Titel: | Vorschläge zur besseren Behausung von Arbeitsleuten und Armen in England. Von einem sogenannten Junius Redivivus, und von Hrn. J. C. Loudon. |
Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LVI., S. 258 |
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LVI.
Vorschlaͤge zur besseren Behausung von
Arbeitsleuten und Armen in England. Von einem sogenannten Junius Redivivus, und von Hrn. J. C. Loudon.
Aus dem Mechanics' Magazine N. 434. S. 165 und N. 443
S. 322.
(Im
Auszuge.)
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Ueber Vorschlaͤge zur besseren Behausung von Arbeitsleuten
und Armen in England.
I. Vorschlag des Junius
Redivivus.Wir wollten Anfangs nur in einer kurzen Notiz auf diesen Aufsaz aufmerksam
machen, fanden uns aber durch das viele Nuͤzliche, welches er uns zu
enthalten scheint, und welches auch in manchen deutschen
Fabrikstaͤdten, in denen leider das Loos der englischen Arbeiter nach
und nach in verjuͤngtem Maßstabe heranzuruͤken scheint, aller
Beruͤksichtigung verdienen duͤrfte, gedrungen, demselben einen
groͤßeren Raum zu schenken. Wir glauben zwar nicht, daß der Verfasser
seinem Plane jezt schon alle die Vollkommenheit gegeben habe, deren er
faͤhig ist; wir wissen auch, daß schon zu verschiedenen Zeiten
aͤhnliche Vorschlaͤge gemacht und wieder aufgegeben wurden;
allein wir halten uns fuͤr uͤberzeugt, daß dieselben mit der
Zunahme der Industrie und mit der Vermehrung der Bevoͤlkerung doch
endlich in's Leben treten muͤssen, und bei gehoͤriger
Vervollkommnung ihre guten Wirkungen auch nicht verfehlen werden. Die
Regierungen zur Errichtung solcher Anstalten aufzufordern, scheint uns
unnuͤz, ja nachtheilig, so lange dieselben kein freieres und mehr auf
allgemeine Aufklaͤrung und Bildung abzielendes System zur Basis ihres
Wirkens gemacht haben, und so lange ihre hohen und niederen Schreiber bei
jeder Gelegenheit ihre Macht und Wichtigkeit zeigen zu muͤssen
glauben. Moͤchten sich daher Private finden, die einsehen, daß sie
auf diesem Wege, bei ihrem eigenen Vortheile oder wenigstens bei keinem
Nachtheile von ihrer Seite, unendlich Vieles zum Gluͤke und Wohle von
Tausenden ihrer Mitbuͤrger beitragen koͤnnen.A. d. Ueb.
Das große Elend, in welchem der groͤßte Theil der Armen und der niederen
Arbeitsleute in England lebt: dieses Elend, welches nirgendwo groͤßer seyn
kann, als in England, und von welchem sich nur jene einen Begriff zu machen im
Stande sind, die dasselbe mit eigenen und etwas menschlichen Augen gesehen haben;
dieses Elend, welches mir die vorzuͤglichste Ursache der immer mehr
zunehmenden Immoralitaͤt unter dieser Menschenclasse zu seyn scheint, brachte
auch mich zum Nachdenken und zu dem Wunsche ein Mittel ausfindig zu machen, wodurch
diesem großen, die Wuͤrde und den Koͤrper des Menschen
allmaͤhlich zerstoͤrenden, Uebel abgeholfen werden koͤnnte.
Die Erwaͤgung aller der Verhaͤltnisse, unter denen diese Leute leben,
die Unzwekmaͤßigkeit und Schlechtigkeit der Wohnungen, in denen sie
fuͤr ein verhaͤltnißmaͤßig enormes Geld ein Unterkommen finden,
welches oft fuͤr das Vieh zu schlecht waͤre, und vorzuͤglich
auch der Umstand, daß die Arbeiter nach muͤhsam vollbrachter Tagesarbeit zu
Hause, wenn sie unverheirathet sind, nichts zu essen finden, und sich erst an einem
dritten Orte um theures Geld eine nur zu oft schaͤdliche und schlechte Nahrung
verschaffen muͤssen, und, wenn sie verheirathet sind, statt des Essens oft
nur der Klagen und Bitten eines Schwarmes hungriger Kinder theilhaftig werden,
fuͤhrte mich zu der Idee, große Gebaͤude, sogenannte Collegien oder
Casernen zu errichten, in denen die Arbeiter in Gemeinschaft leben, und mit
Leichtigkeit und geringeren Kosten ihre Lebensbeduͤrfnisse erhalten
koͤnnten. Ich bin zwar, so wie mehrere meiner Gegner, uͤberzeugt, daß
ein solches Zusammenleben, ein solches Casernensystem, nur dann alle seine
guͤnstigen Resultate in vollem Maße zeigen kann und wird, wenn dasselbe nicht
bloß auf voller Gemeinschaft des Eigenthums, sondern auch auf einer groͤßeren
oder geringeren Gleichheit der physischen und geistigen Eigenschaften beruht: ein
Ziel, dem wir erst im Laufe von Jahrhunderten naͤher kommen werden und
muͤssen. Allein ich glaube, daß bei zwekmaͤßiger Einrichtung solcher
Unternehmungen doch auch jezt schon Vieles zur Erleichterung, und zur physischen und
moralischen Veredlung der niedrigen Classen beigetragen werden koͤnnte. Ich
hoffe daher, daß mein Plan zur besseren Behausung dieses wichtigen und wahrhaft
nuͤzlichen und schaffenden Theiles unserer Mitmenschen um so mehr Eingang
finden wird, als derselbe auf einem Principe beruht, welches gegenwaͤrtig die
ganze Welt regiert, und welches die Basis sowohl unserer Privat- als
Staats-Oekonomie bildet, naͤmlich auf dem Interesse oder auf dem
Egoismus, oder auf dem allgemeinen Wunsche: wohlfeil zu kaufen und theuer zu
verkaufen.
