Titel: | Versuche und Beobachtungen über die divergirenden Strömungen der comprimirten Luft. Von Hrn. T. Hopkins. |
Fundstelle: | Band 46, Jahrgang 1832, Nr. XXXIX., S. 164 |
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XXXIX.
Versuche und Beobachtungen uͤber die
divergirenden Stroͤmungen der comprimirten Luft. Von Hrn. T. Hopkins.
Aus den Transactions of the Literary and Philosophical Society
of Manchester in London Journal of Arts. April 1832, S.
36.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Hopkins, Beobachtungen uͤber die Stroͤmungen der
divergirenden Luft.
Am 11. October 1824 befestigte Hr. Roberts an der
Muͤndung einer Roͤhre, die als Austrittsroͤhre (waste pipe) diente, eine Klappe, um auf diese Weise die
Kraft eines Luftstromes, der in einen Ofen blies, zu reguliren und
gleichmaͤßig zu machen. Zu seinem Erstaunen fand er jedoch, daß die Klappe,
anstatt durch einen starken Luftzug leicht weggeblasen zu werden, in einer geringen
Entfernung von der Muͤndung stehen blieb, und sich nur durch eine bedeutende,
mit der Hand bewirkte Kraftanstrengung weiter von der Muͤndung der
Roͤhre entfernen ließ. Diese sonderbare Erscheinung wurde noch in derselben
Woche durch mehrere Mitglieder der Gesellschaft bestaͤttigt, und von allen
fuͤr eben so neu als sonderbar gehalten.Hr. Clement von Paris soll damals eben in
Manchester gewesen seyn, und spaͤter dieselbe Erscheinung, die er in
Hrn. Robert's Anstalten sah, als eine in
Frankreich gemachte Entdekung mitgetheilt haben.A. d. O.
Hr. Roberts machte damals noch einige Versuche
uͤber seine Luftklappe; eben so wurden mehrere Theorien aufgestellt, um das
Haͤngenbleiben der Klappe an der Roͤhre zu erklaͤren. Erst im
September dieses Jahres gelang es mir jedoch, mich mit ihm zu vereinigen, um einige
weitere Versuche anzustellen, von denen ich hier einige vortragen will.
In Fig. 57
sieht man einen senkrechten Durchschnitt eines Theiles des Apparates, dessen wir uns
bedienten. a ist eine Roͤhre von 3 Zoll im
Durchmesser, deren Muͤndung jedoch bei bb
bis auf einen Durchmesser von 2 3/8 Zoll verkleinert, und mit einem
Randstuͤke cc von 10 3/4 Zoll im
Durchmesser umgeben ist, welches den Siz der Klappe bildet. Auf dieses
Randstuͤk wurde eine kreisfoͤrmige Scheibe oder Klappe dd von 6 Zoll im Durchmesser gelegt, in deren
Mitte sich ein Stift befand, mit Huͤlfe dessen sich die Klappe frei heben und
senken konnte, und mittelst welchem sie zugleich in senkrechter Richtung gegen die
Muͤndung erhalten wurde.
Die Klappe wurde mittelst einer Schnur an dem einen Ende eines Wagebalkens befestigt; das
Gleichgewicht wurde ihr durch Gewichte gehalten, die wir in die an dem anderen Ende
des Wagebalkens aufgehaͤngte Wagschale brachten. Nachdem die Klappe auf diese
Weise an ihre Stelle gebracht worden, ohne daß sie auch nur mit ihrem eigenen
Gewichte auf ihren Siz gedrukt hatte, wurde dem Strome comprimirter Luft. Zutritt in
die Roͤhre a gestattet, worauf sich die Klappe
d um 1/32 Zoll von dem Randstuͤke oder ihrem
Size erhob, und unveraͤndert in dieser Stellung blieb. Hierauf wurden 13
Unzen Avoir dup. in die Wagschale e gelegt, wodurch die Klappe um 1/12 Zoll uͤber ihren Siz
emporgehoben wurde. 26 Unzen hoben dieselbe auf 1/8 Zoll, 32 Unzen hingegen auf 1/4
Zoll; jedes hoͤhere Gewicht bewirkte, daß die Klappe ploͤzlich in die
Hoͤhe flog.
