Titel: | Bericht des Hrn. Gaultier de Claubry über die Preise, welche die Société d'encouragement für Verbesserungen der Lithographie für das Jahr 1831 ausgeschrieben hatte, und welche zum Theil auch gelöst wurden. |
Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. XLVII., S. 209 |
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XLVII.
Bericht des Hrn. Gaultier de Claubry uͤber die Preise,
welche die Société d'encouragement fuͤr
Verbesserungen der Lithographie fuͤr das Jahr 1831 ausgeschrieben hatte, und
welche zum Theil auch geloͤst wurden.
Im Auszuge aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. December 1831, S. 567.
Gaultier de Claubry, Bericht uͤber die
Lithographie.
Die Preise, welche die Gesellschaft auf Verbesserungen der Lithographie ausschrieb,
haben bekanntlich schon im vergangenen Jahre wichtige Forschungen und Erfindungen
veranlaßt; die Verschiebung dieser Preise auf das Jahr 1831 hat jedoch den Eifer und
das Bestreiben der Kuͤnstler nur noch mehr belebt, und viele Verbesserungen
zu Tage gefoͤrdert, die wesentlich zur Vervollkommnung der Lithographie
beitragen werden, und von denen einige sogar Epoche in dieser Kunst machen
duͤrften. Vorzuͤglich gut und wirksam zeigte sich der Entschluß der
Gesellschaft nicht bloß fuͤr bestimmte, von ihr vorgeschriebene Erfindungen
und Verbesserungen Preise zu verleihen, sondern auch alle Verbesserungen in der
Lithographie im Allgemeinen zur Preisbewerbung zuzulassen. Diese Ungebundenheit und
Freiheit der Kuͤnstler in ihren Ideen hatte die guͤnstigsten
Resultate.
Wir wollen in unserem Berichte die Ordnung des Programmes beibehalten, und daher
zuerst bemerken, daß kein Preisbewerber mit einem neuen Schwaͤrzungsverfahren
auftrat. Dieser Gegenstand wird jedoch bei der Walze, die einer der Preisbewerber
erfand, in Zukunft auch nicht mehr dasselbe Interesse haben. – Drei
Concurrenten sandten lithographische Zeichenstifte und lithographische Tinte, die
jedoch fuͤr das naͤchste Jahr aufgeschoben wurden, indem nicht genug
Zeit fuͤr die Versuche mit denselben blieben.
Walze, welche vor den bisher gebraͤuchlichen den Vorzug
verdient.
Um diesen Preis, der schon oͤfter ausgeschrieben wurde, meldeten sich drei
Concurrenten. Am besten hat diese Aufgabe der Concurrent Nr. 1 geloͤst. Der Preisbewerber zeigt, daß eine gute Walze ziehen,
und nach dem Zweke, zu dem sie verwendet wird, in verschiedenem Grade schwammig seyn
muß. Er glaubt, daß sich diese beiden Bedingungen nur durch Anwendung von
verschieden bearbeitetem Leder erreichen lassen. Er bemerkt ferner, daß die Walzen
zum Behufe des Auftragens der Schwaͤrze um so besser sind, je mehr sie
ziehen, weil es sich nicht darum handelt, eine Farbe aufzutragen, sondern die
Schwaͤrze, womit die Walze beladen ist, mit den gezeichneten Stellen des
Steines gehoͤrig in Beruͤhrung zu bringen. Die Aufmerksamkeit des Drukers muß
vorzuͤglich darauf bedacht seyn, diese Beruͤhrung uͤberall
herzustellen, und den lichten, von der Saͤure geschwaͤchten Theilen
etwas mehr Ton zu geben; er muß daher die Zeichnung mit Schwaͤrze
uͤberziehen, um diese dann wieder wegzunehmen, und bei diesem Auftragen und
Entfernen der Schwaͤrze zeigt sich die Eigenschaft des Ziehens ganz
vorzuͤglich. Die schwammige Eigenschaft der Walzen ist immer durchaus
nothwendig; allein in einem geringeren Grade, als bei dem Druke der Schrift, der
geographischen Karten etc., wo die Wirkung der Walze nicht darin besteht, die
Schwaͤrze zu entfernen und aufzutragen (wenigstens nicht in demselben Grade),
sondern darin, daß sie sich, wenn sie sehr stark mit Schwaͤrze beladen ist,
auf dem Steine rollen kann, ohne denselben zu beschmuzen und zu verkleistern.
Der Concurrent hat der Gesellschaft vom December 1830 an bis zum Schlusse des
Concurses mehrere Walzen mitgetheilt, deren vorzuͤgliche Einrichtungen wir
hier bekannt machen wollen.
Statt ein zusammengenaͤhtes Leder uͤber eine Doke zu ziehen, und dieses
dann mit einem weichen Koͤrper auszustopfen, hatte der Concurrent zuerst die
Idee Scheiben aus Leder auszuschneiden, diese auf einander zu legen und fest zu
machen, und sie zulezt, um ihnen eine regelmaͤßige Form zu geben, abdrehen zu
lassen. Er wendete auf gleiche Weise auch Scheiben aus Calico an, die wegen ihrer
Weichheit gute Erfolge erwarten ließen, von denen sich aber doch kein Nuzen ziehen
laͤßt, weil bei dem Gebrauche aus den Raͤndern der Scheiben Faden
gezogen werden, welche die Farbe verunreinigen, und weil die Walze selbst in Folge
hievon zu weich wird und ihre Rundung verliert.
