Titel: | Untersuchungen über den chemischen Proceß, welcher bei der amerikanischen Amalgamation Statt findet; von Hrn. Boussingault. |
Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XXXVI., S. 192 |
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XXXVI.
Untersuchungen uͤber
den chemischen Proceß, welcher bei der amerikanischen Amalgamation
Statt findet; von Hrn. Boussingault.
Aus den Annales de Chimie et
de Physique. Decbr. 1832, S. 337.
Boussingault, Untersuchungen uͤber die
amerikanische Amalgamation.
Die Kunst das Silber aus seinen Erzen durch Queksilber
abzuscheiden, wurde im Jahre 1557 von dem Spanier Bartholome de Medina erfunden. Dieses
sinnreiche Verfahren, wodurch man sich den groͤßten Theil
des gegenwaͤrtig in Umlauf befindlichen Silbers
verschaffte, war aber lange Zeit nur sehr unvollstaͤndig
bekannt und wurde eben deßwegen von Metallurgen aus den
beruͤhmtesten Schulen auf die
unguͤnstigste Weise beurtheilt. Erst nach der Reise des
Hrn. von Humboldt fing man in Europa
an die vagen und unguͤnstigen Ansichten, welche bisher
uͤber die amerikanische Amalgamation herrschten, zu
berichtigen. Dieser beruͤhmte Reisende uͤberzeugte
sich, daß wegen der oͤrtlichen Schwierigkeiten, wegen des
geringen Gehaltes dieser Erze und wegen der unermeßlichen Menge
solcher Erze, die verarbeitet werden muß, durchaus ein so
einfaches und oͤkonomisches Verfahren noͤthig ist,
wenn der Bergmann seinen Industriezweig mit guͤnstigem
Erfolg betreiben will.Hr. von Humboldt beschrieb
dieses Amalgamationsverfahren in seinem
geognostisch-metallurgischen Abriß von Amerika in
Karsten's Archiv
fuͤr Berg- und Huͤttenwesen, Bd.
XVII. S. 255. Spaͤter erschien eine Beschreibung
des Amalgamationsprocesses auf dem Werk La Sauceda in
Zacatecas aus dem Englischen von Lyon bearbeitet von Kersten, in Schweigger's neuem Journal der Chemie und
Physik, Bd. XXIV. S. 1. Aus beiden gibt Schubarth in seinen Elementen
der technischen Chemie (Berlin 1831) Bd.i. Zweite
Abtheilung, S. 368 einen Auszug. A. d. R.
Nachdem die saͤchsische Amalgamirmethode, welche man Hrn.
von Born verdankt, in der
mineralogischen Welt eine so erstaunliche Beruͤhmtheit
erlangt haͤtte, beabsichtigte die spanische Regierung sie
auch in ihren Colonien einzufuͤhren. Erfahrene
Huͤttenmaͤnner wurden nach Mexico, Peru und
Neugranada geschikt, um daselbst das deutsche Verfahren zu
naturalisiren. Hr. Sonnenschmidt war
fuͤr Neugranada bestimmt; an Statt aber daselbst die neue
Methode zu verbreiten, wurde er selbst ein eifriger Vertheidiger
der amerikanischen Amalgamation.
Aus allen in ein seines Mehl verwandelten Erzen kann man durch
Zusaz von Kochsalz, Magistral, Queksilber und bisweilen Kalk,
das Silber, welches sie enthalten, fast gaͤnzlich
gewinnen. Nur die Erze, welche sehr viel Bleiglanz und Kiese
enthalten, muͤssen vorher geroͤstet werden. Ein
großer Silbergehalt der Erze ist bei der Amalgamation keineswegs
hinderlich. Sonnenschmidt probirte
Amalgamir-Ruͤkstaͤnde von Erzen, welche im
Centner 5 bis 6 Mark Silber, enthielten; diese
Ruͤkstaͤnde lieferten beim Probiren nur 1/16 Unze
Feinsilber.
Wenn die Amalgamation der Silbererze von einem erfahrenen
Kuͤnstler geleitet wird, so liefert sie immer
vortheilhafte Resultate; daß die nachtheiligen Umstaͤnde,
welche sich waͤhrend der Arbeit bisweilen einstellen,
sogleich bemerkt und wieder gut gemacht werden, ruͤhrt
von der Gewohnheit, ich moͤchte fast sagen, dem Instinct
der Arbeiter her, die eine lange Praxis haben. Die Theorie
dieser Operation ist in der That noch sehr im Dunkeln. Man sieht
nicht wohl ein, wie das Salz und der Magistral durch ihre
Einwirkung auf das in den Erzen enthaltene
Schwefelsilber, das Metall disponiren koͤnnen, sich mit
dem Queksilber zu amalgamiren. Eben so wenig begreift man,
welche Wirkung der Kalk aͤußert, den man unter gewissen
Umstaͤnden zusezt und ohne dessen Zusaz man sowohl das
Silber der Erze als das zur Gewinnung desselben angewandte
Queksilber fast ganz verlieren wuͤrde.
In der Absicht die Theorie dieser wichtigen Kunst
aufzuklaͤren, wurden die Versuche angestellt, welche den
Gegenstand dieser Abhandlung bilden; ehe ich sie aber
auseinanderseze, halte ich es der Deutlichkeit wegen fuͤr
zwekmaͤßig, das von Bartholome de
Medina erfundene Amalgamirverfahren kurz zu
beschreiben; es duͤrfte dieß um so noͤthiger seyn,
weil es bei weitem noch nicht allgemein bekannt ist.
