Titel: | Ueber den Steinstich, über das Auftragen der Schwärze auf die Steinstiche, über das Abziehen der Abdrüke und über die Vorsichtsmaßregeln, welche man bei diesen verschiedenen Arbeiten zu befolgen hat. Von A. Chevallier, Chemiker und Apotheker. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LXXIX., S. 412 |
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LXXIX.
Ueber den Steinstich, uͤber das Auftragen
der Schwaͤrze auf die Steinstiche, uͤber das Abziehen der Abdruͤke
und uͤber die Vorsichtsmaßregeln, welche man bei diesen verschiedenen Arbeiten zu
befolgen hat. Von A.
Chevallier, Chemiker und Apotheker.
Aus den Annales de l'Industrie etc. T. VI. N. IV, V,
VI. S. 260.
Chevallier, uͤber den Steinstich und uͤber das
Auftragen der Schwaͤrze auf die Steinstiche etc.
Da wir von mehreren Seiten um genaue Aufschluͤsse uͤber den Steinstich
angegangen wurden, so hielten wir es fuͤr nuͤzlich einige
Untersuchungen uͤber diese Kunst anzustellen. Die Resultate, welche wir
erhielten, und welche wir groͤßten Theils mit Hrn. Langlumé in seinen Werkstaͤtten praktisch pruͤften,
ehe wir sie bekannt machten, legen wir hiemit dem Publicum vor.
Der Steinstich, welcher in Deutschland schon seit langer Zeit betrieben wurde, kam
erst im Jahre 1804 durch Hrn. André, welcher um
diese Zeit ein Einfuͤhrungs-Patent auf denselben fuͤr 10 Jahre
erhielt, nach Frankreich. Diese Kunst gruͤndet sich darauf, daß die
Kalksteine, welche man dazu verwendet, mit Saͤuren aufbrausen, und von
denselben an allen jenen Stellen zersezt werden, welche nicht mit Substanzen
uͤberzogen sind, die den Stein gegen diese Einwirkung der Saͤuren zu
schuͤzen vermoͤgen. Sie zeigt sich besonders nuͤzlich zum
Abdruken von Schriften, Landcharten, Aufschriften, zu
Bilderhaͤndler-Arbeiten etc. In Deutschland wird unendlicher und vortheilhafter
Gebrauch von denselben gemacht, waͤhrend sich in Frankreich nur eine einzige
Anstalt, jene des Hrn. Knetch (des Nachfolgers des Hrn.
Senefelder), befindet, in welcher man sich speciell
mit dem Steindruke beschaͤftigt. In dieser Anstalt wird auch
gegenwaͤrtig ein großes Werk ausgefuͤhrt, in welchem alle Pflanzen
Brasiliens abgezeichnet werden sollen. Unter den Kuͤnstlern Frankreichs,
welche sich vorzuͤglich mit Lithographie beschaͤftigen, muͤssen
wir besonders folgende anfuͤhren: 1) Hrn. Roux den
aͤlteren, der mittelst einer eigenen Maschine Striche von der groͤßten
Feinheit erhaͤlt, welche mit jenen, die man in den besten Kupferstichen in
Darstellung des Himmels bewundert, wetteifern;Es wurde seither von jemandem, dessen Namen mir unbekannt ist, eine neue
Maschine erfunden, welche den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit
besizt, und mit welcher man Linien auf dem Steine erhalten kann, die nach
allen Richtungen laufen, und sogenannte Moirés bilden. A. d. O. 2) Hrn. Laurent, einen jungen Kuͤnstler,
dem wir einen Plan von Algier, eine Charte der Reisen der Apostel und andere
Steindruͤke verdanken, die den vollen Beifall der Kunstkenner erhielten.Hr. Laurent, welcher in der Rue des Boucheries-Saint-Germain N. 52. wohnt, hatte
die Guͤte uns alle Aufschluͤsse zu geben, welche uns
noͤthig waren, und welche er zu geben im Stande war. A. d. O. An Paulmier verlor die Kunst einen Mann, der in
derselben bereits den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit erreicht hatte, und
welcher dieselbe sicher noch mit weiteren Fortschritten bereichert haben
wuͤrde. Er beschaͤftigte sich vorzuͤglich mit Topographie; die
Landcharten, welche wir von ihm haben, lassen Nichts weiter zu wuͤnschen
uͤbrig; es ist daher sehr zu bedauern, daß dieser gelehrte Kuͤnstler
nur wenige Zoͤglinge hinterließ.Paulmier wurde, da er in Frankreich nicht so viel
Gewinn erringen konnte, daß er von seiner Kunst mit Gemaͤchlichkeit
zu leben im Stande war, von dem Koͤnige der Niederlande nach Belgien
gerufen, wo ihm eine aͤußerst wichtige topographische Arbeit
anvertraut wurde, die er jedoch nicht vollendete. Ein ungluͤklicher
Fall, den er in seinen Werkstaͤtten that, entriß ihn naͤmlich
zu fruͤh der Kunst, welche er mit so ausgezeichnetem Erfolge
ausuͤbte, und einigen Zoͤglingen, die mit ihm Alles
verloren.
