Titel: | Ueber die Potasche und deren Gewinnung im Großen in Frankreich. Von A. Chevallier. |
Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. LXXVI., S. 375 |
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LXXVI.
Ueber die Potasche und deren
Gewinnung im Großen in Frankreich. Von A. Chevallier.Wir geben diesen Artikel hauptsaͤchlich, um neuerdings
aufmerksam zu machen, welche große Menge eines kostbaren
Pflanzenproductes wir jaͤhrlich dadurch zu Grunde
gehen lassen, daß wir zu faul oder zu unwissend sind,
dasselbe zu sammeln. Wir brennen hie und da groͤßere
oder kleinere Quantitaͤten Holz zusammen, um eben das
zu gewinnen, was wir aus einigen uͤberall, und
besonders an unseren Chausseen haͤufig
wildwachsenden, zu allen anderen Zweken unbrauchbaren
Pflanzen in verhaͤltnismaͤßig weit
groͤßerer Menge gewinnen koͤnnten. Wir haben
schon zu wiederholten Malen aufgefordert, die große Menge
Beifuß, Brennnesseln, Disteln, Rainfarn etc., welche man an
allen Orten findet, zur Potaschen-Fabrikation zu
benuzen; es war vergebens, und wenn nun der Vorschlag eines
Auslaͤnders nicht mehr Gehoͤr findet, so
bleibt nichts mehr uͤbrig, als die große
Lehrmeisterin der Menschen, die Roth, abzuwarten. A. d.
Ueb.
Aus dem Journal des
connaissances usuelles. August 1832. S.
66.
Chevallier, uͤber die
Potasche.
Unter dem Namen Potasche versteht man
eine alkalische, scharfe, aͤzende, an der Luft
zerfließende Substanz, welche man im noͤrdlichen Europa
und Nord-Amerika in großen Quantitaͤten dadurch
gewinnt, daß man das Holz von Waͤldern, welche nicht
anders ausgebeutet werden oder werden koͤnnen, verbrennt,
und daß man die auf diese Weise erhaltene Asche so calcinirt,
daß die Masse einen groͤßeren oder geringeren Grad von
Schmelzung eingeht. Die Potasche, d.h. das eigentliche basisch
kohlensaure Kali ist jedoch in den kaͤuflichen
Potaschesorten nichts weniger, als im Zustande der Reinheit
enthalten, sondern mit verschiedenen aufloͤslichen und
unaufloͤslichen Substanzen vermengt und verunreinigt. Die
kaͤufliche Potasche enthaͤlt naͤmlich außer
dem Kaliumoxyd, welches mit Kohlensaͤure zu basisch
kohlensaurem Kali verbunden ist, auch noch schwefelsaures und
salzsaures Kali, Wasser, Thonerde, Kieselerde, Kalkerde,
Eisen- und Manganoxyd, basisch phosphorsauren Kalk
etc.
Die am haͤufigsten im Handel vorkommenden Potaschensorten
sind folgende: die amerikanische Potasche, die Danziger, die
polnische, die russische, die Trier'sche und endlich die
toskanische. Außer diesen Sorten gibt es aber noch verschiedene
andere Abarten, wie z.B. die Weinhefenasche (cendre gravelée), die
kuͤnstliche oder falsche amerikanische Potasche und
dergl. Der wahre Werth aller dieser Sorten, welchen Namen sie
auch haben moͤgen, richtet sich aber lediglich nach der
Menge Kali, welche sie enthalten; denn nur kalireiche Potaschen sind gute Potaschen, nur solche soll man
vorzugsweise anwenden, man mag sich derselben zum Laugen der
Waͤsche oder verschiedener Zeuge, zur
Berlinerblau-Fabrikation, zu den Weich- oder
Schmier-Seifen, zur Erzeugung von Aezkali, zur
Glasfabrikation, zur Bereitung von chlorsauren Salzen,
Chloruͤren, von Salpeter, Alaun oder zu anderen Producten
benuzen.
Schon sehr viele Chemiker und Schriftsteller haben sich mit der
Potasche beschaͤftigt; besondere Erwaͤhnung
verdienen jedoch Vauquelin, Descroizilles,
D'Arcet, Gay-Lussac, Berthier, John, Mollerat, Ure,
Pertuis Boichoz, Mathieu de Dombasle, Flahaut, Fokeday,
Lapostolle etc.
Die im Handel vorkommenden Potaschensorten haben nicht immer
gleiche Farbe und gleichen Kaligehalt; so findet man z.B.
New-Yorker Perlpotaschen, von denen die einen 55 bis
60°, die anderen 25 bis 45°, und wieder andere,
welche 25 bis 40° zeigen.
