Titel: | Ueber verschiedene Eigenschaften der Kohlen bei ihrer Anwendung zur Bearbeitung des Zukers, von Hrn. Dubrunfaut. |
Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LXXXII., S. 434 |
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LXXXII.
Ueber verschiedene Eigenschaften der Kohlen bei
ihrer Anwendung zur Bearbeitung des Zukers, von Hrn. Dubrunfaut.
(Aus dem Agriculteur-Manufacturier. 1831. Bd. II. S. 206.)
Dubrunfaut, uͤber die Eigenschaften der Kohlen bei ihrer
Anwendung zur Bearbeitung des Zukers.
Die entfaͤrbende Eigenschaft der Kohle, welche von Lowitz entdekt wurde, schien bisher ausschließlich alle Chemiker zu
beschaͤftigen, welche Versuche uͤber die Anwendung derselben zur
Bearbeitung des Zukers anstellten. Die anderen Eigenschaften dieser
nuͤzlichen Substanz wurden nicht gehoͤrig gewuͤrdigt und auf
diese wollen wir nun die Aufmerksamkeit der Fabrikanten lenken.
Die Gesellschaft der Pharmacie zu Paris schrieb einen Preis auf die beste Abhandlung
uͤber die entfaͤrbende Eigenschaft der Kohle aus, woruͤber die
HHrn. Bussy
Die Abhandlung des Hrn. Bussy findet sich im
polytechn. Journal Bd. IX. s. 212.
A. d. R. und Payen die beste Arbeit lieferten.
Aus derselben ging unter anderen wichtigen Thatsachen hervor: 1) Daß die
entfaͤrbende Eigenschaft der Kohlen hauptsaͤchlich von dem Kohlenstoff
abhaͤngt. 2) Daß die Lage der Kohlen-Molecule und die Gegenwart
fremdartiger Substanzen einen wesentlichen Einfluß darauf haben. So entfaͤrbt
die matte Kohle am meisten und die glaͤnzendste am wenigsten und die
Gegenwart der Kalksalze erhoͤht die Entfaͤrbungskraft des Kohlenstoffs
der Knochenkohle. 3) Daß der Kohlenstoff sich mit den Faͤrbestoffen
vereinigt, ohne sie zu zersezen und mit ihnen unaufloͤsliche Verbindungen
bildet. Hr. Bussy hat außerdem bewiesen, daß die Kohlen,
welche zur Entfaͤrbung dienten, an Gewicht zunahmen und um so mehr, je
staͤrker sie entfaͤrbten. Er nahm 5 Grammen von jeder der folgenden
Kohlen und beobachtete die beigesezte Gewichtszunahme:
Mit Potasche calcinirte Blutkohle
1,56
Mit Salzsaͤure gereinigte
Knochenkohle
0,54
Rohe Knochenkohle
0,30
Hr. Bussy schrieb diese ungeheure Gewichtszunahme dem
Faͤrbestoff in der Kohle zu. Wir wollen sogleich bemerken, daß er seine
Versuche mit Melasse vom Zukerrohrsafte anstellte und daß sie die Einwirkung der
Kohle auf den Schleim beweisen.
Hr. Payen zeigte, daß die thierische Kohle dem Kalkwasser
den Kalk entzieht und daß sie daher beim Raffiniren nuͤzlich seyn muß. Hr.
Derosne hatte diese Eigenschaft schon fruͤher
bemerkt. Da man in den Raffinerien die Beobachtung gemacht hat, daß die thierische
Kohle die Krystallisation des Zukers beim Raffiniren sehr beguͤnstigt, so
schloß Hr. Payen daraus, daß sie auch auf die
Extractivstoffe wirken muß. (Ohne Zweifel verstand der Verfasser darunter die
Substanz, welche wir Schleim nennen.) Er erfand ferner ein vortreffliches
Instrument, welches er Decolorimeter nannte, womit man die entfaͤrbende Kraft
der Kohlen bestimmen kann. (Wir beschreiben es unten.)