Es scheint daher, daß dann, wenn die Klappe um 1/4 Zoll von ihrem Size emporgehoben
worden, der groͤßte Unterschied zwischen der Kraft der ausstroͤmenden,
und gegen die untere Flaͤche der Klappe druͤkenden Luft und der Kraft
der atmosphaͤrischen, auf die obere Flaͤche derselben
druͤkenden Luft eingetreten war. Der Druk der Atmosphaͤre war
groͤßer als die Kraft des austretenden Stromes der vorher comprimirten Luft,
indem ein Gewicht von 32 Unzen noͤthig war, um das Gleichgewicht
herzustellen.
Um uns von dem Zustande des Luftstromes unter der Klappe, und zwar an verschiedenen
Stellen, zu uͤberzeugen, verschafften wir uns vier doppelte
Heberroͤhren, die wir, nachdem wir die gehoͤrigen Quantitaͤten
Queksilber in dieselben gegossen hatten, in die Oeffnungen brachten, die wir, wie
bei 1, 2, 3, 4 an Fig. 57 ersichtlich, in gewissen Entfernungen von einander in die Klappe
gemacht hatten. Nachdem nun die eingefuͤgten Schenkel dieser Roͤhren
der Einwirkung des Luftstromes ausgesezt worden, ließen wir die comprimirte Luft
wieder in die Roͤhre a eintreten, worauf die
Klappe wieder, wie vorher auf 1/32 Zoll gehoben wurde.
In der Roͤhre 1, die sich in jenem Theile der Klappe d befand, der uͤber der Oeffnung b war,
stand das Queksilber in dem aͤußeren Schenkel um 1 1/2 Zoll hoͤher,
als im inneren, woraus erhellte, daß der Druk der comprimirten Luft unter derselben,
uͤber dem Druke der atmosphaͤrischen Luft stand, und 1 1/2 Zollen
Queksilber gleich war. Die Roͤhre 2, die sich in der Naͤhe der
Oeffnung b allein uͤber dem Rande des Sizes c befand, zeigte in dem inneren Schenkel der
Roͤhre einen hoͤheren Stand des Queksilbers von 3/10 Zoll: der Druk
der Luft unter ihr war folglich um 3/10 Zoll geringer, als der
atmosphaͤrische Druk, oder er war einem theilweisen Vacuum von 3/10 Zoll
Queksilber gleich. Die Roͤhre 3 zeigte ein aͤhnliches Vacuum von 1/8
Zoll Queksilber. Das Queksilber in der Roͤhre 4 blieb
unveraͤndert.
Die Klappe mit den vier Roͤhren wurde hierauf gradweise je um 1/32 Zoll so
lang hoͤher gehoben, bis sie 1 1/2 Zoll uͤber ihrem fruͤheren
Size von 1/32 Zoll stand. Dabei wurde bei jedem Stillstande die Hoͤhe des
Queksilbers in der Roͤhre beobachtet und durch ein p oder ein v bezeichnet, ob die Roͤhren
einen Druk von Unten oder ein theilweises Vacuum zeigten. Wir erhielten auf diese
Weise eine Tabelle mit fuͤnf Columnen, von denen die erste die Hoͤhe
der Klappe uͤber ihrem Size, die vier uͤbrigen aber die Hoͤhe
des Queksilbers in den vier Roͤhren und die Angabe enthielten, ob sich in
diesen Roͤhren Druk oder ein Vacuum zeigte.
Aus dieser Tabelle ging hervor, daß in der Roͤhre 1 der Druk des Stromes von
Unten so lang auf 1 1/2 Zoll Queksilber blieb, bis die Klappe auf 1/16 Zoll von
ihrem Size emporgehoben war; daß das Queksilber aber einen gradweise verminderten
Druk zeigte, wenn die Klappe von 1/16 Zoll bis auf 1 1/2 Zoll gehoben wurde, und daß
endlich bei dieser lezten Hoͤhe der Druk nur 6/10 Zoll betrug.
