Titel: | Beschreibung einer Methode die Krystallgläser über dem Rade zu schneiden. Verfallenes Patent der HH. Gebrüder Chagot zu Paris. |
Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. LI., S. 274 |
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LI.
Beschreibung einer Methode
die Krystallglaͤser uͤber dem Rade zu schneiden.
Verfallenes Patent der HH. Gebruͤder Chagot zu
Paris.
Aus dem Recueil
industriel. Februar 1833, S. 138.
Mit Abbildungen auf Tab. IV.
Ueber das Schneiden der
Krystallglaͤser.
Man kannte bisher in Frankreich nur ein einziges Verfahren die
Krystallglaͤser zu schneiden, und dieses besteht darin,
daß man das Stuͤk Krystallglas von Unten an ein eisernes
oder steinernes, an dem Drehebaume in der Luft aufgezogenes Rad
haͤlt. Dieses Rad erhaͤlt seine Bewegung mittelst
eines Laufriemens von einem Fluglade mitgetheilt, welches selbst
wieder durch den Fuß des Arbeiters getrieben wird.
Bei dieser Einrichtung muß der Arbeiter nothwendig das ganze
Gewicht des zu schneidenden Gegenstandes tragen, und
uͤberdieß eine Gewalt ausuͤben, um denselben so
von Unten an das Rad zu druͤken, als es noͤthig
ist, wenn das Rad mehr oder weniger angreifen soll. Diese Form
der Drehebank hat ferner den Nachtheil, daß sich die bleiernen
Anwellen, zwischen denen sich der Drehebaum dreht, schnell
abnuͤzen, und daß der Drehebaum dann hin und her
schwankt, was nothwendig der Regelmaͤßigkeit des
Schnittes schadet. Dasselbe erfolgt auch wegen der
Schwaͤche der Drehedoken, welche die Raͤder
tragen, und welche an dem Drehebaume angebracht werden; denn man
darf diese Doken, um deren Gewicht nicht zu sehr zu
vergroͤßern, nicht sehr stark machen. Es geschieht hier
sehr leicht das, was die Krystallschneider unter dem Springen
des Rades (sauter de la roue)
verstehen, und was beinahe jedes Mal Statt findet, wenn große Stuͤke, wie Platten oder andere dergleichen Dinge
geschnitten werden, bei welchen der Arbeiter wegen ihrer Form
oder Groͤße die Hand, die den Druk gegen das Rad bewirkt,
nicht an jene Stelle bringen kann, auf welche dieser Druk
ausgeuͤbt werden soll. Es ergibt sich hieraus von selbst,
daß der Gebrauch dieser Drehebaͤnke ein
beschraͤnkter ist, und daß man Stuͤke, deren
Groͤße die gewoͤhnlichen Dimensionen
uͤbersteigt, nicht zu schneiden im Stande ist.
Die Englaͤnder bedienen sich einer vollkommneren
Drehebank, und eine solche haben auch wir seit dem J. 1816 in
unserer Fabrik eingefuͤhrt. An dieser ist das Rad in der
Mitte einer runden, eisernen, in zwei Spizen sich endigenden
Welle aufgezogen, und eben diese Welle traͤgt auch eine
Rolle, uͤber welche ein Laufriemen laͤuft. Die
Welle wird mittelst ihrer beiden Spizen zwischen zwei Hohldoken
getragen, die sich selbst durch Nußschrauben einander
naͤhern oder von einander entfernen lassen. Die Bewegung
erhaͤlt das Rad auf dieselbe Weise wie jenes an der eben
beschriebenen Maschine, und eben so wird der Schnitt gleichfalls
unter dem Rade bewerkstelligt.
Diese Art von Drehebaͤnken gewaͤhrt nun zwar den
Vortheil, daß das Rad an denselben nicht springen kann, und daß
sich Stuͤke von gewoͤhnlicher Groͤße mit
weit mehr Vollkommenheit und Genauigkeit schneiden lassen;
allein auch sie taugen nicht zum Schneiden groͤßerer
Gegenstaͤnde.