Vauquelin analysirte 1152 Theile
verschiedener Potaschensorten, und erhielt dabei folgende
Resultate.
Namen der Potasche.
Kaliumoxyd.
Schwefelsaures
Kali.
Salzsaures
Kali.
Unaufloͤslicher
Ruͤckstand.
Wasser und
Kohlensaͤure.
Russische
Potasche
772
65
5
56
254
Amerikanische
–
857
154
20
2
119
Perlasse
–
754
80
4
6
308
Triersche
–
720
165
44
24
199
Danziger
–
603
152
14
79
304
Vogesische
–
444
148
510
34
116
Man zieht gegenwaͤrtig das Alkali nicht mehr mit Weingeist
aus, um die Reinheit der Potasche zu erforschen, sondern man
bedient sich nun der Schwefelsaͤure hierzu. Dieses
leztere, von Vauquelin angegebene
Verfahren besteht darin, daß man eine bestimmte Menge der zu
untersuchenden Potasche mit Schwefelsaͤure von 10°
Baumé saͤttigt, daß man die Quantitaͤt der
verbrauchten Schwefelsaͤure notirt, daß man dann
untersucht, wie viel troknes und reines
basisch-kohlensaures Kali man mit einer gleichen
Quantitaͤt Schwefelsaͤure saͤttigen kann,
und endlich hiernach einen Vergleich anstellt. So ist z.B.
erwiesen, daß 5 Grammen basisch-kohlensaures Kali 42
Grammen 40 Centigr. Schwefelsaͤure von 10° zur
Saͤttigung erfordern; wenn nun
also die 5 Grammen Potasche, welche man untersucht, z.B. nur 21
Gramm. 20 Centigr. Schwefelsaͤure saͤttigen, so
folgt hieraus, daß diese Potasche nur die Haͤlfte ihres
Gewichtes reines basisch-kohlensaures Kali
enthaͤlt, und daß sich mithin ihr Gewicht zu dem Gewichte
des reinen Alkalis wie 1 zu 3 verhaͤlt; braucht sie
hingegen gar nur 10 Grammen 60 Centigr. zur Saͤttigung,
so ist dieses Verhaͤltniß wie 1 zu 4.
Gegenwaͤrtig bedient man sich zur Ausmittelung des
Kaligehaltes der Potasche eines eigenen Instrumentes, des
sogenannten Alkalimeters, welches Hr. Descroizilles erfand, und dessen Einrichtung
gleichfalls auf der Saͤttigung der Potasche mit
Schwefelsaͤure von 10° beruht. Der einzige
Unterschied liegt darin, daß nach den Vauquelin'schen Verfahren
die Schwefelsaͤure gewogen, nach dem Descroizille'schen
hingegen gemessen wird. Das Verfahren mit dem Alkalimeter ist
folgendes: man fuͤllt das in 40° getheilte
Instrument mit Schwefelsaͤure von 10° und
loͤst 5 Gramm. der zu untersuchenden Potasche in
destillirtem Wasser auf. Ist die Aufloͤsung geschehen, so
seze man derselben unter Umruͤhren so lange von der im
Alkalimeter enthaltenen Fluͤssigkeit zu, bis die
Aufloͤsung gesaͤttigt ist, d.h. bis sie das
Lakmuspapier etwas weniges zu roͤthen beginnt. Die auf
diese Weise von der Potasche absorbirte Schwefelsaͤure,
deren Quantitaͤt man an der graduirten Roͤhre
ablesen kann, bezeichnet dann den wirklichen Werth oder Gehalt
der Potasche. Hieraus erhellt, daß eine Potasche um so besser
ist, je mehr Saͤure sie zur Saͤttigung bedarf, und
daß eine Potasche, welche die 40° des Alkalimeters
absorbirt, gerade doppelt so viel werth ist, als eine Potasche,
welche nur halb so viel oder 20° absorbirt.
