Titel: | Ueber die Menge Gold und Silber, welche vom Jahre 1810 bis zum Jahre 1829 in Großbritannien verbraucht worden; besonders aber über die Benuzung derselben zu anderen Zweken als zur Münze. Von Wilh. Jacob Esq. F. R. S. |
Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LXXXVIII., S. 359 |
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LXXXVIII.
Ueber die Menge Gold und Silber, welche vom Jahre
1810 bis zum Jahre 1829 in Großbritannien verbraucht worden; besonders aber uͤber
die Benuzung derselben zu anderen Zweken als zur Muͤnze. Von Wilh. Jacob Esq. F. R.
S.
Aus dem Edinburgh New Philosophical Journal. Januar
– April 1832, S. 246.
Jacob, uͤber den Gold- und Silberverbrauch in
Großbritannien.
Die groͤßte Menge Goldes und Silbers, welche jaͤhrlich zu anderen
Zweken als zum Praͤgen von Muͤnzen verwendet wird, wird in London
verbraucht; auch in Birmingham wird jedoch jaͤhrlich eine bedeutende Menge
dieser beiden Metalle zu sehr verschiedenen Artikeln verarbeitet. In Sheffield
braucht man jaͤhrlich eine große Menge Silber zum Platiren; in Liverpool und
Chester werden ziemlich viele Uhren und mehrere andere Goldarbeiten verfertigt, und
an lezterem Orte werden jene Artikel, die einer Abgabe unterworfen sind, probirt. Zu
Derby bestehen mehrere Fabriken von Goldarbeiter- und
Juwelier-Arbeiten, deren Erzeugnisse der Feinheit des Metalles nach meistens
vor den Birminghamer Waaren den Vorzug verdienen, obwohl sie vielleicht den besten
Londoner Juwelier-Arbeiten noch etwas nachstehen. Zu New-Castle, York
und Exeter befinden sich gleichfalls Fabriken dieser Art. In Schottland und Irland
stehen die Waaren, welche hieher gehoͤren, und welche einer Abgabe
unterworfen sind, zu jenen, die abgabenfrei sind, wahrscheinlich in demselben
Verhaͤltnisse, welches in den Fabrikstaͤdten Englands Statt
findet.
Es gibt beinahe keine Stadt in England, in der sich nicht einige Gold- und
Silber-Arbeiter befinden, die eine groͤßere oder geringere Menge
dieser beiden Metalle verbrauchen. Diese Arbeiter verfertigen gewoͤhnlich
einfache goldene Ringe und goldene Ketten aus Draht von angemessener Staͤrke.
Obschon nun die Quantitaͤt, die jedes einzelne Individuum fabricirt, nicht
bedeutend ist, so muß sich diese Quantitaͤt, die nicht bekannt ist, im ganzen
Lande doch bedeutend hoch belaufen.
Es wuͤrde bei aller Muͤhe unmoͤglich gewesen seyn, aus allen den
einzelnen Orten genaue Berichte und Angaben zu erhalten; ich beschraͤnkte
mich daher auf einige derselben, und waͤhlte hiezu London, Birmingham und
Sheffield. Ich erhielt bei den Untersuchungen, die ich an diesen drei Orten bei den
verschiedenen Classen von Arbeitern, die bei ihren Arbeiten mit Gold und Silber zu
thun haben anstellte im
Allgemeinen so viele Beweise ihrer Bereitwilligkeit zu Mittheilungen, ich bemerkte
großen Theils so viele Genauigkeit in ihren Angaben, und ein so großes Streben zur
Erlaͤuterung des fraglichen Gegenstandes beizutragen, daß ich mich der
Zeiten, die mich mit diesen Leuten in Beruͤhrung brachten, mit großem
Vergnuͤgen erinnere.
In jedem dieser Industriezweige findet man einige Personen, welche bereitwillig
genaue Angaben uͤber ihren eigenen Verbrauch an Gold und Silber, und ihre
Meinung uͤber den Verbrauch dieser oder jener ihrer Collegen mittheilen.
Vergleicht man nun diese verschiedenen Angaben mit einander, so erhaͤlt man
dadurch einen Anhaltspunkt, nach welchem sich die Berechnungen mit einiger
Wahrscheinlichkeit anstellen lassen.
In sehr vielen Faͤllen verbinden die Gold- und Silber-Feinmacher
(refiners) mit ihrem Geschaͤfte auch noch ein
anderes, jenes der Kehrichtwaͤscher (sweep
washers). Diese kaufen die Abfalle und den Kehricht der
Werkstaͤtten, in denen die verschiedenen Gold- und
Silber-Arbeiten vorgenommen werden. Dieser Kehricht wird zuerst durch einen
Stampfapparat in feinen Staub verwandelt, und dann mit Queksilber amalgamirt, worauf
das Queksilber durch Destillation wieder gewonnen wird, waͤhrend die edlen
Metalle zuruͤkbleiben.
Ich suchte nun bei meinen Forschungen zuerst die Menge Gold und Silber auszumitteln,
die jaͤhrlich von den Feinmachern und Kehrichtwaͤschern producirt
wird, indem diese Quantitaͤt, wie groß sie auch seyn mag, ganz zu Fabrikaten
verwendet wird, und mithin ein Mittel zur Berechnung des Ueberrestes an die Hand
gibt. Es gibt verschiedene Arbeiten, zu welchen bloß Feingold genommen wird. So
verwenden die Goldschlaͤger, die Vergolder auf nassem Wege, die
Goldspizenmacher, die Porzellanvergolder, die Knopf- und
Geschmeide-Vergolder nur feines Gold oder Gold, welches nur so wenige
fremdartige Theile enthaͤlt, daß die Eigenschaft anzukleben dadurch nicht im
Geringsten beeintraͤchtigt wird. Auch die Juweliere wenden großen Theils
feines Gold an.
Da die Berichte uͤber die Menge Gold, welche die Feinmacher und
Kehrichtwaͤscher jaͤhrlich den verschiedenen Fabrikanten liefern,
nicht mit einander uͤbereinstimmen, ja sogar manch Mal im
Verhaͤltnisse von 1 zu 4 und von 1 zu 5 von einander abweichen, und da viele
der weiteren Berechnungen in gewissem Maße von dem Grade der Genauigkeit dieser
Daten abhaͤngen, so war es nothwendig zuerst hier auf einen sicheren Grund zu
kommen.
