Titel: | Ueber die Anwendung des Gußeisens, des hohlen Eisens des einfachen und bearbeiteten Eisenbleches bei Bauten. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LXXXVILXXXV., S. 419 |
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LXXXVILXXXV.
Ueber die Anwendung des Gußeisens, des hohlen
Eisens des einfachen und bearbeiteten Eisenbleches bei Bauten.
Aus dem Journal de connaissances usuelles. Mai 1833,
S. 275.
Ueber die Anwendung des Gußeisens.
Die Anwendung des Eisens statt des Holzes bei Bauten ist ungeachtet der Fortschritte,
welche die Gewinnung, der Guß und die weitere Behandlung dieses nuͤzlichsten
aller Metalle gemacht hat, ungeachtet der schoͤnen Beispiele, mit denen man
uns in England vor ausging, bei uns in Frankreich noch beinahe als null und nichtig,
oder wenigstens, als auf einige wenige Gegenstaͤnde und Faͤlle
beschraͤnkt zu betrachten.Dieser Vorwurf trifft unser suͤdliches Deutschland in noch
groͤßerem Maße als Frankreich. Man kann, ohne unseren Landsleuten
Unrecht zu thun, fuͤglich behaupten, daß die in den lezten 10 Jahren
in England eingefuͤhrten Verbesserungen in der Production des
Roheisens, und die zahlreichen, mehr oder weniger gluͤklichen
Versuche uͤber die Benuzung des Gußeisens und verschiedener anderer
Eisenfabrikate zu verschiedenen Zweken fuͤr uns beinahe ohne allen
wesentlichen Erfolg geblieben sind, obschon man anderwaͤrts, wo man
weniger fuͤr Erhaltung des Status quo,
als fuͤr Befoͤrderung der Fortschritte in saͤmmtlichen
Zweigen unseres Wissens besorgt ist, bereits mehr oder weniger Nuzen daraus
zu ziehen wußte. Dieser Umstand, den jeder unbefangene Beobachter leider nur
zu sehr bestaͤtigt finden wird, veranlaßt uns zur Mittheilung dieses
Aufsazes, welcher eigentlich keine neuen Daten enthaͤlt, sondern nur
auf die Befolgung und Erwaͤgung von Dingen dringt, die wir bereits
schon so oft zu wiederholen Gelegenheit hatten, daß wir derselben
laͤngst uͤberdruͤssig geworden waͤren, wenn uns
die Foͤrderung des Wohles unseres Vaterlandes weniger am Herzen
laͤge.A. d. R. Der Grund dieser eben so wahren, als schmerzlichen Thatsache ist
gegenwaͤrtig nicht mehr in dem zu hohen Preise des Materiales, sondern
vielmehr darin zu suchen, daß der Schlendrian es noch immer nicht gestattet, daß die
neuerlich in der Baukunst gemachten Erfindungen und Verbesserungen so schnell und so
allgemein als moͤglich zum Vortheile der Bauunternehmer benuzt werden
koͤnnen.
Wenn unsere Productionsmittel leider noch so unvollkommen sind, daß wir in Hinsicht
auf die rohe Substanz noch nicht mit dem Auslande Concurrenz halten koͤnnen,
sondern demselben vielmehr noch fortwaͤhrend tributaͤr sind, so sind
wir in Hinsicht auf die Verarbeitung und Benuzung des rohen Productes in manchen
Beziehungen wo moͤglich doch noch weiter zuruͤk.
Eine verstaͤndige Benuzung des Gußeisens, des Schmiedeisens, des Eisenbleches
und verschiedener anderer Eisenfabrikate bei Bauten und mannigfachen anderen Dingen
wuͤrde nicht nur dem Bauunternehmer von großem Nuzen werden, sondern der Verbrauch an Eisen
wuͤrde dadurch im Innern eine ungeheuere Zunahme erleiden, eine Zunahme,
welche nothwendig auf die Vervollkommnung der Fabrikation den groͤßten und
wohltaͤtigsten Einfluß ausuͤben wuͤrde und muͤßte.