Gay-Lussac hat den Alkalimeter
Descroizilles's auf eine sehr sinnreiche Art verbessert. Er hat
naͤmlich statt der 5 Grammen, welche Descroizilles
willkuͤrlich annahm, ein Gewicht von 4,807
eingefuͤhrt, welches genau jener Quantitaͤt reinen
Alkali's, welche 5 Grammen Schwefelsaͤure von 66°
zu saͤttigen im Stande ist, gleichkommt. Diese
Quantitaͤt Schwefelsaͤure bildet die Einheit der
alkalimetrischen Fluͤssigkeit.Die verduͤnnte Schwefelsaͤure bereitet man
sich, indem man unter 962 Grammen kaltes Wasser 100
Grammen Schwefelsaͤure von 1,8427 spec. Gew.
mengt. A. d. O. Das Alkalimeter selbst ist in 100 Grade eingetheilt, so
daß, wenn die zu untersuchende Potasche rein ist, die 100 in dem
Alkalimeter enthaltenen Theile Schwefelsaͤure vollkommen
davon neutralisirt werden muͤssen, waͤhrend sie
z.B. nur 80 Theile Schwefelsaͤure saͤttigen wuͤrde, wenn sie 20 Procent
fremdartige Koͤrper enthielte.Gay-Lussac's
Alkalimeter ist im polytechnischen Journal Bd. XXXII. S. 190
beschrieben und abgebildet. A. d. R.
Die Benuzung des Alkalimeters erfordert jedoch einige wenige
Uebung; man muß naͤmlich die alkalinische
Aufloͤsung etwas erwaͤrmen, und sie oͤfter
mit einem Glasstabe umruͤhren; man darf ferner nicht zu
viel Saͤure und auch kein zu dunkel gefaͤrbtes
Lakmuspapier einwenden. Da Abweichungen bei einzelnen Versuchen
zwar im Kleinen unbedeutend sind, allein im Großen doch
bemerkbar werden, so ist es am besten, wenn man mehrere Versuche
anstellt, und aus diesen dann einen mittleren Durchschnitt
zieht.
Die verschiedenen Methoden, nach welchen die
Potaschen-Fabrikation betrieben wird, gruͤnden
sich saͤmmtlich auf die Einaͤscherung der
potaschehaltigen Substanzen. Die vorzuͤglichsten dieser
Methoden sind folgende. 1) In Schweden und Smaland nimmt man
Buchenholz, und in Ermangelung desselben Erlenholz; man
waͤhlt dazu vorzuͤglich alte und absterbende
Baͤume, welche in Stuͤke gehauen, in
Scheiterhaufen aufgerichtet und eingeaͤschert werden.
Dieses Einaͤschern geschieht im Walde selbst und ohne
eine andere Vorsicht, als die, daß man die Verbrennung langsam
leitet, und den Wind abhaͤlt. Wenn dieß geschehen, so
reinigt man die Asche von den Kohlen und allen fremden Theilen
und schafft sie bann in benachbarte eigens zur Aufbewahrung
derselben gebaute Huͤtten. Ist eine hinlaͤngliche
Menge Asche gesammelt, so wird sie mit Wasser zu einer Art von
Teig angemacht, und ist auch dieß geschehen, so legt man auf den
Boden eine Lage gruͤner Fichten oder Tannen, welche mit
dem Aschenteige oder Moͤrtel belegt wird. Auf diese
Aschenlage legt man eine neue Lage Holz, jedoch so, daß die
Scheite der zweiten Lage mit jenen der ersten Lage einen rechten
Winkel bilden. Diese zweite Lage wird wieder mit einer Schichte
Aschenteig uͤberzogen u.s.f. bis alle Asche verbraucht
ist, oder bis die Scheiterhaufen hoch genug geworden. Der auf
diese Weise bereitete Scheiterhaufen wird dann mit troknem Holze
angezuͤndet und die Verbrennung durch alle
moͤglichen Mittel beschleunigt, bis die Asche geschmolzen
ist und durch das Feuer laͤuft. Ist die Operation bis zu
diesem Punkte gediehen, so werfen die Arbeiter den Holzstoß so
schnell als moͤglich, und waͤhrend die Asche noch
im Flusse ist, um, und schlagen mit diken, langen und biegsamen
Stangen darauf. Dadurch bilden sich an den Scheiten aus der
Asche dike, feste, steinharte Massen, welche mit einen eisernen
Instrumente abgekrazt, und als Potasche in den Handel gebracht werden. Auf dieselbe Weise soll auch die russische
und die Danziger-Potasche gewonnen werden.
Nach der zweiten Methode aͤschert man das Holz ein,
sammelt die Asche, laugt sie aus, dampft die Lauge ein und
calcinirt zulezt den Ruͤkstand.
Man hat behauptet, daß man mehr Potasche erhalte, wenn man die
beiden angefuͤhrten Methoden modificirt, d.h. wenn man
sich lauge bereitet, und in diese Lauge Vegetabilien eintaucht,
welche man troknen laͤßt, oder welche man noch feucht in
Gruben verbrennt. Dieß beruht aber auf einem Irrthume; 100
Pfunde irgend einer, unter denselben Verhaͤltnissen
gewachsenen Pflanze, werden nach allen drei Methoden eine und
dieselbe Menge Potasche geben, wenn man, was die Hauptsache ist,
nichts von der Asche verloren gehen laͤßt, und wenn man
dieselbe gut auslaugt.