Indessen beobachtete man in den Raffinerien noch eine andere Wirkung der Kohle, daß
sie naͤmlich dem Syrup die Eigenschaft ertheilt zu sieden, ohne daß er
schaͤumt oder steigt; die Raffinirer nennen dieß die Trokniß im Syrup. Sie
sagen daher, daß die Kohle ihren Zuker entschmeert. Sie haben außerdem gefunden, daß
sie durch Anwendung der Kohle wenigstens 10 Procent Raffinade mehr erhalten. Diese
fruͤher unbekannte Eigenschaft der Kohle ist ohne Zweifel eine der
wichtigsten.
Im Jahre 1823 vermuthete ich, wie man dieß aus einer Note in meinem Werke
uͤber die Runkelruͤbenzukerfabrication ersieht,Man vergleiche polyt. Journal Bd. XXVIII.
S. 302. A. d. R. daß die
thierische Kohle das Kali und Ammoniak saͤttigt; im Jahre 1827, wo ich
uͤber diesen Gegenstand directe Versuche anstellte, fand ich, daß die Kohle
alle Alkalien saͤttigt.
Man wußte schon seit langer Zeit, daß die Pflanzenkohle das Wasser desinficirt und
reinigt und hat diese Eigenschaft in der Haushaltung und den Fabriken benuzt. Ich
zweifle nicht, daß man mit großem Vortheil die Pflanzenkohle durch thierische Kohle
zum Reinigen des Wassers wird ersezen koͤnnen, besonders wenn dasselbe durch
gaͤhrende organische Substanzen veraͤndert ist oder Salze in
Aufloͤsung enthaͤlt. Vor ungefaͤhr 18 Monaten fand ich, daß die
thierische Kohle den Zukeraufloͤsungen die schleimige Substanz entzieht,
welche sich der Annaͤherung der Krystalle widersezt und daß sie auch mehrere
Salze mit alkalischer Basis, wie Kochsalz, schwefelsaures Kali, kohlensaure Alkalien
u.s.w. zersezt. Ungefaͤhr um dieselbe Zeit machte Hr. Graham in den Annalen von Brewster eine
Abhandlung uͤber die Wirkung der Kohle auf die Salzaufloͤsungen
bekannt, welche wir unten mittheilen.
Die Reactionen der Kohle, welche bei Behandlung des Zukers hauptsaͤchlich
Beruͤksichtigung verdienen, sind folgende:
1) Ihre Wirkung auf die Faͤrbestoffe.
2) Ihre Wirkung auf den Schleim (mucilage) des
Zukers.
3) Ihre Wirkung auf die Alkalien und Salze.
1. Wirkung der Kohle auf die
Faͤrbestoffe.
Diese Wirkung scheint wie die anderen auf die Oberflaͤche der
Kohlen-Molecule beschraͤnkt zu seyn, weil sie je nach der
groͤßeren oder geringeren Zertheilung derselben verschieden ist. Obgleich
sie zwischen zwei Koͤrpern Statt findet, deren verschiedene
Zustaͤnde einer chemischen Vereinigung wenig guͤnstig sind, so ist
sie doch wahrscheinlich das Resultat einer Verbindung dieser Art. Der
Faͤrbestoff saͤttigt in der That die Kohle, er wird nicht zersezt
und kann aus seiner Verbindung mit derselben durch Koͤrper, welche eine
groͤßere Verwandtschaft zum Kohlenstoff haben, getrennt werden; unter
leztere gehoͤren nach den Versuchen des Hrn. Bussy die Alkalien.
Die Zahlen, wodurch verschiedene Schriftsteller die entfaͤrbende Kraft der
Kohlen ausdruͤkten, variiren weil sie dieselben durch wesentlich
verschiedene Methoden bestimmten. So waͤhlte Hr. Bussy den neutralen schwefelsauren Indigo als gefaͤrbte
Probefluͤssigkeit, und untersucht welches Volumen seiner
Fluͤssigkeit die zu pruͤfenden Kohlenmuster vollstaͤndig
entfaͤrben. Er versteht daher unter Entfaͤrbungskraft die
Eigenschaft eine gefaͤrbte Fluͤssigkeit vollkommen zu bleichen.
