Titel: Bericht über die neuen von Hrn. Barth erfundenen, durch Drehung wirkenden, Kutschenfedern, abgestattet von Hrn. Mallet im Namen des Comité der mechanischen Künste.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LXI., S. 332
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LXI. Bericht uͤber die neuen von Hrn. Barth erfundenen, durch Drehung wirkenden, Kutschenfedern, abgestattet von Hrn. Mallet im Namen des Comité der mechanischen Kuͤnste. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Janvier 1831. S. 57. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Mallet, Bericht uͤber die neu erfundenen Kutschenfedern. Die Erfindung des Hrn. Barth besteht darin, daß er zur Erzeugung von Kutschenfedern die auf einander gelegten Stahlplatten dreht, statt sie zu biegen. Der Erfinder glaubt durch seine Methode folgende Vortheile zu erhalten: groͤßere Dauerhaftigkeit, sanfteres Haͤngen und Schweben der Kutsche, geringere Kosten, viel groͤßere Leichtigkeit, geringere Gefahr des Umwerfens, weniger haͤufige und zugleich leichter zu bewerkstelligende Reparaturen. Die Commissaͤre des Comité der mechanischen Kuͤnste, die Herren Francoeur und Mallet, welchen auch die HH. Payen, Armonville und Hauptmann Raucourt beigegeben wurden, untersuchten diese, aller Aufmerksamkeit wuͤrdige, Erfindung mit groͤßter Sorgfalt, und zwar theoretisch sowohl als praktisch. Sie fuhren daher zur Vergleichung in Wagen, und zwar in Cabriolets, als Tilbury's und Caleschen, die in gewoͤhnlichen Federn hingen, und in derlei Wagen, an welchen die neuen Federn des Hrn. Barth angebracht waren; das Resultat war, daß sie einstimmig lezteren den Vorzug gaben. Die Idee der Erfindung selbst ist, nach Hrn. Armonville, welchem wir mehrere Repertorien der Kuͤnste und Manufakturen verdanken, worin alle bis zur Stunde bekannt gewordenen Erfindungen verzeichnet sind, ganz neu.Im Polytechn. Journal Bd. XXXVII. S. 190 ist eine ganz aͤhnliche Behandlung der Wagenfedern durch Moses Poole beschrieben. A. d. R. Die Vorrichtungen des Erfinders, um die Drehung seiner Stahlplatten zu bewerkstelligen und sie als Federn zu benuzen, sind sehr einfach und in allen Faͤllen anwendbar. Wir wollen sogleich zur genauen Beschreibung derselben uͤbergehen. Der Erfinder beginnt damit, daß er eine Anzahl von Stahlplatten auf einander legt, welche an Laͤnge, Breite und Dike vollkommen gleich sind. Diese verbindet er durch vierekige, in gehoͤrigen Zwischenraͤumen angebrachte Baͤnder, so daß auf diese Weise ein Buͤndel von Platten entsteht, deren Zahl der Groͤße oder der Last der Wagen und der Kraft der Gegenwirkung angemessen ist, welche man erhalten will. Diese elastischen Buͤndel werden entweder senkrecht, oder parallel mit der Achse des Wagens gestellt; im ersteren Falle werden gewoͤhnlich einer derselben vorne und zwei ruͤkwaͤrts angebracht. Der an dem Vordertheile befindliche Buͤndel wird in der Mitte an das Querholz des Schwangbaumes befestiget, und zwar entweder Innen oder Außen; die beiden Enden desselben werden dann von einem Hebelarme gefaßt, der an dem einen Ende eine Zange bildet, an welcher er mit einem Zapfen versehen ist, der als Stuͤzpunkt dient und sich auf einem Poͤlsterchen dreht, welches an demselben Querholze angebracht ist, waͤhrend er sich an dem entgegengesezten Ende mir einem Gelenke an den Kasten befestiget. Von den beiden, am Hintertheile befindlichen, Buͤndeln wird das eine