Titel: | Ueber die russische Theemaschine (Caмоbaрr, Selbstkocher). Von Dr. Fr. Goebel, kaiserl. russischem Hofrath und Prof. der Chemie zu Dorpat. |
Autor: | Prof. Friedemann Goebel [GND] |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. L., S. 257 |
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L.
Ueber die russische Theemaschine (Caмоbaрr, Selbstkocher). Von Dr.
Fr. Goebel, kaiserl.
russischem Hofrath und Prof. der Chemie zu Dorpat.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Goebel, uͤber die russische Theemaschine.
In dem XXXVII. Bd. 5. H. S. 360. Ihres
vortrefflichen polytechnischen Journales ist, unter der Ueberschrift „Russische Theekanne und Wasserhizer,“ eine
mit einer Abbildung versehene Theemaschine beschrieben, und mit erlaͤuternden
Anmerkungen versehen worden. Da nun aber diese Erklaͤrungen nicht ihrem Zweke
entsprechen, wie sich aus Nachstehendem ergeben wird, und die russische
Theemaschine, wegen ihrer vortrefflichen Einrichtung, auch in anderen
Laͤndern naͤher gekannt zu werden verdient; so erlaube ich mir, Ihnen
eine kleine Beschreibung, begleitet von den dazu erforderlichen Zeichnungen,
anliegend fuͤr Ihr Journal zu uͤbersenden.
Fig. 8.
gewaͤhrt eine perspectivische Ansicht der Theemaschine mit darauf
befindlicher Theekanne a, und unter dem Hahne b, befindlichem Spuͤlnapfe c.
Fig. 9. zeigt
die Maschine im Durchschnitte und die Figuren 10, 11, 12 und 13. die
einzelnen Theile derselben.
Die Theemaschine (die russisch
Caмоbaрr, spr. Samowar, Selbstkocher, weit bezeichnender genannt wird)
ist aus polirtem Messingblech angefertigt, das wegen seines schoͤnen
metallischen Glanzes einen angenehmen Anblik gewaͤhrt. In vornehmen Familien
findet man sie jedoch auch von Silber.
In Fig. 9.
zeigt d, den Feuerraum, der sich nach Oben verengt und
dann den Schornstein e bildet. Er ist von starkem
Eisenblech, nicht selten jedoch auch von starkem Messingblech angefertigt und an der
aͤußeren Seite f, f, stark verzinnt, was auch bei
den inneren Waͤnden g, g, der Maschine und der
inneren Flaͤche des Dekels Fig. 11. der Fall
ist.Das Wasser kocht also nicht zwischen Messing und Eisen, wie in oben
erwaͤhnten Anmerkungen angefuͤhrt wird. Die Verzinnung ist so
vortrefflich bei diesen Theemaschinen, daß eine derselben, die seit 2 1/2
Jahren taͤglich in meinem Hause gebraucht worden ist, fast
unmerkliche Abnuzung zeigt. An Orten, wo das Wasser viel kohlensauren Kalk
enthaͤlt, wird das Innere der Theemaschine nicht gescheuert, sondern
bloß ausgewaschen, und dann ist die Verzinnung, bis zum endlichen
Unbrauchbarwerden der Maschine selbst, dauerhafterer. Die Waͤnde
werden naͤmlich bald mit einer festen Kruste von
kohlensaͤuerlichem Kalk bedekt und die Metallflaͤchen dadurch
gegen Oxydation geschuͤzt, dem Wasser aber auch nicht der mindeste
Geschmak dadurch mitgetheilt. Benuzt man diese Samowars
nur zur
Theebereitung, oder vielmehr zum bloßen Wasserheißmachen, so halte ich es
selbst fuͤr vortheilhaft, sich einen solchen erdigen Ueberzug auf den
Metallflaͤchen bilden zu lassen. Es entsteht niemals ein fremdartiger
Geruch in der Maschine, wie dieß so haͤufig nach dem Scheuern der
Metallflaͤchen der Fall ist, der sich dem Wasser mittheilt, und
welchen feine Theeschmeker sogleich wahrnehmen. Man trinkt naͤmlich
in Rußland den Thee ohne allen Zusaz und gewoͤhnlich stark; die
gemeinen Russen selbst ohne Milch oder Rahm. Bekanntlich wuͤrzt man
ihn in verschiedenen Gegenden Deutschlands mit Vanille, Zimmt, Nelken,
Kapillairsast etc.
Bei h, h, ist der Feuerraum mit einem Roste versehen, der
durch die Oeffnungen ii rund um die Maschine herum
mit Luft gespeist wird und die Asche in den Raum k,
fallen laͤßt, aus welchem sie leicht durch die im Boden der Maschine
befindliche und mit einer leicht zu oͤffnenden Klappe l, versehene Oeffnung entfernt werden kann.
Fig. 10. ist
ein Dekel von Messingblech, der genau auf den Schornstein e und auch auf Fig. 6. paßt, welche
nichts Anderes als eine Zugroͤhre ist, die mit ihrem unteren Ende auf den
Schornsteine gestellt wird. Sie ist an der Seite mit einem hoͤlzernen Griffe
versehen.
