Titel: | Bemerkungen über den Statuenguß. Von Johann Robison Esq., Secretär der Royal Society zu Edinburgh. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XXXIV., S. 186 |
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XXXIV.
Bemerkungen uͤber den Statuenguß. Von
Johann Robison
Esq., Secretaͤr der Royal Society zu
Edinburgh.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal.
Januar-April 1833, S. 364.
Robison, Bemerkungen uͤber den Statuenguß.
Wenn man selbst nur oberflaͤchlich in Erwaͤgung zieht, welche
verhaͤltnißmaͤßig geringe Anzahl antiker Bronzestatuen bis auf unsere
Zeiten kam; oder wenn man die lebendige, obschon etwas possirliche Beschreibung liest, welche
Benvenuto Cellini von den Schwierigkeiten gibt, auf die
er beim Gusse der Statuen des PerseusDie Schwierigkeiten, auf welche Cellini stieß,
muͤssen darin begruͤndet gewesen seyn, daß sein Ofen nicht die
gehoͤrige Kraft besaß; er sagt
naͤmlich ausdruͤklich, daß er dieselben gluͤklich
uͤberwand, als er seinen Bronze mit Zinn (pewter) versezte oder verfaͤlschte, und als er von einem
Nachbar etwas gut getroknetes Brennholz erhielt.A. d. O. stieß; wenn man ferner bedenkt, welche ungeheuere Summen heut zu Tage das
Gießen von Kunstwerken in Bronze erfordert und verschlingt, so muß man im ersten
Augenblike nothwendig und natuͤrlich auf den Gedanken verfallen, daß die
großen Kosten dieser Art von Arbeit wahrscheinlich von irgend einer bisher noch
nicht gehoͤrig ergruͤndeten oder mysterioͤsen Schwierigkeit in
dem dabei befolgten Verfahren herruͤhren. Geht man aber in eine tiefere
Untersuchung der Gruͤnde, auf welchen diese Ansicht beruht, ein, so wird man
finden, welcher Widersinn in der Annahme des Bestehens einer solchen Schwierigkeit
in einem Lande liegt, in welchem in lezten Zeiten so ungeheuere und ausgezeichnete
Arbeiten in Metall gegossen wurden, – Arbeiten, die eine weit groͤßere
Genauigkeit in den kleinsten Dimensionen erfordern, als dieselbe beim Statuenguß je
noͤthig ist, da bei diesem lezteren, wenn nur die gegenseitigen
Verhaͤltnisse richtig erhalten werden, durch das Zusammenziehen des Metalles
beim Abkuͤhlen, keine nachtheilige Einwirkung erfolgt.Der Guß eines Cylinders fuͤr eine Dampfmaschine von 200
Pferdekraͤften ist eine weit delicatere Operation, als der Guß irgend
einer Statuengruppe. Eine Luftblase oder ein Sprung, der an einer Statue
unbemerkbar oder leicht auszubessern ist, macht ersteren ganz untauglich,
obschon er vielleicht erst entdekt wird, nachdem bereits viel Zeit und Geld
auf dessen Vollendung verwendet worden.A. d. O. In einem Lande, wo es in jeder Gegend gewandte Gießer und geraͤumige
Oefen in Ueberfluß gibt, wo taͤglich und stuͤndlich die schwierigsten
Gegenstaͤnde von ein Paar Gran bis zu einigen Tonnen Schwere gegossen werden,
kann die Schwierigkeit also, wenn es wirklich eine solche gibt, nicht in der
Werkstaͤtte des Gießers gesucht werden.
Worin liegt nun aber der Grund, warum wir so wenig große, metallene Statuen besizen,
und warum dieselben in neuerer Zeit so hoch zu stehen kommen?
Ich glaube der Grund hievon ist 1) in dem hohen Preise der Bronze, und 2) darin zu
suchen, daß das Gießen in Bronze keine gewoͤhnliche Operation ist, und daß
man daher meistens eigene Oefen dafuͤr bauen und fuͤr jede einzelne
Operation die Arbeiter erst mit großen Kosten zusammensuchen muß.