Ehe ich jedoch zur Auseinandersezung meines Planes schreite, sey es mir erlaubt, eine
Schilderung der gegenwaͤrtigen Wohnungen der Arbeiter, die meistens gar nicht
zu diesem Zweke bestimmt und berechnet sind, vorauszuschiken. Ich will als Beispiel
nur ein solches Haus beschreiben, welches sich mitten in London befindet. Es besteht
naͤmlich aus einem großen Kohlenkeller, aus 2 unterirdischen Kuͤchen,
in deren einer sich eine Wasserkufe befindet, die bestaͤndig
uͤberlaͤuft und den Boden feucht erhaͤlt, zu ebener Erde aus
einem Laden und einem Zimmer, im ersten Stoke aus zwei Zimmern, im 2ten Stoke
ebenfalls aus 2 Zimmern, und endlich noch aus zwei Dachstuben. Die Rente eines
solchen Hauses belaͤuft sich des Jahres auf 45 Pfd. Sterl. (540 fl.), was in
Hinsicht auf seine Lage noch gar nicht viel ist; die Taxen des Staates, der gewiß
nicht zu kurz kommt, stehen im Verhaͤltnisse. Der gegenwaͤrtige
Miethmann des Hauses ist ein Meister, der verschiedene
Frauenzimmer-Verzierungen liefert und der sich die Woche 3–4 Pfund
verdient. Er hat dermalen die beiden Zimmer im ersten Stoke inne, allein als er in
die Miethe trat, hatte er das vordere Zimmer vermiethet, und war daher auf das hintere allein
beschraͤnkt. In dieses Zimmer oder vielmehr in dieses Loch, welches 11
Quadratfuß groß ist, gelangte man, da der Eingang eigentlich durch das vordere
vermiethete Zimmer bestimmt war, nun durch einen Schieber in der hoͤlzernen
Scheidewand neben der Stiege. Darin lebte der Mann, sein Weib und Kinder unter 10
Jahren. An dem einzigen Fenster stand die Werkstaͤtte, an der der Mann von
fruͤh Morgens bis in die Nacht saß; in einem Winkel lagen die schmuzigen
Betten wie ein Misthaufen aufgethuͤrmt, und darauf schlief das eine oder das
andere der Kinder; in einem anderen Winkel stand der Ofen und dabei das Weib,
beschaͤftigt mit dem Kochen, dem Saͤugen und Wiegen von zwei Kindern.
Das ganze uͤbrige Hausgeraͤthe bestand aus einem Stuhle, einem Tische
und einigem schmuzigen Kuͤchengeschirre. Den Laden und das Zimmer zu ebener
Erde bewohnte ein Gruͤnzeughaͤndler, der mit den faulenden
Abfaͤllen seiner Waare das ganze Haus parfumirte, und der gleichfalls ein
Weib und 2 Kinder besaß. Im 2ten und 3ten Stoke wohnten aͤhnliche Familien,
so daß im ganzen Hause 33 Seelen wohnten! Die eine Kuͤche ist bloß zum Wasser
benuzt, die andere ist Gemeingut: es wird aber, wegen der Kostbarkeit des
Brennmaterials in ihr nur gewaschen. Da der Abtritt voll Ratten ist, so wird der
Kohlenkeller als solcher benuzt, und dieß um so mehr, da, aus Furcht bestohlen zu
werden, Niemand die theuren Kohlen anderswo als in seinem Zimmer aufbewahren will.
Der Gestank, der einem aus einer solchen Wohnung entgegenkommt, ist
fuͤrchterlich, und wuͤrde, wenn er nicht durch den Kohlenrauch in
etwas verbessert wuͤrde, gewiß boͤsartige Krankheiten erzeugen
muͤssen.
So grell diese Schilderung auch scheinen mag, so ist sie doch nur das getreue Bild
der Lebensweise der Mehrzahl derjenigen, die sich die Woche nur 30 Schillinge (7 fl.
12 kr.) oder darunter verdienen, und dabei verheirathet sind; ausgenommen ihr Weib
verdient sich gleichfalls etwas. Jene, welche sich woͤchentlich 2 Pfd. Sterl.
(24 fl.) verdienen, leben schon viel besser, und jene endlich, die sich
woͤchentlich auf 3 Pfd. Sterl. (36 fl.) stehen, haben schon gute Kost, gute
Kleidung und gute Einrichtung. Und doch wird man sich erst dann einen Begriff von
dem ganzen Elende machen koͤnnen, wenn man bedenkt, daß die nasse
Waͤsche in dem einzigen Zimmer getroknet werden muß, daß der Mann oft ein
Trunkenbold ist, und daß das Weib mit allen uͤbrigen Parteien in Hader und
Streit lebt.