Senefelder war der erste, welcher das Verfahren bei der
Lithographie beschrieb; sein Verfahren wurde jedoch im Laufe der Zeit
abgeaͤndert. Die Methoden, welche gewoͤhnlich befolgt werden, sind
folgende. Man traͤgt auf dem gut polirten Steine eine duͤnne Schichte
Gummi auf, welcher mit Salpetersaͤure versezt ist, die bis zur Staͤrke
des Essigs und so verduͤnnt ist, daß nur ein leichtes Aufbrausen entstehen
kann; hierauf waͤscht man denselben mit viel Wasser und troknet ihn ab; dann
traͤgt man eine Schichte reinen und etwas diken Gummi auf, die man troken
werden laͤßt, und welche so lang als moͤglich auf dem Steine bleiben
muß; hierauf waͤscht man ihn neuerdings ab und troknet ihn wieder. Wird er hierbei an allen
Stellen zu gleicher Zeit troken, so kann man uͤberzeugt seyn, daß der Stein
vollkommen gummirt ist; ist dieß hingegen nicht der Fall, so muß man die Operation
wiederholen; denn ein schlecht gummirter Stein nimmt das Roth und das Schwarz nicht
gehoͤrig auf, und hat harte und schwer zu
bearbeitende Stellen.
Andere Graveurs hingegen befolgen nachstehendes Verfahren. Man nimmt einen gleichen
und harten Stein und polirt ihn vollkommen mit Bimsstein; ist er gut gebimst, so
saͤuert man ihn, als waͤre eine Zeichnung darauf, gummirt ihn und
laͤßt ihn 25–30 Minuten ruhen; hierauf waͤscht man ihn wieder,
laͤßt ihn einen Augenblik abtropfen, und gummirt ihn dann zum zweiten Male
mit einem Schwamme, wobei man dafuͤr zu sorgen hat, daß man die Schichte
Gummi nicht zu dik macht, indem sonst der Grabstichel schwer wirken, ausgleiten und
den Stein nicht erreichen wuͤrde. Die Schichte darf daher bloß so stark seyn,
daß die Hand dieselbe beim Aufstuͤzen nicht ganz wegnimmt, und daß der Hauch
des Athems sie nicht aufweicht. Wenn die Gummi-Schichte troken geworden, was
sehr schnell erfolgt, so schwaͤrzt oder roͤthet man dieselbe (nach
Belieben des Kuͤnstlers), indem man Roͤthelpulver, Zinnober oder
Kienruß darauf wirft, und diese Farben durch leichtes Reiben mit etwas Baumwolle auf
der ganzen Oberflaͤche des Steines ausbreitet. Diese Faͤrbung ist
darum nothwendig, damit der Graveur die Arbeit bemerken kann, welche er mit seiner
Nadel hervorbringt. Hierauf schreitet man zum Durchpausen oder Calkiren der
Zeichnung, wobei man sich einer entgegengesezten Farbe, d.h. einer solchen bedient,
welche von jener, die man zuerst auf den Gummi auftrug, absticht. Dann macht man den
Gegenabdruk dieser Zeichnung, wozu man sich einer an der Spize runden Nadel bedient,
um die Gummi-Schichte und den Stein nicht zu zerkrazen. Man kann die
Zeichnung auch auf den Stein zeichnen, ohne daß man durchzupausen und folglich einen
Gegendruk zu machen braucht. Wenn der Gegenabdruk fertig, oder die Skizze mit dem
Zeichenstifte gemacht ist, so macht der Zeichner mit Nadeln oder Grabsticheln von
verschiedenen Arten seine Zeichnung, welche erscheinen muß, um von der schwarzen
oder rothen, mit Gummi aufgetragenen, Schichte abzustechen. Hierbei hat man
vorsichtig darauf zu achten, daß man die Linien, welche zart seyn muͤssen,
nicht zu tief aushoͤhlt, indem sonst die Zeichnung beim Abdruken ausbleibt,