Im Jahr 1812, wo die Kuppel der Halle zu Paris mit Eisen gedekt wurde, war man noch
so weit zuruͤk, daß die Kosten dieser Dachbedekung nicht wohl Jemanden
aufmuntern konnten, einen aͤhnlichen Versuch zu wagen. Diese Ursachen
bestehen aber heut zu Tage nicht mehr, und bei dem rascheren Fortschreiten unserer
intellektuellen Entwikelung in neuerer Zeit laͤßt sich wohl hoffen, daß man
in Kurzem allgemeiner eine Baumethode befolgen werde, welche eine groͤßere
Dauerhaftigkeit, groͤßere Eleganz, Leichtigkeit und geringere Gefahr bei
Feuersbruͤnsten verspricht. Um auch von unserer Seite hierzu mitzuwirken,
erlauben wir uns nur folgende Bemerkungen mitzutheilen.
Von den leichteren Gegenstaͤnden aus Gußeisen. Zu
diesen gehoͤren die Stufen oder Fußtritte, die Feuergitter, ganzen Stiegen,
Kamine, Ausguͤsse, Wasserkufen, Dachroͤhrenkessel,
Dokengelaͤnder, Balcons, Fenstergesimse und viele andere Gegenstaͤnde.
Eine sehr schoͤne Anwendung des Gußeisens sieht man z.B. an der Stiege des
Theaters des Palais-Royal und im Bazar Montmorency.
Diese verschiedenen Gegenstaͤnde werden sehr duͤnn gegossen; um
denselben jedoch die gehoͤrige Starke zu geben, bringt man waͤhrend
des Gusses auf der Ruͤkenflaͤche Querstangen von 6 bis 7 Linien
Hoͤhe an. Diese Vorsichtsmaßregel reicht hin, um einer Platte die
gehoͤrige Staͤrke zu geben, ohne daß deren Gewicht dadurch zu sehr
erhoͤht wuͤrde. An den Gesimsen und Gelaͤndern laͤßt man
große leere Raͤume, deren Raͤnder kleine Vorspruͤnge bilden,
welche nicht nur zur Verzierung, sondern auch zur groͤßeren Festigkeit
beitragen. An den Stiegen sind z.B. die Tritte der Stufen voll, die Stuͤzen
derselben hingegen durchbrochen, was eine große Ersparniß gibt. Eine nach dieser
Methode erbaute Stiege von 30 Stufen kommt mit Einschluß der mittleren Schneke und
des Gelaͤnders aus hohlem Eisen oder selbst aus Gußeisen nicht hoͤher
als auf 2000 Franken, und uͤbertrifft dabei, wenn sie angestrichen oder
bronzirt ist, sowohl an Schoͤnheit und Eleganz, als an Dauerhaftigkeit jede
hoͤlzerne und jede steinerne Stiege. Bei den Schnekenstiegen, welche in der
Mitte eine Art von cannelirter hohler Saͤule haben, ergibt sich auch noch der
Vortheil, daß diese hohle Saͤule als Abzugsroͤhre fuͤr den
Rauch oder fuͤr das Ausgußwasser der oberen Stokwerke dienen kann; zu
ersterem Zweke sieht man sie z.B. in der Galerie
vitrée des Palais Royal benuzt.
Von dem verarbeiteten und hohlen Eisen. Die Ausmittelung
einer Methode, bei welcher der Nerve, die Zaͤhigkeit und die Haͤrte
des Eisens unveraͤndert bliebe, waͤhrend dessen Schwere um Vieles
vermindert wuͤrde, war bei dem unvollkommenen Zustande, in welchem sich die
Eisengießerei noch immer befindet, ein Gegenstand von hoͤchster Wichtigkeit.