Die Amalgamirerze werden gewoͤhnlich troken gepocht. Man
schlaͤmmt sie gar nicht. Das Erzmehl reibt man dann in
einem Arraster mit Wasser sehr fein.
Der Arraster ist eine außerordentlich
einfache Muͤhle. Sie besteht aus einem massiven Cylinder
von Mauerwerk, der sich 1 Fuß bis 18 Zoll uͤber den Boden
der Werkstaͤtte erhebt und ungefaͤhr 12 Fuß im
Durchmesser hat; er ist mit Dauben, die mit eisernen Reifen
gebunden sind und ungefaͤhr 1 Fuß uͤber, die
Hoͤhe des Mauerwerks hinausreichen, umgeben, wodurch eine
Art Trog von sehr großem Durchmesser und sehr geringer Tiefe
gebildet wird. Der Boden dieses Troges ist mit harten Steinen
gepflastert. Diesen Theil des Arrasters nennt man die Tasse. Im Mittelpunkt der Tasse steht
ein senkrechter Wellbaum, der auf einem im Boden der Tasse
befestigten eisernen Wuͤrfel ruht und sich drehen kann.
Der obere Theil des senkrechten Wellbaums geht in ein Loch,
welches in einem Balken angebracht ist, dessen beide Enden auf
den großen Mauern der Werkstaͤtte aufliegen. In einer
Entfernung von zwei Fuß uͤber dem Boden der Tasse gehen
durch den senkrechten Wellbaum zwei Holzstuͤke, die ihn
rechtwinkelig durch kreuzen; jedes Stuͤk ist so lang als
der Durchmesser des Arrasters; die beiden Stuͤke bilden
so vier Aerme, deren Laͤnge dem Radius des Arrasters
gleich ist. Jeder dieser Aerme zieht einen großen Steinblok, der
durch Riemen befestigt ist; diese Steine sind so angeordnet, daß
nach und nach jeder Punkt der Oberflaͤche des Bodens der
Tasse ihrer Wirkung unterzogen wird. In einer gewissen
Hoͤhe geht durch den senkrechten Wellbaum ein langer
Balken, an dessen Enden die Kummete zum Anspannen der Maulthiere
angebracht sind. Die Anzahl der Arraster richtet sich nach der
Groͤße der Amalgamirwerke; der Plaz, wo sich diese
Erzmuͤhlen befinden, heißt galera.
Das gepochte Erz wird mit Wasser in die Arraster gebracht und um 6
bis 8 Centner fein zu mahlen, braucht man 24 Stunden. Der
Arbeiter, welcher diese Operation beaufsichtigt, befeuchtet das
Erz von Zeit zu Zeit, um es auf einem gewissen Grad von
Fluͤssigkeit zu erhalten. Sobald das gepochte Erz das
Ansehen eines sehr fluͤssigen Breies hat, nimmt man es
mit Troͤgen aus dem Arraster und bringt es an einen Ort,
wo es leicht austroknen kann; wenn der Metallbrei die geeignete
Consistenz hat, wird er dann auf dem patio (Amalgamationshof) verarbeitet.
Der patio ist ein Hof, dessen Boden
mit Steinplatten gepflastert und geneigt ist, so daß das
Regenwasser ablaufen kann.
Soll der Metallbrei durch Menschen geknetet werden, so bildet um
daraus Haufen (montones) von 15 bis
20 Centner; soll er aber durch Pferde getreten werden, so macht
man daraus Torten (tortas), welche
800 bis 1200 Centner Erz enthalten. Das Erz ist nun zur Aufnahme
des Salzes, Magistrals und Queksilbers, die nach und nach
hinzugesezt werden muͤssen, geeignet.
Von dem Kochsalz werden 1 bis 5 Procent angewandt, nach der
Reinheit des Salzes und der Natur des Erzes. Man bestreut die
Oberflaͤche der Torte mit dem Salze und laͤßt die
Pferde 6 bis 8 Stunden arbeiten, um ein gleichfoͤrmiges
Gemenge herzustellen. Nach dem Einsalzen laͤßt man die
Torte mehrere Tage lang in Ruhe und schreitet hierauf zum Incorporiren, das heißt zum Zusaze
des Magistrals und Queksilbers. Die Wahl eines guten Magistrals
ist ein sehr wichtiger Punkt bei der Amalgamation. Man bereitet
diese Substanz gewoͤhnlich dadurch, daß man sehr fein
gepulverten Kupferkies in einem Ofen roͤstet; man nimmt
einen oder zwei Centner davon und wenn er gut angezuͤndet
ist, verschließt man alle Oeffnungen und laͤßt ihn bis
zum anderen Tage erkalten.
Ein guter Magistral gab bei der Analyse 0,10 schwefelsaures
Kupfer; um sich zu uͤberzeugen, ob diese Substanz von
guter Beschaffenheit ist, befeuchtet man eine kleine
Quantitaͤt davon in der hohlen Hand; entwikelt sich viel
Waͤrme, so ist dieß ein Zeichen, daß der Magistral gut
zubereitet wurde. Kann man sich keinen Kupferkies verschaffen,
so roͤstet man Schwefelkiese, mir metallischem Kupfer
oder irgend einem Kupfererze vermengt. An manchen Orten kann man
den Magistral bloß mit Schwefelkiesen bereiten, dann
erhaͤlt man aber ein schlechtes Product, wovon man eine
viel groͤßere Menge anwenden muß, als von dem
kupferhaltigen Magistral. Jezt ist man auf allen Werken
uͤberzeugt, daß nur durch Anwendung eines Magistrals, der
eine hinreichende Menge schwefelsaures Kupfer enthaͤlt,
ein vollstaͤndiger Erfolg bei der Amalgamation erzielt
werden kann, und auf einigen Werken, wo man sich keine
kupferhaltigen Substanzen verschaffen konnte, zog
man es vor krystallisirtes schwefelsaures Kupfer direct aus
Europa zu beziehen.