Unter den vielen Lederarten, die versucht wurden, zeigte sich, daß die
Gemshaͤute am tauglichsten sind, daß das Damhirschleder zu weich ist, und daß
das Kalbleder demselben noch vorgezogen zu werden verdient, wenn es gehoͤrig
angewendet wird. Der bedeutende Verlust an Leder, welcher sich beim Ausschneiden der
Scheiben ergab, veranlaßte den Concurrenten Streifen aus dem Leder zu schneiden,
welche er an den Enden an einander sezt, und dann auf eine Doke aufrollt. Die lezten
Walzen, die der Erfinder verfertigte, bestanden aus einem einzigen, aus einem
Kalbfelle geschnittenen Streifen; er fing mit dem Ausschneiden dieses Streifens in
der Mitte des Felles an, und fuhr von hier aus fort, einen Streifen von gleicher
Breite auszuschneiden. Auf diese Weise laͤßt sich nicht nur das Leder
leichter auf die Doke aufwikeln, sondern es wird auch das Ansezen der Streifen dabei
vermieden. Die nach dieser Methode aus Streifen verfertigten Walzen werden, wie die
aus Scheiben gemachten, zusammengepreßt und dann abgedreht. Der Concurrent hat gefunden, daß man
auch flach gelegte Streifen aus Buͤffelleder von 3–4 Linien Breite
anwenden kann, und daß man auf diese Weise gute Walzen erhaͤlt, ohne daß man
dieselben abzudrehen braucht. Doch verdienen die aus einem einzigen Streifen
verfertigten und dann abgedrehten Walzen den Vorzug. Mehrere Versuche, welche von
verschiedenen Lithographen mit diesen neuen Walzen gemacht wurden, bewiesen, daß
dieselben gleich Anfangs den gewoͤhnlichen Walzen in nichts nachstehen, daß
sie sich mit der Zeit so verbessern, daß sie die gewoͤhnlichen bei Weitem
uͤbertreffen, und daß sie, wenn sie ein Mal auf diesen Punkt gekommen sind,
auch sehr lang gut bleiben.
Die Nath, welche sich auf einer Seite der gegenwaͤrtig uͤblichen Walzen
befindet, hat große Nachtheile, und fordert, so weit man es auch schon darin
gebracht hat, diese Nath so duͤnn als moͤglich zu machen, große
Sorgfalt von Seite des Drukers. Besonders fuͤhlbar zeigt sich dieser
Nachtheil bei dem Auftragen der Schwaͤrze auf große Steine. An den neuen
Walzen ist nun dieser Fehler und Mangel vollkommen beseitigt; man kann sich
derselben an allen Theilen gleich leicht bedienen, und daraus entspringt ein
maͤchtiger Vorzug dieser Walzen. Wenn man es auch durch lange Uebung dahin
gebracht hat, daß man sich eines mangelhaften Instrumentes ohne sehr große
Nachtheile zu bedienen im Stande ist, so bleibt es doch immer ein wesentlicher
Dienst, den man der Kunst leistet, wenn man deren Huͤlfsmittel so sehr
verbessert, als dieß durch die neuen Walzen ohne Nath geschieht, die
uͤberdieß leicht zu verfertigen, leicht auszubessern und auch wohlfeil sind.
Wir schlagen daher vor, dem Erfinder dieser Walzen einen Preis von 500 Franken zu
ertheilen.
Verbindung der Buchdrukerkunst mit dem Steindruke.
Die Versuche, welche bisher gemacht wurden, um Landkarten zu verfertigen, an denen
die Zeichnungen lithographirt, die Schrift hingegen mit Buchdrukerlettern gesezt
wuͤrden, zeigten die großen Vortheile, die sich aus einer Verbindung dieser
beiden Kuͤnste ziehen ließen. Dessen ungeachtet, und obwohl die Gesellschaft
schon fruͤher durch Preise eine. Loͤsung der Aufgabe
herbeizufuͤhren bemuͤht war, trat erst dieses Jahr ein Preisbewerber
auf, der den Zwek der Gesellschaft vollkommen erreicht zu haben scheint. Die
Gesellschaft meinte, daß sich weit wohlfeilere Landkarten als die in Kupfer
gestochenen verfertigen ließen, wenn man die Zeichnungen lithographirte, die Namen
hingegen mit Buchdrukerlettern sezte, und glaubte, daß sich die Schwierigkeiten, die
sich der Einrichtung der hiezu noͤthigen Formen in den Weg legen, endlich
beseitigen lassen muͤßten. Sie richtete hiernach ihre Preisfrage ein. Der
Concurrent hat die Frage
jedoch von einem anderen Gesichtspunkte aus aufgefaßt. Er hatte naͤmlich
schon seit langer Zeit einen Firniß erfunden, der sich sehr fest an die Steine
bindet, und sich durch die Einwirkung der Saͤure nicht abloͤst. Mit
diesem Firnisse nun dachte er, ließe sich auf die gewoͤhnliche Weise auf die
Steine zeichnen und schreiben, auf denen man hierauf durch Einwirkung einer
Saͤure erhabene Zeichnungen und Schriftzuͤge erhalten koͤnnte,
mit der sich Abdruͤke machen ließen. Die Versuche, die in dieser Hinsicht von
dem Concurrenten gemacht wurden, haben die Aufgabe so vollkommen, und auf eine so
einfache Art geloͤst, daß der Verfertigung von Landkarten und allen
Gegenstaͤnden, an welchen sowohl Zeichnungen, als Schriftzuͤge und
Zahlen nothwendig sind, kein Hinderniß wehr im Wege steht.
Die HH. Firmin Didot und Motte
nahmen im November 1827 ein Patent auf ein Verfahren, nach welchem lithographirte
Zeichnungen und Buchdrukerschriften zugleich abgedrukt werden konnten; sie legten
auch einige Versuche vor, aus denen man guͤnstige Resultate zu erwarten
berechtigt war. Sie beschrieben jedoch ihr Verfahren nicht genauer, und brachten
auch keine Erzeugnisse desselben in den Handel, so daß man ihre Arbeit nur als einen
Versuch, der fuͤr die Kunst erfolglos war, betrachten kann.