Außerordentlich Vieles verdanken wir in dieser Hinsicht den HH. Gandillot zu Besançon, welche
es nach lange fortgesezten und kostspieligen Versuchen endlich dahin gebracht haben,
daß sie nun um einen sehr maͤßigen Preis eine Menge leichter eiserner
Gegenstaͤnde in den Handel bringen koͤnnen, welche eben so dauerhaft
sind, als bestuͤnden sie aus massivem Eisen.Wir haben uͤber diese Fabrikate im Polyt. Journ, Bd. XLIV. S. 273 einen
ausfuͤhrlichen Bericht mitgetheilt.A. d. R. Zu den vorzuͤglichsten Gegenstaͤnden dieser Art, welche jene
Herren fabriciren, gehoͤren Gitter, Balcons, Wiegen, Raufen, einfache und
doppelte Leitern, Kreuze, Betten, Tische, Stuͤhle, Canapé's etc. Der
Absaz dieser Artikel faͤngt gegenwaͤrtig an immer mehr zuzunehmen,
indem dieselben um 2/3 leichter sind, als dieselben Artikel aus massivem Eisen
verfertigt werden koͤnnen, und indem sie sich aus diesem Grunde auch weit
leichter handhaben lassen. Die Thuͤren, Gitter etc. dieser Art sind weniger
geneigt sich so zu veraͤndern, daß sie nicht mehr passen, oder sich so
senken, wie jene aus massivem Eisen, die wegen ihrer großen Schwere uͤberdieß
auch schwer zu bewegen sind.
Außerdem ist die Zusammenfuͤgung dieser Artikel auch viel leichter und
dauerhafter. Eine hohle Stange von 10 Linien im Durchmesser besizt beinahe 3/4 der
Kraft einer massiven Stange von ebendemselben Durchmesser, oder sie kommt an Kraft
beinahe einer massiven Stange von 10 Linien Durchmesser gleich. Im Allgemeinen ist
naͤmlich das Verhaͤltniß von hohlen zu massiven Stangen innerhalb
gewisser Graͤnzen, wie 10 zu 11; außerhalb dieser Graͤnzen
hoͤren jedoch die Dauerhaftigkeit und Ersparniß an Kosten auf, indem die
Kosten der Zusammenfuͤgung keineswegs mehr durch die Ersparniß an Material
ausgeglichen wuͤrden; eine zu kleine hohle Stange wuͤrde
uͤberdieß auch zu wenig Sicherheit gewaͤhren.
Ein Gitter, welches an einer Mauer angebracht werden soll, und welches aus hohlen
Eisenstangen von 10 Linien Durchmesser und 5 Fuß Hoͤhe besteht und mit
gußeisernen Lanzen und zwei vierekigen Querstuͤken versehen ist, kann
fuͤr 72 Franken per Klafter geliefert werden;
d.h. was aus massivem Eisen 1000 Franken kosten wuͤrde, kann aus hohlem Eisen
um 2/3 wohlfeiler, d.i. um 355 Fr., geliefert werden.
Von dem convexen, concaven und dreiekigen Eisen. Convexes
und concaves Eisen sahen wir in diesem Jahre zum ersten Mal zur Verfertigung von
Stiegengelaͤndern benuzt. Ein Eigenthuͤmer besaß naͤmlich eine
große Menge alter Reifen und flacher duͤnner Eisenschienen, die er
hoͤchstens mehr als altes Eisen verwerthen konnte. Er kam nun auf die Idee,
diese Eisenschienen ihrer ganzen Laͤnge nach so unter rechten Winkeln liegen
zu lassen, daß sie eine Art von dreiekiger Rinne bildeten, deren hohlen Raum er mit
einem festen Kitte ausfuͤllen ließ. Er fand bald Nachahmer, welche auf
dieselbe Weise Rinnen mit rundem Ruͤken verfertigen ließen, so daß man
gegenwaͤrtig Gitter, Gelaͤnder, Rahmen etc. aus solchen hohl gebogenen
Schienen sieht, welche ein sehr gefaͤlliges Aeußeres haben. Ich sah
kuͤrzlich ein solches Gelaͤnder, welches aussah, als bestuͤnde
es aus runden, in zwei Stuͤke gespaltenen Stangen. Die Festigkeit dieser Art
von Fabrikaten ist zwar nicht außerordentlich groß, allein sie sind sehr wohlfeil
und sehen dabei huͤbsch aus.
