Titel: | Ueber die angebliche Verfälschung des Thees mit Gallussäure nebst Vorschriften zur Bereitung eines Theesyrups und Thee-Extracts; von Hrn. G. Trevet. |
Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XXIII., S. 150 |
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XXIII.
Ueber die angebliche
Verfaͤlschung des Thees mit Gallussaͤure nebst
Vorschriften zur Bereitung eines Theesyrups und
Thee-Extracts; von Hrn. G. Trevet.
Aus dem Journal des
connaissances usuelles. Febr. 1833, S.
97.
Trevet, uͤber die Verfaͤlschung
des Thees.
Man hat haͤufig die Behauptung aufgestellt, daß mancher
Thee, besonders gruͤner, eine betraͤchtliche Menge
Gallussaͤure enthaͤlt, und daß diese
adstringirende Substanz ihm absichtlich zugesezt wird, damit der
Absud eine desto dunklere Farbe erhaͤlt. Dagegen muß ich
bemerken, daß alle Theesorten je nach dem Alter des Strauches
und der Zeit der Ernte mehr oder weniger Gallussaͤure
enthalten; die Blaͤtter der ersten Ernte, welche Ende
Februars oder Anfangs Maͤrz Statt findet, sind die
zartesten und besten; sie werden auch fuͤr den Kaiser und
die Großen seines Hofes zuruͤkgelegt,
waͤhrend man die harten nach Dr.
Shendo (Acta
physico-medica Acad. nat.) zur Faͤrberei
benuzt. Hr. Chevreul untersuchte zwanzig Muster von natuͤrlichem
Thee und uͤberzeugte sich dadurch, daß der Thee
urspruͤnglich Gallussaͤure enthaͤlt. Schon
Cadet de Gassicourt fand als
Bestandtheile des Thees ein scharfes und narcotisches Princip,
Gerbestoff und Gallussaͤure nebst einem bittern und
styptischen Extract. Der beruͤhmte Naturforscher Kempfer, welcher sich lange in Japan
aufhielt und die Chinesen die Theeblaͤtter einsammeln und
zubereiten sah, sagt: Die
haͤrtesten Blaͤtter werden zum Faͤrben
benuzt; bekanntlich schwaͤrzt auch der gruͤne
Thee eisenhaltiges Wasser fast eben so stark wie
Gallaͤpfel. Die gelehrten Englaͤnder,
welche sich in Indien aufhielten und noch aufhalten, sprachen
nie von dieser angeblichen Verfaͤlschung und
haͤtten sie doch zuerst bemerken muͤssen, wenn sie
wirklich Statt faͤnde. Die mannigfaltigen Theesorten sind
zwar in der That das Blatt derselben Pflanze, zeigen aber sehr
große Verschiedenheiten, die dem Erdreich, seiner Lage, dem
Anbau, der Zeit der Ernte, der groͤßeren oder geringeren
Roͤstung und der Zeit, welche seit ihrer Ernte verfloß,
zugeschrieben werden muͤssen. Die jungen
Theeblaͤtter sind bei weitem wirksamer als die ganz
aufgebluͤhten; die stark geroͤsteten sind es viel
weniger als die nur schwach geroͤsteten; frischer Thee
ist viel staͤrker als solcher, der in den Magazinen
alterte.
Ich behaupte jedoch nicht, daß der Thee, welchen wir aus den
Magazinen erhalten, ganz und gar nicht verfaͤlscht
wuͤrde. Es ist moͤglich, daß ihn die Eingebornen
mit Blattern von anderen Straͤuchern vermengen, aber
gewiß bringen sie keine Gallussaͤure hinein, weil der
Thee an und fuͤr sich schon eine bedeutende Menge dieser
Saͤure, so wie Gerbestoff, enthaͤlt. In Frankreich
und in England koͤnnte ein solcher Betrug ebenfalls nicht
begangen werden, 1) weil der Thee dadurch einen unangenehmen
Geschmak erhielte, 2) weil die Gallussaͤure schon so viel
kostet, daß sie keinen Gewinn abwerfen wuͤrde. Hr. Robiquet untersuchte sogenannten
Schießpulverthee, dem man durch Talkstein, einer fast ganz
unwirksamen Substanz, das silberartige Ansehen gegeben
haͤtte, welches den schoͤnen Qualitaͤten
dieser Theesorte eigen ist. Man hat zu verschiedenen Zeiten den
Thee mit Blaͤttern zu verfaͤlschen gesucht, die
ihm, wenn auch nicht in seinen Eigenschaften, doch im Aeußern
etwas aͤhnlich sind. Accum
sagt in seinem Werke uͤber die Verfaͤlschung der
Nahrungsmittel, daß in England viele Kaufleute den Thee mit
Blaͤttern von Schlehendorn (prunus
spinosa), Eschen oder Flieder vermengen, die sie
entweder mit Blauholztinktur schwarz oder mit einem Kupfersalze
enthaltenden Praͤparate gruͤn
faͤrben. Leztere Verfaͤlschung, welche die
strafbarste von allen waͤre, muß aber in England sehr
selten seyn, denn die HH. Bussy und
Boutron-Charlard haben
viele dorther bezogene Muster von gruͤnem Thee
untersucht, fanden aber darin nicht die geringste Spur eines
Kupfersalzes. Thee, welcher mit Kampeschenholz schwarz
gefaͤrbt wurde, bringt auf einem Blatte weißen Papiers,
wenn man ihn ein wenig befeuchtet und schwach darauf reibt,
einen blaͤulich schwarzen Flek hervor, der durch ein paar
Tropfen Schwefelsaͤure roth wird, waͤhrend der
achte Thee dem Wasser eine Ambrafarbe ertheilt, die durch
Schwefelsaͤure nicht roth wird. Die Englaͤnder,
welche die Blaͤtter des wilden Pflaumenbaumes zum
Verfaͤlschen des Thees anwenden, bedienen sich der Frucht
desselben Baums, um den Oporto-Wein zu
verfaͤlschen. In Europa ertheilt man dem Thee einen
schwachen Veilchengeruch, indem man in die Kisten Veilchenwurz
in Kapseln bringt.