Bedenkt man aber, daß eine Kohle in dem Augenblik wo sie aufhoͤrt eine
Fluͤssigkeit vollstaͤndig zu entfaͤrben, einer neuen
Portion dieser Fluͤssigkeit noch einen Theil ihres Faͤrbestoffes entziehen
kann, so wird man die Pruͤfungsart des Hrn. Payen vorziehen. Lezterer Chemiker laͤßt gleiche Gewichte
verschiedener Kohlen auf gleiche Raumtheile Probefluͤssigkeit (braunen
Zuker) wirken und mißt dann mit seinem Decolorimeter die Farbe dieser
entfaͤrbten Fluͤssigkeiten im Vergleich mit derjenigen der
Probefluͤssigkeit; daraus leitet er Zahlen ab, welche die
entfaͤrbende Kraft der Kohlen ausdruͤken und von der Wahrheit
nicht sehr entfernt sind. Wenn man aber so verfaͤhrt, so hat man offenbar
nicht die absolute Entfaͤrbungskraft der Kohlen gemessen, weil diese
Kohlen nach den Versuchen, welchen sie Hr. Payen
unterzieht, noch eine merkliche Entfaͤrbungskraft haben. Dasselbe ist der
Fall bei den Kohlen, welche die Raffinirer wegwerfen, deren
Entfaͤrbungskraft nicht erschoͤpft ist, und in dieser Hinsicht ist
die Pruͤfungsart des Hrn. Payen identisch mit
der Anwendung des Kohlenpulvers beim Raffiniren, und die Raffinirer erfahren
also dadurch den Werth, welchen die Kohle als Entfaͤrbungsmittel bei dem
Verfahren, welches sie befolgen, hat.
Um die absolute Entfaͤrbungskraft einer Kohle zu erfahren, muß man sie auf
eine gefaͤrbte Probefluͤssigkeit wirken lassen, bis sie
aufhoͤrt Farbestoff aus derselben anzuziehen. Um diese Bedingung bequem
zu erfuͤllen, vermenge ich die Kohle in Pulverform mit ihrem 5 bis
6fachen Gewichte feinen Sandes, bringe das Gemenge in eine Glasroͤhre von
0,02 Meter Durchmesser, welche an ihrem unteren Ende durch ein Stuͤk Zeug
geschlossen ist und gieße dann von der zu entfaͤrbenden
Fluͤssigkeit so lange zu, bis dieselbe in demselben Zustande austritt, in
welchem sie hineinkam. Nur dann bin ich sicher die Kohle erschoͤpft zu
haben. Man sieht, daß hier die Entfaͤrbungskraft nicht nur mit dem
Volumen der angewandten Fluͤssigkeit, sondern auch mit der Abnahme ihrer
Farbe, welche durch den Decolorimeter bestimmt wird, in Verhaͤltniß
steht. Will man diesen Versuch vergleichungsweise mit mehreren Kohlen anstellen,
so muß man, um die Resultate zu vereinfachen, das heißt um das Volumen der
Fluͤssigkeit bei der Berechnung der Entfaͤrbung nicht
beruͤksichtigen zu duͤrfen, fuͤr alle Kohlen ein
groͤßeres Volumen Fluͤssigkeit anwenden, als zur
Erschoͤpfung von der wirksamsten Kohle erfordert wird, und dieß kann man
durch vorlaͤufige Versuche bestimmen.
Folgender Versuch wurde mit 5 Grammen Kohle angestellt, die mit 20 Grammen Sand
gemengt war. Die thierische Kohle, welche als Typus diente, war von auserlesenen
Knochen bereitet. Die Kohle in Koͤrnern war kaͤufliche, wie sie
fuͤr das Filter des Hrn. Dumont angewandt
wird; die gepuͤlverte Kohle war die vorhergehende, aber gepulvert und
durch ein Seidensieb gebeutelt. Die Pflanzenkohle war gewoͤhnliche gut
gebrannte Kohle, zerrieben und durch ein Seidensieb gebeutelt. Die Schieferkohle war von
Menat. Als Probefluͤssigkeit diente eine Aufloͤsung von braunem
Zukercandis. Die erste Spalte der Tabelle enthaͤlt die Grade von Payen's Decolorimeter, naͤmlich Millimeter von
gefaͤrbten Schichten; die zweite die Entfaͤrbungskraft in gemeinen
Bruͤchen berechnet und die dritte dieselben Bruͤche in
Decimalbruͤche verwandelt.