Die Roͤhre 2 zeigte ihr groͤßtes Vacuum, welches 1 1/8 Zoll Queksilber
betrug, wenn die Klappe auf 3/32 Zoll gehoben war; wurde die Klappe von diesem
Punkte aus noch weiter gehoben, so wurde das Vacuum geringer, bis endlich auf einer
Hoͤhe von 3/8 gar kein Vacuum mehr Statt fand, und das Queksilber in beiden
Schenkeln auf gleicher Hoͤhe stand. Beim Heben der Klappe von 3/8 auf 1 1/2
Zoll zeigte diese Roͤhre einen zunehmenden Druk des Luftstromes von Unten,
und bei der leztgenannten Hoͤhe betrug dieser Druk 4/10 Zoll Queksilber.
Das groͤßte Vacuum der Roͤhre 3 belief sich auf 7/20 Zoll Queksilber,
und hiebei war die Klappe eben um 11/32, Zoll gehoben. Bei einer staͤrkeren
Hebung derselben wurde das Vacuum immer kleiner, bis es bei einer Hoͤhe von 1
1/2 Zollen ganz verschwunden war.
In der Roͤhre 4 fing das Queksilber einen geringen Grad von Vacuum zu zeigen
an, wenn die Klappe bis auf 8/32 Zoll gehoben worden; bei einer Hoͤhe der
Klappe von 1/2 Zoll hatte das Vacuum seinen hoͤchsten Grad erreicht: es
betrug 1/4 Zoll. Von diesem Punkte aus verminderte sich das Vacuum wieder, so daß
bei einer Hoͤhe der Klappe von 1 1/2 Zoll nur mehr ein sehr geringer
Unterschied in der Hoͤhe des Queksilberstandes in den beiden Roͤhren
zu entdeken war.
Eine aͤhnliche Reihe von Versuchen machten wir mit einer Klappe von 8 Zoll im
Durchmesser, wobei sich nur einige kleine Abweichungen in den Resultaten ergaben,
die wir in einer zweiten Tabelle aufzeichneten. Die einzige Verschiedenheit, die
einer Erwaͤhnung werth ist, ist, daß man bei der 8zoͤlligen Klappe 48
Unzen in die Wagschale
e legen mußte, um sie von ihrem Size loszumachen,
waͤhrend bei der 6zoͤlligen nur 32 Unzen noͤthig waren.
Aus einer allgemeinen Uebersicht der erhaltenen Resultate schien hervorzugehen, daß
sich, wenn sich die Klappe an ihrem Size befand, oder nur eine geringe Streke
uͤber denselben gehoben war, zwischen der Klappe und ihrem Size und gegen die
Oeffnung b hin, ein kreisfoͤrmiger Streifen oder
ein flacher Ring verduͤnnter Luft vorfand, waͤhrend die Luft an den
weiter von der Oeffnung entfernten Theilen immer dichter wurde, und hart an dem
Umfange beinahe die Dichtheit der atmosphaͤrischen Luft bekam; daß aber, so
wie die Klappe gehoben wurde, der Ring aus verduͤnnter Luft sich mehr dem
aͤußeren Theile oder dem Umfange der Klappe naͤherte.
Um die Form und Natur dieses Ringes ausfindig zu machen, schien es noͤthig und
wuͤnschenswerth, daß die verschiedenen Hoͤhen des Queksilbers in einer
und derselben Roͤhre, welche die Grade des Vacuums anzeigt, in kleinen und
gleichen Entfernungen von einander, vom Rande der Muͤndung angefangen
laͤngs einer radialen Linie bis zum Umfange der Klappe, erforscht
wuͤrden. Zu diesem Zweke wurde ein beweglicher Schieber in die Klappe
eingefalzt, und in diesen Schieber der untere Schenkel von einer der doppelten,
Queksilber enthaltenden Heberroͤhren gebracht.
In Fig. 58
sieht man die Roͤhre uͤber der Muͤndung angebracht, und einen
Druk der comprimirten Luft von 1 1/3 Zoll Queksilber andeuten.
