Titel: | Ueber den gegenwärtigen Zustand und die künftigen Aussichten der Dampfwagen. |
Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. I., S. 2 |
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I.
Ueber den
gegenwaͤrtigen Zustand und die kuͤnftigen Aussichten
der Dampfwagen.
Aus dem Foreign Quarterly
Review vom Monat October 1832.
Woͤrtlich uͤbersezt mit
Bemerkungen, vom Ritter Joseph von Baader.
Baader, uͤber den Zustand der
Dampfwagen.
Die Substituirung der Dampfkraft fuͤr die Kraft der Pferde
zum Forttreiben von Kutschen und Wagen ist nun seit mehr als 20
Jahren der Gegenstand eines allgemeinen und
fortwaͤhrenden Interesse's gewesen; die Erwartungen,
selbst der am wenigsten sanguinischen, sind von Zeit zu Zeit
aufgeregt, und bis zur vollen Zuversicht durch die Berichte von
dem scheinbaren Erfolge eines gluͤklichen Projectanten,
welcher die große Aufgabe vollkommen geloͤst
haͤtte, gesteigert worden; allein diese Erwartungen haben
die darauf erfolgten Enttaͤuschungen durch das
jedesmalige gaͤnzliche Fehlschlagen dieser Versuche nur
desto empfindlicher gemacht. In diesem Augenblike existirt weder
in diesem, noch in irgend einem anderen Lande, kein einziges
Beispiel einer regelmaͤßigen und vorteilhaft betriebenen
inneren Landcommunication mittelst Dampfkraft. Auf
gewoͤhnlichen Straßen haben wir noch nichts Besseres
gesehen, als kurzlebende und fruchtlose Experimente; auf
Eisenbahnen kann man dieselben kaum gelungen nennen. Auf der
Liverpool- und Manchester-Eisenbahn erhalten sich
diese Versuche nur durch ein ungeheures Opfer von Geld und an
den Interessen der Gesellschaft. Die auf dieser Bahn im Gange
befindlichen Dampfwagen sind ungeheure, ungestaltete, plumpe
Massen von Maschinenwerk (huge,
disproportioned, clumsy, masses of mechanism), nach
ihrem Umfange, Gewicht und Bauart besser fuͤr den
langsamen und bedaͤchtlichen Schritt eines Elephanten als
fuͤr den schnellen Flug, zu welchem sie getrieben werden,
geeignet; und obwohl sie, durch die aͤußersten
Anstrengungen, Geschwindigkeiten erreicht haben, welche sich
mehr einem Flug durch die Luͤfte als einem
Fortwaͤlzen auf der Erde naͤhern, so reiben sie
sich dabei selbst auf, wie ein Karrengaul, der zum Galoppiren
gepeitscht wird, und zertruͤmmern die Bahn (knock the road to pieces).
Alles, was hieruͤber bis jezt bekannt worden ist,
berechtigt uns nur zu diesem einzigen Schluͤsse:
„daß alle bisher gemachten Versuche, durch
Dampfwagen eine oͤkonomische und regelmaͤßige
innere Communication zu bewirken,
gaͤnzlich und durchaus fehlgeschlagen sind (that every attempt yet made to render
Steam-carriages the means of economical and
regular inland communication has totally and absolutely
failed).“ –
So weit fuͤr die Gegenwart gelangt, moͤgen wir nun
fuͤglich die Aussichten fuͤr die Zukunft
untersuchen. Besteht, so koͤnnen wir fragen, in der Natur
der Ortsveraͤnderung (locomotion) oder Fortbewegung zu Lande irgend ein
besonderer Umstand, welcher verhindert, daß dieselbe Kraft,
welche die Raͤder eines Bothes umdreht, auf eine gleich
wirksame Weise die Raͤder einer Britchka umtreiben kann? Liegt in der Natur eines
Fuhrwerkes etwas so Besonderes, daß, waͤhrend eine
Dampfmaschine die Arbeit von 100 Pferden verrichten kann,
dieselbe nicht so viel als ein Gespann von vier Pferden vor
einem Wagen leisten kann? Haben wir bereits das
„Hieher und nicht weiter“ der
Dampfkraft erreicht? – Da wir wissen, daß die projectirte
Substituirung eine große und wohlthaͤtige
Veraͤnderung in dem moralischen, politischen und
commerciellen Zustande unseres Reiches Hers vorbringen
wuͤrde, sind wir zulezt, nach so lange und so sanguinisch
genaͤhrten und mit scheinbarem Gelingen unterhaltenen
Hoffnungen zur peinlichen Entdekung verdammt, daß wir nur
tantalisirt (tantalized) worden
sind!Wir glauben, daß die Schwierigkeiten, welche einer befriedigenden Loͤsung
dieses Problems entgegenstehen, ihrer Natur nach
unuͤberwindlich sind; und wir bleiben bei unserer
schon mehrere Male ausgesprochenen Meinung, daß das
Dampffuhrwesen auf gewoͤhnlichen Straßen zwar moͤglich, aber mit
einem so ungeheuren Aufwande verbunden ist, daß keine
oͤkonomisch
vortheilhafte Anwendung davon gemacht werden
kann. Dieß haben alle seit 20 Jahren unternommenen
Versuche bewiesen, und wir koͤnnen nur bedauern,
daß so große Summen auf ein so wenig lohnendes Project
unnuͤzer Weise verschwendet worden sind, und
wahrscheinlich noch kuͤnftig werden verschwendet
werden.A. d. Ueb. Muͤssen wir am Ende finden, daß wir nach einem
Ziele gejagt haben, welches eben so wenig erreichbar ist als der
Stein der Alchymisten, um Stahl und Dampf in Ochsen und in
Getreide zu verwandeln, und aus dem Staube der Landstraßen das
Brod der Armen zu baken? Ist alle mechanische Geschiklichkeit
von Großbritannien zulezt vereitelt? Sind alle unsere
Wissenschaft, unser Genie und unser Erfindungsgeist der
Loͤsung dieser kleinen Aufgabe nicht gewachsen –
mit einer Dampfmaschine von 16 Pferdekraͤften einen
vierspaͤnnigen Wagen fortzutreiben? Wo ist
gegenwaͤrtig das Geschlecht unserer Bell's, Bolton's und Watt's? Kann die Regierung nichts thun, um diese Erfindung
zu foͤrdern und zur Reife zu bringen? – Diese
Fragen sind ernsthaft; – die Antworten darauf von hoher
Wichtigkeit fuͤr uns, fuͤr Großbritannien. Wir
glauben indessen, daß sie vollstaͤndig und befriedigend
beantwortet werden koͤnnen, indem gezeigt wird, daß
die Ursache des bisherigen Mißlingens nicht in der Natur des
Gegenstandes, welchen man zu erreichen gesucht hat, sondern in
der Art und Weise liegt, wie man sich dabei benommen hat. Wir
glauben im Stande zu seyn, in jeder dahin zielenden Erfindung
Vernachlaͤssigungen und Elemente von
Selbstzerstoͤrung zu entdeken, welche nothwendiger Weise
ein gaͤnzliches Fehlschlagen nach sich ziehen mußten, und
zwar nicht nur in bloßen Details, sondern in den Principien des
Baues und der Anordnungen. Indem wir fragen: Was ist gemacht worden? moͤgen
wir die Antwort auf die zunaͤchstfolgende Frage: Was soll gemacht werden? entwikeln.
Um uns verstaͤndlicher zu machen, wollen wir unsere
Bemerkungen unter folgende Titel bringen:
1) Die Natur des Dampfes, – die Art, wie durch denselben
die unmittelbare Bewegung eines Fuhrwerkes zu bewirken ist
– die verschiedenen besonderen Eigenschaften, welche zur
Bildung eines guten Dampfwagens erfordert werden, und die
Schwierigkeiten, welche ihrer wirksamen Combination im Wege
stehen;
2) die Ursachen des Mißlingens solcher Versuche, welche am
naͤchsten zum Gelingen waren;
3) die Wege und Mittel, durch welche ein vollkommenes Gelingen zu
erhalten ist, und die hievon zu erwartenden Vortheile.
A.
Unter den Erfindungen, wie unter Kindern, bemerkt man von Zeit zu
Zeit einige, welche schnell zu einer vorzeitigen Reife
emporschießen, und, wie das Wunderkind Lyra, oder der junge Roscius, eine fruͤhe Vollkommenheit und Kraft
erreichen, uͤber welche eine nachfolgende Erziehung und
Erfahrung sie nie mehr weiter zu bringen vermag. Wie Richard III., der mit einer
vollstaͤndigen Reihe von Zaͤhnen zur Welt kam,
kommen sie aus der schoͤpfenden Hand mit reichlichen
Faͤhigkeiten begabt. Dieß ist genau die Geschichte der
Dampfmaschine. Bis zur Zeit des Watt
war diese Maschine kaum etwas mehr als ein physikalisches
Spielwerk. Er schuf sie mit Einem Male zu was er sie uns
hinterlassen hat – einer vollkommenen Maschine. Seit
seinen Tagen haben wir (in der Hauptsache) nichts gethan, nichts
hinzugefuͤgt, nichts verbessert. Wir moͤgen ihre
Leistungen vervielfaͤltigt und ihrer Kraft eine Menge
neuer Aufgaben zugewiesen haben; wir moͤgen eine geringe
Ersparniß an dem zu ihrem Betriebe erforderlichen Brennmaterial,
oder an dem Raͤume, welchen sie einnimmt, bewirkt haben,
aber der Maschine selbst haben wir keinen neuen wesentlichen Zug
gegeben. Wir haben in ihrem Baue keine anderen Verbesserungen
angebracht, als diejenigen sind, welche wir an einem
Menschen machen, den wir zu verschiedenen Handwerken und
Beschaͤftigungen abrichten. Der Wasserdampf war
urspruͤnglich ein Wasserpumper, ist aber nun ein Bergmann
und ein Seemann, ein Kohlentraͤger und ein
Baumwollspinner, ein Koch und eine Kaffeemuͤhle, ein
allgemeines Agens und ein Meister in allen Handwerken (jack-of-all trades)
geworden.
Durch sorgfaͤltig abgesonderte Betrachtung der
Dampfmaschine selbst von den zu ihrer Anwendung
gehoͤrigen Mechanismen werden wir zur Klarheit und
Genauigkeit unserer Begriffe von diesem Gegenstaͤnde
wesentlich beitragen. In Beziehung auf die lezteren ist der
Dampf der Kraft des Wassers, oder des Windes, oder der Pferde
meistens nur wegen seiner leichteren, oder
gleichfoͤrmigeren, oder wohlfeileren Anwendbarkeit
vorzuziehen.Der wesentlichste Vorzug der Dampfkraft besteht wohl
darin, daß man sie ganz in seiner Gewalt hat, und sie an
allen Orten und in jeder erforderlichen oder beliebigen
Staͤrke benuzen kann. A. d. Ueb. Die Mittel, wodurch man die Kraft des Dampfes zur
Hervorbringung einer gleichfoͤrmigen und
bestaͤndigen Bewegung benuzt, sind fast in allen
verschiedenen Formen dieselben; wenigstens kennt man nur zwei
hierin wesentlich von einander verschiedene Gattungen: die
Maschine mit hohem Druk und die Maschine mit niederem Druk. Die
erste besieht aus zwei Haupttheilen oder Gliedern, und die
leztere aus drei. Die beiden Theile der ersteren bestehen aus
dem Kessel oder dampferzeugenden Gefaͤße und dem Cylinder
mit seinem Kolben und dem Apparate von Haͤhnen oder
Oeffnungen, durch welche der Dampf wechselsweise uͤber
und unter den Kolben eindringt, und in die aͤußere Luft
entweicht. Wir sezen voraus, daß unsere Leser mit dieser
Construction hinlaͤnglich bekannt sind, um eine
umstaͤndliche Beschreibung derselben hier
unnoͤthig zu machen. Die Maschine mit niederem Druk hat
noch einen dritten Haupttheil: den Condensator oder
Abkuͤhlungsapparat, in welchem der aus dem Cylinder
entweichende Dampf, statt in die aͤußere Luft sich zu
verlieren, verdichtet und wieder in Wasser verwandelt wird,
wodurch eine bedeutende Ersparniß von Hize, Brennmaterial und
Kraft bewirkt wird.
Nur die Hochdrukmaschine allein wird zu Dampfwagen angewendet:
Die große Menge von kaltem Wasser, welche zur Verdichtung des
Dampfes erfordert wird, und das Gewicht des
Condensationsapparates machen die Maschine mir niederem Druk
untauglich fuͤr leichte und schnelle Bewegung. Die Nahe
von kaltem Wasser und die bedeutende Tragkraft eines Schiffes
erleichtern ihre Anwendung zur Schifffahrt.
Das Forttreiben von Wagen durch Dampf wird auf folgende Art bewirkt:
– Eine Hochdrukmaschine und ein Kessel mit einem Vorrathe
von Wasser, werden auf einen Wagen gesezt, oder uͤber die
Hintere Achse so befestigt, daß sie in der Nahe der großen
Wagenraͤder sich befinden; die bewegliche Kolbenstange
wird dann mittelst einer Stange, deren eines Ende an dieser, das
andere an einer Kurbel der Achse, oder an einer Speiche eines
Rades mit einem Gelenke befestigt ist, mit der Hinteren Achse
oder den großen Raͤdern so in Verbindung gesezt, daß
durch das Auf- und Niedergehen des Kolbens die
Raͤder umgedreht werden, und der Wagen mit der Maschine
sich vorwaͤrts bewegt.
Diese einfachen Mittel sind Alles, was zur Construction eines
Kampfwagens erfordert wird. Nachdem wir uns uͤberzeugt
haben, daß die Raͤder eines Maschinenwerkes durch eine
Dampfmaschine umgedreht werden koͤnnen, sezen wir eine
solche Maschine auf vier Raͤder, und machen diese
Raͤder selbst identisch mit den von der Maschine
umgedrehten Raͤdern. Die Reisenden sizen entweder auf
demselben Wagen mit der Maschine, oder auf einem besonderen
Wagen, welcher von dem Maschinenwagen nachgezogen wird.
Daß eine so einfache Anwendung schon in den fruͤhesten
Perioden der Geschichte der Dampfmaschinen entworfen und
ausgefuͤhrt worden ist, scheint uns keineswegs wunderbar.
Die erste Idee wird dem Professor Robison zu Edinburgh, einem Freunde Watt's
zugeschrieben. Die erste Ausfuͤhrung des Planes war dem
Ingenieur Richard Trevitick
vorbehalten, welcher im Jahre 1802 die Aufgabe vollkommen
loͤste, und einen Dampfwagen baute, der auf einer
gewoͤhnlichen Straße sich fortbewegte und vollkommen
leitbar (manageable) war; allein bei
dem damals schlechten Zustande der Straßen erlitt das
Maschinenwerk so heftige Stoͤße und
Erschuͤtterungen, daß es sehr bald unbrauchbar
wurde.Die englischen Landstraßen waren damals so gut wie jezt,
und Trevitick machte seine
ersten Versuche auf den besten Chausseen,
uͤberzeugte sich jedoch bald von der praktischen
Unbrauchbarkeit der Dampffuhrwerke auf
gewoͤhnlichen Straßen, und sezte seine Maschine
mit besserem Erfolge auf eine Eisenbahn in
Suͤdwales. Er war daher auch in England der
Erste, welcher die Moͤglichkeit bewies, die Kraft
des Dampfes statt der Pferde auf
Eisenbahnen anzuwenden.A. d. Ueb.
Schon vor dieser Zeit, gegen das Ende des lezten Jahrhunderts
machte Oliver Evans, ein
amerikanischer Mechaniker von ausgezeichnetem Scharfsinn, in
Pennsylvanien noch gluͤklichere Versuche dieser Art.
Nachdem er eine Dampfmaschine von einer besonderen von ihm
erfundenen Einrichtung gebaut hatte, benuzte er dieselbe zuerst
zum Mahlen von Getreide, sezte solche dann auf einen Wagen, um
das Mehl nach dem Markte zu bringen, und da er auf dem Wege einen
Fluß zu passiren hatte, brachte er an dem Wagen, welcher als ein
Both gebildet war, statt der Wagenraͤder
Ruderraͤder an, mit welchen er uͤber den Fluß
fuhr, und so mit derselben Maschine seine Ladung bis an den Ort
ihrer Bestimmung schaffte. Wir haben nicht gehoͤrt, warum
die Fortsezung dieses Transportes unterblieben ist.