Wir wollen uns nicht weiter uͤber die Eigenschaften der
Potasche verbreiten, da wir hier bloß die Absicht haben, zu
zeigen, daß Frankreich einen großen Theil der Potasche, welche
es verbraucht, selbst zu erzeugen im Stande ist, waͤhrend
es gegenwaͤrtig bei weitem den groͤßten Theil des
Bedarfes seiner Fabriken aus dem Auslande bezieht. Ich habe mich
aus den Mauthtabellen uͤberzeugt, daß Frankreich in den
Jahren 1823, 23, 24, 25 und 26 nicht weniger als 29,697,812
Kilogr. Potasche eingefuͤhrt, und dafuͤr volle
19,676,506 Fr. bezahlt hat: eine Einfuhr, welche bereits die
Aufmerksamkeit mehrerer Gelehrten und mehrerer Chemiker auf sich
zog. Pertuis, Boichoz, Mathieu de Dombasle, Flahaut, Fokeday, Lapostolle,
Payen etc. haben gezeigt, daß man aus sehr vielen
Pflanzen Potasche oder basisch-kohlensaures Kali gewinnen
koͤnne. Ich will daher hier die Pflanzen
auffuͤhren, welche haͤufig vorkommen und eine
große Quantitaͤt Alkali liefern, und dann auch angeben,
zu welcher Zeit sie geerntet, wie sie eingeaͤschert,
ausgelaugt und eingedampft werden muͤssen.
Der Potaschengehalt der Pflanzen ist verschieden; die
vorzuͤglichsten numerischen Daten hieruͤber geben
folgende Tabellen.
Nach Boichoz geben
naͤmlich:
Textabbildung Bd. 48, S. 380
100 Pfund;
Angelika-Kraut; der Seidenpflanze; Rainfarn;
Phytolacea decandra (Alkermes); Mohn; Goldruthe; Beifuß;
Aaster; Attich; Hollunder; Erdbirnen (Helianthus tuberosus);
wilde Cichorie; Farnkraut; Brennnessel; Sonnenblume; Pfd.;
Asche, welche; Unzen; Potasche enthält
Aus einem mittleren Durchschnitte der Untersuchungen Kirwan's, Vauquelin's und Pertuis's ergibt sich fuͤr
10,000 Theile folgender Pflanzen der beigefuͤgte
Potaschengehalt.
10,000
Theile
Ulmen- oder
Ruͤsterholz
geben
39 Theile
Potasche.
–
–
Eichenholz
–
15
–
–
–
–
Buchenholz
–
12
–
–
–
–
Weinreben
–
55
–
–
–
–
Pappelholz
–
7
–
–
–
–
Disteln
–
53
–
–
–
–
Farnkraut
–
62
–
–
–
–
Kuhdistel
–
196 –
–
–
–
Wermuth
–
730 –
–
–
–
Wiken
–
275 –
–
–
–
Bohnen
–
200 –
–
–
–
Erdrauch
–
790 –
–
Unter den Gewaͤchsen, welche zur
Potaschen-Fabrikation dienen koͤnnen, verdienen
vorzuͤglich folgende bemerkt zu werden:
10,000 Theile
Erdrauch
geben
2190 Pfd.
Asche,
enthaltend
790 Pfd.
Salze.
Wermuth
–
970
–
–
–
730 –
–
Brennnesseln
–
1070
–
–
–
250 –
–
Wiken
–
–
–
–
–
270 –
–
Bohnenstaͤngel
–
–
–
–
–
200 –
–
Kuhdistel
–
1050
–
–
–
200 –
–
Maysstaͤngel
–
880
–
–
–
180 –
–
Große Binse
–
390
–
–
–
70
–
–
Farnkraut
–
400
–
–
–
60
–
–
Gemeine Disteln
–
400
–
–
–
50
–
–
Weinranken
–
340
–
–
–
50
–
–
Wollgras
–
430
–
–
–
50
–
–
Ulmenholz
–
240
–
–
–
40
–
–
10,000 Theile
Weidenholz
geben
280 Pfd.
Asche,
enthaltend
30
Pfd.
Salze.