Das Quantum des Magistrals, welchen man der Torte zusezt, richtet
sich nach der Beschaffenheit des Erzes; man nimmt davon 1/2 bis
1 Pfund auf den Centner Erz. Nachdem der Magistral zugesezt ist,
laͤßt man die Pferde arbeiten, um ihn in der Masse zu
vertheilen; man schreitet dann zur Einverleibung des
Queksilbers.
Die Menge des fuͤr eine Torte erforderlichen Queksilbers
haͤngt von dem Silbergehalt des Erzes ab; man nimmt
gewoͤhnlich sechs Mal so viel Queksilber als Silber
auszuziehen ist. Das Queksilber wird in drei Portionen
vertheilt, die man in verschiedenen Epochen der Operation
zusezt. Nach dem ersten Incorporiren, welches auf den Zusaz des
Magistrals folgt, laͤßt man die Pferde 6 Stunden lang
arbeiten, um das Queksilber und den Magistral in der Masse so
viel als moͤglich zu vertheilen.Nach obigen Schriften wird das Queksilber wenn man es
incorporirt, durch Leinwandsaͤke gepreßt, um es
fein zu zertheilen. A. d. R. Den folgenden Tag untersucht der Amalgamirer (azoguero) das Erz; er wascht
naͤmlich eine kleine Quantitaͤt in einem Troge
aus, um zu sehen wie das Queksilber aussieht. Nach dieser Probe
(tentadura) beurtheilt der
Arbeiter ob man zu viel oder zu wenig Magistral angewandt hat,
mit einem Worte ob die Operation gut vor sich geht. Ist die
Oberflaͤche des Queksilbers etwas graulich, gleichsam
matt und kann sich dieses Metall leicht zu einem einzigen
Kuͤgelchen sammeln, so ist man sicher, daß das
Incorporiren gut gemacht wurde und die Amalgamation gut
vorschreitet. Wenn hingegen das Queksilber zu zertheilt und
dunkelgrau ist, das Wasser unter welchem man es reibt, schmuzig
macht, so beweist dieß, daß zu viel Magistral vorhanden oder,
wie die Amalgamirer sagen, daß die Torte zu warm ist; man muß alsdann gebrannten
Kalk zusezen, um sie zu erkalten. Sollte das Queksilber seinen
Glanz und seine Fluͤssigkeit beibehalten haben, so
waͤre dieß ein Zeichen, daß das Erz nicht genug Magistral
erhielt, die Torte kalt ist, und man
muͤßte, um sie wieder warm zu machen, Magistral zusezen.
Die Ausdruͤke kalt und warm (frio y
caliente), welche die amerikanischen Amalgamirer so
haͤufig anwenden, muͤssen rein bildlich genommen
werden, denn das Erz bleibt waͤhrend der Amalgamation auf
derselben Temperatur, man mag Magistral oder Kalk zusezen.
Das Queksilber von diesem ersten Incorporiren ist in 10, 15 oder
spaͤtestens 20 Tagen in limadura verwandelt; so nennt man naͤmlich ein
beinahe festes Amalgam, das metallischglaͤnzend und so
zertheilt ist, daß man es fuͤr Silberfeile halten
koͤnnte. Man incorporirt dann das zweite Drittel des
Queksilbers; bei diesem zweiten Incorporiren sezt man nicht
immer Magistral zu, dieß haͤngt vom Zustand der Torte ab.
Nach diesem zweiten Queksilberzusaz laͤßt man die Masse
wieder durchtreten; darauf folgt eine Ruhepause von mehreren
Tagen, worauf es neuerdings durchgetreten wird. Wenn die
Jahreszeit guͤnstig ist, das heißt die Temperatur der
Luft sich uͤber 20° C. (16° R.)
erhaͤlt, so reichen acht Tage und zwei- oder
dreimaliges Durchtreten hin, damit das neue Queksilber sich in
ein beinahe starres Amalgam verwandelt; man sezt dann den Rest
des Queksilbers zu. Daraus daß das Amalgam beinahe fest (limadura) ist, erkennt der Arbeiter
mit Sicherheit, daß ein neues Incorporiren vorgenommen werden
muß.
Die Amalgamirer glauben nach gewissen aͤußeren Kennzeichen
den Zeitpunkt, wo die Amalgamation beendigt ist, erkennen zu
koͤnnen; das beste Mittel sich davon zu versichern,
besteht aber darin, eine gewisse Quantitaͤt des Erzes
auszuwaschen und die Ruͤkstaͤnde im Feuer zu
probiren. Wenn man glaubt, daß die Amalgamation beendigt ist,
was bisweilen erst nach zwei und sogar drei Monaten Statt
findet, sezt man eine neue Dosis Queksilber zu, zwei Theile auf
einen Theil des in der Torte enthaltenen Silbers und
laͤßt die Masse von den Pferden zwei Stunden lang
durchtreten; diesen lezten Queksilberzusaz nennt man das Bad (el
banno); er hat zum Zwek das in der Masse allenfalls zu
zertheilte Amalgam zu sammeln und so das Auswaschen zu
erleichtern. Nachdem das amalgamirte Erz das Bad erhalten hat,
wird es in die Schlaͤmmanstalt (lavadero) gebracht.