Man sieht hieraus, daß bereits vor 30 Jahren Dampfwagen nach
einem großen, wie nach einem kleinen Maßstabe gebaut worden
sind, wodurch die Moͤglichkeit ihrer Anwendung und ihre
Wirkung, so weit es auf eine fortwaͤlzende Bewegung durch
Umdrehen von Raͤdern ankam, dargethan wurde;
waͤhrend von der anderen Seite uns die Thatsache in die
Augen faͤllt, daß diese Wagen bis jezt noch nie und
nirgends als ein regelmaͤßiges Communicationsmittel in
Anwendung gekommen sind. Jeder, der mit den oͤffentlichen
Blaͤttern der lezten 20 Jahre nur einiger Maßen bekannt
ist, muß wissen, daß es in diesem weiten Felde der Erfindung nie
an Arbeitern (labourers) gefehlt
hat, daß aber jede Erfindung, so wie sie ihrer
Vorgaͤngerin in der oͤffentlichen Gunst folgte,
nach einem kurzen Zeitraume auch dasselbe Schiksal eines
gaͤnzlichen Fehlschlagens mit jener theilte. Selbst jezt
hoͤren wir alle Tage von gelungenen Versuchen –
von Bergen, uͤber welche man mit ungeheuren Ladungen von
5 und 8 Tonnen mit der Geschwindigkeit von 10 und 30 Meilen in
einer Stunde hinauffuhr, und mit einem Druke von Millionen von
Pfunden die Kraft von 30 oder 40 Pferden erhielt.Ein neuerer Projectant behauptet, daß sein Wagen die
Kraft von 30 Pferden habe, und doch finden wir, daß
seine groͤßte Geschwindigkeit auf horizontaler
Bahn nur 12 Meilen in der Stunde betrug. Frage: Wenn 4
Pferde einen Wagen 10 Meilen weit in einer Stunde
bringen, welche Geschwindigkeit soll durch 20 oder 40
Pferde erhalten werden? A. d. O. Wir lesen die praͤchtigsten Ankuͤndigungen
von solchen Dampfpostkutschen auf einer Landstraße, welche
naͤchstens ihren Lauf beginnen sollen, – welche
auf dem Punkte zur Abfahrt stehen. Indessen weiß Jedermann, daß in diesem Augenblike keine einzige
oͤffentliche Straße in Großbritannien existirt, auf
welcher eine regelmaͤßige Fahrt mit Dampfwagen nur
mit einer gewoͤhnlichen maͤßigen
Geschwindigkeit eingefuͤhrt ist.
Diese fortwaͤhrend wiederholten Fehlschlagungen, und die
großen daran verschwendeten Summen beweisen auf die
unwidersprechlichste Weise das Daseyn von wesentlichen Fehlern
oder fatalen Mißgriffen, welche nicht unmittelbar auf der
Oberflaͤche des Gegenstandes liegen koͤnnen,
sondern tiefer einen bis jezt noch nicht entdekten Grund haben
muͤssen. Einige wenige einfache Bemerkungen moͤgen
uns vielleicht zu einem Begriffe von den Hindernissen
fuͤhren, welche dem Gelingen dieser Versuche
entgegenstehen.
I.
Das erste dieser Hindernisse scheint im Dampfkessel zu
liegen. Die gewoͤhnlichen Kessel werden gemeiniglich
von diken (gehaͤmmerten oder gewalzten) Tafeln
zusammengesezt, in Gestalt einer laͤnglichen Kiste
oder eines Kastens; diese werden halb mit Wasser
gefuͤllt und das Feuer unter dem Boden des Kastens
angebracht mit Rauch- und Flammenzuͤgen rund
um seine Seiten. Die Menge des erzeugten Dampfes, so wie
dessen Staͤrke haͤngt von der Groͤße
des Feuers und der dem Feuer ausgesehen Flaͤche des
Kessels ab. Eine Maschine fuͤr einen Dampfwagen muß
eine Kesselflaͤche in Beruͤhrung mit dem Feuer
von wenigstens 7 Yards (21 Fuß) in der Laͤnge und 1
Yard (3 Fuß) in der Breite haben; so daß, wenn wir die
Hoͤhe des Kessels und des Feuerherdes zu 3 bis 4 Fuß
annehmen, sich schon ein Koͤrper von ziemlich
bedeutendem Umfange darstellt, welcher mit dem Wagen
fortgeschafft werden muß.
Allein neben dieser unbequemen Groͤße des Kessels ist
auch das Gewicht desselben unvermeidlicher Weise sehr
betraͤchtlich; denn, um Explosionen zu
verhuͤten, muͤssen die Platten, aus welchen er
zusammengesezt ist, sehr dik und stark seyn, und zwar um so
diker und schwerer, je groͤßer und wirksamer die
Maschine seyn soll. Vor allen Dingen also muß der Kessel
fuͤr die zu erhaltende Kraft hinreichend groß, und
fuͤr die noͤthige Staͤrke schwer genug
gemacht werden. Diese beiden Forderungen bilden die Glieder
eines Dilemma, gleich zweien
Hoͤrnern, zwischen welchen die Erfindung lange Zeit
fest steken blieb.
Man fing zuerst damit an, den Kessel sehr groß zu machen, um
eine hinlaͤngliche Kraft zu erhalten; allein indem
man ihm auch die zur Sicherheit noͤthige
Staͤrke gab, ward derselbe (mit dem darin enthaltenen
Wasser) so schwer, daß die Maschine kaum ihr eigenes Gewicht
fortzubewegen vermochte, folglich praktisch unbrauchbar
wurde. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, machte man hierauf
den Kessel kleiner, fand aber, daß er nicht Dampf genug
fuͤr den gehoͤrigen Betrieb der Maschine
erzeugte. Endlich ward der Kessel groß genug und zugleich
leicht genug gemacht; da aber seine Waͤnde zu
duͤnn und schwach waren, erfolgte eine Explosion, und
die Maschine ward in die Luft gesprengt. Wie ist nun also
ein Dampfkessel groß und leicht genug zu machen, ohne daß er
gefaͤhrlich schwach wird? – Hierin liegt die
Schwierigkeit des ersten Theiles der Aufgabe.
Man hat verschiedene Methoden angewandt, um die Dampfkessel
zugleich wirksam, leicht und sicher zu machen. In der That
sind die hierauf abzielenden Verbesserungen der Gegenstand
von einer groͤßeren Anzahl
von Erfindungen und Patenten geworden, als vielleicht irgend
ein anderer Theil der Dampfmaschine. Die meisten hierauf
sich beziehenden Erfindungen beruhen auf dem Grundsaze, daß
die Wirkung eines Dampfkessels nicht so fast von seiner
eigenen Groͤße als von der Groͤße des
Feuerherdes und desjenigen Theiles seiner Oberflaͤche
abhaͤngt, welche mit der Flamme in Beruͤhrung
steht; daß, wenn das Feuer nicht bloß unter dem Boden des
Kessels, sondern auch von allen Seiten auf denselben wirkt,
die Entwikelung des Dampfes von den Seiten so groß als vom
Boden ist; daß, mit einem Worte, die Wirkung eines
Dampfkessels nicht im Verhaͤltniß der darin
enthaltenen Wassermasse, sondern in jenem der mit dem Feuer
in Beruͤhrung stehenden Oberflaͤchen steht,
und zugleich von der vorteilhaften Anwendung des Feuers,
damit keine Hize verloren geht, abhaͤngt.Der sel. James Watt, mit
welchem ich waͤhrend meines langen
Aufenthaltes in England manche lehrreiche
Unterredung uͤber diese Gegenstaͤnde
zu pflegen das Gluͤk hatte, gab seinen
Dampfkesseln immer eine sehr bedeutende Tiefe oder
Hoͤhe, und versicherte mich, daß, nach seinen
Erfahrungen, aus einer von Unten erhizten hohen
Wassermasse mehr Dampf als aus einer
duͤnneren Schichte bei gleichen
Oberflaͤchen und unter uͤbrigens
gleichen Umstaͤnden sich entwikele.A. d. Ueb. Dieß wird auf die einfachste Weise dadurch bewirkt,
daß man die Flamme um den Kessel herum fuͤhrt, ehe
man die heiße Luft und den Rauch in den Schornstein
entweichen laͤßt. Eine mehr compacte Form hat man dem
Kessel dadurch gegeben, daß man den Feuerherd und die
Rauchzuͤge im Inneren des Kessels angebracht hat, so
daß dieser das Feuer umschließt, statt vom Feuer umgeben zu
werden, und man hat hiedurch den unnuͤzen Verlust von
Hize in einem merklichen Grade verhuͤtet. Auf diese
Art werden die Kessel der Dampfschiffe construirt, welche
ihre Feuerherde und Aschenfaͤlle in ihrer Mitte, und
die Rauchzuͤge um dieselben inwendig
herumgefuͤhrt haben, ehe solche den aufrechtstehenden
Schornstein erreichen.Diese Anordnung ist vorzuͤglich auch zur
Sicherheit gegen Feuersgefahr auf Dampfschiffen und
auf Dampfwagen notwendig. A. d. Ueb. Bei dieser und bei der vorher angefuͤhrten
Bauart muß der Kessel einen bedeutenden aͤußeren
Umfang haben, und da er hiedurch schwaͤcher wird, so
muß er aus dikeren Platten zusammengesezt, folglich auch
schwerer werden. Eine weitere Verbesserung im Baue der
Dampfkessel bildet die sogenannte Tubularconstruction. Diese
besteht aus zahlreichen kleinen, mit Wasser
gefuͤllten Roͤhren, deren einige mitten durch
das Feuer, wo dieses am staͤrksten ist, gehen, andere
die Roststangen bilden, auf welchen die Kohlen brennen, und
einige uͤber dem Feuer unmittelbar erhizt werden.
Dieselbe Wirkung kann dadurch erreicht werden, daß man durch
einen Kessel von bedeutendem Umfange eine Menge kleiner
roͤhrenfoͤrmiger Rauchzuͤge
fuͤhrt, durch welche die Flamme und heiße Luft auf
ihrem Wege zum Schornstein zieht, und ihre Hize an das sie
umgebende Wasser absezt. Durch solche
Vervielfaͤltigung von kleinen Oberflaͤchen in
Roͤhren oder duͤnnen Kammern, auf verschiedene
Art mit einander verbunden, erhaͤlt man in der That
starke, wirksame und leichte Dampfkessel; und durch eine
oder die andere dieser Vorrichtungen sind diese Kessel an
den Dampfwagen ihrer Vollkommenheit naͤher als jeder
andere Theil des Mechanismus gebracht worden.
II.
Angenommen, daß alle Schwierigkeiten in der
fortwaͤhrenden Erzeugung einer hinreichenden Menge
von Dampf uͤberwunden seyen, kommt es
zunaͤchst darauf an, von diesem Dampfe den
moͤglich besten Gebrauch zum Forttreiben des Wagens
zu machen, so daß davon so wenig als moͤglich
unnuͤz verloren gehe. Die Wirkung des Dampfes
aͤußert sich erst, wenn solcher aus dem Kessel in die
soliden Theile der Maschine uͤbertritt, und
beschraͤnkt sich auf das wechselsweise
Niederdruͤken und Heben des Kolbens im Cylinder. Nun
haben aber die Verbindungsroͤhren, welche den Dampf
vom Kessel von Oben und Unten in den Cylinder leiten, wegen
der schiklichen Vertheilung des Gewichtes aller Theile,
gewoͤhnlich eine bedeutende Laͤnge, und oft
mehr als einen Bug. Hier entsteht nun eine neue
Schwierigkeit; es liegt in der Natur des Dampfes (wie aller
elastischen und unelastischen Fluͤssigkeiten), daß
seine Kraft im Durchgange durch einen langen oder engen,
oder in Kruͤmmungen gebogenen Canal bedeutend
geschwaͤcht, und hiedurch ein sehr großer Verlust
herbeigefuͤhrt wird. Eine einzige Wendung oder
Biegung wird dem Dampfe ein Zehntel seiner Kraft rauben, und
eben so viel jede folgende Wendung. Wenn demnach der
unmittelbare Druk des Dampfes im Kessel eine Last von 1000
Pfd. heben kann, aber auf seinem Wege zum Cylinder durch
eine Wendung dringen muß, so vermag derselbe auf den Kolben
nur mit einer Kraft von 900 Pfd. zu wirken; und durch vier
oder fuͤnf solche aufeinander folgende Wendungen kann
die urspruͤngliche Kraft des Dampfes in ihrer
eigentlichen Wirkung auf die Haͤlfte herabgebracht
werden. Noch ist bis jezt keine Dampfmaschine gebaut worden,
bei welcher der Dampf vom Kessel bis zum Cylinder nicht
durch drei oder vier Wendungen gebrochen, folglich der
fuͤnfte oder vierte Theil seiner Kraft verloren wird;
so daß z.B. bei einer Maschine von 500 Pferdekraͤften
100 Pferdekraͤfte unnuͤz verschwendet werden.
Bei dem Baue von Dampfwagen ist dieses Princip auf eine so
ungeheure Art vernachlaͤssigt worden, daß wir einen
Fall kennen, wo von der Kraft der Maschine vier
Fuͤnftheile verloren gingen.Dieser durch die Leitungsroͤhren verursachte
Widerstand kann zwar, wie bei Wasserleitungsroͤhren, dadurch
vermindert werden, daß man die scharfwinkeligen
Buͤge moͤglichst vermeidet, und die
Wendungen nach einer kreisfoͤrmigen Linie
abrundet; er bleibt aber doch immer sehr bedeutend,
besonders wenn diese Roͤhren sehr lang und
eng sind. Hr. Thomas Tredgold, der einzige wissenschaftliche
englische Schriftsteller in diesem Fache, berechnet
in seinem Werke: The
Steam-Engine etc. London 1827, p. 97–98, den
Widerstand jedes rechtwinkeligen Buges zu 1/10, und
von den gewoͤhnlichen Ventilen zu 2/10 der
ganzen Kraft des Dampfes. Der hieraus entstehende
Nachtheil wird besonders bei Hochdrukmaschinen
fuͤhlbar, wo darum der Druk des Dampfes im
Kessel oft um mehr als eine Atmosphaͤre
starker seyn muß, als er sich im Cylinder auf den
Kolben aͤußert, und wo also hiedurch die
Gefahr einer Explosion in einem hohen Grade vermehrt
wird. Uebrigens leidet der Dampf in langen und engen
Roͤhren auch noch durch die Abkuͤhlung
von Außen und die hiedurch verursachte theilweise
Verdichtung einen nicht unbedeutenden Verlust. In
dieser doppelten Beziehung war die aͤlteste
Anordnung der Newcomen'schen sogenannten
atmosphaͤrischen Dampfmaschinen, wo der
Cylinder unmittelbar uͤber dem Kessel stand,
und beide nur durch ein sehr kurzes, weites und
gerades Rohr mit einander verbunden waren,
unstreitig weit zwekmaͤßiger und
vortheilhafter, als die meisten modernen
Vorrichtungen, bei welchen der Dampf, wie der Draht
auf einer Zugmaschine, durch die engsten Oeffnungen
und Passagen gezwaͤngt wird: was die
Englaͤnder sehr passend wire drawing nennen. A. d.
Ueb.
III.
Hat indessen ein Erfinder auch diese Schwierigkeiten
gluͤklich uͤberwunden, so stellen noch
groͤßere und ernsthaftere sich ihm entgegen. Die
Gestalt und Groͤße des Cylinders hat einen
wesentlichen Einfluß auf den Gang einer Maschine. Die Wuth
scheint gegenwaͤrtig fuͤr lange und enge
Cylinder zu seyn. Wir haben einen Dampfwagen gesehen, so
groß als eine der Caravanen Wombwell's und eben so schwer, versehen mit zwei
Cylindern von 4 Zoll Durchmesser und 15 Zoll Laͤnge;
und dieser Wagen bestand aus zwei Stokwerken, einem
uͤber dem anderen. Ueberhaupt werden jezt die
Cylinder zu lang und zu eng gemacht, und dadurch die
abkuͤhlende Oberflaͤche und die Reibung
unnoͤthiger Weise vermehrt. Gewoͤhnlich gibt
man diesen Maschinen auch zwei Cylinder statt einem. Wir
sind der Meinung, daß ein Cylinder von doppeltem Inhalte
zweien von demselben Inhalte vorzuziehen ist. Theorie und
Erfahrung lehren uns, daß hiebei an Kraft gewonnen wird; und
so, wie wir wissen, daß zwei mit einander ziehende Pferde
nicht so viele Kraft mit einander ausuͤben
koͤnnen, als wenn jedes fuͤr sich einzeln
zieht, ist es auch unmoͤglich, daß zwei Cylinder mit
vollkommener Genauigkeit und Gleichfoͤrmigkeit
zusammen wirken. Wenn Ein Cylinder bei jedem Wechsel des
Kolbenspieles nicht Kraft genug hat, uͤber den
schwachen Punkt (da naͤmlich der angegriffene Punkt
der Kurbel mit ihrer Achse in eine Linie
zusammenfaͤllt) hinuͤber zu kommen, dann
verlohnt sich's kaum der Muͤhe, den Versuch zu
machen.Bei stationaͤren Maschinen, wo die große
Ungleichheit des statischen Momentes einer einfachen
Kurbel durch ein sehr großes und schweres
Schwungrad, ausgeglichen wird, kann man allerdings
mit Einem (doppeltwirkenden) Cylinder eine ziemlich gleichfoͤrmige Bewegung
erhalten; allein bei einem Dampfwagen, an welchem
schiklicher Weise kein Schwungrad angebracht werden
kann, ist die Anordnung mit zwei (Zylindern und zwei
unter einem rechten Winkel
gestellten Kurbeln unentbehrlich, um eine
gleichfoͤrmige und ununterbrochene Bewegung
hervorzubringen. Mit einem einzigen Cylinder
koͤnnte die Maschine beim ersten Anlassen gar
nicht in Gang gesezt werden, wenn zufaͤlliger
Weise der Zapfen der Kurbelstange sich eben an
seiner hoͤchsten oder niedrigsten Stelle
befaͤnde. A. d. Ueb.