Das Geschaͤft eines Feinmachers erfordert ein großes Capital. Wegen des großen
Werthes der kleinsten Theilchen ihrer Waare ist uͤberdieß bei allen Details
ihrer Arbeiten die groͤßte Aufmerksamkeit nothwendig. Ihre oft sehr
delicaten Operationen koͤnnen nicht ohne bedeutende chemische Kenntnisse
ausgefuͤhrt werden. Leute nun, die diese Vorbedingungen besizen, sind
meistens offen und genau in ihren Mittheilungen gegen Leute, von denen sie keine
Eifersucht zu fuͤrchten, und keinen ungeeigneten oder hinterlistigen Gebrauch
ihrer Angaben zu besorgen haben. Unter 23–24 Haͤusern in und um London
gaben 11 auf die an sie gestellte Frage wirklich die Menge Gold an, die sie im
Durchschnitte in den lezten Jahren sein gemacht hatten, und zwar mit der Bewilligung
mit Hinweglassung des Namens jeden beliebigen Gebrauch davon zu machen. Eine geringe
Anzahl dieser Haͤuser nun macht jaͤhrlich mehr als 13,000 Unzen sein;
die meisten der uͤbrigen hingegen nur 6000 bis 8000: das Product aller 11
Haͤuser betraͤgt beilaͤufig 108,500 Unzen. Außerdem gibt es
noch 12–13 andere Haͤuser, von denen 3 wohl je 4500 Unzen, 4 je 3500
und die uͤbrigen je 2500 Unzen feinmachen moͤgen. Hienach ergibt sich
folgende Berechnung des Ganzen:
Product an reinem Golde,
von
11 Haͤusern
108,500 Unzen
–
von
3
–
13,500 –
–
von
4
–
14,000 –
–
von
4
–
10,000 –
–––––––––
Summa
146,000.
Ich gehe nun zu der Betrachtung uͤber, unter welche Fabriken diese 146,000
Unzen vorzuͤglich vertheilt werden. Auch in dieser Hinsicht wurden in den
verschiedenen Fabrikstaͤdten Nachforschungen gepflogen, die ein ziemlich
genuͤgendes Resultat gaben.
Die Zunft der Vergolder in ihren verschiedenen Zweigen verbraucht jaͤhrlich
eine bedeutende Menge des feinsten Goldes, oder eines Goldes, welches nur 1 Procent
Legirung enthaͤlt, indem sich in der Unze Goldes nicht mehr als 2–3
Grane Legirung befinden.
Die Goldschlaͤgerkunst wird hauptsaͤchlich in London betrieben; in
einer weit geringeren Ausdehnung auch in Birmingham, Dublin, Glasgow, Edinburgh,
Liverpool und einigen anderen Orten; in London befinden sich naͤmlich 80
Goldschlager, waͤhrend die uͤbrigen Orte deren nur 12–14
zaͤhlen. Einer der groͤßten Blattgold-Fabrikanten gab an, daß
er woͤchentlich 20 Unzen dieses Metalles verarbeite; ein anderer, der als ein
Fabrikant mittleren Ranges gilt, zeigte aus seinen Rechnungen, daß er
woͤchentlich 16 1/4 Unze verbrauche. Mehrere andere verarbeiten aber
woͤchentlich nur 3–4 Unzen, und einige, denen bloß die Haͤnde
ihrer Familie und jene von 1–2 Lehrlingen zu Gebot stehen, noch weniger.
Rechnet man nun, daß von den 90 Goldschlagern ein jeder nur 3 Unzen Gold
ausschlaͤgt, so ergibt sich, daß die Mehrzahl der Arbeiter, die sich mit
diesem Industriezweige beschaͤftigen, sich nicht mehr verdient, als ein guter Tagloͤhner:
dieß ergibt sich naͤmlich, wenn man den Taglohn berechnet, und ihn mit der
gegebenen Quantitaͤt Gold vergleicht.
Das Blattgold kommt, wenn es fertig, zwischen Papier von 3 3/8 Zoll im Gevierte, und
20 solcher Blaͤtter bilden ein Buch. Diese Buͤcher werden nach dem
Tausend der Dike der Blaͤtter gemaͤß zu verschiedenen Preisen
verkauft. Es hat sich gezeigt, daß 8 Pfenniggewichte Gold in 1000 Buͤcher von
der wohlfeilsten, d.h. duͤnnsten Sorte verwandelt werden konnten. Die Kosten
des Goldes hiebei belaufen sich, die Unze zu 87 Schilling (52 fl. 12 kr.) gerechnet,
auf 29 Schill. (17 fl. 24 kr.), die Kosten der Arbeit hingegen auf 23 Schill. (13
fl. 48 kr.). Da nun aber 1000 Buͤcher zu 2 Pfd. 15 Schill. (33 fl.) verkauft
werden, so bleibt dem Fabrikanten nur ein Gewinn von 3 Schill. (1 fl. 48 kr.) bei
1000 Buͤchern. Der Fabrikant zieht aber noch einen anderen, und vielleicht
seinen groͤßten, Gewinn aus den Abschnizeln, die sich ergeben, wenn man die
Goldblaͤtter zur gehoͤrigen Form und Groͤße zuschneidet. Das
Gold wird beim Goldschlagen durch wiederholte Hammerschlage gehoͤrig
duͤnn geschlagen; allein es gibt auf diese Weise nur große Blaͤtter
von unregelmaͤßiger Gestalt, welche beschnitten werden muͤssen. Die
Abschnizel nun, die sich hiebei ergeben, werden sorgfaͤltig gesammelt, und
diese sind es, welche den Gewinn des Fabrikanten vielleicht um 10 Procent
erhoͤhen.