Eine solche Wohnung nun, die gewiß gar keine Bequemlichkeit gewaͤhrt, die alle
Moralitaͤt untergraͤbt und zerstoͤrt, und die hoͤchstens
dazu geeignet ist, um sich zur momentanen Befreiung von den Sorgen und zum Wohle des
Staatsschazes einen Branntweinrausch zu trinken, eine solche Wohnung kommt einer Familie des
Jahres auf 12 Pfd. Sterl. (144 fl.) zu stehen! Der einzige Ersaz, den sie
gewaͤhrt, ist, daß man volle Freiheit hat, und daß man dieselbe nach Belieben
gegen eine bessere vertauschen kann. Aus diesem einzigen Grunde zieht auch der
groͤßte Theil diese elende Existenz dem Aufenthalte in einem Arbeitshause
oder in einer anderen aͤhnlichen, mit allen Bequemlichkeiten ausgestatteten
Behausung vor, in welcher den Befehlen der Vorsteher unbedingter Gehorsam geleistet
werden muß. Ich ehre auch dieses Selbstgefuͤhl, und bin der Meinung, daß eine
patriarchalische Verwaltung nur fuͤr Sklaven taugt, und einem freien Manne
unertraͤglich ist; daß sie den Menschen alles Bliken in die Zukunft beraubt,
die Entwikelung seiner geistigen Kraft und Faͤhigkeit hemmt, seinen Verstand
in die Graͤnzen zwaͤngt, die ihm von dem Vorgesezten nach Belieben
gestekt werden, und ihn so endlich zum bloßen Werkzeuge eines anderen
herabwuͤrdigt.
Man wird sich erinnern, daß der gegenwaͤrtige schoͤne Soho-Bazar
von dem Eigenthuͤmer urspruͤnglich zu einer Werkstaͤtte
verschiedener Kriegsbeduͤrfnisse bestimmt war, die er der Regierung durch
mehrere Jahre contractmaͤßig zu liefern hoffte. Allein der Contract zerschlug
sich, wie so mancher andere, und das ganze Gebaͤude blieb zum großen Schaden
des Eigenthuͤmers mehrere Jahre leer stehen, bis endlich der Erbauer auf die
Idee kam, eine Art von orientalischem Bazar daraus zu machen, in welchem die
Arbeiter ihre Erzeugnisse selbst verkaufen, und sich so jenen Gewinn sichern
koͤnnten, den sie bisher den Ladenhaͤltern uͤberlassen mußten.
Das Gebaͤude wurde zu diesem Zweke vortrefflich eingerichtet, geheizt,
beleuchtet und mit allen zur Sicherheit des Eigenthums beitragenden Erfindungen
versehen. Es zeigten sich so viele Miethleute, daß die Aufnahme derselben eine Art
von Gunst, und das Gebaͤude eine der besten Speculationen wurde. Der
Miethzins stieg ungeheuer und mußte taͤglich voraus bezahlt werden. So gut
nun der groͤßte Theil der Einrichtungen und des Reglements dieser Anstalt
ist, so wohlthaͤtige Wirkungen sie schon hatte, so ist die patriarchalische
Gewalt, die in derselben ausgeuͤbt wird, doch hie und da in eine wahre
Unterdruͤkung ausgeartet. So z.B. darf keiner der Verkaͤufer in der
Anstalt etwas essen, und sich die Kost auch nicht aus seiner Wohnung kommen lassen,
sondern er muß in einer eigenen, damit verbundenen, Traiteuranstalt essen, und
dergl. mehr. Es ist uͤbrigens durchaus nicht meine Absicht, den
wohlthaͤtigen und doch zugleich sein Interesse foͤrdernden Leistungen
des Unternehmers nahe treten zu wollen, sondern bloß ihn auf die Maͤngel
seiner Anstalt aufmerksam zu machen.
Der Plan kleine Haͤuser fuͤr die Armen zu erbauen, ist zwar in Hinsicht auf
Bequemlichkeit und Unabhaͤngigkeit dieser Leute der beste, allein er macht
sehr viele Kosten nothwendig, die sich in jedem Hause wiederholen, die zu etwas
Nuͤzlicherem verwendet werden koͤnnten, und die sich bei großen
Gebaͤuden bedeutend vermindern. Ueberdieß ist es in großen Staͤdten
wegen Mangels an Raum noͤthig, so viele Stoͤke als moͤglich auf
einander zu bauen; auch laͤßt sich, wenn gut gebaut wird, gegen diese
Hoͤhe der Gebaͤude gar nichts einwenden, denn je hoͤher sie
sind, um so gesuͤnder werden sie in den oberen Stokwerken seyn.
Ich nehme den Miethzins, den ein verheiratheter Mann mit 3–4 Kindern
jaͤhrlich zahlt, zu 12 Pfd. Sterl. (144 fl.) an; dabei erhalten die
Eigenthuͤmer die erbaͤrmlichen Wohnungen, die sie vermiethen, zu
10–15 Procent verinteressirt. Laͤßt sich hienach zweifeln, daß ein
Capital, welches auf den Bau eines großen, fuͤr die Armen bestimmten und mit
allen Bequemlichkeiten versehenen Hauses verwendet wuͤrde, dem Unternehmer
nicht jaͤhrlich wenigstens 7 Procent Interessen abwerfen muͤßte? Und
ist ein solches Interesse heut zu Tage gering?