IV.
Zum Gelingen eines Dampfwagens gehoͤrt noch ein
anderes unentbehrliches Erforderniß – eine Anordnung,
durch welche der Koͤrper des Wagens und das ganze
bewegliche Maschinenwerk von vollkommen biegsamen Federn
getragen wird, so daß alle diese Theile sich nach jeder
Richtung frei schwingen koͤnnen, und das Ganze doch
mit gleichfoͤrmiger Kraft und Geschwindigkeit
vorwaͤrts getrieben wird. Von einer Maschine, die
sich vor- und ruͤkwaͤrts schwingt, und
daher bald naͤher an der Achse von einem Paar
Raͤder, bald weiter davon entfernt ist, diesen
Raͤdern eine bestaͤndige und
gleichfoͤrmige Kraft und Bewegung mitzutheilen, dieß
ist eine Aufgabe, welche eine Combination von Biegsamkeit
und Steifheit in sich begreift, die als ein absoluter
Widerspruch erscheint; sie fordert, daß diejenigen Theile
beweglich seyn und nachgeben sollen, deren Unbeweglichkeit
zu erhalten, bei jeder stationaͤren Maschine von
hoͤchster Wichtigkeit ist.
Da man die Notwendigkeit dieser Forderung wohl einsah, so hat
man fast bei jeder Erfindung eines Dampfwagens sich
bemuͤht, derselben zu entsprechen, und auch
vorgegeben, daß man ihr entsprochen habe; allein bei allen
bis jezt in Gang gebrachten Dampfwagen ist (wie wir
spaͤter zeigen werden) diese Bemuͤhung
fruchtlos geblieben. Dieses Fehlschlagen liegt aber nicht
darin, daß keine Federn vorhanden sind, sondern in der
Thatsache, daß entweder nicht das ganze Gewicht auf diesen
Federn ruht, oder daß die Wirkung derselben gehemmt ist. Bei
einigen dieser Wagen liegt zwar der Koͤrper des
Fuhrwerkes auf Federn, aber nicht das Maschinenwerk; bei
anderen ist zwar urspruͤnglich das Ganze auf Federn
gesezt worden; nachdem man aber sich bald uͤberzeugt
hatte, daß das freie Spiel dieser Federn mit dem
uͤbrigen Mechanismus nicht vereinbar war, sind
dieselben so gestuͤzt und festgebunden worden, daß
sie sich nicht mehr biegen konnten, oder man hat sie so
stark, dik und kurz gemacht, daß sie beinahe in ganz feste
und steife metallene Bloͤke verwandelt wurden.Als die Directoren der Eisenbahngesellschaft von
Liverpool und Manchester vor vier Jahren einen Preis
von 500 Pfd. Sterl. fuͤr den besten
Dampfwagen aussezten, bestimmten sie in den
hieruͤber oͤffentlich bekannt
gemachten Bedingungen, Stipulations and Conditions, vom 25. April
1829 im 4ten Artikel ausdruͤcklich, daß die Maschine und der Kessel
von Federn getragen werden
sollten (The Engine and Boiler must be
supported on Springs) – Dieser
Forderung entsprach indessen keine einzige der zur
Preisbewerbung erschienenen Maschinen, von welchen
nur die Novelty mit unbiegsamen Federn, pro forma versehen war,
und der Preis ward der Maschine des Hrn. Stephenson (the Rocket) zuerkannt,
welche gar keine Federn, auch nicht Einmal zum
Scheine hatte. – A. d. Ueb. Wir wollen uns hier auf die Loͤsung dieser
Schwierigkeit nicht einlassen, aber wir hoffen
unseren Lesern die Natur derselben begreiflich zu machen.
Sie wissen bereits, auf welche Art die Maschine den Wagen
durch das Umdrehen seiner Raͤder mittelst einer an
der Kurbel angebrachten Stange bewirkt. Wenn nun diese
Maschine auf Federn laͤge, die zwischen ihr und der
Achse der Raͤder sich befinden, so wuͤrde sie
in veraͤnderlichen Entfernungen bald naͤher an
dieser Achse, bald weiter von derselben sich schwingen, und
jeder Stoß, der die Maschine wechselweise vorwaͤrts
oder ruͤkwaͤrts brachte, muͤßte die
Wirkung haben, daß die Raͤder zuerst in einer, und
gleich darauf wieder in einer anderen Richtung gezogen
wuͤrden, wodurch der Gang des Wagens aͤußerst
ungleich und unregelmaͤßig wuͤrde.Durch ein so gewaltig alle Theile angreifendes und
erschuͤtterndes Vor- und
Ruͤkwaͤrtszerren wuͤrden aber
auch die Raͤder und die ganze Maschine bald
in Stuͤke zerbrechen. A. d. Ueb. Das einzige bis jezt angewendete Mittel dieses zu
verhuͤten, ist eine unvollkommene Suspension, und
unvollkommene Suspension war bis jezt der Ruin von jeder
Maschine dieser Art, welche noch gebaut worden ist. Wenn
eine schwere Masse, wie ein Wagen von 4 bis 8 Tonnen (80 bis
160 Centner) Gewicht, auf einer rauhen Straße in Gang gesezt
wird, so gibt jeder Stein (und jede kleine Vertiefung) auf
seiner Bahn dem Wagen und dem ganzen Maschinenwerke einen
Stoß, welcher zwei Uebel hervorbringt: fuͤr's erste,
indem hiedurch ein Theil des Momentes der Bewegung
zerstoͤrt, folglich die Geschwindigkeit derselben
vermindert, und jedes Mal wieder eine groͤßere Kraft
zur Fortsezung der Bewegung noͤthig wird, und dann,
weil solche wiederholte heftige Stoͤße auf eine so
delikate und dabei so schwere Maschine, wie die
Dampfmaschine ist, offenbar alle Theile stark
beschaͤdigen und schnell ganz zerstoͤren
muͤssen. Solche bestaͤndig fortgesezte
Stoͤße und Erschuͤtterungen sind in der That
das sicherste Mittel, alle Theile des solidesten
Maschinenwerkes in Unordnung zu bringen und auseinander zu
reißen, da hiedurch alle Schrauben und Bolzen, welche die
verschiedenen Theile zusammenhalten, unfehlbar losgemacht
werden. – Die Wirkung von Federn sollte darin
bestehen, daß der Wagen mit seiner ganzen Ladung (d.i. mit
seiner Maschine) von den Achsen und Raͤdern so
abgesondert werde, daß die Stoͤße, welche diese
lezteren auf ihrem Wege erhalten, dem darauf liegenden
Gewichte sich nicht mittheilen; und so lange dieser Zwek
nicht vollkommen und in seiner ganzen Ausdehnung erreicht
wird, werden alle kuͤnftigen Versuche dieser Art das
Schiksal der bisherigen haben. Ein solcher
Wagen mag eine Reise gluͤklich vollbringen, und
vielleicht eine zweite, wenn sie kurz ist; aber weiter wird
derselbe, ohne von Grund aus reparirt zu werden, nicht mehr
kommen, und dieses Wechseln von kurzen Reisen und langen
Reparaturen wird so lange fortgesezt werden, bis die
Maschine zu Truͤmmern gestoßen ist.
V.
Eine andere Schwierigkeit (die lezte, die wir
anfuͤhren wollen) liegt in der Aufgabe eine Maschine
zu bauen, deren Kraft veraͤnderlich seyn, und, wie
die eines Pferdes, nach dem zu uͤberwindenden
Widerstand sich richten soll, so daß sie auf einem
horizontalen Wege nicht mehr Kraft aͤußert, als
noͤthig ist, eine bestimmte Last mit der
erforderlichen Geschwindigkeit fortzutreiben; daß aber diese
Kraft sich verstaͤrkt, wenn eine Anhoͤhe zu
ersteigen ist; daß diese Kraftverstaͤrkung im
Verhaͤltnisse Statt findet, als eine Anhoͤhe
mehr oder weniger steil ist, und endlich daß beim
Abwaͤrtsfahren die bewegende Kraft gespart und
zuruͤkbehalten werde, um selbe fuͤr die
naͤchste Gelegenheit mit Nuzen zu gebrauchen.Da beim Abwaͤrtsfahren auf einer Eisenbahn,
deren Gefaͤlle nur etwas starker als 1 auf
200 ist, die Wagen schon von selbst laufen, und
daher nicht nur keiner bewegenden Kraft
beduͤrfen, sondern vielmehr die
Raͤder, um eine zu große Beschleunigung zu
vermeiden, oft gesperrt werden muͤssen, so
sollte waͤhrend dieser Zeit auch kein
Brennmaterial unnuͤz verbraucht und kein
Dampf unnoͤthiger Weise erzeugt, sondern
beide fuͤr die naͤchsten
Beduͤrfnisse aufgespart werden. Dieses ist
aber bei der gegenwaͤrtigen Anordnung der
Dampfwagen durchaus rein unmoͤglich. Die
Wirkung des Feuers laͤßt sich so
ploͤzlich nicht aufheben, und da der
fortwaͤhrend entwikelte Dampf ohne die
groͤßte Gefahr nicht im Kessel
zuruͤkgehalten werden kann, so bleibt in
diesen Faͤllen kein anderes Mittel
uͤbrig, als den Gang der Maschine zu hemmen,
und den Dampf durch die Sicherheitsventile in die
Luft ausblasen zu lassen, d.h. ohne allen Nuzen zu
verlieren. Beim Aufwaͤrtsfahren uͤber
dergleichen sanfte Anhoͤhen kann man zwar die
bewegende Kraft dadurch zu verstaͤrken
suchen, daß man durch staͤrkeres Feuern Dampf
von einer hoͤheren Spannkraft erzeugt; allein
dieses Forciren der
Maschine ist in den meisten Faͤllen ein
unzureichendes, immer ein hoͤchst
gefaͤhrliches Mittel. – A. d. Ueb. Dieß ist noch nie zu Stande gebracht worden.
Brauchen wir aber zu sagen, daß eine solche Anordnung zum
Gelingen unentbehrlich ist? –
Diese fuͤnf Forderungen muͤssen demnach, und
zwar jede derselben insbesondere, im hoͤchsten Grade
von Vollkommenheit befriedigt, und dann zu einem compacten
und gleichfoͤrmigen Ganzen verbunden werden, ehe man
einen ganz gluͤklichen Erfolg von irgend einer
versuchten Bauart eines Dampfwagens erwarten kann. Wird nur
Eine dieser Forderungen vernachlaͤssigt, oder auf
eine unvollkommene Weise erfuͤllt, so macht diese
Unterlassung das Ganze scheitern. Wir muͤssen einen
Kessel haben, der zugleich stark und leicht ist, Raum
fuͤr ein großes Feuer, eine ausgedehnte
Beruͤhrungsflaͤche mit demselben hat, und
einen bedeutenden Vorrath von Dampf enthaͤlt. Die
Entwikelung des Dampfes muß moͤglichst erleichtert
werden durch weite, kurze und gerade Roͤhren und
Oeffnungen; die Cylinder muͤssen in ihrer Form,
Groͤße, Lage und allen dazu gehoͤrigen Theilen
auf die moͤglichst vorteilhafte Art construirt seyn.
Und waͤhrend zwischen diesen beweglichen Theilen die
groͤßte Festigkeit und Steifheit Statt findet, muß
das Ganze derselben auf vollkommen biegsamen und elastischen
Federn so aufgehaͤngt seyn, daß es sich frei auf und
nieder und seitwaͤrts schwingen kann, ohne im
Geringsten den regelmaͤßigen Gang des Wagens zu
stoͤren: endlich muß eine besondere Vorrichtung
angebracht seyn, wodurch die Staͤrke oder die Menge
des erzeugten. Dampfes so veraͤndert, oder die
bewegende Kraft so regulirt werden kann, daß der Wagen auf
verschiedenen Straßen, aufwaͤrts wie abwaͤrts,
mit ungefaͤhr derselben Geschwindigkeit wie auf der
Ebene fortgetrieben werden kann.Wir erlauben uns, diesen fuͤnf Forderungen
noch eine sechste unerlaͤßliche
Hauptbedingung hinzuzufuͤgen,
naͤmlich: daß es auf irgend eine Weise
moͤglich gemacht werde, das Maschinenwerk
einer Dampfmaschine, welches jeden Falls ein
bedeutendes Gewicht haben muß, so fest und stark in
allen seinen Theilen herzustellen, daß es die
heftigsten Stoͤße und
Erschuͤtterungen, welche es, troz aller
Federn, unvermeidlich zu leiden haben wird, auf die
Laͤnge auszuhalten vermag, ohne von einem
Augenblik zum anderen in Unordnung zu gerathen, oder
ganz unbrauchbar zu werden. Die Erfahrung hat seit
drei Jahren auf der Eisenbahn von Manchester und
Liverpool gezeigt, daß die dortigen Dampfwagen oder
fortschaffenden Maschinen sich aͤußerst
schnell abnuͤzen, daß selbe fast nach jeder
kurzen Reise (trip)
bedeutenden Reparaturen unterworfen werden
muͤssen; und aus der lezten
halbjaͤhrigen Abrechnung der Gesellschaft
geht das auffallend merkwuͤrdige Resultat
hervor, daß die Kosten dieser bestaͤndigen
Reparaturen jene des zum Betriebe dieser Maschine
aufgewandten Brennmaterials fast zwanzig Mal
uͤbersteigen. Wie lange wird nun eine so
kuͤnstliche Maschine, selbst wenn sie auf
Federn liegt, auf einer gewoͤhnlichen, rauhen
und holperigen Landstraße aushalten? und wie wird
bei dem bestaͤndigen und ungleichen
Schuͤtteln und Hin- und Herschwingen
das Feuer auf dem Herde und das Wasser im Kessel in
seiner gehoͤrigen Stellung zu erhalten seyn?
A. d. Ueb. Nur wenn eine solche Construction moͤglich
ist, woran wir kaum zweifeln, koͤnnen wir das,
vollkommene Gelingen dieser Erfindung erwarten. In der That,
wenn wir bei unseren Nachforschungen finden, daß es jedem
bis jezt producirten Dampfwagen in einem oder dem anderen,
oder in mehreren dieser wesentlichen Erfordernisse gefehlt
hat, muͤssen wir fast fuͤr erwiesen halten,
– nicht, wie Viele behaupten, daß die Kraft des
Dampfes ihrer Natur nach zum Forttreiben von Wagen auf
gewoͤhnlichen Straßen untauglich sey; aber doch
offenbar das Genie, oder die Wissenschaft, oder die
praktische Geschiklichkeit unserer Mechaniker dieser Aufgabe
bis jezt nicht gewachsen waren, und daß der Gegenstand
uͤberhaupt noch nicht von dem rechten Gesichtspunkte
betrachtet und gehoͤrig behandelt worden ist.
B.
Indem wir nunmehr zur Beurtheilung des gegenwaͤrtigen
Zustandes der Dampfwagen und ihrer kuͤnftigen Aussichten
schreiten, duͤrfen wir, um uͤber
die verschiedenen, zu diesem Zweke versuchten Erfindungen eine
richtige Meinung zu bilden, nur die fuͤnf Forderungen auf
dieselben anwenden, welche wir als den Maßstab ihres Werthes
hier aufzustellen gesucht haben. Es ist immer ein undankbares
Geschaͤft, Fehler aufzudeken, doch wird man uns in dem
gegenwaͤrtigen Falle keiner unredlichen Absicht oder
Unbilligkeit dabei beschuldigen.
Seit dem Anfange des gegenwaͤrtigen Jahrhunderts, wo Hr.