Decolorimeter.
1) Thierische Kohle, Typus
630
Millimet.
53/63
0,841
2) Pflanzenkohle
103
–
3/103
0,029
3) Dieselbe in Koͤrnern
135
–
35/135
0,259
4) Gekoͤrnte Kohle nach dem
Pulvern
410
–
31/41
0,756
5) Schieferkohle
330
–
23/33
0,696
Bei einem anderen Versuche, welcher mit einer anderen Aufloͤsung von
braunem Zukercandis angestellt wurde und wobei man die Entfaͤrbungskraft
der Kohle nicht erschoͤpfte, erhielt man folgende Resultate.
Decolorimeter.
1) Kohle als Typus
280°
270/280
0,964
2) Dieselbe in Koͤrnern
19°
9/19
0,473
3) Dieselbe gepulvert
200°
190/200
0,950
Wenn man die Kohle in Pulverform beim Raffiniren anwendet, so erschoͤpft
man sie nicht und zieht bloß von einer Wirkung Nuzen, welche wir anfaͤngliche Entfaͤrbungskraft nennen
wollen, um sie von der Gesammtwirkung zu unterscheiden, welche wir absolute Entfaͤrbungskraft nennen werden. Aus
obigen Versuchen geht hervor, daß die anfaͤnglichen
Entfaͤrbungskraͤfte unter sich nicht in demselben
Verhaͤltniß stehen wie die absoluten. So verhaͤlt sich in der
anfaͤnglichen Entfaͤrbungskraft das Pulver zum Korn wie 964 : 473;
bei der absoluten Entfaͤrbungskraft wird dieses Verhaͤltniß 756 :
259.
Man sieht, daß es kein geringer Vortheil waͤre, wenn man in den
Raffinerien die absolute Entfaͤrbungskraft einer gepulverten Kohle
erschoͤpfen koͤnnte. Bei den folgenden Versuchen, welche wie die
obigen mit fuͤnf Kohlensorten angestellt wurden, habe ich zwei Wirkungen
der Kohle bestimmt und in Decimalbruͤchen ausgedruͤkt. Die dritte
Spalte gibt die Summe der beiden Wirkungen ebenfalls in Decimalbruͤchen
an. Ich gebrauchte als Probefluͤssigkeit eine neutrale Aufloͤsung
von schwefelsaurem Indigo und erschoͤpfte die Kohle nicht.
1ste Wirkung.
2te Wirkung.
Gesammtwirkung.
1) Thierische Kohle
0,85
0,375
0,473
2) Pflanzenkohle
0,71
0,166
0,287
3) Thierische Kohle in
Koͤrnern
0,77
0,047
0,287
4) Thierische Kohle, gepulvert
0,83
0,230
0,375
5) Schieferkohle
0,68
0,090
0,230
Diese Versuche zeigen, daß die Zahlen, welche die
Entfaͤrbungskraͤfte der Kohle fuͤr den braunen Zukercandis
ausdruͤken, unter einander nicht in demselben Verhaͤltniß stehen,
wie die fuͤr den Indigo, und man thut daher gut sich nach dem Vorschlag
des Hrn. Payen einer Aufloͤsung von braunem
Zukercandis zur Pruͤfung der Kohlen, welche bei Bearbeitung des Zukers
angewandt werden sollen, zu bedienen. Man pruͤft so den Werth des Agens
mit einer Substanz, welche derjenigen analog ist, auf welche es bei der
Fabrication selbst wirken soll. Diese verschiedenen Versuche beweisen außerdem,
1) daß reine Knochenkohle die entfaͤrbende Kraft im hoͤchsten
Grade besizt und 2) daß die Schieferkohle nur den zweiten Rang behauptet; 3) daß
der Verlust, welchen man erleidet, wenn man die Kohle nicht erschoͤpft,
bei der mit der groͤßten Entfaͤrbungskraft begabten Kohle auch am
groͤßten ist.