Das Pantechnicon ist eine neue, meinem Plane aͤhnliche Unternehmung, die
jedoch bloß fuͤr Aufbewahrung von Waaren und Wagen bestimmt ist, und in
welcher diese Dinge besser gehalten sind, als viele Tausende von Menschen. In diesem
Pantechnicon nun kostet die Aufbewahrung eines vierraͤderigen Wagens
woͤchentlich 1 Schill. und 3 Pence (45 kr.), eine Summe, die bald auf 2
Schill. (1 fl. 12 kr.) steigen duͤrfte! Da aber hierunter die Ausgaben
fuͤr das Hin- und Her-Bringen, fuͤr das Reinigen und
Waschen begriffen sind, so laͤßt sich der woͤchentliche Miethertrag
des Plazes fuͤr einen Wagen zu 18 Pence (54 kr.) annehmen. Der Raum
fuͤr 4 Wagen betraͤgt beilaͤufig 468 Quadratfuß, und dieser
Raum gibt 2 Zimmer zu 15 Quadratfuß, die woͤchentlich 6 Schill. (3 fl. 36
kr.) tragen. Die Auslage fuͤr das Abtheilen der Zimmer wuͤrde dadurch
ausgeglichen werden, daß das Gebaͤude fuͤr Menschen weniger massiv zu
seyn braucht, als fuͤr Wagen. Zwei solche Zimmer zu 15 Quadratfuß
wuͤrden fuͤr eine Familie von 5–6 Koͤpfen ein Paradies
gegen jene Wohnungen seyn, in denen sie sich gegenwaͤrtig aufhalten muß. Nach
dem Preise der Miethe fuͤr die Wagen berechnet, wuͤrde eine solche
Wohnung des Jahres auf 15 Pfd. Sterl. (180 fl.), mithin um 3 Pfd. hoͤher, als
der oben angenommene Miethzins einer armen Familie kommen. Dieser Mehrbetrag wird
aber mehr als hinreichend dadurch entschaͤdigt, daß das ganze Gebaͤude
geheizt ist, und der Miethmann also die Auslagen fuͤr das Brennmaterial
erspart.
Fuͤr solche Zimmer von 15 Quadratfuß wuͤrde eine Hoͤhe von 9 Fuß hinreichen. 400
Familien wuͤrden 800 derlei Zimmer brauchen. Die beste Form fuͤr ein
solches Gebaͤude duͤrfte wohl ein hohles Vierek seyn, welches durch
jede thunliche Anwendung von Gußeisen anstatt des Holzes so feuerfest als
moͤglich gemacht werden muͤßte. Die Schlafzimmer, in die man durch das
Wohnzimmer gelangt, muͤßten saͤmmtlich vorn heraus, die Wohnzimmer
hingegen in das Innere des Gebaͤudes sehen. Eine jede Seite des Vierekes
wuͤrde beilaͤufig 350 Fuß messen, und an jeder Eke wuͤrde eine
Stiege angebracht werden muͤssen. Zu den einzelnen Wohnungen wuͤrde
man auf Gallerien oder Gaͤngen gelangen, die innen an jedem Stokwerke
herumliefen, 10 Fuß breit waͤren, und die bei schlechtem Wetter auch
Gelegenheit zur Bewegung in der Luft gewaͤhren wuͤrden. Die
Gemaͤcher zu ebener Erde waͤren fuͤr Bureaus oder dergl.
bestimmt; die uͤbrigen 5 Stokwerke wuͤrden auf jeder Seite des
Vierekes 200 Zimmer geben. Der Raum zwischen den Waͤnden wuͤrde von
der inneren Seite zur aͤußeren 34 Fuß betragen; rechnet man hiezu noch 10 Fuß
fuͤr die Gallerien, so wuͤrde im Inneren ein vierekiger Raum von 262
Fuß bleiben, der gewiß zur Ventilation, die bei einer so großen
zusammengehaͤuften Menschenmenge dringend noͤthig ist, hinreichen
wuͤrde, und den vielleicht einige sogar fuͤr verschwenderisch halten
moͤchten. Jede Seite des Vierekes muͤßte seine Kuͤche haben, in
der die Miethleute wohlfeiler als anderswo Nahrung finden koͤnnten, da bei
der großen Menge der Abnehmer schon ein sehr kleiner Gewinn durch die
haͤufige Wiederholung sehr eintraͤglich werden wuͤrde. Warme
Baͤder muͤßten billig zu haben seyn; auch muͤßte sich auf jeder
Seite des Gebaͤudes ein Waschhaus befinden, worin die Weiber gegen eine sehr
geringe Summe ihre Waͤsche waschen koͤnnten. Vielleicht ließen sich
auch nach demselben Principe Kuͤchen errichten, damit so wenig als
moͤglich in die Angelegenheiten eines jeden Inwohners eingegriffen
wuͤrde. Die Heizung wuͤrde durch die uͤberschuͤssige,
aus den Kuͤchen, den Baͤdern, den Waschhaͤusern gewonnene,
durch Roͤhren hergeleitete und gehoͤrig vertheilte Hize, so wie durch
einen Gasometer, der zur Beleuchtung des ganzen Gebaͤudes dient, sehr leicht
geschehen koͤnnen. Kohlen und andere aͤhnliche Hausbeduͤrfnisse
koͤnnten von dem Hauseigenthuͤmer zu seinem eigenen Vortheile sowohl,
als zur Erleichterung der armen Einwohner wohlfeiler geliefert werden, als sie sich
dieselben bei einem Kleinverkaͤufer zu verschaffen im Stande sind.
