Titel: | Methode, dem Trokenmoder am Schiffbauholze vorzubeugen. Von Hrn. E. Carey, an der k. Flotte. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XLII., S. 216 |
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XLII.
Methode, dem Trokenmoder am Schiffbauholze
vorzubeugen. Von Hrn. E.
Carey, an der k. Flotte.
Aus den Transactions of the Society of Arts. Im
Repertory of
Patent-Inventions. Maͤrz S. 168.
Carey, Methode dem Trokenmoder am Schiffbauholze
vorzubeugen.
Es ist bekannt, daß uͤberstaͤndige Baͤume vom ersten Anfange des
Fruͤhlinges an bis zum Ausschlagen der Blaͤtter voll Saft sind. Wenn
man zu dieser Zeit einen Zweig abschneidet, oder ein Loch in den Stamm bohrt, fließt
immer, mehr oder weniger, Saft aus. Die Rinde laͤßt sich zu dieser Zeit
leicht und in großen Stuͤken vom Holze abloͤsen, und jeder Theil des Holzes ist, so zu
sagen, in Saft gebadet. Eine chemische Analyse dieses Saftes, zeigt, uns denselben
als eine waͤsserige Fluͤssigkeit, die einigen Zuker, Schleim und
Extractivstoff enthaͤlt.Es gibt noch sehr viele andere Stoffe, die in dem Safte der Baͤume
vorhanden sind; beinahe jeder Baum hat seine eigenen, und die allgemeineren
in einem ihm eigenen Verhaͤltnisse. A. d. Ue. In einigen Baͤumen, wie an der Birke und am Ahorne, ist dieser Saft
so haͤufig vorhanden, und so reich an Zuker, daß sich durch Gaͤhrung
ein, wenn gleich schwacher, doch vollkommener Wein aus demselben erhalten
laͤßt, und der Zukerahorn in Nordamerika liefert einen Saft, aus welchem,
durch Einsieden bis zur gehoͤrigen Consistenz, jaͤhrlich eine
bedeutende Menge Zukers erhalten wird. Beim Abfallen des Laubes eines lebenden
Baumes ist das Holz um vieles trokener, als es im Fruͤhjahre war, und
enthaͤlt eine geringere Menge Zuker und anderer leicht zersezbarer
Pflanzenstoffe.
Das aͤltere Verfahren, Eichenholz zum Schiffbaue zuzurichten, scheint
folgendes gewesen zu seyn. Man faͤllte die Baͤume im Winter, und ließ
sie, nachdem man die Enden der Aeste abgehauen hatte, an der Stelle, wo sie fielen,
bis zum naͤchsten Sommer liegen, ohne die Rinde abzuschaͤlen. Im
Fruͤhlinge fingen die Knospen der Rinde und der Zweige, die noch nicht
abgehauen wurden, an auszuschlagen und zu wachsen, und sogen auf diese Weise,
verzehrten und entfernten einen Theil des Saftes und wahrscheinlich allen Saft, der
noch im Baume, als er gefaͤllt wurde, vorhanden war. Der unvollkommene
Zustand der Straßen machte es unmoͤglich, schweres Zimmerholz auf denselben
zu einer anderen Zeit, außer im hohen Sommer, zu fahren, so daß ein Baum, der in dem
Walde von Sussex stand, oder selbst nur in den entfernteren Gegenden des
New-Forest, den Holzgarten zu Portsmouth oft erst im zweiten Jahre nach
seiner Faͤllung erreichte: Hier wurde ihm die Rinde abgezogen, und hier wurde
er entweder in freier Luft oder unter Dach so lang aufbewahrt, bis er durch das
Liegen in einem Luftzuge vollkommen ausgetroknet ward.
So lang man nach dieser Weise verfuhr, scheint der Pilzmoder auf unseren Schiffen,
sowohl Kriegs- als Kauffahrdeyschiffen, kaum dem Namen nach bekannt gewesen
zu seyn.
