Titel: | Bericht des Hrn. Francoeur über das Compensations-Pendel des Hrn. Jacob, Uhrmachers zu Paris, boulevart Montmartre, No. 1. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. II., S. 5 |
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II.
Bericht des Hrn. Francoeur uͤber das
Compensations-Pendel des Hrn. Jacob, Uhrmachers zu Paris, boulevart Montmartre, No. 1.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Februar 1833, S. 33. Im Auszuge.
Mit Abbildungen auf Tab.
I..
Francoeur, uͤber das
Compensations-Pendel.
Hr. Jacob, noch unbekannt mit dem Apparate des Hrn. Duchemin, beschaͤftigte sich mit Erforschung der
Aufgabe ein Pendel zu verfertigen, welches die Pendel mit Rost entbehrlich machen,
und doch dieselben Dienste wie dieses leisten, d.h. den Apparat gegen die
Temperaturveraͤnderungen unempfindlich machen wuͤrde. Er bedient sich,
um zu diesem Zweke zu gelangen, zwar gleichfalls der Eigenschaft der Metalle, sich
in der Hize in ungleichem Grade auszudehnen; allein die Einrichtung seines Apparates
ist neu. Das Solidarverhaͤltniß, welches Hr. Jacob
dadurch zwischen dem Zinke und dem Stahle herstellt, schien uns den Zwek, den sich
der Erfinder vorsezte, vollkommen zu erfuͤllen. Folgende Beschreibung mit
beigefuͤgter Abbildung wird die ganze Erfindung deutlich und anschaulich
machen.
Der Compensator besteht aus einem staͤhlernen Stabe AA' von ovaler Form, den man in dem senkrechten
Durchschnitte AA' ersieht, und dessen
Laͤnge der Dauer der Pendel-Schwingungen, die man erhalten will,
entsprechen muß. An der Seite A befinden sich die
Aufhaͤngehaken; das Ende A' ist mit einem
Schraubengewinde versehen, welches zur Aufnahme einer Mutterschraube dient. An
diesem Stabe ist nun eine Scheide aus Zink BB' angebracht, welche aus zwei Zinkblaͤttern besteht, die an mehreren
Stellen durch kleine Querstreifen desselben Metalles mit einander verbunden sind,
und deren oberes Ende an einem mit einem Schraubengewinde versehenen Fache J befestigt ist. Der Stahlstab wird durch eine an beiden
Enden angebrachte Oeffnung so in der Mitte dieser Scheide erhalten, daß er sich frei
bewegen kann; die Scheide wird durch die Schraubenmutter H an dem Stabe zuruͤkgehalten. An dem mit dem Schraubengewinde J versehenen Theile der Scheide ist eine Schraubenmutter
G angeschraubt, auf welche die staͤhlerne
Scheibe CD frei gelegt wird. Diese Scheibe ist mit
zwei Ohren ausgestattet, an denen die Linse mittelst der beiden, von dem
horizontalen Durchmesser ausgehenden Staͤbe EE und F F' aufgehaͤngt ist. Die
Laͤnge des Zinkes ist so berechnet, daß wenn man die an dem Theile J befindliche Schraubenmutter hinaufschraubt, ein
Ueberschuß von Compensation Statt findet, so daß man dann, durch
allmaͤhliches Herabschrauben der Schraubenmutter endlich zu der
erforderlichen Laͤnge gelangt. Die an dem unteren Ende des Stahlstabes
angebrachte Schraubenmutter H dient auch dazu, um auf
die gewoͤhnliche Weise das sogenannte Avanciren und Retardiren zu
bewirken.
Die Wirkungsweise dieses sinnreichen Apparates ist nun folgende: Gesezt man wolle,
nachdem man das Pendel an einem guten Uhrwerke angebracht, und dessen Laͤnge
fuͤr eine constante Temperatur angepaßt hat, auch dessen Compensation
reguliren, so muß man die Temperatur auf die gewoͤhnliche Weise
erhoͤhen, wo man dann z.B. finden wird, daß die Uhr um mehr vorgeht oder
zuruͤkbleibt, als dieß vorher der Fall war. Hieraus wird man schließen, daß
die Waͤrme zwar die staͤhlerne Aufhaͤngestange
verlaͤngert hat, wodurch ein Zuruͤkbleiben haͤtte entstehen
muͤssen; daß sich aber auch die Schraubenmutter, welche der Linse an der
Zinkscheide als Traͤger dient, gleichfalls verlaͤngerte, und daß die
Linse dadurch um eben so viel emporstiege, so daß sie durch den ersteren Einfluß um
weniger herab, als durch den zweiten wieder nach Aufwaͤrts gebracht wurde.
Das Pendel wurde also der Wirklichkeit nach verkuͤrzt, und der
Schwingungs-Mittelpunkt naͤherte sich mithin dem
Aufhaͤngepunkte, so daß der Zink im Verhaͤltnisse zum Stahle also zu
lang war.
