Titel: | Ueber ein Instrument zum Messen der Geschwindigkeit der Fahrt der Schiffe. Von einem Ungenannten. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XLVIII., S. 253 |
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XLVIII.
Ueber ein Instrument zum Messen der
Geschwindigkeit der Fahrt der Schiffe. Von einem Ungenannten.
Aus dem Mechanics' Magazine, N. 510, S.
105.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Instrument zum Messen der Geschwindigkeit der Fahrt der
Schiffe.
Ich nehme mir die Freiheit dem Publikum hiemit den Plan eines Instrumentes
vorzulegen, welches sich, wie mir scheint, ganz vorzuͤglich zum Messen der
Geschwindigkeit der Fahrt eines Schiffes zur See eignen duͤrfte. Man sieht
dieses Instrument in Fig. 29 von Oben, in Fig. 30
hingegen von Vorne.
Das Princip meiner Erfindung beruht darauf, daß, wenn man in einem Schiffe ein Blei
frei aufhaͤngt, dieses Blei nur dann senkrecht herabhaͤngt, sobald das
Schiff keine geradlinige Bewegung macht, waͤhrend es, wenn sich das Schiff
bewegt, immer unter einem Winkel herabhaͤngt, welcher mit der Geschwindigkeit
der Bewegung im Verhaͤltnisse steht. Es ist daher nichts weiter
noͤthig, als diesen Winkel meßbar zu machen, um den Grad dieser
Geschwindigkeit auf die unfehlbarste Weise bemessen zu koͤnnen. Um nun zu
diesem Zweke zu gelangen, verbinde ich zwei Kleie, ein horizontales und ein
senkrechtes, mit einander, und haͤnge dieselben an solchen mechanischen
Vorrichtungen auf, daß das Rollen und Stampfen des Schiffes keinen Einfluß auf
dieselben hat, und daß sie auch nicht gegenseitig auf einander wirken, obschon sich
der Balken des horizontalen mit der Stange des senkrechten Bleies kreuzt. So ist in
Fig. 30
A das senkrechte Blei, welches sich bei A' in einen gezaͤhnten Kreisbogen endigt. Die
Enden der Achse dieses Bleies sieht man bei C durch den
aͤußeren Ring GG' gehen. B und B' sind die Kugeln des horizontalen Bleies, welche an dem Umfange einer
kreisrunden Platte befestigt sind, so daß man deren Durchmesser als den Balken
betrachten kann, durch welchen die beiden Kugeln mit einander in Verbindung stehen.
Ich bediene mich hier des Ausdrukes Balken, weil sich die Theile gerade wie an einer
Wage verhalten. Diese Platte ist in Fig. 30 durch den
aͤußeren Ring verdekt, in Fig. 29 ist dieselbe
hingegen sichtbar. In Folge der Stellung dieser Kugeln einander gegenuͤber
wird die Platte immer vollkommen horizontal stehen. Das auf diese Weise verfertigte
horizontale Blei ist an der Achse des senkrechten aufgehaͤngt, so daß es sich
frei an demselben bewegen kann, und daß der Schwerpunkt etwas Weniges unter die
Aufhaͤngepunkte faͤllt, gerade so, wie der Balken einer
gewoͤhnlichen Wage aufgehaͤngt ist. Auf der horizontalen Platte
befindet sich, von Saͤulen oder Pfosten getragen, ein Zifferblatt DD', waͤhrend mit dem gezaͤhnten
Bogen mit Huͤlfe eines Getriebes P ein Zeiger in
Verbindung gebracht ist. Wenn das Schiff stillsteht, wenn es zu rollen oder zu
stampfen oder Beides zu thun anfaͤngt, so bewegen sich das horizontale und
das senkrechte Blei in vollkommener Gemeinschaft, und der Zeiger bleibt
unbeeintraͤchtigt; so wie sich das Schiff aber nach Vor- oder
Ruͤkwaͤrts bewegt, so weicht das senkrechte Blei im
Verhaͤltnisse dieser Bewegung von der senkrechten Stellung ab, der Kreisbogen
wirkt daher dann auf das Getrieb, so daß der Zeiger den Abweichungswinkel
vergroͤßert und registrirt. Wenn die Bewegung wieder aufhoͤrt, oder
wenn sie sich vermehrt oder vermindert, so bekommt der Bogen und das Getrieb wieder
eine andere Stellung, und der Zeiger zeigt daher eine andere Zahl. Verbindet man nun
noch eine Art Uhrwerk mit dem Apparate, so kann man es dahin bringen, daß alle die
einzelnen Veraͤnderungen, welche sich ergeben, dadurch fortwaͤhrend
registrirt werden.
