Titel: | Ueber den Anbau und die Verarbeitung des Leinens; von Hrn. André. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XXII., S. 102 |
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XXII.
Ueber den Anbau und die Verarbeitung des Leinens;
von Hrn. André.
Aus Dubrunfaut's Agriculteur manufacturier. Novbr.
1830, S. 49.
André, uͤber den Anbau und die Verarbeitung des
Leins.
Man muß sich wundern, daß in Frankreich der Anbau des Leins, dieser kostbaren
Pflanze, welche der Landwirthschaft und dem Handel unermeßliche Vortheile darbietet,
so vernachlaͤssigt und so wenig verbreitet ist; es ist sehr zu
wuͤnschen, daß dieser wichtige Zweig unserer Landwirthschaft Fortschritte
mache. Die Naturgeschichte des Leinens mitzutheilen, die Hindernisse zu bezeichnen,
welche der Verbreitung seines Anbaues im Wege stehen, und die Mittel anzugeben,
wodurch man sie beseitigen kann, ist der Zwek dieser Abhandlung.
Ueber den Lein und seinen Anbau.
Der Lein ist seit den aͤltesten Zeiten bekannt, und wird nicht nur wegen
seines Faserstoffes, sondern auch wegen seines Oehlgehaltes und seiner medicinischen
Eigenschaften benuzt. Man unterscheidet mehr als dreißig Arten von Lein, baut aber
nur eine einzige davon an und wenn ich von Lein spreche, so verstehe ich immer diese
darunter.
Seine Wurzel ist schmal, mit wenigen Fasern versehen, sein Staͤngel
cylindrisch, einfach, meistens hohl, schlank, glatt, zwei bis drei Fuß hoch, oben
mit Aesten versehen. Diesen Staͤngel umgibt sine rauhe Rinde, welche aus
einer großen Anzahl sehr duͤnner Faͤden besteht. Die Blaͤtter
sind spizig, zwei oder drei Linien breit, ungefaͤhr zwei Zoll lang, weich,
glatt und stehen abwechselnd ohne Ordnung auf dem Staͤngel. Die Blumen haben
die Gestalt der Nelken, sind klein, blau und wenig dauerhaft; sie entstehen auf der
Spize des Staͤngels auf duͤnnen und sehr langen Blumenstielen; jede
besteht aus fuͤnf an ihrem Rande zugerundeten Blaͤttern und einem
roͤhrenfoͤrmigen in fuͤnf Theile eingeschnittenen Kelche.
Der Fruchtknoten, auf welchem fuͤnf duͤnne Griffel stehen, deren jeder
sich in eine abgerundete Narbe endigt, wird eine Frucht von der Groͤße einer
Kichererbse, die fast kreisfoͤrmig ist und sich in eine Spize endigt. Diese
Frucht ist eine kugelfoͤrmige Kapsel, an ihrer Basis von dem Kelch umgeben
und hat zehn Spelze, deren einspringende Raͤnder eben so viele
Scheidewaͤnde bilden; jedes Fach enthaͤlt nur ein einziges braunes,
eifoͤrmiges, zusammengedruͤktes, sehr glattes und schluͤpfriges
Samenkorn. Der Samen besteht aus einem kleinen oͤhlgebenden Kern und einer
sehr diken Rinde, welche eine große Menge Schleim enthaͤlt. Dieser Samen gibt
durch Auspressen ein troknendes Oehl, welches sehr haͤufig in den
Kuͤnsten und besonders in der Mahlerei angewandt wird.
Man unterscheidet drei Sorten von dieser Pflanze: den hohen Lein (Grand lin ou lin froid), den
niederen oder Buͤschellein (Lin chaud ou
tétard) und den mittleren Lein (Lin
moyen).
Der hohe Lein wird am spaͤtesten reif und gibt am wenigsten Samen. Er treibt
langsam: oft ist er sechs Wochen nach dem Saͤen noch nicht zwei Finger hoch;
dann aber waͤchst er schneller; er hat wenig Aeste und verkuͤrzt sich
fast gar nicht bei der Bearbeitung. Der niedere Lein treibt Anfangs sehr stark; er
erhebt sich sehr uͤber die anderen; bald aber waͤchst er langsamer und
bei der Ernte ist er bei weitem nicht so hoch wie die anderen. Er gibt am meisten
Samen und hat daher eine Menge Kapseln. Diese Samenkapseln stehen auf starken
Aesten, welche bei Bearbeitung des Leins sich abreißen und das Brechen des Flachses
nach sich ziehen. Der an und fuͤr sich kurze Flachs verkuͤrzt sich
dadurch noch mehr: seine Qualitaͤt ist uͤbrigens viel geringer als die
der ersten Sorte.
Der mittlere Lein vereinigt fast alle Vortheile der beiden vorhergehenden Sorten. Er
treibt Anfangs nicht so stark wie der niedere Lein, fuͤhrt weniger Samen,
wird aber hoͤher als jener. Dieser wird, wenigstens in Frankreich, am
haͤufigsten angebaut.Wir unterscheiden in Deutschland von dem gewoͤhnlichen Lein (Linum usitatissimum) nur zwei Sorten, den hohen
und niederen, aber keinen mittleren. Den niederen Lein, dessen reife
Samenkapseln durch die bloße Sonnenhize mit einigem Geraͤusche von
selbst aufspringen, nennen wir Klanglein oder Springflachs; den hohen Lein nennen wir Droschlein oder Schießlein; der Same des lezteren ist dunkler und faͤllt
nicht von selbst aus, sondern muß von seinen Kapseln ausgedroschen werden,
A. d. R.
Will man hohen Lein haben, so muß man den Samen von der Insel Kasan kommen lassen.
Dieser Samen heißt dann Rigaer Samen oder Faßsamen (Grain de
Riga ou de tonneau); er ist nie rein, d.h. er
gibt immer einige Staͤngel niederen Lein und da er viel mehr Samen liefert,
so veraͤndert er im Verlauf einiger Jahre seine Natur fast ganz. Man nimmt
daher alle vier oder fuͤnf Jahre anderen Samen.
Der einheimische Samen ist von dem Rigaer nicht leicht zu unterscheiden. Man muß ihn
entweder liegen lassen oder in ein Erdreich saͤen, welches von demjenigen, wo
er gesammelt wurde, einige Meilen entfernt oder hinsichtlich seiner Natur davon
verschieden ist. Man behauptet, daß diese Vorsichtsmaßregel nur die ersten vier oder
fuͤnf Jahre nach seiner Einfuͤhrung getroffen werden muß; daß nach
Verlauf dieser Zeit diese Versezung nicht mehr noͤthig ist, sondern der Same
sodann in dasselbe Erdreich gesaͤet werden kann und darin Buͤschellein
hervorbringen wird, vorausgesezt, daß er gut war. Ein guter Same muß schwer und
schluͤpfrig seyn; man kann hierauf nicht zu sehr achten.
Im Allgemeinen ist ein ebener, leichter und sandiger Boden fuͤr den Lein am geeignetsten,
besonders wenn er ein wenig kuͤhl ist; in einem solchen baut man den Lein mit
der groͤßten Wahrscheinlichkeit eines guten Erfolgs und erhaͤlt einen
feinen Flachs. Ein Boden, welcher alle diese Bedingungen vereinigt und dessen Farbe
schwarz ist, ist der guͤnstigste. Auf einem festen Boden, wo man des Erfolges
bei weitem nicht so sicher ist, erhaͤlt man bisweilen eine scheinbar bessere
Ernte; der Staͤngel des Leins, welchen er hervorbringt, ist lang und stark,
gibt aber einen groben Flachs. Zuweilen trifft es sich freilich auch, daß man auf
eitlem festen Boden einen schoͤnen feinen Flachs, auf einem leichten Boden
hingegen einen groben Flachs erhaͤlt, und sogar daß ein Same von hohem Lein
einen Buͤschelflachs gibt, dieß ist aber sehr selten.
Im Dpt. de l'Aisne findet man in der Gegend von Chauny
und Coucy das guͤnstigste Erdreich fuͤr den Anbau des Leins. Ich
glaube sogar, daß man nicht leicht anderswo ein besseres wird finden koͤnnen,
denn seit mehr als zwanzig Jahren (so lang wird dort diese Pflanze angebaut) hat man
immer die moͤglichst schoͤnste Ernte erhalten, obgleich man den Samen alle drei Jahre wieder in den naͤmlichen Boden
saͤet. Sehr selten mißraͤth eine Saat ganz, und mehrere
Anbauer (Kultivateurs) haben sogar in dieser Hinsicht niemals Verlust gehabt.
Indessen findet bei dem Boden dieser Landstriche eine große Verschiedenheit Statt; an
manchen Stellen ist es eine schwere, schwarze und sandige Erde; weiter davon trifft
man einen leichten Sand, dessen Farbe wechselt und dessen Fruchtbarkeit in sehr
geringen Entfernungen merklich zu- oder abnimmt. Viele Stellen sind
fuͤr die Getreidearten nicht geeignet; man baut darauf nur Lein und Hanf mit
Erfolg. Ein Theil davon ist sogar erst urbar gemacht seitdem man sich mit dem Anbau
des Leins beschaͤftigt: fruͤher haͤtte sein Anbau keinen
Vortheil gebracht, und heute zu Tage gibt gerade dieser Theil den schoͤnsten
und seidenartigsten Flachs. Dessen ungeachtet befolgt man uͤberall dieselbe
Koppelwirthschaft; man wechselt naͤmlich drei Jahre lang mit Hanf, Lein und
Getreide ab. Die Anbauer duͤngen fuͤr den Hanf, pfluͤgen die
Erde nach der Ernte, lokern sie in den ersten Tagen des folgenden Fruͤhlings
durch oͤfteres Egen und Ebnen (mit der Walze) auf, saͤen unmittelbar
den Lein ohne neuen Duͤnger und benuͤzen sodann den Boden auf
Getreide, welches nach dem Lein sehr gut gedeiht.
Es ist zu bemerken, daß man bei diesen verschiedenen Landstrichen in geringer Tiefe
auf eine undurchdringliche Erdschichte kommt, welche das Wasser in dem Boden
zuruͤkhaͤlt, und ich vermuthe, daß gerade sie ihn dem Lein so
guͤnstig macht, denn seine Wurzel muß immer in dem Boden die zu ihrer
Vegetation noͤthige Feuchtigkeit finden.
Man wird sich ohne Zweifel wundern, daß ein Boden, welcher bloß ein Mal vor dem
Winter gepfluͤgt wird und welchen man unmittelbar vor dem Saͤen bloß
eget und ebnet, eine gute Leinernte liefert. Ich haͤtte es niemals glauben
koͤnnen, wenn ich es nicht aus Erfahrung wuͤßte; auch habe ich mit dem
groͤßten Erstaunen eine herrliche Leinernte auf so angebauten Stellen gesehen
und wieder die mittelmaͤßigste auf anderen Stellen von derselben
Beschaffenheit, welche eben so geduͤngt waren, und die man genoͤthigt
war im Fruͤhlinge zum zweiten Male zu pfluͤgen. Ich erklaͤre
mir dieses folgendermaßen: Wenn man die Erde oͤffnet, so troknet die Luft,
womit sie in Beruͤhrung kommt, aus, und der unter solchen Umstaͤnden
ausgestreute Samen kann nicht keimen oder wenn er aufgeht, so wird er bald
entkraͤftet, weil er in der Erde nicht mehr die zu seiner Ernaͤhrung
erforderliche Feuchtigkeit findet.
Man wird gewiß fragen, warum man in dem Dpt. du Nord und
in Flandern noch bessere Resultate erhaͤlt, da man daselbst ein
entgegengeseztes Verfahren befolgt: man lokert naͤmlich die Erde
moͤglichst auf, durch Pfluͤgen, Egen und Ebnen, ehe man sie
besaͤet. Dieß beruht aber ganz und gar auf der Verfahrungsweise der Anbauer;
nach dem Saͤen begießt man naͤmlich die Erde, welche schon eine gute
Zubereitung erhalten hat, mit Kuhharn und anderem sehr kraͤftigen
fluͤssigen Duͤnger, wodurch der Boden, wenn er bei der
fruͤheren Bearbeitung ausgetroknet wurde, die zur Keimung noͤthige
Feuchtigkeit wieder erhaͤlt; man ertheilt ihm durch dieses Verfahren in der
That die moͤglichst große Vegetationskraft. Alsdann saͤen sie auch
dichter und erhalten so weniger dike Staͤngel und manchmal sogar so zarte,
daß der Lein umfallen wuͤrde, wenn er nicht durch Staͤbe aufrecht
erhalten wuͤrde; diese Stuͤzen lassen sie mit großem Aufwande
herstellen. Aus diesem Grunde ist der Flachs feiner und folglich von besserer
Qualitaͤt.