Das hier Gesagte bezieht sich vorzuͤglich auf die Goldschlaͤgereien zu
Birmingham, wo das duͤnnste Blattgold verfertigt wird, und wo folglich der
Arbeitslohn im Verhaͤltnisse zum Werthe des Metalles am meisten
betraͤgt. In London wird nur weniges Blattgold fuͤr Mahler fabricirt,
wovon 1000 Buͤcher 3 Pfd. 10 Schill, kosten; der groͤßere Theil des
Londoner Fabrikates besteht aus dikerem Blattgolde, von welchem 1000 Buͤcher
4–4 Pfd. 10 Schill. bis zu 9 Pfd. Sterl. gelten. Hieraus ergibt sich, daß das
Verhaͤltniß des Arbeitslohnes zum Golde außerordentlich verschieden seyn muß,
und daß er beim duͤnnsten Blattgolde 2/5, beim dikeren hingegen weniger als
1/10 betraͤgt.
Diese Untersuchungen moͤgen vielen Lesern zu kleinlich und langweilig
scheinen, sie waren aber zur Bestaͤtigung der Berechnung des Goldverbrauches
der Goldschlaͤger durchaus nothwendig. Aus der Zahl der beschaͤftigen
Haͤnde, des bezahlten Arbeitslohnes und dem Gewichte des Goldes, welches
woͤchentlich in einer gewissen Werkstaͤtte verbraucht wurde, ließ
sich, wenn man die Zahl der Arbeiter der uͤbrigen Werkstaͤtten kannte,
mit so ziemlicher Wahrscheinlichkeit der ganze Verbrauch dieser Fabriken an Hold
berechnen. Ich kam durch
diese Untersuchungen und Berechnungen zu dem Schluͤsse, daß alle Goldschlager
Großbritanniens zusammengenommen jaͤhrlich ungefaͤhr 17,500 Unzen
feines Gold verarbeiten.
Eine große Menge reines oder feines Gold wird ferner zum Vergolden auf nassem Wege,
wozu auch das Vergolden der Knoͤpfe und Bijouteriewaaren gehoͤrt,
verwendet. Das Gold wird als Staub oder feines Pulver mit Queksilber amalgamirt, und
in Form eines Teiges auf die Metalle gebracht, welche vergoldet werden sollen. Durch
das Queksilber bleibt das Gold an diesen Metallen haͤngen; das Queksilber
wird dann in der Hize verdampft, so daß das Gold fuͤr sich allein auf der
Oberflaͤche der vergoldeten Gegenstaͤnde zuruͤkbleibt. Das
Knopfvergolden wird vorzuͤglich zu Birmingham betrieben; jedoch macht auch
London bedeutende Geschaͤfte in diesem Fabrikationszweige. In ersterem Orte
beschaͤftigen sich uͤber 50 große und viele kleinere Fabriken mit
demselben; in lezterem Orte ist die Zahl dieser Fabriken viel geringer, jedoch wird
hier bei derselben Quantitaͤt Knoͤpfe eine drei Mal groͤßere
Menge Gold aufgelegt, als an ersterem. In Folge des Einflusses der Moden hat sich
die Zahl der fabricirten vergoldeten Knoͤpfe in den lezten 3–4 Jahren
etwas vermindert, dessen ungeachtet ist aber die Production noch immer
außerordentlich groß. Die Knoͤpfe fuͤr das Militaͤr und die
Marine, so wie jene fuͤr die fremden Maͤrkte werden groͤßten
Theils zu Birmingham verfertigt; London hingegen liefert einen großen Theil der
Knoͤpfe fuͤr die hoͤheren Classen, und beinahe ausschließlich
die Livreeknoͤpfe mit Wappen.
Aus den Mittheilungen, die ich von 10 der groͤßten Fabrikanten Birminghams
erhielt, ergab sich, daß dieselben bis zu den lezten 3 Jaͤhren
woͤchentlich 200 Unzen Gold verbrauchten, und daß die verschiedenen kleineren
Fabriken zusammengenommen ungefaͤhr woͤchentlich 300 Unzen verarbeitet
haben mochten. In den lezten drei Jahren hat sich aber die Nachfrage nach
Knoͤpfen bedeutend vermindert, so daß gegenwaͤrtig der Verbrauch an
Gold nicht hoͤher als zu 360 Unzen angeschlagen wird. Die Menge Gold, welche
in London zu demselben Zweke verwendet wird, laͤßt sich auf 1/6 des
Birminghamer Bedarfes anschlagen, so daß das Gold, welches im Laufe der lezten 20
Jahre zum Vergolden der Knoͤpfe verwendet wurde, woͤchentlich 650
Unzen, oder jaͤhrlich 21,800 Unzen betragen haben mag. Eine groͤßere
Menge Gold wird zum Vergolden von Bijouteriewaaren verwendet, womit sich in
Birmingham mehr als 100 und in London gleichfalls mehrere Fabriken
beschaͤftigen.
Das Vergolden dieser Bijouteriewaaren wird zum Theil von den Fabrikanten dieser
Waaren selbst vorgenommen; der groͤßere Theil derselben sendet aber seine
Waaren den Vergoldern zu, die sich bloß mit dieser Arbeit beschaͤftigen. Unter jenen, die
ihre Waaren selbst vergolden, fand sich, daß mehrere derselben woͤchentlich
6–10, andere aber, und zwar die Mehrzahl, nur 3–4 Unzen Gold
verbrauchen. Bei jenen, die das Vergolden fuͤr andere betreiben, ist der
Verbrauch bei Weitem groͤßer; er betrug in einigen Faͤllen
20–30, in anderen hingegen 15–20 Unzen woͤchentlich.
Es war unmoͤglich von allen, die sich mit diesem Gewerbe beschaͤftigen,
und deren Zahl in Birmingham allein mehr als 150 betraͤgt, genaue
Aufschluͤsse zu erhalten. Es blieb daher nichts uͤbrig, als aus den
Angaben der achtungswerthesten und unterrichtetsten Fabrikanten den wahrscheinlichen
Gesammtbetrag zu berechnen. Auf diesem Wege, und beruͤksichtigend, daß
besonders zu London eine große Menge Silberwaaren ganz oder bloß von Innen vergoldet
wird, habe ich berechnet, daß sich das Gold, welches zu dieser Art von Vergoldung
verwendet wird, woͤchentlich auf 600, und jaͤhrlich auf 31,200 Unzen
belaͤuft.