Hr. Duplat machte vor mehreren Jahren aͤhnliche
Versuche zur Herausgabe einer neuen Ausgabe der Fabeln von Lafontaine, die auf Stein
geschrieben waren; allein er bediente sich verschiedener Instrumente, mit denen er
die Steine aushoͤhlte.
Der Concurrent verdankt seinen guten Erfolg bloß der Erfindung eines leicht zu
bereitenden und wohlfeilen Firnisses, welcher sich sehr leicht auf die
lithographirte Zeichnung auftragen laͤßt, und so fest an demselben anklebt,
daß er der Wirkung einer ziemlich starken Saͤure widersteht, und sich nicht
abloͤst, waͤhrend die Saͤure die nicht damit
uͤberzogenen Theile des Steines ausfrißt.
Diesen Firniß nun bereitet der Concurrent auf folgende Weise. Man schmilzt in einem
neuen, innwendig glasirten Topfe:
2 Unzen
Jungfern-Wachs
1/2 –
schwarzes Pech
1/2 –
Burgunder-Pech,
und sezt diesen Ingredienzen nach und nach 2 Unzen
griechisches Pech oder sehr fein gepulvertes Erd- oder Judenpech zu. Alles
dieß laͤßt man so lange kochen, bis die Mischung gehoͤrig geschehen
ist, worauf man den Topf vom Feuer nimmt, ihn etwas abkuͤhlen laͤßt,
und dann die Masse in lauwarmes Wasser gießt, damit sie sich leicht handhaben
laͤßt. Aus dieser Masse macht man nun kleine Kugeln, die man, nach Bedarf, in solchem
Maße in Lavendel-Essenz aufloͤst, daß man einen Firniß von
gehoͤriger Consistenz erhaͤlt.
Dieser Firniß laͤßt sich sehr leicht mit der gewoͤhnlichen Walze auf
den Stein auftragen. Wenn die gehoͤrige Menge desselben auf diese Weise auf
den Stein gebracht worden, so raͤndert man diesen mit Wachs, wie es bei der
Einwirkung des Scheidewassers geschieht, und gießt dann einige Linien hoch Wasser
darauf, dem man hierauf Salpetersaͤure zusezt, welche hinlaͤnglich mit
Wasser verduͤnnt worden, damit die Einwirkung nicht zu lebhaft und zu rasch
erfolgt. Nach fuͤnf Minuten wird diese Fluͤssigkeit wieder entfernt,
der Stein abgewaschen, getroknet, und neuerdings mit der Walze gefirnißt, so daß die
Zuͤge der Schrift und der Zeichnung gehoͤrig geschuͤzt werden.
Ist dieß geschehen, so wird der Stein neuerdings geraͤndert, zum zweiten Male
3–4 Minuten lang mit gesaͤuertem Wasser behandelt, und dann wieder
abgewaschen. Nach dieser zweiten Anwendung der Saͤure bildet der Firniß,
welcher fest an dem Steine klebt, hinlaͤnglich erhabene Zuͤge, um
trokene Abzuͤge mit dem Steine machen zu koͤnnen.
Die Versuche, die in Gegenwart der Commission gemacht wurden, bewiesen, daß die auf
diese Weise behandelten Steine die vollkommensten Abdruͤke geben. Man kann
daher eine Landkarte oder irgend andere Gegenstaͤnde auf den Stein zeichnen,
Buchstaben oder Zahlen darauf machen, man kann auf autographisches Papier schreiben
oder zeichnen, diese Zuͤge auf den Stein uͤbertragen, und sie daselbst
so erhaben machen, daß man das Ganze mit der groͤßten Leichtigkeit abmodeln
und abklatschen kann. Alle Hindernisse, die der Verfertigung von Landkarten im Wege
standen, sind hierdurch gehoben, und wir zweifeln gar nicht, daß man die Landkarten
nach dieser Methode um die Haͤlfte wohlfeiler liefern wird, als man sie nach
der gewoͤhnlichen Methode zu liefern im Stande ist. Das Verfahren des
Concurrenten muß Epoche machen, und eine ganze Umwaͤlzung in der
Buchdrukerkunst bewirken.
Die Leichtigkeit und Schnelligkeit der Zeichnung werden gestatten, daß man jede
Arbeit auf Stein ausfuͤhren kann; nach der Anwendung des Firnisses und nach
der gehoͤrigen Saͤuerung wird man die dadurch erhaltene Platte
abklatschen, und sich auf diese Weise derselben wie einer Buchdrukerplatte bedienen
koͤnnen, um den Text mit den kleinsten Details wieder zu geben.
Der Holzschnitt wird sich durch die Zeichnung auf Stein oder lithographisches Papier,
die man dann uͤbertraͤgt, ersezen lassen, und auf diese Weise wird man
in den Buͤchern neben dem Texte die Abbildungen von Maschinen, Apparaten,
Thieren, Pflanzen etc. geben koͤnnen, wie dieß die Englaͤnder mit so
großem Vortheile durch den Holzschnitt thun. Wenn die gewoͤhnliche
Abklatsch-Methode sich nicht ganz und gar geeignet zeigen sollte, so
wuͤrde die Methode des Hrn. Genoux, uͤber
die der Gesellschaft erst vor Kurzem ein Bericht erstattet wurde,Vergl. Polytechn. Journal
Bd. XLIII. S. 33. gewiß jedes Hinderniß beseitigen. Wir glauben daher, daß man durch die
Verbindung dieser beiden neuen und ebenso sinnreichen als einfachen Erfindungen mit
einander mehr erlangen wird, als man je zu erwarten hoffen konnte, und daß die
Autographie, die bisher in ihren Erfolgen noch so weit hinter der Typographie
zuruͤkgeblieben war, diese leztere groͤßten Theils oder selbst ganz
ersezen wird.