Folgende Vorschriften zur Bereitung des Theesyrups und
Thee-Extracts theilte Hr. Chevalier im Bulletin
général de thérapeutique, August
1832, mit:
Theesyrup.
Man waͤscht 2 Unzen Thee mit 4 Unzen kalten Wassers aus,
um den Staub, welchen er enthalten kann, zu beseitigen. Sobald
er gereiniget und von dem Wasser getrennt ist, uͤbergießt
man ihn in einem sehr tiefen Porzellangefaͤße mit 5 Pfund
2 Unzen siedendheißen Wassers. Man schließt das Gefaͤß
mit einem Dekel und laͤßt es zwoͤlf Stunden lang
stehen. Nach Verlauf dieser Zeit trennt man die
Fluͤssigkeit von den Theeblaͤttern, indem man sie
stark ausdruͤkt; die Infusion laͤßt man ruhig
stehen, zieht dann das Klare ab und bringt es in einen kleinen
silbernen Kessel mit seinem doppelten Gewichte Zuker. Nachdem
der Zuker zergangen ist, stellt man den Kessel auf ein Feuer,
nimmt ihn aber sogleich weg, wenn man sieht, daß die
Fluͤssigkeit zu sieden anfaͤngt. Der Syrup wird
dann durchgeseiht, und endlich in reine und trokene Flaschen
gefuͤllt, die man mit einem Korkstoͤpsel
verschließt.
Dieser Syrup hat einen angenehmen Theegeschmak; man kann damit
augenbliklich Thee-Infusionen bereiten, indem man
lauwarmem Wasser mehr oder weniger davon zusezt.
Aromatischer Theesyrup.
Man waͤscht zwei Unzen Thee wie oben mit kaltem Wasser
aus, bringt sie mit anderthalb Quentchen gestoßenem
Sternanissaamen in das silberne Gefaͤß, uͤbergießt
sie darin mit 1 Pfund 2 Unzen siedendheißen Wassers,
laͤßt dasselbe zwoͤlf Stunden lang zugedekt
stehen, und verfaͤhrt uͤbrigens auf die oben
angegebene Weise.
Durch den Sternanis erhaͤlt der Thee-Absud einen
außerordentlich angenehmen aromatischen Geschmak.
Thee-Extract.
Dieses Extract erhaͤlt man auf folgende Weise: Man
waͤscht 1 Pfund Thee mit kaltem Wasser aus, bringt ihn in
ein geeignetes, im Wasserbade stehendes Gefaͤß und
uͤbergießt ihn darin mit 3 Pfund siedendheißen Wassers;
man laͤßt ihn darin 12 Stunden lang, seiht ihn dann durch
und preßt ihn aus; man bringt hierauf den Thee wieder in das
Wasserbad, gießt neuerdings auf den bereits erschoͤpften
Thee 3 Pfund siedendheißes Wasser und laͤßt ihn damit 6
Stunden in Beruͤhrung; dann infundirt man ihn zum dritten
Male mit drei Pfund Wasser, seiht ihn nach 6 Stunden wieder
durch und preßt ihn aus. Die Fluͤssigkeiten werden in dem
Maße, als man sie erhaͤlt, filtrirt und in
Porzellantassen langsam abgedampft; man erhaͤlt so ein
Extract in Schuppen, welches das Arom und den Geschmak des
Thee's hat. Ist das Extract ganz ausgetroknet, so trennt man es
mit einer Messerklinge los und bewahrt es in einer kleinen
Flasche auf, die man genau verschließt.
Versezt man eine Pinte Wasser mit 15 Gran von diesem
Thee-Extract, so erhaͤlt man dieselbe
Fluͤssigkeit, wie wenn man Thee mit siedendem Wasser
infundirt. Man kann mit diesem Extracte auch
Mundkuͤgelchen bereiten, und denselben auch noch andere
Substanzen, wie Zimmet, China etc. zusezen.