Wenn man nun die Richtigkeit dieser Gruͤnde zugibt, so wird man mir mir
uͤberzeugt seyn, daß es gewiß der Muͤhe werth waͤre, gruͤndlich zu
untersuchen, ob die Kosten des Statuengusses durch Anwendung von Gußeisen statt
Bronze nicht wesentlich verringert werden koͤnnten, und ob der Vortheil, der
sich hiebei in Hinsicht auf Ersparniß ergeben wuͤrde, nicht durch irgend
etwas Anderes wieder aufgewogen wird.
Der Vortheil, der sich bei der Anwendung von Eisen statt Bronze ergeben
muͤßte, ist ein doppelter; denn 1) kostet das eine Metall nur den zwanzigsten
Theil so viel als das andere, und 2) findet man beinahe in der Nachbarschaft von
allen bedeutenderen Orten Eisengießereien mit zahlreichen Arbeitern, welche den
schwierigsten Arbeiten gewachsen sind, und welche selbst Cellini beschaͤmen wuͤrden, wenn ihm auch das trokenste
Holz, welches ihm Florenz liefern kann, zu Gebot stuͤnde.In Gegenden, in welchen es nur wenig und schlechtes Brennmaterial gibt,
werden die Kuͤnstler natuͤrlich jenem Metalle den Vorzug
geben, welches sie leichter schmelzen koͤnnen. Waͤren den
Griechen und Roͤmern Pechkohle und Eisen zu Gebot gestanden, so
wuͤrden sie sich derselben sicherlich bedient haben; da sie nur Holz
hatten, so nahmen sie Bronze. Die Hollaͤnder, welche Torf als
Brennmaterial benuzen, verfettigen Statuen aus Blei; die Belgier, denen
Steinkohlenbergwerke zu Gebot stehen, gießen dieselben nun aus Eisen. A. d.
O.
Es ist noch ein wesentlicher Theil des Preises eines Statuen-Originales zu
beruͤksichtigen: naͤmlich die Entschaͤdigung fuͤr den
Kuͤnstler, der das Modell zeichnet, und der die Modellirung leitet. Diese
Entschaͤdigung soll, wie jeder Kunstliebhaber wuͤnschen wird und
wuͤnschen muß, in einem liberalen Maßstabe erfolgen; allein wenn die
Gesammtausgaben sehr groß sind, und wenn der Bildhauer genoͤthigt ist einen
ihm fremden Messinggießer zu verwenden, so wird er leider oft gezwungen seyn, einem
Theile jenes Gewinnes zu entsagen, den er als Belohnung seines Talentes und als
Entschaͤdigung fuͤr das Risico, welchem er ausgesezt war, billig
erwarten durfte. Wenn sich nun durch Annahme eines wohlfeileren Materiales und einer
minder kostspieligen Gußmethode die Kosten des Statuengusses bedeutend vermindern
ließen, so koͤnnten wir das Genie des Kuͤnstlers reichlicher belohnen,
und die Folge hievon wuͤrde nothwendig nicht nur eine groͤßere
Foͤrderung des Talentes und der Kunst seyn, sondern wir wuͤrden auch
unsere oͤffentlichen Plaͤze sowohl als viele Privatgebaͤude mit
zahlreichen Kunstwerken verziert sehen. Vielleicht wuͤrden wir dann
allmaͤhlich auch in dieser Hinsicht mit jenen Laͤndern wetteifern
koͤnnen, in denen diese Kunst theils wegen der guͤnstigen klimatischen
Verhaͤltnisse, theils wegen anderer Umstaͤnde, auf einer
hoͤheren Entwikelungsstufe steht, als wir sie bisher zu erreichen im Stande
waren.
