Titel: | Ueber eine bessere Methode große Bäume zu verpflanzen. Von Hrn. James Munro, Gärtner an der Baumschule der HH. Dickson und Turnbull zu Brechin. |
Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. LXIII., S. 305 |
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LXIII.
Ueber eine bessere Methode
große Baͤume zu verpflanzen. Von Hrn. James Munro,
Gaͤrtner an der Baumschule der HH. Dickson und Turnbull zu
Brechin.
Aus dem Quarterly Journal of
Agriculture im Repertory of
Patent-Inventions. April 1833, S.
245.
Munro, uͤber eine bessere Methode große
Baͤume zu verpflanzen.
Die Verpflanzung groͤßer Baͤume, wodurch in kurzer
Zeit die schoͤnsten Anlagen geschaffen, und Wildnisse in
angenehme Gaͤrten umgeschaffen werden koͤnnen, hat
besonders seit dem Erscheinen von Sir Henry Steuart's Werk uͤber die
Baumzucht, sowohl hier, als in ganz Schottland und
anderwaͤrts großes Interesse unter den
Land-Eigenthuͤmern rege gemacht. Leider haben
jedoch die großen Ausgaben, die mit dieser Verpflanzung
verbunden sind, und das haͤufige Mißlingen, welches sich
bei der bisherigen unvollkommenen Ausfuͤhrungsmethode derselben nur zu oft ereignete, so wie endlich die
Unerfahrenheit mancher, die sich damit abgaben, den Eifer vieler
Guͤterbesizer abgekuͤhlt, und andere sogar
gaͤnzlich abgehalten, sich auf diesen Zweig der
Gartenkunst einzulassen. Ich glaube daher, daß die
Bekanntmachung einer Methode, die ich bereits im Jahr 1824
versuchte, vielen Gartenliebhabern angenehm seyn duͤrfte,
und zwar um so mehr, als bei dieser Methode nicht nur die
Haͤlfte der Handarbeit erspart, sondern dem Mißlingen
beinahe gaͤnzlich vorgebeugt wird.
Um die von mir in Vorschlag zu bringende Methode vollkommen und
leicht verstaͤndlich zu machen, sey es mir erlaubt,
vorher noch das gewoͤhnlich uͤbliche Verfahren so
kurz als moͤglich zu beschreiben. Nach der
aͤlteren Methode beginnt der Arbeiter naͤmlich,
nachdem der Baum, z.B. eine 25 Jahr alte Eiche,
ausgewaͤhlt worden, damit, daß er rings um den Stamm
herum einen Kreis in den Baum verzeichnet, der fuͤr einen
Baum von diesem Alter wenigstens 4 Fuß im Durchmesser haben muß.
Um diesen Kreis muß, concentrisch mit demselben ein zweiter
Kreis beschrieben werden, und zwar so, daß der Zwischenraum
zwischen beiden Kreisen 2 Fuß breit ist. Dieser Zwischenraum
wird hierauf 3 bis 4 Fuß tief ausgegraben, wobei der Arbeiter
jede Wurzel, auf die er stoͤßt, abschneidet. Ist der
Arbeiter bis in diese Tiefe gedrungen, so fuͤhrt er dann
den Spaten schief geneigt unter die Erdmasse, in der sich die
Wurzeln befinden, womit er so lange fortfaͤhrt, bis er
uͤberzeugt ist, daß saͤmmtliche Bodenwurzeln
vollkommen getrennt sind. Nachdem dieß geschehen, wird der
ausgegrabene ringfoͤrmige Raum wieder mit der losen
ausgegrabenen Erde oder mit einer Composition angefuͤllt,
worauf sie je nach dem Belieben des Pflanzers einen oder mehrere
Jahre in diesem praͤparativen Zustande belassen wird.
Diese Methode nun befolgte ich durch 5 Jahre hindurch
jaͤhrlich an 500 bis 1000 Baumstaͤmmen, allein mit
so geringem Erfolge, daß ich mich ernstlich um die Auffindung
eines anderen Verfahrens bekuͤmmerte. Ich fand auch
wirklich bei genauerer Untersuchung dieses Verfahrens folgende
große Maͤngel an demselben.