Trevithick zuerst die
Moͤglichkeit, Fuhrwerke durch die Kraft des Dampfes zu
betreiben, dargethan hat, sind wahrscheinlich nicht weniger als
hundert Dampfwagen, welche auf gewoͤhnlichen Straßen
fahren sollten, gebaut worden, die sich alle nur darin glichen,
daß sie dieselben ungluͤklichen Resultate hatten. Die
Erfinder scheinen, einer nach dem andern, den eigentlichen
Gegenstand ganz außer Augen gelassen zu haben, welcher darin
bestand, nicht nur eine maͤchtig wirkende (powerful) Dampfkutsche, sondern eine
solche herzustellen, welche sowohl in ihrem Baue als in ihrer
Unterhaltung und in dem zu ihrem Betriebe noͤthigen
Brennmaterial so wenig kostspielig waͤre, daß man durch
selbe die Pferde mit Vortheil entbehren koͤnnte. Sie
schienen nicht zu begreifen, daß, wenn eine solche Maschine in
ihrer ersten Anschaffung und in den Kosten ihrer Unterhaltung
nicht wohlfeiler als das gewoͤhnliche Fuhrwerk mit
Pferden zu stehen kaͤme, ihre Erfindungen zwar als ein
unterhaltendes Schauspiel oder Spielwerk, oder als ein
interessantes physikalisches Experiment dienen, aber zu einem
wirklichen Gebrauche ganz untauglich und unnuͤz seyn
muͤßten. Sie sollten bedacht haben, daß, wenn ihre
Maschinen bei ihren ersten Versuchen auch eine Geschwindigkeit
von 30 Meilen in einer Stunde erreicht haben, dabei aber so
beschaͤdigt wurden, daß sie zu fernerem Gebrauch
untauglich wurden, in Hinsicht auf Schnelligkeit und Sicherheit
des Transportes durchaus nichts gewonnen sey. Eine Meile in zwei
Minuten ist, wie wir wissen, die Schnelligkeit einiger guten
Rennpferde, und wenn man von Meile zu Meile auf einer Streke von
30 Meilen solche Pferde (zum Umspannen) anstellte, so
koͤnnte man diese Entfernung in einer Stunde
zuruͤklegen. Die Kosten einer solchen Posteinrichtung
waͤren aber so ungeheuer, daß sie von keinem Nuzen
waͤre; doch wuͤrden sie nicht groͤßer als
diejenigen seyn, welche ein gewoͤhnlicher Dampfwagen
verursachen wuͤrde, der auf einer ordinaͤren
Landstraße mit derselben Geschwindigkeit fortgetrieben
wuͤrde.30 englische Meilen in einer Stunde machen, nach
bayerischem Maße, 13 Stundenlangen oder 6 1/2 deutsche
geographische Meilen; in jeder Secunde 47 Fuß, die
Geschwindigkeit eines Sturmwindes! – Es ist
leicht zu begreifen, daß, wenn es auch
moͤglich waͤre, einen Dampfwagen auf einer
gewoͤhnlichen Straße mit dieser Geschwindigkeit
fortzutreiben, die ganze Maschine jeden Augenblik Gefahr
liefe, in Stuͤke zerschmettert, bei einer Wendung
uͤber den kleinsten Stein umgeworfen, bei dem
geringsten Versehen im Lenken in einen Seitengraben
geschleudert zu werden, oder anzurennen u.s.w., und doch
haben einige ultramechanische Charlatans in England nur
erst vor wenigen Monaten einer Comité des
Unterhauses, von welcher sie examinirt wurden, zu
Protokoll anzugeben sich erlaubt, daß sie mit dieser
Schnelligkeit auf ihren neuen Dampfrennern fahren
koͤnnen, und schon mehrere Male wirklich gefahren
sind! – A. d. Ueb.
Die ganze Untersuchung laͤuft also auf eine
oͤkonomische Frage hinaus, und es handelt sich mehr um
die Wohlfeile und Dauer als um die Moͤglichkeit. Die
verschiedenen Erfinder haͤtten daher, wenn es ihnen
gelang, einen Dampfwagen mit einer maͤßigen
Geschwindigkeit fortzutreiben, statt sich deßhalb zu
ruͤhmen, die Sache so lang fuͤr sich behalten
sollen, bis sie eine solche Maschine zu Stande gebracht
haͤtten, welche wahrhaft oͤkonomisch und
brauchbar, dem Publikum wirklich vorteilhaft, und ihnen selbst
lohnend waͤre.
Die Muͤhe, jede dieser verschiedenen Erfindungen im Detail
durchzugehen, wird durch den Umstand groͤßten Theils
vermindert, daß die meisten derselben bereits in Vergessenheit
gesunken sind. Die einzigen Dampfwagen, welche
gegenwaͤrtig noch vor dem Publikum erscheinen, sind die
des Hrn. Stephenson auf der
Liverpool- und Manchester-Eisenbahn, und auf
gewoͤhnlichen Landstraßen die Wagen des Hrn. Gurney, des Hrn. Hancock und der HH. Ogle und Summers. Wir wollen diese Maschinen, eine nach der
anderen in Betrachtung ziehen.
Stephenson's Name wird, vereint mit
den Namen der kuͤhnen Unternehmer der Liverpool-
und Manchester-Eisenbahn zur Nachwelt uͤbergehen,
und ihr Verdienst, dem Dampffuhrwesen den kraͤftigsten
Impuls gegeben zu haben, wird nie verkannt werden. Schon lange
vorher war Hr. Stephenson als einer
der talentvollsten praktischen Mechaniker in England wohl
bekannt, der mit allen kleinsten Details von Eisenbahnen, und
mit der Natur des zu ihrer Anwendung tauglichen Bodens genau
bekannt ist – ein Mann, dessen Urtheil uͤber
solche Gegenstaͤnde verdienter Maßen vom groͤßten
Gewicht ist. Seinem natuͤrlichen Talente allein hat Hr.
Stephenson sein Emporkommen von
einem niedrigen Stande zu feiner gegenwaͤrtigen
ehrenvollen Stellung zu verdanken, und die von ihm fuͤr
jene Gesellschaft ausgefuͤhrte Eisenbahn ist, obwohl sie
nicht auf der urspruͤnglich von ihm vorgeschlagenen Linie
hergestellt worden, eines der schoͤnsten Werke, das man
zu sehen wuͤnschen kann. Seine Bekanntschaft Mit schnell
sich fortbewegenden Maschinen hat indessen erst mit der Anlage
dieser Eisenbahn angefangen, da
die fruͤher von ihm gebauten Dampfwagen
um Vieles langsamer sich bewegten. Mit seiner praktischen
Kenntniß von Werken, welche große Staͤrke und
Soliditaͤt erfordern, betrat er eine Laufbahn, in welcher
er ganz fremd war, als er die Oberaufsicht uͤber
Fuhrwerke uͤbernahm, fuͤr welche Leichtigkeit und
Elasticitaͤt die hoͤchsten Erfordernisse waren.
Daraus lassen sich denn viele Unvollkommenheiten
erklaͤren, welche seinen Maschinen noch anhaͤngen,
deren Hauptvorzug in der besonderen Structur des Dampfkessels
besieht, welcher aber nicht von der Erfindung des Hrn. Stephenson, sondern des Hrn. Booth, Schazmeisters der Gesellschaft
ist. Man hat diese Bauart von Kesseln wirksamer und
oͤkonomischer, als irgend eines fruͤher
gebrauchten von gleichem Umfange gefunden; und sie stellt in der
That eine praktische Verwirklichung einiger Forderungen und
Principe dar, welche wir in den vorhergehenden Blaͤttern
dieses Aufsazes angegeben haben. Fuͤr's Erste befindet
sich das Feuer innerhalb des Kessels, und ist so groß, daß es
unmittelbar auf einer Oberflaͤche von 20 Quadratfuß
wirkt; die Flamme streicht dann nicht nur unmittelbar in den
Schornstein, sondern durch eine zweite Abtheilung, in Gestalt
eines großen liegenden cylindrischen Fasses, welche so gestellt
ist, daß der Feuerherd an einem Ende dieses Fasses, und der
Schornstein oder die Schlotroͤhre am anderen Ende sich
befindet. Die Flamme muß daher, ehe sie in den Schornstein
entweicht, durch das genannte Faß, aber nicht in einem weiten
Canal, sondern durch 50 bis 100 enge Roͤhren, von der
Weite eines Flintenlaufes ziehen. In diesem cylindrischen Theile
des Kessels wird die groͤßte Menge von Dampf entwikelt,
da die durch die vielen engen Roͤhren ziehende heiße Luft
alle ihre Waͤrme an das umgebende Wasser absezt, welches
an jedem Punkte erhizt, und wodurch eine maͤchtige
Dampferzeugung bewirkt wird. Der Rauch entweicht dann durch den
Schornstein in die aͤußere Luft. Da aber wegen der
Notwendigkeit, diese Schornsteine an Dampfwagen sehr kurz zu
machen, der Zug in denselben aͤußerst schwach seyn
wuͤrde, wird, um diesen Zug zu verstaͤrken, der
aus der Maschine tretende Dampf durch die Muͤndung eines
besonderen Rohres in den Schornstein geleitet, wo derselbe
vermoͤge seiner bedeutenden Elasticitaͤt mit
großer Gewalt hinauf faͤhrt, und den Rauch und die heiße
Luft in einem maͤchtigen Strome mit sich fortreißt,
wodurch die Verbrennung der Kohlen und die Erzeugung von Dampf
ungemein beschleunigt wird.Wir erlauben uns hier zu bemerken, daß ein wesentlicher
Fehler aller Hochdrukmaschinen eben darin besteht, daß
der aus dem Cylinder abziehende Dampf noch eine
bedeutende Schnellkraft besizt, und mit einer Art von
Explosion und starkem Geraͤusche sich entladet,
und daß sohin diese Kraft, zugleich mit der in diesem
Dampfe noch enthaltenen Hize fuͤr die Wirkung der
Maschine rein verloren geht, indem durch die
Ruͤkwirkung dieses ausziehenden Dampfes gegen
die untere Flaͤche des
niedergehenden Kolbens, der effective Druk und die obere
Flaͤche desselben in demselben
Verhaͤltnisse geschwaͤcht wird. Bei einer
vollkommenen Anordnung dieser Maschinen sollte die
Elasticitaͤt des abziehenden Dampfes den Druk der
Atmosphaͤre nur unmerklich uͤbertreffen,
und dieß waͤre also das siebente, bis jezt unerfuͤllte
Desideratum eines guten Dampfwagens.A. d. Ueb.
Diese Kessel besizen demnach zwei der von uns geforderten
Eigenschaften in einem hohen Grade – kraͤftige
Wirkung und geringen Umfang; aber es fehlt ihnen die lezte
– Leichtigkeit. Da die Platten, aus welchen diese Kessel
zusammengesezt werden, einen halben Zoll dik seyn
muͤssen, so erhaͤlt eine solche Maschine ein
Gewicht von 4, 6 und 8 Tonnen (80, 120 und 160 Centner) –
zudem werden die engen Roͤhren bei der Art, wie sie an
den Enden des Kessels befestigt worden, wegen der ungleichen
Ausdehnung durch die Hize, oder aus anderen Ursachen bald los,
und verursachen haͤufige Reparaturen.
Wir haben nunmehr Alles erwaͤhnt, was zu Gunsten dieser
Maschinen gesagt werden kann. Das bezieht sich aber nur auf die
Kessel; in allen uͤbrigen Theilen der Maschine waren wir
nicht im Stande, irgend etwas Neues, oder eine Verbesserung,
oder die fuͤr eine schnelle Bewegung erforderlichen
Anordnungen zu finden. Wir bitten unsere Leser den Werth
derselben nach den von uns aufgestellten Forderungen selbst zu
beurtheilen. Die Roͤhren, durch welche der Dampf gehen
muß, sollten kurz, gerade und weit seyn; sie sind lang, durch
mehrere Beugungen unterbrochen und eng. Die Cylinder sollten
weit und kraͤftig wirkend (powerful) seyn; sie sind eng und von
beschraͤnkter Kraft. Die Maschine sollte an Federn
aufgehaͤngt seyn; dieß ist zwar so scheinbar und dem
Namen nach, aber nicht in der Wirklichkeit. Eine Vorrichtung zur
Modifikation oder Verstaͤrkung der Kraft bei einem
Steigen der Bahn sollte da seyn; es fehlt daran
gaͤnzlich, und die Maschine bedarf uͤber die
sanftesten Anhoͤhen einer aͤußern Huͤlfe.
Im Mangel einer geeigneten Aufhaͤngung an Federn scheint
der groͤßte Fehler dieser Maschinen zu liegen, und die
Folgen davon sind hoͤchst zerstoͤrend. Jedermann
weiß, daß die Wirkung einer Feder von ihrer Laͤnge und
Duͤnne abhaͤngt: Die (sogenannten) Federn an den
Stephenson'schen Maschinen sind
kurz und dik, eigentlich nichts mehr als zusammengesezte
Bloͤke von Metall, in Gestalt von Federn geschmiedet, in
der That aber fast jede Eigenschaft einer Feder entbehrend. Die
Natur des Mechanismus dieser Fahrmaschinen selbst macht es
nothwendig, daß die Federn nicht auf die erforderliche Weise
wirken; die Raͤder werden durch eine Kurbel an der Achse
umgeschrieben, welche nicht wirken koͤnnte, wenn den
Federn eine Schwingung gestattet waͤre, und daher sind
diese Federn, um ihre Schwingung vor- oder
ruͤkwaͤrts zu verhindern, von beiden Seiten
zwischen eisernen Bloͤken eingeklemmt. Zu einer Bewegung
seitwaͤrts sind sie schon durch ihre Structur
unfaͤhig, und ihre eigene Steifheit macht ohnehin jede
merkliche vertikale Bewegung unmoͤglich. Es ist schwer zu
entscheiden, ob diese Maͤngel nachteiliger auf die
Maschinen, oder auf die Bahnen, auf welchen sie laufen,
einwirken. Man scheint nicht allgemein einzusehen, daß die
moͤglichste Erleichterung einer elastischen Schwingung
auf einer Eisenbahn wenigstens eben so noͤthig ist, als
auf einer gewoͤhnlichen Landstraße.
Eine Eisenbahn ist keineswegs, wie Manche dafuͤr halten,
eine vollkommen glatte und ebene metallene Straße; sie ist aus
einzelnen eisernen Stangen zusammengesezt, welche in
Zwischenraͤumen von nicht mehr als sechs Yards (18 Fuß)
an einander gefuͤgt sind, so daß auf derselben zahlreiche
Fugen vorkommen. Nun sind aber diese Fugen nothwendiger Weise
unvollkommen, weil die eisernen Stangen fuͤr ihre
Ausdehnung und Zusammenziehung nach den Veraͤnderungen
der Temperatur einen hinreichenden Spielraum haben
muͤssen; uͤberdieß ruhen die eisernen Schienen
nicht gleichfoͤrmig nach ihrer ganzen Laͤnge auf
festem Grunde, sondern nur auf (isolirten) steinernen Bloͤken, welche drei Fuß
von einander entfernt im Boden eingegraben sind; und da so große
Lasten mit der groͤßten Schnelligkeit daruͤber
wegrollen, so werden einige dieser Bloͤke tiefer als die
andern in den Grund eine gedruͤkt, so daß die Bahn bald
uneben wird, und eine Schiene eine verschiedene Richtung von der
andern erhaͤlt. Obwohl diese Fehler durch das Auge nicht
leicht entdekt werden, so werden sie doch durch eine genaue
Untersuchung mit Instrumenten, und noch mehr durch die
Erschuͤtterungen der daruͤber fahrenden Wagen
fuͤhlbar, indem die Raͤder bei jeder solchen Fuge
einen heftigen Stoß erhalten, der sie aus ihrer Richtung bringt,
und sie bald gegen eine, bald gegen die andere Seite der Bahn
wirft, so daß der Wagen, wie ein Schiff auf der See, hin und her
geschuͤttelt, und die Bewegung rauh, holperig und
unstaͤt wird. Hier waͤre, also offenbar die
Anwendung von Federn, aber von wirklichen, ungefesselten Federn,
noͤthig, welche so angebracht waͤren, daß, wie
immer die Raͤder im Uebergange einer Zuge anstoßen, und
gegen eine oder die andere Seite der Schienen geworfen werden,
die Erschuͤtterung dem Koͤrper des Fuhrwerkes und
Maschine nicht mitgetheilt werde, welche sodann ihre Richtung
unveraͤndert erhielte.Man kann in der That kaum eine ungeschiktere Bauart von
Eisenbahnen sich denken, als die bisher in England
allgemein eingefuͤhrte, und in andern
Laͤndern sklavisch nachgeahmte Anordnung mit
einzelnen, von einander getrennten
und ziemlich weit entfernten Unterlagen der eisernen
Schienen. Wenn man einem Anfaͤnger in der
Baukunst und Mechanik, welcher von einer Kunststraße mit
eisernen Geleisen noch keinen Begriff, uͤbrigens
aber nur gesunden Menschenverstand hatte, die Aufgabe
zum Entwurf einer solchen Straße gaͤbe, so
wuͤrde er vor allen Dingen die Nothwendigkeit
einsehen, die eisernen Geleise auf allen Punkten
gleichfoͤrmig zu unterstuͤzen, folglich
dieselben auf einem ununterbrochen
zusammenhaͤngenden Lager (von Stein oder Holz)
mit aller Sicherheit zu befestigen; und es wuͤrde
ihm gewiß nicht einfallen, diese Geleise, gleich
Bruͤken oder Stegen, auf abgesonderte Pfeiler zu
legen, zwischen welchen sie durchaus keine sichere
Unterstuͤzung haben, sondern ganz frei auf
lokerem Kiese liegen. Es ist daher unbegreiflich, daß
die englischen Ingenieure den sechszigjaͤhrigen
Schlendrian dieser schlechten Einrichtung noch immer
beibehalten, und von den Gebrechen derselben nicht schon
laͤngst, wenigstens durch taͤglich
wiederholte Erfahrungen, sich uͤberzeugt haben.