Ende End gegen End an den Kasten, jedoch umgekehrt, befestigt, waͤhrend das andere Ende eines jeden derselben von einem Hebelarme gefaßt wird. Das eine Ende dieses Hebelarmes, und zwar jenes, welches den elastischen Buͤndel faßt, bildet gleichfalls, wie schon oben gesagt wurde, eine Zange, und ist eben so mit einem Zapfen versehen, der in eine Platte eingreift, welche hier an dem Kasten angebracht ist, und welche auch das entgegengesezte und befestigte Ende des anderen Buͤndels aufnimmt; das andere Ende des Hebelarmes hingegen ist mit einem Gelenke an den Schwangbaum befestigt. Im zweiten Falle, d.h. in jenem, wo die elastischen Buͤndel parallel mit der Achse des Wagens liegen, sind diese Stuͤke, zwei an der Zahl, beilaͤufig von der Laͤnge des Kastens, und in einer bestimmten Entfernung von einander; sie sind immer mit ihrer Mitte an demselben befestigt. Die Hebelarme, welche immer einen rechten Winkel mit den elastischen Platten bilden, stehen jedoch in diesem Falle senkrecht auf der Achse des Wagens. Sie sind an dem einen Ende mit einer Zange und einem Zapfen versehen, und fassen mittelst dieser Zange das Ende des elastischen Buͤndels; waͤhrend ihr anderes Ende sich mit einem Gelenke an den Schwangbaum ansezt; sie haben jedoch noch etwas Eigenthuͤmliches in ihrer Einrichtung, welches bemerkt zu werden verdient. Die Hebelarme endigen sich naͤmlich nicht mit der Zange, sondern sie sind noch in einem bestimmten Maße verlaͤngert, welches von dem Zwischenraume zwischen den Buͤndeln abhaͤngt, und endigen sich mit einer Verzahnung, welche die Bewegung derselben solidarisch macht, und bewirkt, daß der ganze Kasten senkrecht faͤllt und steigt. Ueberdenkt man nun die eben beschriebenen Vorrichtungen, so wird man finden, daß in jedem der angefuͤhrten Systeme das Gewicht des Wagens auf vier Zapfen ruht, die dasselbe auf die Buͤndel elastischer Platten, und von diesen auf den Stuͤzpunkt der Hebelarme uͤbertragen, welche diese Federn fassen, wobei sie die Plattenbuͤndel einer Drehung unterwerfen, deren Winkel mit dem Gewichte des Wagens und dem Zwischenraume zwischen dem Ansazpunkt der Hebel an die Stahlplatten, oder mit der Laͤnge der Hebelarme im Verhaͤltnisse steht. Das Gewicht des Kastens ist daher auf die einzelnen Stuͤzpunkte vertheilt; und da jeder einzelne Theil auf das Ende der Zangen als directe Kraft wirkt, so drehen sich die entsprechenden Platten in einem Grade, welcher mit dieser Kraft und der Laͤnge der Hebelarme im Verhaͤltnisse steht. Es ist ferner angenommen, daß die Laͤnge eines festen Koͤrpers keinen Einfluß auf den Widerstand und die Bruͤchigkeit hat, welche durch die Drehung hervorgebracht werden; je laͤnger der feste Koͤrper ist, um so groͤßer wird bloß der Winkel seyn, um welchen man ihn gedreht haben muß, ehe er bricht. Endlich muß noch bemerkt werden, daß bei der Drehung der Stahlplatten alle parallel laufenden Fasern, woraus diese bestehen, in ihrer ganzen Laͤnge eine sehr gleichmaͤßige Wirkung erleiden. Hieraus nun ergeben sich eine Menge von Schluͤssen zu Gunsten dieses Systemes, seiner Einfachheit, und der Leichtigkeit feiner Anwendung an allen Fuhrwerken. Man kann daher jede beliebige Kraft erschoͤpfen, die durch die Erschuͤtterungen erzeugt wird, welche die an dem beweglichen Ende der Federn angebrachten Zapfen erleiden; denn man kann bewirken, daß die Federn nur eine kaum merkliche Drehung erleiden, oder sie jedem