Titel: | Ueber einige Versuche mit Kautschuk oder Gummi elasticum, von Dr. Joh. Mitchell zu Philadelphia. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. X., S. 65 |
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X.
Ueber einige Versuche mit Kautschuk oder Gummi
elasticum, von Dr. Joh.
Mitchell zu Philadelphia.
Aus dem Journal of the Franklin Institute; im
Mechanics'
Magazine. N. 371. 18. Sept. S. 36.Das Londoner Mechanics' Magaz.
sagt a. a. O.: „wir haben einen kurzen Auszug aus diesem Berichte in
unserer N. 345. gegeben; wahrscheinlich wird es unseren Lesern nicht
unangenehm seyn, denselben hier vollstaͤndig zu erhalten.“
Den Auszug aus dem Mech. Mag.
N. 345. haben wir seiner Zeit im 2. Maihefte S. 329. mitgetheilt, und tragen
hier gleichfalls den vollstaͤndigen Bericht nach. Unsere Leser werden
sich uͤberzeugen, wie unvollstaͤndig jener Auszug war, und wie
sehr wir Recht haben, wenn wir immer bei technologischen Schriftstellern darauf
dringen, daß sie sich nie von der ministeriellen Erbsuͤnde kitzeln
lassen, dasjenige was sie thun, nur halb zu thun: denn alles Halbe ist nichts
Ganzes. A. d. Ue.
Mitchell, uͤber einige Versuche mit Kautschuk
etc.
„Wir haben,“ sagt das Franklin
Journal, „einen Bericht von dem obengenannten Herren uͤber
seine Versuche, Kautschuk auszudehnen und aufzublasen, erhalten, woruͤber
er auch einen Aufsatz in der American Philosophical
Society vorlas, und mehrere Notizen in Zeitschriften erschienen sind.
Wahrscheinlich werden wir unseren Lesern in der Folge noch einiges Detail
mittheilen koͤnnen. Der erwaͤhnte Bericht enthaͤlt
folgendes
Verfahren, Kautschuk in Saͤcke, Blaͤtter etc.
auszudehnen.
Man weicht Kautschuk oder Gummi elasticum so lang in Schwefel-Aether ein, bis
er weich wird, und seine Elasticitaͤt beinahe verloren hat, was, in gutem
Aether, zwischen 10 und 24 Stunden geschieht. Man schneidet ihn dann, wenn er eine
Platte bildet, mit einem nassen Messer oder mit parallelen Messern in solche
Stuͤcke, Blaͤtter etc., wie man sie eben bedarf, und laͤßt sie
trocken werden. Wenn der Kautschuk aber eine sogenante Flasche oder eine Kugel
bildet, steckt man eine Roͤhre oder einen Hahn in die Oeffnung derselben, und
blaͤst sie mit dem Munde auf: schnell, wenn die Flasche sich
gleichfoͤrmig ausdehnen soll; langsam, und gelegentlich absatzweise, wenn sie
ungleichfoͤrmig ausgedehnt werden soll. Man kann auf diese Weise eine Kugel
oder einen Sack bilden, der ganz durchscheinend und so leicht wird, daß er, mit
Wasserstoffgas gefuͤllt, in der Luft emporsteigt. Je nachdem man nun mehr
oder minder stark blaͤst, erhaͤlt man Kautschuk-Blaͤtter
von verschiedener Dicke. Wenn man Saͤcke fuͤr
Loͤthroͤhre blasen will, oder zu irgend einem Dienste, wo dieselben
noch einige Elasticitaͤt besitzen sollen, so blaͤst man sie zur
verlangten Groͤße auf, und laͤßt dann die Luft nach einer Stunde wieder heraus: sie werden
in der Folge, wo man sie auf diese Weise behandelte, sich immer wieder so weit
ausdehnen lassen, wie zuerst, und sich wieder zusammenziehen. Wenn die Waͤnde
der Kugeln oder Saͤcke aber immer gleich dick bleiben sollen, so
haͤngt man sie, so wie sie aufgeblasen wurden, auf, und laͤßt sie
haͤngen, bis sie trocken geworden sind, wo sie sich dann nicht mehr
zusammenziehen werden.
Kautschuk-Blasen, die in Aether geweicht wurden, lassen sich mit der Hand
leicht uͤber Leisten, Hutformen oder allerlei Model ziehen, wo man ihnen die
verlangte Form geben, und sie zu allerlei Zwecken brauchbar machen kann. In der Form
von Riemen, gedrehten Schnuͤren etc. erlaubt der Kautschuk in Folge seiner
Elasticitaͤt eine Menge nuͤtzlicher Anwendungen. Man kann ihm auch die
Form von Roͤhren geben, um verschiedene chemische und physische Apparate
unter einander zu verbinden. Er laͤßt sich sehr gut als Decke, statt des
Korkes zum Stoͤpseln der Flaschen etc.Daß man Kautschuk nicht massiv als Stoͤpsel verwenden kann, ist
offenbar; daß selbst das Ueberziehen kleiner Stoͤpsel mit Kautschuk
kostbar wird, ist gleichfalls bekannt. Ob es moͤglich ist, mit
papierduͤnnen Plaͤttchen von Kautschuk Gesaͤße, welche
gaͤhrende oder geistige Fluͤssigkeiten enthalten, so
dampf- und luftdicht zu schließen, wie mit Kork, waͤre einer
Reihe von Versuchen werth. Die Kautschukblaͤttchen wuͤrden
allerdings so theuer kommen, als die Korke; sie wuͤrden sich aber, da
sie von keiner Fluͤssigkeit angegangen werden, und sich leicht
reinigen lassen, da sie ferner so zu sagen unzerstoͤrbar sind, in
kurzer Zeit reichlich selbst bezahlen. A. d. Ue. verwenden, und uͤberall wo man etwas dampf- und luftdicht
schließen will. Die vielen mannigfaltigen Anwendungen in Medicin und Chirurgie sind
bekannt.
Dr. Mitchell dehnte eine Kautschuk-Blase, die
nicht groͤßer war als eine englische Wallnuß, und die 3 1/2 Quentchen wog, so
sehr aus, daß ihre beiden groͤßten Durchmesser 15 und 13 1/2 Zoll betrugen.
Er hat groͤßere Blasen, von 6 Fuß im Durchmesser verfertigt. Eine derselben,
die er mit Wasserstoffgas fuͤllte, kam ihm aus, und wurde in der Folge 130
(engl.) Meilen weit von der Stadt gefunden. Man ließ solche Luftballons immer in den
chemischen Vorlesungen vor den Zuhoͤrern steigen.
Die Entdeckung, welche Dr. Mitchell machte, daß das
aͤtherische Sassafrasoͤhl Kautschuk so sehr erweicht, daß man
denselben mittelst eines Pinsels auf jede Oberflaͤche auftragen kann,
verspricht großen Nutzen. Wenn dieser aufgeloͤste Kautschuk wieder trocken
geworden ist, so ist er so elastisch, als er Anfangs war. Wenn man denselben auf
eine Glastafel auftraͤgt, trocknet, und in kaltes Wasser taucht, so
laͤßt er sich wie ein Blatt Papier davon abziehen. Man hat ihn auf Papier
aufgestrichen, und, nachdem er trocken geworden ist, in Wasser gelegt. Wie man denselben dann ausdehnte,
zerriß das Papier und klebte bloß in Bruchstuͤcken an, zwischen welchen man
den Kautschuk noch immer, ungeachtet seiner Duͤnne, um Einen Viertelzoll
ausdehnen konnte. Ein solcher Firniß springt nie, und bleibt immer elastisch.