Seit den lezten funfzig Jahren vermehrte sich die Anzahl unserer Schiffe in einem
hohen Grade, ohne daß das inlaͤndische Eichenholz in einem gleichen Maße
zunahm; zugleich stieg auch der Preis der Eichenrinde fuͤr die Gerber von
Jahr zu Jahr immer hoͤher. Dieß veranlaßte nun ein Faͤllen der
Baͤume im Fruͤhjahre, wo, wegen des haͤufigeren Saftes, die
Rinde am leichtesten abgeschaͤlt werden konnte. Allein durch die Entfernung
der Rinde im Fruͤhjahre wurde jener Nachtrieb, der noch waͤhrend des Sommers nach dem
Faͤllen Statt hatte, und der wahrscheinlich so wohlthaͤtig zur
Austroknung des Holzes mitwirkte, unmoͤglich gemacht. Das vom Safte noch
strozende Holz liegt nakt, den troknenden Fruͤhlingswinden und der Hize des
Sommers ausgesezt, da, und wird dadurch, daß es nur theilweise troknet, verdorben;
es bekommt eine Menge Spruͤnge, Risse und Spalten, welche nicht bloß Regen
und Nasse, sondern wahrscheinlich auch die mikroskopischen Samen der Pilze bis in
den Kern des Holzes eindringen lassen. Die ungeheuere Menge Holzes, die in den
lezten funfzig Jahren eines beinahe ununterbrochenen Krieges auf unseren Werften
verbaut wurde, veranlaßte unvermeidlich eine Abkuͤrzung des Zeitraumes, der
zum vollkommenen Austroknen des Holzes nothwendig ist. Daher kommt es nun
wahrscheinlich, daß das in der lezteren Zeit zum Schiffbaue verwendete Holz so
schlecht ward, nicht bloß weil es nicht gehoͤrig ausgetroknet war, sondern
auch weil es Zuker, Schleim etc., die. Grundstoffe des Saftes, enthaͤlt,
welche, wo nicht die Lebenskraft des Baumes waͤhrend seiner Vegetation auf
dieselben wirkt, leicht in eine Wein- und Essiggaͤhrung
uͤbergehen, und zulezt sich in einen Stoff aufloͤsen, in welchem die
Samen der Pilze uͤppig gedeihen und wuchern.Diese Bemerkung ist sehr richtig. Jedermann weiß, wie leicht Wein und Essig,
selbst in glaͤsernen Gefaͤßen, kahmig wird; aber nicht
Jedermann weiß, daß dieser Kahm nichts anderes als ein kleiner Pilz ist. A.
d. Ue.
Die Lage, in welche in der Folge das Holz im Schiffe versezt wird, ist fuͤr
ein Holz, das sich unter den eben angedeuteten Umstaͤnden befindet, ganz
ausgezeichnet nachtheilig. Die aͤußere Oberflaͤche desselben, sowohl
inner dem Schiffe als außer demselben, ist mit Pech, Terpenthin oder mir Oehlfarbe
uͤberzogen, wodurch alles fernere Entweichen der Feuchtigkeit (oder das
Austroknen) gaͤnzlich verhindert wird. Die uͤbrigen Flaͤchen
des Holzes sind, des Lichtes beraubt, der Einwirkung der Waͤrme, der
Feuchtigkeit und einer stillstehenden verdorbenen Luft ausgesezt, d.h., sie sind in
der moͤglich guͤnstigsten tage zur (sogenannten) freiwilligen
Zersezung, deren schneller Verlauf durch das Wachsen der Pilze wahrscheinlich noch
um das Zehnfache beschleunigt wird: die zarten Wuͤrzelchen dieser Pilze
dringen in die Poren des Holzes ein und zerstoͤren dadurch die innere
Substanz des Holzes noch weit rascher, als die aͤußere Oberflaͤche
desselben.
Es ist allgemein bekannt, daß eine gesaͤttigte Kochsalzaufloͤsung das
Pflanzenleben selbst in jenen Gewaͤchsen zerstoͤrt, die nur im
Seewasser gedeihen, und daß eine noch weil schwaͤchere Aufloͤsung
fuͤr alle Pflanzen, die keine Seegewaͤchse sind, toͤdtlich ist.