Man wird mir zwar hie und da einwenden, daß das Eisen ein zu schlechtes Material sey,
als daß es in den hoͤheren Klassen der Bildhauerkunst angewendet werden
koͤnnte. Dieß scheint mir jedoch ein Vorurtheil, welches bei einigem ruhigen
Ueberdenken der Sache verschwinden duͤrfte. Wir halten das Eisen nicht
fuͤr zu schlecht zur Verfertigung der Hauptfeder eines Chronometers, der
Klinge eines Husarensaͤbels, oder der Scheide des Schwertes eines
Hoͤflinges, in welch lezterer Form der urspruͤngliche Werth des Eisens
nach Babbage um das 973fache vermehrt worden; warum
sollten wir es daher zum Statuengusse zu schlecht halten?
Wenn das Eisen schaͤrfere Umrisse durch den Model zu erlangen im Stande ist
als der Bronze (wie dieß Jedermann zugeben muß, der die zu Berlin und
anderwaͤrts gegossenen Gegenstaͤnde untersucht hat), so wird man
gestehen muͤssen, daß das Eisen wenigstens in dieser Hinsicht ein Material
ist, welches dem Model des Kuͤnstlers mehr Ehre macht, als der Bronze. Ich
will nun untersuchen, ob das Eisen in irgend einer Hinsicht auch wirklich weniger
dauerhaft ist, als der Bronze, wie man dieß behauptet.
Eiserne Statuen haben in einem wesentlichen Punkte einen großen Vorzug vor den
bronzenen. Die Arbeit, die das Umwerfen und das Zerschlagen einer großen eisernen
Statue machen wuͤrde, wuͤrde durch die Eisentruͤmmer, die man
dadurch erhaͤlt, kaum abbezahlt werden; nicht so verhaͤlt es sich beim
Bronze, denn hier hat die Erfahrung gelehrt, daß der Preis dieses Metalles bei
Volkstumulten nicht selten ein unwiderstehliches Reizmittel war, welches sowohl
Goͤttern als Gottheiten aller Art ihre Unsterblichkeit raubte.
Fuͤrchtet man allenfalls von der Geneigtheit des Eisens zur Oxydation eine
Gefahr fuͤr die Statuen, so bemerke ich dagegen, daß in dieser Hinsicht
zwischen dem Bronze und dem Gußeisen wahrlich kein großer Unterschied Statt findet,
und daß, wenn man zum Schuze der Oberflaͤche einer eisernen Statue eben so
viel verwenden will, als man zum Schuze der Bronzestatuen verwendet, die Witterung
wahrscheinlich nur sehr geringen Einfluß auf das Eisen aͤußern wuͤrde.
Man sieht uͤberall Beispiele von rohen Gußwaaren, fuͤr deren Schuz
beinahe gar nichts gethan wurde, und an denen dessen ungeachtet selbst nach langer
Zeit noch keine wesentliche Veraͤnderung bemerkbar ist, so daß man mit aller
Zuversicht schließen kann, daß wenn man ein Mal nur mehr Hebung erlangt und der
Sache mehr Aufmerksamkeit und Studium geschenkt haben wird, man jedem eisernen
Kunstwerke ein gefaͤlliges Aussehen wird geben koͤnnen, welches sich
durch Generationen hindurch unveraͤndert erhalten wirdViele jener schoͤnen Miniaturstatuen, die wir an den
franzoͤsischen Stokuhren bewundern, und welche man als vergoldete
Bronzestatuen betrachtet, bestehen bloß aus Gußeisen, da das Gold aber nicht
durch Amalgamation auf das Eisen aufgetragen werden kann, wie dieß beim
Bronze der Fall ist, so erkennt man die eisernen Arbeiten jedoch leicht an
der minder glaͤnzenden Vergoldung.A. d. O.
Wenn wir uns nicht sehr irren, so wird das feinste Gußeisen in Folge der wichtigen
Verbesserungen, die neuerlich an den Hochoͤfen am Clyde eingefuͤhrt
wurden, bald so wohlfeil zu stehen kommen, daß man dasselbe in Kuͤrze
allgemein zu architektonischen Verzierungen und Bauten wird benuzen koͤnnen.
England kann auf diese Weise, wenn es sich der reichen Huͤlfsmittel, die ihm
Natur und Kunst bieten, zu bedienen versteht, gewiß in den schoͤnen
Kuͤnsten eine eben so hohe Stufe erreichen, als in der Mechanik.