Titel: | Ueber die Runkelrübenzuker-Fabrikation in Frankreich. |
Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LXXI., S. 304 |
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LXXI.
Ueber die
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation in Frankreich.
Ueber die Runkelruͤbenzuker-Fabrikation in
Frankreich.
Die Société d'encouragement haͤtte
zwei Preise ausgeschrieben: einen zu Gunsten desjenigen, welcher auf die beste und
vortheilhafteste Weise eine Runkelruͤbenzuker-Fabrik mit einer
Landwirthschaft verbindet, und den zweiten fuͤr eine aͤhnliche Fabrik,
die von einer Gesellschaft von 15–20 Oekonomen gemeinschaftlich errichtet
wird. Um den ersten dieser Preise meldeten sich im J. 1831 5 Bewerber, um den
zweiten hingegen Niemand. Von den 5 Concurrenten erhielt keiner den Preis, weil sie
saͤmmtlich einige oder andere Details, die das Programm forderte,
vernachlaͤssigt hatten. Die Abhandlungen, welche die HH. de Bussy und de Tugny, Ardant
Mosjambert, Herzog Decazes, und Hr. Duvivier eingesendet hatten,
enthielten aber so viel Gelungenes, und zeigten so große Verdienste der Verfasser um
diesen Zweig der Landwirthschaft, daß die Gesellschaft auf den Bericht des Hrn. Bouriat beschloß, den drei ersten genannten Concurrenten
goldene Medaillen zweiter Classe zu ertheilen, und der beiden lezteren ehrenvolle
Erwaͤhnung zu machen. Die Gesellschaft beschloß ferner, aus
saͤmmtlichen Abhandlungen durch eine Commission einen Auszug anfertigen, und
diesen dann bekannt machen zu lassen, um auf diese Weise jenen zu Huͤlfe zu
kommen, die sich mit diesem Industriezweige abgeben wollen. – Wir ziehen hier
einstweilen, bis die Arbeit der Commission beendigt seyn wird, nur Folgendes aus dem
Berichte des Hrn. Bouriat, welches sich im Bulletin de la Société d'encouragement
December 1831 S. 586 befindet, aus. Die HH. de Bussy und
de Tugny bebauten in den Jahren 1828, 29 und 30 auf
ihrem Landgute im Departement de l'Aisne, wo der Boden
mittelmaͤßig, das Brennmaterial sehr theuer, und uͤberhaupt nichts
guͤnstig ist, als der niedere Arbeitslohn, 10 Hectaren mit
Runkelruͤben, und ernteten davon jaͤhrlich 300,000 Kilogrammen Ruͤben, woraus
sie Zuker fabricirten, und wodurch sie in den Stand gesezt wurden, auf ihrem Gute 16
Pferde oder Fuͤllen, 36–40 Stuͤke Rindvieh, 30–36
Schweine und 650 Stuͤke Schafe zu halten. Sie erhalten mittelst ihrer
hydraulischen Presse nur 64 Procent Saft aus den Ruͤben; sie lassen jedoch,
obwohl sie mit besseren Pressen 75 bis 80 Procent erhalten koͤnnten, die 11
Procent Saft lieber in dem Marke, weil das Vieh dann besser genaͤhrt wird.