Die Commissaͤre haben sich durch Versuche, die in ihrer Gegenwart gemacht
wurden, uͤberzeugt, daß man selbst den zartesten Strichen durch das Verfahren
des Concurrenten eine Erhabenheit von einer halben Linie geben kann, ohne daß sie
etwas von ihrer Reinheit verlieren. Die Commission fuͤrchtete, daß sich die
Saͤure bei ihrer Einwirkung auf den Stein unter den Strichen hindurch einen
Weg bahnen wuͤrde, so daß sich diese Striche dann leicht abloͤsen
koͤnnten; sie uͤberzeugte sich aber bei den Versuchen, daß der Firniß
rings um die Zuͤge eine Art von Anlauf (congé) bildet, welche deren Basis gegen die Einwirkung der
Saͤure schuͤzt. Die genaueste Untersuchung mit der Lupe gab ihr die
Gewißheit, daß der Stein rings um die Zuͤge tief angeaͤzt werden
koͤnne, ohne daß fuͤr die Zuͤge selbst irgend ein Nachtheil
daraus entstuͤnde.
Der Concurrent, dem wir diese wichtige Erfindung verdanken, ist der ruͤhmlich
bekannte Lithograph Girardet. Da derselbe, wie die
Commission uͤberzeugt ist, nicht nur die Aufgabe der Gesellschaft
geloͤst, sondern noch mehr geleistet hat, als dieselbe verlangte, so
schlaͤgt die Commission vor ihm den ausgeschriebenen Preis von 2000 Franken
zuzuerkennen, und ihm außerdem, in Betracht der großen Wichtigkeit und
Nuͤzlichkeit seiner Erfindung, eine Medaille erster Classe zuzustellen, wenn
nach seiner Methode gedrukte Werke erschienen seyn werden.
Steindruk mit Farben.
Fuͤr diesen Preis, der auf heuriges Jahr verschoben worden war, meldeten sich
dieß Mal drei Concurrenten, von denen sich der eine jedoch spaͤter
zuruͤkzog. Die zwei uͤbrigen Concurrenten, die Anfangs
gemeinschaftlich arbeiteten, sich aber spaͤter von einander trennten,
theilten der Gesellschaft mehrere, auf einem und demselben Steine mit Farben
gedrukte Ankuͤndigungen mit. Spaͤter uͤbergab der eine derselben auch
Landkarten mit Einfassung (à
liséré), Blumen und dergl., welche saͤmmtlich auf einem
und demselben Steine abgezogen worden waren, so wie auch mehrere Vignetten, die mit
verschiedenen Steinen abgezogen wurden, und welche das Titelblatt eines Heftes mit
solchen Zeichnungen bilden sollten.
Beide Concurrenten befolgten ein und dasselbe Verfahren; nur wendete der eine zum
Befeuchten des Steines eine andere Fluͤssigkeit an, mit der man nach seiner
Angabe viel bessere Resultate erhalten soll. Diese Fluͤssigkeit besteht aus
Wasser, in welchem Eiweiß verduͤnnt wurde.
Der Stein wird zuerst mit einem farblosen Firnisse uͤberzogen, worauf man die
Farben mittelst Pinsel auf jene Theile auftraͤgt, auf welche dieselben kommen
sollen, jedoch mit aller Vorsicht, damit alle uͤbrigen Theile ausgelassen
bleiben. Die uͤberschuͤssige Farbe wird mittelst eines
Abpuz-Pinsels entfernt. Wenn alle Theile auf diese Weise zugerichtet worden,
so macht man dann die Abdruͤke auf die gewoͤhnliche Weise.
Man erhaͤlt nach dieser Methode Abdruͤke, an denen die Illuminirer nur
wenig mehr zu thun haben, um sie ganz zu vollenden. Obschon nun diese Resultate zu
guͤnstigen Erwartungen berechtigen, so glaubt die Commission doch, daß der
Zwek der Gesellschaft nicht ganz erreicht sey, weil die Gesellschaft in dem Programm
zur Bedingung machte, daß wenigstens 1000 Exemplare nach dem neuen Verfahren
abgezogen seyn muͤssen, und daß nachgewiesen werde, daß die Methode weniger
Arbeit und weniger Kosten als der Kupferstich mit Farben mache. Die Commission
schlaͤgt daher vor, den beiden Concurrenten, den HH. Quinet und Roissy, statt des Preises eine
Medaille aus Bronze zu verleihen. Sie bemerkt ferner, daß der farbige Abdruk,
welchen Hr. Jarle in einer, der lezten Sizungen der
Gesellschaft vorlegte, und der gleichfalls mit einem einzigen Steine gemacht worden,
wegen der Regelmaͤßigkeit der Zeichnung und der guten Anwendung der Farben
die besten Resultate fuͤr die Zukunft verspricht. Hr. Jarle hat uͤbrigens sein Verfahren bisher noch nicht bekannt
gemacht.
Mittel gegen die Nachtheile, welche die Saͤure des
Papieres hervorbringt.
Die Nachtheile, welche ein Papier, dessen Zeug sauer geworden, dem Steindruke bringt,
sind schon seit langer Zeit bekannt. Der Stein wird bei solchem Papier nach
30–40 Abdruͤken fett, so daß kein weiteres Abziehen mehr
moͤglich ist. Diese Saͤure ruͤhrt vorzuͤglich von dem
Chlor her, womit der Zeug gebleicht wird, und welches denselben sauer macht, wenn er
nach dem Bleichen nicht sehr gut ausgewaschen wird; sie ist aber auch oft eine Folge
des Alaunes, welcher bei der Zubereitung des Leimes in großer Menge angewendet wird.