weil das Papier nicht bis auf den Grund dieser Linien eindringen, und mithin die
Drukerschwaͤrze nicht aufnehmen wuͤrde.Diese Striche muͤssen jedoch tief genug seyn, denn die feinen
Theile
einer Zeichnung wuͤrden sonst durch die Arbeit bei dem Austragen der
Schwaͤrze und bei dem Abziehen wenigstens in dem Falle verschwinden,
wenn man sich keiner Walze zum Auftragen der Schwaͤrze bedient. Die
Anwendung der Walze ist jedoch von einigen beruͤhmten Drukern ganz
verbannt, so daß nichts uͤbrig bleibt als den Stein stark
anzugreifen, ohne deßhalb zu tiefe Striche zu machen. Die breiten Striche macht man entweder mit Grabsticheln, welche die ganze
Breite derselben auf Ein Mal hervorbringen, oder mit feinen Nadeln und Grabsticheln,
indem man die Striche oͤfter wiederholt. In dem Maße als man gravirt,
entsteht ein weißer Staub, der von dem Steine herruͤhrt, und welchen man
entweder mit einer kleinen Buͤrste, oder mit einem Abpuzpinsel, oder mit
einem Blasebalge zu entfernen hat. Man soll sich, so wenig als moͤglich, des
Mundes bedienen um diesen Staub wegzublasen, denn man koͤnnte dadurch leicht
der Arbeit einen Grad von Feuchtigkeit geben, der ihr schaden moͤchte, wenn
die durch den Athem befeuchtete Stelle absichtlich oder zufaͤllig gerieben
und abgetroknet wuͤrde. Es kann beim Blasen mit dem Munde auch leicht etwas
Speichel auf den Stein fallen, welcher, wenn er auf einen bereits gravirten Theil
fiele, an diesem die Aufnahme der Schwaͤrze verhindern wuͤrde, so daß
sich auf dem Abdruke weiße Fleken statt der schwarzen Striche zeigen
muͤßten.
Man muß sich beim Zeichnen und Stechen auf Stein waͤhrend der Arbeit wohl in
Acht nehmen, daß kein fetter Koͤrper auf denselben kommt, und nicht ein Mal
die Haͤnde unmittelbar darauf bringen; denn, wenn der Stein mit Fett, Oehl
etc. beschmuzt wurde, so wird die Arbeit sehr schwierig, die Nadel gleitet leicht
ab, und veranlaßt dadurch falsche Zuͤge und andere unangenehme
Zufaͤlle; uͤberdieß kann die Gummi-Schichte auch, da sie sehr
duͤnn ist, leicht von dem fetten Koͤrper durchdrungen werden, wodurch
beim Abziehen Fleken entstehen wuͤrden. Sollte Oehl auf eine vollkommen
beendigte Arbeit gerathen, so darf man sich dadurch nicht beunruhigen lassen denn,
wenn man dasselbe gleich abwischt, so entsteht weiter kein Nachtheil. Wir verdanken
diese Nachweisung Hrn. Laurent, welchem dieser Unfall
begegnete, und welcher ihn unter Beobachtung der gehoͤrigen
Vorsichtsmaßregeln ganz unschaͤdlich machte. Nicht so verhaͤlt es sich
aber mit den kleinen Schuppen, die aus den Haaren herabfallen; diese veranlassen
schwarze Punkte, welche man zuweilen auf dem Steine bemerkt, wenn man zum ersten
Male die Schwaͤrze darauf bringt; man kann jedoch auch diese kleinen Fleken
beseitigen, wenn man dieselben mit einem Pinsel beruͤhrt, der in mehr oder
weniger verduͤnnte Saͤure getaucht ist. Man muß auch
sorgfaͤltig verhuͤten, daß Wasser auf den Stein falle, oder daß
derselbe auf irgend eine andere Weise naß wird, indem das Wasser den Gummi
aufloͤsen, die Gummi-Aufloͤsung sich in die Striche der Zeichnung hineinsezen, und
den Gummi darin zuruͤklassen koͤnnte, wodurch dieselben zur Aufnahme
der Schwaͤrze unfaͤhig wuͤrden.