Um denselben nun zu verkuͤrzen, dreht man die Schraubenmutter, die sich unter
der Trage-Scheibe der Linse befindet, so daß die Linse herabsinkt, wodurch
eine doppelte Wirkung erreicht werden wird. Es wird naͤmlich 1) die
Zinkroͤhre, welche eine zu große Compensation erzeugte, dadurch
verkuͤrzt; und es wird 2) der Mittelpunkt der Schwingung weiter
herabgelangen, wodurch die Uhr zuruͤkbleiben wird. Da man nun aber diese
leztere Wirkung, welche den ganzen Gang der Maschine in Unordnung bringen
wuͤrde, nicht braucht, so bringt man den Mittelpunkt der Schwingungen wieder
hoͤher, indem man die an dem Ende der Aufhaͤngestange befindliche
Schraubenmutter dreht. Da die beiden Schraubengaͤnge gleich sind, so kann man
dieselben leicht, mittelst
eines Zeigers und mittelst gleicher, auf jeder Schraubenmutter angebrachter
Eintheilungen, in einem bestimmten Grade drehen, damit nur auf die Compensation
allein ein Einfluß ausgeuͤbt werde.
Man kann also dieses Compensations-Pendel nicht nur reguliren, ohne daß man
weder die Uhr, noch das Pendel abzunehmen braucht, sondern man braucht dasselbe
beinahe gar nicht oder nur fuͤr einen Augenblik anzuhalten, so daß man die
Compensation nach Belieben und ohne Muͤhe, ohne Arbeit und ohne Kosten regeln
kann. Nichts ist leichter, als die Handhabung dieses Apparates, der sich durch
wiederholte Versuche auf den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit bringen
laͤßt, und zwar mit einer Leichtigkeit, als wenn es sich bloß darum handelte,
eine einfache Pendel-Uhr vor- oder nachgehen zu machen.
Eines der Resultate, gegen welches der Uhrmacher bei der Verfertigung der
Compensations-Pendel besonders auf der Hut zu seyn hat, und welches den
Rost-Pendeln am nachtheiligsten ist, ist die Biegung und die Senkung, welche
das ziemlich bedeutende Gewicht der Linse an den Tragestangen hervorbringt. Dieses
Gewicht strebt immer dahin, die Form der Stangen zu veraͤndern; und da diese
Wirkung eine immer fortwaͤhrende ist, so aͤußert sie sich nach Ablauf
eines Tages nicht weniger als nach Ablauf von 10 Jahren, woraus nothwendig folgt,
daß sich die Compensation nicht vollkommen streng erhaͤlt. Gleich in den
ersten Tagen laͤßt sich das Pendel unmoͤglich reguliren, denn die
einzelnen Stuͤke muͤssen vorher die Einwirkung des Gewichtes, welches
an denselben zieht, erfahren haben. Erst nach einer gewissen Zeit kann man sie
probiren, und die Dimensionen der Staͤbe der beiden Metalle zu reguliren
trachten; es sind hiezu wiederholte Versuche noͤthig, und erst nach einem
Jahre und daruͤber kann man zu einem guten Pendel gelangen. Das Gewicht der
Linse wird selbst dann noch wirken; allein der Nerve des Metalles wird dann dieser
Einwirkung auch Widerstand zu leisten gelernt haben. Dessen ungeachtet wird aber
dieser Einfluß des Gewichtes mit der Laͤnge der Zeit die Oberhand erhalten,
so daß die Compensation endlich fehlerhaft werden, und neuer Ausbesserungen
beduͤrfen wird. Diese Nachtheile und Unannehmlichkeiten finden zwar an dem
Pendel des Hrn. Jacob in hohem Grade Statt; allein es ist
denselben hier auch so leicht abzuhelfen, daß sie fuͤr den Jacob'schen Pendel beinahe null und nichtig werden.
Ich will hier nicht versuchen das Compensations-Pendel des Hrn. Duchemin mit jenem des Hrn. Jacob zu vergleichen; denn beide Apparate sind, obschon sie eigentlich auf einem und
demselben Principe beruhen, von ganz verschiedener Natur. Hr. Duchemin wollte nur die Mittel an die Hand geben, durch welche sich die
Rost-Pendel leicht und sicher reguliren lassen. Hr. Jacob hingegen hat ein ganz neues Pendel erfunden, welches wir, zum
Unterschiede von den anderen, das Scheiden-Pendel (pendule à fourreau) nennen wollen. Beide Erfindungen haben ihren
großen Werth, und jeder Uhrmacher kann je nach Umstaͤnden ohne Nachtheil der
einen oder der anderen den Vorzug geben.
Hr. Jacob, der bereits durch die Erfindung eines
Zaͤhlers und durch andere Verbesserungen in der Uhrmacherkunst bekannt ist,
beschaͤftigt sich gegenwaͤrtig mit der Gruͤndung einer
Subscriptions-Anstalt zur Fabrikation von Regulatoren, die er um den
maͤßigen Preis von 600 Franken zu liefern gedenkt, und bei welchen er nach
einem Jahre Probe gutsteht, daß sie in einem Monate weder um eine halbe Minute zu
fruͤh, noch zu spaͤt gehen. Das Pendel soll eine hoͤlzerne
Stange bekommen, welche so zubereitet ist, daß weder die Veraͤnderungen der
Temperatur, noch jene Veraͤnderung, welche in Hinsicht auf Feuchtigkeit in
der Luft vorgehen, einen Einfluß darauf ausuͤben.