Uebrigens haben sie fast keinen Vortheil uͤber die Anbauer der Landstriche,
wovon ich so eben gesprochen habe; denn die groͤßere Menge und bessere
Qualitaͤt ihres Productes wird fast ganz aufgewogen durch groͤßere
Auslagen einerseits und durch einen weniger wahrscheinlichen Erfolg andererseits und
da sie uͤberhaupt bei Anwendung von unendlich mehr Arbeit nur um etwas
weniges mehr gewinnen, so befinden sie sich in keiner besseren Lage.
Ohne Zweifel hat der gestaͤbelte (gestaͤngelte) Lein einen vier bis
sechs Mal groͤßeren Werth als derjenige, welcher es nicht ist. Sicher kommt
er auch nicht um so viel hoͤher zu stehen, als er besser be-
zahlt wird, wenn man aber bedenkt, daß der gestaͤbelte Lein bei weitem haͤufiger sich umlegt als der andere und dieser Umstand
ein großes Vorurtheil gegen ihn hervorbringt, daß er allein dem Verbrennen ausgesezt ist und andererseits nicht so oft in
denselben Boden gesaͤet werden kann, wie der gewoͤhnliche Lein, so sieht man wohl ein, daß alle diese Umstaͤnde zusammengenommen,
mit den groͤßeren Kosten die Sache ausgleichen.
Localitaͤt, Umstaͤnde und Gewohnheiten haben auch einen großen Einfluß auf die Art des Leinanbaues und den Erfolg desselben.
Mancher Boden wuͤrde fuͤr den Lein taugen, man baut aber keinen darauf an, weil die Orte wo er bearbeitet wird, davon zu weit
entfernt sind. In anderen Gegenden ist der Boden dafuͤr bei weitem nicht so guͤnstig, und doch saͤet man ihn an, weil er im
Lande verarbeitet wird. Die Beschaffenheit des Bodens erfordert, daß man im Fruͤhling pfluͤgt und ansaͤet ohne zu begießen.
Wenn der Regen das Keimen erleichtert und beschleunigt, so geht der Lein mehr oder weniger gut auf, je nachdem das Wetter
mehr oder weniger guͤnstig und auch je nachdem die Erde mehr oder weniger gut geduͤngt ist. Im entgegengesezten Falle erhaͤlt
man gar keine Ernte, was nur zu oft der Fall ist, und den Leinanbauer entmuthigt.
Im Dpt. du Nord suchen sich die Leinanbauer gegen solche nachtheilige Folgen dadurch zu sichern, daß sie fluͤssigen Duͤnger anwenden; da
sie alsdann mehr Sorgfalt auf den Anbau verwenden, so erhalten sie natuͤrlich ein Product von besserer Qualitaͤt; sie saͤen
naͤmlich viel dichter: deßwegen haben sie auch mehr Auslagen fuͤr das Saͤen, das Gaͤten u. s. w. und neue Unkosten fuͤr das
Staͤbeln, welches unumgaͤnglich noͤthig wird.
In Flandern zwang der niedrige Preis der Getreidearten die Akerleute ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Lein zu richten: sie
sahen sehr wohl ein, was fuͤr große Vortheile sie aus dieser schaͤzbaren Pflanze ziehen konnten. Auch vernachlaͤssigen sie
nichts, um auf eine reichliche Ernte von moͤglichst guter Qualitaͤt rechnen zu koͤnnen und da der Mensch durch Ausdauer jedes
Ziel erreicht, so verfehlen sie auch ihren Zwek nicht. Daher hat der Anbau des Leinens in diesem Lande heute zu Tage einen
so hohen Grad von Vollkommenheit erreicht, daß man ihn mit Recht als Muster aufstellen kann, und dieß ist auch die Ursache,
warum ihm Frankreich fuͤr seinen Flachs und seine Leinwand einen so großen Tribut zahlt, wovon es sich mit der Zeit, wie man
hoffen darf, befreien wird.
An gewissen Stellen, endlich baut man nur gewoͤhnlichen Lein, weil man mit wenig Arbeit und Duͤnger eine schoͤne Ernte von
solchem erhaͤlt und der gestaͤbelte Lein, welcher viel mehr Sorgfalt erheischt, keinen entsprechenden Gewinn abwirft; uͤberdieß wird im Verhaͤltniß zum gewoͤhnlichen Lein nur eine sehr geringe Menge gestaͤbelter
Lein verbraucht.
Ich sagte es wird sehr wenig gestaͤbelter Lein consumirt. In der That gibt die Faser, welche man von einigen Morgen gestaͤbelten
Leins erhaͤlt, ein ungeheueres Product. Von dieser Faser kostete in fruͤheren Zeiten das Kilogramm uͤber 2000 Franken; sie
diente zu den herrlichen Spizen von Alençon, deren Fabrikation durch Colbert von Venedig in Frankreich (zu Alençon und Argentan)
eingefuͤhrt wurde, aber leider in Verfall gerathen ist; heute zu Tage verwendet man sie zu dem schoͤnsten und theuersten Batist,
welcher so fein ist, daß man ihn mit Recht ein Lustgewebe nennen koͤnnte.
Da ich bloß die Leinwandfabrikation im Auge habe, so werde ich mich weder mit dem gestaͤbelten noch mit dem Buͤschellein beschaͤftigen.
Der hohe Lein, so wie man ihn am gewoͤhnlichsten anbaut, wird meinen Berechnungen zur Basis dienen. Ich seze voraus er sey
in der Gegend von Coucy und Chauny durch die sogenannten Liniers locataires aus der Umgegend von Moy angesaͤet, welche ihre Ernte an die sogenannten Liniers exploitans ihres Bezirkes abgeben und bitte den Leser diese Bemerkung nicht aus den Augen zu verlieren; denn das Product, die Unkosten,
Alles haͤngt von der Localitaͤt ab.
Vor Allem muß ich sagen was man unter Linier locataire und Linier exploitant versteht.
Aus Furcht die Ernte moͤchte ihnen mißrathen, saͤen viele Leinanbauer den Boden, welcher Lein tragen soll, nicht selbst an,
sondern vermiethen ihn. Einerseits unterhandeln diejenigen, welche sich mit dem Flachsbrechen beschaͤftigen (und diese nenne
ich Liniers exploitans), selten mit den Leinanbauern; da sie nur das Product einiger Morgen (arpens)Ein Arpent entspricht 51 Ares; die Are (neue franzoͤsische Quadratruthe) enthaͤlt 100 Quadratmeter.A. d. R. verwerthen und dieses oft die Anwendung des groͤßten Theiles ihres Vermoͤgens erfordert, so wuͤrde ihnen eine mißrathene
Ernte zu großen Schaden verursachen, welcher ihnen um so empfindlicher waͤre, weil sie nicht mehr im Stande seyn wuͤrden sich
ihren Bedarf waͤhrend des Jahres zu verschaffen; dieß haͤlt sie zuruͤk. Unter diesen Umstanden ist die Dazwischenkunft eines
Speculanten nothig, welchen ich Linier locataire nenne.
Ueber den Leinanbauer.
Da ich bereits von der Art und Weise, wie der Lein angebaut wird, gesprochen habe, so brauche ich bloß noch anzugeben, wie
viel dieEinnahmen und Unkosten
betragen. Der Speculant zahlt dem Leinanbauer fuͤr den Morgen hundert und
fuͤnfzig Franken. 150
Auslagen.
Zins und Steuern
20
Arbeit, Egen und Walzen (Ebnen)
25
Duͤnger (2 Fuͤnftel einer
dreijaͤhrigen Koppelwirthschaft, indem der Lein mehr davon
aufnimmt als die anderen Pflanzen)
30
Hausunkosten des Leinanbauers
10
–––––
Summe
85 also
85
––––
Reiner Gewinn
65
Ueber den Speculant (Linier locataire).
Die Liniers locataires sind fast alle wohlhabende Leute;
da sie in der Gegend wo der Lein angebaut und bearbeitet wird, geboren und erzogen
sind, so hat diese Pflanze ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen und sie machen sie
zum Gegenstand einer Speculation, wozu sie die noͤthigen Kenntnisse besizen,
und welche ehemals sehr eintraͤglich war. Sie bereisen die dem Anbau von Lein
guͤnstigen Gegenden einige Monate vor der Zeit zum Saͤen; sie
unterhandeln gewoͤhnlich um fuͤnf und zwanzig Morgen (mehr oder
weniger je nach ihren Mitteln); diese sind oft mehr als funfzehn Meilen weit von
ihrem Wohnorte entfernt; sie geben den Samen her, lassen das Saͤen und
Gaͤten besorgen und verkaufen die Ernte, wenn sie zur Reife gelangt ist, an
die Flachsbrecher.
Beim Saͤen des Leins verfaͤhrt man wie bei den Getreidearten, es wird
Ende Maͤrz oder in den ersten Tagen des Aprils vorgenommen. Auf einen Morgen
nimmt man gewoͤhnlich 1 Hect. 25 Liter Samen.
Von dem Samen von Riga kostet das Hectoliter 50 Fr.; der von demselben
hervorgebrachte gilt nur 36 Fr. und so nimmt sein Werth immer ab, je laͤnger
er bereits eingefuͤhrt ist; nach vier oder fuͤnf Jahren gilt er nur
noch 15 Fr.
Man kann annehmen, daß der Same welchen man saͤet, zwei Mal so viel werth ist
als derjenige, welchen man erntet, weil man ihn von Zeit zu Zeit durch Rigaer Samen
erneuern muß.
Sobald der Same ausgebreitet ist, bedekt man ihn durch das Egen und befestigt sodann
die Erde, indem man die Walze daruͤber hingleiten laͤßt. Man hat sich
in den Vereinigten Staaten von Amerika und spaͤter auch in England
uͤberzeugt, daß der Same viel besser aufgeht, wenn man ihn mit Kochsalz
vermengt.
Der Lein geht in zwoͤlf bis funfzehn Tagen auf; der aufgegangene Same muß einen sammetartigen
Grasplaz von angenehmer zarter gruͤner Farbe darstellen.
Wenn die Pflanze ungefaͤhr acht Centimeter (3 Zoll) hoch geworden ist, muß man
sie gaͤten, damit die Schmarozerpflanzen nicht das Erdreich an sich reißen
und die jungen Pflanzen erstiken, welche sehr zart sind und deren Gedeihen großen
Theils von ihrer anfaͤnglichen Vegetation abhaͤngt. Um sie
moͤglichst wenig zu beschaͤdigen, entbloͤßen sich die
Gaͤterinnen die Fuͤße. Diese Arbeit ist mehr oder weniger kostspielig,
je nachdem das Erdreich mehr oder weniger verunreinigt ist. Man schaͤzt ihre
Kosten in gewoͤhnlichen Jahren auf 7 Franken fuͤr den Morgen und zehn
Personen koͤnnen diese Arbeit in einem Tage fertigen: dieß betraͤgt 70
Centimes fuͤr jede.Man wendet nur Weiber und Kinder hiezu an. A. d. O.
Eine große Hize erzeugt sehr kleine Fliegen oder Blattlaͤuse, welche den
aufgehenden Lein verheeren; er ist davon oft ganz schwarz. Gegen dieses Ungeziefer
kann dem Lein nur der Regen helfen. Um ihn dagegen zu verwahren, saͤet man
manchmal Asche oder gepulverten Ruß darauf; sie haben aber wenig Wirkung;
uͤbrigens wuͤrde man davon fuͤr eine große Flaͤche auch
zu viel brauchen.
Die Maulwurfsgrillen kehren den Keim des Leinens um und machen ihn unfruchtbar; man
beseitigt sie und befestigt mit dem Fuße die gegaͤteten Stellen wieder.
Der Hagel bildet an der Stelle wo er den Staͤngel trifft, eine Art Krebs,
welcher den Flachs zerschneidet, so daß man selbst aus dem schoͤnsten Lein,
wenn er angegriffen wurde, keinen Nuzen mehr ziehen kann.
Wenn der Lein sich dem Ende seiner Vegetation naͤhert, verkauft ihn der
Speculant an den Flachsbrecher, welchem er sechs Monate Zeit zur Bezahlung gibt.
Lezterer bezahlt 250 Franken fuͤr den Morgen,Vor zehn Jahren hatte der Lein an Ort und Stelle fast den doppelten Werth. A.
d. O. also 250
Unkosten
Pacht
150
Same(1 1/4 Hectol.) und Saͤen
38
Ausbesserung der Werkzeuge
2,50 St.
Saͤten
7
Gaͤnge und Trinkgelber, welche die
Pachtung, das Saͤen, Gaͤten und der Verkauf
erfordern
7
–––––––
Summe
204,50
204,50
Der Speculant gewinnt also an jedem
Morgen
45,50.
Diese mit 25, der Anzahl der benuzten
Morgen multiplicirt, geben als Resultat
1137,50.