Der Quikbrei wird in großen KufenAuch in ausgemauerten Cisternen. A. d. R. verwaschen, worin sich eine stehende, mit
Fluͤgeln versehene Welle dreht. Einige Zoll uͤber
dem Wen der Kufen sind zwei mit Zapfen verschlossene
Loͤcher angebracht. Lines dieser Loͤcher hat drei
Zoll im Durchmesser, das andere 3/4 Zoll. Am Anfange des
Verwaschens bewegen sich die Fluͤgelwellen der Kufen mit
sehr großer Geschwindigkeit, so daß sie den Quikbrei stark
ruͤhren; man vermindert aber bald diese Geschwindigkeit,
und laͤßt durch die kleine Oeffnung eine Portion von dem
im Wasser suspendirten Brei ab, um zu untersuchen ob er noch
Queksilber enthaͤlt; enthaͤlt er keines mehr, so
oͤffnet man den großen Spund, um ihn so schnell als
moͤglich auslaufen zu lassen. Das silberhaltige
Queksilber Dritt man durch Saͤke aus Canevas und das
zuruͤkbleibende feste Amalgam bringt man dann in die
Destillirwerke.Aus dem zaͤhen Amalgam, welches nach dem
Auspressen des fluͤssigen
Amalgams zuruͤkbleibt, bildet man naͤmlich
uͤber kupfernen Gestellen pyramidale Massen und
bringt sie durch Roͤhren mit einem
Wasserbehaͤlter in Verbindung, welches bei der
Destillation die Queksilberdaͤmpfe aufnehmen und
niederschlagen soll. Man stuͤrzt sodann
uͤber jeden auf dem kupfernen Gestelle gebildeten
pyramidalen Haufen des Amalgams einen kupfernen
Ausgluͤhtopf, lutirt ihn fest, stellt um
denselben Ziegelsteine und umschuͤttet ihn mit
Kohlen, nach 20stuͤndiger Feuerung werden die
Toͤpfe abgehoben. Das Ausgluͤhsilber wird
sodann zu 135 Mark auf einmal mit Holzkohlen vor einem
Geblaͤse eingeschmolzen und in eine Barre
gegossen. A. d. R.
Das Verfahren, welches ich im Vorhergehenden beschrieben habe,
nennt man amalgationcion por patio y
crudo. Gegen das Jahr 1561 fuͤhrte es Hernandez de Velasco in Peru ein.
Ungefaͤhr um dieselbe Zeit entdekte Carlos Corso de Seca die Behandlung mittelst Eisen
(beneficio de hierro); er
empfahl die Anwendung des metallischen Eisens, um den
Queksilberverbrauch zu vermindern. Im Jahre 1590 machte Alonzo
Barba, damals Pfarrer der Stadt
la Plata, seine warme Amalgamirmethode bekannt. Barba war in Spanien geboren.
Ungeachtet der Geschaͤfte seines Amtes trieb er das
Studium der Metallurgie mit Erfolg; er war mit den chemischen
Kenntnissen seiner Zeit vertraut und muß nach seinen Schriften
ein geschikter Arbeiter gewesen seyn und einen ausgezeichneten
Beobachtungsgeist besessen haben. Barba glaubte an die Verwandlung der Metalle; er
entdekte sein Verfahren bei seinen Versuchen um das Queksilber
zu fixiren.
Gegen das Jahr 1784 endlich, stellte Hr. von Boru Versuche an, um in Europa die
Kunst der Amalgamation einzufuͤhren; die Methode, welche
er zulezt annahm, ist bekanntlich von dem amerikanischen
Verfahren ganz verschieden. In Europa wird das Erz welches immer
Kies enthalten muß, mit Salz gerostet; man nimmt an, daß die
Salzsaͤure des Kochsalzes waͤhrend des
Roͤstens der Schwefelkiese in Freiheit gesezt und das in
den Erzen enthaltene Silber dadurch in Chlorsilber verwandelt
wird. Das geroͤstete Erz wird sodann mit Eisen in
Beruͤhrung gebracht, um das Chlorsilber zu reduciren und
mit Queksilber, um das Silber zu amalgamiren. Kaum war diese
Theorie aufgestellt, so beeilte man sich, sie auf die
Amalgamation von Medina anzuwenden; man betrachtete den
Magistral als ein Gemenge von schwefelsaurem Kupfer und Eisen
mit uͤberschuͤssiger Saͤure; man nahm an,
daß die uͤberschuͤssige Saͤure dieser Salze
die Salzsaͤure aus dem Kochsalz entbindet, daß das
Schwefelsilber durch diese Saͤure in Chlorsilber
verwandelt wird, und daß das Silber aus lezterem durch das
Queksilber reducirt wird. Diese Erklaͤrung ist
fehlerhaft: erstens weil der Magistral keineswegs ein saures
schwefelsaures Salz ist und dann, weil das Chlorsilber nur unter
gewissen Umstaͤnden durch das Queksilber
reducirt wird. Sonnenschmidt, welcher
sich zwoͤlf Jahre lang mit der mexikanischen Amalgamation
beschaͤftigte, suchte die Erscheinungen, welche sie
darbietet, zu erklaͤren; er stellte in dieser Absicht
sogar eine Menge von Versuchen an, die ihn auf mehrere wichtige
Thatsachen fuͤhrten; er fand, daß das schwefelsaure
Kupfer als der wirkende Bestandtheil des Magistrals betrachtet
werden muß; auch nahm er an, ohne es jedoch durch Versuche zu
erweisen, daß das schwefelsaure Kupferoxyd und Chlornatrium sich
gegenseitig zersezen, und daß das durch diese Zersezung
entstehende Kupferchlorid (Kupferbichloruͤr) bei dem
Amalgamirverfahren unumgaͤnglich noͤthig ist. Er
sezte diese wichtige Thatsache außer allen Zweifel, indem er
bewies, daß man durch eine Aufloͤsung, welche Kochsalz
und schwefelsaures Kupfer enthaͤlt, das in allen Erzen
enthaltene Schwefelsilber in Chlorsilber verwandeln kann.