Ich zweifle nicht, daß aͤhnliche Wohnungen nach und nach große Vortheile und
Veraͤnderungen hervorbringen wuͤrden und muͤßten. Die Besseren
der Einwohner wuͤrden durch ihre Tugenden bald einen gewissen Einfluß
erlangen, und die Schlechteren entweder durch ihr Beispiel zur Besserung ermuntern
und antreiben, oder sie veranlassen freiwillig eine Anstalt zu verlassen, in der sie
nur zu ihrer eigenen Schande leben koͤnnten. Gewiß wuͤrde durch dieses
Zusammenleben ein Wetteifer in Hinsicht auf Reinlichkeit und Maͤßigkeit
entstehen. Familien, die bereits erwachsene Soͤhne oder Toͤchter
haben, duͤrften sich mit einander verbinden, und Wohnungen miethen, in
welchen mehrere dieser erwachsenen Maͤdchen oder Juͤnglinge beisammen
wohnen koͤnnten.
Bei diesem Systeme ließe sich auch einem Uebel abhelfen, durch welches viele Kinder
schon in den ersten Jahren fuͤr ihr ganzes Leben ungluͤklich und siech
gemacht werden, oder gar ihr Leben einbuͤßen. Sehr oft muß naͤmlich
sowohl der Vater als die Mutter der Arbeit nachgehen, um den duͤrftigen
Lebensunterhalt zu erwerben; die kleinen Kinder muͤssen diese Zeit
uͤber sich selbst uͤberlassen daheim eingeschlossen bleiben, und
erhalten, damit sie waͤhrend dieser Zeit schlafen, von der Mutter beim
Weggehen einen Schluk Branntwein oder von Dalby's schlafmachendem Elixir, wodurch
ihre Gesundheit fuͤr immer zu Grunde gerichtet wird! Wie viele von den etwas
mehr erwachsenen Kindern in Abwesenheit der Aeltern verbrennen, oder auf andere
Weise zu Grunde gehen, oder zu Kruͤppeln werden, ist nur zu bekannt. Ich
wuͤrde nun zur Abhuͤlfe dieser fuͤrchterlichen Unmenschlichkeit
und um den ungluͤklichen Kindern eine bessere Erziehung zu sichern, in dem
großen Hofraume meines Gebaͤudes ein kleineres vierekiges Gebaͤude
auffuͤhren, und dessen Erdgeschoß in eine Knaben- und
Maͤdchen-Schule abtheilen. Die Lehrer fuͤr diese Schulen
koͤnnten die Aeltern selbst waͤhlen, um auf diese Weise sicher zu
seyn, daß es nicht auf Errichtung eines geldtragenden Amtes abgesehen ist. Die
beiden Schulzimmer koͤnnten uͤbrigens auch als Bibliotheken dienen, in
denen Maͤnner und Weiber des Nachts zur Unterhaltung oder Belehrung lesen,
allgemeine Unterredungen halten, oder Vortraͤgen beiwohnen koͤnnten,
zu denen sich gewiß nicht selten menschenfreundliche, und fuͤr Verbreitung
des Guten und Nuͤzlichen thaͤtige Maͤnner herbeilassen
wuͤrden. Im zweiten Stoke wuͤrde ich eine Schule fuͤr die
kleineren Kinder errichten, deren Lehrer gleichfalls gewaͤhlt, und vielleicht
unter den erwachsenen Soͤhnen und Toͤchtern der Einwohner selbst
gefunden werden koͤnnten. Im dritten Stoke endlich errichtete ich eine
Pfleganstalt fuͤr die ganz kleinen Kinder jener Muͤtter, die nicht bei
ihren Kindern zu Hause bleiben koͤnnen, sondern dem Erwerbe ihres und ihrer
Kinder Lebensunterhaltes nachgehen muͤssen. In dieser Anstalt wuͤrde
ich bei einer bestaͤndigen Ventilation und Erneuerung der Luft doch immer
eine gleiche Waͤrme erhalten, damit die Kinder ohne Gefahr der
Erkuͤhlung frei auf den Betten oder dem Boden herumkugeln koͤnnten, und
zwar ohne die unsinnigen Fatschen und Binden, welche die freie Entwikelung des
Koͤrpers hindern, ihn in eine lebendige Mumie verwandeln, und zu nichts gut
sind, als um den Menschen von Jugend an an den Zwang und Druk zu gewoͤhnen,
der ihm in spaͤteren Jahren physisch und psychisch unter den meisten
Regierungen zu Theil wird. Bekanntlich gedeihen die Kinder in den heißen Klimaten in
naktem Zustande am besten, und ein kuͤnstliches heißes Klima wird einem
natuͤrlichen um so weniger nachstehen, als man dasselbe leichter gegen allen
Wechsel verwahren kann. Diese Einrichtung, die ich im Auge habe, kaͤme den
Aeltern, wenn sie etwas im Großen gemacht wuͤrde, gewiß nicht theuer zu
stehen. Zu Waͤrterinnen koͤnnten gleichfalls die tauglicheren
erwachsenen Toͤchter der Einwohner gewaͤhlt werden; sie muͤßten
so wie die Lehrer der unteren Schulen einen kleinen Gehalt ausgesprochen bekommen,
zu dem von allen Einwohnern gemeinschaftlich beigetragen wuͤrde.
