Titel: | Ueber die Reben am Douro in Portugal. Von Hrn. Roubiao. |
Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. XXXV., S. 138 |
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XXXV.
Ueber die Reben am Douro in Portugal. Von Hrn.
Roubiao.
Aus dem Agriculteur-Manufacturier. 1830.
Août. S. 225.
(Im
Auszuge.)
Roubiao, uͤber die Reben am Douro in Portugal.
Natur des Bodens. Der Boden ist meistens schiefer-
und kalkartig; man trifft zwar auch thonigen, sandigen und ausgeschwemmten Boden,
allein die guten Weine kommen immer von ersterem, und besonders von solchem
Schieferboden, der etwas weicher ist, in welchen die Wurzeln tief eindringen, und
sich daselbst ausbreiten koͤnnen, und der den Regen und den Thau stark und
tief einsaugt. Die Kraft, mit welcher die Wurzeln sich einen Weg durch die
Schieferfelsen bahnen, ist unglaublich; ich fand sie oft in einer Tiefe von 15 bis
20 Fuß; sie nehmen dann oft eine ganz plattgedruͤkte Form an, und werden
dadurch zum Einsaugen der Feuchtigkeit nur noch geeigneter.
Lage. Die Weingaͤrten, welche die besten Weine
liefern, befinden sich an Abhaͤngen von verschiedener Hoͤhe und
Neigung; es gilt in dieser Hinsicht dasselbe, was Hr. Cavoleau von den Weingaͤrten Frankreichs
sagt: „Die Abhaͤnge sind manch Mal sehr hoch, und so steil, daß die
lokere bearbeitete Erde abrollen wuͤrde, wenn sie nicht durch steinerne
Terrassen oder Mauern, die in Zwischenraͤumen angebracht sind,
zuruͤkgehalten wuͤrde.“ Es gibt am Douro sogar
Weingarten, wo je eine solche Mauer auf eine Reihe Reben folgt.
Die Lage gegen Suͤden zeichnet sich vor allen anderen aus; die Weinberge am
rechten Ufer des Douro haben im Allgemeinen diese Lage, und geben daher Weine, die
jene des linken Ufers an Koͤrper, Geist, Farbe und Bouquet
uͤbertreffen. Fetter Boden bringt vielen Wein, aber auf Kosten der
Guͤte, so daß die Weine von demselben nur wegen ihres geringen Preises Abgang
finden.
Rebensorten. Man cultivirt am Douro zahlreiche Sorten
rother und weißer Trauben, und zwar oft ohne Auswahl, so daß in einem Weinberge
Stoͤke von verschiedenen Sorten stehen, und zwar unter einander, so daß man
sie nicht einmal bei der Weinlese scheiden kann. Einige Eigenthuͤmer, denen
an der guten Qualitaͤt ihrer Weine gelegen, fangen jedoch an, ihre Weinberge
zu reformiren, und gute Sorten auf die schlechten in den Spalt zu pfropfen. Diese
Methode scheint sich verbreiten zu wollen. Ein Eigenthuͤmer in der Pfarre
Cazaes pflanzt die verschiedenen Sorten reihenweise, keltert aus jeder Sorte eigens
Wein, und mischt diese Weine erst nach der Gaͤhrung. In der Pfarre Covas
allein hat man 19 Sorten schwarzer und 14 Sorten weißer Trauben, und außerdem 8
Sorten halbweißer und eine Sorte schwarzer ausschließlich zum Gebrauche bei
Tische.
Cultur der Rebe. Pflanzung. Die Weingarten werden nur auf
Gruͤnden errichtet, die bisher unbebaut waren, und die zu diesem Zweke mit
den Armen tief umgegraben werden. Man bebaut sie allgemein mit Sezreisern, die
entweder einfach oder Faͤcher sind. Man macht mit der Haue der ganzen Lauge
des Grundes nach eine Furche, in welche man den unteren Theil der Pflanze legt. Die
Tiefe dieser Furche ist verschieden, je nachdem der Boden kiesig, sandig und mager
und das Klima heiß ist; in diesen Faͤllen muß die Tiefe groͤßer seyn.
Die Zwischenraͤume zwischen diesen Furchen sind auf starkem Boden geringer,
als auf schwachem; nie aber betragen sie unter 4, und nie uͤber 6 Fuß.
Zwischen jeder Pflanze bleibt ein Raum von 2 bis 2 1/2 Fuß.
Ausfaͤchsern. Dieses ist am Douro sehr
gebraͤuchlich, theils um die Pflanzen, welche im ersten Jahre nicht Wurzel
faßten, theils um solche Stoͤke zu ersezen, die aus irgend einer Ursache
abstarben, oder die man aus irgend einem Grunde ausreißen will. Stoͤke, die
unfruchtbar sind, oder schlechte Fruͤchte geben, werden in den Spalt
gepfropft; Pflanzen, die nicht Wurzel faßten, oder Stoͤke, die ausstarben,
werden durch Faͤchser ersezt. Das Ausfaͤchsen en santelle wird nicht angewendet, sondern man legt den ganzen Stok in die
Erde, so daß man mehrere schlechte Stoͤke aus einem einzigen ersezen
kann.
