Titel: | Bericht des Hrn. Gaultier de Claubry über eine Vorrichtung zum Blasen des Krystallglases, welche Hr. Robinet erfand, und welche in der Glasfabrik zu Barcarat, Departement de la Meurthe, angewendet wird. |
Fundstelle: | Band 46, Jahrgang 1832, Nr. CVI., S. 407 |
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CVI.
Bericht des Hrn. Gaultier de Claubry uͤber eine
Vorrichtung zum Blasen des Krystallglases, welche Hr. Robinet erfand, und welche in der Glasfabrik zu
Barcarat, Departement de la Meurthe, angewendet
wird.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. Mai 1831, S. 163.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Gaultier de Claubry, uͤber eine Vorrichtung zum Blasen des
Krystallglases.
Wenn man einen Gelehrten darum angegangen haͤtte einen Apparat auszudenken,
mit welchem man groͤßere oder kleinere Gegenstaͤnde aus Krystallglas
blasen kann, und welcher die Arbeit eines Glasblasers zu verrichten im Stande ist,
so wuͤrde derselbe gewiß irgend eine sinnreiche Vorrichtung erfunden haben,
die vielleicht dem vorgesezten Zweke so ziemlich entsprochen haͤtte. Wir
zweifeln aber, daß diese Vorrichtung in den Haͤnden eines Gelehrten je ein so
einfaches und bequemes Mittel gewesen oder geworden waͤre, als es das
Instrument ist, uͤber welches ich hier die Ansicht der Commission, die mit
dessen Untersuchung beauftragt war, vorlege. Wenn der Glasarbeiter irgend ein
Stuͤk blasen will, so versieht er das Ende seines Rohres mit einem Klumpen
Krystallglas von der gehoͤrigen Groͤße, und gibt diesem dann durch das
Blasen jede beliebige Form und Groͤße, indem er die Masse in einen Model
bringt, in welchem sie sich in Folge der Kraft der eingeblasenen Luft
gleichfoͤrmig ausdehnt.
Noch vor wenigen Jahren mußten die Krystallglaͤser, so wie sie aus der
Glashuͤtte kamen, auf dem Rade ausgearbeitet werden, da ihnen der
Glasblaͤser so zu sagen nur die ersten Grundrisse ihrer Formen gab. Seit
einigen Jahren erleidet aber nur eine sehr geringe Menge von Glasern noch außer der
Glashuͤtte eine weitere Bearbeitung; bei weitem der groͤßte Theil der
Glaͤser wird gegenwaͤrtig in demselben Zustande, in welchem er aus den
Haͤnden des Glasblasers kommt, in den Handel gebracht. Diesem Umstande
verdanken wir die große Verminderung des Preises mancher Artikel, die fruͤher
bloß fuͤr die wohlhabendere Classe zugaͤnglich waren, waͤhrend
sie sich gegenwaͤrtig beinahe in den Haͤnden Jedermanns befinden.
Die Verfertigung solcher Glaswaaren kostet den Arbeiter um so groͤßere
Anstrengungen, je regelmaͤßigere Formen die Artikel in den Modeln erhalten
sollen, und je tiefer das Glas in die Formen eindringen muß.
Ein Arbeiter in der Glasfabrik zu Baccarat, Hr. Robinet,
dessen physische Kraͤfte der Anstrengung, die bei dieser Art von Arbeit
noͤthig ist, nicht gewachsen waren, hat nun einen Apparat erfunden, mit
welchem er jeden Artikel, welche Dimensionen er auch haben, und wie viel Arbeit auch
daran noͤthig seyn mag, zu verfertigen im Stande ist. Die Einfachheit dieses
Apparates zeigte die Vortheile desselben so augenscheinlich, daß er
gegenwaͤrtig allgemein unter den Arbeitern verbreitet ist, und
taͤglich seinen großen Nuzen beurkundet.
Wenn der Glasarbeiter irgend einen Artikel aus Glas zu blasen anfaͤngt, so
dehnt sich die Glasmasse, so lang sie noch sehr heiß ist, anfaͤnglich bei
schwachem Blasen leicht aus; wenn aber die Hize nachlaͤßt, und besonders wenn
die Glasmasse in die Details des Models eindringen soll, ist man nur mehr mit
bedeutender Kraftanstrengung im Stande die Glasmasse bis auf den gehoͤrigen
Grad auszudehnen, besonders wenn die Waare nicht mehr geschnitten oder geschlissen
werden soll. Der Apparat des Hrn. Robinet macht dieses
muͤhsame Blasen ganz entbehrlich; man kann mit demselben ohne alle
Muͤhe und Anstrengung jeden Artikel, wie groß und mit Figuren
uͤberladen er auch seyn mag, verfertigen.