Von dieser Summe muß man aber
abziehen:
Interesse des Vorschusses zu 5%,
beilaͤufig
87,50
Kosten der Haushaltung
500.
Verlust durch die Bankerotte der
Flachsbrecher
50.
–––––––
Summe
637,50 also
637,50.
–––––––
Folglich betraͤgt der reine Gewinn
nur
500.
Man wird diesen Gewinn sehr gering finden, wenn man bedenkt, daß der Speculant um
dazu zu gelangen, mehr als 5000 Franken wagt. Obgleich er aber bisweilen seinen
Vorschuß nicht ganz wieder herausbringt oder ihn auch ganz verliert, so ist seine
Lage doch von derjenigen des Flachsbrechers und des Leinanbauers sehr verschieden:
die lezteren muͤssen, da sie nur einige Morgen ansaͤen,
befuͤrchten, daß ihnen das Jahr nicht guͤnstig seyn moͤchte;
die Speculanten hingegen lassen einen viel groͤßeren Raum, und zwar an
mehreren Stellen anbauen; wenn sie daher auch auf einer Seite nicht reussiren, so
haben sie oft anderwaͤrts eine schoͤne Ernte, die sie fuͤr alle
ihre Verluste entschaͤdigt und ihnen außerdem einen Gewinn verschafft, den
ich einer Assecuranzpraͤmie vergleiche, welche zur Haͤlfte von dem
Anbauer und zur Haͤlfte von dem Flachsbrecher getragen wird.
Ueber den Flachsbrecher.
Der Flachsbrecher kauft den Lein dem Speculant an Ort und Stelle ab, laͤßt ihn
herausreißen, zu sich fuͤhren, roͤsten und brechen, worauf er den
erhaltenen Flachs verkauft. Wenn der Lein gelb wird, seine Kapseln sich
oͤffnen und seine Blaͤtter anfangen abzufallen, was gewoͤhnlich
gegen Ende des Junius geschieht, ist er offenbar zur Reife gelangt. Um ihn
einzuernten, zieht man ihn aus dem Aker, immer eine Handvoll und legt diese wie das
Getreide auf den Boden. Vier und zwanzig Stunden nachher nimmt man ihn weg, wenn man
nicht aus Furcht es moͤchte Regenwetter eintreten, ihn fruͤher zu
beseitigen sich beeilen muß. Man bringt ihn dann in kleine Buͤndelchen und
legt sie am gewoͤhnlichsten auf dem Aker selbst aus, aber so, daß sie den
Boden nicht beruͤhren, damit die Luft sie leicht durchdringt. Dadurch wird
der Lein vollkommen reif. Diese Arbeit kostet 20 Franken fuͤr den Morgen.
Wenn der Lein troken genug ist, vereinigt man die Buͤndel; der groͤßte
Theil davon wird in geraden Linien, welche ungefaͤhr 18 Zoll dik sind und die
man so lang machen kann als man will, aufrecht gestellt; mit dem Rest macht man eine Art Dach
uͤber diese Linien, um sie gegen den Regen zu schuͤzen, worauf man das
Ganze mit Baͤndern befestigt. Diese Arbeit und die Verfertigung der
Buͤndel kommen fuͤr den Ertrag eines Morgen auf 5 Franken zu
stehen.
Von 20 Morgen, welche mit Lein besaͤet werden, mißrathen zwei ganz und gar;
drei geben jedes 4,950 Kil. Lein in Staͤngeln, wobei das Gewicht der
Samenkapseln und des Samens eingerechnet ist. Es gibt naͤmlich jeder 1,650
Kilog. (schlechte Ernte)132 Garben, jede zu 25 Pfund. A. d. O.
also
4,950
10 davon geben 22,500 Kilog.
naͤmlich
2,250
Kilog. jeder (mittelmaͤßige
Ernte)180 Garben, desgl. A. d. O. also
22,500
Und 5 davon geben 14,050 Kilog.
naͤmlich
2,810
Kilog. jeder (gute Ernte)225 Garben, desgl. A. d. O. also
14,050
––––––
Summe
41,500
Dividirt man diese Summe durch 20, und den Ertrag jedes Morgen im Durchschnitt zu
erhalten, so ergibt er sich zu 2,075 Kilog.166 Garben, jede zu 25 Pfund. A. d. O.
Die Qualitaͤt des Leins steht immer wieder mit der Quantitaͤt desselben
in Verhaͤltniß; je mehr Lein man auf einem Morgen Landes erntet, um so
groͤßeren Werth hat seine Faser.
Es gibt erschoͤpfende Pflanzen, welche man nach einander in denselben Boden
bauen kann, wie z.B. die Runkelruͤbe und den Hanf; anders aber
verhaͤlt es sich mit dem Lein, dessen Anbau man laͤngere Zeit
unterbrechen muß. Ich habe bemerkt, daß man ihn in der Gegend von Chauny alle drei
Jahre ansaͤet; an manchen Orten wartet man fuͤnf oder sechs Jahre. Bei
dem gestaͤbelten Lein muß man viel laͤnger aussezen.
Einige Monate nach der Ernte wird der Lein in Garben gebunden; eine solche wiegt
gewoͤhnlich 12 Kilog. und 500 Grammen oder 25 Pfund. Der Flachsbrecher
laͤßt sie zu sich fuͤhren; ein Karren kann davon nur 200 fassen; der
Fuhrmann muß oft uͤber 15 Meilen weit fahren und der Transport kommt
fuͤr 2075 Kilog. (dem Ertrag eines Morgen Landes im Durchschnitt)
gewoͤhnlich auf 25 Franken zu stehen.
Man bewahrt den Lein entweder in einer Scheune oder auf einem Boden auf. Er wird von
den Mausen angenagt; um ihn gegen ihre Verheerung zu schuͤzen, muß man ihn so
bald als moͤglich klopfen (riffeln, von den Samenknoten befreien).
Man klopft den Lein nicht mit dem Flegel; man hat ein Stuͤk Holz, welches zwei
und einen halben bis drei Zoll dik, mehr lang als breit ist und in einen großen
etwas gekruͤmmten Stok ausgeht. Man nennt dieses Instrument Klopfer (batte). Mit demselben quetscht man die Spize des Leins,
indem man ihn unter dem Fuße haͤlt und mit der Hand schlaͤgt. Nach
dieser Arbeit, wodurch der Lein ein Fuͤnftel von seinem Gewichte verliert,
schwingt man ihn, um den Samen von den Kapseln abzuscheiden. 2,075 Kilog.
Staͤngellein (so viel liefert im Durchschnitt ein Morgen) geben vier
Hectoliter Samen. Die Abfaͤlle, welche man beim Klopfen erhaͤlt, sind
eine vortreffliche Nahrung fuͤr die Wollenthiere und sogar fuͤr die
Hornthiere; sie entschaͤdigen fuͤr die Kosten des Klopfens. Man muß
sie nicht mit dem Abfall des Staͤngels verwechseln; lezteren nennt man
gewoͤhnlich Schaͤben (Acheln).
Wenn der Lein geklopft ist, muß man ihn roͤsten.Hr. Marcelin Bétillard sagt: das
Roͤsten ist eine Operation, durch welche der gummig-harzige
Bestandtheil, der den faserigen Theil mit dem holzigen vereinigt, in
Gaͤhrung uͤbergeht, sich zersezt und den Faͤrbestoff
des Leins mit sich reißt. Dieses Resultat wird man nie durch die Mechanik
erzielen koͤnnen; es ist dieß eine rein chemische Operation, welche
schwer zu vereinfachen und weniger ungesund zu machen ist. A. d. O. Man faͤngt damit an, eine Handvoll davon auf die andere zu legen, die
Wurzeln an jedem Ende nach Außen und wenn man so einen Buͤndel von
ungefaͤhr 4 Fuß Umfang gebildet hat, bindet man ihn an jedem Ende mit zwei
guten Baͤndern zusammen. Diese Buͤndel legt man in der Roͤste
gegen einander; sie werden alle Tage zu derselben Stunde umgekehrt bis man bemerkt,
daß der Lein hinreichend geroͤstet ist. Die Hauptsache ist, daß man sie zur
gehoͤrigen Zeit herausnimmt; man muß hiebei die Jahreszeit und die
Umstaͤnde und sogar den Gebrauch, wozu der Lein bestimmt ist,
beruͤksichtigen.
Wenn das Wasser kalt ist, laͤßt man den Lein laͤngere Zeit darin; wenn
es warm und die Witterung stuͤrmisch ist, geht das Roͤsten schneller.
Hierauf muß man wohl achten. Man wartet gewoͤhnlich so lange bis die Faser
sich leicht von einem Ende des Staͤngels bis zum anderen abloͤsen
laͤßt. Alsdann muß man aber eilen den Lein herauszunehmen und zu
doͤrren (troknen). Zu diesem Ende legt man ihn bei der Roͤste in
kleinen Haufen aus, welche auf dieselbe Art angeordnet werden, wie diejenigen auf
dem Felde nach der Ernte. Man kehrt diese kleinen Haufen oͤfters um und wenn
der Lein recht troken ist, bringt man ihn in Buͤndel. Diese Arbeit, ist sehr
umstaͤndlich und erfordert eine guͤnstige Witterung.
Die Roͤste ist eine Art kleinen Teiches, von ungefaͤhr 100 Fuß Laͤnge auf 30
Breite, welcher oft durch einen Fluß gespeist wird. Man braucht zum Roͤsten
ein Helles sich bestaͤndig erneuerndes Wasser, sonst wuͤrde der Lein
verderben; indessen muß der Strom schwach seyn, denn waͤre er stark, so
wuͤrde die Roͤstung nicht leicht von Statten gehen. Aus diesem Grunde
verrichtet man das Roͤsten selten in Fluͤssen.
Man bedient sich auch zum Roͤsten des Quellwassers; im Allgemeinen entfettet
es den Lein mehr, der in Folge hievon weniger wiegt und etwas an Staͤrke
verliert. Andererseits erhaͤlt er dadurch eine schoͤnere Farbe, das
heißt er wird weißer.
Nicht jedes Flußwasser leistet beim Roͤsten gleich gute Dienste. Man zieht das
Wasser der Oise demjenigen der Somme hiezu weit vor, obgleich lezteres viel Heller
ist.
Das Roͤsten mit Quellwasser geschieht in den Monaten Maͤrz, April, Mai,
September und October; es dauert ungefaͤhr zwanzig Tage. Die Roͤsten,
welche durch Flußwasser gespeist werden, benuzt man nur im Mai, Juni, Juli und
August; das Roͤsten geschieht darin in zehn Tagen.
Sobald der Lein gedoͤrrt ist, breitet man ihn sehr duͤnn auf kurzem
Grase aus; hier bleicht er; man kehrt ihn alle zwei oder drei Tage mit einer Stange
um; nach Verlauf von funfzehn Tagen oder drei Wochen, wenn er troken und weiß ist,
nimmt man ihn weg, bringt ihn in Buͤndel und traͤgt ihn auf den Boden
oder in die Scheune. In diesem Zustande hat er noch ein Fuͤnftel von seinem
Gewicht verloren, die Mause nagen ihn nicht mehr an und er verdirbt nicht mehr.
Die Flachsbrecher zahlen fuͤr eine Wiese von 42 Aren und 91 Centi-Aren,
die sie zum Bleichen des Ertrages von 4 Morgen brauchen, bis 150 Franken
jaͤhrlich Zins und dann ist sie oft noch von ihrer Roͤste entfernt,
was ihnen Transportkosten verursacht.
Das Doͤrren (Troknen) und Bleichen des Leins ist sehr umstaͤndlich und
schwierig; man hat es bisher nicht im Großen ausuͤben koͤnnen; und
dieß ist die Ursache, warum der Leinanbau keine Fortschritte machte, was ich
sogleich naͤher auseinandersezen werde.
Diese Operationen erfordern eine guͤnstige Witterung; der Arbeiter macht sich
daran sobald schoͤnes Wetter eintritt und muß die Arbeit fahren lassen sobald
Regen faͤllt: oft ist er kaum an der Stelle angelangt, wo die Arbeit
verrichtet werden soll, so muß er schon wieder nach Hause zuruͤkkehren; er
verliert so zum Nachthell des Flachsbrechers unnuͤzerweise seine Zeit; jener
muß daher Leute zu seiner Disposition haben, welche er je nach dem Wechsel der
Witterung rufen und zuruͤkschiken kann. Wenn sie guͤnstig ist, so muß
er ohne Verzug die
Haͤnde suchen deren er bedarf. Auf diese Art kann er wohl vier oder
fuͤnf Arbeiter zusammenbringen, welche sich aber seinen Befehlen nicht
fuͤgen wuͤrden, wenn er sie nicht gewoͤhnlich
beschaͤftigte; er kann sich aber nicht 20, viel weniger 100 verschaffen. Oft
muß er zu 12 gehen um 4 zu erhalten und bisweilen erleidet er sogar einen
betraͤchtlichen Verlust, weil er die noͤthigen Haͤnde nicht
finden kann; sein Lein wird nicht schnell genug weggenommen, der Regen welcher ihn
uͤberfaͤllt, haͤlt ihn viel laͤnger auf der Wiese
zuruͤk als es seyn sollte, er wird dadurch geschwaͤcht und wenn er zu
lange darauf bleibt, sogar verdorben. Aus diesem Grunde ist er genoͤthigt die
Quantitaͤt, welche er davon in Arbeit nimmt, zu beschraͤnken.