Zum Goldplatiren, welches bei den Juwelier-Arbeiten ausfuͤhrlicher
erwaͤhnt werden wird, werden nach den Angaben vertrauter
Geschaͤftsmaͤnner woͤchentlich beilaͤufig 50, mithin
jaͤhrlich 2600 Unzen seines Gold verwendet.
Der Verbrauch des Goldes in den Porzellanfabriken und Toͤpfereien hat sich in
den lezten Jahren bedeutend vermehrt. Jedermann weiß, wie haͤufig man es heut
zu Tage an den Thee-, Kaffee- und Tafel-Servicen angewendet
sieht. Wegen der großen Zahl der Fabriken dieser Art, und wegen der Verbreitung
derselben uͤber mehrere Gegenden, besonders uͤber Staffordshire,
Shropshire und Yorkshire, war es sehr schwer hier eben so genaue Erkundigung
einzuziehen, als bei anderen Gewerben. Nach den unvollkommenen Daten, die wir
erhielten, und nach der Meinung einiger der groͤßten
Porzellanhaͤndler, laͤßt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit
schließen, daß der Verbrauch an Gold, der sich bei diesem Industriezweige ergibt,
sich woͤchentlich auf 100 und jaͤhrlich auf 5200 Unzen belaufen
mag.
Die Porzellanfabrikanten wenden nur seines Gold an, womit sie von den Feinmachern zu
Birmingham und Sheffield, großen Theils aber wahrscheinlich von jenen zu London
versehen werden. Man versicherte, daß einige dieser Fabriken woͤchentlich
12–14 Unzen verbrauchten; allein es koͤnnte nicht erwiesen werden, daß
dieser Verbrauch regelmaͤßig das ganze Jahr hindurch Statt haͤtte.
Wuͤrde man nach dieser Angabe die Berechnung machen, so kaͤme eine
bedeutend groͤßere Summe heraus, als ich oben annahm; ich hielt es jedoch
fuͤr besser bei so großer Unbestimmtheit lieber die Meinung jener anzunehmen,
welche am meisten mit diesem Gewerbe vertraut sind, als Berechnungen anzustellen, die sich nur auf
unbestimmte Daten gruͤnden.
Ich habe nun nur noch die Menge jenes Goldes zu berechnen, welches zu der Fabrikation
aller der Verzierungen verbraucht wird, die zu den Juwelier- und
Goldarbeiter-Arbeiten gehoͤren, und die eigentlich die groͤßte
Menge des feingemachten Goldes verzehren. Nach den besten Angaben, die ich mir
hieruͤber verschaffen koͤnnte, kam ich zu dem Schluͤsse, daß
von den 156,000 Unzen Gold, die jaͤhrlich fein gemacht werden, 88,000 Unzen
auf die oben erwaͤhnten Gewerbe kommen, und daß mithin noch 60,000 Unzen
bleiben, welche groͤßten Theils von den Juwelieren und Goldarbeitern
verwendet werden.
Ich muß hier bemerken, daß mit Ausnahme des Goldes, welches die Goldschlager
verarbeiten, alles Gold, welches von den uͤbrigen, oben angegebenen Gewerben
benuzt wird, nicht bloß angewendet, sondern wahrhaftig consumirt wird. Nur 1/5
desselben wird durch das Verbrennen von Rahmen und verschiedenen anderen Substanzen
wieder gewonnen.
Ich will nun den Verbrauch an Gold, welcher sich bei den Juwelieren und Goldarbeitern
ergibt, etwas beleuchten. Man braucht eben kein genauer Beobachter der Moden zu
seyn, man braucht die Cirkel, in denen sich die Einfluͤsse derselben am
fuͤhlbarsten und offensten zeigen, eben nicht regelmaͤßig zu besuchen,
um sich zu uͤberzeugen, wie sehr sich die goldenen Schmukartikel des
weiblichen Geschlechtes nach und nach vermehrt haben. Vorzuͤglich auffallend
zeigte sich dieß in den lezten 20 Jahren, und besonders in den lezten 10 Jahren
dieser zwanzigjaͤhrigen Periode. Nur eine Junta aus Juwelieren,
Kleidermachern und Kammerjungfern ist im Stande einen vollkommenen Catalog aller der
vielen goldenen und silbernen Verzierungen zu geben, die in neuerer Zeit bei dem
Anzuͤge der Damen aus den hoͤheren Classen eingefuͤhrt worden.
Verschiedene Arten von Kopfschmuk, große goldene Kaͤmme, Halsbaͤnder
und Halsketten und Spangen von bedeutender Groͤße, goldene Schnallen und
Knoͤpfe zur Befestigung der Kleider, Braceletten und Armbaͤnder,
verschiedene Ringe fuͤr alle Finger, goldene Hafteln fuͤr die Kleider,
Augenglaͤser, die in Gold gefaßt sind, und die an langen schweren Ketten
haͤngen, eine goldene Uhr mit einigen Verzierungen, und eine Unzahl von
anderer Flitterware; Alles dieß bildet heut zu Tage den kostbaren Puzapparat einer
Dame, die fashionable seyn, und Anspruch auf feinen Geschmak und Mode machen
will.
Die Verzierungen dieser Art werden zuerst aus reinem Golde, und meistens nur in
London allein fabricirt; allein bald werden sie zu Derby, zu Liverpool und besonders
zu Birmingham in schlechterem Golde nachgeahmt. An lezterem Orte wird so viel Gold mit
so vielen chemischen Kenntnissen mit verschiedenen Metallen legirt, daß man
dergleichen Artikel um die Haͤlfte und selbst um den vierten Theil des
Werthes erhaͤlt, den sie haben wuͤrden, wenn sie aus Probegold
bestuͤnden. Aus Metall von diesen verschiedenen Graden von Feinheit werden
nun Verzierungen gemacht, die selbst die niedrigere Classe in den Stand sezen, mit
der hoͤheren an Glanz und an Mode zu wetteifern, und zwar ohne Gefahr die
Nichtigkeit ihres Glanzes entdekt zu sehen, da nur die geringe Zahl von Kennern und
Sachverstaͤndigen die Guͤte des Metalles sogleich zu erkennen im
Stande ist.