Nachdem nun diese Klappe auf ihren Siz gelegt worden, wurde der Schieber ff so weit bewegt, bis die Roͤhre
uͤber den Siz der Klappe zu stehen kam, wo dann die Entfernung der
Roͤhre von dem Rande der Oeffnung aufgezeichnet wurde, so wie das Queksilber
einen geringen Grad von Vacuum zu zeigen anfing. Von diesem Punkte aus wurde dann
der Schieber und folglich die Roͤhre um 1/32 Zoll nach Außen gezogen, und die
Hoͤhe des Queksilbers, welches das Vacuum anzeigte, neuerdings aufgezeichnet.
Auf diese Weise wurde die Roͤhre um je 1/32 Zoll gegen den aͤußeren
Rand oder den Umfang der Klappe gezogen, und hier bei jedem 1/32 Zoll die
Hoͤhe des Queksilbers bemerkt. Die verschiedenen Hoͤhen des
Queksilbers an allen diesen Punkten mit den genauen Stellungen, welche die
Roͤhre zu gleicher Zeit hatte, verzeichneten wir dann durch Punkte auf
Papier, und durch Verbindung dieser Punkte durch Linien erhielten wir die in Fig. 59
dargestellte, krumme Linie. In dieser Zeichnung ist g
der Punkt, bei welchem sich zuerst ein Vacuum zeigte; die Linie von g bis h bezeichnet hingegen
die Zunahme des Grades von Vacuum, biß es bei h 1 3/4
Zoll Queksilber erreicht hatte. Die Verminderung dieses Grades von Vacuum von
diesem Punkte aus, ersieht man durch die krumme, von h
nach i laufende Linie. Die etwas weiter unterhalb
befindliche, gerade Linie bezeichnet den Druk, den das Queksilber zeigte, wenn sich
die Roͤhre uͤber der Muͤndung befand.
Hierauf hoben wir die Klappe hoͤher von ihrem Size empor, und bewegten die
Roͤhre wie das erste Mal, um Daten zu anderen krummen Linien zu erhalten.
Wenn sich die Klappe 3/16 Zoll uͤber ihrem Size befand, so zeigte die
uͤber die Muͤndung gebrachte Oeffnung bloß einen Druk von 1 4/10 Zoll
Queksilber. Wurde die Roͤhre hingegen in einer Entfernung von 3/32 Zoll von
dem Rande der Muͤndung uͤber den Siz der Klappe gebracht, so zeigte
sie ein Vacuum von 1 8/10 Zoll Queksilber, welches Vacuum von diesem Punkte aus nach
Außen zu immer kleiner wurde.
Aus diesen Versuchen ging hervor, daß, bis die Klappe auf eine gewisse Hoͤhe
uͤber ihren Siz gehoben war, die untere Flaͤche jenes Theiles
derselben, der sich uͤber der Oeffnung befand, einem Druke ausgesezt war, der
um 1 1/2 Zoll Queksilber hoͤher war, als jener der atmosphaͤrischen
Luft, waͤhrend die untere Flaͤche des ganzen uͤbrigen, einen
aͤußeren Streifen oder Ring bildenden Theiles der Klappe einem Druke
ausgesezt war, der unter jenem der atmosphaͤrischen Luft stand, oder ein
theilweises Vacuum hatte, welches von 1 8/10 Zoll Queksilber bis zum
atmosphaͤrischen Druke wechselte. Der obere Druk gegen die untere Seite des
Mittelpunktes der Klappe mußte dann durch den unteren Druk gegen die untere Seite
jenes Theiles der Klappe, die dem Umfange naͤher ist, aufgewogen und mehr als
aufgewogen werden, indem der atmosphaͤrische Druk auf den Scheitel der Klappe
immer noch so groß war, daß er ein Gewicht von 32 Unzen zuließ, ehe er
uͤberwaͤltigt und die Klappe gehoben werden konnte.
Wir stellten hierauf auch noch mit verschiedenen, kleineren Klappen Versuche an, und
fanden, daß eine Klappe von 4 1/4 Zoll im Durchmesser fuͤr eine
Muͤndung von 2 3/8 Durchmesser die neutrale Groͤße genannt werden
kann. Wenn ihr naͤmlich durch die Wagschale das Gleichgewicht gehalten wurde,
so blieb sie, wenn der Luft Zutritt gestattet wurde, eben auf ihrem Size liegen; das
geringste in die Wagschale gebrachte Gewicht hob dieselbe jedoch in die
Hoͤhe. Klappen von einer geringeren, als der eben angegebenen Groͤße,
blieben nicht an ihrem Size haͤngen, und wuͤrden daher fuͤr
solch eine Roͤhre die geeigneten Klappen abgeben.