Wir wollen nun sehen, was aus diesen Thatsachen hinsichtlich der Anwendung der
Kohle in Koͤrnern und in Pulverform folgt. Die gepulverte Kohle gibt so
wie man sie in den Raffinerien anwendet, nur eine anfaͤngliche Wirkung,
welche in Bezug auf ihre absolute Kraft um so geringer ist, je mehr man davon
anwendet. Die gekoͤrnte Kohle, welche der Syrup leicht durchdringen kann,
vermag der Fabrikant zu erschoͤpfen und so ihre absolute
entfaͤrbende Wirkung sich zu Nuzen zu machen. Einige Raffinirer stellten
vergleichende Versuche mit gleichen Gewichten gekoͤrnter und gepulverter
Kohle an, da sie aber nach ihrer Gewohnheit von der gepulverten Kohle nur die
anfaͤngliche Entfaͤrbungskraft benuzten und die gekoͤrnte
Kohle nach dem Verfahren des Hrn. Dumont
erschoͤpften,Man vergleiche daruͤber polytechn. Journal Bd. XXXVIII. S. 443. A. d. R. so fanden einige, daß sie beide gleich entfaͤrben und andere, daß
die gekoͤrnte Kohle etwas weniger entfaͤrbt. Nimmt man diese
Versuche als genau an, was sie wie ich glaube sind, so geht aus ihnen mit
Beruͤksichtigung der oben von mir angegebenen hervor: daß man beim
Raffiniren nur den dritten Theil der absoluten Entfaͤrbungskraft der
gepulverten thierischen Kohle benuzt, waͤhrend man mit der
gekoͤrnten Kohle so viel Faͤrbestoff abscheidet, als der Zustand
ihrer Zertheilung moͤglich macht. Leute, welche diese Frage nur
oberflaͤchlich untersuchten, schlossen aus solchen Versuchen, daß die
gekoͤrnte Kohle keinen besonderen Vortheil darbietet und taͤuschen
sich hierin sehr. In der That ist der Vortheil der gekoͤrnten Kohle nicht
der, daß sie bei einem gleichen Gewichte mehr entfaͤrbt, sondern der, daß
das Filtriren immer leicht und regelmaͤßig vor sich geht, so daß man im
Stande ist die thierische Kohle in starker Dosis anzuwenden und so aus diesem
Agens allen Nuzen zu ziehen, welchen man von seinen merkwuͤrdigen
Eigenschaften erwarten darf.
Die Alkalien haben einen großen Einfluß auf die entfaͤrbende Wirkung der
Kohlen. Ich stellte folgende Versuche mit Aufloͤsungen von braunem
Zukercandis an, welche die unten angegebenen Alkalien enthielten; ein gleiches
Volumen derselben wurde mit einem gleichen Gewicht thierischer Kohle behandelt;
die decolorimetrischen Versuche ergaben die beigesezten Zahlen als Ausdruk ihrer
Entfaͤrbung.
Brauner Zukercandis fuͤr sich
allein
0,600
Brauner Zukercandis und Aezkali
0,280
ders.
und Ammoniak
0,056
ders.
und Natron
0,280
ders.
und kohlensaures Ammoniak
0,470
ders.
und Kalk
0,940
Man sieht, daß außer dem Kalk alle Alkalien die entfaͤrbende Kraft der
Kohle schwaͤchten. Nur der Kalk erhoͤhte sie merklich.
Wenn man sich des Indigos vortheilhaft zur Untersuchung der
Entfaͤrbungskraft der Kohlen bedienen koͤnnte, so ließe sich dazu
vielleicht ein aͤhnliches Instrument wie der Chlorometer anwenden.
Nachdem man Aufloͤsungen von neutralem schwefelsaurem Indigo von
bekanntem chlorometrischen Gehalt mit Kohlen erschoͤpft haͤtte,
koͤnnte man nach diesem Versuche die Quantitaͤt eines
gepruͤften Chloruͤrs, welche diese Aufloͤsungen zu ihrer
vollstaͤndigen Entfaͤrbung erfordern wuͤrden, bestimmen und
so in Raumtheilen von Chlor die Entfaͤrbungskraft der Kohlen
ausdruͤken.