Ein anderer Umstand, in Folge dessen sehr viele Verehrer der Mode derselben auch
folgen koͤnnen, liegt in der Einfuͤhrung des Goldauflegens oder
Platirens nach der Methode, deren man sich schon lange beim Silber bediente. Nach
dieser Methode wird naͤmlich eine duͤnne Goldplatte auf einer dikeren
Platte eines schlechteren Metalles befestigt, und auf einem Strekwerke zu einer
beliebigen Groͤße ausgewalzt, so daß man ein Blatt erhaͤlt, welches
auf der einen Seite aus einer duͤnnen Schichte Gold, auf der anderen hingegen
aus schlechterem Metalle besteht. Aus Metall dieser Art wird eine sehr große Menge
Siegel und anderer Gegenstaͤnde dieser Art gearbeitet; sie haben den
Vortheil, daß sie 10–12 Jahre getragen werden koͤnnen, ohne daß sie
ihr goldartiges Aussehen verlieren.
Leute, die sich weder Schmukwaaren aus feinem Golde, noch aus legirtem, noch aus
platirtem Golde kaufen koͤnnen, kaufen sich solche, welche bloß auf ihrer
Oberflaͤche mit Goldstaub und Queksilber vergoldet worden. Millionen von
Menschen in jedem Theile der Welt erhalten und zerstreuen auf diese Weise eine
gewisse Quantitaͤt Gold, welche sich, obwohl sie fuͤr jedes einzelne
Individuum sehr unbedeutend ist, doch auf eine ungeheure Summe belaͤuft, wenn
man den Verbrauch aller einzelnen Individuen zusammenzaͤhlt. Wenn auch unter
den Maͤnnern nicht eine so ungeheure Vermehrung der goldenen und silbernen
Verzierungen eingetreten ist, wie unter dem weiblichen Geschlechte, so hat doch auch
bei ihnen dieser Luxus bedeutend zugenommen. Die großen massiven Ketten, an welche
sie die Augenglaͤser haͤngen, die vermehrte Zahl und Groͤße der
Siegelringe, die Vorsteknadeln, die kleinen goldenen, oder mit Gold platirten oder
vergoldeten Westenknoͤpfe bewirkten einen sehr großen Verbrauch an diesem
Metalle. Wer immer auf dem Continente gereist ist, wird uͤber die
Groͤße der Siegelringe und uͤber die Menge Anhaͤngsel und
Ketten erstaunt seyn, die man sowohl bei Weibern als Maͤnnern an den Uhren
findet. Der Einfluß der Mode dehnt sich aber von Europa selbst auf andere Welttheile
aus; nicht bloß nach Amerika und nach unseren ost- und westindischen Colonien, sondern
auch nach ganz Asien, Afrika und Australien werden eine Menge Gold- und
Silber-Waaren und Geschmeide ausgefuͤhrt. Diese Dinge sind oft die
sichersten Mittel, um die wilden Voͤlkerstaͤmme zur Anknuͤpfung
von Verbindungen zu bringen, welche gegenseitig zum Nuzen gereichen.
Da ich nur zu London und Birmingham genaue Aufklaͤrung uͤber den
Zustand der Gewerbe der Goldarbeiter und Juweliere erhalten koͤnnte, so
beschraͤnkt sich das, was ich hier sage, hauptsaͤchlich nur auf diese
beiden Staͤdte, obwohl es vielleicht mit Recht auch auf Liverpool, Derby und
andere Orte ausgedehnt werden duͤrfte. In London werden die kostbarsten
Artikel von einen und denselben Personen ausgedacht und ganz fertig gemacht; an
diesen Artikeln bildet das Gold, mit Ausnahme der Edelsteine, die groͤßte
Ausgabe. Das Gold wird aber hiezu selten ganz rein angewendet, obwohl zu den
feinsten Theilen, wie z.B. zu den Filigran-Arbeiten, nur eine sehr geringe
Menge Legirung kommt. Dieses feine Gold erhalten die Goldarbeiter und Juweliere
groͤßten Theils von den Feinmachern, und der Betrag desselben bildet
vorzuͤglich die 58,000 Unzen, welche von dem Producte der Feinmacher nach
Abzug der oben angegebenen, und von anderen Gewerben verbrauchten Summen noch
uͤbrig blieb. Dieses feine Gold bildet jedoch nur den geringsten Theil des
Goldes, welches die Goldarbeiter verbrauchen; denn das Gold, welches die ersten
Goldarbeiter Londons verarbeiten, ist meistens 16 Karate sein, oder es besteht nur
zu 2/3 seines Gewichtes aus reinem Golde. Da das Gold, welches man kaufen kann,
meistens aus leichten Guineen, Souverainsd'or, Dublonen und portugiesischen oder
anderen fremden Muͤnzen besteht, so kann man dasselbe als 22 Karate sein oder
um 1/12 weniger sein, als das Gold der Feinmacher betrachten. Dieses Probegold gilt
3 Pfd. 17 Schill. 10 1/2 Doll. (46 fl. 43 1/2 kr.) die Unze, und wird um baar Geld
verkauft. Das reine Gold der Feinmacher gilt 4 Pfd. 7 Schill. 6 Doll. (52 fl. 30
kr.) die Unze, und wird auf Credit verkauft. Der Unterschied des Preises
betraͤgt mithin bei der Unze 9 Schill. 1 1/2 Doll. (5 fl. 28 1/2 kr.),
waͤhrend der Unterschied des Gehaltes an reinem Golde den zwoͤlften
Theil von 4 Pfd. 7 Schill. 6 Doll. oder 7 Schill. 3 1/2 Doll. (4 fl. 22 1/2 kr.)
betraͤgt. Die Kosten des Reinigens und der Gewichtsverlust, der sich dabei
ergibt, kann auf 6 Pence (18 kr.) bei der Unze angeschlagen werden. Der Unterschied
im Preise zwischen dem Probegolde und dem reinen Golde betraͤgt mithin bei
der Unze um 1 Schill. 10 Doll. (1 fl. 6 kr.) mehr, als der Unterschied im wirklichen
Werthe oder Gehalte.