Sonnenschmidt entdekte noch eine
außerordentlich merkwuͤrdige chemische Reaction: daß
naͤmlich fluͤssige Salzsaͤure, welche
bekanntlich weder das Silber noch das Queksilber angreift, diese
Metalle augenbliklich in Chloride verwandelt, wenn man in die
Saͤure schwefelsaures Kupfer bringt; um dieß zu
erklaͤren, nahm er an, daß die Salzsaͤure durch
den im schwefelsauren Kupfer enthaltenen Sauerstoff oxydulirt
werde, wodurch eine mittlere Oxydationsstufe zwischen der
gemeinen und oxydirten Salzsaͤure entstehe. Diese
Erklaͤrungsart ist keineswegs genuͤgend, die
beobachtete Thatsache aber deßwegen nicht weniger
merkwuͤrdig. Als ich diesen Versuch wiederholte, fand
ich, daß das Kupferchlorid durch seine Einwirkung auf das Silber
und Queksilber in das Chloruͤr (Halb-Chlorkupfer)
verwandelt wird.
Sonnenschmidt verstand es nicht,
seine Resultate zu discutiren und verlor, indem er seine
Versuche vervielfaͤltigte, den Zwek, gegen welchen sie
gerichtet waren, aus dem Gesicht. Er scheint jedoch die
Umaͤnderung des in den Erzen enthaltenen Silbers in
Chlorsilber der Wirkung der oxydulirten Salzsaͤure, oder
wenn man seine Ansicht in die neuere Sprache
uͤbertraͤgt, der Wirkung des Kupferchlorids
zuzuschreiben. Sonnenschmidt, welcher
wohl wußte, daß feuchtes Chlorsilber durch Queksilber nicht
reducirt wird, suchte die Bedingungen auszumitteln, unter denen
die Reduction Statt finden kann. Er fand, daß dazu
Salzsaͤure oder Kochsalz vorhanden seyn muß. Im Laufe
seiner zahlreichen Versuche wurde Sonnenschmidt darauf
gefuͤhrt, die Wirkung der fluͤssigen
Salzsaͤure auf die Silbererze zu studiren; er zeigte, daß
wenn man sie zugleich mit fluͤssiger Salzsaͤure
und Queksilber behandelt, man bei der gewoͤhnlichen
Temperatur und in Zeit von einigen Tagen, eine
vollstaͤndige Amalgamation hervorbringen kann. Sonnenschmidt erzaͤhlt seine
Resultate bloß der Merkwuͤrdigkeit wegen;
er glaubte damals, daß man die Salzsaͤure wegen ihres
hohen Preises nicht wird anwenden koͤnnen; heut zu Tage
aber liefern die Sodafabriken diese Saͤure in solchem
Ueberfluß, daß sie fast gar keinen Werth hat und es waͤre
im Interesse der franzoͤsischen Industrie sehr zu
wuͤnschen, daß man fuͤr dieses chemische Product
einen großen Absaz ausmittelte; ein solcher faͤnde sich
auf den amerikanischen Markten, wenn es gelaͤnge die
Salzsaͤure bei der Amalgamation zu benuzen. Dieß
veranlaßte mich Sonnenschmidt's
Versuche in einem viel groͤßeren Maßstabe zu
wiederholen.
Silbererz aus den Bergwerken von Santa Ana wurde, nachdem es gut
zerrieben worden war, mittelst Salzsaͤure in einen diken
Brei verwandelt; man sezte dann sogleich das Queksilber zu und
knetete das Gemenge einigemal durch. Waͤhrend der zehn
Tage, welche die Operation dauerte, erhielt sich die Temperatur
der Luft zwischen 19 und 24° C. (15 und 19° R.)
Die Amalgamation gelang sehr gut, fast alles Silber wurde
abgeschieden; das Queksilber war aber fast ganz
zerstoͤrt; das Amalgam war sogar nach dem Bade sehr troken und waͤhrend
des Verwaschens des Quikbreies, konnte man eine große Menge
Queksilberchloruͤr sammeln. Unter dem Einflusse der
Saͤure hatte sich also das sehr zertheilte Queksilber
durch die Beruͤhrung mit der Luft fast
vollstaͤndig oxydirt. Um den ungeheuren
Queksilberverlust, welcher bei diesem Versuche Statt fand, zu
vermeiden, mußte man das Queksilber dem Einfluß der
Saͤure entziehen; man haͤtte z.B. die
fluͤssige Saͤure isolirt auf das Erz
muͤssen wirken lassen, und nachdem sich das Silber mit
Chlor verbunden hatte, die uͤberschuͤssige
Saͤure durch kohlensauren Kalk neutralisiren
muͤssen, so daß nur ein geringer
Saͤureuͤberschuß in dem Quikbrei geblieben
waͤre, dann erst haͤtte das Queksilber incorporirt
werden sollen. Man stellt jezt in Amerika Versuche an und
behandelt die Silbererze mit Salzsaͤure unter den so eben
angegebenen Vorsichtsmaßregeln; wenn die Resultate zu meiner
Kenntniß kommen, werde ich mich beeilen, sie der Akademie
mitzutheilen.
Die lezten Untersuchungen, welche uͤber die Theorie der
amerikanischen Amalgamation angestellt wurden, verdankt man Hrn.