Nichts ist einleuchtender, als daß es absolut
unmoͤglich ist, kubische Bloͤke von
12–16 Zoll Breite und Hoͤhe so fest und
unbeweglich in einen oft schlechten und ungleichen Grund
einzugraben oder zu rammen, daß einige derselben durch
die daruͤber rollenden ungeheuren Lasten nicht
tiefer als die andern eingedruͤkt, oder durch den
Seitendruk und durch die wiederholten heftigen
Stoͤße der Raͤder gegen die Schienen, und
ihre hohen eisernen Untersazstoͤkel (chairs), welche
Stoͤße von Oben mit einer bedeutenden Hebellange
auf die Steinbloͤke wirken, aus ihrer vertikalen
Stellung verruͤkt und allmaͤhlich loker
gemacht werden; was dann von Zeit zu Zeit das Aufstehen
einzelner Schienen-Enden, das Verdrehen,
Auseinander- oder Einwaͤrtsbiegen
derselben verursacht, und nicht nur die gewaltigsten
Erschuͤtterungen, sondern selbst Bruͤche
an Raͤdern und Schienen, das Umwerfen oder
Hinausschleudern der Wagen und ewige, Zeit und Kosten
raubende Reparaturen und Flikereien zur unvermeidlichen
Folge hat. Man kann zwar diesen Mißgriff einiger Maßen
durch eine Absicht erklaͤren, an den Kosten der
Unterlagen in einem Lande zu sparen, wo gute
Quadersteine in den meisten Gegenden selten und theuer
sind; allein dieß ist eine sehr uͤbelverstandene
Sparsamkeit) denn fuͤr's Erste duͤrfen,
bei einem ununterbrochen zusammenhaͤngenden
Unterlager, wo die Last nicht auf einzelne Punkte
concentrirt, sondern allenthalben gleich vertheilt ist,
diese Unterlagsteine eine geringere Breite erhalten, und
zweitens koͤnnen die uͤberall aufliegenden
und gleich unterstuͤzten eisernen Schieben um
Vieles duͤnner und leichter gemacht werden, als
bei der gewoͤhnlichen Bauart, wo die zwischen den
Steinbloͤken hohl liegenden Schienen sehr stark
und dik seyn muͤssen, um sich in ihrer Mitte
nicht merklich zu biegen oder gar zu brechen. Es wird
demnach an dem kostbarsten Materiale: dem Eisen (es sey
dieß Gußeisen, gehaͤmmert oder gewalzt) so
bedeutend erspart, daß hiedurch, und durch die Ersparung
an Reparationen, die groͤßeren, auf soliden
Steinunterlagen oder fortlaufende Grundmauern
verwendeten, Kosten reichlich, in mancher Lage
vielleicht doppelt, verguͤtet werden. Uebrigens
ist es auch keineswegs vorteilhaft, den eisernen
Schienen eine so bedeutende Laͤnge von
15–18 Fuß zu geben; und die englischen
Ingenieure, welche mit dieser Verlaͤngerung eine
Verbesserung eingefuͤhrt
zu haben glauben, befinden sich in, einem großen
Irrthum. Zwar wird allerdings hiedurch die Zahl der
Fugen, und somit auch der uͤber dieselben
verursachten Stoͤße vermindert, dagegen aber auch
die Heftigkeit dieser Stoͤße und ihre
zerstoͤrende Wirkung vermehrt: Denn da das Maß
der Ausdehnung und Zusammenziehung einer eisernen Stange
mit ihrer Laͤnge in geradem Verhaͤltnisse
steht, so muͤssen die Luken zwischen jedem Paare
dieser Schienen desto groͤßer seyn, je
laͤnger solche sind; und da diese langen Schienen
zwischen ihren Enden an fuͤnf Punkten in
unbeweglichen eisernen Stoͤkeln oder
Stuͤhlchen festgemacht sind, so muß jede
merkliche Ausdehnung oder Zusammenziehung einer solchen
Schiene eine starke Tendenz zum Aufwerfen oder zum
Anziehen derselben, zum Verruͤken jener
fuͤnf Stuͤzpunkte, oder, wenn diese nicht
nachgeben, bei strenger Kaͤlte zum Losreißen oder
Brechen der Schiene aͤußern. Wir halten es daher
fuͤr weit vorteilhafter, den einzelnen Schienen
keine groͤßere Laͤnge als 3–4 Fuß
zu geben, und selbe auf ihren steinernen Unterlagen so
zu befestigen, daß sie einer hinreichenden Ausdehnung
und Zusammenziehung nach ihrer Laͤnge
faͤhig sind, wobei an den Fugen, wenn in der
groͤßten Sonnenhize die Enden zweier Schienen
sich fast ganz beruͤhren, die bei der strengsten
Winterkaͤlte zwischen beiden entstehende Oeffnung
oder Luke kaum eine halbe Linie betraͤgt,
folglich der Uebergang der Raͤder uͤber
diese kleinen Fugen ganz unmerklich, und nicht von dem
geringsten Stoße begleitet wird. Der Verfasser dieser
Bemerkungen hat an der von ihm im Jahr 1825 im
koͤnigl. Garten von Nymphenburg nach seiner
ersten Erfindung ausgefuͤhrten Probebahn diese
doppelte Vorsicht mit dem gluͤklichsten Erfolge
beobachtet, und die gußeisernen, auf eine besondere Art
gebildeten und durchaus auf hoͤlzernen und
steinernen, ohne Unterbrechung fortlaufenden Unterlagen,
ohne Naͤgel, ohne Stoͤkel, ohne irgend
eine aͤußere Verbindung befestigten,
uͤberall gleich aufliegenden, nur 4 Fuß langen
Schienen, welche kaum halb so dik und schwer als
englische Schienen von derselben Laͤnge sind,
sind so genau an einander gefugt, daß die
aͤußerst kleinen Zwischenraͤume
fuͤr die daruͤber gehenden belasteten
Wagen ganz unmerklich werden, und, obwohl diese Wagen
nicht mit Federn versehen sind, nicht die geringsten
Erschuͤtterungen oder Stoͤße verursachen.
Man hat den gußeisernen Schienen den Vorwurf gemacht,
daß sie bei strenger Kaͤlte leicht springen, was
denn auch, wenn solche auf die gewoͤhnliche Weise
so befestigt werden, daß sie sich nicht zusammenziehen
koͤnnen, nicht nur moͤglich, sondern
unvermeidlich ist. Bei der zu Nymphenburg versuchten
Anordnung ist auch dieser Uebelstand vollkommen
beseitigt; mehreren hundert dort aneinander gereihten
Schienen, welche nun schon acht, zum Theil
ungewoͤhnlich strenge, Winter ausgehalten haben,
hat noch nicht eine den geringsten Sprung, und obwohl
diese Zeit hindurch unzaͤhlige Mal mit schwer
beladenen Wagen daruͤber gefahren worden, sind
sie noch alle so unverlezt, wie sie bei ihrer ersten
Anlage im Jahre 1825 waren. A. d. Ueb. Der Schaden, welcher der Eisenbahn von Liverpool und
Manchester durch diese Fehler zugefuͤgt wird, ist nicht
gering. Bei Untersuchung der Rechenschaftsablage vom lezten
halben Jahre, welche fuͤr die Actionnaͤre der
Gesellschaft gedrukt erschienen ist, finden wir, daß die
Reparaturen an dieser Bahn in sechs Monaten 7331 Pfund Sterling
gekostet haben, was in einem Jahre mehr als 14,000 Pfund
betraͤgt. Aber die nachtheiligen Wirkungen, welche diese
fehlerhafte Bauart verursacht, beschraͤnken sich nicht
auf die Bahn selbst; sie sind noch viel verderblicher
fuͤr die Maschinen und fuͤr die Wagen, welche
darauf sich bewegen, indem die erster, bei ihrem
kuͤnstlichen und delicaten Mechanismus, alle
Stoͤße von den Fugen und Unebenheiten der Bahnschienen,
von den Raͤdern unmittelbar, und mit
ungemilderter Heftigkeit empfangen, wodurch jede Schraube und
jeder Bolzen losgeruͤttelt, und selbst die
staͤrksten Theile der Maschine in kurzer Zeit
zertruͤmmert werden. Die zur Heilung dieses Nebels
angewandte Cur war nicht, wie sie seyn sollte, eine Erfindung
von neuen Huͤlfsmitteln durch erleichterte Wirkung der
Federn, sondern machte das Uebel nur noch aͤrger. Man hat
allen Theilen der Maschine eine groͤßere Staͤrke
gegeben, in der Hoffnung, daß sie diese Stoͤße besser
aushalten wuͤrden, ohne zu bedenken, daß durch das auf
diese Art vermehrte Gewicht des Ganzen selbst auch die
Heftigkeit der Stoͤße vermehrt wuͤrde; so daß,
statt daß diese Maschinen, wie man zuerst hoffen sollte,
leichter gemacht wuͤrden, ihr Gewicht und ihre Masse
vermehrt, und so Alles von Tag zu Tag schlechter ward. Wir sind
auf einer dieser Maschinen waͤhrend ihres Ganges Stunden
lang gestanden, haben vergeblich auf die Wirkung der Federn
gelauert, und an unserm eigenen Koͤrper jeden Stoß auf
das Heftigste empfunden. Am empfindlichsten aber werden dich
Stoͤße von der Gesellschaft in ihren Einkuͤnften
gefuͤhlt; denn selbst in diesem Augenblike, da ihre
Maschinen noch neu und im besten Stande sind, betragen die
Auslagen fuͤr ihre Unterhaltung und Reparaturen 10,582
Pfund Sterling in sechs Monaten, so daß mit den
Unterhaltungskosten der Bahn die jaͤhrliche Auslage (ohne
die Kosten des Brennmaterials, der Aufsicht und der
Loͤhnungen der Maschinenwaͤrter) auf 35,000 Pfd.
sich belaufen, wovon der groͤßte Theil durch die hier
angezeigten Unvollkommenheiten und Gebrechen verursacht
wird.Dieß waren die Auslagen fuͤr die ersten sechs
Monate des vergangenen Jahres 1832. Aus der
unlaͤngst bekannt gewordenen Abrechnung
fuͤr die lezt Haͤlfte desselben Jahres
geht hervor, daß waͤhrend dieser die Reparaturen
der Dampfwagen allein 12,642 Pfd. Sterl., also um 2060
Pfd. Sterl. mehr als im ersten halben Jahre betragen
haben. Man sieht hieraus, daß die Abnuͤzung
dieser Maschine in einer sehr bedeutenden Progression
zunimmt. Nach diesem lezten Resultate kosten die
Reparaturen derselben in einem Jahre 25,284 Pfund, und
da die Anzahl derselben vier und zwanzig ist, so
koͤmmt auf jede einzelne Maschine im Durchschnitt
eine jaͤhrliche Auslage von 1220 Pfd. 3 Sh. Da
nun die Gestehungskosten einer solchen Maschine im
Durchschnitt auf 600 Pfund angegeben sind, so ergibt
sich das hoͤchst merkwuͤrdige Resultat,
daß die Kosten der Unterhaltung eines solchen
Dampfwagens jaͤhrlich zwei Mal so viel als die
Kosten der ersten Anschaffung betragen, oder, was gleich
viel ist: daß diese Maschinen nicht laͤnger als
ein halbes Jahr dauern, und jaͤhrlich zwei Mal
neu angeschafft werden muͤssen! – Man sehe
hieruͤber die Außerordentliche Beilage zur
Allgemeinen Zeitung No. 77
und 78, vom 28. Februar dieses Jahres.A. d. Ueb. Dieser ungeheure Aufwand wird leicht begreiflich, wenn
man bedenkt, daß die Gesellschaft
vierundzwanzig Dampfwagen auf ihrer Eisenbahn hat, von
welchen selten mehr als sechse in brauchbarem Stande und im
Gang sind, waͤhrend die uͤbrigen achtzehn
bestaͤndig einer gaͤnzlichen Reparatur
unterliegen!
Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir zu den Erfordernissen
eines guten Dampfwagens auch eine Vorrichtung gezaͤhlt
haben, wodurch die Kraft der Maschine noͤthigen Falls
verstaͤrkt werden koͤnnte, wenn eine
Anhoͤhe zu ersteigen ist. Die Maschinen des Hrn. Stephenson haben nichts von dieser
Art; sie muͤssen bei einem sehr schwachen Steigen der
Bahn durch Huͤlfsmaschinen gezogen werden, welche am Fuße
der Anhoͤhe in Bereitschaft stehen, und beim
Abwaͤrtsfahren laͤßt man sie durch eine
uͤbermaͤßig beschleunigte Geschwindigkeit sich
aufreiben, ohne die Kraft der Schwere auf irgend eine Weise zu
benuzen.Die ganz neue Idee eines Kraftmagazins und eines
Compensations-Princips, wodurch die beim
Abwaͤrtsfahren eines Wagens unnuͤz
verlorne Schwerkraft fuͤr eine kuͤnftige
Leistung gleichsam zuruͤkgelegt und
aufgespeichert, folglich auf das Vortheilhafteste benuzt
wuͤrde, hat der Uebersezer
dieser Abhandlung vor zwanzig Jahren zuerst aufgestellt,
und in seinem 1822 zu Muͤnchen erschienenen
großen Werke: Neues System der
fortschaffenden Mechanik, im 8ten, 10ten und
11ten Abschnitt, zur Anwendung dieser Idee verschiedene
Vorrichtungen angegeben. Mit einer fahrenden Dampfmaschine ist indessen
die Anwendung dieses Princips auf keine Weise
moͤglich.A. d. Ueb. Diese Fehler und Gebrechen schmaͤlern das Gedeihen
der Gesellschaft auf eine ernsthafte Weise, indem sie derselben
einen großen Theil desjenigen Gewinnes entziehen, zu welchem sie
durch ihren aufgeklaͤrten Unternehmungs-Geist
berechtigt waren.
Es bedarf keiner detaillirten Auseinandersezung um zu beweisen,
wie hoffnungslos die Projekte einiger Personen sind, welche den
Vorschlag gemacht haben, solche Dampfwagen, wie die eben
angefuͤhrten auf der Liverpool- und
Manchester-Eisenbahn sind, auf gewoͤhnlichen
Landstraßen anzuwenden. Dieses Project ist durchaus ungereimt.
Diese Wagen taugen zum Laufen auf einer ordinaͤren
Straße, wie ein Elephant zum Tanzen auf einem gespannten Seile.
Ihre auf der Eisenbahn schon so fuͤhlbaren Gebrechen
wuͤrden auf einer gewoͤhnlichen Straße zehnfach
sich vermehren. Ihr ungeheueres Gewicht, und vor Allem ihre
unvollkommene Aufhaͤngung an Federn machen sie zu einem
solchen Gebrauche ganz und gar untauglich.Ein solcher Wagen waͤre auch schon darum auf einer
gewoͤhnlichen Straße ganz unbrauchbar, weil er
nur immer ganz gerade ausgehen und nicht gelenkt werden
kann, und darin liegt eben noch eines der wesentlichsten
Gebrechen der Stephenson'schen und aller bis jezt auf
Eisenbahnen gebrauchten Dampfwagen; wie wir im
Polytechnischen Journale schon mehrere Male gezeigt
haben.A. d. Ueb. Wer immer die Fortschritte mit einiger Aufmerksamkeit
betrachtet, welche im Baue der Kutschen seit einem Jahrhundert
gemacht worden sind, und das schwere plumpe Rahmenwerk eines
koͤniglichen Staatswagens vom Anfange des 18ten
Jahrhunderts mit dem ausgezeichnet eleganten und leichten Baue
einer gegenwaͤrtigen Privatkutsche, oder auch nur einer
von unser Diligencen vergleicht, kann sich einen Begriff davon
machen, was Dampfwagen jezt sind, und was sie seyn sollten. Es
ist nicht zu vergessen, daß die Construction eines guten Wagens
nur das Resultat der combinirten Geschiklichkeit und vieler
allmaͤhlichen Verbesserungen von vielen sinnreichen, mit
einander wetteifernden, ausgezeichneten Kuͤnstlern, und
nicht eine Maschine ist, die jeder Maschinist, welchem es
einfaͤllt, eine solche Maschine zu bauen, sogleich
zusammenstoppeln kann; es gehoͤrt dazu eine Reihe von den
genauesten Berechnungen, und mit der groͤßten Sorgfalt
bis in die kleinsten Details ausgearbeiteten
Verhaͤltnissen, welche gruͤndlich zu verstehen und
anzuwenden eine Lebenszeit von Studium erfordern kann. Welche
bewundernswuͤrdige Maschine ist ein moderner Luxus- oder Reise-Wagen! Wie scheinbar einfach,
wie schoͤn in, seinen Formen und Verhaͤltnissen,
und dabei wie kuͤnstlich und verwikelt in seiner
Zusammensezung! Welche Combination liegt in seinen
Raͤdern, Achsen und Buͤchsen, seiner Langwied (perch), seinen Federn, seinen
Schwungriemen, seinem Kasten, seinen Sizen, seinen Fußtritten
(zum Ein- und Aussteigen), seinen Laternen, seinen
Blenden, jedes fuͤr sich selbst ein Meisterstuͤk
der Kunst! – Unterdessen finden wir jede dieser
Vervollkommnungen, welche man zum Reisen mit Pferden nothwendig
erachtet, von den Erfindern der Dampfwagen ganz
vernachlaͤssigt, mit welchen sie auf Einmal einen
Ruͤkschritt zu einer Bauart gemacht haben, die nicht viel
besser ist als jene der Kohlen- und
Braͤuer-Wagen des vorigen Jahrhunderts.
Hoͤlzerne Kloͤze haben diese Wagen statt
Langwieden – Centner schwere Massen von Eisen statt
Achsen – Federn haben sie, die sich aber nicht federn und
Schwungsboͤgen, die sich aber nicht biegen. Ehe die
Erfinder solcher Maschinen in ihren Unternehmungen auf irgend
einen genuͤgenden Erfolg rechnen koͤnnen, sollten
sie auf folgende Art mit sich selbst sprechen: – Wir sind
keine Wagenbauer, und Verbesserungen in dieser Kunst sind nicht
unsere Sache. Die besten in London gebauten Wagen sind der
hoͤchsten Vollkommenheit nahe; wir wollen diese mit allen
ihren Verbesserungen zum Muster nehmen, und versuchen, ob es uns
gelingen moͤchte, einen solchen Wagen durch mechanische.