Das Steinstechen hat bei kaltem Wetter einige Schwierigkeiten; der Stein, welcher
kaͤlter ist als die Temperatur des Ortes, an welchem er sich befindet, bedekt
sich mit Wasser, welches den Gummi aufloͤst, und Zufaͤlle veranlaßt,
die der Arbeit hinderlich sind. Man muß daher, um diesem Nachtheile zuvorzukommen,
seinen Stein an einem Orte halten, der dazu bestimmt ist die Temperatur dieses
Steines zu erhoͤhen, so daß das Wasser sich nicht auf seiner
Oberflaͤche verdichten, die Gummi-Schichte aufloͤsen und
dadurch die Arbeit des Kuͤnstlers zerstoͤren kann.
Von den Verbesserungen oder Correctionen.
Es ist sehr schwer die falschen Striche auszubessern, welche dem Graveur
waͤhrend seiner Arbeit entschluͤpft seyn konnten. Wenn der Stein schon
gestochen ist, so ist man, um diese Verbesserungen anzubringen, gezwungen zu
radiren; man erzeugt dadurch eine Concavitaͤt, in welche man neuerdings einen
Theil der Zeichnung zeichnet, der jedoch beim Abziehen schwerer zum Vorschein kommt,
und der zuweilen gar nicht erscheint, wenn man nicht alle Vorsicht beobachtet. Um
diese große Unannehmlichkeit zu vermeiden, muß man nur sehr leicht auskrazen, und
von weitem her und allmaͤhlich damit anfangen, damit kein Loch, sondern bloß
eine wenig kennbare und kaum merkliche Vertiefung entstehe. Ist das Auskrazen
geschehen, so bedient man sich der Saͤure mit Gummi gemischt, der
Schwaͤrze oder des Roͤthels,Man sezt Schwaͤrze oder Roͤthel zu, um die Mischung etwas diker
zu machen, und um dadurch zu verhindern, daß die Saͤure nicht auch in
jene Striche dringt, welche sich zunaͤchst an den ausgebesserten
befinden. A. d. O. je nachdem man diese oder jenen angewendet hat, und traͤgt dieselben
auf jenen Stellen auf, welche man ausloͤschen will. Waren diese Stellen nur
leicht gravirt, so kann man neuerdings auf dieselben graviren, wobei man sich nur so
viel als moͤglich zu huͤten hat, nicht in die alten Striche zu
verfallen. Soll an die ausgekrazte Stelle keine Zeichnung mehr kommen, so braucht
man bloß ein wenig von der sauren Fluͤssigkeit darauf zu bringen, um zu
bewirken, daß die ausgeloͤschten falschen Striche bei dem Abziehen keine
Farbe annehmen. Will man groͤßere Stellen retouchiren, oder einen Theil der
Zeichnung ausloͤschen, und sie durch eine neue ersezen, so ist es besser,
dieß erst nach dem Auftragen der Schwaͤrze auf den Stein zu thun, wobei man
jedoch jedes Mal diese Stelle vorher brennen soll; denn
die Schwaͤrze wuͤrde die Ausbesserung schwieriger machen, so daß man
gezwungen waͤre, die Stelle tiefer auszuhoͤhlen. Ist die Schwaͤrze aufgetragen, so
laͤßt sich die Stelle, an welcher die Zeichnung verbrannt wurde, leichter
bimsen, weil die Zeichnung das Wasser gar nicht mehr und die verduͤnnte
Saͤure nur wenig fuͤrchtet, wenn man dieselbe nicht zu lang auf dem
Steine laͤßt.