Wir verschafften uns nun eine kegelfoͤrmige Klappe, deren groͤßter
Durchmesser an der oberen Flaͤche 6 Zoll betrug, waͤhrend der kleinste
Durchmesser 2 3/8 Zoll hatte und der Muͤndung gleich war. Ihre Dike betrug 1
1/2 Zoll. Diese Klappe nun erforderte, wenn sie an ihre gehoͤrige Stelle
gebracht worden, und wenn sie von dieser aus in die Hoͤhe gehoben werden
sollte, eben so viele Unzen, als die flache 6zoͤllige Klappe. Siehe Fig. 60.
Eine zweite kegelfoͤrmige Klappe, deren groͤßter Durchmesser jenem der
flachen neutralen Klappe (4 1/4 Zoll) gleich war, waͤhrend ihr geringster
Durchmesser 2 3/8 Zoll, und ihre Dike 3 Zoll betrug, wurde wie die vorhergehende, an
einen Siz gebracht, dessen Dike der ihrigen gleich kam. Diese Klappe wurde jedoch,
wenn sie weniger als 6 Unzen wog, durch den Luftstrom weggeblasen. Es scheint daher,
daß eine kegelfoͤrmige Klappe weniger fest an ihrem Size haͤngt, als
eine flache, wenn der Durchmesser der oberen Flaͤchen beider Klappen gleich
ist. Siehe Fig.
61.
Waͤhrend der Versuche mit dieser kegelfoͤrmigen Klappe zeigte sich eine
sonderbare Erscheinung. Es mußte naͤmlich an dem Randstuͤke ein Siz
mit einem hohlen Kegel befestigt werden, und waͤhrend der Versuche ließ man
den austretenden Luftstrom zwischen dem Kegel und seinem Size durchgehen. Wenn
dieser Siz aber von dem Randstuͤke losgemacht, und der Luftstrom freigelassen
wurde, so blies ein Strom zwischen dem Kegel und dem Size, ein anderer hingegen
zwischen dem Size und dem Randstuͤke durch, so daß auf diese Weise der Siz
des Kegels durch die beiden Luftstroͤme ohne irgend etwas anderes in seiner
Stellung erhalten wurde.
Waͤhrend der Versuche wurde brennendes Papier auf die Klappen gelegt, um durch
die Flamme und durch den Rauch zu sehen, ob irgend eine atmosphaͤrische
Stroͤmung auf dieselbe herabblies. Die Flamme wurde jedoch bloß an dem
Umfange herabgezogen, und zwar bis sie mit dem Luftstrome in Beruͤhrung kam,
der unter der Klappe hervortrat, und der wahrscheinlich wegen seiner Staͤrke
und Kaͤlte die Flamme so ploͤzlich abschnitt, als wenn man dieselbe
mit einem Messer abgeschnitten haͤtte. Auf der Klappe selbst zog die Flamme
in der Richtung, in welcher sie gewoͤhnlich zieht, wenn gar kein Luftstrom
auf dieselbe einwirkt.
Sucht man sich diese Erscheinungen zu erklaͤren, so scheint es, daß die Luft
in der Muͤndung sowohl von der Muͤndung als von dem Mittelpunkte aus
in radialen Linien nach jeder Richtung durch die sich erweiternden Kreise gestoßen
oder getrieben wurde, und dadurch bei seiner Entfernung von dem Mittelpunkte auf
dieselbe Weise verduͤnnt wurde, auf welche sich das Licht nach seiner
Entfernung von dem Punkte, von welchem es ausstrahlt, vermindert. Um zu erproben, ob
diese Erklaͤrung richtig sey oder nicht, wurde ein anderer Versuch
angestellt.
Statt einer kreisfoͤrmigen Klappe bedienten wir uns einer
kreuzfoͤrmigen von 6 Zoll im Durchmesser, die man in Fig. 62 im Grundrisse
sieht. Der Mittelpunkt dieser Kreuzklappe bedekte eben die Muͤndung b in Fig. 57, und die vier
Arme l, l, l, l bildeten einen Durchmesser von 6 Zollen.
