Titel: | Verbesserte Methode und Vorrichtung zur Erzeugung von Beleuchtungsgas, worauf James Collier von Newman Street, Oxford Street, in der Pfarrei von St. Mary-le-bone, und Heinrich Pinkus, von Thayer Street, Manchester Square, in der Grafschaft Middlesex, sich am 5. April 1830 ein Patent ertheilen ließen. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XVII., S. 90 |
Download: | XML |
XVII.
Verbesserte Methode und Vorrichtung zur Erzeugung
von Beleuchtungsgas, worauf James
Collier von Newman Street, Oxford Street, in der Pfarrei von St.
Mary-le-bone, und Heinrich Pinkus, von Thayer Street, Manchester Square, in der Grafschaft
Middlesex, sich am 5. April 1830 ein Patent
ertheilen ließen.Wir haben von dieser Abhandlung bereits in Bd.
XXXIX. S. 128. aus dem Register of Arts
eine Notiz mitgetheilt, sie folgt hier, da sie mehrere wichtige Verbesserungen
in der Gaserzeugung enthaͤlt, vollstaͤndig; das Repertory of Patent-Inventions Maͤrz
1831 S. 147. liefert dieselbe Abhandlung aber ohne Kupfer, so daß man sich keine
deutliche Vorstellung von dem Apparate machen kann. A. d. R.
Aus dem London Journal of Arts. December 1830, S.
132.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Collier und Pinkus, uͤber Beleuchtungsgas.
Unser Verfahren besteht 1) darin, daß wir eine verbesserte Composition zur Erzeugung
von Leuchtgas anwenden: wir Versezen naͤmlich Harz, Pech, Stokholm-
oder Archangeltheer oder eine Aufloͤsung von irgend einer dieser Substanzen
in Steinkohlentheer mit Zuker oder Melasse oder anderen aͤhnlichen brennbaren
Substanzen in dem unten angegebenen Verhaͤltniß. Wenn diese sich in der
Rothgluͤhhize mit dem Harz zersezen, so verhindern sie durch ihren
Kohlenstoff die Bildung oder Entwiklung einer gewissen Saͤure, welche auf das
Metall der Retorten wirkt und sie außerordentlich leicht zerstoͤrt; wir
bewirken diese Neutralisation auch 2) dadurch, daß wir in die Retorte, wenn sie in
Wirkung ist, Ammoniak- oder Wasserstoffgas in Ueberschuß leiten. 3) leiten
wir auch das zu zersezende fluͤssige Material zuerst durch starke metallne
Roͤhren, Generatoren genannt, in welchen es unter starkem Druk gehalten wird, entweder
vermittelst einer Drukpumpe oder durch eine hohe Saͤule der
Fluͤssigkeit, welche ehe man sie in die Retorte laͤßt, sehr stark
erhizt wird; in die Retorte sprizt man sie entweder vermittelst einer Drukpumpe ein,
oder treibt sie durch die Ausdehnungskraft, welche sie beim Erhizen erhaͤlt,
hinein. 4) wenden wir eine um ihre Achse sich drehende Retorte an, welche in
Faͤcher abgetheilt ist und worauf einer von uns (Heinrich Pinkus) schon am 15. August 1827 bereits ein Patent
erhielt. 5) gebrauchen wir in ein Speisungsventil und verbinden es mit einem
Compositionsventil oder einem gewoͤhnlichen Regulator, wie Fig. 18. in der Zeichnung
zeigt; 6) reinigen wir das Gas, wenn es den Gasometer verlaͤßt, auf seinem
Wege nach den Straßen oder zu den Brennern noch vollends durch einen Apparat,
welcher am Ausleerungsventile angebracht ist und troknen Chlorkalk
enthaͤlt.
Zur Gaserzeugung nehmen wir einen Zentner gewoͤhnliches Harz oder Pech, durch
die gewoͤhnlichen Mittel aufgeloͤstNaͤmlich in Steikohlentheer. A. d. R. oder ein gleiches Gewicht Stockholm- oder Archangeltheer, erhizen
dasselbe auf 150 bis 200° Fahr. und versezen es dann mit fuͤnf bis
sieben Procent (dem Gewichte nach) Zuker oder Melasse oder anderen aͤhnlichen
brennbaren Substanzen, welche einen Ueberschuß an Kohlenstoff enthalten; die
Mischung wird bestaͤndig umgeruͤhrt, bis alles Aufbrausen
aufhoͤrt. Aus dieser Mischung wird das Gas nach folgendem Verfahren
erzeugt.