Es liegt hienach im Interesse jener Goldarbeiter, die ein so großes Capital besizen,
daß sie ihr Gold mit baarem Gelds kaufen koͤnnen, ehe Probegold als feines Gold zu
kaufen, und nur fuͤr die zartesten Arbeiten, die sich aus legirtem Golde
nicht erzeugen lassen, feines Gold zu verwenden.
Aus den Unterredungen mit einigen der groͤßten Fabrikanten von
Goldarbeiterwaaren, deren Fabrikate hauptsaͤchlich aus sogenannten schweren
Artikeln, wie Trauringen, Tabaksdosen, Ketten, Braceletten und dergl., bestehen,
geht hervor, daß dieselben kein reines Gold verarbeiten. Zwei Haͤuser, die
woͤchentlich uͤber 100 Unzen Gold verbrauchen, versicherten mich noch
besonders, daß sie nie sein gemachtes Gold, sondern bloß alte englische leichte
Guineen oder fremde Muͤnzen gekauft haͤtten, und daß sie den Grad der
Feinheit dieses Goldes so weit verminderten, als es sich mit den einzelnen Artikeln,
zu welchen sie dasselbe verwendeten, vertrug. Ein anderer Fabrikant, der die
groͤßte Auflage in der Goldschmiedhalle zahlt, versicherte mich gleichfalls,
daß er kein feingemachtes Gold kaufe, und ein anderer, der sowohl feine als schwere
Arbeiten liefert, sagte mir, daß er in den lezten 4 Jahren beilaͤufig 6/10 an
feinem Golde und 4/10 an Probegold, welches aus leichten Guineen, Dublonen und
dergl. bestand, verbrauchte.
Achtzehn der groͤßten Fabriken Londons gaben so genau, als es bei dergleichen
Dingen moͤglich ist, an, daß sie woͤchentlich an 1000 Unzen Probegold,
an feinem Golde hingegen nur 300 Unzen verarbeiteten. Diese Angabe ist
uͤbrigens sehr unvollkommen, indem die ersteren Fabriken dieser Art sammt den
Fabriken mittleren Ranges eine drei Mal so große Zahl ausmachen, als diese 18, und
indem sich die Zahl der kleineren Arbeiter, die in dunklen Kammern und Wohnungen ihr
Gewerbe treiben, und die vielleicht monatlich nicht mehr als 2–3 Unzen Gold
verbrauchen, auf mehrere Hunderte belaͤuft. Unter diesen lezteren Arbeitern
nun, fuͤr welche ein kurzer Credit von großer Wichtigkeit ist, beziehen viele
ihren geringen Bedarf an Gold von den Feinmachern, waͤhrend jene, die etwas
Geld bei der Hand haben, lieber leichte Guineen, Napoleonsd'or, Moidors und dergl.
kaufen, je nachdem es sich mit ihren Finanzen vertraͤgt.
Man muß sich bei Berechnungen dieser Art immer sorgfaͤltig vor Uebertreibungen
huͤten, und aus diesem Grunde habe ich bei denselben immer mehr auf die
Thatsachen, von denen ich mich selbst zu uͤberzeugen Gelegenheit
haͤtte, als auf die Angaben einzelner Individuen verlassen. Ich kam nach
allen diesen Forschungen zu dem Resultate und Schlusse, daß von den Goldarbeitern
und Juwelieren Englands zu London, Birmingham und anderen Orten vier Mal mehr
Probegold als reines Gold verarbeitet wird.
Nach allen diesen Angaben glaube ich uͤber den Verbrauch an Gold in
Großbritannien zu folgendem Resultate gelangt zu seyn:
Feines Gold, welches von den
verschiedenenGoldarbeitern und Platirernverarbeitet wird
80,000 Unzen.
Von den Goldarbeitern jeder Art
58,000
––––––––
146,000 Unzen, die Unze zu 4 Pfd.7 Schill. 6 D.,
macht
638,750 Pfd. Sterl.
Probegold, welches die Goldarbeiter
verarbeiten
232,000 Unzen, die Unze zu 3 Pfd.17 Sch. 10 1/2
D., gibt
902,270 –
Goldene Uhren, wovon zu London
jaͤhrlich 13,820, inBirmingham 600, an den uͤbrigen Orten
beilaͤufig 300,in Summa 14,720 Stuͤke verfertigt werden,
und welche,das Stuͤk im Durchschnitte zu 2 Unzen gerechnet,
29,440Unzen Gold von 18 Karat geben; dieß macht, die Unze zu3 Pfd.
5 Schill.
95,680
–
–––––––––––
Summe
1,636,700 –
Dieser Betrag bleibt, so groß er auch zu seyn scheint, weit hinter den Meinungen
einiger anderer, mit den verschiedenen Gewerben, welche Gold verarbeiten, sehr
vertrauter Autoren zuruͤk. Unter diesen lezteren verdient vorzuͤglich
einer wegen der großen Menge Gold, die er selbst verwendet, wegen seiner
gewoͤhnlichen Genauigkeit und seiner allgemeinen Kenntnisse alle
Aufmerksamkeit. Diesem Manne wurden mehrere Fragen uͤber einige Zweige der
Goldarbeiter-Fabrikate vorgelegt, und zwar unter anderen auch die folgende:
„Wie groß ist die Quantitaͤt Gold, die die Goldarbeiter und
Juweliere in so geringen Mengen verwenden, daß dieselben keinen
Staͤmpelauflagen unterliegen?“ Seine Antwort auf diese Frage
lautete, wie folgt:
„Diese Quantitaͤt belaͤuft sich, was am ersten Blike
unglaublich zu seyn scheint, gewiß auf nicht weniger als 450,000 bis 480,000
Unzen Probegold, oder in Pfd. Sterl. auf 1,900,000 Pfd. Sterl., wahrscheinlich
aber eher auf mehr, als auf weniger als 2,000,000 Pfd. Sterl. Ich brauche hier
nicht anzugeben, auf welche Weise ich zu diesen Resultaten gelangte; ich bemerke
nur, daß ich mehrere Wege versuchte, und daß durchaus kein Grund vorhanden ist,
aus welchem sich auf eine Unrichtigkeit des Resultates schließen ließe. –
Es gibt eine unzaͤhlige Menge Artikel, die wegen ihrer zarten Textur
weder probirt noch gestaͤmpelt werden koͤnnen, und eben so viele
andere, die aus einem so schlechten Golde verfertigt worden, daß sie kaum den
Namen Gold verdienen. Und doch ist die Menge dieser Artikel so groß, daß dadurch
ein großer Verbrauch an Gold entsteht. Jedermann, der das Geschmeide betrachtet,
welches er oder seine Familie an sich traͤgt, wird sich
uͤberzeugen, welch ungeheures Mißverhaͤltniß zwischen dem
gestaͤmpelten und ungestaͤmpelten Golde besteht. Die Menge
desselben ist in dem ersten Theile meiner Antwort gewiß nicht zu hoch
geschaͤzt.“
Hieraus ergibt sich, daß das Resultat, zu welchem ich gelangte, beilaͤufig um
100,000 Unzen weniger betraͤgt, als die Schaͤzung dieses
einsichtsvollen Fabrikanten.