Fuͤr jene, welche groͤßere Wohnungen wuͤnschten, ließen sich
leicht mehrere kleine vereinigen. Der Eigenthuͤmer muͤßte alles was
zur Einrichtung noͤthig ist, vorraͤthig haben, damit beim Ausziehen
nicht Alles hin und her getragen werden muß. Allein, wie gesagt, in allen Dingen bis
zu den geringsten Kleinigkeiten muͤßte, wenn der Plan bei uns oder irgend
einem seiner selbst bewußten Volke gelingen soll, die persoͤnliche Freiheit
als leitender Grundsaz im Auge behalten werden.
Es ließe sich zwar auch in kleinerem Maßstabe eine aͤhnliche Anstalt
errichten, z.B. fuͤr 100 Familien; doch wird sich eine solche nie so
vortheilhaft zeigen wie eine groͤßere. Ich sehe keine nur etwas triftigen
Gruͤnde, die sich gegen meinen Plan vorbringen ließen, und bin der Vortheile
desselben fuͤr den Unternehmer sowohl, als fuͤr die Miethleute ganz
uͤberzeugt. Was die Ausfuͤhrung desselben betrifft, so halte ich die
von mir vorgeschlagene Bauart keineswegs fuͤr die beste; es genuͤgt
mir die Sache in Anregung gebracht zu haben. Wer meine Idee richtig aufgefaßt hat,
der wird leicht Techniker finden, die zur Realisirung derselben bessere
Rathschlaͤge zu geben wissen, als ich es zu thun im Stande bin.
II. Vorschlag des Hrn. J. C. Loudon.
Ich habe seit langer Zeit keinen Aufsaz gelesen, der mehr Interesse in mir erregt
haͤtte, als jener des Hrn. Junius Redivivus, und
der, nach meiner Meinung, einen wohlthaͤtigeren Einfluß auf das Wohl einer
der bedraͤngtesten und nuͤzlichsten Classe unserer Mitbuͤrger
haben koͤnnte. Ich wuͤnsche nichts sehnlicher, als daß sich einer
unserer aufgeklaͤrten und das Menschenwohl nur halb so hoch, als ihren eigenen
Vortheil achtenden, Fabrikanten entschließen moͤchte, den darin vorgelegten
Plan in Ausfuͤhrung und ins Leben zu bringen.
Ich habe mich im J. 1818 beinahe mit derselben Idee beschaͤftigt, dabei
vorzuͤglich im Auge gehabt, die Vortheile der Dampfheizung und der
Gasbeleuchtung auch Aermeren zuzuwenden, und meinen schon damals ausgedachten Plan
zu einer Caserne oder einem Collegium fuͤr Arbeitsleute dem unsterblichen Sir
Joseph Banks vorgelegt. Leider hinderte mich damals eine
Krankheit meinem Plane weitere Folge zu geben; er verfiel in gaͤnzliche
Vergessenheit, bis ich durch obigen Aufsaz veranlaßt wurde, ihn wieder
hervorzusuchen. Ich lege ihn hier dem Publicum vor, so wie ich ihn damals
aufzeichnete, nicht als ob ich glaubte, daß er nicht durch Besseres ersezt werden
koͤnnte, sondern bloß in historischer Hinsicht. Wer die Geschichte der
Erfindungen kennt, wird sich nicht wundern, daß unsere beiden Plaͤne so große
Aehnlichkeit mit einander haben. Mein Hauptzwek bei meiner Mittheilung ist bloß, auf
die Erfindungen der HH. Frost und Witty aufmerksam zu machen, die sich bei Unternehmungen dieser Art als
aͤußerst nuͤzlich bewaͤhren duͤrften.
Fig. 1 ist ein
Aufriß eines vierekigen Gebaͤudes mit 7 Stokwerken, einem unterirdischen
Geschoße, und einem flachen umgitterten Dache.
Fig. 2 gibt
den Aufriß eines jeden Stokwerkes, von denen ein jedes 8 Wohnungen, die mit
1–8 bezeichnet sind, enthaͤlt, mit einer Gallerie und in der Mitte mit
einer mit 9 und 10 bezeichneten schiefen Flaͤche, welche die Stelle der
Stiege vertritt, versehen ist.
Die Seite des Vierekes, welche die Gallerie und die schiefe Flaͤche
enthaͤlt, hat 20 Fuß, und jede Seite des inneren, die schiefe Flaͤche
umfassenden Vierekes hat 13 Fuß; die Hoͤhe einer jeden Gallerie
betraͤgt 8 Fuß, folglich wird die Neigung der schiefen Flaͤche in
einem Fuße 1 3/4 Zoll betragen, oder etwas steiler, als am Holborn Hill seyn. Bei
einer solchen Neigung werden sowohl Fußgeher, als Karrenweiber und
Gaͤngelwagen sehr leicht hin und her kommen koͤnnen; wenigstens
leichter als auf einer Stiege. Ueberdieß kommt eine solche schiefe Flaͤche
viel wohlfeiler als eine Stiege.
