Titel: Verbesserungen im Baue und in der Anwendung von Rädern an leichten Fuhrwerken und Lastwagen oder anderen zur Fortschaffung schwerer Lasten bestimmten Maschinen, mitgetheilt von einem Ausländer; worauf August Whiting Gillet, von Birmingham in der Grafschaft Warwick, Kaufmann, sich am 4. November 1830 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XIV., S. 81
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XIV. Verbesserungen im Baue und in der Anwendung von Raͤdern an leichten Fuhrwerken und Lastwagen oder anderen zur Fortschaffung schwerer Lasten bestimmten Maschinen, mitgetheilt von einem Auslaͤnder; worauf August Whiting Gillet, von Birmingham in der Grafschaft Warwick, Kaufmann, sich am 4. November 1830 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Repertory of Patent Inventions-. Maͤrz 1831. S. 126. Mit einer Abbildung auf Tab. III. Gillet, Verbesserungen im Baue und in der Anwendung von Wagenraͤdern. Das Princip dieser meiner Verbesserungen besteht in der Anwendung einer sogenannten endlosen Eisenbahn (perpetual raylway), welche durch eine kreisfoͤrmige Bahn oder Schiene am inneren Umfange des Rades gebildet wird, und auf welcher kreisfoͤrmigen Bahn ein kleines, mit einem vertieften Rande an seiner Peripherie versehenes Rad herum zu laufen bestimmt ist, welches Rad einen Theil der Last tragen muß, und, indem es uͤber eine glatte Oberflaͤche laͤuft, das Fortschreiten des Wagens bedeutend erleichtern soll, wenn das große oder eigentliche Wagenrad uͤber schweren oder rauhen Grund geht. Fig. 18. ist die Seitenansicht eines Eisenbahn- oͤder Tramwagens mit dieser an demselben angebrachten Verbesserung; Fig. 19. ist eine Ansicht desselben Wagens von hinten, und Fig. 20. ein Querdurchschnitt des Wagens und seiner Raͤder, wobei in allen Figuren alle Theile mit denselben Buchstaben bezeichnet sind. aaa ist ein eigentliches Wagenrad; bb ist die kreisfoͤrmige Schiene oder Eisenbahn, welche an der inneren Seite der Radfelgen und innerhalb der Reihe der Speichen befestigt ist. cc ist die Hauptachse des Wagens, deren aͤußerste Enden wie gewoͤhnlich durch die Buͤchsen oder Naben der Raͤder gehen, und mit Vorstekbolzen oder anderen Vorrichtungen versehen sind, um das Abfallen der Raͤder zu verhuͤten. Das einzige Sonderbare an diesem Theile besteht darin, daß die Hoͤhlung der Buͤchsen etwas weiter ist als der Durchmesser der Achsen, damit jene um diese ein wenig frei spielen koͤnnen. Eine eiserne Stange dd (als Fortsezung und Verbindung der Achsen) geht unter dem Kasten des Wagens durch, und von den Enden dieser Stange sind die Stuͤke cc herabgebogen, deren aͤußerste (horizontale) Enden die Achsen der kleinen eisernen Raͤder ff bilden. Diese kleinen Raͤder koͤnnen mit irgend einer Anzahl von Speichen, oder, ohne solche, als solide Scheiben oder Walzen gegossen werden; nur muͤssen sie an ihrem aͤußeren Umfange eine Vertiefung oder einen Falz haben, welcher auf die kreisfoͤrmige Schiene oder Bahn b paßt, worauf diese Raͤder laufen. Man wird nun begreifen, daß, obschon die eigentlichen Wagenraͤder aa, wie bei gewoͤhnlichen Fuhrwerken, auf dem Boden fortgehen, das Gewicht des Wagens und seiner Ladung von den kleinen Raͤdern getragen wird, und daß daher, wenn gleich die großen Raͤder uͤber zaͤhen, schweren, rauhen und unebenen Grund sich bewegen, die kleineren Raͤder, auf denen die ganze Last ruht, und auf welchen das Fuhrwerk sich fortwaͤlzt, uͤber eine glatte und ebene Eisenbahn ohne Ende laufen, auf welcher wenig oder gar kein Widerstand Statt findet.Mr. Whiting Gillet mag mir wohl ein recht braver Kaufmann seyn, und seine Handlungsbuͤcher ordentlich zu halten verstehen; aber in der mechanischen Buchhaltung hat er sich hier ziemlich stark verrechnet. Er glaubt naͤmlich, weil die ganze Last unmittelbar auf die kleinen Raͤder druͤkt, so haͤtten die großen Raͤder nichts weiter zu thun als sich umzudrehen; er hat jedoch vergessen zu bemerken, daß der Druk von diesen lezteren auf jene eben so groß ist, und es in diesem Betrachte gleich viel gilt, ob dieser Druk unmittelbar von der Hauptachse auf die Naben, oder mittelbar von dem Wagengestelle auf die Felgen der großen Raͤder wirkt, welche sohin in beiden Faͤllen gleich stark belastet sind. Es ist hiebei dem guten Manne wie jenem faulen Knechte gegangen, welcher, statt den mit einem schweren Kornsake beladenen Gaul seines Herrn nach der Muͤhle zu fuͤhren, sich selbst dazu hinaufsezte, als er aber daruͤber von seinem Herrn gescholten ward, das