Ich komme nun zu dem Verbrauche an Silber, der jaͤhrlich in den verschiedenen
Fabriken Großbritanniens Statt findet. Bei den Goldarbeiter-Waaren ist wegen
des großen Werthes des Metalles und der großen darauf gelegten Abgabe nur eine sehr
geringe Menge dieser Waaren der Abgabe unterworfen; allein bei dem Silber ist es
wahrscheinlich, daß jene Quantitaͤt, welche den Staͤmpel bezahlt,
beinahe jener gleich kommt, welche demselben nicht unterworfen ist. In vielen
Artikeln, die fuͤr Gold gelten sollen, ist naͤmlich oft eine so große
Menge niederer Metalle enthalten, daß sie gesezlich nicht als Gold betrachtet werden
koͤnnen, und daß man folglich auch nicht den Staͤmpel, der 17 Schill.
auf die Unze betraͤgt, davon fordern kann; beim Silber hingegen
betraͤgt die Abgabe bloß 1 Sch. 6 D. (54 kr.) von der Unze; und da Jedermann,
der etwas aus Silber kauft, erwartet, daß dasselbe probehaltig ist, so wird auch
beinahe jedes Stuͤk, welches uͤber 5 Pfenniggewichte wiegt, auf das
Staͤmpelamt getragen, und die Abgabe dafuͤr entrichtet. Außer goldenen
Trauringen und Tabaksdosen zahlen nur wenige goldene Artikel eine Taxe,
waͤhrend hingegen silberne Loͤffel und Gabeln und andere uͤber
5 Pfenniggewichte schwere silberne Geraͤthe beinahe durchaus der Taxe
unterworfen werden.
Ich bringe den Verbrauch an Silber in England unter vier Abschnitte. Zu dem ersten
Abschnitte zaͤhle ich jene Gegenstaͤnde, uͤber welche die
amtlichen Urkunden einen Aufschluß geben, welcher auf alle Genauigkeit Anspruch
machen darf. Aus diesen Berichten erhellt, daß der Verbrauch vom Jahre 1810 bis 1829
in London und Schottland 23,055,082 Unzen, in den uͤbrigen Theilen von
England 911,750 Unzen und in Irland 1,539,517 Unzen betrug, so daß sich der
Gesammtverbrauch innerhalb dieser 20 Jahre auf 25,506,339 Unzen, oder
jaͤhrlich im Durchschnitte auf 1,275,316 Unzen belief. Der zweite Abschnitt
enthaͤlt das Silber, welches zu Uhren verwendet wird; die silbernen
Gehaͤuse derselben werden naͤmlich zur Bestimmung der Feinheit des
Metalles auf dem Probiramte gestaͤmpelt, obschon sie keine Auflage zu
bezahlen haben. Aus den amtlichen Urkunden hieruͤber ergibt sich, daß
innerhalb derselben 20 Jahre zu London 2,015,461, mithin jaͤhrlich 100,773
gestaͤmpelt wurden. Dieß gibt, das Gehaͤuse zu 2 1/4 Unzen gerechnet,
einen jaͤhrlichen Verbrauch an Silber von 226,740 Unzen. Die Zahl, welche zu
Birmingham gestaͤmpelt, aber hauptsaͤchlich zu Coventry verfertigt wurde,
belief sich auf 60,000, welche, ein Gehaͤuse zu 2 Unzen gerechnet, 120,000
Unzen auswogen. Die Zahl, welche zu Edinburgh, Glasgow, York, Dublin, Newcastle,
Exeter, Sheffield und Liverpool verfertigt wurde, kann zusammengenommen auf 80,000,
jedes zu 2 Unzen, mithin auf 160,000 Unzen, angeschlagen werden. Hieraus ergibt
sich, daß in ganz Großbritannien jaͤhrlich aus 506,740 Unzen Silber
Uhrgehaͤuse verfertigt werden.
Ein dritter Industriezweig, welcher jaͤhrlich eine große Menge Silber
verbraucht, ist die Fabrikation platirter Waaren, die vorzuͤglich zu
Birmingham und Sheffield, und auch zu London betrieben wird. Das Auswalzen des
Silbers in Beruͤhrung mit anderen niedrigen Metallen geschieht auf großen
Strekwerken, deren sich an den drei oben erwaͤhnten Orten bedeutende
befinden; die groͤßte Menge dieses Artikels wird jedoch zu Birmingham
erzeugt. Die schlechteste Sorte solchen platirten Metalles, welche zu Birmingham
fabricirt wird, enthaͤlt auf jedes Pfund des niedrigeren platirten Metalles
nicht mehr als zwischen 3 und 4 Pfenniggewichten Silber. Von dieser schlechten Sorte
wird eine bedeutende Menge von Birmingham nach Sheffield gesendet, daselbst
verarbeitet, und dann als Sheffielder Arbeit verkauft. Die besseren Sheffielder
Fabrikanten beklagen sich aber sehr uͤber dieses Verfahren, welches dem guten
Rufe ihrer Waare bedeutend schaden muß. Das Sheffielder platirte Metall
enthaͤlt naͤmlich auf ein Pfund Kupfer oder eines anderen Metalles
mehr als 4 Pfenniggewichte Silber, und Vieles ist sogar auf beiden Seiten platirt.