Fig. 11. ist
der Dekel der Maschine, der bloß beim Reinigen der Maschine, oder beim
Fuͤllen derselben mit Wasser abgenommen wird, und, wenn er sich auf der
Maschine befindet, vortrefflich uͤberall eingefalzt ist, und dicht, sowohl an
die Raͤnder der Maschine, als auch an den durch ihn hindurchragenden
Schornstein anschließt. Er ist mit einer Oeffnung m
versehen, theils um den Wasserdaͤmpfen einen Ausweg zu verschaffen, theils
die Maschine durch einen kleinen in die Oeffnung passenden Trichter, der unter n bei Fig. 8. sichtbar ist,
wieder zu fuͤllen. p, p, an diesem Dekel bedeuten
ein Paar hoͤlzerne Knoͤpfe zum Anfassen des Dekels beim Abnehmen. Fig. 5. ist ein
rundum durchbrochener Messingkranz, der mit seinem unteren Ende genau uͤber
die Oeffnung des Dekels eingefalzt und zum Aufnehmen der Theekanne bestimmt ist.
Die Henkel der Maschine sind von gegossenem Messing und nur an den Stellen qq, von polirtem Holze.
Der Durchmesser der Maschine betraͤgt Oben 13 Zoll. Der Durchmesser des Rostes
7 Zoll. Die Hoͤhe vom Roste bis zum Dekel 15 Zoll. Die Breite des Raumes
zwischen dem Feuerraume und den Waͤnden der Maschine Oben 2 Zoll und verengt
sich allmaͤhlich nach Unten wie die Form der Maschine zeigt.
Die Zwekmaͤßigkeit der Maschine und ihrer einzelnen Theile laͤßt sich
am besten aus der Angabe ihrer Benuzung wahrnehmen. Ich erlaube mir daher noch die
hier uͤbliche Art und Weist der Theebereitung mitzutheilen.
Man fuͤllt den Raum x, x, mit Wasser, bringt
sodann einige gluͤhende Kohlen auf den Rost h, h,
bedekt sie mit tobten (zuvor ausgegluͤhten und wieder abgeloͤschten)
Holzkohlen und sezt die Zugroͤhre Fig. 13. auf, wodurch
innerhalb weniger Minuten die Kohlen in Brand gerathen und schnell das Wasser der
Maschine zum Sieden bringen. Ist dieß erfolgt so wird die Zugroͤhre wieder
abgenommen und die Maschine auf den Theetisch gebracht, wo sie nun weiter auf
folgende Weise, gewoͤhnlich von der Hausfrau, benuzt wird.
NB. Die vorherige Beschikung der Maschine erfolgt in der
Kuͤche von dem Stubenmaͤdchen.
Die Hausfrau spult gewoͤhnlich die Theekannen zunaͤchst einige Male mit
heißem Wasser, welches sie durchs Umdrehen des Hahnes b,
aus der Maschine in die untergestellte Kanne laufen laͤßt, aus, und gießt
dieß in einen stets unter dem Hahne der Maschine befindlichen Spuͤlnapf. Dieß
geschieht, theils die Kanne nochmals auf alles Fremdartige zu pruͤfen, theils
sie anzuwaͤrmen. Sie bringt sodann eine schikliche Menge Thee aus dem
Theeglase in die Kanne, fuͤllt dieselbe mit siedendem Wasser der Maschine
mittelst Oeffnen des Hahnes an, und stellt sie endlich auf den oben erweiterten
Kranz von Messing, damit der Thee gehoͤrig ausgezogen werde.Es dient also Fig. 13. nicht
zum Anbruͤhen des Thees, wie in oben erwaͤhnter Anmerkung
gesagt ist. Durch das Aufstellen der Theekanne kommt auch kein Rauch in das
Wasser hinab, denn der Schornstein der Maschine laͤuft durch den
Dekel der Maschine und schließt dicht an denselben an. Das Feuer
hoͤrt auch eben so wenig zu brennen auf, da durch das Aufsezen der
Theekanne der Feuerkanal nur partiell geschlossen wird, indem der Kranz
durchbrochen und fortwaͤhrend den Producten der Verbrennung ein
Ausweg gestattet ist.
Waͤhrend dieß Statt findet, ergaͤnzt sie das der Maschine entnommene
Wasser durch neues, mittelst des Trichters n, welches
bald wieder ins Sieden geraͤth.
Sollten die Kohlen jezt noch eine zu starke Waͤrme ausstrahlen, so wird der
Schornstein mit dem Dekel Fig. 3, verschlossen, und
somit der Luftzug gehemmt. Der Dekel wird auch aufgestellt, wenn die Maschine nach
ihrem Anbrennen nicht augenbliklich benuzt werden kann, um das zu starke Sieden und
Verdampfen des Wassers zu verhindern. Es ist begreiflich, daß die Kohlen leicht
wieder in lebhaften Brand gerathen, so wie man den Dekel entfernt, oder die
erwaͤhnte Zugroͤhre Fig. 13. aufstellt.
Gewoͤhnlich unterbleibt dieß, und die Zugroͤhre kommt nie mit auf den
Theetisch, sondern wird bloß beim ersten Ansteken der Maschine, was vom
Stubenmaͤdchen in der Kuͤche geschieht, benuzt, und die Maschine mit
kochendem Wasser gleich auf den Theetisch gestellt.
So viel uͤber die Benuzung der russischen Samowars. Sollte Ihnen mit einem Modell gedient seyn, so bin ich gern erboͤtig Ihnen, oder
jedem Anderen dieß gelegentlich zukommen zu lassen.