Von dem Auftragen der Schwaͤrze auf den gravirten
Stein.
Ehe man zum Auftragen der Schwaͤrze schreitet, muß man sich
uͤberzeugen, daß der Stein nicht feucht ist. Befindet sich derselbe in
gehoͤrigem Zustande, so nimmt man Schwaͤrze, die mit einem leichten
Firnisse zubereitet wurde (die Tinte, deren man sich zum Schreiben bedient), sezt
ihr etwas Talg und Lampenschwarz zu, und reibt das Ganze auf einer Marmorplatte mit
einem Messer, welches den Namen Farbenbrettmesser (couteau
à palette) fuͤhrt, gut ab. Einen Theil dieser
Schwaͤrze traͤgt man so schnell als moͤglich auf die ganze
Oberflaͤche des Steines auf, wozu man sich eines groben Mahlerpinsels
bedient, um dieselbe in die Striche der Zeichnung eindringen zu machen; hierauf
nimmt man ein Stuͤk Flanell, welches in Gummiwasser getaucht wurde, und reibt
damit sachte die Oberflaͤche des Steines, wodurch alles Schwarze und Rothe
auf demselben verschwindet. Die Zeichnung, die sich bisher weiß auf einem
gefaͤrbten Grunde zeigte, zeigt sich nun schwarz auf weißem Grunde. Man
befolgt zuweilen auch folgendes Verfahren: man traͤgt auf den gravirten Stein
zuerst eine Schichte Oehl auf, auf welche Einige sogleich die Schwaͤrze
bringen, waͤhrend Andere das Oehl mehrere Stunden lang ohne allen Nachtheil
auf der Zeichnung lassen, wenn der Stein so zubereitet wurde, wie wir es oben
erklaͤrten. Um die Schwaͤrze auf den Stein aufzutragen, bedient sich
der Arbeiter einer feinen Buͤrste, welche jenen Buͤrsten
aͤhnlich ist, deren man sich bedient um der sogenannten englischen Wichse
Glanz zu geben. Nach dem Auftragen der Tinte wischt man den Stein zuerst mit einem
feuchten Lumpen, und dann mit einem Filzballen ab, wobei man denselben mit einigen
Tropfen Wasser besprengt.
Von dem Abdruke des Steinstiches.
Diese Art von Druk erheischt, ungeachtet sie sehr leicht ist, doch viele Uebung; sie
wird, wie bereits gesagt, vorzuͤglich in Deutschland betrieben, und man
fuͤhrt dort Werke von der groͤßten Schoͤnheit mit derselben
aus. Schriften, Zeichnungen oder Steinstiche und lithographirte Landcharten, welche
Hr. Baron v. Ferussac im Jahre 1829 aus Deutschland
zuruͤkbrachte, und welche beinahe nichts zu wuͤnschen uͤbrig
lassen, uͤberzeugten uns von dem Grade der Vollkommenheit, welchen diese
Kunst in jenem Lande erreicht hat. Man hat bei diesem Druke, wie bei jedem anderen,
vorzuͤglich auf die Guͤte der Tinte oder Schwaͤrze zu sehen,
denn von dieser haͤngt die Schoͤnheit der Abdruͤke und die
groͤßere oder geringere Leichtigkeit des Abziehens derselben ab. Die hierzu
am besten geeignete Schwaͤrze wird auf folgende Weise bereitet. Man nimmt von
dem schwachen Firnisse, der zum Druke von Federzeichnungen oder Schriften dient, und
mischt diesen mit calcinirtem Lampenschwarz, indem man das Ganze mittelst eines
Laͤufers gut abreibt; dann sezt man, wenn man will, noch etwas arabischen
Gummi, der in einer sehr geringen Menge Wassers aufgeloͤst worden, zu;Wir koͤnnten uns nicht Rechenschaft uͤber die Wirkung des Gummi
bei dieser Bereitung geben; die Deutschen sezen denselben ihrer
Schwaͤrze zu, wir befinden uns hingegen bei diesem Zusaze nicht
besser. man huͤte sich aber, nicht zu viel davon zu nehmen, damit man beim
Mischen der Gummi-Aufloͤsung mit dem Firnisse keine Schwierigkeiten
hat. Ist die Schwaͤrze fertig, so wird sie auf folgende Weise aufgetragen.