Eichenholz
–
130 –
–
–
15
–
–
Buchenholz
–
60
–
–
–
15
–
–
Hagebuchenholz
–
–
–
–
–
12,50
–
–
Pappelholz
–
12
–
–
–
7,50
–
–
Klee
–
–
–
–
–
7,50
–
–
Man hat außerdem noch mit einer sehr großen Menge anderer
Gewaͤchse Versuche angestellt, um deren Potaschengehalt
auszumitteln; ich will noch mehrere derselben anfuͤhren,
und bemerke nur, daß die reicheren derselben gesperrt gedrukt
sind. Zu diesen Gewaͤchsen gehoͤren
naͤmlich: das Birkenholz, die Kartoffelblaͤtter, die gruͤnen
Nußschalen, die Roßkastanien, die gruͤnen Schalen der
Roßkastanien, die Rainfarn-, Sauerklee- und Rhabarber-
Ich zog eine große Menge saures kleesaures Kali aus den
Rhabarberstaͤngeln; die Ruͤkstaͤnde
gaben mir dann noch viele sehr gute Potasche.A. d. O. Staͤngel, der Sauerampfer, der Wachholder, die Stechpalme, das
Haidekraut, die Waldrebe, der Epheu, die Rainweide oder den
Liguster, die Dornstraͤucher, die Brombeerstauden, der
Hundszahn, das Wollkraut oder die Koͤnigskerze, der
Schierling, das Bilsenkraut, der Attich, die Hauhechel, die
Rade, die Wolfsmilch, die Raute, der Boretsch, das Kreuzkraut,
die wilde Pastinake, der Spinat, die
Runkelruͤbe, das
Johanniskraut, der Fingerhut, das Schilf, die Schwertlilien, die
Binsen, die Muͤnzen, das Buchweizenstroh, die Weinblaͤtter, die Melde, die Erbsenblaͤtter und
Huͤlsen, die Bohnenstaͤngel und Blaͤtter,
die Kastanienblaͤtter, die Kastanienschalen, der Hanf,
das Cidermark, die Mose, die Chamille, der Andorn, die
Gaͤnsefußarten, und darunter besonders das Chenopodium Vulvaria.
Die vorzuͤglichste Beachtung unter den angefuͤhrten
Gewaͤchsen verdienen jedoch der Rainfarn, die
Brennnessel, die Erdbirne oder der Topinambour und der
Sauerampfer. Hr. Boichoz fand, daß
der Rainfarn, der uͤberall, selbst auf dem schlechtesten
Boden, waͤchst, und der weder durch große Kaͤlte,
noch durch Trokenheit Schaden leidet, per Hectare 1250 Pfund Potasche gibt; und daß 71 Aren
28 Meter, welche mit Erdbirnen oder Topinambours bestellt waren,
240 Pfd. reine Potasche lieferten. Hr. Boichoz berechnete hiernach, daß wenn eine mit
Rainfarn oder Brennnesseln bepflanzte Hectare im Durchschnitte
600 Pfunde Salzmasse gibt, 16,666 Hectaren hinreichen
wuͤrden, um die 5,000,000 Kilogr. Potasche, welche
Frankreich jaͤhrlich aus dem Auslande einfuͤhrt,
zu erzeugen, und daß, wenn jede Gemeinde Frankreichs nur Eine
Hectare mit solchen Potasche-Pflanzen bebauen
wuͤrde, nicht nur der Bedarf Frankreichs an Potasche
gedekt seyn wuͤrde, sondern daß selbst noch eine sehr
bedeutende Menge ausgefuͤhrt werden koͤnnte.Hr. Boichoz berechnet diesen
der Ausfuhr zufallenden Ueberschuß auf 7,000,000
Kilogr.; er wuͤrde jedoch weit mehr betragen,
wenn jede der 44,000 Gemeinden Frankreichs von Einer
Hectare 625 Kilogr. Potasche gewinnen wuͤrde. Der
Gesammt-Ertrag wuͤrde sich naͤmlich
in diesem Falle auf 27,500,000 Kilogr. Potasche
belaufen. Hr. Boichoz erhielt
im J. 1819 von der Société d'encouragement einen
Preis von 500 Franken fuͤr seine
schaͤzenswerthen Arbeiten.A. d. O.
Von dem Einsammeln der zur
Potaschen-Fabrikation tauglichen
Gewaͤchse.