Die vier winkeligen Raͤume, welche dieselben auf dem Size der Klappe zwischen
sich ließen, wurden mit den Hoͤlzern m, m, m, m
bedekt, die in diese Raͤume paßten, und die so in dem Klappensize festgemacht
wurden, daß die Kreuzklappe frei zwischen den Hoͤlzern in emporgehoben werden
konnte. Durch diese Einrichtung wurde die comprimirte Luft bei ihrem Austritte aus
der Muͤndung auf vier, von einander abgeschiedene Stroͤmungen von
gleicher und gleichmaͤßiger Breite beschraͤnkt, welche
Stroͤmungen sich nicht von einander entfernen oder divergiren konnten,
sondern unter dem Kreuze durchgingen, bis sie an den Enden von deren Armen
entwichen. Nachdem die Queksilberroͤhren so wie in Fig. 57 in die Arme
eingesezt worden, zeigte sich in keinem Theile der Arme ein Vacuum von mehr als 1/8
Zoll, und gegen deren aͤußere Enden hin selbst ein noch kleineres. Selbst
dieses kleine Vacuum war jedoch wahrscheinlich das Resultat von einiger wenigen
Luft, die sich unter den winkeligen Stuͤken m
einen Weg hindurch gebahnt haben mochte. Das Kreuz wurde hierauf so weit
emporgehoben, daß dem Strome ein betraͤchtlicher Raum blieb, um sich weiter
auszudehnen, als er sich in seinem fruͤheren comprimirten Zustande befand.
Obschon nun aber die Luft hierdurch verduͤnnt wurde, so zeigte das Queksilber
doch keine groͤßere Verduͤnnung. Es ergab sich daher, daß, wenn unter
der kreisfoͤrmigen Platte nur ein geringer, 1/32 Zoll betragender Raum
fuͤr die eindringende Luft war, eine Verduͤnnung oder ein theilweises
Vacuum von 1 3/4 Zoll Queksilber entstand; daß hingegen, wenn die Kreuzklappe
allmaͤhlich von 1/32 Zoll auf einen halben Zoll uͤber ihren Siz
gehoben wurde, und wenn daher ein hinlaͤnglicher Raum zur Ausdehnung
vorhanden war, nur ein Vacuum von 1/8 Zoll angedeutet wurde.
Nach diesen verschiedenen Erscheinungen schien es, daß das Vacuum unter der
kreisfoͤrmigen Klappe dadurch hervorgebracht wurde, daß sich die Luft
unmittelbar nach ihrem Austritte aus der Muͤndung von einem kleineren in
einen groͤßeren Kreis ausdehnte. Denn wenn die Ausdehnung der Luft durch die
Stuͤke Holz, m
Fig. 62, die
an dem Size der Klappe befestigt waren, verhindert wurde, so verschwand das Vacuum
in den unter den Armen der Kreuzklappe Statt habenden Stroͤmungen beinahe
ganz; waͤhrend dasselbe beinahe wieder vollkommen, wie bei der
kreisfoͤrmigen Klappe, zum Vorscheine kam, wenn die winkeligen Stuͤke
an der Kreuzklappe befestigt wurden, und mit dieser emporsteigen konnten.
Wenn die kreisfoͤrmige Klappe d,
Fig. 57, auf
ihren Siz gelegt wird, so befindet sich innerhalb der Muͤndung b unbewegte oder stagnirende, atmosphaͤrische
Luft. So wie man aber die comprimirte Luft in die Roͤhre a eintreten laͤßt, so wird die stagnirende Luft
in Bewegung gesezt, und zwischen die aͤußeren Theile der Klappe und ihren Siz
getrieben, bevor sie noch die Klappe uͤberwinden kann. So wie die Luft jedoch
so getrieben wird, so wird sie gezwungen sich von einem Kreise, dessen Durchmesser 2
3/8 Zoll betraͤgt, in einen Kreis von groͤßerem Durchmesser
auszudehnen, wodurch sie folglich verduͤnnt werden muß. Der Impuls, den die
comprimirte Luft bei ihrem Eintritte in die Roͤhre der stagnirenden oder
still stehenden Luft gibt, bewirkt, daß diese leztere den Proceß beginnt; allein die
comprimirte Luft folgt unmittelbar auf die stagnirende, und diese wird durch die
Kraft, mit welcher sie von der urspruͤnglichen Bewegungskraft getrieben wird,
unter die Klappe geworfen, und da gezwungen sich mit einer Geschwindigkeit
auszudehnen, die mit der Triebkraft im Verhaͤltnisse steht.