Aufbinden. Die Rebe ist von mittlerer Hoͤhe; ihre
Aeste streichen nicht auf dem Boden hin, sondern werden an Pfahle von 3 bis 6 Fuß
Hoͤhe gebunden. Das Anbinden geschieht mit Binsen oder
Weiden. Nach der Weinlese werden die Pfaͤhle
ausgezogen und aufbewahrt.
Schneiden. Diese Operation, welche nach Cavoleau aus dem Auspuzen, Abschneiden und Ausbrechen
besieht, ist am Douro nicht bekannt. Nur auf seltenen und sehr fruchtbaren Orten
wird hier und da ausgebrochen, damit die Trauben nicht zu sehr beschattet sind.
Duͤnger. Das Duͤngen ist durch Geseze
verboten; dessen ungeachtet geschieht es von Einigen, die mehr auf Quantitaͤt
als Qualitaͤt sehen. Im Allgemeinen wird nicht geduͤngt, und alle
guten Weine kommen von nicht geduͤngtem Boden.Moͤchten dieß doch auch die Weinbergbesizer anderer Laͤnder
beherzigen, die mitunendlicher Muͤhe den Duͤnger auf dem
Ruͤken in ihre Weingaͤrten schleppen und dadurch nichts
bewirken, als daß sie etwas mehr Wein bekommen, der da fuͤr deutliche
Spuren des Duͤngers im Bouquet traͤgt. Ein guter Weinkenner
wird leicht erkennen, ob und womit der Weinberg geduͤngt wurde,
dessen Wein er kostet. Es verhaͤlt sich hier die Wirkung des
Duͤngers auf den Geschmak eben so auffallend, wie beim Rauchtabak. A.
d. Ue.
Bearbeitung. Jede Bearbeitung des Bodens geschieht mit
der Haue. Die erste (Escava genannt) wird am Anfange des
Herbstes vorgenommen; man graͤbt um jeden Stok herum einen Graben, dessen
Tiefe sich nach der Waͤrme der Gegend und nach der Natur des Bodens richtet.
Ist das Land heiß und der Boden kiesig, so muß der Graben tiefer seyn, damit der
Frost die zarten und oberflaͤchlichen Wurzeln verbrennen kann, so daß dadurch
die Hauptwurzeln mehr Kraft bekommen und tiefer eindringen, was der Vegetation der
Rebe im Sommer sehr guͤnstig ist. Die zweite Bearbeitung (cava genannt) beginnt am Ende Januars, oder in
kaͤlteren Gegenden spaͤter; in waͤrmeren Gegenden mit kiesigem
und leichtem Boden geschieht sie tief, und die Erde wird uͤberall in kleine
Haufen formirt. Auf anderem Boden hingegen werden diese Haͤufchen immer
kleiner gemacht, so daß der Boden manch Mal fast ganz eben ist. Die dritte
Bearbeitung (redra genannt) geschieht Ende Aprils, und
greift bei weitem nicht so tief als die zweite. Einige geben sogar im August noch
eine vierte Bearbeitung, wenn das Unkraut uͤber Hand genommen hat. Alle diese
Arbeiten geschehen mit den Armen und mit einer zweizaͤhnigen Haue.
Weinbereitung. Da im Handel der rothe Wein vorgezogen
wird, so wird vorzuͤglich solcher erzeugt. Die Qualitaͤt ist so
verschieden, daß Stuͤke von 600–700 Liter zwischen 63 und 800 Franken
verkauft werden. Die besten Sorten werden nach England, die naͤchstfolgenden
nach Brasilien ausgefuͤhrt; die schlechteren werden im Lande verbraucht oder
in Branntwein verwandelt. Die Guͤte der weißen Weine steht in keinem
Verhaͤltnisse mit jener der rothen; nur an sehr wenigen Orten, an den Ufern
des Pinhai, ist er so gut wie der spanische Xeres, so daß er mit demselben um den Vorrang streiten
koͤnnte, wenn er nicht von der Ausfuhr nach England ausgeschlossen
waͤre. Keiner dieser Weine ist jedoch ganz weiß, da man die Trauben nicht
abbeert, und da man den Wein mit den Trabern gaͤhren laͤßt. Die besten
Weinerzeuger bringen den Wein von einer Stampfe in ein einziges Faß; andere
vernachlaͤssigen dieß, und mischen den Wein von zwei oder drei Operationen in
verschiedenen Faͤssern. Die Faͤsser fassen zwischen 56 und 250
Hectoliter; es gibt deren aber auch eines zu 280, und eines zu 420 Hectoliter.