Man hat mehrere Lumpen; mit dem ersten macht man den Stein feucht und wischt ihn ab;
mit dem zweiten nimmt man die Farbe, die Schwaͤrze, und breitet sie auf der
Oberflaͤche des Steines aus, wobei man vorzuͤglich die gravirten
Striche so reibt, daß die Farbe in alle diese Striche eindringt; mit dem dritten
endlich, welcher in Gummiwasser getaucht wurde, entfernt man sorgfaͤltig alle
uͤberschuͤssige Schwaͤrze. Ist diese leztere Operation
geschehen, so nimmt man wieder den ersten Lumpen, und reinigt damit den Stein. Sind
diese Lumpen durch die Farbe schwarz geworden, so nimmt man andere und laͤßt
dieselben reinigen; der Gebrauch von schmuzigen Lumpen ist durchaus zu untersagen,
indem sonst der Stein sehr leicht nicht rein genug wird, und daher die
Abdruͤke Fleken bekommen.
Bei dem ersten Abziehen einer Zeichnung ist der Stein schwerer zu reinigen, weil
seine Oberflaͤche, welche noch nicht vollkommen zugerichtet ist, leicht
Schwaͤrze annimmt und schmuzig wird. Man muß daher hier mehrere Lumpen
anwenden, welche mit Gummiwasser getraͤnkt sind. Nach einigen
Abdruͤken polirt sich aber der Stein von selbst, so daß er sich beinahe gar
nicht mehr schwaͤrzt, und dann ist der Druk leichter.
Es gibt noch andere Manieren die Schwaͤrze aufzutragen; zu Paris bedient man
sich sehr haͤufig folgender. Man nimmt einen Tupfballen, beladet ihn mit
Schwaͤrze, und traͤgt so die Farbe auf den Stein auf, indem man alle
gravirten Stellen betupft; dann befeuchtet man die Oberflaͤche des Steines
mit Wasser, und laͤßt eine Walze daruͤber gehen, um den
groͤßeren Theil der Schwaͤrze, welche auf den ebenen Flaͤchen des
Steines zuruͤkblieb, wegzunehmen. Ist dieß geschehen, so reinigt man den
Stein.
Man kann sich, um die Schwaͤrze auf die gravirten Steine aufzutragen, statt
des Tupfballens, auch einer kleinen vierekigen Tafel bedienen, uͤber welche
man ein Stuͤk Flanell festgespannt hat, das an den Raͤndern angenagelt
ist. Diese kleine Tafel ist mit einer Handhabe versehen; sie wird bei ihrer
Anwendung bald rechts, bald links gedreht. Die Schwaͤrze, welche sich auf dem
Flanell befand, dringt in die Striche und schwaͤrzt sie, worauf dann der
Stein auf obige Weise gereinigt wird. Diese und die vorhergehende Methode sind zum
Abdruken von gewoͤhnlichen Zeichnungen geeigneter und einfacher; die Arbeiter
beschmuzen sich dabei die Finger nicht, was bei der Anwendung der Lumpen nothwendig
geschehen muß.
Wenn man die Zeichnung auf dem Steine abdrukt, so darf man, nachdem man einige
Abdruͤke abgezogen, sich nicht weiter des Tupfballens bedienen; man wendet
dann bloß die Schwaͤrzwalze an.