Um diese Erfindung und Vorrichtung praktisch anwendbar zu machen, braucht man nur
durch Versuche zu bestimmen, welcher Abweichungswinkel bei gewissen
Geschwindigkeiten und einem Pendelsenkblei von gegebener Laͤnge Statt findet.
Aus den von mir hieruͤber angestellten Versuchen darf ich schließen, daß die
Abweichungen selbst bei geringen Geschwindigkeiten und einem Pendel von
maͤßiger Laͤnge ganz bedeutend und leicht meßbar sind. Das Instrument
muͤßte in der Naͤhe des Bauches oder des Hintertheiles des Schiffes
befestigt werden, und zwar in einer horizontalen, durch den Schwerpunkt des Schiffes
gehenden Linie; befaͤnde es sich naͤmlich weit uͤber oder unter
dieser Linie und in der Nahe des mittleren Theiles des Schiffes, so wird auch das
Stampfen ebenso auf das Instrument einwirken, wie die geradlinige Bewegung nach
Vorwaͤrts.
Ich glaube, daß dieses Instrument die Geschwindigkeit der Bewegung eines Schiffes richtiger angibt,
als irgend ein anderes. Ein Vortheil desselben scheint mir darin zu bestehen, daß es
bei schlechtem Wetter nicht wie die uͤbrigen die Ausdehnung der
Oberflaͤche uͤber die Wellen hin, sondern nur das wirkliche
Vorwaͤrtsschreiten des Schiffes mißt. Die Einrichtung des Instrumentes, die
ich hier in Vorschlag brachte, und die vielleicht in anderen Haͤnden noch
mancher Verbesserung faͤhig seyn duͤrfte, ist zwar complicirt; sie
gewaͤhrt aber den großen Vortheil, daß sie alle die vorkommenden Abweichungen
in der Geschwindigkeit des Laufes des Schiffes registrirt. Wollte man auf diesen
Vortheil Verzicht leisten, so ließe sich das Instrument sehr vereinfachen, so
koͤnnte man den gezahnten Kreisbogen, das Getrieb und den Zeiger mit seiner
Platte, so wie auch die Kugeln BB' weglassen, und
dafuͤr die Platte, die dieselben traͤgt, unbeweglich an der Achse des
senkrechten Senkbleies befestigen. Endlich koͤnnte man an der Platte, und
unter rechten Winkeln mit dieser Achse, auch noch eine senkrechte Weingeistsezwage
anbringen. Der Abweichungswinkel wuͤrde auf diese Weise sehr deutlich
werden.
Am Schlusse dieses Aufsazes kommt mir noch eine andere Idee, nach welcher sich, wie
ich glaube, der fragliche Zwek noch sicherer erreichen ließe. Man soll sich
naͤmlich zwei in jeder Hinsicht vollkommen gleiche Pendelchronometer
verfertigen, beide in sogenannten Gimbals aufhaͤngen, und den einen so
anbringen, daß sich dessen Pendel vom Vordersten gegen den Hintersten schwingt, den
anderen hingegen so, daß die Pendelschwingungen von Steuerbord gegen Bakbord
erfolgen. Wenn das Schiff stillsteht, so werden die Schwingungen beider Pendel
einander gleich seyn; so wie sich dasselbe aber bewegt, so werden sie von einander
abweichen, und zwar im Verhaͤltnisse der Geschwindigkeit der Bewegung.
Vielleicht laͤßt sich hieraus auch die Abweichung mancher Chronometer, die
bisher anderen Ursachen zugeschrieben wurde, erklaͤren.