Die Kosten fuͤr das Roͤsten, Doͤrren und Bleichen muͤssen
vielleicht fuͤr 1660 Kilog. geklopften Staͤngellein (so viel gibt im
Durchschnitt ein Morgen Landes) folgendermaßen angesezt werden:
Pacht der Wiese, wobei der Werth des Heues
abgezogen ist
20 Fr.
Handarbeit
15 –
–––––
Summe
35 –
Die Flachsbrecher verwerthen eine Ernte von fuͤnf bis zwoͤlf Morgen je
nach ihren Mitteln, meistens von acht Morgen.
Der geroͤstete Lein muß nun gebrochen und geschwungen werden. Man
schlaͤgt ihn mit einem Blauel, einem mit einem Griffe versehenen Klopfholze
(welches demjenigen womit man den Leinsamen klopft, aͤhnlich, aber mit
Einschnitten versehen ist um die Operation zu erleichtern) auf einem flachen Brete
oder Kloze muͤrbe. Sodann reinigt man den Flachs noch mehr durch die Schwinge womit man die uͤber einen Blok gelegten
Staͤngel bearbeitet oder schwingt. Dadurch
faͤllt die Rinde zerbroͤkelt auf den Boden. Nach dieser Operation,
welche fuͤr das Kilog. Flachs auf 24 Cent. zu stehen kommt, vereinigt man den
Flachs in Buͤndel von 1 Kilog. 375 Grammen (2 3/4 Pfund). Von 1,000 Kilog.
geroͤstetem Lein bleiben, nachdem er durch das Brechen und Schwingen
gereinigt ist, nur noch 250 Kilog. oder der vierte Theil zuruͤk. 2,075 Kilog.
Lein (welches im Durchschnitt die Ernte eines Morgen ist) wurden also seit dem
Klopfen (Riffeln) nach und nach auf 1,660 Kilog., sodann durch das Roͤsten
auf 1,328 Kilog. reducirt und geben nur 332 Kilog. Flachs.
Ein Theil des Flachses reißt heim Brechen und faͤllt mit dem Bast ab: diese
beiden mit einander vermengten Substanzen werden durch Arbeiter getrennt, welche mit
den Abfaͤllen des Flachses, die ihnen die Leinenweber uͤberlassen,
einen groben Faden zur Verfertigung von Paktuch machen. Diese Arbeit wirft so wenig
Gewinn ab, daß man im groͤßten Elend seyn muß, wenn man sich mit ihr abgibt.
Bisweilen verwendet man die Schaͤben zur Papierfabrikation, haͤufiger aber werden sie
als Brennmaterial benuzt, in welcher Hinsicht sie den Beduͤrfnissen der
Flachsbrecher genuͤgen. Nachdem man sie angezuͤndet hat, muß man sie
bestaͤndig mit einem Schuͤrhaken umruͤhren, weit sie sonst
keine Flamme geben und erstiken wuͤrden; das Feuer derselben ist eben so
duͤster als schwer zu unterhalten. Viele Leute verwenden sie daher bloß
deßwegen, weil sie sie im Hause haben und wuͤrden sie nicht anwenden, wenn
sie sie auch noch so billig kaufen muͤßten.
In Folge von Verspaͤtungen, welche das Einbringen des Leinens bei dem
Flachsbrecher erleidet, wird er oft erst ein Jahr nach dem Ernten geroͤstet,
er wird dann erst im zweiten Jahre gebrochen und es vergeht fast immer das dritte,
ehe er als Flachs in den Handel gebracht wird, weil der Flachsbrecher selten
Gelegenheit hat, ihn sogleich nach dem Faconniren zu verkaufen.
Der (gebrochene und geschwungene) Flachs kostet im Durchschnitt 1 Fr. 25 Cent. per
Kilogramm.Vor zehn Jahren hatte er fast den doppelten Werth. A. d. O.
Die 332 Kil., welche der Flachsbrecher aus
der Ernte eines Morgen Landes erhaͤlt, geben also
415 Fr.
Same, 4 Hectoliter á 15 Fr.
60 –
––––––
Summe
475 Fr.
Unkosten.
Einkauf bei dem Speculant
250 Fr.
Ausreißen des Leins und zugehoͤrige
Arbeiten
20 –
Um ihn in Buͤndel zu bringen und auf
oben angegebene Weise aufzuthuͤrmen
5
–
Fuͤr die Gange, welche wegen des
Einkaufs, des Ausreißens und des Fuhrwerks gemacht werden
muͤssen
10 –
Fuhrlohn
25 –
Roͤsten und zugehoͤrige
Arbeiten
35 –
Brechen und Schwingen
80 –
–––––
425 –
also
425 Fr.
––––––
Gewinn
50 –
Multiplicirt man diese 50 Fr. mit 8, der
Anzahl der Morgen, welche der Flachsbrecher verwerthet, so
erhaͤlt man als Resultat
400 Fr.
Hievon muß man abziehen.
Interesse der Auslagen (2000 Fr.)
100 Fr.
Kosten der Haushaltung
300 –
–––––
Summe
400 –
also
400 Fr.
–––––
Gewinn
000 –
Offenbar kann daher der Flachsbrecher bei 300 Franken Haushaltungskosten nicht bestehen; da aber die
Leitung und Aufsicht seiner Arbeiten seine Zeit nur zum Theil in Anspruch nehmen, so
benuzt er die ihm uͤbrig bleibende als Arbeiter und der Gehalt, welchen er
als solcher einnimmt, dekt das Fehlende. Ehemals verschaffte ihm die Verarbeitung
von acht Morgen nach Abzug der Kosten seiner Haushaltung einen Gewinn von
beilaͤufig 1000 Franken. Heute zu Tage aber hat er Muͤhe sich durch
sein Geschaͤft seinen Lebensunterhalt zu verschaffen; er muß selbst einen
Theil seines Leins brechen, was eine der muͤhseligsten Arbeiten ist, und ist
daher in keiner gluͤklichen Lage.
Ueber den Commissionaͤr.
Ehe der Lein zum Verspinnen kommt, geht er durch die Haͤnde eines
Commissionaͤrs, welchem er, wohl verstanden, einen Gewinn laͤßt. Der
Commissionaͤr dient als Mittelsperson zwischen dem Flachsbrecher und dem
Fabrikanten, welcher ihn mit Maschinen verspinnt oder anderen Personen, welche fern
von den Gegenden wo Lein gebaut wird, auf den Detailverkauf an die Spinnerinnen
speculiren. Er kauft ihn dem Flachsbrecher ab, besorgt das Verpaken und die
Expedition; man gibt ihm mehr oder weniger Procente vom Werthe der Waare, je nachdem
er die Zeit der Bezahlung festsezt. Erfolgt sie sogleich, so
uͤberlaͤßt man ihm in Allem nur 3%. Wenn er jaͤhrlich 15,000
Kilogrammen kein zu dem angegebenen Preise von 1 Fr. 25 Cent. kauft, so gewinnt er
562 Fr. 50 Cent. 562 Fr. 50 C.
Hievon muß man abziehen.
Emballirungskosten, Gaͤnge und
Trinkgelder
162 Fr. 50 C.
Kosten der Haushaltung
200 – –
–
–––––––––––
Summe
362 – 50 –
362 Fr. 50 C.
–––––––––––
Reiner Gewinn
200 – –
–
Wenige Personen beschaͤftigen sich ausschließlich mit dem Ankauf von Lein.
Fast alle Commissionaͤre sind zugleich was wir mit Speculant und
Flachsbrecher bezeichneten: aus diesem Grunde habe ich zu den Kosten der Haushaltung
nur einen Theil der Summe gerechnet, welchen sie zur Bestreitung ihrer
Beduͤrfnisse brauchen.
Ueber das Spinnen.
Ehe wir von dem Spinnen mit der Hand reden, muͤssen wir die Vortheile und
Nachtheile der Spinnmaschinen auseinandersezen.
Die Spinnerinn hechelt den Lein vor dem Verspinnen; sie
zieht ihn naͤmlich zuerst durch groͤbere, etwas weiter von einander
entfernte, und dann durch feinere eiserne Hechelzahne. Durch diese Operation
verliert der Lein sein Gummi; die Faͤden, welche es zusammenklebte, theilen
sich. Dabei bleibt ein Theil des Flachses in den Zaͤhnen der Hechel zuruͤk, welchen
man Werg oder Hede nennt. Das
Werg betraͤgt nur neun Zehntel vom Abfalle des Hechelns, so daß ein Zehntel
fuͤr Dunst und Staub bleibt.
Eine gute Spinnerinn braucht fuͤnf Tage um ein Kilogramm Faden zu machen,
welcher 24,000 Meter lang ist; sie nimmt dazu 1143 Grammen Flachs.
Der Faden traͤgt ihr ein
3
65
Außerdem erhaͤlt sie Werg (129
Grammen), wovon sie das Kilogr. zu 40 Cent, verkauft
0
05
–––
–––
Summe
3
70
Der Flachs kostet sie 1 Frank. 35 Cent. per Kilogr.Der
Flachsbrecher verkauft den Flachs125Commission, Transport
und Gewinnbeim Detailverkauf – 10–––––Gleiche Summe135
1
65
–––
–––
Sie gewinnt folglich in 5 TagenWenn also der Faden mit der Hand gesponnen wird, so kommt das
Kilogramm N. 24,000 Meter, auf 2 Fr. 15
Ct. zu stehen.
2
15
Und taͤglich
0
43
Die Spinnmaschinen sind nach verschiedenen Systemen gebaut und geben
verschiedenartige Resultate. Bei einigen hat man wenig Abgang; aber sie liefern
einen Faden, welcher nicht gleich ist und nicht vortheilhaft zur Leinwandfabrikation
verwandt werden kann, weil er schwer zu weben ist und uͤberdieß die groben
Stellen, welche das Gewebe erhaͤlt, demselben sehr viel an seinem Werth
benehmen. Mit diesen Maschinen kann man keine große Feinheit erreichen; man bekommt
hoͤchstens einen Faden, wovon das Kilogramm 30,000 Meter lang ist und selbst
dann muß man noch den feinsten Urstoff anwenden.
Wenn man mit den anderen bei gleicher Feinheit etwas mehr Flachs verliert, so
erhaͤlt man wenigstens einen gleichfoͤrmigeren Faden. Der Weber zieht
ihn dem mit der Hand gesponnenen vor, weil er weniger rauh und gewundener ist und er
ihn zur Bearbeitung nicht zu schlichten braucht; er erhaͤlt damit eine sehr
schoͤne Leinewand. Mit diesen Maschinen kann man einen so feinen Faden
erzielen, daß das Kilogramm davon 60,000 Meter lang ist; sie erfordern meistens mehr
Handarbeit und da man mit ihnen einerseits mehr Unkosten und andererseits mehr
Abfall hat, so kommt der Faden theurer zu stehen. Indessen befindet man sich mit
ihnen doch besser als mit jenen, weil es besser ist eine Waare zu besizen welche
mehr kostet und leichter zu verkaufen ist als eine die weniger kostet, aber deren
man sich nur mit Muͤhe entledigen kann.
Vor Allem muß man den Flachs hecheln.Was das Hecheln mit Maschinen betrifft, so glaube ich, daß es sich nie mit
Vortheil wird ausfuͤhren lassen, weil man durch den groͤßeren
Abfall, welcher eine nothwendige Folge davon waͤre,
auch im guͤnstigsten Falle weit mehr verlieren muͤßte, als man
durch Ersparung an Handarbeit gewinnt; ich theile in dieser Hinsicht ganz
die Meinung des Hrn. Marcellin Vétillard,
welcher sagt: „Das Hecheln hat bei dem (gebrochenen) Flachs und
Hanf noch einen anderen Zwek als das Krempeln bei der Baumwolle; es soll
sie in feine und zarte Theile zertheilen und so jene Fasern erzeugen,
welche in der Baumwolle ganz gebildet sind. Diese Operation erfordert
viel Geschiklichkeit; die Bewegungen der Hand und des Flachses auf der
Hechel muͤssen durch Einsicht und diese selbst wieder durch das
Gefuͤhl des Arbeiters geleitet werden; bisweilen bringt er ihn
von der Hechel hinweg, oͤffnet und zertheilt ihn, manchmal
hingegen zieht er ihn rasch oͤfters hinter einander hindurch.