Ist die Farbe auf den Stein aufgetragen, so schreitet man zum Abziehen der
Abdruͤke, wobei man vorzuͤglich darauf zu sehen hat, daß dieselben
rein und gut gefaͤrbt, und daß die Striche alle gleichmaͤßig schwarz
sind. Der Abdruk wird sehr schwierig, wenn die Striche oder Buchstaben breit und
tief gravirt sind; denn in diesem Falle nehmen dieselben nur an den Raͤndern
die Schwaͤrze an, so daß man Linien und Buchstaben mit doppelten Strichen,
welche in der Mitte weiß sind, erhaͤlt. Zum Schwaͤrzen solcher Striche
oder Buchstaben kann man sich daher der Walze nicht bedienen, sondern man muß, um
dem erwaͤhnten Uebelstande zu entgehen, zu der Tafel mit Flanell seine
Zuflucht nehmen, welche besser als der Tupfballen schwaͤrzt, wenn man
dieselbe, waͤhrend man darauf druͤkt, von Rechts nach Links, und von
Links nach Rechts dreht, so daß die Schwaͤrze gut eindringt.
Das Papier, welches zum Abziehen der Steinstiche genommen wird, muß mehr genezt seyn,
als jenes, welches man zum Abdruken von Zeichnungen nimmt, indem das Papier in die
Striche im Steine eindringen muß; man muß daher auch den Grad des Drukes beim
Abziehen derselben erhoͤhen, und diese Erhoͤhung des Drukes muß mit
der Groͤße und Consistenz des Steines im Verhaͤltnisse stehen.
Der Arbeiter, den man zum Druken mit der Walze verwendet, muß sehr geschikt seyn; er
muß die Walze nach allen Richtungen wirken lassen, damit alle Striche
geschwaͤrzt werden. Mit dieser Art zu druken erhaͤlt man in einer
gegebenen Zeit eine groͤßere Menge von Abdruͤken; auch ist der Stein
im Stande ein laͤngeres Abziehen hierbei auszuhalten, indem er weniger
gerieben wird. Hat man jedoch kostbare Steinstiche abzuziehen, so ist es besser,
wenn man sich der Lampen bedient, denn die Abdruͤke, welche man auf diese Weise
erhaͤlt, sind schoͤner und besser gefaͤrbt. Damit hierbei das
Papier nicht beschmuzt wird, sollen sich die Druker kleiner, in der Mitte
zusammengefalteter vierekiger Papiere bedienen, welche beim Einlegen des
Drukpapieres zwischen dieses und die Finger des Drukers gebracht werden. Diese
Papierchen nennt man in Frankreich pouces (Daumen).
Von den Verbesserungen, den Unfaͤllen, welche sich beim
Auftragen der Schwaͤrze auf einen Steinstich ereignen koͤnnen, und
von den Mitteln denselben abzuhelfen.
Wenn der erste Abdruk eines Steinstiches abgezogen ist, so bemerkt man zuweilen, daß
einige Verbesserungen an demselben noͤthig sind; man sieht z.B., daß Linien
ausgeblieben sind, daß andere Linien doppelt, oder Worte falsch geschrieben sind,
etc. Gesezt nun, es sey ein Wort falsch geschrieben, oder ein Theil der Zeichnung zu
aͤndern, so krazt man die Stelle, an welcher sich das Wort oder jene Theile
der Zeichnung befinden, ab, indem man dabei von weitem her anfaͤngt, damit
der Stein nicht an einem einzigen Punkte ausgehoͤhlt werde. Ist das Abkrazen,
mit Beihuͤlfe eines in die saure Fluͤssigkeit getauchten Pinsels,
geschehen, so beruͤhrt man die abgekrazte Stelle, gummirt sie, laͤßt
sie troknen, schwaͤrzt sie und gravirt sie neuerdings auf die oben
beschriebene Weise. Will man eine Linie entfernen, so reicht dazu ein Ueberstreichen
mit verduͤnntem Scheidewasser, verduͤnnter Salpetersaͤure,
Phosphorsaͤure oder Schwefelsaͤure hin. Alle diese Ausbesserungsmittel
sind jedoch nicht ohne Unannehmlichkeiten und Nachtheile; oft gibt die, durch das
Abkrazen ausgehoͤhlte, Stelle beim Abziehen nicht die neue Zeichnung, indem
der Rechen beim Abdruken das Papier nicht mehr in den tieferen Theil des Steines
hinlaͤnglich einzudruͤken im Stande ist. Die Société d'encour., welche diese Schwierigkeiten erkannt hat,
hat daher in ihrer Sizung vom 3. Dec. 1828 demjenigen Kuͤnstler einen Preis
von 1000 Fr. ausgesezt, der ein einfaches und leichtes
Verfahren angeben wuͤrde, nach welchem Steinstiche verbessert oder
corrigirt werden koͤnnten, welches den Vorzug vor den bereits
uͤblichen Methoden verdienen wuͤrde, und welches sich sowohl bei
den kleineren als bei den groͤßeren Theilen der Zeichnung anwenden
ließe. Es scheint mir zweifelhaft, daß dieser Preis je errungen werden
kann, wenigstens muß ich dieses aus der großen Zahl von Versuchen schließen, welche
ich ohne Erfolg machte. Die Entdekung eines Verfahrens, welches des Preises
wuͤrdig waͤre, wuͤrde aber allerdings jenen, die sich mit dem
Steinstechen beschaͤftigen, und ihrer ganzen Kunst unendlichen Vortheil
gewaͤhren.