Von dem einfachen und gerieften oder cannelirten
Eisenbleche. Wir haben schon fruͤher ein Mal angedeutet, daß man aus
dem Eisenbleche Sommerladen verfertigen koͤnne, welche wohlfeiler zu stehen
kommen, als das Eisenbeschlaͤg der gewoͤhnlichen hoͤlzernen
Sommerladen. Man kann das Eisenblech aber auch anstatt der Schieferplatten benuzen,
theils indem man es in großen Platten verwendet, theils, was noch besser ist, indem
man die Stuͤke in Form von eingehakten Schuppen zerschneidet, wo dann das
Dach gleichsam als aus einem Stuͤke bestehend aussieht. Der Dachstuhl, der
diese Art von Dachbedekung zu tragen hat, braucht bloß aus kleinen Sparren von
solcher Staͤrke zu bestehen, daß sie sowohl sich selbst, als den Dachdeker zu
tragen im Stande sind; auch kann man das Dach, waͤhrend es gedekt wird, zum
Ueberflusse von unten aus stuͤzen. Ist das Dach gedekt, so
uͤberstreicht man es mit einer Farbe, wodurch es vollends wasserdicht wird.
Durch Eintauchen der Blechplatten in einen heißen wasserdichten Firniß kann man
dieselben beinahe unveraͤnderlich machen. Man braucht beinahe ein Pfund
dieser Platten, um einen Quadratfuß zu deken, oder 4 1/2 Kilogrammen, um einen
Quadratmeter zu deken. Die Benuzung des Eisenbleches zur Bekleidung von
Daͤchern ist etwas sehr Altes; allein gegenwaͤrtig erst, wo das
Eisenblech sehr wohlfeil ist, und wo man verschiedene Abfaͤlle der
Eisenblech-Fabriken und Klempnereien hierzu benuzen kann, kann man sich
desselben mit Vortheil bedienen.
Das Eisenblech kann auch fuͤr sich allein und ohne alle Dazwischenkunft eines
Gebaͤlkes als Dachbekleidung benuzt werden. Man braucht dasselbe zu diesem
Behufe nur der Laͤnge nach mehr oder weniger fein zu halten oder zu canneliren, die
Blaͤtter an ihren Enden mittelst Schrauben mit einander zu verbinden, und
dann das Ganze gehoͤrig anzubringen. Auf diese Weise verbundene cannelirte
Blechplatten geben sehr leichte und doch sehr feste Bogen. Das Canneliren geschieht
leicht auf einem Strekwerke; die Falten koͤnnen rund oder vierekig gemacht
werden. Das Eisenblech verliert zwar durch dieses Canneliren an Breite, gewinnt aber
dafuͤr so viel an Staͤrke, daß es eine Last von 500 Kilogrammen zu
tragen vermag, ohne sich zu biegen und ohne zu brechen.Siehe Polyt. Journal, Bd. XLVII., S.
170.A. d. R. Das Vorteilhafteste hierbei ist, daß man auf diese Weise ohne alles
Gebaͤlk 40 und 50 Fuß weite Bogen verfertigen kann, die man nur mehr mit Oehl
oder Theer zu bestreichen braucht, um sie gegen die Einfluͤsse der Witterung
zu schuͤzen.
Das Eisenblech laͤßt sich in einer Menge von Faͤllen auch zu Tafelwerk
benuzen, leider werden aber, da es sich bei Veraͤnderungen der Temperatur
ausdehnt und zusammenzieht, die Gefuͤge loker, so daß der Anstrich abspringt.
Diesem Uebelstande laͤßt sich abhelfen, wenn man das Blech fein cannelirt,
und es so anbringt, daß es sich ausdehnen und wieder zusammenziehen kann. Man kann
das Tafelwerk fuͤr Comptoirs, Kaufladen etc. und auch ganze Thuͤren
auf diese Weise verfertigen. Bricht in einem solchen Falle Feuer in einem Gemache
aus, so braucht man nur dessen Thuͤre zu verschließen, um das Feuer
auszuloͤschen. Endlich kann man aus solchem Eisenbleche auch
Scheidewaͤnde fuͤr Zimmer verfertigen, die sich, wenn man unten Rollen
anbringt, wegen ihrer Leichtigkeit gut schieben lassen, so daß man ein Zimmer nach
Belieben groͤßer oder kleiner machen kann.