Fig. 3. ist
eine Vorder- oder Endansicht einer cylindrischen Retorte A, welche der Laͤnge nach in drei Kammern
abgetheilt ist, wie man sie bei a, a, a
Fig. 7. im
Querdurchschnitt und in Fig. 4. im
Langendurchschnitt sieht; sie ist in einem gewoͤhnlichen Kohksofen b, b, b, angebracht; ihr Umfang ruht auf
Frictionswalzen, die bei c, c angebracht sind. Fig. 4. ist ein
Laͤngendurchschnitt des ganzen Apparates; d ist
ein Endstuͤk, mit einem Kniestuͤk und einer Stopfbuͤchse
versehen; das umgebogene Kniestuͤk taucht in ein hydraulisches
Verbindungsgelenke e, e und steht mit dem Verdichter f in Verbindung. In Fig. 3., 4, 5 und 6 sind
g, g, g die Regulatoren, welche mit der Retorte
durch eine Roͤhre h, die mit einem Speisungshahn
versehen ist, in Verbindung stehen; i ist eine
Roͤhre, um die Regulatoren durch eine Drukpumpe oder durch eine
Fluͤssigkeitssaͤule zu speisen; k, Fig. 4. ist
eine Roͤhre, welche von dem Verdichter zu dem Speisungsventil l, Fig. 5. fuͤhrt; und
m ist eine Roͤhre, welche zwischen dem
Speisungsventil und Regulator die Verbindung herstellt; n, ist ein Hebel, wovon das eine Ende an dem Speisungsventil und das
andere an dem Speisungshahn o, Fig. 4. durch eine Stange
p angebracht ist.
Die inneren Oberflaͤchen der Kammern, in welche das erhizte und
fluͤssige Material eingesprizt werden soll, muͤssen mit Stuͤken
von Ziegelsteinen oder Kohks (abgeschwefelten Steinkohlen) uͤberzogen seyn.
Sobald die Retorte bis zu einer hellen Kirschrothgluth erhizt ist, kann man das
fluͤssige Material durch eine Drukpumpe oder durch eine Saͤule
derselben Fluͤssigkeit von hinreichender Hoͤhe in die Generators
treiben, nach dem Verhaͤltniß des Drukes, welcher noͤthig ist, um
diese voll zu erhalten. Wenn die Fluͤssigkeit heiß genug ist, muß man den
Speisungshahn oͤffnen, durch welchen dieselbe vermoͤge ihrer
Ausdehnungskraft in kleinen Strahlen in die Retorte sprizend, sich ziemlich
gleichfoͤrmig uͤber die ganze rothgluͤhende Oberflaͤche
verbreiten und folglich schneller und wirksamer zersezen wird, als wenn die
Fluͤssigkeit auf die gewoͤhnliche Weise an einer Stelle in die Retorte
faͤllt, welche dann bald bis zu einer schwarzen Hize abgekuͤhlt wird,
und das Material zu zersezen aufhoͤrt, waͤhrend der uͤbrige
Theil der Retorte noch einen so hohen Grad von Hize erreicht, daß viel Kohle
abgesezt wird. Da das Material auf seinem Wege durch die Generators schon
Waͤrmestoff aufgenommen hat, so wird zu seiner Zersezung in der Retorte eine
verhaͤltnißmaͤßig geringere Quantitaͤt derselben erforderlich
seyn.
Bei der gewoͤhnlichen Methode bituminoͤse Substanzen zur Gaserzeugung
zu verwenden, hat sich eine sehr nachtheilige Wirkung auf das Metall der Retorte
durch die Entwikelung von Sauerstoff und die daraus gebildeten Saͤuren
erzeugt. Um diesen Nachtheil zu verhuͤten, vermengt man mit dem Harze oder
Pech, wie wir oben beschrieben haben, Zuker oder Melasse, oder andere
aͤhnliche brennbare Substanzen, welche einen Ueberschuß von Kohlenstoff
enthalten. Wenn dieses zusammengesezte Material zu einer rothgluͤhenden Hize
gebracht wird, und Sauerstoff sich entwikelt, so verbindet ein Theil dieses lezteren
sich mit dem Ueberschusse von Kohlenstoff zu kohlensaurem Gas (welches durch
Reinigung entfernt werden kann) und ein anderer Theil wird sich mit Wasserstoff
verbindend Wasser erzeugen, welches sich in dem Verdichter absezen und von dem
harzigen Stoffe leicht abgegossen werden kann.
