Titel: Bericht des Hrn. Mallet über einen neuen, von Hrn. Zilges zu Paris, rue basse du rempart N. 52. erfundenen Zaum, welchen er Aufhalt-Zaum (Bride d'arrèt) nennt.
Fundstelle: Band 41, Jahrgang 1831, Nr. XLVII., S. 201
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XLVII. Bericht des Hrn. Mallet uͤber einen neuen, von Hrn. Zilges zu Paris, rue basse du rempart N. 52. erfundenen Zaum, welchen er Aufhalt-Zaum (Bride d'arrèt) nennt. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Juillet 1830. S. 275.; auch im Bulletin des Sciences technologiques. Septbre 1831. S. 47. (Im Auszuge.) Mit Abbildungen auf Tab. IV. Mallet, uͤber einen Aufhalt-Zaum. Es gibt viele ebenso einfache als nuͤzliche Ideen, welche lange Zeit dem Scharfsinne verborgen bleiben, und die nur eines gluͤklichen Zufalles beduͤrfen, um in einem hellen und erfinderischen Kopf angeregt, aufgefaßt und ausgefuͤhrt zu werden. Auf einer solchen Idee beruht die Vorrichtung des Hrn. Heinrich Zilges, welche zur Erhaltung des Lebens so unendlich vieler Menschen, und zur oͤffentlichen Sicherheit so wesentlich und kraͤftig mitwirken wird. Eine seidene Schnur, vier Rollen, welche mit dieser Schnur zwei Arten von Flaschenzuͤgen bilden, und eine fuͤnfte schwerere Rolle, welche durch diese Flaschenzuͤge gehoben und fest gegen den Hals des Pferdes gedruͤkt werden kann, so daß sie daselbst ploͤzlich und augenbliklich einen starken Druk hervorbringt; dieß sind die Mittel, mit welchen Hr. Zilges die wildesten Pferde baͤndigen will, und auch wirklich baͤndigt. Um seinen Apparat zusammenzusezen, legt der Erfinder die seidene Schnur, die die gehoͤrige Lage hat, so zusammen, daß sie zwei Theile von gleicher Laͤnge bildet, und macht dann an jeder Seite an jener Stelle, wo sich der obere Theil des Kopfes endigt, einen Knoten, an welchem er zwei Rollen seines Flaschenzuges umschlingt und befestigt; dieß leztere geschieht mittelst eines Oehres, welches sich am Ende des Zapfenbandes befindet, und durch welches er die Schnur zog, ehe er den Knoten schlang. Hierauf traͤgt er das eine Ende von Rechts nach Links, das andere von Links nach Rechts und fuͤhrt diese Enden in dem Zapfenbande der beweglichen Schraube nach Rechts und nach Links von genannter Rolle; von hier aus, und immer in derselben Richtung, fuͤhrt er von diesen Schnuͤren die eine in die Rolle, welche an der rechten Seite an dem Ende des oberen Theiles des Kopfes befestigt ist, die andere in die Rolle an der linken Seite; zulezt leitet er eine jede der Schnuͤre uͤber ihre zweite entsprechende Rolle. Eine jede von diesen lezteren Rollen ist mit einem kleinen Schnaͤllchen versehen, welches durch das laͤngliche Oehr, das sich am Ende des Zapfenbandes befindet, geht; in der Mitte der Schnur bringt Hr. Zilges ebenfalls ein solches Schnaͤllchen an. Diese Schnaͤllchen dienen dazu, um den Apparat an einer jeden Seite des Gebisses, und uͤber dem Kopfe eines jeden Zaumes zu befestigen; jeder Reiter kann dieß, wenn er auch noch so wenig Uebung haben sollte, mit Leichtigkeit selbst thun. Mit diesem Apparate nun hindert Hr. Zilges das ungestuͤmste und wildeste Pferd am Durchgehen, oder macht es still halten, wenn er es noch so sehr gejagt haͤtte. Die Versuche mit demselben werden in Gegenwart mehrerer Mitglieder der Gesellschaft und vieler anderer Leute auf den: Boulevard des Invalides angestellt. Hr. Zilges ließ ein Reitpferd und ein, in einen kleinen Tilburi gespanntes, Pferd vorfuͤhren. Hr. Huzard stieg mit Hrn. Zilges in den Tilburi; sie brachten das Pferd in Lauf, so daß es in vollem Galoppe auf die Zuschauer los kam; unmittelbar vor denselben brachte Hr. Zilges dieses Pferd augenbliklich zum Stillstehen. Er wiederholte diesen Versuch noch oͤfter, und brachte dabei das Pferd durch Peitschenhiebe sehr in Aufregung; allein jedes Mal blieb es unbeweglich stehen, sobald er nur ein wenig seinen Apparat anzog. Hr. Zilges bestieg hierauf ein junges, muthiges und kraͤftiges Reitpferd, machte es durch Peitschenhiebe und Spornen sehr ungestuͤm, und jagte es in diesem Zustande heftig gegen die Zuschauer; durch seinen Apparat machte er es augenbliklich so still stehen, daß es selbst durch starke Peitschenhiebe nicht mehr weiter zu bewegen war, so lang der Zug anhielt. Es kam nun auch noch ein alter Bereiter, Hr. Vieillard, welcher die Bitte stellte, die Vorrichtung des Hrn. Zilges an einem seiner Pferde zu probiren, welches sich weder reiten noch einspannen ließ, welches jedes Mal durchging, und welches er fuͤr unbezwingbar hielt. Hr. Zilges befestigte an dem Zaume dieses Pferdes seine Vorrichtung fuͤr Kutschenpferde, welche