Man sollte daher vermuthen, daß Schiffbauholz gegen Moder (insofern derselbe von
Pilzen abhaͤngt)
dadurch geschuͤzt werden koͤnnte, daß man Kochsalzaufloͤsung in
die Gefaͤße desselben bringt; und wirklich fand man dieses Verfahren bei der
Anwendung desselben sehr vortheilhaft. Kauffahrdeyschiffe, die Salz in ihrem
Hohlraume fuͤhren, leiden nicht an Schwaͤmmchen. Eine Fregatte, die
vom Moder ergriffen war, sank zufaͤllig im mittellaͤndischen Meere
unter: nachdem sie mehrere Monate lang unter Wasser war, wurde sie wieder geborgen;
man fand sie nun frei von allem Moder, und sie blieb auch in der Folge davon
befreit. In den Vereinigten Staaten Nordamerika's werdet: viele Schiffe aus ganz
gruͤnem Holze gebaut, und es ist nichts Ungewoͤhnliches, daß man
daselbst die Zwischenraͤume zwischen den Hoͤlzern mit Salz
ausfuͤllen sieht. Schiffe, die so eingesalzen sind, werden auf dem Markte
weit theurer verkauft, weil sie weit dauerhafter sind.
Man koͤnnte auch vermuthen, daß Oehl, indem es in die Saftgefaͤße des
Holzes eindringt, gegen Moder nuͤzen koͤnnte, indem dadurch das
Eindringen der Feuchtigkeit verhindert wird. Als Bestaͤtigung koͤnnte
man anfuͤhren, daß die Schiffe der Groͤnlandsfahrer und
Wallfischfaͤnger nicht an Schwaͤmmen leiden. Mit dieses Theorie stimmt
die 45jaͤhrige Praxis zu Boston, wo man die Kopfstuͤke des
Schiffbauholzes aushoͤhlt und mit Oehl fuͤllt, waͤhrend das
Schiff im Baue steht.
Daß Oehl auch in Verbindung mit Salz wirkt, laͤßt sich aus der bekannten
Thatsache vermuthen, daß Fischerschiffe auf New-Foundland (Terre-neuve), in deren Schiffsraum gesalzene
Fische geladen werden, durchaus keinem Trokenmoder unterliegen, und daß derjenige
Theil, der den Kielraum dieser Schiffe bildet, zwei und drei auf demselben
aufgesezte Verdeke aushaͤlt.
Aus diesen und aͤhnlichen Thatsachen schloß nun Hr. Carey, daß eine Mischung aus Oehl und Salz auf Schiffbauholz angewendet
ein sehr kraͤftiges Mittel gegen Moder seyn muͤßte. Er dachte ferner,
daß es gut seyn wuͤrde, dieser Mischung eine gewisse Menge Holzkohlenpulver
beizusezen, um das Volumen derselben mit geringen Kosten zu vergroͤßern, ohne
daß irgend ein nachtheiliges Nebending dazu kommen duͤrfte: Kohlenpulver ist
zugleich so leicht, daß die Schwimmkraft des Schiffes dadurch so wenig als nur immer
moͤglich leidet.
Im J. 1785 baute er zwei Schooner, jeden von 80 Tonnen, auf der Insel Cap Breton
fuͤr einen Hrn. Simmonds, und fuͤllte alle
Zwischenraͤume zwischen dem Holze mit einer Mischung aus den oben
angefuͤhrten Bestandtheilen aus.
Im folgenden Jahre zog er nach Gut of Canso, und baute daselbst aus gruͤnem
Holze, so wie es aus dem Walde kam, eine Brig von 200 Tonnen fuͤr einen Hrn.
Williams, einen amerikanischen Fluͤchtling. An
diesem Schiffe bohrte er, ehe er die Bretter aufnagelte, in der Mitte eines jeden
Kopfstuͤkes des Zimmerholzes, vorne und ruͤkwaͤrts, zu jeder
Seite ein Loch, so tief es ohne Beschaͤdigung der Nagel- und
Bolzenbefestigung geschehen konnte, von welcher er sich entfernt hielt. Diese
Loͤcher fuͤllte er mit einer Mischung von Stokfisch- oder
Seehundthran, Salz und Kohlenpulver aus, die er so dik anmachte, daß sie eben noch
zu stießen vermochte. Die Raͤume zwischen den Hoͤlzern fuͤllte
er mit einer aͤhnlichen Fluͤssigkeit, jedoch von der Consistenz des
Moͤrtels aus. Die Art, wie er diese Fuͤllung machte, war folgende.