Eine Maschine, deren Bewegung fuͤr eine große Anzahl von
Buͤndeln gleichfoͤrmig waͤre, wuͤrde die
einen zu schnell und die anderen zu langsam fuͤhren; man wurde
dadurch ohne Zweifel einen sehr schoͤnen Flachs erhalten, aber
ohne Vergleich weniger als durch das Hecheln mit der Hand.“
A. d. O. Zum Spinnen mit Maschinen verfeinert man ihn viel mehr als zum Spinnen mit der Hand,
daher man auch mehr Abgang hat. Von einem Kilogramm bleiben gewoͤhnlich, wenn
man daraus Faden von N. 24,000 machen will, nur 700
Grammen; die 270 Grammen Werg sind dann aber auch viel schoͤner, viel
gesuchter und folglich auch mehr werth; man bezahlt gewoͤhnlich 60 C.
fuͤr das Kilogr.
Wenn der Flachs gehechelt ist, macht man daraus kleine Buͤndel und dreht sie,
damit sie beim Aufeinanderlegen sich nicht verwirren; man pakt sie dann in Kisten
von weißem Holze, welche außen mit grobem grauem Papier verklebt werden.
Zum Spinnen nimmt man den Flachs aus den Kisten, legt ein Buͤndelchen in einen
engen sehr langen Trog und druͤkt auf das eine Ende, zieht ihn mit der Hand
am anderen Ende auf die doppelte Laͤnge aus, legt dann auf dieses leztere
Ende das Ende eines zweiten Buͤndelchens und so fort und bildet auf diese Art
eine Straͤhne. Diese Operation nennt man Streken (tendage). Die Geschiklichkeit des Arbeiters besteht dabei darin, die
Straͤhne moͤglichst gleichfoͤrmig zu machen.
Hierauf bringt man den Flachs auf die sogenannte erste
Zubereitungsmaschine (métier de
premiére préparation), welche daraus große Baͤnder
macht. Er wird befeuchter oder auch nicht, je nach dem System der Mechaniker:
gewoͤhnlich geben die Zubereitungen in der Kuͤhle ein
schoͤneres Product; so geschehen sie nach dem System des Hrn. Lasgorseix, auf welches sich meine Bemerkungen beziehen.
Hierauf kommt der Flachs auf die zweite
Zubereitungsmaschine (métier de seconds
préparation), welche daraus viel kleinere Baͤnder macht; von
da kommt er auf die Spinnmaschinen (métiers
fileurs). Nach dem Spinnen nimmt man zwei Mal nach einander ein Abhaspeln
vor; die Arbeiterinnen reißen dabei den Faden an den Stellen, wo er zu dik ist ab
und verbinden ihn wieder. Da dieser Faden stark befeuchtet worden ist, so ist er
sehr starr; um ihn weich
zu machen, spuͤlt man ihn in lauwarmem Wasser aus, welches ein wenig
gruͤne Seife enthaͤlt.
Ein vollstaͤndiges Assortiment besteht aus zwei Maschinen zur ersten und zwei
zur zweiten Zubereitung, zehn Spinnmaschinen und vier Apparaten zum Abhaspeln. Es
kostet 22,000 Fr. Die Spinnmaschinen fuͤhren acht und vierzig Spindeln. Gut
geleitet geben sie in zwoͤlf Stunden 3 1/2 Kilogr. Faden, wovon das Kilogr.
24,000 Meter mißt und mit 3 Fr. 50 Ct. bezahlt wird. Bei der Arbeit erhaͤlt
man 12 Procent Abfall. (Hr. Lasgorseix garantirt
gewoͤhnlich daß der Abfall nicht uͤber 10 Procent
betraͤgt.)
Die taͤglichen Auslagen und die Herstellung einer Manufactur mit zwei
Assortimens in einem Dorfe wo die Handarbeit wohlfeil ist, und die durch Wasser
getrieben wird, lassen sich folgendermaßen festsezen:
Taͤgliche Ausgaben.
§. 1. Urstoff.
Zwanzig Spinnmaschinen wuͤrden jeden Tag 70 Kilogr. Faden von 24,000 Meter,
naͤmlich jede 3 1/2 Kilogr. geben. Man wuͤrde alsdann 79 Kilogr. 500
Grammen gehechelten Flachs anwenden, welche selbst 113 Kilogr. 580 Cr. (gebrochenen
und geschwungenen) Flachs erfordern wuͤrden. Der Ankauf dieses Flachses
kaͤme, das Kilogr. zu 1 Fr. 25 Cent., auf
142 Fr.
– C.
Commission und Transportkosten
7
–
10 –
–––––––––––
Summe
149 –
10 –
Da man aber fuͤr Werg
erhielte
18 –
36 –
–––––––––––
So rechne ich bloß
130 –
74 –
§. 2. Handarbeit.
Hecheln
8
Erste Zubereitung: acht Arbeiterinnen,
wovon jede 70 Ct., und vier Kinder, wovon jedes 50 Ct.
erhaͤlt.
7
60
Zweite Zubereitung: vier Arbeiterinnen und
vier Kinder
4
80
Spinnmaschinen: zwanzig Arbeiterinnen
14
–
Erstes Abhaspeln: sechs
Arbeiterinnen
4
20
Zweites Abhaspeln: zwei
Arbeiterinnen
1
40
Waͤgen, Zuschneiden,
Ausspuͤlen, Troknen und Verpaken: sechs Arbeiterinnen
4
20
–––
–––
SummeDiese 44 Fr. 20 Cent. auf die 70 Kilogr. Garn vertheilt, geben
fuͤr jedes Kilogr. 63 Cent. Wir haben gesehen, daß bei dem
Spinnen mit der Hand, die Handarbeit auf 2 Fr. 15 Cent. fuͤr
das Kilogr. zu stehen kommt. A. d. O.
44
20
44
20
§. 3. Allgemeine Kosten.
Ein Mechaniker zur Direction der Maschinen
10
–
Ein Hausmeister
1
65
Ein Ausgaͤnger
1
45
Beleuchtung: sie dauert nur einen Theil des
Jahres
6
–
Heizung: deßgleichen
6
–
Unterhaltung und Abnuzung der Maschinen und
des Zugehoͤrs
12
–
–––
–––
––––––
Summe
37
10
37
10
––––––
Gesammtbetrag
212
04
Capital zur Errichtung und zum Betrieb der
Manufactur.
Ankauf der Maschinen
44,000
Ein Gebaͤude von zwei Stokwerken, 80
Fuß lang und 30 breit
24,000
Hydraulische Triebkraft von der Kraft von
fuͤnf PferdenDie Kraft von vier Pferden wuͤrde hinreichen. A. d. O.
20,000
Triebraͤder und Zugehoͤr
6,000
Fabrikationscapital
56,000
–––––––
Summe
150,000
Das Resultat welches der Flachsspinner erhaͤlt, kann alsdann folgendermaßen
festgesezt werden:
Er macht jeden Tag 70 Kil. Garn von 24,000
Meter, welche ihm das Kilogr. zu 3 Fr. 65 C. gerechnet, abwerfen
255
50
Er gibt aber nur aus
212
04
––––––
Es bleibt ihm folglich ein Gewinn
von
43
46
Dieser Gewinn mit den 300 Tagen, welche er
im Jahre arbeiten lassen kann, multiplicirt, geben ein Resultat
von
13,038
Hievon muß man abziehen.
Interesse des zur Errichtung der Manufactur
angewandten Capitales
7,500
Kosten der Haushaltung
3,000
Commissions-Auslagen fuͤr den
Verkauf des Garns
2,538
––––––
Summe
13,038
13,038
––––––
Gewinn
00,000
Der durch Maschinen gesponnene Faden ist dichter als der mit der Hand gesponnene, das
heißt er enthaͤlt mehr Substanz: bei gleicher Feinheit und gleichem Gewicht
gibt er weniger Leinewand; bei gleicher Laͤnge gibt er eine schoͤnere
Leinewand. Der groͤßere Abfall an Urstoff wird also durch die bessere
Qualitaͤt des Productes ausgeglichen.
Wenn ein Capitalist nur die Kosten der Handarbeit bei beiden Methoden den Flachs zu
spinnen, mit einander vergleichen wuͤrde, so muͤßte er glauben, daß
das Spinnen mit Maschinen betraͤchtliche Vortheile darbietet. Es findet
naͤmlich in dieser Hinsicht ein sehr großer Unterschied Statt; einerseits
kommt ein Faden von 24,000 Meter auf 2 Fr. 15 Cent. und andererseits nur auf 63 Cent
zu stehen. Wollte er aber durch diese Idee verfuͤhrt, ein Etablissement
errichten, so muͤßte er bald seinen Irrthum einsehen: die Erfahrung
wuͤrde ihn lehren, daß der groͤßere Abfall an Urstoff beim Hecheln,
der Abfall beim Spinnen und das Interesse des zur Errichtung und zum Betrieb des
Etablissements aufgewandten Capitales zusammengenommen, die Differenz bei der
Handarbeit fast ganz ausgleichen; soll er seine Manufactur in Gang erhalten
koͤnnen, so muß er den Flachs sehr gut kennen, damit er nicht durch die
Treulosigkeit der Commissionaͤre betrogen wird, sein Etablissement muß die
oben angegebenen Bedingungen vereinigen, er muß es zwekmaͤßig leiten und so
aufmerksam seyn, daß ihm unmoͤglich Flachs oder Garn entwendet werden
koͤnnen: ohne dieses wuͤrde er unfehlbar in sehr kurzer Zeit den
groͤßten Theil seines Capitales verlieren. Da ein Etablissement dieser Art
auf dem Lande und durch Wasserkraft betrieben, wie wir oben gesehen haben, keinen
Gewinn abwirft, so wird man gewiß Verlust haben muͤssen, wenn man es in einer
Stadt, wo die Handarbeit 50% mehr kostet, errichten, durch Dampf bewegen und durch
eine Person dirigiren lassen wollte, welche sich beim Ankauf des Flachses auf die
Commissionaͤre verlassen muͤßte. Dieser Verlust kann fuͤr jeden
Tag, wo gearbeitet wird, folgendermaßen festgesezt werden:
Fuͤr Handarbeit muß man mehr
bezahlen
22 Fr.
Deßgleichen fuͤr allgemeine
Kosten
10 –
Deßgleichen fuͤr den Urstoff
14 –
Kohle
12 –
–––––
Summe
58 –
Der Verlust des Spinners waͤre noch bei weitem betraͤchtlicher, wenn er
sein Geschaͤft nicht gehoͤrig leiten wuͤrde und nicht
aufmerksam genug waͤre, um jede Entwendung von Garn und Flachs zu
verhuͤten.
Ueber das Weben.
Der Weber spult das Garn und schießt es ein, er zettelt es, bereitet die Kette zu,
besteigt den Webstuhl und arbeitet mit dem Schiffchen.
Je feiner das Garn ist, desto mehr Faͤden kommen in die Breite der Leinewand.
Ihre Anzahl theilt man in Gaͤnge (comptes); jeder
Gang (compte) besteht aus 50 Faͤden. Der
Leinenweber rechnet in dieser Hinsicht weder wie der Linonweber, noch wie der
Baumwollenweber.
Wenn man von Gaͤngen (comptes) spricht, so sezt
man immer voraus, daß die Leinewand eine Elle breit ist. Wenn sie schmaler ist,
enthaͤlt sie nicht die Anzahl von Faͤden, welche die Ziffer der
Gaͤnge ausdruͤkt, aus welchen man sie bestehend angibt, sondern nur
eine mit ihrer Breite im Verhaͤltniß stehende Anzahl von Faͤden, so
daß die Kette einer Leinewand von zwoͤlf Gaͤngen zu 2/3 Breite,
anstatt aus 600 Faͤden zu bestehen, davon in der That nur 2/3,
naͤmlich 400, enthaͤlt. Ein auf der Maschine gesponnener Faden, wovon
das Kilogr. 5,000 Meter mißt, wird in zwoͤlf Gaͤnge gebracht, und man
fuͤgt fuͤr jede Zunahme um 834 Meter an Laͤnge, einen Gang zu.
Je feiner der Faden ist, desto mehr Leinewand gibt er und desto mehr Werth hat auch
das Gewebe; das Product nimmt mit jedem Gange um eine Neuntels-Elle und sein
Werth um ein Dreißigstel zu. Folgende Tabelle zeigt nach den so eben angegebenen
Verhaͤltnissen, in welche Anzahl von Gaͤngen man den auf der Maschine
gesponnenen Faden von N. 5,000 bis N. 30,000 Meter im Kilogr., bringen muß; ferner die
Menge von Leinewand, welche man daraus erhalten muß, und den Werth derselben in den
Haͤnden des Webers, alles in der Voraussezung berechnet, daß die Arbeit auf
die zwekmaͤßigste Weise ausgefuͤhrt worden ist.