Kraft fortzutreiben. – Die Wirksamkeit des Kessels
abgerechnet, ist der Dampfwagen des Hrn. Stephenson zum Fahren auf gewoͤhnlichen Straßen
in keinem Betrachte nachzuahmen. –
Zunaͤchst an den Dampfwagen auf der Liverpool- und
Manchester-Eisenbahn haben die fuͤr
gewoͤhnliche Straßen bestimmten Dampfwagen des Hrn. Goldsworthy
Gurney
Goldsworthy,Goldwerth ist ein Beiname,
der in England vielen Kindern bei der Taufe gegeben
wird. Man findet ihn zwar in keinem Kalender, doch
scheint es der Heilige zu seyn, welcher in England am
meisten verehrt wird. –A. d. Ueb. die oͤffentliche Aufmerksamkeit am
staͤrksten erregt, und sind mit den groͤßten
Verheißungen eines vollkommenen Gelingens angekuͤndigt
worden. Wir wollen eine Nachricht von der Maschine dieses Herrn
aus den Vorlesungen seines Freundes, des Professor Lardner (Lectures on the Steam-Engine) ausziehen, wovon
eben die vierte Auflage erschienen ist, welche der Verfasser mit
zwei unverhaͤltnißmaͤßig starken Kapiteln
uͤber Dampffuhrwesen vermehrt hat. – –
– – –
Anmerkung. „Wir glauben
hier einige kritische Bemerkungen uͤber das genannte
Werk des Professor Lardner, so
wie die daraus angefuͤhrte
Biographie und Panegyrik des Hrn Gurney, als nicht zu unserm Gegenstaͤnde
gehoͤrig, uͤbergehen zu duͤrfen, und
lassen den ungenannten Referenten im Quarterly Review auf S. 497,
fortfahren.“
Hr. Gurney mag wahrscheinlich sich zu
ruͤhmen haben, daß er in der Verfolgung seiner Plane mehr
eigenes und fremdes Geld als einer seiner Nebenbuhler in diesem
Fache verbraucht, und durch die Windbeuteleien (puffs) der Londoner Blaͤtter,
und durch seine Productionen vor Volksmassen der Altstadt (his exhibitions to city crowds) mehr
Aufsehen als jeder andere Projectant erregt habe. Min nicht ihm
(wie Dr.
Lardner behauptet) gebuͤhrt
die Ehre, den ersten Beweis von der Moͤglichkeit eines Dampffuhrwerkes auf
gewoͤhnlichen Straßen gegeben zu haben, sondern seinem
Vorfahrer, Hrn. Trevithick. Was die
vorteilhafte Ausfuͤhrung
dieses Planes betrifft, so fuͤrchten wir, daß der Beweis
davon bis jezt noch eben so wenig wie bei fruͤheren
Versuchen dieser Art geliefert ist. – – –
– – – –
Anmerkung. „Der Verfasser
gibt hier aus dem Werke des Dr.
Lardner eine Beschreibung des von
Hrn. Gurney erfundenen
Dampfkessels mit den Lobspruͤchen des erstern, welche
er ungegruͤndet findet,Wir glauben, diese Beschreibung und diese kritischen
Bemerkungen um so eher hier weglassen zu
duͤrfen, als den Lesern des Polytechnischen
Journals die Bauart dieses Kessels aus einer
deutlichen Abbildung und Beschreibung im XXIX. Bande
1stem Hefte, mit sehr richtigen Bemerkungen des Hrn.
Dr.
Alban bekannt ist.A. d. Ueb. und faͤhrt, S. 500, folgender Maßen
fort:“
Das Wahre an der Sache ist, daß der Dampfkessel des Hrn. Gurney fuͤr Fuhrwerke
keineswegs wohl geeignet ist. Fuͤr's Erste weiß man, daß
der in schraͤge liegenden engen Roͤhren erzeugte
Dampf sich aus denselben nicht entleeren kann, ohne einen Theil
des darin enthaltenen Wassers mit fortzureißen, und sie also
theilweise leer zu machen; dann ist die Flamme nicht lang genug
in Beruͤhrung mit diesen Roͤhren, um ihre ganze
Hize abzugeben, sondern bestreicht die Leiten derselben nur en
passant, und zwischen jedem Paare von nebeneinander liegenden
Roͤhren befindet sich ein Raum, durch welchen die Flamme
ohne eine nuͤzliche Wirkung zieht. Auch ist das Feuer
nicht ganz von Wasser umgeben; an zwei Seiten steht dieses frei,
und die Hize geht verloren. Dann wirkt der Dampf nicht in seinem
kraͤftigsten und am meisten elastischen Zustande, wie er
von den heißen Metallflaͤchen koͤmmt, sondern
sammelt sich vorher in einem kuͤhleren, vom Feuer
entfernten Gefaͤße, welches Separator genannt wird.Da bei diesen Kesseln nicht nur der sogenannte Separator
g, sondern die beiden
cylindrischen Dampfbehaͤlter a, b, und ihre
Verbindungsroͤhren c,
d (man sehe auf der I. Tafel des 1sten Heftes
des XXIX. Bandes des Polytechn. Journals) ganz frei
außer dem Ofen stehen, wo sie mit sehr
betraͤchtlichen Oberflaͤchen der
abkuͤhlenden Wirkung der aͤußern Luft
ausgesezt sind, so muß in diesen Gefaͤßen ein
großer Theil des im Kessel erzeugten Dampfes verdichtet
und zu Wasser niedergeschlagen, folglich nicht nur die
Menge, sondern auch die Elasticitaͤt desselben
bedeutend vermindert werden. A. d. Ueb. Mit allen diesen Fehlern ist dieser Kessel fuͤr
einen Dampfwagen offenbar nicht geeignet; und in der That haben
wir bei allen Versuchen mit Hrn. Gurney's Dampfwagen, die wir zu sehen Gelegenheit
hatten, einen solchen Mangel in der Erzeugung von Dampf bemerkt,
daß die Bewegung auf eine sehr unbedeutende Geschwindigkeit
beschraͤnkt wurde, und Hindernisse auf der Straße nur
dadurch uͤberwunden werden konnten, daß man den Wagen
(und die Maschine) so lange still stehen ließ, bis durch
Anhaͤufung des Dampfes eine groͤßere Kraft
erhalten wurde.Diese Sperrung des Dampfes in einer Hochdrukmaschine, wo
bei anhaltender, in einem solchen Falle wahrscheinlich
noch verstaͤrkter, Feuerung die Spannkraft des
eingeschlossenen Dampfes in einer Minute außerordentlich
gesteigert werden kann, ist im hoͤchsten Grade
gefaͤhrlich, und wenn schon das Zerplazen der
eugen, im Ofen liegenden Roͤhren nicht zu
befuͤrchten ist, oder keinen bedeutenden Schaden
verursachen kann, so sind doch die ziemlich weiten
Separatoren und Dampfbehaͤlter außer dem Ofen der
groͤßten Gefahr einer fuͤrchterlichen
Explosion ausgesezt. A. d. Ueb. Doch die Fehler des Kessels allein waͤren noch
nicht hinreichend, um den Dampfwagen des Hrn. Gurney ganz zu verwerfen, wenn in
andern Theilen seiner Maschine schikliche und vortheilhafte
Anordnungen bestuͤnden. Nach dem von uns aufgestellten
Maßstabe von Vollkommenheit kommen wir zunaͤchst auf die
Untersuchung der Durchgaͤnge des Dampfes auf seinem Wege
vom Kessel zu den Cylindern, und auf die Wirkungsart desselben
in den Cylindern. Wir haben gezeigt, daß die Kraft, mit welcher
der Dampf auf die arbeitenden Theile der Maschine
ausuͤbt, ganz von der Geradheit, Kuͤrze (und
Weite) der Leitungsroͤhren und Oeffnungen
abhaͤngt, durch welche er vom Kessel zu den Cylindern
stroͤmen muß. So wie die Gewalt des Windes durch
Winkelbuͤge und enge Straßen einer Stadt sich bricht, so
wird die Kraft eines Stromes von Dampf durch den Widerstand
geschwaͤcht, welchen er beim Durchzuge enger und
vielfaͤltig gebogener Roͤhren findet. Nun befindet
sich bei Hrn. Gurney's Maschine der
Kessel am Hintertheile des Wagens, und die Cylinder arbeiten
unter dem Kasten; der Dampf wird in einem Gefaͤße auf der
hoͤchsten Stelle des Kutschenkastens gesammelt, und aus
diesen von Oben nach Unten nach der ganzen Laͤnge des
Wagens bis zu dem vorne angebrachten Size des Lenkers (Conductor) geleitet. Von da geht das
Dampfrohr gerade aufwaͤrts, dann wieder
gerade nieder zum untersten Theile des Wagens, hierauf wieder
zuruͤk unter dem Wagen, und endlich noch Einmal
abwaͤrts, um noch durch zwei oder drei enge Oeffnungen in
den Ventilen sich durchzuzwaͤngen. Wohl mag Hr. Gurney sagen, daß sein Dampf drahtzugartig getrieben wird!„That his Stam is
wiredrawn
,“ ein sehr
passender Ausdruk, dessen sich die englischen Techniker
bedienen, um den Zwang zu bezeichnen, welchen
fluͤssige Koͤrper leiden, die durch enge,
auf einander folgende Oeffnungen getrieben werden. A. d.
Ueb. So muß nun freilich dieser Dampf, nachdem er sich durch
acht rechtwinkelige Wendungen (in langen und engen
Roͤhren, und durch mehrere kleine Oeffnungen)
durchgearbeitet hat, hinlaͤnglich verduͤnnt und
geschwaͤcht in die Cylinder gelangen. Einem praktischen
Mechaniker muß diese Darstellung unglaublich erscheinen, oder
nur durch eine unbegreifliche Bethoͤrung (inconceivable infatuation) zu
erklaͤren seyn. Hier haben wir einen Kessel, an welchem
die groͤßte Hize verschwendet wird, und in welchem der
Dampf bis zum Zerplazen eine fuͤrchterliche Kraft
erreicht, waͤhrend nicht der vierte Theil dieser Kraft
zum Betriebe der Maschine benuͤzt wird. Wir wollen dieses
Resultat aus des Hrn. Gurney eigenen
Worten geben, wie er in seinen Antworten auf die an ihn
gestellten Fragen von einer Commission des Unterhauses
uͤber Dampfwagen sich erklaͤrt hat.
Frage.
„Sind waͤhrend der Versuche, welche sie gemacht
haben, Ihre Roͤhren oft gesprungen?“
–
Antwort.
„Sehr oft.“
Frage.
„Wie stark ist im Durchschnitt bei der
gewoͤhnlichen Geschwindigkeit ihrer Dampfwagen der
Druk des Dampfes auf einen Quadratzoll?“
–
Antwort.
„Beilaͤufig 70 Pfund – nie mehr als 130
Pfund. Ich glaube nicht, daß der Druk auf die Kolben mehr
als 20 Pfund auf den Quadratzoll
betraͤgt.“ – (S. 21.)
Welch ein naives Gestaͤndniß! Haͤtte Hr. Gurney absichtlich das unfehlbarste
Mittel aufgesucht, seine Maschine zugleich unwirksam und
gefaͤhrlich zu machen, er haͤtte kein
zwekmaͤßigeres Mittel Hiezu erfinden koͤnnen, als
den außerordentlichen Tanz, auf welchem er seinen Dampf
herumgefuͤhrt hat (the
extraordinary dance he has
led his Steam) – Weiß er denn
nicht, daß selbst das Herumleiten des Dampfes an der Außenseite
eines Cylinders als nachtheilig fuͤr die Kraft einer
gewoͤhnlichen Maschine verworfen wird? Wo war des Dr.
Lardner Scharfsinn und
Beurtheilungskraft, da er diese Thatsache nicht wahrnahm? Sollen
wir annehmen, daß er nur eine unguͤnstige Meinung
uͤber die Erfindung seines Freundes zu aͤußern
vermeiden wollte? oder sollen wir glauben, daß ihm die
Wirkungsart derselben gaͤnzlich unbekannt sey?
–
Was die Cylinder und den uͤbrigen arbeitenden Apparat des
Hrn. Gurney betrifft, so
muͤssen wir ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen zu
sagen, daß er dieselben seit Kurzem merklich verbessert hat.
Urspruͤnglich war ihr Durchmesser bis zur
Laͤcherlichkeit klein; durch theuer erkaufte Erfahrungen
ist er bewogen worden, ihnen leidentliche Dimensionen zu geben.
Die Kolbenstangen wirken mittelst Verbindungsstangen auf Kurbeln
an der hintern Raͤderachse, so, daß nach Gefallen beide
Raͤder oder nur eines derselben umgetrieben werden kann,
um den Wagen fortzutreiben. Hr. Gurney beklagt sich, daß seine Achsen auf eine
unerklaͤrbare Weise gebrochen sind. Wir, im Gegentheile,
sind der Meinung, daß dieser Bruch die natuͤrliche Folge
der Bauart dieser Theile und der doppelten heftigen Anstrengung
war, welchem sie unterworfen sind; und man hat sich nur
daruͤber zu verwundern, wie diese Achsen und Kurbeln
einer solchen stoßenden Gewalt (impulsive
force) nur einiger Maßen und uͤberhaupt
widerstehen koͤnnen! –
Der naͤchste Gegenstand unserer Untersuchung ist die Art,
wie das Aufhangen der Gurney'schen
Maschine an Federn bewirkt ist. Wir haben gesehen, wie
unumgaͤnglich nothwendig, selbst bei Dampfwagen auf
Eisenbahnen, eine vollkommene und leichte Aufhaͤngung an
biegsamen Federn ist. Um wie viel unentbehrlicher muß denn diese
Anordnung bei einer Maschine seyn, welche mit großer
Schnelligkeit uͤber eine rauhe und holperige Kiesstraße
fahren, und auf dieser die unregelmaͤßigsten und
heftigsten Stoße aushalten soll? – Hrn. Gurney's Sprache uͤber diesen
Punkt scheint uns auf eine (vielleicht absichtlose)
Taͤuschung berechnet zu seyn. In seinem Verhoͤr
vor dem Comité des Unterhauses war seine Antwort auf die
an ihn gestellte Frage: „Wird
das groͤßte Gewicht (the chief Weight) Ihrer Maschine von Federn
getragen?“ – sehr unpassend:
„Das Ganze liegt
auf Federn.“ – Es ist allerdings wahr, daß
der Kessel und der Koͤrper des Wagens auf Federn liege;
aber es ist nicht minder wahr, daß die Dampfmaschine und der
eigentliche Mechanismus, der wichtigste Theil des Ganzen, nicht
auf Federn liegen. Der oberflaͤchlichste Hinblik auf eine
Zeichnung dieses Wagens zeigt, was wir schon bemerkt
haben, daß das Maschinenwert unter dem Koͤrper oder
Kasten des Wagens auf der Langwiede (dem Langbaume) ruhet, mit
den Hinteren Achsen in unmittelbarer Verbindung steht, und jeden
Stoß von jedem Steine, uͤber welchen die
Hinterraͤder gehen, ungemildert empfaͤngt. Hierin
eben liegt das wesentlichste Hauptgebrechen des Gurney'schen und jedes andern
Dampfwagens. Ueber die Hindernisse, welche Unwissenheit oder
Furcht vor einer Verlezung von Seite beteiligter Parteien der
allgemeinen Einfuͤhrung von Dampfwagen auf
gewoͤhnlichen Landstraßen entgegensezen wuͤrden,
beklagt sich Hr. Gurney, welcher
hieruͤber schon einige Erfahrungen gemacht hat, mit einer
(leicht begreiflichen) Bitterkeit. Daruͤber darf sich
aber Niemand verwunderndes war dieses von jeher das Schiksal
jeder wichtigen Verbesserung in unserm Maschinenwesen und in
unsern Manufacturen bei ihrer ersten Einfuͤhrung. Wenn
indessen eine Verbesserung dieser Art wirklich gut ist, so
bedarf es nur einer kurzen Zeit, um alle dagegen vorgebrachten
ungerechten Einwuͤrfe und ungereimten Vorurtheile zu
widerlegen und zu entfernen. Ueber den vorliegenden Gegenstand
kann der lezte Bericht der Comité des Unterhauses mit den
beigefuͤgten Zeugnissen, wenn derselbe allgemein
verbreitet wird, nicht verfehlen, die oͤffentliche
Meinung uͤber alle damit verbundenen Punkte
aufzuklaͤren.