Die Triebkraft, welche auf den Strom der comprimirten Luft wirkt, und die besondere
Form des eingeschraͤnkten Raumes, durch welchen die Luft getrieben wird, sind
mithin die Ursachen der Ausdehnung der Luft bis auf einen Grad, bei welchem ihre
Dichtheit geringer als jene der atmosphaͤrischen Luft ist, so daß folglich
der Druk der Atmosphaͤre auf die obere Flaͤche der Klappe
uͤberwiegend seyn muß.
Diese Ansicht wird vielleicht noch deutlicher werden, wenn man annimmt, daß die
comprimirte Luft am Rande der Muͤndung ein elastischer Ring von 2 3/8 Zoll im
Durchmesser ist, und daß jeder Theil dieses Ringes mit gleicher Kraft von dem
Mittelpunkte aus in einer strahlen- oder radienartigen Richtung gegen den
Umfang hin getrieben wird. Wenn nun der Ring so weit ausgedehnt worden, daß er einen
Durchmesser von 4 Zoll hat, so wird jeder Theil desselben gleichmaͤßig
ausgespannt und verduͤnnt worden seyn. Einen Theil eines solchen Ringes kann
man sich als in Fig. 63 dargestellt denken. Es ist jedoch nicht noͤthig, daß die
fortgetriebene Substanz elastisch ist. Denn bei einem bleiernen Ringe wuͤrde
dieselbe Wirkung Statt haben, oder wenn Sandkoͤrner oder kleine Schrote auf
gleiche Weise von einem Mittelpunkte aus nach allen Richtungen herum getrieben
werden sollten, so ist es klar, daß diese Sandkoͤrner oder Schrote um so
weiter von einander entfernt seyn und einen um so duͤnneren Strom darstellen
muͤßten, je weiter sich dieselben von dem Mittelpunkte entfernen
wuͤrden.
Wenn man einen Blik auf die in Fig. 59 dargestellte
Linie wirft, die die Grade des Vacuums vorstellt, so wird man sehen, daß sich der Kreis des
groͤßten Vacuums in der Naͤhe der Muͤndung befindet. Man kann
zwar einwenden, daß diese Erscheinung der Theorie der gezwungenen Divergenz
entgegengesezt ist, indem man nach dieser Theorie glauben sollte, daß das
groͤßte Vacuum da seyn muͤßte, wo die groͤßte Divergenz Statt
hat, d.h. an dem Umfange der Klappe. Man darf jedoch nicht vergessen, daß der
austretende Luftstrom den Widerstand der Atmosphaͤre zu uͤberwinden
hat; und daß, wenn er durch das Ausdehnen oder Divergiren duͤnner geworden,
als die Atmosphaͤre, gegen welche er wirkt, das Moment, welches erforderlich
ist, um ihn so zu erhalten, schnell verbraucht ist, und daß die Stroͤmung
unter den aͤußeren Theilen der Klappe, die nicht Kraft genug hat, um den
Widerstand der atmosphaͤrischen Luft von Außen her zu uͤberwinden,
dieser nachgibt, und dadurch auf die gewoͤhnliche atmosphaͤrische
Dichtheit gebracht wird. Wenn die Geschwindigkeiten des Stromes unter den
verschiedenen Theilen der Klappe auf dieselbe Weise in 32stel Theilen eines Zolles
haͤtten ausgemittelt werden koͤnnen, auf welche die Grade des Vacuums
durch die Hoͤhen des Queksilbers gefunden wurden, so wuͤrde auch
dieser Punkt durch Versuche erwiesen worden seyn, waͤhrend sich so nur auf
denselben schließen laͤßt.