Karsten. Er studirte besonders
die Wirkung der verschiedenen Metalle auf die Bichloruͤre
(Chloride); er fand, was uͤbrigens schon vor ihm Sonnenschmidt beobachtet hatte, daß
das Silber und Queksilber in Chloruͤre uͤbergehen,
wenn sie mit Kupferbichloruͤr behandelt werden; er dehnte
aber seine Untersuchungen viel weiter aus, als Sonnenschmidt und erhielt Resultate,
die in wissenschaftlicher Hinsicht interessant sind. Hr. Karsten zeigte, daß die
Bichloruͤre von Kupfer und Eisen
durchaus keine Wirkung auf das Schwefelsilber haben, wenn man
bei der Temperatur der Luft operirt, und daß selbst bei lange
Zeit fortgeseztem Sieden die Wirkung nur sehr langsam Statt
findet. Dessen ungeachtet nimmt er an, daß der Zusaz von
Magistral bei der Amalgamation den Zwek hat, Bichloruͤre
von Kupfer und Eisen zu bilden, welche nach ihm bei der
gewoͤhnlichen Temperatur auf das Schwefelsilber zu wirken
anfangen. Ich brauche dagegen blos zu bemerken, daß die
Temperatur der Amalgamations-Torten von derjenigen der
umgebenden Luft nicht merklich verschieden ist.
Sonnenschmidt zeigte, daß das
Queksilber das Silber aus seinem Chloruͤr reducirt, wenn
eine Aufloͤsung von Chlornatrium zugegen ist. Hr. Karsten erklaͤrt die
nuͤzliche Wirkung des Salzes sehr sinnreich dadurch, daß
das Chlorsilber in einer concentrirten Aufloͤsung von
Chlornatrium sehr merklich aufloͤslich ist und dann das
Chlorsilber, wenn es einmal aufgeloͤst ist, leicht durch
das Queksilber reducirt werde. (Lezteres hat er auch
bewiesen.)
Dieß sind meines Wissens die Versuche, welche bisher gemacht
wurden, um eine chemische Theorie der Amalgamation zu
begruͤnden. Ich will nun einige Versuche beschreiben, die
ich im Jahre 1829 uͤber denselben Gegenstand anstellte;
damals hatte ich naͤmlich die General-Inspection
uͤber die wichtigsten Gold- und
Silber-Bergwerke Columbiens.
Zuerst glaubte ich den Punkt aufklaren zu muͤssen, ob
wirklich das schwefelsaure Kupfer und Chlornatrium sich
gegenseitig zersezen. Ich rieb ein Gemenge dieser beiden Salze
zusammen. Es nahm eine sehr starke apfelgruͤne Farbe an
und zog die Feuchtigkeit so stark aus der Luft an, daß es
schnell zerfloß. Nach einigen Tagen wurde das Gemenge an der
Sonne getroknet und der Ruͤkstand mit Alkohol digerirt;
derselbe nahm sogleich ein Kupfersalz auf, wodurch er
außerordentlich dunkelgruͤn gefaͤrbt wurde. Dieses
Kupfersalz konnte nur Bichloruͤr seyn, weil das
schwefelsaure Kupfer in Alkohol nicht merklich
aufloͤslich ist, wovon man sich uͤbrigens noch
besonders uͤberzeugte. Nachdem wir nun wissen, daß das
Kochsalz indem es den Magistral (schwefelsaures Kupfer) zersezt,
Kupferchlorid bildet und da lezteres bekanntlich die Eigenschaft
hat, das metallische Silber in Chloruͤr zu verwandeln, so
sollte man vermuthen, daß bei der amerikanischen Amalgamation
das Kupferchlorid das Schwefelsilber der Erze in Chloruͤr
verwandelt, so daß ein Gemenge von Chlorsilber mit
Schwefelkupfer entsteht. Dieß verhalt sich aber nicht ganz so;
das Kupferchlorid hat auf das Schwefelsilber ganz und gar keine
Wirkung, selbst wenn man sie ganze Monate lang mit einander in
Digestion laͤßt; versezt man aber die Aufloͤsung
des Kupferchlorids mit Kochsalz, so faͤngt die
Reaction sogleich an und in einigen Tagen besteht dann der
Bodensaz, welcher anfangs bloß Schwefelsilber war, aus
Chlorsilber und Schwefelkupfer.
Es war also zu untersuchen, was die Ursache der
praͤdisponirenden Wirkung des Kochsalzes ist und um dahin
zu gelangen, mußte man die Natur des aus der Einwirkung des
Kupferchlorids auf das Schwefelsilber hervorgehenden Productes
nicht nur im Allgemeinen kennen, sondern auch die verschiedenen
Verbindungen, welche es enthalten kann, quantitativ
bestimmen.
100 Gramme sehr zertheiltes kuͤnstliches Schwefelsilber
wurden mit einer concentrirten Aufloͤsung von
Kupferchlorid und Kochsalz (das Kochsalz war in großem
Ueberschuß) digerirt. Das Ganze brachte man in eine luftdicht
verschlossene Flasche von solcher Capacitaͤt, daß nur
eine sehr geringe Menge atmosphaͤrischer Luft darin
zuruͤkblieb. Die Fluͤssigkeit, welche anfangs
dunkelgrau war, nahm nach einigen Stunden eine viel hellere
Farbe an. Nach einigen Tagen war sie beinahe entfaͤrbt.
Das Schwefelsilber hatte sein Volumen merklich
vergroͤßert und eine deutlich blaͤuliche Farbe
angenommen. Der gut ausgesuͤßte Bodensaz wog nach dem
Troknen 146 Gramme. Waͤhrend der Dauer des Versuches
erhielt sich die Temperatur der Luft unter 20° C.