Der Saft, den sie erhielten, zeigte 5 1/2 – 7° am Araͤometer,
und ein Hectoliter dieses Saftes gab ihnen im Durchschnitte 4 Kilogrammen Zuker und
2 Kilogr. Melasse. Den Zuker lieferten sie den Kaufleuten zu 50 Centimen das halbe
Kilogramme. Nach den 6jaͤhrigen Erfahrungen der HH. de
Bussy und de Tugny ergibt sich, daß die
Roggen- und Weizen-Ernten durch den Runkelruͤbenbau durchaus
nicht leiden, und daß die Runkelruͤben vor oder nach diesen Getreidearten
gebaut werden koͤnnen; sie bauen die Runkelruͤben jedoch lieber vor
dem Getreide, weil die Bearbeitung des Bodens, welche dann im Herbste und im
Fruͤhjahre zu geschehen hat, den Boden zur Aufnahme von Sommergetreide sehr
geeignet macht, und weil das Sommergetreide zwar etwas weniger Stroh, aber eben so
viel Samen gibt, als das Wintergetreide. – Hr. Ardant Mosjambert verband mit seinem Landgute zu Limoges, welches nur aus 21
Hectaren Akerland und 29 Hectaren Wiesengruͤnden besteht, eine
Runkelruͤbenzuker-Fabrik, eine Branntweinbrennerei, eine
Erdaͤpfelstaͤrkmehl-, Aepfelmost- und
Wachs-Fabrik. Er versichert, daß er drei Jahre hinter einander auf demselben
Boden Runkelruͤben bauen kann; er bemerkt aber auch, daß sich der
groͤßte Theil seiner Gruͤnde nach Belieben wassern laͤßt. Daher
mag es auch wohl kommen, daß er 35–40,000 Kilogr. Ruͤben auf der
Hectare erntete, waͤhrend alle uͤbrigen Concurrenten nur
26–30,000 erzielten, und daß sein Saft nach Baume's Araͤometer 7 1/2
– 10° zeigte, waͤhrend der Saft der uͤbrigen nur 5 1/2
und hoͤchstens 7° haͤtte. Hr. Ardant Mosjambert gibt saͤmmtliche Ausgaben seiner Wirthschaft zu 21,900
Franken, den Ertrag hingegen zu 45,400 Franken an, so daß ihm ein jaͤhrlicher
Ueberschuß von 23,500 Franken bleibt. Seine Producte bestehen aus 20,000 Kilogr.
Zuker, das Pfund zu 75 Centimen, und aus 15,000 Kilogr., das Pfund zu 50 Centimen;
aus dem Marke, welches er auf 2000 Fr. schaͤzt; aus dem Branntweine, den die
Melasse gibt, und den er auf 3000 Franken anschlaͤgt; aus dem Obstmoste und
dem Erdaͤpfelstaͤrkmehle, welche er in der Zwischenzeit gewinnt, und
die 2000 Franken tragen. – Der Hr. Herzog Decazes
errichtete auf seiner ungeheuren Domaͤne im Departement de la Charente Inferieure eine
Runkelruͤbenzuker-Fabrik im Großen, die als Muster fuͤr das
ganze Departement
dienen sollte, und zu
der er daher nicht nur allen Landwirthen freien Zutritt gestattete, sondern ihnen
auch, wenn sie es wuͤnschten, freie Wohnung in dem Gemeindehause oder in
seinem Schlosse verschaffte. Leider wurde diese großmuͤthige Einladung bisher
aber nur wenig benuzt. Der Hr. Herzog ließ 58 Hectaren Waldung und Heide zum
Runkelruͤbenbaue urbar machen, was mit großen Schwierigkeiten verbunden war,
da er den Duͤnger 5 Stunden weit herbeifuͤhren lassen mußte. Auf
diesem Fleke Landes erntete er nun 40,000 Kilogrammen Ruͤben, welche ohne die
2000 Kilogrammen, die sich noch in den Krystallisirbehaͤltern befanden,
18,000 Kilogrammen Rohzuker gaben. Das Verfahren und die Apparate, welche bei der
Fabrikation angewendet wurden, sind die von Hrn. Crespel-Delisse beschriebenen. – Hr. Duvivier bebaute auf seinem und seines Sohnes Gute im Departement de l'Oise 150 Morgen mit
Runkelruͤben, und verkaufte 17,700 Kilogrammen Zuker. Saͤmmtliche
Kosten des Baues und der Fabrikation beliefen sich bei der Einrichtung, die Hr. Duvivier getroffen haͤtte, auf 220 Franken per Morgen, der Ertrag an Zuker hingegen auf 300
Franken, so daß jeder Morgen 80 Franken reinen Ertrag abwarf. Um die Brache
abzustellen, bewirtschaftet Hr. Duvivier den Boden auf
folgende Weise. Auf den Weizenbau folgt der Runkelruͤbenbau, und auf diesen
im dritten Jahre der Hafer, unter welchen auch Klee, Esparsette und Luzerne gebaut
wird, um fuͤr die Wintermonate Futterung zu haben. Die Wirthschaft wird mit
Ochsen betrieben, welche mit dem Marke genaͤhrt und gemaͤstet
werden.