Das Einsammeln dieser Gewaͤchse koͤnnte an allen
Orten, wo man dieselben trifft, geschehen. Ich habe auf meinen
Reisen oft mit großem Leidwesen gesehen, wie man die an den
Straßen so haͤufig wachsenden, an Potasche reichen
Pflanzen so oft und gewoͤhnlich ohne alle Benuzung
verwesen laͤßt, waͤhrend sie doch eine so große
Menge Salzmasse liefern wuͤrden. Moͤchte man statt
der an allen Chausseen wachsenden Unkraͤuter erst noch
den ohnedieß schon haͤufig vorkommenden Rainfarn
pflanzen, so wuͤrde man eine ganz ansehnliche
Potaschenernte erhalten, und zwar von einer Bodenstreke, welche
bisher beinahe gaͤnzlich unbenuzt blieb. Ich kann daher
nicht umhin allen Oekonomen und Landwirthen, so wie den
Gemeindevorstaͤnden dringend zu empfehlen,
gehoͤrig hierauf Ruͤksicht zu nehmen; sie
koͤnnten hierdurch nicht nur zur Gewinnung einer
ansehnlichen Menge Potasche gelangen, sondern sie wuͤrden
bei der Potaschen-Fabrikation noch uͤberdieß einen
Ruͤkstand erhalten, der in vielen Faͤllen einen
sehr guten Duͤnger abgeben duͤrfte.
Ueber die Zeit, zu welcher die Pflanzen im Allgemeinen gesammelt
werden sollen, wurden verschiedene Ansichten aufgestellt. Kirwan aͤußert sich auf
folgende Weise:
Die krautartigen Pflanzen geben im Allgemeinen mehr Asche, als
die Holzarten, und die Asche dieser krautartigen Pflanzen
enthaͤlt uͤberdieß eine groͤßere Menge
Kalisalze. Unter allen Kraͤutern gibt der Erdrauch, und
nach diesem der Beifuß oder Wermuth, die groͤßte Menge
Asche; nimmt man aber bloß auf die Menge alkalischer Salze,
welche in einem bestimmten Gewichte Asche enthalten ist,
Ruͤksicht, so muß die Beifuß- oder
Wermuth-Asche als die reichhaltigste anerkannt werden.
Die Pflanzen muͤssen eben bevor sie in Samen schießen
abgeschnitten, gut getroknet und gereinigt werden. Pertuis schließt sich der Meinung Kirwan's an, und sagt, daß die
Pflanzen, wenn sie im Zustande der Reife
verbrannt werden, mehr Asche geben, als sie geben, wenn man sie
vor oder nach diesem Zeitpunkte verbrennt.
Von dem Verbrennen oder
Einaͤschern.
Das Verbrennen oder Einaͤschern der Pflanzen kann auf
verschiedene Weise geschehen:
1) in freier Luft, in Graͤben, auf einem festen
geschlagenen Boden; und
2) in Oefen.
Ich glaube, daß man bei der Potaschen-Fabrikation die
Hize, welche durch das Verbrennen oder Einaͤschern der
Pflanzen erzeugt wird, zugleich auch zum Eindampfen der
Salzlaugen benuzen muͤßte oder sollte. Man koͤnnte
sich hiezu eines Ofens bedienen, der jenem aͤhnlich
waͤre, welchen Hr. Payen im
Dictionnaire technologique unter
dem Artikel Bagasse beschreibt, und
welcher zwei mit alkalischer Aufloͤsung gespeiste Kessel
heizt. Bis ein Mal Lauge oder Salzaufloͤsung genug
gebildet ist, kann man das Feuer im Ofen zum Erhizen von Wasser
benuzen. Ist der Ofen gehoͤrig zugerichtet, so bringt man
die getrokneten Kraͤuter in denselben, unterhaͤlt
auch das Feuer mit derlei Kraͤutern; bei dieser
Verbrennung bildet sich Asche, und wenn diese in hinreichender
Menge vorhanden, ist, so schreitet man zum Auslaugen derselben,
welches auf folgende Weise geschehen kann.
Man kleidet Faͤsser mit sogenannten Aschentuͤchern
aus, und verhindert an den Waͤnden der Faͤsser
durch Staͤbchen und am Boden durch Stroh, daß diese
Tuͤcher nicht ganz mit dem Fasse in Beruͤhrung
kommen. Dann fuͤlle man diese Faͤsser, welche auf
Balken oder Ganter gestellt werden, und an deren tiefster Stelle
ein hoͤlzerner Hahn zum Schließen und Oeffnen angebracht
seyn muß, mit Asche, welche man eindruͤkt. Wenn der
Apparat auf diese Weise zusammengerichtet worden, so befeuchte
man die Asche mit Wasser, wozu man von dem durch die Verbrennung
der Pflanzen erhizten Wasser nehmen kann. Nach 12 Stunden seze
man dann so viel Wasser zu, daß das Aschenfaß gefuͤllt
ist, und oͤffne dann den Hahn, damit die ausgelaugten und
aufgeloͤsten Salze mit dem Wasser abfließen
koͤnnen. Um die Aufloͤsung sehr gesaͤttigt
zu erhalten, und um folglich beim Eindampfen zu ersparen, kann
man die Lauge uͤber frische, noch nicht ausgelaugte, in
einem zweiten Fasse befindliche Asche laufen lassen, und dann
auf diese Asche noch ein Mal Wasser nachgießen, u.s.f.