Textabbildung Bd. 40, S. 122
Feinheit des Fadens; Anzahl der
Meter im Kilogr.; Anzahl der Gaͤnge; Sie nimmt um eine Zahl zu, wenn die
Laͤnge des Fadens um 834 Meter zugenommen hat; Menge der Leinewand von
2/3 Breite; Sie nimmt mit jeder Zahl um eine Neuntels-Elle zu; Preis der
Elle; Er nimmt um ein Dreißigstel mit jedem Gange zu; Fr.
Textabbildung Bd. 40, S. 123
Feinheit des Fadens; Anzahl der
Meter im Kilogr.; Anzahl der Gaͤnge; Sie nimmt um eine Zahl zu, wenn die
Laͤnge des Fadens um 834 Meter zugenommen hat; Menge der Leinewand von
2/3 Breite; Sie nimmt mit jeder Zahl um eine Neuntels-Elle zu; Preis der
Elle; Er nimmt um ein Dreißigstel mit jedem Gange zu; Fr.
Textabbildung Bd. 40, S. 124
Feinheit des Fadens; Anzahl der
Meter im Kilogr.; Anzahl der Gaͤnge; Sie nimmt um eine Zahl zu, wenn die
Laͤnge des Fadens um 834 Meter zugenommen hat; Menge der Leinewand von
2/3 Breite; Sie nimmt mit jeder Zahl um eine Neuntels-Elle zu; Preis der
Elle; Er nimmt um ein Dreißigstel mit jedem Gange zu; Fr.
Jedes Stuͤk Leinewand enthaͤlt 40 bis 50 Ellen. Der Webermeister zahlt
gewoͤhnlich seine Arbeiter nach der Elle. Er gibt ihnen 55 Ct. fuͤr
eine Leinewand von 35 Gaͤngen zu 2/3 Breite; jeder macht taͤglich 2
1/4 Ellen und erhaͤlt daher 1 Fr. 25 Ct. Lohn. Wer zehn Arbeiter
beschaͤftigt, fabricirt daher taͤglich 22 1/2 Ellen von obiger Anzahl
der Gaͤnge und Breite. Seine Einnahme und Auslage stellen sich dann
folgendermaßen:
Einnahme.
Er verkauft seine Leinewand zu 1
Fr. 70 Ct. die Elle und erhaͤlt
daher fuͤr die 22 1/2 Ellen
38
25
Auslage.
Zu den 22 1/2 Ellen Leinewand braucht er 4
Kil. 940 Grammen Garn, welches ihn 18 Fr. kostet, naͤmlich das
Kil. 3 Fr. 65 Ct.
18
–
Lohn fuͤr den Arbeiter
12
38
Spulen, Zetteln und Eintragen
4
50
Unterhaltung der Webstuͤhle u.
Geraͤthschaften: Miethe fuͤr den Plaz
1
10
Unkosten beim Ankauf des Garns und Verkauf
der Leinewand
–
37
––––––––––
Summe
36
35
36
35
––––––––––
Taͤglicher Gewinn
190
–
Multiplicirt man diesen Gewinn mit 300, der
Anzahl Tage, welche man im Jahre kann arbeiten lassen, so findet man
ein Resultat von
570
Hievon muß man abziehen.
Interesse des Capitales, welches sich
wenigstens auf 1500 Fr. belaufen muß
75
Kosten der Haushaltung
495
––––
Summe
570
570
––––
Reiner Gewinn
000
Ueber den Commissionaͤr.
Der Commissionaͤr geht zu den Webern und besucht die Maͤrkte; er kauft
die Leinewand ein und verkauft sie an die Großhaͤndler. Man zahlt ihm 3
Procent uͤber seinen Ankauf, wenn man ihm denselben unmittelbar
verguͤtet. Wenn er fuͤr 100,000 Fr. jaͤhrlich Geschaͤfte
macht, so erhaͤlt er also 3,000 Fr. Reisekosten und vergebliche Ausgaben
belaufen sich aber auf
600
Emballirungskosten
1,000
–––––
Zusammen
1,600
1,600
Es bleibt ihm daher noch ein Gewinn
von
1,400
Hievon muß man abziehen.
Interesse des Capitales
400
Kosten der Haushaltung
1,400
–––––
1,400
1,400
–––––
Reiner Gewinn
0,000
Bei Angabe des Preises der Leinewand habe ich auch sogleich den Nachlaß
beruͤksichtigt, welchen die Weber dem Commissionaͤr auf das Ellenmaß
zu machen pflegen.
Ueber den Großhaͤndler.
Der Großhaͤndler kauft die Leinewand von den Commissionaͤren auf. Er
laͤßt sie bleichen und verkauft sie dann an die Kleinhaͤndler, mit
welchen er bisweilen direct, meistens aber durch reisende Commis seine
Geschaͤfte macht. Da das Bleichen viel Zeit erfordert und im Winter nicht
vorgenommen werden kann, so kann man annehmen, daß sie dieselben im Durchschnitt
erst sechs Monate nach dem Empfang in den Handel bringen. Sie verkaufen auf drei
Monat Zeit und werden nach Ablauf derselben oft noch in Wechseln bezahlt, welche
erst in 90 Tagen und noch spaͤter faͤllig sind, so daß sie oft erst
nach Verlauf eines Jahres zu ihren Vorschuͤssen kommen wuͤrden, wenn
sie die Wechsel, welche sie empfangen, nicht in Umlauf brachten. Ich will nun
angeben, wie hoch sie eine Elle Leinewand zu stehen kommt und wie viel sie
dafuͤr erhalten; ich lege dabei eine Leinewand von 30 Gaͤngen zu 2/3
Breite zu Grunde.
Sie verkaufen diese Leinewand
fuͤr
2 05
Auslagen.
1)
Ankauf
1450
2)
Commission
1044
3)
Transport von der Wohnung des Commissionaͤrs
in das Magazin: gewoͤhnlich
1010
4)
Auspaken
1005
5)
Kosten fuͤr Buchhaltung etc. beim Ankauf
1011
6)
Bleichen: fuͤr die Zweke der Haushaltungen
1200
7)
Reisekosten
1050
8)
Kosten fuͤr Buchhaltung etc. beim Verkauf
1020
9)
Einpaken
1010
10)
Verlust durch Bankerotte
1050
–––––
Summe
1850
1 85
–––––
Differenz
– 20
Diese Differenz, welche nahe 10 Procent des Werthes der Leinewand so wie sie die
Großhaͤndler verkaufen, entspricht, ergibt fuͤr einen solchen, wenn er
fuͤr 400,000 Fr. jaͤhrlich Geschaͤfte macht, als Resultat
40,000
Hievon muß man abziehen.
Interesse des Capitales und Disconto
20,000
Kosten der Haushaltung
10,000
––––––
Summe
30,000
30,000
––––––
Reiner Gewinn
10,000
Ueber den Bleicher.
Der Bleicher holt die Leinewand theils bei den Großhaͤndlern, theils bei
Privatpersonen ab und bringt sie ihnen dann wieder zuruͤk. Die erste
Operation beim Bleichen besteht darin, daß man die Leinewand nach ihrer Feinheit und
der Nuͤance ihrer Farbe sortirt. Hierauf weicht man sie mit Rokenmehl oder
Rokenkleie in lauwarmes Flußwasser ein, waͤscht sie dann in fließendem Wasser
aus und walkt sie. In manchen Etablissemens wird das Auswaschen mit
Waschraͤdern verrichtet. Nach dem Einweichen und Auswaschen legt man sie auf
den Bleichplan aus und begießt sie haͤufig; man nimmt sie dann vom
Bleichplan, um sie zu laugen. Nach 15 oder 16stuͤndigem Laugen bringt man sie
wieder auf den Bleichplan und wiederholt diese Operationen so lange, bis die
Leinewand die gewuͤnschte Weiße erhalten hat. Dieß dauert 15 Tage bis 3
Wochen. Wenn die Leinewand hinreichend gelaugt ist, seift man sie und blaͤut
sodann. Endlich wird sie getroknet und damit sind die Arbeiten des Bleichens
fuͤr die Zweke der Haushaltungen beendigt. Man zahlt hiefuͤr dem Bleicher
200
An Orten wo die Handarbeit wohlfeil ist
kommt das Bleichen einer Elle Leinewand den Bleicher mit Inbegriff des
Transportes um sie abholen und wieder zuruͤkbringen zu lassen,
der Kosten der Buchhaltung, dem Interesse des Capitales und der Kosten
seiner Haushaltung zu stehen auf
125
––––
Reiner Gewinn an der Elle
075
Ich halte es fuͤr unnuͤz noch von dem
Kleinhaͤndler zu sprechen.
Ueber die Schwierigkeiten, welche der Anbau des Leinens im
Großen darbietet und Vorschlaͤge um sie zu beseitigen.
Der Anbau des Leins auf einem Boden, welcher fuͤr ihn geeignet ist, wirft ohne
Widerspruch mehr Gewinn ab als derjenige der meisten anderen Pflanzen; und die
Akerleute wuͤrden sich daher auch gewiß mehr damit abgeben, wenn sie nicht
Gefahr liefen durch Trokniß die Ernte ganz oder zum Theil zu verlieren, was sie
entmuthigt. Gewiß ist aber, daß einigen wenig daran liegt eine groͤßere
Ausbeute zu erhalten, wenn sie deßwegen mehr Muͤhe anwenden muͤssen
und besonders viel groͤßere Kosten nicht scheuen duͤrfen. Wenn man im
Norden nichts vernachlaͤssigt, um eine schoͤne Leinernte zu erhalten,
so ruͤhrt dieß zum Theil daher, daß der Lew dort der Hauptgegenstand des
Akerbaues ist. Bei uns ist er aber nur Nebensache und uͤberdieß gestattet uns
die Leinsorte, welche wir anbauen, nicht, dieselben Opfer zu machen wie unsere
Nachbarn fuͤr ihren gestaͤbelten Lein.
Da das Gedeihen des Leins oft von einem einzigen Regen abhaͤngt, so glaube
ich, man koͤnnte sich dadurch helfen, daß man das Feld ein Mal und wenn es
noͤthig seyn sollte, zwei Mal begießt. In manchen Gegenden von Frankreich
waͤre das Begießen nicht sehr kostspielig und einige Personen haben bereits
mit Vortheil zu dieser Maßregel ihre Zuflucht genommen. Indessen darf man sich nicht
verhehlen, daß es fast allen Gewinn wegnimmt: denn wenn man bisweilen dadurch
Verlust vermeidet, so kann es sich auch manchmal treffen, daß auf das Begießen
Regenwetter eintritt, so daß dieser unnuͤzerweise gemacht wurde.
Wenn man das Brechen des Flachses mit dem Anbau verbinden koͤnnte, so
wuͤrde man eine schoͤne und große Spekulation zu machen im Stande
seyn. Man wuͤrde den Lein im Großen anbauen und alles anwenden, um eine
reichliche Ernte zu erhalten; weder guter Anbau, noch Duͤnger, noch Begießen,
nichts duͤrfte vernachlaͤssigt werden; und in Jahren wo der Anbau
selbst nur wenig Gewinn braͤchte, wuͤrde man durch die Verarbeitung des Leins
reichlich dafuͤr entschaͤdigt. Die Schwierigkeiten, womit das
Roͤsten im Großen verbunden ist, stehen jedoch dieser Vereinigung im Wege.
Ich habe sie in dem Paragraph, wo ich vom Flachsbrecher sprach, angegeben und es
bleibt mir daher nur noch zu untersuchen uͤbrig, ob man sie nicht beseitigen
koͤnnte.
Es scheint mir, daß das Weben hiezu ein Mittel an die Hand gibt; die Arbeiterinnen,
welche man zum Spulen und Einschießen verwendet, koͤnnten zugleich mit den
Operationen des Roͤstens beauftragt werden; denn wenn auch das Roͤsten
nur zu gewissen Zeiten ausgefuͤhrt werden kann, so kann man doch jeden
Augenblik spulen und einschießen, und es ist ganz gleichguͤltig, ob dieses
einige Tage fruͤher oder spaͤter geschieht. Wenn man jene Vortheile
genießen wollte, so waͤre es unumgaͤnglich noͤthig den Faden
auf Maschinen zu spinnen. Der Anbau des Leins, welcher so wie gegenwaͤrtig
die Sachen stehen, nicht im Großen ausfuͤhrbar ist, wuͤrde es, wenn
man damit das Brechen, Verspinnen und Weben vereinigte.
