmt werden soll.
Fig. 2. ist
die Seitenansicht von Außen, und
Fig. 3. die
Seitenansicht im Durchschnitte des Clavieres mit dem Hammerwerk, und zwar wegen
groͤßerer Deutlichkeit, ohne Daͤmpfer.
Fig. 4. zeigt
das Hammerwerk mit dem Daͤmpfer in etwas
groͤßerem Maßstabe.
Fig. 5. ist
das Clavier im Innern mit den schief abwaͤrts laufenden Saiten.
Fig. 6. ist
die Klappe uͤber den Tasten, in Form eines Viertheils eines Cylinders, in
halbgeoͤffneter Lage. Diese Klappe ist an ihren beiden Enden in den
Winkelecken D, mit metallnen Achsen versehen, um die sie
sich wendet.
Ferner zeigen die Fig. 7–10. ein zweites
Fortepiano, das sowohl nach seiner aͤußeren Form, als seiner inneren
Einrichtung von den Einsendern dieses schon laͤngere Zeit verfertigt wird.
Das Innere ist hier dasselbe, wie bei dem ersten Claviere, nur mit dem Unterschiede,
daß hier die Saitenlage umgekehrt, oder schief aufwaͤrts laufend ist. Sein Aeußeres stellt in geschlossenem
Zustande eine auf Saͤulen ruhende Harfe vor.
Fig. 7. zeigt
das Instrument in seinem geschlossenen Zustande. A, ist
eine mit Taffet uͤberzogene Rahme die sich oͤffnen laͤßt; B, ist der Vorsprung, unter dem die Tasten sich
befinden.
Fig. 8. ist
die Seitenansicht von Außen, und
Fig. 9. die
Seitenansicht im Durchschnitte des Instrumentes, mit der Taste, dem Hammerwerk und
dem uͤber dem Hammer angebrachten Daͤmpfer.
Fig. 10.
stellt das Fortepiano offen mit seinen schief aufwaͤrts laufenden Saiten
dar.
Der Zweck dieser unserer Mittheilung ist, wie wir schon im Eingang bemerkt haben,
kein anderer, als dem deutschen Publicum, das oft das Ausland besser als sein
Vaterland kennt, zu zeigen, daß auch die deutschen Claviermacher nicht hinter der
Zeit zuruͤckbleiben. Besonders wuͤnschenswerth waͤre es daher,
und gewiß von sehr guten Folgen fuͤr den betreffenden einzelnen als wie
fuͤr den Ruf deutscher Claviermacher uͤberhaupt, wenn noch mehrere
unserer deutschen Mitmeister, unbekannt mit engherziger Geheimnißkraͤmerei,
sich entschließen koͤnnten, auch ihr Scherflein
gemeinnuͤtziger oder interessanter Mittheilungen ihres Faches in diesem
vielgelesenen Journale niederzulegen, und damit nicht sowohl dem deutschen
Vaterlande, als besonders dem Auslande genuͤgende Beweise zu liefern, daß
auch Deutsche mit dem Auslaͤnder in die Schranken zu treten befugt seyen, und
wie ungerecht bisher an vielen Orten das Vorurtheil gegen uns gewesen sey. –
Sollen wir deutsche Claviermacher denn ewig die Schmach erdulden, unsere Fabrikate
im Auslande diesseits und jenseits des Meeres, unter erborgtem Namen, z.B. als englische Claviere verkaufen zu muͤssen?!
–