Es geschieht beim Steindruke zuweilen, daß, wenn man den Stein mit der fetten Farbe
schwaͤrzt, um in alle die gravirten Striche einzudringen, die
Oberflaͤche des Steines, welche mit Gummi uͤberzogen war, Farbe
annimmt, uͤberall fett wird, und eine grauliche Farbe erhaͤlt. Manch
Mal zeigen sich auch bloß einzelne Linien in verschiedenen Richtungen. Diese Fehler
ruͤhren davon her, daß man 1) beim Auftragen der Schwaͤrze auf die
gravirten Linien waͤhrend des Reibens zu fest angehalten hat, wodurch die
Gummischichte, die an verschiedenen Stellen mehr oder weniger dik seyn konnte, ganz
oder theilweise entfernt wurde; 2) daß die fette Schwaͤrze kleine
Sandkoͤrner enthielt, welche beim Reiben Striche auf dem Steine erzeugten,
die Schwaͤrze eben so gut aufnehmen, wie die gravirten Striche selbst; 3) daß
die fette Schwaͤrze zu lange Zeit auf dein Steine blieb und die Gummischichte
durchdrang, so daß der Stein auf seiner Oberflaͤche fett wurde. Einigen
dieser Nachtheile kann man auf folgende Weise vorbeugen und abhelfen. Wenn ein Stein
fett wird, so kann man das Fett durch Terpenthingeist wegschaffen, worauf man
denselben sorgfaͤltig mit einem Lumpen abwischen muß, der leicht in Wasser
eingetaucht wurde. Sollte die grauliche Farbe auf diese Weise nicht vollkommen
entfernt werden, so muͤßte man dem Gummiwasser, in welches der Lumpen, der
zum Abwischen des Steines gehoͤrt, getaucht wird, etwas Essig zusezen. Ist
die Farbe beseitigt, so laͤßt man die Schwaͤrzwalze uͤber den
Stein gehen, um sich zu uͤberzeugen, daß die Farbe ganz verschwunden ist.
Bemerkt man nun keine Fleken mehr, so gummirt man den Stein, und laͤßt ihn
einige Stunden ruhen, worauf man mit dem Abziehen der Abdruͤke
fortfaͤhrt, und sich dazu einer sehr festen Schwaͤrze bedient. Sollte
die Farbe wieder erscheinen, so muͤßte man das so eben angegebene Verfahren
noch ein Mal wiederholen. Wurde der Stein waͤhrend des Auftragens der
Schwaͤrze von Sand gerizt, so ist es fast unmoͤglich diese Striche zu
beseitigen, besonders wenn sich dieselben in der Arbeit selbst befinden. Es ist dieß
daher ein Grund mehr, daß der Druker ja nie eine Schwaͤrze anwenden soll, von
welcher er nicht ganz sicher ist, daß sie keine sandigen Theile enthaͤlt.
Befinden sich die gekrazten Striche auf dem unbearbeiteten Theile des Steines, so
kann man dieselben durch eine mehr oder weniger concentrirte Saͤure
entfernen.
So weit reichen unsere Erfahrungen uͤber den Steinstich und den Abdruk der
Steinstiche; uͤber eine Kunst, welche sich im Interesse der Industrie
Frankreichs noch allgemein in unserem Lande verbreiten wird und muß.