sich von jener fuͤr Reitpferde nur dadurch das Schnaͤllchen am Kopfe und durch die groͤßere Laͤnge der seidenen Schnur unterscheidet. Er fing hierauf damit an, das Pferd im Hofe zu schulen, wobei er es, obwohl es mit der Peitsche gereizt wurde, durch die seidenen Schnuͤre seiner Vorrichtung vollkommen ruhig erhielt; dann spannte er es mit Vorsicht, aber ohne Schwierigkeit, an ein Waͤgelchen, mit welchem er ohne alle Zufaͤlle auf dem Boulevard fuhr, obschon das Pferd durch oͤftere Peitschenhiebe unruhig gemacht wurde. Das als unbezwingbar verschriene Pferd wurde im heftigsten Laufe augenbliklich durch einen Zug an den seidenen Schnuͤren zum Stehen gebracht. Der Aufhalt-Zaum des Hrn. Zilges entspricht mithin vollkommen allen Anforderungen; er macht das Pferd dadurch folgsam, daß er auf die Respirations-Werkzeuge desselben wirkt. Er kann an jedem Zaume angebracht werden; seine Leichtigkeit, die Rollen, welche aus Stahl oder aus Messing seyn koͤnnen, und welche in der Mitte der seidenen Schnur zu spielen scheinen, tragen sogar noch zur Zierde des Pferdes bei. Weit entfernt zu glauben, daß man sich nun Unbesonnenheiten bei Benuͤzung der Pferde zum Reiten oder Fahren erlauben duͤrfe, sind wir uͤberzeugt, daß wir, wenn die Anwendung der Vorrichtung des Hrn. Zilges ein Mal verbreitet seyn wird, wenig mehr von den graͤßlichen Ungluͤksfaͤllen hoͤren werden, welche bisher taͤglich durch das Durchgehen, das Scheuen, das Springen etc. der Pferde veranlaßt werden.Wie viel Ungluͤk jaͤhrlich durch wilde, boshafte, scheue oder stuͤzige Pferde geschieht, ist auch in unserem Vaterlande leider nur zu bekannt. Es ist daher kaum noͤthig, daß wir den Aufhalt-Zaum des Hrn. Zilges allen denen empfehlen, welche reiten und fahren wollen, ohne fuͤr ihr Leben Angst haben zu duͤrfen. Allein wir muͤssen auch andererseits fuͤr das Wohl des Pferdes sorgen, an dem oft mehr liegt, als an jenem des Eigenthuͤmers. Wir muͤssen daher vor Mißbrauch, d.h. vor zu haͤufiger, unnoͤthiger Anwendung, dieses Zaumes warnen, und zwar aus folgendem Grunde. Die Wirkung desselben besteht naͤmlich darin, daß er einen ziemlich starken Druk auf die Respirationsorgane ausuͤbt; einen solchen Druk vertraͤgt aber das beste Pferd nicht, wenn er zu lang, oder zu oft angewendet wird. Pferde, welche zu Krankheiten der Respirationsorgane und der Druͤsen geneigt sind, Uebel die leider zu haͤufig vorkommen, koͤnnen einen solchen Druk noch weniger ohne Nachtheil aushalten. Das bestaͤndige Spielen und Ziehen am Zaume, welches so viele schlechte Reiter und Kutscher an sich haben, und wodurch die besten und schulgerechtesten Pferde verdorben und hartmaͤulig gemacht werden, muß hier noch sorgfaͤltiger vermieden werden. Man vergesse nicht, daß diese Vorrichtung bloß fuͤr den Fall der Roth gehoͤrt; fuͤr diesen Fall scheint sie uns auch sehr zwekmaͤßig und sehr empfehlenswerth. Auch Damen koͤnnen nun mit aller Sicherheit sich dem Vergnuͤgen des Reitens und Fahrens hingeben. Hr. Mallet schlug im Namen des Comité vor, dem Hrn. Zilges den Dank der Gesellschaft auszudruͤken, und den Erfinder zur Verleihung einer Medaille vorzuschlagen. Die Gesellschaft nahm diesen Vorschlag an. Beschreibung des Aufhalt-Zaumes des Hrn. Zilges. Fig. 19. zeigt den Aufhalt-Zaum ganz, einem Pferde-Kopfe angelegt. Fig. 20. zeigt denselben ganz, aber dem Pferde abgenommen. Fig. 21. sind die Rollen und Flaschenzuͤge des Zaumes, von verschiedenen Seiten gesehen, dargestellt. aa der Zaum; b das Gebiß; cc seidene Schnur, welche in zwei gleiche Theile zusammengelegt ist, und die durch eine lederne Schnalle des Kopfriemens des Zaumes laͤuft, an welchem sie befestigt ist. Diese Schnur haͤlt durch einen einfachen Knoten die beiden oberen kupfernen Rollen dd; laͤuft an beiden Seiten laͤngs der Kehle des Pferdes herab, und geht dann durch die doppelte Flaschenzugrolle ee; von hier aus steigt die Schnur wieder aufwaͤrts, und laͤuft uͤber die Rollen dd; um die beiden Arme ff zu bilden, welche, nachdem sie uͤber die Zuruͤkfuͤhrungs-Rollen gg, die durch die Schnaͤllchen hh am Gebisse befestigt sind, gegangen, uͤber dem Halse des Pferdes in dem Punkte i vereinigt werden. Hieraus erhellt, daß, wenn der Reiter den Aufhalt-Zaum anzieht, der Flaschenzug ee steigen wird, und dann der Theile c'c' der Schnur die Kehle zusammenschnuͤrt, so daß das Pferd sogleich still stehen muß. k das Zapfenband des Flaschenzuges; l das Oehr der Rolle d, in welchem die Schnur c durch einen Knoten festgehalten wird; m Zapfenband der Zuruͤkfuͤhrungs-Rolle g, die das Schnaͤllchen h aufnimmt.

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Tab. IV