Wenn die Kohle im Allgemeinen weniger auf gefaͤrbte alkalische
Fluͤssigkeiten wirkt, als auf neutrale, so bemerkt man im Gegentheil, daß
die Saͤuren und die sauren Salze ihre Entfaͤrbungskraft
erhoͤhen. Einige Raffinirer und
Runkelruͤbenzuker-Fabrikanten wollten aus diesem Umstande Nuzen
ziehen und wandten zugleich mit der Kohle auch Saͤuren und saure Salze
an, erhielten aber dann einen Zuker von geringerer Qualitaͤt. Einige
Personen erhielten mit Schieferkohle eine staͤrkere Entfaͤrbung
als mit thierischer Kohle; dieß ruͤhrt von dem darin enthaltenen
schwefelsauren Eisen her, welches durch Zersezung des Schwefelkieses entstand.
Hr. Payen fand außerdem, daß Syrup, welcher mit
Schieferkohle entfaͤrbt wird, die Schwefeleisen enthaͤlt, lezteres
aufloͤst und sich beim Erhizen wieder stark faͤrbt.
2) Wirkung der Kohle auf den
Schleim.
Hr. Bussy fand, wie ich oben bemerkte, daß die Kohle,
wenn man damit eine Aufloͤsung von Melasse entfaͤrbt, sie dann
aussuͤßt und sorgfaͤltig troknet, eine Gewichtszunahme zeigt,
welche er dem aufgenommenen Faͤrbestoff zuschrieb. Ich habe den Versuch
wiederholt und bestaͤtigt gefunden; man erhaͤlt aber dasselbe
Resultat, wenn man
die Kohle auf eine Aufloͤsung von Melasse wirken laͤßt, die zuvor
durch eine große Dosis von Kohle entfaͤrbt wurde, woraus man schließen
muß, daß die Kohle nicht nur Faͤrbestoff, sondern auch noch eine andere
Substanz aufnimmt. Als ich Kohle, womit Melasse behandelt worden war,
sorgfaͤltig mit kaltem und heißem Wasser aussuͤßte, gab sie mit
Kali, Natron und Ammoniak eine braune Fluͤssigkeit von schleimiger
Consistenz. Die ammoniakalische Aufloͤsung hinterlaͤßt nach dem
Abdampfen einen schleimigen Ruͤkstand, welcher ohne Zweifel
Humussaͤure enthaͤlt. Beim Calciniren gibt diese Kohle die
Producte der Pflanzenstoffe.
Um die Wirkung der Kohle auf den Schleim kennen zu lernen, brachte man 100
Grammen gekoͤrnte, ausgesuͤßte und getroknete Kohle in einer
langen Roͤhre unter eine 2 Fuß tiefe Schichte, so daß man ein Filter
unter diker Schichte hatte. Es wurde ein Syrup von Rohrzuker-Melasse
bereitet, welcher viel Schleim enthaͤlt. Dieser Syrup wog 24°,4
Beaumé bei 14° C. Ein halbes Liter von demselben wurde in 10
Theile getheilt, wovon also jeder 1/20 Liter entsprach. Der Syrup wurde nun auf
das Filter gebracht und nach 20stel Litern gesammelt, um ihn mit dem
Araͤometer zu waͤgen, wobei man folgende Resultate erhielt:
1stes 20stel
Liter
20°,4
2tes
23,6
3tes
23,8
4tes
23,9
5tes
24,0
6tes
24,1
7tes
24,2
8tes
24,2
9tes
24,3
10tes
24,3
Diese Verminderung der Dichtigkeit muß nothwendig dem Schleim zugeschrieben
werden und die Kohle hatte, wie man sieht, noch eine Wirkung, als man den
Versuch beendigte. Diese Wirkung, welche gewoͤhnlich nebst der
Entfaͤrbung Statt zu finden scheint, aber das von sehr verschieden ist,
ist eine der wichtigsten Eigenschaften der Kohle bei Bearbeitung des Zukers. Die
Raffinirer kennen sie seit der Zeit, daß sie von der Kohle Gebrauch machen und
pflegen zu sagen, daß sie ihren Zuker entschmeert, indem sie in ihrer Sprache
Schmeer (graisse) nennen, was wir mit Schleim
