Titel: | Ueber Mead's kreisende Dampfmaschine und über die von Galloway an derselben angebrachten Verbesserungen. Von J. Murdoch. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LXXX., S. 401 |
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LXXX.
Ueber Mead's kreisende Dampfmaschine und uͤber
die von Galloway an
derselben angebrachten Verbesserungen. Von J. Murdoch.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 515 und
516.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Mead's kreisende Dampfmaschine.
Das Mechanics' Magazine enthielt vor einiger Zeit eine
Beschreibung einer von Hrn. Grabame erfundenen kreisenden DampfmaschinePolyt. Journal, Bd. XLVIII. S.
342., an welcher zwei, in einen Cylinder eingeschlossene und an verschiedenen
Achsen sich drehende Kolben der Maschine eine kreisende Bewegung mittheilen sollen,
indem jeder der Kolben bei seiner Umdrehung stationaͤr wird und als
Dampfsperrer wirkt, waͤhrend der andere Kolben eine Umdrehung in dem Cylinder
zuruͤklegte und die Maschine herumtrieb. Die Maͤngel und Fehler an
dieser Maschine sind zu augenscheinlich, als daß sie einer eigenen Darlegung
beduͤrften; interessanter duͤrfte aber dafuͤr eine Beschreibung
jener Dampfmaschine seyn, welche Mead nach demselben
Principe verfertigte, und an der Galloway spaͤter
eine Verbesserung anbrachte. Diese beiden Maschinen verdienen naͤmlich
hauptsaͤchlich wegen der sinnreichen Methode, nach welcher die kreisende
Bewegung des Flugrades unterhalten wird, so wie auch deßwegen, weil sie weder
Klappen noch Haͤhne von irgend welcher Art erfordern, besondere
Beruͤksichtigung.
Fig. 16 zeigt
einen Durchschnitt, Fig. 17 hingegen einen Grundriß der Mead'schen
Maschine. An beiden Figuren beziehen sich gleiche Buchstaben auf gleiche
Gegenstaͤnde. Die Dampfkammer besteht aus einem hohlen Ringe, der von zwei
zusammengebolzten Platten ab gebildet wird. Innerhalb dieser kreisfoͤrmigen
Hoͤhle befinden sich zwei kreisfoͤrmige Kolben cd. Der Kolben c ist
mittelst einer kreisrunden Platte e an der hohlen Welle
f festgemacht, die sich in einer
Schlußbuͤchse in der Platte a umdreht. Der Kolben
d ist auf eine aͤhnliche Weise mittelst der
Platte g an einer Welle befestigt, die sich mit dem
einen Ende in einer Schlußbuͤchse in der Platte b
bewegt, waͤhrend ihr anderes Ende durch die hohle Welle f geht. An dem Ende der Welle f ist ein Winkelhebel k befestigt, und an der
Welle i befindet sich ein Winkelhebel m, der dem vorhergehenden an Laͤnge gleich ist. n ist ein Flugrad, dessen Welle in den Zapfenlagern oo ruht. Der Mittelpunkt des Flugrades
faͤllt nicht mit den Achsen der Winkelhebel k und
m zusammen, sondern befindet sich in einer
Entfernung von demselben, welche etwas geringer ist, als die Laͤnge der
Winkelhebel. An der vorderen Flaͤche des Flugrades, der Dampfkammer
zunaͤchst, ist eine Stange p angebracht, welche
mit einem Laͤngenausschnitte versehen ist, in dem sich die Stifte der
Winkelhebel, die zur Verminderung der Reibung mit Rollen qr versehen sind, bewegen; s ist der Dampfweg und t die
Austrittsoͤffnung. v, w, x, z sind die Arme des
Flugrades.
Das Spiel der Maschine kann auf folgende Weise erlaͤutert werden. Die
Mittellinie des Ausschnittes pp, in welchem sich
die Gegenreibungsrollen bewegen, geht durch den Mittelpunkt des Flugrades, so daß
sich die Rollen also bei jeder Stellung des Flugrades in irgend einer diametralen
Linie dieses Rades befinden werden. Da dieselben nun bei ihrer Umdrehung den durch
punktirte Linien bezeichneten Kreis beschreiben, so werden die beiden Punkte, in
welchen dieser Kreis bei irgend einer Stellung des Flugrades die Mittellinie des
Ausschnittes durchschneidet, die Stellung bezeichnen, in der sich die Rollen um
diese Zeit befinden. Und zieht man von diesen Punkten aus an den Mittelpunkt der
Dampfkammer Linien, so werden diese Linien die Stellung der Kolben andeuten. Hieraus
ersieht man, daß, waͤhrend ein Kolben den Raum oder den kleinen zwischen den
Oeffnungen ts befindlichen Kreis beschreibt, der
andere Kolben den uͤbrigen Theil des Kreises oder den Bogen s, x, t durchlaͤuft.