Beim Wiedereroͤffnen der auf die oben beschriebene Weise
gebildeten Graben fand ich, daß sich rund um die Enden der alten
abgeschnittenen Wurzeln ganze Klumpen von jungen Wurzeln
gebildet hatten, und daß oft alle Erde von den Wurzeln abfiel,
bevor die Baͤume noch ganz emporgehoben waren, so daß die
Baͤume in der Regel nur 5 oder mehr horizontal
abstehende, nakte, an den Enden mit einem Buͤschel zarter
Fasern versehene Wurzeln zeigten. Ein zweiter Fehler bei dieser
Methode liegt darin, daß viele der jungen, neu
erzeugten Wurzeln beim Herausnehmen der Erde aus der
fruͤher ausgegrabenen Grube wieder zerstoͤrt, oder
beim Herausheben des Baumes beschaͤdigt, oder der Luft zu
sehr ausgesezt werden. Noch ein weit groͤßerer Nachtheil
ist jedoch der, daß bei diesem Systeme, bei welchem sich an dem
Ende der Wurzeln eine so große Menge von Wurzelfasern erzeugt,
sehr große Gruben fuͤr die zu pflanzenden Baͤume
ausgegraben werden muͤssen. Wenn man naͤmlich z.B.
dem Baume bei der ersten vorbereitenden Behandlung einen Ballen
von 4 Fuß im Durchmesser gelassen hat, so werden viele der
jungen Wurzeln um einen Fuß daruͤber hinausragen, so daß,
um diese Wurzeln gehoͤrig ausbreiten zu koͤnnen,
die auszugrabende Grube um 2 Fuß im Durchmesser groͤßer
seyn muß. Da die jungen Wurzeln uͤberdieß, wenn der Baum
gedeihen und Nahrung finden soll, ein weicheres Erdreich finden
muͤssen, so muß man auf jeder Seite noch einen Fuß
zugeben, und daher fuͤr einen Ballen, der
urspruͤnglich nur 4 Fuß im Durchmesser hat, eine Grube
von nicht weniger als 8 Fuß im Durchmesser ausgraben. Den auf
diese Weise verpflanzten Baͤumen kann man dann
unmoͤglich gehoͤrigen Schuz gegen die
Winterstuͤrme gewaͤhren, und selbst im Sommer
werden die zarten Wuͤrzelchen, die sich bereits bildeten,
durch jeden Sturm wieder abgerissen werden, indem der Baum in
der weiten Grube und der losen Erde hin und her wanken muß.
Nachdem ich nun dieß vorausgeschikt, will ich jezt die Resultate
meines eigenen Versuches auseinandersezen. Ich waͤhlte im
Winter des J. 1824 eine schoͤne und fuͤr ihr Alter
große Eiche von 25 Jahren, und grub die Erde auf die
beschriebene Weise aus dem zwischen den beiden um den Stamm
gezogenen Kreisen befindlichen Raume, wobei ich jede Wurzel mit
einer Saͤge durchsaͤgte, und die Wunden, wenn es
thunlich war, mit einem Gartenmesser glatt schnitt. Der Zwek,
den ich mir nun vorsezte, lag darin, aus den alten,
abgeschnittenen Wurzeln nicht bloß an ihren Enden, sondern ihrer
ganzen Laͤnge nach junge Wuͤrzelchen in die Erde
des Ballens hinein wachsen zu machen. Ich entfernte daher in
dieser Absicht die lokere ausgegrabene Erde von dem Rande der
gebildeten ringfoͤrmigen Grube, und kleidete diese Grube
rings herum mit Brettern aus, wobei ich alle die
Zwischenraͤume die noch blieben, mit Gras ausstopfte;
zulezt gab ich einen Schuh Erde uͤber die Bretter. Unter
diesen Verhaͤltnissen ließ ich den Baum ein Jahr lang,
und obwohl ich anfangs zweifelte, daß er diese scheinbar sehr
rauhe Behandlung gut vertragen wuͤrde, so trieb er doch
im naͤchsten Fruͤhjahre zu meiner Freude eben so
kraͤftig, als seine unverlezt geblieben Nachbarn; er
sezte eben so viel Holz an, und blieb eben so lang
gruͤn, als diese. Im Winter 1825 nahm ich endlich die
Bretter ab, und verkleinerte den Ballen bis auf die zum Versezen
noͤthige Groͤße, wobei ich denn meine Erwartungen
vollkommen bewaͤhrt fand. Die alten Wurzeln waren
naͤmlich nicht bloß voll junger Wurzeln, sondern diese
Wurzeln waren auch so verfilzt, daß sie den Erdballen fest
beisammen hielten.
Ich glaube, daß sich meine Methode hinreichend fuͤr sich
selbst empfiehlt, und daß ich daher nichts weiter uͤber
dieselbe beizufuͤgen habe. Ich bin uͤberzeugt,
daß, wenn man die Baͤume auf diese Weise zwei Jahre
vorher auf das Versezen vorbereitet, das Mißlingen dieses
Versezens, und nicht, wie es so oft der Fall ist, das Gelingen
desselben die Ausnahme von der Regel bilden wird.