Die Bewegung des Kreises des groͤßten Vacuums nach Außen, waͤhrend die
Klappe gehoben wurde, beweist jedoch, daß dieser Schluß richtig ist. Wenn die Klappe
nur ein klein wenig gehoben war, so wurde die Kraft des Luftstromes schon auf die
Ausdehnung oder Divergenz seiner selbst in der Naͤhe der Muͤndung
verwendet; wurde die Klappe hingegen auf eine betraͤchtliche Hoͤhe
gehoben, so war die groͤßere Dichtheit des Stromes nicht auf den unmittelbar
uͤber der Muͤndung befindlichen Theil beschraͤnkt, sondern sie
zeigte sich auch zwischen der Klappe und einem Theile des Sizes dieser lezteren.
Wurde die Klappe um einen halben Zoll gehoben, so gab derselbe Punkt h, der in Fig. 59 das
groͤßte Vacuum zeigte, einen Druk von 1/4 Zoll Queksilber an, waͤhrend
sich der Kreis des groͤßten Vacuums weiter von der Muͤndung entfernt
hatte.
Man hat behauptet, daß sich die Bildung des Vacuums aus der bekannten Tendenz einer
zusammengedruͤkten oder comprimirten Quelle bei ihrem Freiwerden uͤber
jenen Punkt hinauszufließen, auf welchem sie zulezt stehen blieb, erklaͤren
laͤßt. Allein diese Wirkung der Quellen ist bloß ein Beispiel eines
allgemeinen, auf alle Koͤrper anwendbaren Naturgesezes. Wenn irgend ein
Koͤrper, er mag elastisch seyn oder nicht, in Bewegung gesezt wird, so dauert
in Folge seiner eigenen Unthaͤtigkeit diese Bewegung so lang in der Richtung,
in welcher er getrieben wurde, fort, bis seine Triebkraft verbraucht ist. Die Kraft
einer freigelassenen metallischen Feder verbraucht oder verzehrt sich in der Anstrengung, die sie
macht, um die Zaͤhigkeit des Metalles, aus welchem sie besteht, zu
uͤberwinden; die Kraft einer gegen einen Erdwall abgefeuerten Kanone wird
durch den Widerstand der Erde verzehrt. In beiden Faͤllen ist es jedoch immer
eine Triebkraft, welche verzehrt wird.
Kurze Zeit nachdem Hr. Roberts das Haͤngenbleiben
der Luftklappe beobachtet hatte, mittelte er, ohne daß er wußte, daß dieß bereits
vor ihm geschehen sey, durch Versuche aus, daß Wasser, wenn es mit bedeutender
Geschwindigkeit durch eine kegelfoͤrmige Roͤhre getrieben wird, aus
einem unterhalb befindlichen, offenen Gefaͤße Wasser heraushebt, wenn das
eine Ende einer duͤnnen Roͤhre in die kegelfoͤrmige
Roͤhre eingesezt, das andere hingegen in das Gefaͤß mit Wasser
untergetaucht wird. Dieß beweist, daß das Wasser, welches eine nicht elastische
Fluͤssigkeit ist, dieselbe Wirkung hervorbrachte, wie ein
ausstroͤmender, aber auf eine eigene Art beschraͤnkter Luftstrom.
Waͤhrend ich diesen Aufsaz der Presse uͤbergab, wurde Wasser durch den
Druk einer Wassersaͤule von betraͤchtlicher Hoͤhe aus einer
Roͤhre getrieben, auf welcher sich eine Klappe befand, die der in Fig. 57
abgebildeten aͤhnlich war. Auch hier wurde die Klappe durch den austretenden
Wasserstrom nicht fortgetrieben; sondern es zeigte sich, daß dieselbe in einer
geringen Entfernung von dem Size an der Roͤhre haͤngen blieb. Beim
Umkehren des Apparates, wo folglich die Klappe unter den Siz zu liegen kam,
gehorchte die Klappe, wenn man das Wasser einfließen ließ, nicht dem Geseze der
Schwere: sie fiel weder durch ihr eigenes Gewicht herab, noch wurde sie durch die
Kraft des Wasserstromes fortgetrieben, sondern sie blieb mit bedeutender Festigkeit
an dem Size haͤngen.