(16° R.) Das zu dem Versuche angewandte Schwefelsilber
enthielt:
Silber
87
Schwefel
13
Der Ueberschuß 46 konnte nur von dem Chlor, welches sich mit dem
Silber und von dem Kupfer, das sich mit dem Schwefel verbunden
hatte, herruͤhren. Das Silber wußte, um in Chorid
uͤberzugehen, 28,4 Gr. Chlor aufnehmen; da aber die
Gewichtszunahme 46 Gramme betrug, so entspricht die Differenz
46,6 dem Gewichte des Kupfers, welches sich mit dem Schwefel des
Schwefelsilbers vereinigen mußte. Diese Quantitaͤt Kupfer
ist jedoch, selbst wenn man annimmt, daß sie ein Bisulfurid
bildete, viel zu gering, um die 13 Gr. Schwefel zu
saͤttigen und es muͤssen wenigstens 4,1 Gr. und
hoͤchstens 6,9 Schwefel in Ueberschuß in dem Producte der
Reaction zuruͤkbleiben. Dieser
uͤberschuͤssige Schwefel ist ohne Zweifel nicht im
freien Zustande vorhanden; sehr wahrscheinlich ist er mit dem
Schwefelkupfer verbunden und bildet, wo nicht dieselbe, doch
wenigstens eine aͤhnliche Verbindung als durch die
Reaction des Schwefelkaliums auf ein Kupfersalz entsteht.
Nachdem nun einmal bewiesen war, daß das feste Produkt, welches
bei der Reaction des mit Chlornatrium gemengten Kupferchlorids
auf das Schwefelsilber entsteht, Schwefel in Ueberschuß
enthaͤlt, mußte man annehmen, daß die Fluͤssigkeit
worin diese Reaction Statt fand, uͤberschuͤssiges
Kupfer, oder mit anderen Worten Kupferchloruͤr in
Ausloͤsung enthielt; da aber bis jezt die concentrirte
Salzsaͤure das einzige bekannte Aufloͤsungsmittel
des Kupferchloruͤrs ist, so mußte man direct die
Gegenwart des Kupferchloruͤrs in der
Kochsalzaufloͤsung nachweisen.
In eine luftdicht verschließbare Flasche, welche eine starke
Aufloͤsung von Kupferchlorid und Kochsalz enthielt,
brachte man Silberfeile. In weniger als 12 Stunden war die
Fluͤssigkeit beinahe entfaͤrbt und es hatte sich
viel Chlorsilber gebildet. Nach fuͤnf Tagen war die
Entfaͤrbung vollstaͤndig und die
Fluͤssigkeit enthielt kein Kupferchlorid mehr. Die
farblose Aufloͤsung war nicht so fluͤssig wie
reines Wasser; ihr Geschmak war kupferartig und außerordentlich
unangenehm; Cyaneisenkalium brachte darin einen sehr reichlichen
weißen Niederschlag hervor; die aͤzenden Alkalien
faͤllten daraus Kupferoxydul; an der Luft endlich
truͤbte sich diese Aufloͤsung schnell und sezte
basisches Chlorkupfer ab.
Dieser Versuch bewies also entscheidend, daß das
Kupferchloruͤr in großer Menge in einer concentrirten
Chlornatrium-Loͤsung sich aufloͤsen kann
und so wahrscheinlich eines jener Doppelchloruͤre bildet,
deren Anzahl taͤglich waͤchst.
Man begreift nun wie das Kochsalz vermoͤge seiner Tendenz
das Kupferchloruͤr aufzuloͤsen, das Kupferchlorid
bestimmen kann einen Theil seines Chlors an das Schwefelsilber
abzugeben; wenn dieß aber allein der Hergang der Sache
waͤre, duͤrfte das feste Product, welches man
durch die Reaction des mit Salz gemengten Kupferchlorids
erhaͤlt, nur aus Chlorsilber, mit Schwefel gemengt,
bestehen; nun haben wir aber gesehen, daß dieses Product Kupfer,
verbunden mit einem Theil vom Schwefel des Schwefelsilbers,
enthaͤlt; das Kupferchloruͤr muß folglich, wenn es
einmal in der Kochsalzloͤsung geloͤst ist,
seinerseits auf das Schwefelsilber reagiren; ich habe, um mich
davon zu uͤberzeugen, folgenden Versuch angestellt:
100 Gramme Schwefelsilber wurden in eine gut verschließbare
Flasche mit einer Aufloͤsung von Kupferchloruͤr in
Kochsalz gebracht; nach acht Tagen wurde der Bodensaz
ausgewaschen und getroknet, worauf er 153 Gramme wog. Das Silber
des Sulfurids mußte, um Chlorsilber zu werden, 28,4 Gr. Chlor
aufnehmen; da die Gewichtszunahme 62 Gr. betrug, so bleiben 24,6
Gr. fuͤr das Gewicht des aus dem Kupferchloruͤr
abgeschiedenen Kupfers, welches sich mit den 13 Gr. Schwefel vom
Schwefelsilber verbunden haben mußte. Diese 13 Gr. Schwefel
wuͤrden, um Schwefelkupfer CuS zu bilden, 25,5 Kupfer erfordern, welche Zahl
sich der direct gefundenen, 24,6 sehr naͤhert.
Nach den in dieser Abhandlung enthaltenen Resultaten wollen wir
nun versuchen die Erscheinungen zu erklaͤren, welche bei
der Amalgamation der Silbererze Statt finden.