bezeichnen. Sie fanden auch, daß sie durch Kohle mehr Zuker erhalten konnten und
erklaͤrten sich dieses dadurch, daß die Kohle, indem sie den Zuker
entschmeert, das Koͤrnen erleichtere. Diese Erklaͤrung ist auch
wirklich nicht ganz grundlos, aber keineswegs streng richtig. Meine
fruͤheren Beobachtungen uͤber die Zusammensezung des
Syrups der Raffinerien,Man vergleiche daruͤber polytechnisches Journal Bd. XXXVII. S. 194 und Bd. XXXVIII. S. 443. a. d. R. uͤber das Vorkommen von Schleim im Rohrzuker und die Einwirkung
der Kohle auf diesen Schleim, erklaͤren ganz gut, wie man durch Kohle
mehr Zuker beim Raffiniren erhalten kann. Ich fand naͤmlich, daß die
Melasse der Raffinerien, welche sich in solchem Zustande befindet, daß sie nicht
mehr verkocht werden kann, aus gleichen Theilen krystallisirbarem Zuker und
Schleim besteht; hieraus muß man schließen, daß wenn diese beiden Koͤrper
in diesem Verhaͤltniß verbunden sind, der Zuker sich nicht mehr
abscheiden kann. Man sieht also, daß der Zukerverlust beim Raffiniren mit dem in
dem Syrup zuruͤkbleibenden Schleim in Verhaͤltniß steht; da nun
die thierische Kohle Schleim entzieht, so erhaͤlt man
verhaͤltnißmaͤßig mehr Ausbeute an Zuker. Unter allen bekannten
und in dieser Hinsicht gepruͤften Substanzen besizt die Kohle allein
diese Eigenschaft, welche bisher immer vernachlaͤssigt wurde, indem man
nur ihre Entfaͤrbungskraft beruͤksichtigte. Die Pflanzenkohle
wirkt nicht so stark auf den Schleim, daß man einen Unterschied am
Araͤometer bemerken koͤnnte. Die Schieferkohle steht in dieser
Hinsicht der thierischen Kohle ebenfalls nach; schon Hr. Say zu Nantes hat gefunden, daß sie den Syrup nicht entschmeert, das
heißt, daß derselbe durch diese Substanz nicht die Eigenschaft erhaͤlt,
ohne Schaum zu kochen und einen leicht zu reinigenden Zuker zu geben.
3. Wirkung der Kohle auf die
Alkalien und Salze.
Die thierische Kohle eignet sich die Alkalien an, indem sie dieselben
saͤttigt. Sie zieht außerdem die Salze und besonders die Kalksalze an,
welche sich in dem Saft der Runkelruͤben nach der Laͤuterung
befinden. Diese Eigenschaften der Kohle sind sehr vortheilhaft bei der
Fabrication von Runkelruͤbenzuker; wenn man sie naͤmlich nach der
Laͤuterung anwendet, reinigt sie den Saft so weit, daß man ihn leichter
concentriren kann. Der Saft siedet alsdann ohne zu steigen, zum Beweis, daß der
Syrup weniger Schleim enthaͤlt. Indem sie die Alkalien saͤttigt,
erspart sie die Anwendung der Schwefelsaͤure und indem sie die Kalksalze
saͤttigt, verhindert sie das Ankleben an die Kessel, welches bei
concentrirten Syrupen nach der Faͤllung dieser Salze Statt findet; man
kann also die Apparate leicht rein halten und schneller arbeiten. Aehnliche
Wirkungen aͤußert die thierische Kohle auch bei dem Verkochen in den
Raffinerien. Sie saͤttigt hier die Salze, welche entweder in dem Zuker
enthalten sind oder
in dem Wasser, worin man sie zergehen laͤßt. Außerdem erlaubt sie dem
Raffineur zu seiner Klaͤrung den Kalk als Milch zuzusezen, welche zur
Laͤuterung so wirksam ist und deren Ueberschuß sie alsdann beseitigt.