Hr. Galloway macht in seiner
Geschichte der Dampfmaschine folgende Bemerkungen uͤber diese Erfindung:
„Die Methode, nach welcher Hr. Mead das Schlagen der beiden
Scheidewaͤnde zu vermeiden suchte, ist wie mir scheint, die gelungenste,
die noch zur Beseitigung dieses Hindernisses, an welchem wahrscheinlich auch der
Plan Hornblower's
scheiterte, angegeben wurde. Der sich bewegende Kolben wird hier naͤmlich
mittelst des Flugrades allmaͤhlich zu einem Ruhestaͤnde gebracht,
so daß das Schlagen beinahe ganz aufgehoben wird. Obschon kein Grund vorhanden
ist, aus welchem man vermuthen koͤnnte, daß die Liederung bei dem
Uebergange uͤber die Muͤndungen, welche zum Ein- und
Austritte des Dampfes dienen, ausgetrieben werden koͤnnte, so ließe sich
diesem Uebelstande doch durch Anwendung einer metallenen Liederung leicht
abhelfen. Wenn mit dieser Maschine je unter Umstaͤnden, die kein locales
Hinderniß darboten, ein Versuch im Großen angestellt wurde, so muß ich gestehen,
daß ich nicht einsehe, warum deren Wirkung nicht wenigstens eben so groß war,
als jene einer Balken- oder Schwengelmaschine. Es ist zwar wahr, daß die Umdrehung
weder continuirlich, noch gleichmaͤßig ist; allein dieß ist hier nicht im
groͤßeren Maße, als bei irgend einer anderen Maschine der Fall; im
Gegentheile wird an anderen Maschinen bei jeder Aenderung der Bewegung eine viel
groͤßere Menge von Materie oder Koͤrper in Ruhestand
versezt.“
Die Ansicht des Hrn. Galloway
scheint mir in obiger Stelle in einer Hinsicht nicht ganz richtig: die Bewegung der
Kolben ist naͤmlich zwar nicht gleichmaͤßig, aber doch continuirlich;
denn die Kolben kommen, obschon deren Bewegung waͤhrend eines Theiles der
Umdrehung um Vieles langsamer wird, doch nie in vollkommenen Ruhestand, wie bei den
Maschinen mit Wechselbewegung.
Die Maschine des Hrn. Galloway,
zu deren Beschreibung ich sogleich uͤbergehen werde, war urspruͤnglich
fuͤr ein Geblaͤs bestimmt; man wird aber leicht einsehen, daß sie sehr
gut auch als Dampfmaschine angewendet werden kann.
Ein Einwurf gegen die Mead'sche Maschine ist der, daß die
Dampfkammer im Durchschnitte kreisfoͤrmig ist: ein Umstand, der in der
Ausfuͤhrung seine Schwierigkeiten hat. Ich glaube, daß Hr. Mead die Kreis form bloß deßwegen
anwendete, weil ein vierekiger Kolben unmoͤglich mit Hanf geliedert werden
kann, und weil die metallenen Liederungen zu seiner Zeit noch hoͤchst
unvollkommen waren. Da die metallenen Liederungen gegenwaͤrtig nun aber an
Kolben von jeder Form angebracht werden koͤnnen; so gab Hr. Galloway seinen Kolben die Form
eines Rechtekes, so daß sich dieselben innerhalb einer cylindrischen Dampfkammer
bewegen, bei welcher die Einwuͤrfe gegen die Mead'sche Dampfkammer wegfallen.
Eine andere Abweichung von der Mead'schen Maschine besteht
darin, daß Hr. Galloway statt
des Ausschnittes, in der sich die Stifte der Winkelhebel bewegten,
Verbindungsstangen anbrachte, welche von den Winkelhebeln an das Flugrad
fuͤhren, so daß auf diese Weise die Schieberbewegung wegfaͤllt.