Die auf diese Weise gewonnene Lauge kann man in gußeisernen
Kesseln, welche sich in einem dem Payen'schen aͤhnlichen
Ofen befinden, eindampfen. Bei diesem Eindampfen muß
fleißig umgeruͤhrt werden, damit die Concentration
rascher erfolge; wenn das Salz zu Boden zu fallen
anfaͤngt, so muß man dasselbe mit einem eisernen Stabe
umruͤhren, damit es sich nicht am Boden des Kessels
anlege. Das auf diese Weise getroknete Salz kann nun entweder
gleich in den Handel gebracht werden, oder man kann es, um ihm
noch einen Theil Wasser zu entziehen, in einen Reverberirofen
bringen. Einige empfahlen die Hize bis zum Schmelzen zu treiben;
Kirwan hingegen raͤth das Gegentheil, indem sich die
Potasche nach seiner Ansicht hiebei mit den erdigen in ihr
enthaltenen Substanzen verbindet, und damit eine glasartige,
schwer aufloͤsliche Verbindung eingeht.
Die nach dem angegebenen Verfahren gewonnene Potasche kann als
Perlasche verkauft werden; sie ersezt die auslaͤndische
Potasche in allen Faͤllen vollkommen, und muß ebenso wie
diese mit dem Alkalimeter gepruͤft werden, um deren
wahren Werth kennen zu lernen.
Man findet im Handel auch eine sogenannte kuͤnstliche oder
nachgemachte amerikanische Potasche (Potasse d'Amerique fatice); diese kommt in sehr großen
und sehr harten, außen schmuzig milchweißen, innenwendig aber
roͤthlichen Stuͤken vor, und darf nicht mit der
wahren Potasche verwechselt werden. Dieses Product verdankt
naͤmlich seine Alkalinitaͤt der Soda, und kann
daher wohl in einigen, aber nicht in allen Faͤllen, in
denen man der Potasche bedarf, verwendet werden. So kann man
sich derselben z.B. sehr wohl zum Bleichen bedienen,
waͤhrend sie bei der Seifensiederei, bei der Fabrikation
der chlorsauren Salze, des Aezkalis großen Schaden bringen
wuͤrde. Diese falschem Namen, welche man im Handel so
vielen Dingen gibt, halte ich fuͤr einen großen
Nachtheil, fuͤr einen wahren Betrug, da der
Kaͤufer dadurch sehr oft zu großem Schaden
irregefuͤhrt wird, wenn er seine Waare bloß nach dem
Namen kauft.Moͤchte man doch bald ein Mal auf ein Gesez
denken, durch welches den schaͤndlichen
Mißbraͤuchen und Verfaͤlschungen, welche
taͤglich im Handel vorkommen, gesteuert
wuͤrde. Einstweilen bleibt nichts Anderes
uͤbrig, als diese Verfaͤlschungen zu
entschleiern, und jene, welche sich solche zu Schulden
kommen lassen, durch die Publicitaͤt der
allgemeinen Verachtung Preis zu geben.A. d. O.
Diese faͤlschlich sogenannte Potasche, die man eigentlich
unter dem Namen Soda verkaufen sollte, und welche, wie gesagt,
zum Bleichen benuzt werden sann, wird auf folgende Weise
fabricirt. Man dampft Aezsoda ein, und sezt dieser, wenn sie
gehoͤrig concentrirt ist, 1 1/2 Gewichtstheile
gepuͤlverten Kupfervitriol zu, dann laͤßt man die
Hize so lange einwirken, bis die Soda zum Schmelzen kommt,
jedoch so, daß der in der Soda enthaltene Schwefel nicht schwarz
wird. Hierauf wird Salpeter zugesezt, um das
Schwefelmetall in ein schwefelsaures Salz umzuwandeln, und wenn
die Masse dann geschmolzen gelb aussieht, so gießt man sie in
gußeiserne Model, in denen man sie mit einem Stabe aus
Buchenholz umruͤhrt. Durch diese Operation soll das
Kupfer wieder in metallisches Kupfer und in
Kupfer-Protoxyd reducirt werden, damit es auf diese Weise
dem Fabrikate die roͤthliche Faͤrbung mittheile.
Nach dem Abkuͤhlen schafft man die Masse aus den Modeln,
zerkleinert sie und bringt sie in Faͤssern in den
Handel.