Es ist daher gar nicht selten, daß man im Handel Papier trifft, welches das Lakmus
stark roͤthet. Die nachtheilige Wirkung dieser Saͤure laͤßt
sich sehr leicht durch Abstumpfung dieser lezteren mit irgend einem Alkali aufheben;
einige Lithographen haben daher auch bereits auf den Rath der Chemiker ein schwach
ammoniakalisches Wasser zur Beseitigung derselben angewendet. Dieses Mittel ist
jedoch noch so wenig in Gebrauch gekommen, daß noch immer viele Lithographen durch
die Saͤure des Papieres Schaden leiden.
Hr. Joumar hat der Gesellschaft in einer Abhandlung, die
er derselben uͤberreichte, die Wirkung des sauren Papieres auf die Steine
dadurch erlaͤutert, daß er die Wirkung der Citronensaͤure auf einen
gummirten Stein als Beispiel annahm. Gießt man naͤmlich auf eine Zeichnung,
die bereits gesaͤuert und gummirt worden, schwache Citronensaͤure, und
laͤßt man den Stein dann troknen, so wird man finden, daß sich der Gummi, der
nirgends sichtbar war, an den Raͤndern der Stellen, die die Saͤure
einnahm, anhaͤufte. Wollte man nun einen Abzug machen, so wuͤrde sich
der Gummi mit dem Probeabdruke wegheben, so daß sich dann, nachdem der Stein das
Wasser, mit dem er impraͤgnirt war, verloren, der fettige Zug ausbreiten
koͤnnte. So oft dann in einem solchen Falle die Walze zum Auftragen der
Schwaͤrze uͤber den Stein geht, wird die Zeichnung oder die Schrift
immer schwerer: der Stein verwischt sich (s'estompe),
wie man zu sagen pflegt. Auf dieselbe Weise wirkt nun auch das saure Papier.
Um nun diesen Nachtheilen abzuhelfen oder vorzubeugen, schlaͤgt Hr. Joumar ein sehr einfaches und wohlfeiles Mittel vor,
welches gar keine Schwierigkeiten macht; er raͤth naͤmlich das Papier,
welches sauer geworden, durch leichte Kalkmilch zu ziehen, und es dann vor dem
Gebrauche uͤber Nacht troknen zu lassen. Nach dieser Behandlung kann man auch
saures Papier ohne alle Gefahr anwenden.
Das Mittel des Concurrenten ist so einfach, daß es wahrscheinlich von jedem Chemiker,
den ein Lithograph um Rath gefragt haͤtte, gleichfalls angegeben worden seyn
wuͤrde, und daß es daher keiner Belohnung wuͤrdig zu seyn scheint.
Allein, da die große Nuͤzlichkeit und Wirksamkeit desselben erwiesen ist, und
da es leider nur zu wahr ist, daß gerade die einfachsten Dinge oft am
laͤngsten vernachlaͤssigt, und am seltensten von Gelehrten berichtigt
werden, so schlaͤgt die Commission vor, Hrn. Joumar eine Medaille von 200 Franken im Werthe fuͤr die Mittheilung
seines Mittels zu verleihen.
Erhaltung der Steinzeichnungen.
Die lithographirten Zeichnungen oder Schriften werden, um dieselben gut und
unverdorben zu erhalten, gewoͤhnlich mit fetter Schwaͤrze
uͤberzogen, und der Stein gummirt. Wie troken auch der Ort seyn mag, an
welchem man diese Steine aufbewahrt, so geschieht es doch sehr haͤufig, daß
die Gummischichte an mehreren Stellen eine Veraͤnderung erleidet, und daß
man, wenn man einen Abdruk machen will, die Zeichnungen in groͤßeren oder
kleineren Streken verdorben findet. Ist diese Verderbniß zu weit gediehen, so kann
der Stein ganz verloren seyn; ist dieselbe hingegen nur in geringerem Grade
eingetreten, so muß der Stein ausgebessert werden; in jedem Falle erhaͤlt man
aber nur sehr schwer mehr schoͤne Abdruͤke, wenn der Stein etwas stark
angegriffen worden.
Hr. Lemercier, dem die Lithographie bereits so viel
verdankt, hat ein einfaches, leichtes und wohlfeiles Verfahren, wodurch sich dem
Verderben der Steine vorbeugen laͤßt, aufgefunden. Er uͤberzog den
bereits gummirten Stein anfaͤnglich mit einer duͤnnen Schichte der
Composition, von welcher wir sogleich sprechen werden, fand aber bald, daß das
Gummiren ganz uͤberfluͤssig ist, und daß ohne dasselbe die Sicherheit
nur noch groͤßer ist.
Die Commission hat zur Bestaͤtigung der Sicherheit von Hrn. Lemercier's Methode folgende Versuche angestellt. Sie
unterwarf 7 Steine vergleichsweise seinem Verfahren: 4 derselben wurden gummirt und
dann zum Theil mit einer Schichte der Composition des Concurrenten
uͤberzogen; die drei uͤbrigen wurden nicht gummirt, und bloß mit der
Composition versehen. Von diesen Steinen nun wurden 2 in einem Hofe, die Zeichnungen
gegen eine Mauer gekehrt, 3 Monate lang, waͤhrend welchen es stark und viel
regnete, den Unbilden der Luft und des Wetters ausgesezt; 3 kamen eine gleiche Zeit
uͤber in einen feuchten, nicht geluͤfteten, 1 1/2 Stok tiefen Keller;
und die 2 lezten endlich eine gleiche Zeit uͤber in ein Magazin, welches sich
ein halbes Stokwerk unter der Erde befand. In jede dieser Lage brachte man einen
gummirten und einen bloß mit der Composition uͤberstrichenen Stein.