Ueberdieß besteht der kleine Rand, der um die Kanten der platirten Artikel
laͤuft, aus Silber allein, und dieß macht, obschon es keiner Auflage
unterworfen ist, im Ganzen doch eine bedeutende Menge Silber aus. Die platirten
Waaren, welche zu London verfertigt werden, haben meistens eine groͤßere
Menge Silber aufgelegt; eine große Menge von dem Londoner Fabrikate wird daher zur
Verzierung von. Kutschen und Pferdegeschirren verwendet, indem es wegen seiner
staͤrkeren Platirung durch das hier oft noͤthige Puzen nicht so
schnell abgenuͤzt wird, als das Birminghamer platirte Metall. So viel ich von
den Platirern, den Eigenthuͤmern der Strekwerke und den Fabrikanten platirter
Waaren erfahren koͤnnte, schaͤze ich das Silber, welches zu
Birmingham, Sheffield, Walsale und der Nachbarschaft (hier besonders fuͤr
Sattler und Eisenhaͤndler) zum Platiren verwendet wird, jaͤhrlich auf
beilaͤufig 750,000 Unzen. Das Londoner Fabrikat, welches besser, aber weniger
zahlreich ist, mag sich auf 150,000 Unzen belaufen.
Zu dem vierten Abschnitte gehoͤren endlich viele Artikel, welche aus Silber
verfertigt werden, deren Gewicht aber unter jenem Gewichte steht, welches die Probe
bekommen und die Abgabe bezahlen muß. So werden jaͤhrlich Tausende von silbernen
Fingerhuͤten fabricirt, die alle unter dem verantwortlichen Gewichte stehen.
Eine Unzahl von silbernen Ketten fuͤr Augenglaͤser und Uhren wird
jaͤhrlich aus einzelnen Ringen fabricirt, von denen ein jeder, als einzelner
Gegenstand, unter dem Gewichte steht, welches die Taxe bezahlen muß. Die
Bleistifthaͤlter, die Kragen von Riechflaͤschchen, die
Schloͤsser fuͤr Taschenbuͤcher, Brieftaschen,
Instrumenten-Etuis, Portefeuilles, die kleinen Silberstuͤke, welche
haͤufig zu den Griffen der Federmesser und Rasirmesser genommen werden, und
eine Menge Verzierungen verschiedener Art bilden, obwohl sie nicht der Taxe
unterliegen, zusammengenommen jaͤhrlich eine sehr große Menge Silber. Die
Goldschlager verbrauchen gleichfalls jaͤhrlich große Quantitaͤten
Silber zu Blattsilber. Nach den besten Erkundigungen, die ich einziehen
koͤnnte, laͤßt sich das Silber kaum duͤnner ausschlagen, als
so, daß es noch 2 1/2 Mal diker als das Blattgold ist; waͤhrend man daher zu
1000 Buͤchern Blattgold 8 Pfenniggewichte Gold braucht, braucht man zu 1000
Buͤchern Blattsilber 1 Unze Silber. Der Verbrauch an Blattsilber ist gewiß
viel geringer, als jener an Blattgold; beruͤksichtigt man aber, daß ein Blatt
Blattsilber viel schwerer wiegt, als ein Blatt Blattgold, so moͤchte der
Verbrauch beider Metalle dem Gewichte nach so ziemlich gleich seyn. Ueber das
sogenannte Ueberziehen oder Waschen mit Silber (Washing with
silver), welches von einer niedrigeren, jedoch zahlreichen Classe von
Arbeitern betrieben wird, koͤnnte ich keine nur etwas genaueren
Aufschluͤsse erhalten. – Nach den hier angegebenen Thatsachen und nach
der Meinung erfahrner Gewerbsmaͤnner duͤrfte der jaͤhrliche
Verbrauch an Silber bei diesem vierten Abschnitte auf 500,000 Pfd. Sterl. zu
schaͤzen seyn.
Die Menge des Silbers, welche jaͤhrlich in Großbritannien zu anderen Zweken,
als zum Auspraͤgen auf der Muͤnze verwendet wird, laͤßt sich
hiernach mit Wahrscheinlichkeit auf folgende Quantitaͤten anschlagen:
Silber, welches die Abgabe oder Taxe
zahlt
1,275,316 Unzen.
Silber, welches zu Uhrgehaͤusen
verwendet wird
506,740
–
Silber, welches zum Platiren dient
900,000
–
Silber, welches zu verschiedenen kleineren
Zweken verarbeitet wird
500,000
–
––––––––––––––
3,182,056 Unzen.
Dieß gibt, die Unze zu fuͤnf Schillingen (3 fl.) gerechnet, jaͤhrlich
795,514 Pfd. Sterl. Rechnet man nun hiezu die 1,636,700 Pfd. Sterl., auf die sich
der jaͤhrliche Verbrauch an Gold belaͤuft, so erhaͤlt man
jaͤhrlich die ungeheuere Summe von 2,457,221 Pfd. Sterl.!
Die Ansichten, die ich hier uͤber den Verbrauch von Gold und Silber in England
entwikelte, werden durch die Angaben, die mir aus anderen Gegenden Europa's zukamen,
nur noch mehr bestaͤtigt. Der beinahe 20jaͤhrige Friede, dessen sich
beinahe alle Laͤnder erfreuten, hat uͤberall den Verbrauch von
Zierde- und Luxus-Artikeln aller Art allmaͤhlich bedeutend
erhoͤht. Jeder Reisende wird dieß sowohl in den Niederlanden, als in
Frankreich, Italien und Deutschland beobachtet haben; und ganz vorzuͤglich in
den Hauptstaͤdten und Handelsstaͤdten, wo nicht bloß die
hoͤheren Classen einen enormen Luxus treiben, sondern wo auch die niederen
Classen es in der Nachahmung der hoͤheren schon sehr weit gebracht haben.
Selbst in kleineren Staͤdten zeigte sich aber auch, daß der Verkehr der
Goldarbeiter, Uhrmacher und anderer Gewerbsleute dieser Art in demselben Maße
zunahm, wie die Bevoͤlkerung dieser Orte.