Einige werden sagen, daß diese Vereinigung unmoͤglich ist, und daß man nicht
zugleich Oekonom und Spinner seyn kann. Dieser Einwurf ist aber meiner Meinung nach
von keinem Gewicht. Sind nicht viele unserer Oekonomen jezt schon auch
Zukerfabrikanten, Raffinirer, Brantweinbrenner, Staͤrkmehlfabrikanten etc.
und wenn eine Person die verschiedenen Arbeiten, welche der Anbau der
Runkelruͤben, die Fabrikation und Raffinirung des Zukers erfordern,
gehoͤrig leitet, warum sollte nicht eine andere Person mit demselben Erfolg
den Anbau, das Roͤsten und Verspinnen des Flachses besorgen koͤnnen?
Uebrigens muß das Verspinnen durchaus mit dem Anbau des Leins verbunden werden;
fuͤr sich allein betrieben, wird es niemals vortheilhaft seyn. Denn
waͤre dieß wirklich der Fall, so wuͤrden wir bald mehr Etablissemens
zur Verarbeitung des Leins entstehen sehen; in Folge der hierdurch entstehenden
groͤßeren Nachfrage nach Urstoff wuͤrde der Preis desselben bald in
die Hoͤhe gehen und der Gewinn, welchen das Verspinnen abwirft, wuͤrde
nach und nach abnehmen. Alle mehr oder weniger wichtige Verbesserungen
wuͤrden so zum Vortheil des Anbauers und Flachsbrechers seyn.
Selbst wenn man den Lein im Großen anbauen koͤnnte, ohne sich mit der
Spinnerei zu befassen, so haͤtte der Anbauer doch immer ein großes Interesse
spinnen und weben zu lassen; er wuͤrde seine Leinewand viel leichter als den
Flachs verkaufen und als Spinner haͤtte er weder ein Capital fuͤr den
Ankauf des Urstoffes, noch Commissions- und Transportkosten zu bezahlen; er
waͤre außerdem gegen die Treulosigkeit der Commissionaͤre
gesichert.
Wir haben in Frankreich ebene fuͤr den Anbau des Leins geeignete Landstriche:
dahin gehoͤren die sandigen Wiesen des Laonnais. In diese Classe
gehoͤren vielleicht noch sehr viele andere; so hatten wir Haiden im Departement de l'Aisne, deren Urbarmachung große Kosten
verursachten, die vielleicht weder durch Anbau von Futterpflanzen noch von
Getreidearten haͤtten gedekt werden koͤnnen; man benuzte sie zu Lein
und brachte nicht nur die Kosten dabei heraus, sondern hatte noch einen bedeutenden
Gewinn und was noch eine besondere Beruͤksichtigung verdient, eben diese
Ebenen, welche vor zwanzig Jahren nur mit Brombeerstauden und Genisten bedekt waren
machen heute zu Tage den Ruhm und den Reichthum des Landes aus.
Wir wollen nun annehmen, man waͤhle einen der guͤnstigsten Landstriche
in jener Gegend aus, baue daselbst 400 Morgen Landes an, pachte eine Wiese von 1290
Aren und einen Wasserfall und errichte die noͤthigen Gebaͤude, um
nicht nur Lein anbauen, sondern auch roͤsten, brechen, spinnen und weben zu
koͤnnen und dann sehen, wie man dabei zu verfahren hat, wie hoch die
Gebaͤude, die Maschinen, das Akergeraͤthe, die Handarbeit etc. zu
stehen kommen, und welches Resultat man erhaͤlt.
Ueber die Art wie man die Arbeit ausfuͤhren lassen
sollte.
Ich sagte oben, daß man an mehreren Orten seit ungefaͤhr zwanzig Jahren eine
dreijaͤhrige Koppelwirthschaft von Hanf, Lein und Getreide eingefuͤhrt
hat. Diese Koppelwirthschaft waͤre gewiß eine der ergiebigsten; sie ist aber
nur in so fern anwendbar, als man daraus Mastung erzielen kann. Man kann sie alsdann
nicht als Basis annehmen. Man muͤßte eine vierjaͤhrige von Lein,
Getreide, Klee und duͤnnem Korn (Gerste, Hafer etc.) befolgen. Derjenige
Theil der Felder, welcher mit Lein zu besaͤen ist, muͤßte sogleich
nach der Beseitigung des duͤnnen Korns mit dem Spaten oder einem verbesserten
Pflug gestuͤrzt (tief umgegraben), unmittelbar geduͤngt und im
November und den ersten Tagen des Decembers begossen werden. Das Saͤen
wuͤrde im Anfang des Fruͤhlings nach zweimaligem Egen und dem
gehoͤrigen Gaͤten und Ebnen (Walzen) Statt finden. Um einen
schoͤneren Flachs zu erhalten, wuͤrde man auf den Morgen 1 3/4
Hectoliter Same anstatt 5/4 Hectoliter nehmen. Wenn troknes Wetter eintraͤte,
muͤßte man begießen: hydraulische Maschinen, durch Kanaͤle gespeist,
sollten das Wasser uͤber die Erde schleudern, so daß es zertheilt wie Regen
darauf fiele. Diese Operation, welche bei einem Anbau im Kleinen nicht praktisch
ist, waͤre im Großen leicht auszufuͤhren und wenn man dabei
zwekmaͤßig verfaͤhrt, nicht kostspielig; sie wuͤrde dort, wo
man eine
mittelmaͤßige Ernte und selbst da, wo man gar keine erhaͤlt, eine gute
sichern. Man kann ohne Uebertreibung annehmen, daß im Durchschnitt die Ausbeute um
ein Viertel mehr betragen wuͤrde. Auf der anderen Seite erhielte man in Folge
der Schoͤnheit des Staͤngels und weil mehr Same beim Saͤen
angewandt wurde, einen Flachs von vorzuͤglicherer Qualitaͤt, welcher
einen feineren Faden gaͤbe, wovon im Durchschnitt wenigstens 30,000 Meter
anstatt 24,000 auf das Kilog. kommen koͤnnten, so daß er also um 1/4 feiner
waͤre.
Um das Begießen zu erleichtern, wuͤrde man um die Felder Graͤben ziehen
und das Wasser aus diesen schoͤpfen; diese wuͤrden entweder durch den
Strom, welcher als Triebkraft dient oder noͤthigenfalls durch gebohrte
Brunnen gespeist. An manchen Orten koͤnnte man statt des Begießens sehr
leicht eine Bewaͤsserung vornehmen, welche fast nichts kosten
wuͤrde.
Das Getreide und duͤnne Korn wuͤrde man auf gewoͤhnliche Art
anbauen. Das Stuͤrzen, welches nur fuͤr den Lein Statt faͤnde,
wuͤrde die Erde, welche solchen getragen haͤtte, vergraben. Es
wuͤrde alsdann von der zweiten Ernte angefangen bestaͤndig eine Erde
herfuͤhren, welche seit acht Jahren keinen solchen hervorgebracht
haͤtte. Dieses Verfahren muͤßte einen sehr guten Erfolg haben und
fuͤr das Getreide und duͤnne Korn eben so vortheilhaft seyn wie
fuͤr den Lein. Der mit Klee angebaute Theil muͤßte sogleich nach
gaͤnzlicher Beseitigung desselben gepfercht werden, so daß die alle vier
Jahre erneuerte Erde in jedem dieser Zeitraͤume ein Mal stark geduͤngt
und ein Mal gepfercht wuͤrde.
Man muͤßte die Anordnung so treffen, daß man den Staͤngellein sehr
leicht von dem Etablissement zu den Roͤsten fuͤhren koͤnnte,
und die Roͤsten selbst so anlegen, daß das Doͤrren und Bleichen des
Leins moͤglichst wenig Handarbeit erforderten; durch große Ersparniß an
Handarbeit wuͤrde man dann einen bedeutenden Vortheil uͤber die
Flachsbrecher gewinnen. Außerdem muͤßte man noch aus einem viel wichtigeren
Umstand Nuzen ziehen: wenn naͤmlich in Folge der Ausbreitung des Leins auf
den Wiesen, um ihn zu bleichen, die Heuernte auch schlecht ausfiele, so
wuͤrde sie doch wenigstens fuͤr den Pacht entschaͤdigen,
welcher die Flachsbrecher fuͤr jede 43 Aren auf 80 Franken zu stehen
kommt.
Im Sommer wuͤrden die fuͤr das Spulen und Einschießen bestimmten
Arbeiterinnen das Roͤsten besorgen muͤssen; man haͤtte alsdann
eine um so groͤßere Anzahl von diesen noͤthig, je mehr Zeit dem
Doͤrren und Bleichen gewidmet werden muͤßte. Wuͤrde man einige
uͤber die gerade erforderliche Anzahl in seine Dienste nehmen, so
waͤre dieß nicht nur kein Schaden, sondern nur eine Vorsichtsmaßregel, weil
dann das Spulen um
so schneller muͤßte besorgt werden koͤnnen. Da das Spinnen ohne
Unterbrechung fortgesezt werden muß, so wuͤrden die damit beauftragten
Arbeiterinnen ihm ihre ganze Zeit widmen. Im Rothfalle haͤtte man sie jedoch
zu seiner Disposition und koͤnnte sie mit denjenigen, welche das Spulen und
Einschießen besorgen, benuzen, um den (zu doͤrrenden) Flachs von eintretendem
Regenwetter vom Felde nehmen zu lassen; dadurch wuͤrde man den Verlust
vermeiden, welchen die Flachsbrecher unter diesen Umstaͤnden so
haͤufig erleiden, was ein bedeutender Vortheil waͤre.
Wir haben oben festgesezt, daß ein Morgen Landes in gewoͤhnlichen Jahren im
Durchschnitt 332 Kilog. (gebrochenen und geschwungenen) Flachs gibt
332 Kilog.
in Folge des Begießens erhielte man aber
1/4 mehr
83
–
––––––––––
Jeder mit Lein angesaͤete Morgen
wuͤrde also geben
415 Kilog.
Hundert Morgen wuͤrden zusammen
geben
41500. –
Außer dem Flachs wuͤrde man 400 Hectoliter Samen
erhalten. Durch Hecheln wuͤrden die 41,500 Kilog. Flachs auf 29,050 Kilog.
reducirt, also 11,205 Kilog. Werg bleiben und 1,245 als Staub und Dunst verstiegen.
Wegen der Feinheit des Flachses wuͤrde man fuͤr das Kilog. Werg 70 Ct.
anstatt 60 erhalten.
Mit 29,050 Kilog. gehecheltem Flachs wuͤrde man 25,564 Kilog. Garn von N. 30., das heißt einen im Kilog. 30,000 Meter langen
Faden machen. Der Abfall beim Spinnen wuͤrde 3,486 Kilog. oder 12 Procent
betragen. Wenn ich oben bei einem Garn von N. 24. den
Abfall ebenfalls zu 12 Procent annahm, so geschah es weil das Kilog. Flachs nur 1
Fr. 25 Ct. werth war; hier aber waͤre er von besserer Qualitaͤt und
wenn man ihn zu Garn von N. 24. benuzte, so erhielte man
hoͤchstens 8 bis 10 Procent Abfall. Dividirt man die 25,564 Kilog. Garn,
welche man jaͤhrlich erhaͤlt, mit 300, so kommen auf jeden Tag, wo
gearbeitet wird, 85 Kilog. 219 Grammen. Da eine Spinnmaschine taͤglich nur 2
1/2 Kilog. Garn von N. 30. liefert, so muͤßte
man, um taͤglich 85 Kilog. zu fabriciren, immer wenigstens 34 Spinnmaschinen
in Gang haben. 6 Maschinen fuͤr die erste und 6 fuͤr die zweite
Zubereitung wuͤrden fuͤr 34 Spinnmaschinen, welche Garn von N. 30. liefern, fast eben so leicht ausreichen, als
fuͤr 30 Maschinen, worauf man bloß Garn von N.
24. spinnt. Dessen ungeachtet will ich bei unten folgender Berechnung die Kosten von
3 1/2 vollstaͤndigen Assortimens von Spinnmaschinen auffuͤhren, weil
es zwekmaͤßig ist, daß man die einer Ausbesserung beduͤrfenden
Maschinen durch andere ersezen kann. Oben sahen wir, daß die Handarbeit beim Spinnen
fuͤr Garn von N. 24. auf 63 Cent, zu stehen
kommt; ich will sie fuͤr N. 30. auf 80 Ct. stellen. Die 25,564
Kilog. Garn von N. 301 wuͤrden in 42
Gaͤnge gebracht (man vergl, den Paragraph: uͤber den Weber) und das
Kilog. zu 5 3/9 Ellen angenommen, 136,341 Ellen Leinwand geben: Das Spulen, Zetteln,
Einschießen, die Verfertigung, alles was in der Werkstaͤtte
ausgefuͤhrt wird, mit der Unterhaltung der Maschinen und
Geraͤthschaften, kaͤmen auf 1 Fr. fuͤr die Elle zu stehen.
Ueber die Kosten, welche die Errichtung und das Capital,
welches der Betrieb des Etablissemens erfordern wuͤrden.