Alle Mauern und Zwischenwaͤnde muͤssen aus Ziegeln gemauert, und der
Fußboden aus Arbroath'schem Pflaster in großen Stuͤken, welche auf den Mauern
oder auf eisernen Querbalken ruhen, gelegt werden. Die untere Seite dieses Bodens
wuͤrde die Deke fuͤr das untere Zimmer bilden. Fuͤr jede
Wohnung wuͤrden 17 Steine und 4 eiserne Querbalken erforderlich seyn, wie man
in 3 Fig. 2
sieht.
In Fig. 2 sind
(in der Wohnung 1) 12, 12 zwei Dampfroͤhren, durch welche die Luft geheizt,
und der Koch- und Wasch-Apparat 13 mit Dampf versehen wuͤrde.
Die Dampfroͤhren befaͤnden sich in einer, mit einer Luftsaͤule
umgebenen Vertiefung, die dreifache Thuͤren hat, so daß man, je nachdem man
die obere, mittlere, oder untere Thuͤre oͤffnet, eine groͤßere
oder geringere Menge erhizter Luft in das Zimmer treten lassen kann.
In dem großen Zimmer einer jeden Wohnung befindet sich außer dem Dampfapparate auch
eine offene Feuerstelle 14. In einem der kleinen Cabinette einer jeden Wohnung
befindet sich ein Wassergemach 15, ein Gußstein 16 und daruͤber ein
Wasserbehaͤlter.
17, 17 sind Roͤhren in der schiefen Flaͤche, durch welche man schwere
Abfaͤlle, wie Knochen, Steine, Asche etc. hinabgelangen lassen kann.
18, 18 sind Dampfroͤhren, durch die der mittlere Raum erwaͤrmt wird, so
daß auf diese Weise nicht nur alle Zimmer waͤrmer erhalten, sondern dieser
Raum selbst zum Troknen benuzt werden koͤnnte. Uebrigens hat jede Familie
noch in freier Luft eine eigene Stelle, an welcher sie, wie in 19, 19, zu diesem
Behufe Strike ziehen kann.
So weit kam ich im J. 1818. Heut zu Tage wird man eine bessere Einrichtung zu treffen
wissen, und ich wiederhole daher, daß ich meinem Plane nur einen historischen Werth
beilege.
Von hoher Wichtigkeit fuͤr alle derlei Unternehmungen und fuͤr die
ganze Baukunst uͤberhaupt scheint mir die Methode, nach welcher Hr. Frost, dieser beruͤhmte Baumeister und
Kittfabrikant, die Fußboͤden der Haͤuser eingerichtet haben will. Hr.
Frost nimmt naͤmlich zu den Fußboden hohle
irdene Roͤhren, die er so mit Kitt verbindet, daß sie einen Boden geben, der
an Festigkeit einem gedielten Boden nichts nachgibt, und der ein weit schlechterer
Leiter fuͤr Waͤrme, Kaͤlte. Schall und Geruch ist, als dieser.
Die hohlen Roͤhren, die er anwendet, sind auf dem Durchschnitte vierekig; sie
werden mit einer eigenen Maschine aus Toͤpferthon verfertigt, und durch einen
eigenen, von Hrn. Frost neu erfundenen Kitt mit einander
verbunden. Ein solcher Frost'scher Fußboden wiegt nicht
den fuͤnften Theil so viel, als einer aus Stein, und ist eben so feuerfest.
Ich werde in meiner Encyclopaedia of Cottage
Architecture) welche naͤchstens erscheinen wird, ausfuͤhrlich
uͤber diese Methode handeln, da ich nicht zweifle, daß dieselbe wegen ihrer
großen Vortheile bald allgemein werden muß, so großen Widerstand sie auch von Seite
der Holzhaͤndler, der Zimmerleute, der Bleigießer, und aller jener, die bei
der alten Methode interessirt sind, erfahren duͤrfte. Die Methode des Hrn.
Frost taugt eben so gut auch zum Deken der
Daͤcher, und gewaͤhrt hier den Vortheil, daß man die Daͤcher leicht und
ohne allen Nachtheil flach, und zu einem Blumengarten oder anderen nuͤzlichen
Zweke geeignet machen kann.
Der Kitt des Hrn. Frost wird in Kuͤrze auf folgende
Weise verfertigt: Man mahlt den Kalk auf einer Muͤhle sehr fein, und mischt
ihn, so wie er gemahlen ist, mit Wasser, welches die leichteren Theilchen in einen
Behaͤlter fuͤhrt. Auf dieselbe Weise wird auch der Thon gemahlen. Von
diesem Thone mischt man 30 Procent unter den Kalk, und laͤßt dann dieses
Gemenge troknen. Nach dem Troknen wird es in einem Ofen gebrannt, wieder
gepuͤlvert, und in Faͤsser eingepreßt. In diesem Zustande haͤlt
sich der Kitt Jahre lang, und kann in beliebige Entfernung versendet werden. Es ist
viel wohlfeiler, als der roͤmische Kitt, und hat auch noch den großen
Vortheil, daß er nicht mit Sand vermischt zu werden braucht, was auf dem Lande oft
sehr schwer faͤllt. Ich glaube, daß sich dieser Kitt in heißen Klimaten ganz
besonders zum Bauen von Haͤusern eignen duͤrfte.