Wenige Winzer trennen die Producte des Auspressens; die meisten mischen sie mit
jenen der Stampfe, und diese Mischung scheint auch fuͤr die Farbe und
Aufbewahrung der Weine guͤnstig zu seyn, wenn die Traͤbern
waͤhrend des Stehens in der Buͤtte nicht sauer wurden. Der rothe Wein
muß, um sicheren Absaz zu haben, mit mehr oder weniger Weingeist verstaͤrkt
werden. Alle Stampfen sind aus Steinen erbaut, und fassen gewoͤhnlich 56 bis
250 Hectoliter. Die Faͤsser sind aus Kastanienholz verfertigt, und werden auf
ihren Bauch gelegt. Der vordere Boden derselben hat eine kleine Thuͤre, die
auf die gewoͤhnliche Weise durch ein aͤußeres Querstuͤk
geschlossen gehalten wird. Das Spuntloch hat 4–6 Zoll im Durchmesser, und
bleibt bis nach vollendeter Gaͤhrung offen.
Faͤrbung des Weines mit Hollunderbeeren. Die
Hollunderbeeren werden in einen Sak gebracht, und in demselben mit den
Fuͤßen, unter allmaͤhlichem Zusaze von Most zerquetscht. Die
Fluͤssigkeit, welche man dadurch erhaͤlt, dient zum Faͤrben des
Weines.
Suͤßer Wein oder Most.
Er wird wie der Wein selbst bereitet; einige Winzer lassen jedoch hiezu die Trauben
nicht welken, sondern waͤhlen bloß die reifsten derselben aus.
Traͤbernwein. Wenn die Traͤbern zwei oder
drei Mal ausgepreßt wurden, so werden sie in einer Stampfe ausgebreitet, mit Wasser
begossen, und von Menschen einige Stunden lang abgestampft. Diese
Fluͤssigkeit wird 2 bis 3 Mal des Tages umgeruͤhrt, und nach 5 bis 6
Tagen in eigene Faͤsser gefuͤllt. Dieß ist das gewoͤhnliche
Getraͤnk der Arbeiter in den Weinbergen.
Traͤbern. Die Kerne und die Haͤute und
Kaͤmme werden getrennt; erstere dienen den Voͤgeln, Pferden,
Lastthieren und Schweinen zur Nahrung; leztere werden zum Duͤngen der
Ausfaͤchsungen und jener Stellen des Weinberges verwendet, die des
Duͤngers beduͤrfen.
Weinstein. Man bereitet keinen Weinsteinrahm, sondern
verkauft den Weinstein roh an die Faͤrber.
Destillation. Sie ist noch sehr weit zuruͤk; man
nimmt sie bloß mit gewoͤhnlichen Apparaten vor; Apparate mit
Weinerwaͤrmern gibt es wenige, und Derosne'sche Apparate existiren am Douro nur zwei. Man darf
sich hieruͤber nicht wundern, denn die Branntweinerzeugung ist nur einer
einzigen Gesellschaft, der Companhia general da agricultura
das vinhas do alto Douro, erlaubt. Das Monopolwesen wirkt hier eben so
verderblich und hemmend auf alle Fortschritte und Verbesserungen, wie es sich an
allen anderen Orten bewaͤhrt hat, an denen die Kurzsichtigkeit der Verwaltung
dasselbe noch unterhaͤlt und beguͤnstigt. Man gebe die
Branntweinerzeugung frei, und bald werden die vollkommensten Apparate selbst bei den
Winzern jene alten, Zeit und Material verwuͤstenden, Geraͤthe
verdraͤngt haben. – Die Traͤbern werden am Douro nicht
destillirt, wie dieß in anderen Gegenden Portugals der Fall ist. In der Gegend von
Barto, welches nicht zum Douro gehoͤrt, bereitet man durch Gaͤhrung
der Fruͤchte des Erdbeerbaumes (Arbutus Unedo)
Branntwein, den man sehr haͤufig unter den Weinbranntwein mischt, weßhalb die
Kaufleute den Branntwein aus jenen Gegenden nicht sehr schaͤzen.
Alter des Weines. Man sagt, daß die oben erwaͤhnte
Gesellschaft in ihren Magazinen Wein vorraͤthig habe, der so alt ist, wie die
Gesellschaft, und mithin 75 Jahre zaͤhlt. Die wahre Dauer, wie lang man den
Dourowein aufbewahren kann, laͤßt sich nicht wohl bestimmen, weil der Wein
alle Jahre durch juͤngeren Wein verjuͤngt wird.
Magazine. Am ganzen Douro befindet sich nicht ein
einziger Keller; die Faͤsser werden in Magazine gebracht, von denen die
meisten bloß mit einem Ziegeldache bedekt sind. Die uͤbrigen Magazine
befinden sich im Erdgeschosse unter den Zimmern. Wir zweifeln nicht, daß Keller, in
welchen die atmosphaͤrischen Veraͤnderungen weniger bemerklich
waͤren, fuͤr die Weine des Douro von sehr großem Vortheile seyn
wuͤrden.
Niederlage. Die Niederlage der Weine des Douro ist zu
Porto. Die dortigen Magazine sind groß und geraͤumig, aber auch nicht
unterirdisch. Der Wein gelangt in Faͤssern zu 600 bis 700 Liter dahin, wird
mit Weinen von verschiedenem Alter und mit Weingeist von erster Qualitaͤt
gemischt, und dann ausgefuͤhrt.