Neue Gebaͤude
Oekonomie-GebaͤudeSpinnerei und
Weberei
15,000 35,000
Akergeraͤthe, Pferde, Vieh,
Herde etc.
30,000
Roͤsten, Graͤben um
die Felder, artesische Brunnen,Maschinen zum Begießen und
Canaͤle
15,000
3 1/2 Assortimens von
Spinnmaschinen mit Zugehoͤr
100,000
Webstuͤhle und
Zugehoͤr
15,000
Capital fuͤr den Anbau und
die Fabrikation
90,000
–––––––
Summe
300,000.
Ueber das Resultat, welches man erhalten
wuͤrde.
Einnahme.
Die 136,341 Ellen Leinewand, welche man
jaͤhrlich fabriciren wuͤrde, haͤtten einen Werth
von
286,316
10
Commissionsgebuͤhren, welche man
sich besonders zu Nuzen machen muͤßte
8,589
48
Same
6,000
00
Werg
7,843
50
–––––––––––
Summe
308,749
08
Auslagen.
Pacht und Steuern.
Von den hundert Morgen, die mit Lein angebaut
werdenVon den 1290 Aren WiesenVon dem Wasserfall
2,500
900 600
000000
Duͤnger: die 3/8 des
Duͤngers, welche alle 4 Jahre erneuert werden
5,000
00
Stuͤrzen, Duͤngen,
Egen und Ebnen
4,000
00
Same und Saͤen
5,300
00
Aufstellen des Leins in
Buͤndeln
250
00
Gaͤten
700
00
Begießen in gewoͤhnlichen
Jahren
2,000
00
Assecuranz gegen
Hagel und Feuersbruͤnste
1,000
00
Ausreißen und zugehoͤrige
Arbeiten
2,000
00
Um den Lein in Gebinde zu
bringen
500
00
Roͤsten, Doͤrren
etc.
1,900
00
Brechen
2,740
00
Hecheln
10,000
00
Handarbeit fuͤr das Spinnen
20,451
00
Weben
136,341
00
Verpaken
3,096
00
Beleuchtung und Heizung der
Werkstaͤtten
8,000
00
Unterhaltung der Gebaͤude,
Maschinen und des Zugehoͤrs
7,000
00
Ein Aufseher fuͤr den
Anbau, das Roͤsten und Brechen des Leins
1,200
00
Ein anderer fuͤr die
Spinnerei
1,500
00
Ein Mechaniker
1,800
00
Ein Aufseher fuͤr die
Weberei
1,500
00
Ein Chef fuͤr die
Buchhaltung (er waͤre freilich nicht durchaus noͤthig)
2,000
00
Ein Hausmeister
600
00
Ein Ausgaͤnger
500
00
Unvorhergesehene Ausgaben
3,371
08
––––––––––
Summe
226,749
08
––––––––––
Gewinn
82,000
00
Hievon muß man abziehen:
Interesse des CapitalesZuschuß zu den
Kosten der HaushaltungDie mit Getreide etc. angebauten 300 Morgen Feld muͤßten zu
diesen Kosten fuͤr 3000 Franken beitragen; sie wuͤrden
daher in Allem 10,000 Franken ausmachen. A. d. O.
15,000 7,000
0000
22,000
00
––––––––––
Reiner Gewinn, 20 Procent des
Capitales betragend
60,000
00
Ein solches Etablissement waͤre gegen die unguͤnstigen
Wechselfaͤlle gesichert, welche rein technische oder commercielle
Unternehmungen nur zu oft erdruͤken: man wuͤrde sich mit dem Anbau des
Leins beschaͤftigen und die Ernten so bearbeiten, daß man den
groͤßeren Theil des Gewinnes, welcher sich daraus ziehen laͤßt,
fuͤr sich behielte, eine solche Unternehmung hat nichts gewagtes und muß
nochwendiger Weise mit einem guͤnstigen Erfolg gekroͤnt werden. Dieser
waͤre um so sicherer, da er groͤßten Theils auf Ersparungen an
Haushaltungskosten, Commissions-, Transportkosten und dergleichen beruht und um so dauerhafter,
da die Concurrenz Unternehmungen dieser Art nicht lange schaden koͤnnte.
Der Gewinn bei einem solchen Unternehmen wuͤrde sich aber wenigstens
verdoppeln, wenn man die Leinewand auch selbst bleichen wuͤrde, denn man
koͤnnte alsdann geradezu mit den Kleinhaͤndlern Geschaͤfte
machen und wuͤrde sich so natuͤrlich auch noch den Gewinn des
Bleichers und des Großhaͤndlers zueignen, uͤber welche beide man
außerdem viele Vortheile haͤtte: man wuͤrde naͤmlich den
Transport der Leinewand von der Wohnung des Commissionaͤrs in das Magazin des
Großhaͤndlers, von lezterem auf die Bleiche und von dieser wieder in jenes
ersparen, ferner das Auspaken ersparen; die Buchhaltung wuͤrde sehr
vereinfacht und was der Bleicher und Großhaͤndler auf ihre Haushaltung
verwenden, wuͤrde man fast als reinen Gewinn betrachten koͤnnen. Da
aber die Leinewand nicht in dem Maße als sie fabricirt wird, auch abgesezt werden
koͤnnte und man sie auf Termin anstatt per
comptant verkaufen muͤßte; da man ferner neue Gebaͤude und
neue Maschinen noͤthig haͤtte, so wuͤrde das Capital von
300,000 Franken nicht mehr ausreichen und man muͤßte wenigstens 500,000
Franken haben, also 200,000 Franken mehr. Man duͤrfte wegen dieses neuen
Zuschusses nicht unschluͤssig seyn, indem ein reiner Gewinn von mehr als 25
Procent damit verbunden waͤre. Wir wollen noch bemerken, daß der reine
Gewinn, welchen man von jedem Morgen Landes erhielte, beilaͤufig 600 Franken
betragen wuͤrde wenn man sich darauf beschraͤnkte, den Lein anzubauen,
zu spinnen und zu weben, daß er sich aber auf 1,400 Franken erhoͤhen
wuͤrde wenn man seine Leinewand zugleich bleicht. In diesem lezteren Falle
waͤre der Gewinn oft groͤßer als der Werth des Bodens, welcher den
Lein hervorbrachte. Kann in Frankreich eine andere Pflanze ein gleiches Resultat
geben?
Wir wollen nun noch ein Mal einen Blik auf unser Etablissement werfen. Es
waͤre nothwendiger Weise die Quelle aller Vervollkommnungen; denn der Zwek
unserer Bemuͤhungen waͤre immer in Werkstaͤtten zu
roͤsten, einen feineren Faden ohne groͤßeren Abfall und mit
verhaͤltnißmaͤßig weniger Unkosten zu erhalten und alle
Schwierigkeiten, welche bis jezt noch bei Anwendungen von Brechmaschinen und
mechanischen Webstuͤhlen die Ersparungen an Handarbeit aufwogen, zu
beseitigen. Nehmen wir nun an, daß die Kosten fuͤr das Roͤsten um die
Haͤlfte und fuͤr das Brechen um 2/3 vermindert wuͤrden, daß wir
ohne groͤßeren Abfall, Garn von N. 40. spinnen
wuͤrden; daß uns das Kilogramm von diesem Garn an Handarbeit und allgemeinen
Kosten nicht hoͤher als auf 1 Fr. 50 Ct. zu stehen kaͤme, daß das mechanische Weben uns in
Allem nur 75 Ct. fuͤr die Elle kosten wuͤrde, daß wir unsere Leinewand
selbst bleichen und sie im Großen verkaufen, so werden wir unter diesen
Umstaͤnden und bei den gegenwaͤrtigen Preisen wenigstens einnehmen
650,000
00
waͤhrend unsere Auslagen
hoͤchstens betragen wuͤrden
250,000
00
––––––––––
Wir wuͤrden folglich gewinnen
400,000
00
Und da man nur ungefaͤhr 500,000 Franken Capital noͤthig haͤtte,
so wuͤrde man dasselbe auf 80 Procent bringen. Indessen waͤre es
offenbar unklug, auf diese Perspective hin zu rechnen; die angegebenen
Verbesserungen waͤren nicht alle das Werk eines Tages; in dem Maße als sie
gemacht wuͤrden, wuͤrden sie auch bekannt: die Concurrenz, welche
bestaͤndig auf der Lauer ist, wuͤrde sich derselben eilig
bemaͤchtigen; sie wuͤrde ihren gewohnten Gang gehen und
unaufhoͤrlich eine Verminderung herbeifuͤhren, welche sich den Gewinn,
den die Verbesserungen verschaffen, mehr oder weniger naͤhern oder mit ihm
sogar in Verhaͤltniß stehen wuͤrden. Wenn man daher aus dem Anbau des
Leins, verbunden mit Spinnerei und Weberei, auch gewiß groͤßeren Gewinn
ziehen koͤnnte als bei dem gegenwaͤrtigen Stand der Sache, so
wuͤrde er sich doch nie auf 80 Procent belaufen.
Diese Verbesserungen wuͤrden daher hauptsaͤchlich dem Consumenten zu
Nuzen kommen, welchem wir am Preise der Leinewand sehr viel nachlassen
koͤnnten, denn wenn er auch auf die Haͤlfte herabgesezt wuͤrde,
so haͤtten wir noch 20 Procent. Indessen muͤßten im
guͤnstigsten Falle immer einige Jahre verstreichen, ehe man das obige Ziel
erreichen koͤnnte. Nachdem ich nun so weit es meine schwachen Kraͤfte
erlaubten, die Vortheile auseinandergesezt habe, welche der Lein Privatpersonen
gewaͤhren kann, will ich in Kuͤrze auch noch diejenigen angeben,
welche der Anbau des Leins, wenn er sich mehr ausbreiten wuͤrde, dem Publicum
verschaffen muͤßte.
Vortheile fuͤr den Staat. Der Wohlstand eines
Staates haͤngt nothwendiger Weise von der Ausfuhr und Einfuhr ab; derjenige
welcher mehr ausfuͤhrt als er einfuͤhrt, bereichert sich; Verarmung
und fruͤher oder spaͤter gaͤnzlicher Ruin sind die
unvermeidlichen Folgen des umgekehrten Falles. Es ist fuͤr uns Franzosen
daher von Wichtigkeit, uns von dem Tribut zu befreien, welchen wir dem Auslande
fuͤr Leinengarn und Leinewand zahlen; es waͤre zu diesem Ende
hinreichend, jaͤhrlich 10,000 Morgen Landes mehr mit Lein anzubauen. Wir
duͤrften unsere Anstrengungen aber nicht darauf beschraͤnken, bloß
unsere Consumtion zu deken, sondern wir koͤnnten auch fuͤr das Ausland
arbeiten, wohlfeilere Preise machen und fuͤr eine betraͤchtliche Summe
Leinwand ausfuͤhren, da keine Waare leichter anbringen zubringen ist, als die Leinewand
und keine Pflanze so viel Nuzen abwirft als der Lein.
Vortheile fuͤr die arbeitende Classe. Da die
Behandlung des Leins bloß fuͤr Handarbeit auf jeden Morgen auf 2000 Fr. zu
stehen kommt, wie viele Haͤnde wuͤrden nicht beschaͤftigt, wenn
sich sein Anbau mehr verbreitete?
Vortheile fuͤr die Oekonomen und Gutsbesizer. Sie
wuͤrden einen betraͤchtlich groͤßeren Ertrag von ihrem Boden
bekommen und derselbe daher einen hoͤheren Werth erhalten.Aus der Abhandlung des Hrn. André ersehen
wir also, daß man in Frankreich in der Leinwandfabrikation
hauptsaͤchlich deßwegen vor anderen Laͤndern
zuruͤkgeblieben ist, weil der Flachs daselbst durch so viele
Haͤnde geht, ehe er dem Consumenten als Leinewand uͤberliefert
wird, so daß diejenigen, welche ihn roͤsten, brechen, schwingen,
spinnen, weben und bleichen, bei ihrem Geschaͤfte so zu sagen nichts
mehr verdienen und sich kaum den nothduͤrftigsten Unterhalt
verschaffen koͤnnen. Ob der Vorschlag des Hrn. André, wodurch er der Leinwandfabrikation in seinem
Vaterlande aufhelfen will, naͤmlich den Anbau des Leins mit seiner
Verarbeitung zu verbinden, Eingang finden und ausgefuͤhrt werden
wird, muß die Zukunft lehren. Da seine Angaben, wie Hr. Dubrunfaut bemerkt, das Resultat
vieljaͤhriger Erfahrung sind, so glauben wir durch Mittheilung
derselben nicht nur unseren Leinwandfabrikanten, sondern auch besonders den
Kaufleuten, welche den Leinwandhandel mit Frankreich betreiben, einen Dienst
zu erweisen. A. d. R.