Nur ein Punkt bleibt uns bei Hrn. Gurney's Maschine in Betreff des von uns aufgestellten
Maßstabes von Vollkommenheit eines Dampfwagens noch zu
eroͤrtern uͤbrig. Hat Hr. Gurney fuͤr eine Vorrichtung gesorgt, die Kraft
seiner Maschine nach dem groͤßern oder kleinem Widerstand
beim Aufwaͤrtsfahren oder bei groͤßern Ladungen zu
modificiren oder zu verstaͤrken? – Wir wollen zum
Zeitvertreibe unserer Leser die zwei Methoden erklaͤren,
deren er sich zu diesem Zweke bedient, oder die er hiezu
vorschlaͤgt. Wenn eine Anhoͤhe zu ersteigen, oder
ein anderes besonderes Hinderniß zu uͤberwinden ist,
wendet Hr. Gurney seine Vorbereitung (preparation), wie er sich ausdruͤkt, an. Dieß
scheint eine unbestimmte Benennung zu seyn; wir wollen sie
indessen erklaͤren: Ehe sein Wagen am Fuße einer
Anhoͤhe ankoͤmmt, haͤlt er denselben an,
oder verzoͤgert seine Bewegung zum langsamsten Gange, und
laͤßt den Dampf in seinem Kessel so lange sich
anhaͤufen und verstaͤrken, bis er zu zerplazen
droht; worauf er dann seine Maschine wieder in Gang sezt, welche
nun mir ihrer auf das Hoͤchste gesteigerten Kraft gerade
im Stande ist, den Wagen uͤber eine sanfte Anhoͤhe
hinauf zu treiben. Dr.
Lardner spricht von einer andern
Methode, welche er das Oeffnen der
Drosselklappe (throttle
valve) nennt. Der Hr. Doctor haͤtte wissen
sollen, daß dieses nichts Anderes seyn kann, als das
Loslassen eines vorher außerordentlich angehaͤuften und
gesteigerten Dampfes; allein die Erzeugung von Dampf ist, in
diesem Kessel, wie wir wissen, schon fuͤr die
Beduͤrfnisse einer gewoͤhnlichen Wirkung schwach
genug, und daher um so weniger geeignet, einen Vorrath von Kraft
fuͤr außerordentliche Erfordernisse
zuruͤkzulegen.Aber auch bei einer hinreichenden Dampferzeugung
waͤre es nicht nur im hoͤchsten Grade
gefaͤhrlich, sondern auch die unverzeihlichste
Verschwendung von bewegender Kraft und von
Brennmaterial, wenn man die Spannkraft des Dampfes im
Kessel bestaͤndig in einem so hohen Grade
gesteigert erhalten wollte, als von Zeit zu Zeit zu
außerordentlichen Anstrengungen auf einige Augenblike
noͤthig werden kann, und diese Spannkraft die
ganze uͤbrige Zeit uͤber auf eine
gewaltsame Weise dadurch zu brechen und zu
maͤßigen suchte, daß man den Dampf auf seinem
Wege zu den Cylindern durch die engsten Oeffnungen zu
dringen zwaͤnge, was man in England wiredrawing wie gesagt (Drahtziehen) nennt. A. d.
Ueb. Hr. Gurney selbst
fuͤhlte die Unwirksamkeit dieser Cur des Hrn. Doctors,
und gibt uns daher ein drittes Mittel zur Verstaͤrkung
der Kraft seiner Maschinen an, um groͤßere Lasten auf der
Ebene, oder dieselbe Ladung bergaufwaͤrts fortzuschaffen,
welches so reichhaltig ist, daß wir es unsern Lesern in seinen
eigenen Worten mittheilen muͤssen.
Auf die von dem Comité des Unterhauses an ihn gerichtete
Frage:
„„Welchen Durchmesser geben Sie den
forttreibenden Raͤdern Ihrer neuen
Dampfwagen?““
antwortete Hr. Gurney:
„„Ich denke denselben beilaͤufig
fuͤnf Fuß zu geben. Ich bemerke, daß, wenn man ein
Rad von fuͤnf Fuß von der Achse abnimmt, und ein
anderes von 2 1/2 Fuß Durchmesser anstekt, die Kraft der
Maschine verdoppelt wird, indem sie dabei
natuͤrlicher Weise die Haͤlfte ihrer
Geschwindigkeit verliert; dieses Verfahren mag in einigen
Faͤllen vorteilhaft seyn, bei Wagen, welche zu
allgemeinem Gebrauche bestimmt sind; um wechselweise
leichtere Ladungen schneller und schwerere langsamer
fortzubringen, koͤnnen nach Umstaͤnden
groͤßere oder kleinere Raͤder augestekt
werden.““ (S. Bericht des Comité,
S. 19.)
So muͤssen wir also, wenn wir uns in eine Dampfkutsche des
Hrn. Gurney sezen, uns mit einem
Vorrathe von Reserveraͤdern von verschiedener
Groͤße, von der Hoͤhe von 10 Fuß und 10 Zollen
unserer großen Karren fuͤr Zimmerholz bis zum Maße von 2
Fuß und 2 Zoll fuͤr Kinderwaͤgelchen versehen!
– Leicht beladen treten wir unsere Reise mit den
ordinaͤren fuͤnffuͤßigen Raͤdern an;
sobald wir aber auf dem Wege noch eine Ladung aufnehmen, oder an
eine bedeutende Anhoͤhe kommen, muͤssen wir die
Kappen vor den Raͤdern abschrauben, die
Vorsteknaͤgel herausziehen, die Raͤder wegnehmen,
den hintern Theil des Wagens zu dem maͤßigen Abstande von
15 Zoll vom Boden niederlassen, und kleine Raͤderchen
ansteken! – Herrliches Manoͤver: koͤstliche
Anstalt zum Reisen im neunzehnten Jahrhundert! – Wir
muͤssen in unsern Ueberroͤken, oder im vordem
Size, oder rings an der Kutsche angehaͤngt, wo wir am
besten Raum fuͤr so voluminoͤse Passagiere finden,
eine ganze Sammlung von Wagenraͤdern verschiedener
Groͤße mitnehmen, um sie nach einander wechselsweise zu
gebrauchen, „so wie es die
Umstaͤnde erfordern“!
–Wir muͤssen hier bemerken, daß, wenn die großen
Hinterraͤder abgenommen und kleinere an ihre
Stelle gestekt werden, auch mit den vordern
Raͤdern des Wagens eine aͤhnliche
Auswechselung vorgenommen werden muß, weil sonst das
ganze Fuhrwerk eine schiefe, nach Hinten
abhaͤngige, Lage erhielte, welche gerade beim
Aufwaͤrtsfahren hoͤchst ungeschikt und
nachtheilig waͤre. Man muͤßte daher auf
alle Falle eine vollstaͤndige Sammlung von
wenigstens zwoͤlf besondern Wagenraͤdern
mitschleppen. – Es ist unbegreiflich, wie ein
Mann, der Maschinen verbessern will, auf den Einfall
gerathen konnte, ein so unbequemes und zeitraubendes
Mittel vorzuschlagen, da es doch jedem geuͤbten
Mechaniker leicht seyn muß, eine andere einfache
Vorrichtung anzuordnen, durch welche, ohne den
geringsten Zeitverlust, und ohne, den Gang des Wagens
nur einen Augenblik zu hemmen, derselbe Zwek erreicht
werden kann, wenn es naͤmlich nur auf eine statische Potenzirung der
bewegenden Kraft (eine Hebelveraͤnderung)
ankommt, wobei natuͤrlich die Bewegung um so
Vieles langsamer wird, als der zu uͤberwindende
Widerstand groͤßer wird. Allein nicht hierin, liegt das
Schwierigste und das Wesentlichste der Aufgabe. Wenn ein
Dampfwagen allen Forderungen vollkommen entsprechen
soll, so muß der darauf befindliche
Maschinenwaͤrter es in feiner Gewalt haben, die
dynamische Wirkung seiner
Maschine von einem Augenblike zum anderen so zu
veraͤndern, daß der Lauf des Wagens auf der Ebene
nach Gefallen beschleunigt, und beim
Aufwaͤrtsfahren wenigstens nicht bedeutend
vermindert werde, so daß z.B. eine gewoͤhnliche
Wirkung von vier Pferden bis zu 12–24 Pferden
gezoͤgert wuͤrde. Daß aber dieses mit
einer Dampfmaschine und mit der gewoͤhnlichen
Anordnung von Dampfwagen absolut unmoͤglich ist,
glauben wir im Allgemeinen und à priori behaupten zu duͤrfen.
A. d. Ueb.
Mit allen diesen Maͤngeln verzweifeln wir indessen doch
nicht ganz am endlichen Gelingen des Hrn. Gurney. Er hat sich weder ungeneigt zu Verbesserungen,
noch zu hartnaͤkig fuͤr irgend ein besonderes
System gezeigt, und bereits drei verschiedene Systeme nach
einander angenommen. Er bediente sich zuerst kuͤnstlicher
Fuͤße, den Pferdefuͤßen aͤhnlich, zum
Fortschieben seiner Wagen; dann gab er diese auf, und
beschraͤnkte sich auf Raͤder; endlich trennte er
die Dampfmaschine, welche anfaͤnglich unter dem
Kutschenkasten sich befand, und worin die Reisenden sizen, von
diesem und brachte sie vorne am Wagen an, um als ein Dampfpferd
den Wagen zu ziehen. Er mache jezt noch eine
Veraͤnderung, aber eine gaͤnzliche, radikale
Veraͤnderung, und wir versprechen ihm guten Erfolg. Er
baue einen wirksameren Kessel, erweitere und verkuͤrze
die Dampfroͤhren, gebe seinen Cylindern einen
groͤßeren Durchmesser, vereinfache die
Steuerung, seze das Ganze auf elastische Federn, und erfinde
eine bequemere und tauglichere Art, die Kraft seiner Maschine zu
veraͤndern. So lange er aber alles dieses nicht zu Stande
bringt, muͤssen wir uͤber seinen Dampfwagen
dasselbe Unheil faͤllen, welches einst ein
Schottlaͤnder uͤber seine Jagdflinte
aͤußerte, indem er behauptete, es waͤre eine sehr
gute Flinte, nur brauchte sie eine neue Schiftung, einen neuen
Lauf, und ein neues Schloß. –
Hr. Walter Hancock ist der Erfinder
einer andern Dampfkutsche, welche einige Zeit lang auf der
Harrowstraße als ein Omnibus mit
einigem Erfolge lief. Hr. Hancock hat
einen wirksamen Kessel, und eine kraͤftige Dampfmaschine
erfunden, und diese auf eine viel bessere Art, als bisher
geschah, an Federn aufgehaͤngt. Aber seine Maschine
scheint fuͤr große Schnelligkeit nicht geeignet und
uͤberschreitet nicht den maͤßigen Schritt von acht
Meilen in einer Stunde. Sie ist plump und schwer, und hat, wie
wir glauben, bereits das Hoͤchste erreicht, was sie zu
leisten faͤhig ist. Sie gleicht den ungestalten
franzoͤsischen Diligencen, und es fehlt ihr zu einer
vollkommenen Gleichheit mit einem jener langsamen Fuhrwerke, nur
oben das hohe Cabriolet. Wenn man diese Maschine betrachtet, so
koͤmmt man fast auf den Gedanken, daß die Kunst, Wagen zu
bauen, einen Ruͤkschritt von einem halben Jahrhundert
gemacht hat.
Wir geben des Erfinders eigene Beschreibung dieses Dampfwagens
aus dem Berichte der Comité des Unterhauses.
Frage.
„Wollen Sie uns erklaͤren, welche Fortschritte
Sie in der Verbesserung Ihres Dampfwagens gemacht
haben?“
Antwort.
„„Meine hauptsaͤchlichste Verbesserung
besteht, meiner Meinung nach, in der neuen Construction des
Dampfkessels, welcher um Vieles leichter ist als alle bisher
gebrauchten Kessel. Er ist aus flachen Kammern von
ungefaͤhr 2 Zoll Dike zusammengesezt, welche in
vertikaler Richtung nebeneinander stehen, mit einem
Zwischenraͤume von 2 Zoll; ich habe zehn solche
Kammern, und zehn Flammenzuͤge, und unter diesen
einen Feuerherd von 6 Quadratfuß. Die Kammern sind von der
Haͤlfte bis zu zwei Drittel mit Wasser
gefuͤllt, und enthalten in ihrem uͤbrigen
obern Raͤume Dampf. Alle diese Kammern sind oben und
unten mit einander in Verbindung gesezt mittelst zweier
starken Bolzen, welche sie zusammenhalten; wenn man diese
Bolzen losschraubt, fallen alle zehn Kammern auseinander,
und wenn man die Bolzen wieder
festschraubt, sind alle Kammern wieder dicht. Der Dampf wird
oben durch den Mittelpunkt eines der Feuerzuͤge
ausgetrieben, und das noͤthige Speisewasser wird
unten durch eine Drukpumpe eingetrieben. Der Kessel befindet
sich hinter dem Wagen, und der Behaͤlter fuͤr
die Maschine zwischen dem Kessel und dem Kutschenkasten. Die
Maschinen stehen senkrecht zwischen dem Kessel und den
Reisenden, welche den vordern Theil des Wagens einnehmen, so
daß das ganze Maschinenwerk hinten, und die Reisenden vorne
sich befinden.““
Frage.
„„Welches Gewicht hat Ihr
Wagen?““
Antwort.
„„Ich sollte denken, beilaͤufig 3 1/2
Tonnen.““
Nach dem Aeußern dieses ungeheuren Fuhrwerkes, von
welchem die erste Tafel zum ersten Hefte des XLV. Bandes
des polyt. Journ. und die
zwoͤlfte Kupfertafel der unlaͤngst
erschienenen historischen und
praktischen Abhandlung uͤber Fortbewegung
ohne Thierkraft mittelst Dampfwagen auf
gewoͤhnlichen Landstraßen, von Alexander
Gordon, aus dem Englischen. Weimar,
Landes-Industrie-Comptoir.
1833, eine Ansicht liefert,
sollten wir denken, daß diese Riesenmaschine ohne alle
Ladung und ohne die noͤthigen Vorraͤche
von Wasser und Brennmaterial wenigstens sechs Tonnen
waͤge. A. d. Ueb.
Frage.
„„Auf wie viele von Ihren Raͤdern wenden
Sie Ihre Kraft an?““
Antwort.
„„Auf zweie, gelegenheitlich nur auf Eines; die
Achse meines gegenwaͤrtigen Wagens ist ganz den
gewoͤhnlichen jezt gebraͤuchlichen Wagen
gleich, gerade, und nur an den Enden gebogen, und ich habe
eine Kette, die um die Nabe des Rades sich schlingt, und mit
einer andern Kette an einer Scheibe in Verbindung steht,
welche an der Kurbelachse der Maschine befestigt ist. Zwei
Cylinder arbeiten an zwei Kurbeln, genau so wie bei andern
Dampfwagen. Diese Cylinder sind 4 Fuß von der Achse der
hintern Raͤder entfernt, und ihre Verbindung mittelst
der Kette gestattet mir, das Maschinenwerk auf Federn zu
legen, so daß der Koͤrper des Wagens sich auf und
nieder schwingen kann.““
Frage.
„„Ist Ihrer Maschine je ein Unfall
zugestoßen?““
Antwort.
„„Nein; ausgenommen ein Mal, da meine Kette
brach““ – (S. 32.)
Dieser Unfall mit der Kette, und ein anderer, da der Kessel,
jedoch ohne Nachtheil fuͤr die Reisenden, zerbarst, sind
die einzigen weiteren, bemerkungswerthen Umstaͤnde, die
aus der Befragung des Hrn. Hancock
sich ergaben.Wir muͤssen hier noch die Bemerkung
beifuͤgen, daß das Bersten der Hancock'schen Kessel bei
fortwaͤhrendem Gebrauche sehr haͤufig zu
befuͤrchten ist, und daß die Folgen davon, wenn
zufaͤlliger Weise mehrere Kammern zugleich
spraͤngen, nicht immer so unschaͤdlich
ausfallen duͤrften, besonders wenn der Druk des
Dampfes (nach der eigenen Aussage des Hrn. Hancock vor der Comité
des Unterhauses) bis zu 100 Pfund auf den Quadratzoll
gesteigert werden soll. Man ist jezt allgemein davon
uͤberzeugt, daß die meisten Explosionen von
Dampfkesseln durch das Sinken des darin enthaltenen
Wassers verursacht werden, wenn naͤmlich der
Zufluß desselben durch die Speisungspumpe zu schwach
wird, so daß die trokenen Seitenwaͤnde mit dem
Feuer in Beruͤhrung kommen und gluͤhend
werden, und es ist daher eine der ersten und wichtigsten
Regeln bei der Construction dieser Kessel, daß man die
Flammen- und Rauchzuͤge nur an dem
unteren, mit Wasser gefuͤllten Theile des Kessels
herum fuͤhrt, nie aber mit dem oberen Theile,
worin der Dampf enthalten ist, in Beruͤhrung
bringt. Nun bestreicht aber bei der Hancock'schen Vorrichtung die
Flamme die Waͤnde der Kammern in ihrer ganzen
Breite und Hoͤhe von unten bis oben, und es ist
daher das Gluͤhendwerden der obersten Theile
dieser Kammern uͤber dem Niveau des darin
enthaltenen Wassers unvermeidlich. Wenn dann durch einen
zufaͤlliger Weise vermehrten Zufluß von
Speisungswasser der Wasserspiegel in den Kammern wieder
hoͤher steigt, oder durch das Schuͤtteln
des Wagens ein Theil des Wassers an diese
gluͤhenden Platten geworfen wird, so muß
augenbliklich die Erzeugung einer so großen Menge von
hoͤchst elastischem Dampfe erfolgen, daß eine
Explosion unvermeidlich ist. Hierin liegt das
groͤßte und wesentlichste Gebrechen dieser neuen
Art von Dampfkessel; und, sollte auch durch ein
außerordentliches Gluͤk eine laͤngere Zeit
hindurch keine Explosion entstehen, so ist doch leicht
einzusehen, daß die eisernen Platten durch Rost und
Verbrennen einer sehr schnellen Zerstoͤrung
unterworfen seyn muͤssen, daher diese Kessel
nicht lange dauern koͤnnen. Endlich ist auch
nicht zu verkennen, daß der Aufwand von Brennmaterial
bei diesem Kessel, da die Flamme auf dem
kuͤrzesten Wege vom Rost in den Schornstein
zieht, verhaͤltnismaͤßig groͤßer
als bei der gewoͤhnlichen Anordnung seyn muß, wo
die Flamme und heiße Luft durch lange
Circulirroͤhren um den Kessel herum geleitet
werden; was denn auch wohl die Ursache ist, daß die
Dampferzeugung der Groͤße der
Beruͤhrungsflaͤchen nicht entspricht. A.
d. Ueb. Mit einem andern Daͤmpfungen sind um
laͤngst die Herren Ogle und
Summers aufgetreten, und haben
einige Versuche gemacht, wobei im Durchschnitt eine
Geschwindigkeit von 8 oder 10 Meilen in einer Stunde erreicht
wurde. Allein das Maschinenwerk dieses Wagens liegt nicht auf
Federn, und sein Umfang und Gewicht sind so ungeheuer, daß sein
Gelingen kaum zu hoffen ist. Das einzige einiger Maßen Neue an
diesem Wagen ist der Kessel, welcher zur Erzeugung von Dampf von
einem ungeheueren Druke geeignet zu seyn scheint. So lange
dieser Dampfwagen indessen durch keine groͤßeren und mehr
versprechenden Leistungen sich auszeichnet, als bisher, halten
wir eine detaillirte Beschreibung seiner Theile nicht
fuͤr interessant genug, um uns fuͤr die
Muͤhe einer tieferen Eroͤrterung zu belohnen. Wir
begnuͤgen uns einstweilen mit der Versicherung, daß die Construction dieses Dampfwagens die
Bedingungen nicht erfuͤllt, welche wir als wesentlich
nothwendig zu einem vollstaͤndigen Gelingen aufgestellt
haben.Wir werden uͤber diesen Dampfwagen unsere weiteren
Bemerkungen am Schlusse dieser Abhandlung
nachtraͤglich geben. A. d. Ueb.