Eine andere wichtige Erfindung, die noch nicht hinlaͤnglich bekannt zu seyn
scheint, und auf welche ich bei dieser Gelegenheit aufmerksam machen zu
muͤssen glaube, ist die Heizmethode des Hrn. Witty, deren ich bereits im Gardener's Magazine
erwaͤhnte. Bei der gewoͤhnlichen Methode dringt, so wie die
Thuͤre des Ofens geoͤffnet wird, ein Strom kalter Luft durch die
Feuerzuͤge oder unter den Kessel, und nimmt mithin eine große Menge Hize mit
sich. Dann wird in die Mitte des Feuers kalte oder vielleicht feuchte Kohle
geworfen, und dadurch nicht bloß die Hize vermindert, sondern auch diker Rauch
erzeugt, der, wenn er sich ein Mal gebildet hat, nur mehr bei einer Temperatur von
3000° F. (bei welcher das Eisen zum Schmelzen kommt) verbrannt werden kann!
Das Gemisch von 1/12 atmosphaͤrischer Luft mit gekohlstofftem
Wasserstoffgase, woraus der Rauch und die Kohle groͤßten Theils besteht, ist
bei einer hohen Temperatur verbrennlich. Allein, wenn man unzubereitete Kohle auf
das Feuer wirft, so erzeugt sich nicht bloß brennbares Gas, sondern auch Nitrogen,
kohlensaures Gas, und andere nicht brennbare Gasarten. Welchen Einfluß die
Entstehung dieser Gasarten ausuͤbt, erhellt daraus, daß der Rauch, wenn er
nur 1/6 Nitrogen oder kohlensaures Gas enthaͤlt, unverbrennbar wird, oder
sich nicht entzuͤnden laͤßt. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, theilt
Hr. Witty die Verzehrung der Kohle in zwei verschiedene
Processe ab: naͤmlich in die Carbonisation oder Verkohlung, durch welche die
Kohlen vorher getroknet, und von ihren waͤsserigen und gasartigen
Bestandtheilen befreit werden, und in die Verbrennung, bei der die verkohlten
Steinkohlen oder die Kohks zugleich mit den waͤsserigen und gasartigen Theilen, die
sich aus den der Verkohlung unterworfenen Steinkohlen entwikeln, verbrannt werden.
Durch diese beiden Processe wird ohne Erzeugung von Rauch die groͤßte Menge
Hize aus einer bestimmten Menge Kohlen gewonnen. Nach Hrn. Witty's Plan hat die atmosphaͤrische Luft nur durch das Kohksfeuer
Zutritt, so daß sich alle jene gasartigen Substanzen, die sich waͤhrend der
Destillation der Kohlen entwikeln, entzuͤnden muͤssen.Jedermann wird finden, daß die neue Heizmethode des Hrn. Lieutenants Maw, die wir in diesem Hefte des polyt. Journ. S.
257 mittheilten, lediglich eine Copie oder etwas modificirte Anwendung der
Methode des Hrn. Witty ist.A. d. Ueb.
Hr. R. Miller, ein ausgezeichneter Gaͤrtner zu
Alton Towers, heizt seine Treibhaͤuser auf diese Weise, und findet, daß diese
Methode allen uͤbrigen vorzuziehen ist, indem sie mit einer geringeren Menge
Kohlen und ohne allen Rauch eine sehr große Waͤrme gibt. Hr. Lee hatte in seinen schoͤnen Glashaͤusern
zu Hammersmith einen Ofen, der nie einen guten Zug hatte; er brachte nun einen
Witty'schen Ofen an den Feuerzuͤgen an, und nun geht Alles vortrefflich. Hr.
Henderson zu Edgware-road bedient sich
gegenwaͤrtig gleichfalls eines solchen Ofens, und versichert, daß er so viel
leiste, als fruͤher kaum drei Oefen bewirkten. Um mehrere Leute von
Sachkenntniß zu uͤberzeugen, daß der Rauch auch wirklich verbrennt werde,
nahm Hr. Chanter (der gegenwaͤrtige
Eigenthuͤmer von Hrn. Witty's Patent) ein Paar der
Dekziegeln an einem Feuerzuge in einem Ananashause des Hrn. Henderson weg, und statt alles Rauches zeigte sich hiebei auch wirklich
nur ein warmer feuchter Dampf ohne allen Geruch, der den Pflanzen nicht den
geringsten Nachtheil zufuͤgte.
Wer bedenkt, welche große Menge von Brennmaterial durch den Rauch schlechter Oefen
verloren geht; wer uͤberdieß die nachtheiligen Wirkungen dieses Rauches (der
nach d'Arcets Beobachtungen die ganze Luft um London
schwefelsauer reagiren macht) auf Menschen, Thiere und Pflanzen, und die Beschwerden
der Schornsteinfeger (die bei den neuen Oefen ganz entbehrlich werden) kennt, der
wird nicht anstehen, den Oefen des Hrn. Witty jene
Vorzuͤge zuzugestehen, die sie in so hohem Grade besizen. Da diese Oefen
uͤbrigens mehr Kohks erzeugen, als fuͤr deren Bedarf noͤthig
sind, so kann jede Familie in einem einzigen geschlossenen Ofen so viele Kohks
erzeugen, als sie fuͤr die offenen Feuerstellen des ganzen Hauses bedarf.
Ich schließe mit dem Wunsche etwas zur besseren Aufnahme des Planes de Junius Redivivus, zur regeren Theilnahme an demselben, und zu
einigen Verbesserungen daran beigetragen zu haben.