Wir schlagen noch eine andere Methode zur Neutralisirung jener schaͤdlichen
Wirkung vor, welche darin besteht, daß man in die Retorte, waͤhrend solche in
Wirksamkeit ist, Ammoniakgas oder Wasserstoffgas in Ueberfluß einlaͤßt; wo
dann ein Theil des Sauerstoffes mit dem Wasserstoffgas oder mit dem Wasserstoff des
Ammoniaks sich verbinden, wie zuvor, Wasser absezen, auch etwas Stikstoff erscheinen
wird, wodurch das Metall der Retorte gegen die Zerstoͤrung gesichert, und die
zersezende Kraft der Materialien weniger geschwaͤcht werden wird.
Die Vortheile, welche man sich fuͤr diesen Zwek von der Annahme einer um ihre
Achse sich drehenden Retorte verspricht, sind folgende: Erstens, wird bei einem
gegebenen Inhalte fuͤr die Erzeugung von Gas viel weniger Metall zu erhizen
noͤthig; zweitens bedarf man viel kleinerer Oefen; folglich wird von einer
kleineren Oberflaͤche Hize ausstrahlen, Brennmaterial wird erspart werden,
und kleinere Verdichtungsgefaͤße werden erforderlich seyn. Indessen
beschraͤnken wir uns nicht auf irgend eine besondere Form von Retorten.
In feststehenden Retorten ist die Wirkung von oͤhlerzeugenden oder
kohlenstoffhaltigen Stoffen, welche auf eine und dieselbe Flaͤche fallen und
sich an dieselbe haͤngen, von solcher Art, daß hiedurch die Zersezungskraft
geschwaͤcht und die Mittheilung der Hize gehemmt wird. Durch das Umdrehen der
Retorte werden immer frische Flaͤchen in Thaͤtigkeit gebracht, indeß
die fruͤheren Zeit gewinnen ihren vorigen Zustand in gewissem Grade wieder zu
erlangen.
Der Vortheil, welchen man durch die Verbindung eines Speisungsventils mit einem
Compensationsventile oder einem gewoͤhnlichen Regulator qq
Fig. 5. zu
erzielen sucht, besteht darin, daß die Brenner mit einem regelmaͤßigen Zufluß
von Gas bei einem mehr gleichfoͤrmigen Druke versehen werden, und daß
hiedurch das Huͤpfen, Flakern und Zittern der Lichter verhuͤtet wird,
welches von dem ploͤzlichen und mit ungleicher Geschwindigkeit aus der
Retorte ausstroͤmenden Gase entsteht. So wie das Gas aus der Retorte kommt,
tritt es in das Speisungsventil, hebt ein Ende des Hebels, druͤkt das andere
nieder, und verschließt den Zutritt in die Retorte. So wie das Gas sich
erschoͤpft, wird das Speisungsventil niedergedruͤkt, das andere Ende
des Hebels bei p gehoben, der Zufuͤhrungshahn
geoͤffnet, worauf wieder mehr erhiztes Material in die Retorte eindringt.
Wir nehmen als unsere Erfindung in Anspruch: Erstens die
oben beschriebene Methode die nachtheiligen Wirkungen, welche von der
gewoͤhnlichen Anwendung harziger Stoffe entstehen, durch Zusaz von Zuker,
Melasse, oder anderen aͤhnlichen Stoffen zu neutralisiren, welche, mit dem in
der Retorte erzeugten Sauerstoffe sich verbindend, andere weniger schaͤdliche
Mischungen bilden; zweitens das zu demselben Zweke von
uns vorgeschlagene Einlassen von Ammoniakgas oder von Wasserstoffgas in die Retorte,
wenn diese in voller Wirkung ist; drittens das Einsprizen
irgend eines Materiales in die Retorte mittelst einer Drukpumpe, oder durch die
Ausdehnungskraft des zu zersezenden erhizten Materiales; viertens die Methode, das Material unter einem angemessenen Druke in
Generatoren zu erhizen; fuͤnftens die Verbindung
eines Compensationsventiles oder eines Regulators mit einem Speisungsventil (ohne
den Gebrauch derselben
einzeln anzusprechen); und sechstens die Anwendung eines
vollendenden Reinigungs-Apparates (finishing
purifier) an dem Ausleerungsventil nach der oben beschriebenen Art.