Wir haben uns bei unsern Nachbarn jenseits des Canals umgesehen,
um einige Aufklaͤrungen oder nuͤzliche Winke
uͤber diesen Gegenstand zu erhalten, fanden uns jedoch in
unserer Erwartung getauscht. Zwei Werke, das erste unter dem
Titel: Considérations sur les
chemins de fer et sur les machines locomotives, par M. J.
Cordier. Paris, 1830. 8°. und das zweite: Traité pratique sur les chemins de
fer et sur la théorie des chariots à vapeur
etc.; traduit de l'Anglais de M. Tredgold, par J.
Duperré. Paris, 1831. 8°, sind beinahe
die einzigen, in welchen dieser Gegenstand mit Sachkenntniß
behandelt wird, und eines davon ist, wie man sieht, eine
Uebersezung aus dem Englischen.Von Allem, was hieruͤber in Deutschland seit
mehreren Jahren, und zwar lange, ehe man in Frankreich
an Eisenbahnen nur gedacht hatte, geschrieben worden,
scheint der Verfasser keine Kenntniß zu haben, und das
polytechnische Journal scheint in England noch ganz
unbekannt zu seyn. – A. d. Ueb.
Eine vor Kurzem angefangene Eisenbahn zwischen Roanne und
Saint-Etienne ist gegenwaͤrtig ihrer Vollendung
nahe, und die Eigenthuͤmer derselben haben zwei englische
Dampfwagen, den einen von Hrn. Stephenson, den anderen von den Herren Fenlow und Murlay's zu Leeds,
angeschafft, um solche zu demselben Zweke wie auf der
Liverpool-Eisenbahn anzuwenden. Wir geben hier eine
Nachricht von einem theilweisen Versuche mit dem ersten jener
Wagen, woraus man sieht, wie entzuͤkt unsere lebhaften
Nachbarn von der Idee sind, 40 Meilen in einer Stunde
zuruͤkzulegen, eine Schnelligkeit so verschieden von
derjenigen, mit welcher sie bisher zu reisen gewohnt waren; und
wie sehr sie sich daruͤber freuen, daß sie jezt nicht
mehr den Canal zu passiren genoͤthigt sind, um Zeugen
dieser „étonnante
decouverte“ zu seyn.
„Le premier Juillet (1832) la
première de ces machines a été mise
en expérience, avec le concours du préfet
de la Loire, des autorités du départament,
et d'un grand nombre de curieux et de dames. Le convoi
était composé de douze voitures,
renfermant 400 personnes; l'une de ces voitures en
portrait 80 à elle seule. Comme c'était
une des premières sorties de la machine, et que
même le magazin à eau et à charbons
n'était pas encore arrivé, la marche des
convois n'a pu être aussi rapide, aussi
regulière, qu'elle deviendra lorsque
le service sera réglé.
Cependant les sésultats obtenus sent très
satisfaisans: vingt lieues ont été
parcourrues en deux heures et cinquante minutes de
marche effective. Le trajet de Feurs à Montroud,
d'une longueur de trois lieues, a été
parcourrue en quinze minutes, ce qui donne une vitesse
de douze lieues à l'heure; par momens elle s'est
élevée à 13 et même a 14
lieues à l'heure. La machine brûle du coke
et ne donne aucune fumée; la vapeur
projetée dans la cheminée dispense du
ventilateur ou d'autre machine soufflante. Toutes les
personnes qui ont assiste à cette fête
d'un genre nouveau, et particulièrement les
dames, se sont retirées très satisfaites
de la célérité et de la
sûreté d'un voyage qu'elles ont pu faire
sans éprouver la moindre fatique, et elles ont
senti tout le prix dont serait ce chemin de fer
prolongé jusqu'à Paris, pour
l'établissement d'une communication rapide entre
le midi et le nord de la France.“
Bei dieser aus mehreren franzoͤsischen
Blaͤttern entnommenen Nachricht ist zu bemerken,
daß ein großer Theil der Eisenbahn zwischen Roanne und
St. Etienne ein nicht unbedeutendes Gefaͤlle hat.
A. d. Ueb.
Hier sind wir nun bis zum Schlusse unserer Abhandlung gekommen.
Alles zusammen erwogen, finden wir, daß das Mißlingen, welches
bis jezt alle Versuche mit Dampfwagen getroffen hat, nicht in
einer nothwendigen und natuͤrlichen
Unmoͤglichkeit, die Kraft des Dampfes zu diesem besondern
Zweke anzuwenden, sondern in der Unvollkommenheit und den
Maͤngeln der Erfindungen, welche bisher gemacht worden,
seinen Grund hatte; indem es diesen Erfindungen an den
wesentlichsten Eigenschaften, welche zum vollkommenen Gelingen
bedungen sind, mehr oder weniger fehlte. Wir finden, daß es
leicht gewesen waͤre, das Mißlingen aller dieser
Maschinen aus ihrer Bauart vorauszusagen; so wie wir jezt das
kuͤnftige Mißlingen aller nach denselben Principien
construirten Dampfwagen vorhersagen; wir finden, daß es ein
Irrthum war, zu glauben, daß es diesen Maschinen nur in einigen
praktischen Details fehlte, welche durch weitere Erfahrungen
verbessert und ergaͤnzt werden koͤnnten; daß
vielmehr jede derselben das Princip ihrer unvermeidlichen
Zerstoͤrung schon enthielt, und daß sie durchaus keines
hoͤheren Grades von Vollkommenheit faͤhig sind,
als derjenige ist, welchen sie erreicht haben; endlich, daß ein
gluͤklicher Erfolg doch von solchen Erfindungen noch zu
hoffen ist, welche allen von uns aufgestellten Bedingungen
vollkommen entsprechen werden.
C.
Ueber die Wege und Mittel, durch welche diese Erfindung zur
erwuͤnschten Vollkommenheit zu bringen seyn
moͤchte, erlaubt uns der beschraͤnkte Raum dieser
Blaͤtter keine weitere ausfuͤhrliche Untersuchung,
und wir muͤssen unsere Leser deßhalb auf die
Erklaͤrung des Hrn. Farey in
dem Berichte der Comité des Unterhauses hinweisen. Er
empfiehlt der Regierung, einen anstaͤndigen Preis, z.B.
von 10,000 Pfd. Sterl., fuͤr den besten Plan auszusezen,
um das Talent zur Hervorbringung groͤßerer Verbesserungen
aufzumuntern. Wir sind allerdings der Meinung, daß
gegenwaͤrtig kein mit der zur Loͤsung einer
solchen Aufgabe erforderlichen Wissenschaft und Geschiklichkeit
begabter Mann Lust haben kann, in eine Reihe von ungewissen,
zugleich gefaͤhrlichen und kostbaren Versuchen sich
einzulassen. Bei dem gegenwaͤrtigen Zustande unserer
Gesezgebung ist ein koͤnigl. Patent wenig mehr als ein
besudeltes Pergament (blotted
parchment). – Wenn wir aber auch annehmen
koͤnnten, daß das Eigenthum und die guͤltigen
Anspruͤche eines Erfinders durch ein Patent vollkommen
gesichert waͤren, so sind wir doch der Meinung, daß die
Regierung durch Belohnung des Erfinders und Freigeben seiner
Erfindung an das Publicum der Nation einen viel groͤßeren
Dienst erweisen wuͤrde, als durch Erstikung derselben
unter dem Zwang eines Monopols.Ueber die Unsicherheit der englischen Patente und die
hundertfaͤltigen juristischen Kniffe und
Jonglerieen, durch welche der verdienstvollste Erfinder
um sein mit schwerem Gelde erkauftes Eigenthumsrecht
geprellt werden kann, ist in diesem Journale schon so
Vieles gesagt worden, daß eine Wiederholung
uͤberfluͤssig waͤre. – Der
Vorschlag des Hrn. Farey
duͤrfte aber, nach unserem Dafuͤrhalten,
nicht nur der englischen Regierung, sondern auch allen
uͤbrigen Regierungen um so mehr zu empfehlen
seyn, als der hier in Frage stehende Gegenstand
fuͤr alle Staaten und Nationen gleich wichtig
ist, und durch eine gemeinschaftliche Unterzeichnung der
zu leistendes Beitrag von jeder einzelnen Regierung
unbedeutend wuͤrde A. d. Ueb.
Obwohl wir mit Hrn. Farey die Meinung
theilen, daß die Classe von Individuen, welche bisher fast
allein mit der Erfindung von Dampfwagen sich beschaͤftigt
hat, nicht aus denjenigen Personen besteht, von welchen wir die
endliche Vervollkommnung dieser Maschinen erwarten
duͤrfen, so koͤnnen wir doch keineswegs zugeben,
daß gewoͤhnliche Maschinenbauer und Werkmeister zur
gluͤklichen Loͤsung dieser Aufgabe geschikter
waren. Was diese betrifft, so glauben wir, daß sie eben durch
ihre bisherige Erfahrung in ihrem eigentlichen Gewerbe zu diesem
neuen Geschaͤfte untauglich geworden sind; und wir finden
uns in dieser Meinung durch den Umstand bestaͤrkt, daß
wir Zeugen bei den ersten und lezten Versuchen gewesen sind,
welche mit vier Dampfwagen nach verschiedenen Principien
vorgekommen wurden die saͤmmtlich von geschikten
und sehr erfahrenen Ingenieuren gebaut worden, wovon zwei an der
Spize ihrer eigenen Etablissements fuͤr
gewoͤhnlichen Maschinenbau stehen: Gerade diese Maschinen
– wir nehmen keinen Anstand es zu sagen – waren
die schlechtesten, die wir je gesehen haben. Die Ursache davon
ist klar genug. Die Eigenschaften von guten stationaͤren
Dampfmaschinen (d.i. von solchen, die an ihrer Stelle
unveraͤnderlich bleiben), an deren Verfertigung diese
Mechaniker gewoͤhnt sind, bilden gerade das
Entgegengesezte von jenen Eigenschaften, welche die fahrenden
oder fortschaffenden Maschinen erfordern. Die groͤßte
Vollkommenheit der stationaͤren (fixirten) Maschinen
besteht in ihrer steifen, festen Unbeweglichkeit, in ihrer
Staͤrke, und folglich in ihrem Gewichte. Die fahrenden
Maschinen hingegen erfordern im hoͤchsten Grade
Biegsamkeit, Beweglichkeit und Leichtigkeit. Die fortschaffende
Mechanik (locomotion) ist in diesem
Betrachte in der That eine ganz neue, Wissenschaft, und muß ihre
Reife und ihre Vollkommenheit von dem Kopf eines
wissenschaftlich ausgebildeten und originellen Genie's erhalten,
und nicht von einem empirischen und handwerkmaͤßig sich
abplakenden (plodding) Fabrikanten.
Die Aufgabe, einen sich selbst bewegenden und große Lasten
fortschaffenden Wagen zu bilden, naͤhert sich mehr der
Schoͤpfung eines Thieres, als jede andere Aufgabe, mit
deren Loͤsung der menschliche Erfindungsgeist sich je
beschaͤftigt hat. Ein kuͤnstliches Thier soll
geschaffen werden, welches die Schnelligkeit des Hirsches mit
der Staͤrke des Elephanten vereinigt! – Das
Studium des Koͤrperbaues der Thiere moͤchte dazu
fuhren, die Wichtigkeit einer Verbindung von Staͤrke,
Leichtigkeit und Biegsamkeit einzusehen und zu wuͤrdigen.
Nur von einer solchen Combination, nicht aber von den
Bemuͤhungen eines praktischen Projectanten, welcher nicht
Wissenschaft mit Geschiklichkeit verbindet, ist ein
gluͤklicher und befriedigender Erfolg wahrscheinlicher
Weise zu erwarten.
Was die wohlthaͤtigen Folgen einer so vollendeten
Loͤsung dieser Aufgabe betrifft, so haͤlt die
Commission des Unterhauses dafuͤr, „daß die Anwendung lebloser statt
thierischer Kraͤfte, eine der wichtigsten
Verbesserungen sey, welche je in den Mitteln innerer
Communication eingefuͤhrt worden
sind.“ Die hievon zu hoffenden moralischen,
politischen und commerciellen Resultate hat Hr. Gordon in seinem angefuͤhrten
Werke: On Elemental Locomotion,
ausfuͤhrlich und mit Geschiklichkeit eroͤrtert:
doch ist er vielleicht zu sanguinisch in seinen Hoffnungen von
einem Lieblingsgegenstande, wenn er diesen als ein
Universalmittel gegen alle Uebel empfiehlt, an welchen jezt der
Wohlstand und die Kraͤfte des Reiches leiden. Wir sind
nicht ganz so sanguinisch fuͤr die
Wirksamkeit eines noch nicht versuchten Heilmittels eingenommen,
um dasselbe ernstlich als eine infallible Cur unserer
Ubervoͤlkerung, als ein Surrogat fuͤr die
Auswanderungsakte, als ein Gegengift wider den Hunger, als ein
Specificum fuͤr alle Uebel Irelands, als eine Aufhebung
unserer Korngeseze, und als eine Tilgung unserer Nationalschuld
vorzuschlagen. Dennoch erwarten wir von dieser
Veraͤnderung viel Gutes. Wenn die (allgemeine)
Einfuͤhrung von Dampfwagen unsere Transporte
beschleunigt, unsere kostbare Zeit erspart, und die
Kraͤfte des Landes concentrirt, waͤhrend sie
zugleich den entferntesten Theilen des Reiches den Absaz der
Producte ihres Gewerbfleißes erleichtert, und neue Quellen von
Wohlstand oͤffnet; – wenn hiedurch die grausame
Behandlung von Thielen vermindert, und zugleich das moralische
Verderbniß, welches von der Ausuͤbung solcher
barbarischen Handlungen unzertrennlich ist, verhuͤtet
wird; – wenn es uns gelingen sollte, durch dieselben
Maschinen Pferde entbehrlich zu machen, durch welche wir
fruͤher Menschen ersezt haben, und so durch die Maschinen
selbst einige Uebel zu heilen, welche sie verursacht haben;
– wenn, durch Verminderung der Production von Haber und
vermehrte und wohlfeilere Erzeugung von Weizen (oder Roken) wir
einen Penny von des armen Mannes Brodlaib, oder einen Seufzer
von der Harte seines Schiksals hinweg nehmen, so werden wir
einen hohen und edlen Endzwek – einen des Genius eines
Newton und des Stolzes einer
Nation wuͤrdigen Endzwek erreichen.
––––––––––
Anmerkung. Da der Uebersezer dieser
im gegenwaͤrtigen Augenblike hoͤchst interessanten
Abhandlung die Mittheilung derselben den Lesern des
Polytechnischen Journals nicht verzoͤgern will, so
behaͤlt sich derselbe die noch nicht ganz vollendete
Ausarbeitung seiner eigenen nachtraͤglichen Bemerkungen
uͤber diesen wichtigen Gegenstand fuͤr eines der
naͤchstfolgenden Hefte vor.
Muͤnchen, den 10. Maͤrz
1833.
J. v. Baader.