Fig. 18 ist
ein Durchschnitt des Cylinders der Galloway'schen
Maschine nach der Richtung der Achse. Fig. 19 ist eine
Fronteansicht der Winkelhebel und der Verbindungsstangen mit einem Durchschnitte des
Cylinders quer durch die Achse, um die Dampfwege und die Form der Kolben zu zeigen.
An beiden Figuren beziehen sich gleiche Buchstaben auf gleiche
Gegenstaͤnde.
a ist der Dampfcylinder; b
ein an der hohlen Achse oder Welle c befestigter Kolben,
d ist ein Kolben, welcher an der durch die Achse c gehenden Achse e befestigt
ist. f, ein Winkelhebel an dem Ende der Welle c: g ein Winkelhebel an der Welle e: h ein Flugrad an der Welle i, welche in
einer Entfernung, die der Laͤnge der Winkelhebel c oder e nicht ganz gleichkommt, excentrisch gegen die Achse
des Cylinders gestellt ist. Diese Winkelhebel stehen durch die Stangen k und l mit den Stiften mn, welche sich an entgegengesezten Punkten der
vorderen Flaͤche des Flugrades befinden, in Verbindung, o ist der Dampfweg; p der
Austrittsweg fuͤr den Dampf. Soll die Maschine jedoch so eingerichtet seyn,
daß sie nach beiden Richtungen arbeiten kann, so muß an diesen Dampfwegen eine
Schieberklappe oder ein Hahn mit vier Wegen angebracht werden, damit deren
Funktionen umgekehrt werden, rrrr sind
hoͤlzerne Stuͤke von der Form eines Sectors, von denen an jeder Seite
eines jeden Kolbens eines angebracht ist, die jedoch, um den Dampf nicht zu
unterbreche, nicht bis an den Umfang des Cylinders reichen. Die Wirkung dieser
Kolben ist jener an der Mead'schen Maschine
aͤhnlich, indem der eine Kolben nach der Richtung des Pfeiles durch den Bogen
osp laͤuft, waͤhrend sich der
andere durch den Bogen po, d.h. von dem
Austrittswege bis zum Dampfwege, bewegt.
Die beiden Maschinen, welche ich hier beschrieben habe, sind, wie ich glaube, die
besten von allen den Dampfmaschinen, welche nach diesem Principe (d.h. mit zwei
kreisenden Kolben) erbaut wurden. Die Art und Weise, auf welche die Bewegung auf das
Flugrad fortgepflanzt wird, ist in beiden Fallen sehr sinnreich. Allein ich glaube
doch, daß sich gegen das Princip ein Einwurf machen laͤßt, der dessen
Tauglichkeit großen Eintrag thun moͤchte. Der Dampf druͤkt offenbar
auf beide Kolben mit gleicher Kraft, jedoch nach entgegengesezten Richtungen, und
das Flugrad wird bloß dadurch zur Umdrehung veranlaßt, daß der eine Winkelhebel mit
groͤßerer Hebelkraft oder unter einem guͤnstigeren Winkel auf das
Flugrad wirkt, als der andere. Der wirksame Druk wird sich daher nicht wie der ganze
Druk auf einen der Kolben, sondern wie der Unterschied in der Hebelkraft der beiden
Kolben verhalten. In Folge der schiefen Richtung, in welcher die Winkelhebel
waͤhrend eines betraͤchtlichen Theiles der Umdrehung auf das Flugrad
wirken, wird ferner auch eine starke Spannung und Reibung entstehen. Da endlich der
Bau dieser Maschinen offenbar weit zusammengesezter ist, als jener der
gewoͤhnlichen Dampfmaschine mit Wechselbewegung von der einfachsten Art; da
ferner in beiden Faͤllen ein Flugrad noͤthig ist, damit die kreisende
Bewegung der Maschine selbst bei einem gewissen Punkte der Umdrehung keine
Unterbrechung erleide, und da folglich beiderlei Maschinen in Hinsicht auf Ersparniß
an Raum nichts vor einander voraus haben, so glaube ich, daß die Maschinen mit
kreisender Bewegung im Ganzen jenen mit Wechselbewegung nachstehen.