naͤchste Mal den Sak auf seine Schultern nahm, und mit diesem den Gaul bestieg, in der Meinung, daß nun er und nicht das vierfuͤßige Thier die Last zu tragen haͤtte! – Der Unterschied liegt nur darin, daß der Knecht seine falsche Berechnung mit ein paar Stokstreichen von seinem Herrn, unser Kaufmann aber die seinige mit einer Geldbuße von 300 Pfd. Sterl. fuͤr ein unnuͤzes Patent gebuͤßt hat. – A. d. Ue. Diese Vorrichtung ist auf gleiche Weise an den Raͤdern jeder Art von Fuhrwerk anwendbar, und ist hier nur an einem Eisenbahnwagen dargestellt, um die Anordnung deutlich zu zeigen. Der Erfinder faͤhrt nun fort, seine Erfindung mit folgenden Worten weiter zu erklaͤren. – Die Raͤder koͤnnen in der gewoͤhnlichen Form und von denselben Materialien wie die gewoͤhnlichen Wagen- oder Kutschenraͤder verfertigt werden, mit dem einzigen Unterschiede, daß eine Art dieser Raͤder an ihrem aͤußeren Umfange concav, die andere hingegen an der inneren Seite des Randes convex ist; und daß der Durchmesser der ersteren klein genug seyn muß, um zwischen der Achse und dem inneren Felgenrade der anderen freien Raum zur Bewegung zu haben. Hieraus folgt natuͤrlich, daß die großen Raͤder einen mehr als zwei Mal groͤßeren Durchmesser als die kleinen haben muͤssen, und daß ein solches Fuhrwerk die doppelte Anzahl von Raͤdern erfordert, womit ein gewoͤhnlicher Wagen oder Karren versehen ist. Es sind naͤmlich hier zwei Raͤder angewendet, wo bei der gewoͤhnlichen Bauart nur Eins noͤthig ist, indem das kleinere, wie bereits erwaͤhnt worden, auf dem inneren Rande des groͤßeren Rades, mit welchem es sonst in keiner Verbindung steht, sich bewegt, und um seine eigene Achse sich dreht, wobei dieselbe entweder senkrecht unter der Achse des groͤßeren Rades, oder etwas vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts vom Mittelpunkte sich stellen, oder auch bestaͤndig in derselben Lage mittelst Riemen an der daruͤber befindlichen Hauptachse befestigt werden kann. Die Felgen der großen Raͤder werden um so vieles breiter als jene der kleineren gemacht, daß die lezteren an dem inneren Umfange von jenen frei herum laufen koͤnnen, ohne an ihren Speichen zu streifen. Die großen Raͤder muͤssen an ihren Achsen so wenig Spielraum als thunlich haben, um sie in einer staͤtigen (nicht schwankenden) Richtung zu erhalten; doch kann die Achse an den Koͤrper oder das Gestelle des Wagens so befestigt werden, daß dieses sich etwas heben kann, so oft irgend ein Hinderniß zwischen dem aͤußeren Umfange des kleineren und dem inneren Rande des groͤßeren Rades vorfaͤllt; wo sodann dieses fuͤr sich selbst als ein abgesondertes Rad sich umdreht, waͤhrend jenes auf der breiten kreisfoͤrmigen Bahn am Umfange des groͤßeren Rades sich fortwaͤlzt. Die Wirkung dieser beiden Raͤder, an irgend einem Fuhrwerke so angebracht, wird die von einem Rade seyn, welches am inneren Rande eines anderen herum laͤuft, wodurch die Fortschaffung jeder bedeutenden Last um vieles leichter gemacht wird als auf die gewoͤhnliche Art, und wodurch jedes Hinderniß, welches der fortschreitenden Bewegung eines Wagens in den Weg kommen mag, mit einem geringeren Aufwande von physischer oder mechanischer Kraft uͤberwunden wird, als durch jede andere bis jezt bekannte oder gebrauchte Vorrichtung.Schade nur, daß diese Erleichterung und diese Vortheile nur in der Einbildung des Patent-Traͤgers bestehen, und daß seine ganze Erfindung nichts weiter als eine unnuͤze Kuͤnstelei ist, durch welche die Reibungen, und folglich der Widerstand nur vermehrt wuͤrden. Auf einer Eisenbahn, wo die Wagenraͤder ohnehin keinem Hindernisse jener Art ausgesezt sind, faͤllt der angebliche Zwek einer solchen Erleichterung ganz hinweg; und auf gewoͤhnlichen Landstraßen, wo die Raͤder oft in weichen Grund, in zaͤhen Schlamm, oder in tiefen Sand weit uͤber die Felgen einsinken, wuͤrde die sogenannte perpetuirliche kreisfoͤrmige Eisenbahn, so wie die kleinen Raͤder mit ihren Achsen und Buͤchsen gar bald mit Staub, Sand, Steinchen oder Koth ganz gefuͤllt und verstopft seyn, und statt irgend einer Erleichterung wuͤrden die unbeweglich gewordenen Raͤderchen als wahre Radsperren wirken, und die Umdrehung der großen Wagenraͤder bedeutend erschweren, oder voͤllig hemmen. – Auf rauhen, unebenen und holperigen Wegen aber wuͤrden diese kleinen Raͤder durch die unvermeidlichen heftigen Stoͤße bald verdorben werden oder in Stuͤke brechen. A. d. Ue.

Tafeln

Tafel Tab. III
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