Nach 3 Monaten zeigten nun diese Steine folgenden Zustand. Die in dem Keller
aufbewahrten Steine waren an einem großen Theile ihrer Oberflaͤche mit
Schwaͤmmen bedekt, und sowohl der Gummi, als der Ueberzug durchaus schimmelig
geworden; der Stein selbst war an mehreren Punkten bis in eine bedeutende Tiefe
angegriffen. Nach der Abnahme des Gummi oder des Ueberzuges zeigte sich die unter
der gummirten Stelle befindliche Zeichnung weit mehr angegriffen, als jene, die bloß
mit der Composition allein uͤberzogen gewesen. Dasselbe zeigten auch die Abdruͤke, die
mit diesen Steinen gemacht wurden: unter dem Gummi war der groͤßte Theil der
Zeichnung verschwunden, waͤhrend von der Zeichnung, die sich unter der
Composition befand, nur einzelne Stellen ausblieben.
Die in dem Hofe aufbewahrten Steine waren an den gummirten Stellen gleichfalls stark
angegriffen: ziemlich tiefe Spuren bemerkte man an jenen Stellen, an welchen das
Wasser durchgedrungen war. Die mit der Composition uͤberdekten Steine hatten
verhaͤltnißmaͤßig viel weniger gelitten.
An den in dem Magazine aufbewahrten Steinen waren die gummirten Zeichnungen hie und
da geflekt, so wie man dieß zuweilen auch an solchen Steinen findet, die in den
Werkstaͤtten selbst aufbewahrt wurden; die Zeichnungen, die mit der
Composition allein bedekt waren, zeigten hingegen nicht die geringste
Veraͤnderung und gaben die schoͤnsten Abdruͤke.
Hieraus erhellt, daß die Steine, die bloß mit dem Ueberzuge des Hrn. Lemercier allein bedekt worden waren, sich weit besser
erhielten, als jene, an welchen die Composition auf den Gummi aufgetragen wurde, so
daß die Anwendung des Gummi ganz unnuͤz und ehe nachtheilig ist.
Die Commission glaubt, daß, nachdem sich die Composition des Concurrenten selbst
unter so hoͤchst unguͤnstigen Umstaͤnden so wirksam zeigte, an
der Guͤte und Tauglichkeit derselben nicht mehr gezweifelt werden
koͤnne. Sie uͤberzeugte sich hievon auch in der Werkstaͤtte des
Hrn. Lemercier, in welcher die bloß gummirten Steine nach
12–13 Monaten so geflekt werden, daß sie zu Abdruͤken untauglich sind,
waͤhrend sich die mit der Composition versehenen vollkommen gut erhalten.
Diese Composition besteht nun aus:
5 Unzen
0 Quentchen
Wallrath
4 –
6 –
Burgund'sches Pech
3 –
0 –
Oliven-Oehl
1 –
0 –
weißes Wachs
1 –
0 –
Venetianer-Terpenthin.
Alle diese Ingredienzien werden zusammengeschmolzen, und diese Mischung dann mit
einer Walze auf den Stein aufgetragen.
Die Commission schlaͤgt der Gesellschaft vor, Hrn. Lemercier, in Betracht des großen und wichtigen Dienstes, welchen er der
Lithographie durch seine Erfindung geleistet hat, die silberne Medaille zu
ertheilen.
Schwarzkunst in der Lithographie.
Die Gesellschaft wurde schon im verflossenen Jahre auf die gluͤklichen
Versuche, welche die HH. Deveria und Tudot mit der Nachahmung der Schwarzkunst in der Lithographie
anstellten, aufmerksam gemacht. Die Commission vermuthete damals nicht, daß diese
neue, im Entstehen begriffene Kunst schon in weniger als einem Jahre einen Grad von
Vollkommenheit erreichen koͤnnte und wuͤrde, der wenig mehr zu
wuͤnschen uͤbrig laͤßt. Der dießjaͤhrige Concurrent hat
nicht durch Zufall ein gluͤkliches Verfahren gefunden, sondern er ist durch
die volle Kenntniß seiner Arbeit und seiner Aufgabe, und durch eine seltene
Emsigkeit und Ausdauer zu derselben gelangt.
Laͤßt sich in der Lithographie wirklich tuschen, oder koͤnnen die
angenehmen Wirkungen, welche die vielfarbigen getuschten Kupferstiche hervorbringen,
in der Lithographie nur durch ganz andere Mittel hervorgebracht werden? Diese Frage
scheint bereits durch die Versuche auf Stein zu tuschen, die von mehreren
ausgezeichneten Kuͤnstlern gemacht wurden, beantwortet.
Die Gesellschaft erinnert sich gewiß des herrlichen Steindrukes, den ihr Hr. Deveria vor einem Jahre vorlegte. Die zahlreichen
Versuche, welche seither gemacht wurden, zeigten jedoch, daß sich nur eine geringe
Zahl schoͤner Exemplare abziehen ließ, und daß sich die Details in kurzer
Zeit verkleistern, selbst wenn eine fluͤssige Farbe angewendet wird.
Ueberdieß laͤßt sich eine nach dieser Methode verfertigte Zeichnung nicht
ausbessern oder retouchiren.