Die Englaͤnder bedienen sich eines sehr sinnreichen
Verfahrens, nach welchem man selbst die groͤßten
Stuͤke Krystallglas eben so leicht und selbst vollkommner
zu schneiden im Staude ist, als dieß nach dem
gewoͤhnlichen Verfahren selbst an Stuͤken von
gewoͤhnlicher Groͤße moͤglich ist. Dieses
Verfahren laͤßt sich uͤbrigens auch auf kleinere
Stuͤke anwenden, und gewaͤhrt in diesem Falle den
Vortheil, daß die Arbeit schneller von Statten geht, und daß man
sie selbst auf einen Grad von Vollkommenheit zu bringen vermag,
den man auch in England bisher nicht zu erreichen im Stande
war.
Die Maschine, deren man sich bisher hiezu bediente, hatte
verschiedene Formen, von denen die gebraͤuchlichste
jedoch jene ist, die man in Fig.
27 und 28
abgebildet sieht. In diesen Figuren bezeichnet nun A ein hoͤlzernes Gestell,
welches die beiden, als Hohldoken dienenden Pfosten B traͤgt. Durch diese Pfosten
gehen zwei Schrauben C, welche die
Spizen einer horizontalen Welle tragen, an deren Mitte das zum
Schneiden dienende Rad D festgemacht
ist. Ein großer, hoͤlzerner Kasten E, der den ganzen zwischen den beiden Pfosten
befindlichen Raum einnimmt, dient als Behaͤlter
fuͤr das Wasser und den Sand, die aus einem kupfernen,
oberhalb angebrachten Trichter herabgelangen.
Die Welle F, welche das zum Schneiden
oder Poliren bestimmte Rad D
traͤgt, ist auch mit einer hoͤlzernen Rolle G von verschiedenen Durchmessern
ausgestattet. Ueber diese Rolle laͤuft ein Laufband, das
ihr die rotirende Bewegung mittheilt, die es selbst von einem
anderen, gleichfalls mit mehreren Durchmessern versehenen Rade
mitgetheilt erhaͤlt. Dieses leztere Rad ist an einer
Haupttreibwelle befestigt, welche saͤmmtliche
Drehebaͤnke einer Werkstaͤtte treibt, und welche
durch eine Dampfmaschine in Bewegung gesezt wird. In kleineren
Werkstaͤtten kann man auch Pferde als Triebkraft
anwenden, ja man kann selbst Maschinen von solcher Groͤße
verfertigen, daß sie von den Arbeitern selbst getrieben werden
koͤnnen. Welche Triebkraft man uͤbrigens immer
anwenden mag, so ist die Schneidmaschine nicht uͤber 3
Fuß hoch, so daß der Arbeiter seine Arbeit sizend
vollbringt.
Das Rad, welches das Krystallglas angreift, dreht sich in einer
Richtung, welche jener der gewoͤhnlichen
Drehebaͤnke entgegengesezt ist; es ragt uͤber die
Pfosten oder die Hohldoken hinaus, oder befindet sich wenigstens
auf gleicher Hoͤhe mit ihnen, so daß der Arbeiter durch
nichts gehindert wird, das Stuͤk zu halten wie groß auch
dessen Ausdehnung seyn mag. Der Arbeiter hat bei diesen
Maschinen nichts weiter zu thun, als die zu schleifenden
Gegenstaͤnde zu halten, indem dieselben schon durch ihre
eigene Schwere hinlaͤnglich auf das Rad druͤken;
nur wenn die Gegenstaͤnde sehr klein sind, muß er
zugleich auch einen Druk von Oben nach Abwaͤrts
ausuͤben, was gewiß leichter geschehen kann, als wenn er
den Gegenstand von Unten nach Oben andruͤken
muͤßte.