Grade derselben aussezen, dessen sie faͤhig sind. Man braucht naͤmlich zu diesem Behufe nur die Hebelarme, welche die Buͤndel der elastischen Platten fassen, gehoͤrig zu vermindern oder zu vermehren, um nach Belieben die Stoͤße, welche die Reisenden in solchen Kutschen erleiden, zu schwachen; man erhaͤlt endlich auch dasselbe Resultat durch Versezung einiger Bolzen, wobei man sich nach der verschiedenen Last zu richten hat, welche die Wagen zu tragen haben, indem als Grundsaz zu beruͤksichtigen ist, daß die Stoͤße um so schwaͤcher sind, je schwerer die Lasten. Da alle Theile bei dieser Methode die Wagen zu haͤngen, innig mit einander verbunden, und die Veraͤnderungen der Form im ganzen Systeme symmetrisch sind, so erleiden diese Wagen weniger Seitenbewegungen; sie brauchen daher keine Aufzieh- und Haͤngeriemen und werfen nicht so leicht um. Aus der Art, wie die Drehung geschieht, laͤßt sich schließen, daß die Federn weniger Ausbesserungen nothwendig haben und laͤnger dauern werden. Ueberdieß kann man, da die Platten gerade sind, leicht eine solche zum Auswechseln bekommen, im Falle eine derselben brechen sollte, einem Unfalle, der nicht ein Mal hindert, an den naͤchsten Ort zu gelangen, in welchem sich ein Schlosser befindet. Durch Zufall uͤberzeugten sich die Berichterstatter auch hiervon; es stiegen naͤmlich drei Personen in einen, bloß fuͤr zwei gebauten, Tilbury, und eine derselben trieb, auf Verlangen des Commissaͤres, das Pferd in dem Augenblike an, wo man durch einen Bach sezte; dabei brach nun eine Platte, allein dieß hinderte nicht, daß der Tilbury den Versuch vollkommen bestand, und daß er selbst von den zwei anderen gegenwaͤrtigen Mitgliedern neuerdings zu dreien wiederholt wurde. Dieses Haͤngesystem erfordert ferner weniger Stoff, es verzehrt weniger Handarbeit, und gibt eine geringere Last, als jenes der bisher gebraͤuchlichen Federn – Vortheile, die zwar bei leichten Fuhrwerken nicht bedeutend sind, allein bei den großen oͤffentlichen Wagen von Wichtigkeit werden. An dem, von der Commission versuchten Cabriolet verhaͤlt sich das Gewicht des verwendeten Stahles zu dem Gewichte des Stahles eines gewoͤhnlichen Cabriolet's, wie 1 zu 6; das Gewicht des Eisens ist zwar groͤßer, aber die Summe des Gewichtes des Stahles und des Eisens zusammen ist um die Haͤlfte geringer, als an den Fuhrwerken nach alter Bauart. Wir muͤssen endlich noch bemerken, daß wir die Calesche Anfangs mit acht, und dann mit drei Personen versuchten, und daß sie uns in beiden Faͤllen gleich sanft und markig in ihren Bewegungen schien, oder wenigstens keinen merklichen Unterschied darbot; ein Vortheil, der besonders diesem Haͤngesysteme eigen zu seyn scheint. Die Berichterstatter uͤberzeugten sich mithin praktisch und theoretisch, daß die von dem Erfinder angegebenen, und oben angefuͤhrten, Vortheile seiner Methode wirklich erreicht sind, oder erreicht zu seyn scheinen; sie fuͤgen denselben sogar noch folgende hinzu: die neuen Federn lassen sich an jeder Art von Wagen anbringen; sie lassen sich in leichte und zierliche Formen bringen; sie verhindern das Schaukeln und die Seitenbewegungen; sie sind fester und vermindern die Neigung zum Umwerfen; sie koͤnnen an allen Wagen mit alten Federn vortheilhaft statt diesen angebracht werden. Die Commission schlaͤgt daher vor, dem Hrn. Barth fuͤr die Mittheilung seiner Erfindung zu danken, und ihm bei der naͤchsten Preisaustheilung