Sezt man, wie es geschieht, dem Erze, welches schon Kochsalz
enthaͤlt, Magistral und Queksilber zu, so bildet sich
augenbliklich Kupferchlorid; dieses Bichloruͤr hat aber
so zu sagen nur eine voruͤbergehende Existenz; das
Queksilber einerseits und das Schwefelsilber andererseits
bemaͤchtigen sich eines Theils seines Chlors und
fuͤhren es in das einfache Chloruͤr uͤber;
dieses Chloruͤr loͤst sich, sobald es gebildet
ist, in dem mit Kochsalz gesaͤttigten Wasser, womit das
Erz getraͤnkt ist, auf; das so aufgeloͤste
Kupferchloruͤr durchdringt sie ganze Masse und reagirt
auf das Schwefelsilber, das es in Chlorsilber umaͤndert,
indem es sich selbst in Schwefelkupfer verwandelt. Auf manchen
Werken sezt man das Queksilber erst lange Zeit nach dem Zusaz
des Magistrals zu; diese Methode muß vortheilhaft seyn, denn in
diesem Falle ist das Kupferchlorid schon groͤßten Theils
in Chloruͤr uͤbergegangen, wenn das Queksilber
hinzukommt, so daß lezteres der zerstoͤrenden Wirkung des
Kupferchlorids nicht mehr ausgesezt wird.
Das Chlorsilber loͤst sich, wenn es gebildet ist, in der
Kochsalzloͤsung auf und wird dann durch das Queksilber
reducirt und amalgamirt. Es muß sich dabei
Queksilberchloruͤr bilden, welches man auch in den
Amalgamirruͤkstaͤnden findet.
Wenn zur Zeit des Incorporirens die Menge des Magistrals zu groß
war, so muß viel Kupferchlorid entstehen, dessen Ueberschuß
immer zu fuͤrchten ist, weil er das Queksilber und Silber
in Chloruͤr zu verwandeln strebt; in diesem Falle muß man
das Kupferchlorid mittelst eines Alkalis zersezen und dieses
thun die Amalgamirer, indem sie Kalk zusezen, um die Torte
wieder kalt zu machen. Die ganze
Kunst bei dem Amalgamiren reducirt sich also darauf, daß man in
der Masse das richtige Verhaͤltniß oder vielmehr die
moͤglich geringste Menge von Kupferchlorid
unterhaͤlt; hat die Amalgamation einen guten Fortgang, so
findet man in dem Quikbrei eine kaum merkliche Spur von diesem
Bichloruͤr. Die Theorie scheint ein Mittel an die Hand zu
geben, um die Amalgamation betraͤchtlich zu vereinfachen
und zugleich den Queksilberverbrauch zu vermindern. Es
bestuͤnde darin, zuerst alles in den Erzen enthaltene
Silber in Chlorsilber zu verwandeln, indem man das Salz und den
Magistral in großem Ueberschuß anwendet, so daß die Operation
beschleunigt wird; nachdem diese Umaͤnderung bewirkt ist,
wuͤrde man gebrannten Kalk zusezen, um
den Magistral wegzuschaffen und in die Torte zuerst Eisen und
dann Queksilber bringen; das Queksilber kaͤme auf diese
Art nicht mit Kupferchlorid in Beruͤhrung und die
Reduction des Chlorsilbers faͤnde auf Kosten des Eisens
Statt.
Ungeachtet der Ursachen aller Art, welche bei der Amalgamation
das Queksilber zu zerstoͤren suchen, ist der Verlust an
diesem Metall nicht so betraͤchtlich, als man wohl
glauben koͤnnte. Man nimmt allgemein an, daß man um 1
Theil Silber zu erhalten, 13 Theile Queksilber verbraucht.
Waͤre alles Silber, welches bei einer Operation
abgeschieden wird, als Chlorsilber vorhanden gewesen, ehe es
sich mit dem Queksilber amalgamirte, so ist es klar, daß man
18,7 von diesem Metall anstatt 13 brauchte, um 1 Silber zu
erhalten. Diese Zahl 13 ist meiner Meinung nach viel zu gering.
Es gibt auch einige Ursachen, welche den Queksilberverbrauch
vermindern. Die wichtigste ist die Gegenwart von gediegenem
Silber, wovon gewisse amerikanische Erze eine sehr große Menge
enthalten; der groͤßte Theil dieses gediegenen Silbers
muß sich geradezu amalgamiren, ohne Chloruͤr zu werden;
ferner kann auch das Schwefelsilber selbst nach v. Humboldt und Gay-Lussac einen gewissen Theil seines Silbers
an das Queksilber abgeben. Ein Theil des Queksilbers geht auch
dadurch verloren, daß es sich, wenn es sehr zertheilt ist,
oxydirt, was wenn Kochsalz vorhanden ist, besonders leicht
geschieht. Durch Eisen kann man diesem Verlust zum Theil
zuvorkommen. Auch schlug Hr. Rivero
vor, die Amalgamationshoͤfe (patios) mit Gußeisen zu platten und in die zu
amalgamirende Masse eiserne Barren zu bringen. Diese
elektrochemischen Mittel, welche man anwenden kann, um die
Oxydation des Queksilbers zu vermeiden, gehoͤren, wie man
sieht, in die Classe derjenigen, welche Sir Humphry Davy entdekte, um den kupfernen
Beschlag der Schiffe gegen die zerstoͤrende Wirkung des
Meerwassers zu schuͤzen. Eine Reihe von Versuchen, die
ein ausgezeichneter englischer Chemiker im Interesse der
brittischen Marine unternahm, wird also vielleicht noch eine
directe Anwendung in einer Kunst finden, die mitten in den
Cordilleren der neuen Welt ausgeuͤbt wird.