Man bedient sich zu diesem Fabrikate gewoͤhnlich der
schlechteren Soda, und macht sie meistens durch einen Zusaz von
schwefelsaurem und salzsaurem Natron, Kelp, Sand etc. noch
schlechter.
Unter dem Namen Weinhefenasche (Cendres
gravelées) versteht man jene Art von Potasche,
welche man durch Einaͤscherung des Weingelaͤgers
und der Traubenkaͤmme erhaͤlt. Es waͤre
sehr zu wuͤnschen, daß man auch den Ruͤkstand,
welcher bei der Destillation der Mine zuruͤkbleibt, hiezu
verwendete.
Hr. Josiah Birch zu Manchester hat
eine eigene Art Potasche zu gewinnen bekannt gemacht, welche Hr.
Perceval auch in Frankreich zur
oͤffentlichen Kenntniß brachte. Diese Methode, deren
Werth ich nicht kenne, und uͤber welche ich
demnaͤchst einige Versuche anstellen will, besteht darin,
daß man die Mistjauche eindampft, den Ruͤkstand in einem
Ofen calcinirt, und dann die Potasche herausschafft. Hr. Birch erbaute zu seinem Zweke eine
Mistgrube, welche mit einer Roͤhre versehen war, durch
die die Mistjauche in eine Art von Brunnen lief, aus welchem sie
mittelst einer Pumpe in ein sehr weites eisernes Beken von 20
Zoll Hoͤhe geschafft wurde. In diesem Beken wurde die
Jauche bis zur Trokenheit eingedampft; der Ruͤkstand
wurde gesammelt und in einem Ofen verbrannt.
Die nach dieser Methode erhaltene Potasche ist
weißlich-grau und zieht selbst an einem troknen Orte
schnell Wasser an, wobei sie an der Oberflaͤche weißlich
wird. Wenn diese aus der Mistjauche gewonnene Potasche wirklich
gut und fuͤr den Gebrauch der Fabriken geeignet ist, so
wuͤrde sich außer dem Gewinne an Potasche auch noch
fuͤr die Gesundheit vieler Orte ein bedeutender Vortheil
aus dieser Fabrikations-Methode ergeben.
Dieß ist Alles, was ich hier uͤber die Potasche zu sagen
habe; ich wuͤnschte nur, daß ich durch diese Andeutungen
die Fabrikation derselben in Frankreich in Aufnahme bringen, und
so mein Vaterland nicht nur von einem Tribute, den es bisher
fuͤr etwas zahlte, was es selbst mit groͤßter
Leichtigkeit erzeugen kann, befreien, sondern ihm auch noch
anderweitige große Vortheile sichern koͤnnte.
Als ich von der sogenannten kuͤnstlichen amerikanischen
Potasche sprach, geschah es durchaus nicht in der Absicht, um
die Soda in Mißcredit zu bringen; ich wollte bloß zeigen, daß
dieß Fabrikat eine Soda und keine Potasche sey. Damit Jedermann
die Potasche von anderen alkalischen Substanzen, welche
allenfalls unter ihrem Namen verkauft werden moͤchten,
unterscheiden koͤnne, erlaube ich mir nur noch folgende,
den Chemikern wohlbekannte, Unterschiede beizufuͤgen.
Eine concentrirte, klare Potaschenaufloͤsung
veraͤndert sich an der Luft in unbestimmt langer Zeit
durchaus nicht; mit salzsaurem Platinoxyd gibt sie einen
haͤufigen gelben Niederschlag; sezt man ihr
Schwefelsaͤure zu, und dampft man sie ein, so
erhaͤlt man kleine, koͤrnige, in Wasser etwas
schwer aufloͤsliche, auf gluͤhenden Kohlen
verknisternde Krystalle.
Eine Sodaaufloͤsung hingegen vertroknet nach und nach an
der Luft und gibt dabei Krystalle von kohlensaurem Natrum; ein
Zusaz von Platinaufloͤsung erzeugt keinen Niederschlag
darin, ausgenommen sie ist mit einem Kalisalze verunreinigt;
durch Zusaz von Schwefelsaͤure endlich erhaͤlt man
schwefelsaures Natrum in großen leicht aufloͤslichen
Krystallen, welche auf gluͤhenden Kohlen in ihrem
Krystallisationswasser zerfließen.
Wer diese Kennzeichen beruͤksichtigt, wird gewiß nie in
den Fall kommen, daß er Soda fuͤr Potasche kauft, unter
welchem Namen die Kaufleute auch ihre Waare ausbieten
moͤgen.