Die schoͤnen und angenehmen Arbeiten, die man mittelst des Tamponnirens oder
Tupfens erhielt, wovon die von Hrn. Engelmann
herausgegebenen Zeichnungen des Hrn. Bacler d'Albe einen
Beweis geben, berechtigten zu der Erwartung, daß die Kuͤnstler sich dieser
Methode mit Eifer annehmen, und sie durch weitere Ausbildung leichter und
allgemeiner anwendbar machen wuͤrden. Allein der Tampon gibt wohl
Farbentoͤne voll Anmuth, keineswegs aber eine Zeichenmethode, weil man nur
einzelne Farben mit demselben geben, und bestimmte Toͤne weder nach Belieben
copiren, noch wieder hervorbringen kann. Außerdem hat dieses Verfahren den großen
Nachtheil, daß man waͤhrend der Arbeit seine Zeichnung nicht sieht. Der
Concurrent versuchte das Tamponniren mit der Anwendung der Walzen zu verbinden, und
erhielt dadurch interessante Resultate, die jedoch saͤmmtlich das
bestaͤtigen, was wir uͤber diese Methode so eben sagten.
Mehrere Kuͤnstler wendeten folgendes Verfahren an: sie impraͤgniren den
Stein mit einer Schichte lithographischer Kreide, breiten dieselbe mittelst eines
Wollenflekens oder anderen Zeuges aus, und bringen dann die gewuͤnschte
Wirkung dadurch hervor, daß sie die Kreide mit einem Schaber oder durch gelindes
Reiben mit einem Stuͤke Zeug entfernen. Bei diesem Verfahren wurde der Stein
bald kalt behandelt, bald wurde er erwaͤrmt; in beiden Faͤllen erhielt man jedoch beim
Abziehen selten laͤngere Zeit hindurch gute Resultate: die dunklen Farben
waren matt und die Mitteltoͤne schwer gleich zu erhalten; auch verkleksten
sich die Zeichnungen leicht. Auch bei dieser Methode zeigte sich mithin bei den
Versuchen, daß man nicht Herr und Meister dessen war, was man hervorbringen
wollte.
In diesem Zustande traf Hr. Tudot die Aufgabe; ihm erst
gelang es durch sinnreiche Modificationen an den Methoden seiner Vorgaͤnger
alle die Producte des Tuschens oder der Schwarzkunst auch mit den lithographischen
Steinen zu erhalten, sie nach Belieben zu erzeugen, sie ohne alle Schwierigkeit ins
Unendliche abzuaͤndern, und Zeichnungen zu liefern, welche eben so oft
abgezogen werden koͤnnen, als die Steinzeichnungen selbst. Um das Verfahren,
welches er mit so vielem Gluͤke anwendet, ganz verstaͤndlich zu
machen, muͤssen wir eine Untersuchung der Grundlagen, auf denen dasselbe
beruht, vorausschiken.
Die Natur des Kornes der Steine hat den groͤßten Einfluß auf die
Farbentoͤne, die man in einer Zeichnung erhalten kann; ist das Korn grob, so
sind die Toͤne einer groͤßeren Intensitaͤt faͤhig; ist
es hingegen fein, so werden die Toͤne lichter, und zeigen etwas, was an
gewischte Zeichnungen erinnert. Eine interessante Bemerkung des Hrn. Tudot betrifft die Kreide, welche er in fettige und
seifenartige eintheilt. Die fettigen Kreiden taugen am Besten zum Hervorbringen des
Getuschten; die mit seifenartiger Basis hingegen sind mehr zur Nachahmung der
Schwarzkunst geeignet. Die seifenartige Kreide gibt mehr Durchsichtigkeit, Glanz und
Reinheit, als die fettige, deren Toͤne gewoͤhnlich nur schwer werden;
erstere trennt sich naͤmlich leichter, wodurch sie fuͤr die Anwendung
der zu diesem Gebrauche bestimmten Instrumente tauglicher wird; leztere hingegen
haͤngt sich fester an den Stein an, und laͤßt sich daher schwerer
durch die Instrumente entfernen. Es ist uͤberdieß sehr schwer, eine mit einer
fettigen Kreide gemachte Zeichnung gehoͤrig zu wuͤrdigen,
waͤhrend man sich bei der Durchsichtigkeit der seifenartigen Kreide leicht
von der Zeichnung Rechenschaft zu geben im Stande ist.
Bei der gewoͤhnlichen Zeichnung auf Stein mit dem lithographischen Stifte
gehen die lichten Stellen durch eine zu starke Zubereitung, die fuͤr die
dunklen Theile noͤthig ist, sehr leicht verloren; um nun diesen lezten die
Durchsichtigkeit zu erhalten, und die ersteren dabei nicht zu veraͤndern, muß
man den Steinen nach der allgemeinen Zurichtung auch noch eine theilweise
oͤrtliche geben. Nach der Schwarzkunstmethode des Hrn. Tudot kann man dem Steine hingegen eine allgemeine Zubereitung geben, weil das Korn des
Steines gleichmaͤßig mit Kreide uͤberzogen ist.
Das Erwaͤrmen des Steines erzeugt ganz uͤberraschende Wirkungen; allein
es ist kaum moͤglich, diese Wirkungen so zu leiten, wie man es
wuͤnscht. Doch kann man sich desselben, wenn man es mit gehoͤriger
Vorsicht und Umsicht anzuwenden weiß, in einigen Faͤllen bedienen.
Die sogenannten geriebenen (frottés) lithographischen Zeichnungen, in denen sich besonders die
HH. Deveria, Saint-Evre, Eug. Delacroix, Boulanger, Eug. Isabey,
Roqueplan, Ziegler, Paul Huet und Dorchschwiller auszeichneten, und die eine Nachahmung des
Tuschens waren, ließen noch Vieles zu wuͤnschen uͤbrig. Der Stein wird
naͤmlich bei diesem Verfahren ganz mit Kreide oder Tinte uͤberzogen,
die Arbeit ist weich, die lichten Stellen sind weiter nichts als eine Abstufung, die
dadurch erzeugt wird, daß man die Kreide oder die Tinte mit Flanell oder mit irgend
einem anderen Koͤrper an jene Stellen bringt, an welchen man dunklere
Farbentoͤne erhalten will. Die nothwendige Folge dieses Verfahrens ist, daß
der Farbenton ungleich, und die lichten Stellen nicht dauerhaft werden. Die
Farbentoͤne lassen sich ferner nicht nach Belieben copiren, und man ist oft
gezwungen mit jenen Toͤnen zufrieden zu seyn, die der Stein eben gab. Alles
dieß ist bei dem Verfahren des Hrn. Tudot, von welchem
wir nun sprechen wollen, nicht der Fall.