Wenn man, nachdem man Luft in das Rohr eingeblasen hat, dessen Ende augenbliklich
luftdicht verschließen koͤnnte, so wuͤrde die Luft, welche sich noch
weiter auszudehnen fortfaͤhrt, allerdings eine Wirkung auf das Glas
hervorbringen; allein diese Wirkung wuͤrde doch keineswegs hinreichen, um das
Glas in alle einzelnen Details des Models einzudruͤken. Wenn man aber im Stande
ist, diese eingeschlossene Luft durch irgend ein Mittel zusammenzudruͤken,
und vorzuͤglich wenn man noch eine neue Quantitaͤt Luft eintreten
lassen kann, so koͤnnte man auf diese Weise jede nur immer
wuͤnschenswerthe Wirkung erreichen.
Das Instrument, von welchem hier die Rede ist, entspricht nun gerade diesen
Bedingungen. Es besteht aus einem Cylinder aus Eisenblech a, den man in Fig. 6 im senkrechten
Durchschnitte sieht, und der 33 Centimeter lang ist, waͤhrend er 4,5
Centimeter im Durchmesser hat. Dieser Cylinder ist an dem einen Ende geschlossen; an
seinem entgegengesezten Ende hingegen traͤgt er ein bewegliches Stuͤk
b von 3 Centimeter Hoͤhe. Dieses Stuͤk
kann in den Cylinder eingerieben werden; es hat eine Oeffnung von 2,5 Centimeter,
und einen Ansaz, der sich an einem ununterbrochenen, den Cylinder umgebenden Ringe
befestigen laͤßt.
Im Inneren des Cylinders befindet sich eine Drahtfeder d
von 3 Centimeter im Durchmesser und 37 Centim. Laͤnge, welche Feder aus einem
Drahte von 2 Millimeter gemacht ist, und auf das hoͤlzerne Stuͤk c druͤkt. Dieses Stuͤk c besteht aus zwei Ringen von 4 Centim. im Durchmesser,
von denen der eine mit einem kegelfoͤrmigen Loche g von 2 Centim. durchbohrt ist, waͤhrend der andere in ersterem
eingefuͤgt ist, und eine Oeffnung f von 3
Millimeter hat. Zwischen den beiden Ringen befindet sich ein befettetes, mit einem
Ringe versehenes (emboute) Leder h, von welchem der eine Rand um 5–6 Millimeter vor den Ringen
vorsteht, waͤhrend der andere auf die kegelfoͤrmige Oeffnung des
ersten Stuͤkes aufgenagelt ist. Das Ganze wird durch jenen Theil des
Cylinders, den wir oben beschrieben haben, in seiner Stellung erhalten.
Fig. 8 ist ein
Aufriß des beweglichen, hoͤlzernen Stuͤkes, welches als Klappe
dient.
Wenn der Arbeiter das Blasen des Stuͤkes, welches er verfertigen will,
begonnen, und dasselbe in den Model gebracht hat, so nimmer das Rohr aus seinem
Munde, und sezt das Ende desselben schnell auf das bewegliche, mit Leder umgebene
Stuͤk, welches die Oeffnung des Cylinders verschließt. Da die Luft nun nicht
mehr entweichen kann, so wird sie sich auszudehnen streben, und dadurch eine
schwache Wirkung auf das Glas hervorbringen, die jedoch, wie bereits bemerkt worden,
ganz ungenuͤgend seyn wuͤrde. Diese Wirkung laͤßt sich aber
nach Belieben verstaͤrken, wenn man die in dem Cylinder eingeschlossene Luft
durch eine mehr oder minder schnelle Bewegung, die man demselben mittheilt,
comprimirt. Das Leder verhindert hiebei das Entweichen der Luft aus dem Apparate, so daß der starke,
der Luft mitgetheilte Druk das Glas zwingt, in alle Vertiefungen des Models
einzudringen.
Um den Apparat immer, gleich bei der Hand haben zu koͤnnen, hat Hr. Robinet den Ring e daran
angebracht, mittelst welchem der Arbeiter denselben an seine Kleidung
anhaͤngen kann, und daß er ihn bei seinen uͤbrigen Arbeiten nicht
belaͤstigt.
Die einfachsten Dinge koͤnnen von sehr großem Nuzen werden, wenn man sie auf
Gegenstaͤnde anwendet, deren Verbrauch sehr groß und allgemein ist. Der
Apparat des Hrn. Robinet scheint sich in dieser Hinsicht
ganz besonders auszuzeichnen; durch ihn wird eine nicht unbedeutende Zahl von
Arbeitern von dem Schwierigen und Laͤstigen ihrer Arbeit, welches
gewoͤhnlich auch mehr oder weniger stoͤrend auf deren Gesundheit
einwirkte, großen Theils befreit. Die Erfindung scheint außerdem auch um so mehr die
Aufmerksamkeit der Gesellschaft zu verdienen, als sie von einem ganz einfachen,
schlichten Glasarbeiter ausging; ich schlage daher der Gesellschaft im Namen der
Commission vor, Hrn. Robinet eine nahmhafte Belohnung
fuͤr seine Erfindung zu ertheilen, und ihm 100 Abdruͤke dieses
Berichtes sammt der Zeichnung seines Apparates zuzustellen.