Nachdem der Hohlraum mit der Mischung ausgefuͤllt war, wurde ein Holzblok,
der kleiner als die Oberflaͤche war, aufgelegt, und mit Gewalt eingetrieben.
Dieser Druk trieb die Mischung in die kleinsten daneben befindlichen Risse und
Hoͤhlungen, und man ließ den Blok in seiner Lage. Hier und da wurden auch, wo
es noͤthig war, hoͤlzerne Pfropfen angebracht, um das Ganze in seiner
Lage zu halten und zu verhindern, daß es nicht herabrann.
Die auf diese Weise gefuͤllte Brig wurde vom Stapel gelassen, und im Handel
zwischen den Vereinigten Staaten und Westindien gebraucht.
Als Hr. Carey im J. 1816 aus Westindien durch die
Vereinigten Staaten zuruͤkkehrte, kam er nach New-York, wo er
zufaͤllig mit Hrn. Williams, dem
Eigenthuͤmer der Brig, zusammentraf. Lezterer sagte ihm, daß die Brig, die er
vor 30 Jahren baute, eben in New-York laͤge; daß er erst vor Kurzem
Gelegenheit hatte, sie genau zu untersuchen, und daß sie noch so gesund ist, als sie
an dem Tage war, wo sie vom Stapel gelassen wurde. Er lud Hrn. Carey an Bord dieser Brig, und erlaubte ihm uͤberall, wo er Moder
vermuthen konnte, einen halben Zoll tief einzubohren. Hr. Carey that dieß, und fand uͤberall das Holz vollkommen gesund.
Da Hr. Carey damals nicht daran dachte, das Resultat
seines Versuches bekannt zu machen, so verlangte er auch von Hrn. Williams kein schriftliches Zeugniß uͤber obige
Thatsachen. Als er aber im J. 1827 seine Bemerkungen der Society mittheilte, war der Ausschuß, dem diese Sache zur Untersuchung
zugewiesen wurde, der Meinung, daß es, ohne irgend einen Zweifel in die Genauigkeit
der Angaben des Hrn. Carey zu sezen, fuͤr das
Publikum zur Beruhigung dienen wuͤrde, wenn dieser hoͤchst wichtige
und interessante Versuch durch ein Zeugniß des Hrn. Williams beurkundet wuͤrde. Allein Hr. Williams wohnte nicht zu New-York, und obschon Hr. Carey in den Zeitungen von New-York, und Hr. J. A.
Yates, Esq., zu Liverpool, im Namen der Gesellschaft,
in den Zeitungen von New-York und Boston nach Hrn. Williams nachfragen ließ, konnte man doch nichts von demselben erfahren. Einige Zeit
spaͤter hoͤrte Hr. Carey, daß Hr. Williams in Westindien vor 3 Jahren gestorben ist.Wie man hoͤrt, laͤßt das Navy-Board gegenwaͤrtig die Hohlraͤume
zwischen den Balken an Kriegsschiffen mit einer Mischung aus Kalk, Oehl und
Stockholmtheer, die mit einer Drukpumpe eingesprizt wird, ausfuͤllen.
A. d. O. (Diese Mischung scheint uns bei weitem nicht so zwekmaͤßig,
wie jene des Hrn. Carey, deren Bestandtheile nach
einer sehr treuen Beobachtung der Entwikelung der Pilze gewaͤhlt
sind. Kalk wirkt bei weitem nicht so sicher und so eindringend wie Kochsalz,
und der Theer verdirbt die gute Wirkung des Oehles. Die Mischung des Navy-Board scheint eine Composition eines
Stokgelehrten; die des Hrn. Carey ist das
Resultat einer durch keine Theorie getruͤbten reinen und
sorgfaͤltigen Beobachtung der Natur. Auch in neueren Gebaͤuden
ist der Moder im Holze, das jezt so oft gruͤn verzimmert wird,
haͤufig und verursacht unendliche Gefahr und Kosten. Leider
nuͤzte hier von Hrn. Carey's Mitteln nur
das Kochsalz allein; Oehl wuͤrde die Feuersgefahr vergroͤßern.
Daß man aber Salz hierzu nicht anwenden kann, dafuͤr haben die
Salzschreiber vorlaͤufig gesorgt und werden noch laͤnger
sorgen. A. d. Ue.)