Hr. Tudot bedient sich keiner Schaber (grattoirs), deren Nachtheile er erkannt hat, sondern er
bewirkt mittelst kleiner, von ihm erfundener Instrumente aus Buchsbaumholz, daß die
Kreide, nach dem er dem Steine mit der seifenartigen lithographischen Kreide eine
allgemeine Farbe gegeben, und diese Kreide durch hinlaͤngliches Reiben auf
dem ganzen Steine verbreitet hat, bis auf den Grund des Kornes eindringe.
Man kann sich auch beinerner Meißel zu diesem Zweke bedienen, und dann das Korn mit
kleinen, zugeschnittenen Stuͤkchen Holz, mit welchen sich die verlangten
Farben hervorbringen lassen, losmachen. Hr. Tudot wendet
jedoch statt dieses unvollkommenen Instrumentes, sogenannte Auskoͤrner (égrenoirs) an, die
er entweder aus einem einzigen oder aus mehreren, mehr oder weniger
gehaͤrteten Stahldraͤhten verfertigt, und mit denen sich wegen ihrer
Biegsamkeit und wegen der verschiedenen Formen, die man dem Ende derselben geben
kann, die Kreide entfernen und auf der allgemeinen Farbe, die man dem Steine gegeben
hatte, jeder beliebige lichtere Ton hervorbringen laͤßt. Hr. Tudot wendet zur Vervollkommnung seines
Instrumenten-Apparates auch elfenbeinerne Spizen und Stahlfedern an, mit welchen man den
Zeichnungen alle die Kraft oder all das Markige geben kann, welches man
wuͤnscht. Verbindet man hiemit noch die Erweichung der Kreide, die Hr. Tudot nach Beduͤrfniß vornimmt, so hat man ein
Verzeichniß aller jener Huͤlfsmittel, deren er sich bei seinem Verfahren
bedient.
Es erhellt wohl hinreichend, daß die Wirkung dieser Instrumente sehr von jener einer
Buͤrste abweicht, die man allenfalls statt derselben anzuwenden gesonnen seyn
moͤchte. Die Buͤrste breitet naͤmlich die Kreide aus,
verbreitet dieselbe auf der Oberflaͤche des Steines, und koͤnnte
vielleicht sogar jenen Theil wegnehmen, der an der Spize des Kornes
festhaͤngt; die Instrumente des Hrn. Tudot
hingegen entfernen aͤußerst kleine Theilchen der Kreide im Grunde des Kornes
selbst, und gewaͤhren den unschaͤzbaren Vortheil, daß man die
Zeichnungen nicht mit Kreide zu uͤberladen braucht, um kraͤftige
Farbentoͤne zu erhalten, und daß man, um lichtere Toͤne zu erhalten,
nur mehr oder weniger von der Kreide, die in das Korn eindrang, zu entfernen
braucht, so daß man, wenn man alle die Kreide wegnimmt, bis zum Weißen gelangen
kann.
Außer diesen Vortheilen des Tudot'schen Verfahrens kommen
demselben noch eine große Leichtigkeit der Ausbesserungen und beliebiger
Veraͤnderungen, welche man an den Zeichnungen anbringen will, zu; man braucht
naͤmlich in diesen Faͤllen nur frische Kreide in das Korn eindringen
zu lassen, um die Arbeit unverzuͤglich wieder beginnen zu koͤnnen.
Hr. Tudot hat sein Verfahren bereits mehreren
Kuͤnstlern mitgetheilt, und diese erkannten in demselben sogleich die großen
Vortheile, die daraus erwachsen muͤssen, so daß sich die lithographische
Schwarzkunst gleich von ihrer Kindheit an einer weit guͤnstigeren Aufnahme zu
erfreuen hat, als die Lithographie erst nach langen Jahren bei uns fand. Die
Commission wohnte dem Abziehen mehrerer Zeichnungen fuͤr das Stammbuch,
welches Hr. Motte herausgibt, bei. Diese Zeichnungen
waren von den HH. Deveria, Isabey und Grenier nach der Methode des Hrn. Tudot verfertigt; der 600ste Abdruk derselben war noch eben so
schoͤn wie der erste, obschon die Druker fruͤher noch nie nach dieser
Methode gearbeitet hatten.
Die neue Kunst des Hrn. Tudot wird gewiß Epoche in der
Lithographie machen; sie erfreut sich in den Haͤnden unserer Kuͤnstler
und vorzuͤglich durch die Unterstuͤzung des verdienten Hrn. Lemercier bereits der besten und segenreichsten Pflege,
und muß immer und mehr an Wichtigkeit gewinnen, da bei derselben jeder Maler, ohne
daß er Kupferstecher oder Lithograph zu seyn brauchte, die Producte seiner Phantasie in
wenigen Augenbliken auf den Stein zu zeichnen im Stande ist. Die Commission
schlaͤgt daher der Gesellschaft vor, dem Hrn. Tudot in Anerkennung des großen Verdienstes, welches er sich um die Kunst
erwarb, eine goldene Medaille im Werthe von 2000 Franken uͤberreichen zu
lassen.