mit einem solchen zu beruͤksichtigen.Seit dem Vortrage dieses Berichtes, zeigte Hr. Mallet der Gesellschaft an, daß Hr. Barth seine Federn noch vereinfacht habe, so daß das Gewicht derselben noch geringer wird. Der Hr. Berichterstatter machte mit mehreren seiner Collegen eine Fahrt von 1 1/2 Stunden in einem Wagen der Compagnie Armand, Lecomte, und vergleicht das Gefuͤhl, welches er dabei hatte, mit jenem, welches das Schaukeln einer Barke hervorbringt. Die Postillons fuhren nach allen Richtungen in gestrektem Trotte durch die Baͤche, ohne daß die Personen im Wagen irgend einen Stoß gefuͤhlt haͤtten, und ohne daß die Federn die geringste Veraͤnderung erlitten. A. d. O. Beschreibung der, nach der Erfindung des Hrn. Barth aufgehaͤngten Wagen. Taf. VII. Details der Federn und der Vorrichtungen, um sie an den verschiedenen Arten von Wagen zu befestigen. Fig. 1. Federn eines Tilbury im Grundrisse. Fig. 2. Dieselben, von Hinten gesehen, mit ihren Hebelarmen und Ansazpunkten. Fig. 3. Federn des Hintertheiles eines Cabriolet's, im Grundrisse. Fig. 4. Federn des Vordertheiles desselben. Fig. 5. Federn einer Calesche im Grundrisse. Fig. 6. Details der Hebel, der Schwanenhaͤlse und der Klammerhaken, welche sowohl an dem Cabriolet als der Calesche gleich sind. Fig. 7. Befestigungspunkt der Mitte der Federn an einer Calesche. An allen Figuren dieser Tafel sind die Plattenbuͤndel mit den Buchstaben aa, die festen Stuͤzen mit bb, die Zangen oder Hebelarme, welche die Platten bei den Zapfen drehen, mit cc, ihr Ansazpunkt an dem Gelenke mit dd, der Schwanenhals, welcher der Calesche und dem Cabriolet als Stuͤze dient, mit ee bezeichnet. Fig. 8. Calesche im Seitenaufrisse, mit zwei quer gestellten Plattenbuͤndeln, welche unveraͤnderlich an ihrer Mitte befestiget sind, wie man es an b Fig. 5. Taf. VII. sieht. Diese Vorrichtung gibt dem Gewichte des Kastens 4 elastische Stuͤzen. Fig. 9. Cabriolet, auf dieselbe Weise eingerichtet, mit Schwanenhals und Gelenken. Fig. 10. Tilbury im Seitenaufrisse. Fig. 11. Der Kasten desselben von Hinten gesehen. Dieser Tilbury hat zwei Plattenbuͤndel aa, Fig. 10., welche der Laͤnge nach gestellt, und bei b in der Mitte befestiget sind; sie werden durch die Hebelarme c an ihren Enden zum Drehen gebracht. Diese beiden Hebelarme sind es, deren Bewegungen durch die, an ihrem Ende befindliche, und aus zwei Eingriffen oder Getrieben bestehende, Verzahnung solidarisch gemacht werden. Wegen dieser Verzahnung, die an Fig. 11. von dem Stuͤke b verdekt, und daher unsichtbar ist, kann der Kasten nicht umfallen, und muß bei allen seinen Bewegungen immer mit sich parallel bleiben. Fig. 12. Cabriolet mit drei quer gestellten Plattenbuͤndeln, von welchen zwei am Hintertheile, und einer am Vordertheile (siehe Fig. 3 und 4.); ein Ende der Hinteren greift in eine Platte b, welche am Kasten befestiget ist, und das andere Ende wird von der Zange der Hebel c gefaßt, welche die Buͤndel zu drehen suchen: Der vordere Buͤndel, Fig. 4., ist an seiner Mitte in b befestiget, und seine Enden werden von zwei Hebelarmen gefaßt, welche gleichfalls jeden freien Punkt des Buͤndels zu drehen suchen. Dieses Cabriolet ist wie jenes Fig. 11. eingerichtet, aber ohne Schwanenhals; der Ansazpunkt mit dem Gelenke ist unmittelbar an das Hintere Querholz befestiget; der Ramskopf f ist nur zur Zierde angebracht.

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