Titel: | Bericht über den Pflug des Johann Joseph Grangé von Harol in den Vogesen, erstattet vor dem landwirthschaftlichen Comité des Journal des connaissances usuelles. |
Fundstelle: | Band 50, Jahrgang 1833, Nr. LXXXIII., S. 365 |
Download: | XML |
LXXXIII.
Bericht uͤber den Pflug des Johann Joseph Grangé von
Harol in den Vogesen, erstattet vor dem landwirthschaftlichen Comité des Journal des connaissances usuelles.Dieser Pfluͤg gehoͤrt zu jenen Erfindungen, die von dem einfachen,
unverdrehten, aber praktisch beobachtenden Verstande eines in Mechanik und aller
Theorie gaͤnzlich Unerfahrnen ausgingen. Grangé ist
naͤmlich nichts weiter, als ein junger, armer Bauernknecht, der bei dem
Pfluͤgen, welches einen großen Theil seiner Beschaͤftigung
ausmachte, auf die Unvollkommenheiten des Instrumentes, welches man ihm in die
Hand gab, aufmerksam wurde, und denselben abzuhelfen trachtete. Das Resultat
seines Nachsinnens war nun der Pflug, dessen Beschreibung wir hier geben wollen,
indem derselbe wirklich mannigfache Vortheile zu gewahren scheint, und von
beinahe allen landwirthschaftlichen Gesellschaften Frankreichs sehr
guͤnstig beurtheilt wurde, namentlich von dem landwirthschaftlichen
Comité des Journal des connaissances
usuelles, welches Hrn. Grangé seine große silberne Medaille ertheilte, und von
der landwirthschaftlichen Gesellschaft zu Nancy, welche ihm eine
aͤhnliche Ehre erwies. Auch die Société d'encouragement zu Paris wird naͤchstens
ihr Urtheil uͤber diesen Pflug, welches wir seiner Zeit nachtragen
werden, bekannt machen. Man hat uͤbrigens, da Grangé, obwohl er
arm und mittellos ist, auf die Sicherung seiner Erfindung durch ein Patent
freiwillig Verzicht leistete, auch bereits eine Subscription fuͤr
denselben unter den Oekonomen veranstaltet. Moͤchte diese Art von
Belohnung, die gewiß am meisten aufmunternd wirkt, und die in neuerer Zeit in
England und Frankreich immer haͤufiger in Anwendung kommt, auch bei uns
Wurzel fassen.A. d. Ueb.
Aus dem Journal des connaissances usuelles. Junius
1833, S. 308.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Bericht uͤber den Pflug des Johann Joseph Grangé.
Schon seit einigen Monaten sieht man den neuen Pflug Grangé's in den Haͤnden vieler Landwirthe an der Mosel, an
der Meurthe und an der Meuse, und doch hat der Erfinder denselben erst im October
1832 zum ersten Male zu Bayon bei Luneville verfertigen lassen! Eine so
außerordentlich gute Aufnahme eines neuen landwirthschaftlichen Instrumentes spricht
um so mehr zu Gunsten desselben, als gerade in der Landwirthschaft bekanntlich jedes
neue Verfahren 10 Jahre braucht, um nur eine Meile Wegs vorwaͤrts zu kommen.
Die Untersuchung, in die wir nun hier eingehen wollen, wird, wie wir hoffen, das
Verdienst dieses Pfluges bestaͤtigen, der, wie uns scheint, sowohl in gut als
schlecht cultivirten Laͤndern, und hauptsaͤchlich bei solchen Bauten,
bei denen der Boden die Kraft von mehr als zwei Zugthieren erfordert, eine große
Umwaͤlzung in der Bestellungsart der Felder hervorbringen duͤrfte.
Wir muͤssen vorlaͤufig in Erinnerung bringen, daß ein unbestreitbarer
Vorzug der Pfluͤge ohne Vordergestell, der sogenannten Schwingpfluͤge
(araires), vor den Pfluͤgen mit Vordergestell
darin besteht, daß unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden weniger Kraft
verbraucht wird, um sie in Thaͤtigkeit zu sezen. Dieser Vortheil
haͤngt bloß von
dem Nichtvorhandenseyn des Vordergestelles ab, und ist von der mehr oder weniger
zwekmaͤßigen Einrichtung der Schar, des Streichbrettes oder des Pflugeisens
ganz unabhaͤngig. Der Grund hiervon ergibt sich, wenn man die Zertheilung der
Kraft an den Pfluͤgen mit Vordergestell erwaͤgt.
Damit naͤmlich alle von den Pferden ausgeuͤbte Zugkraft nuͤzlich
verwendet wuͤrde, muͤßte der Zug in einer geraden Linie von den
Schultern des Pferdes zum Haupte des Pfluges geschehen, oder die Zwischenpunkte
muͤßten wenigstens unbiegsam, und auf eine unwandelbare Weise in ihrer
Verbindung befestigt seyn. Dieß ist nun aber nicht der Fall; der Pflugbaum ist nur
durch den Druk, den die Zugkette ausuͤbt, auf dem Pflugstoͤkchen
festgehalten, und dieser Druk ist oft ein solcher, daß der Pflugbaum nicht selten
bricht, obwohl man denselben fast durchaus aus Eichenholz und selbst von 6 Zoll im
Durchmesser verfertigt. Ein anderer Nachtheil dieser Einrichtung ist jedoch
folgender: die Kette und jener Theil des Pflugbaumes, der sich von dieser Kette bis
zum Haupte erstrekt, bilden eine Kraft, die aber ihren Stuͤzpunkt nur in
ihrer Verbindung mit dem Pflugstoͤkchen durch den zweiten Theil des
Pflugbaumes findet. Dieser Stuͤzpunkt ist nun aber gerade der schlechteste,
den es geben kann, da er von dem zu uͤberwindenden Hindernisse, d.h. von dem
Boden, sehr weit entfernt ist. Hieraus folgt, daß, indem der oben Theil des
Pflugbaumes und das Haupt viel laͤnger sind, als der untere Theil, diese
beiden Theile ihren Stuͤzpunkt auf der Kette nehmen, und ihrerseits einen
Hebel auf dem Pflugstoͤkchen bilden. Diese beiden einander entgegengesezten
Wirkungen streben die Reibung der Raͤder auf dem Boden zu vermehren, und da
die leztere derselben staͤrker ist, als die erstere, so wuͤrde der
Pflug gar nicht in den Boden eindringen, wenn das Gleichgewicht nicht dadurch
hergestellt wuͤrde, daß der Arbeiter bestaͤndig auf die Sterzen
druͤkt, wo dann erst die uͤberschuͤssige Zugkraft auf den Boden
zu wirken beginnt. Wie viel Kraft hierbei rein verloren geht, wird Jedermann
erkennen, und dieser Verlust an Kraftaufwand ist auch die Ursache, warum der
Schwingpflug beinahe in allen gut cultivirten Laͤndern vorgezogen wurde.
Dieser Pflug hat jedoch, obschon an demselben eine unbiegsame Zuglinie von der
Schulter der Pferde ausgeht, um direct auf den Boden zu wirken, gleichfalls seine
Nachtheile. Der Pflugbaum kann naͤmlich, da er durch kein
Pflugstoͤkchen festgehalten wird, theils in Folge eines natuͤrlichen
Hindernisses, theils in Folge eines Seitensprunges der Pferde, theils in Folge einer
Unachtsamkeit des Arbeiters leicht nach Rechts oder Links ausweichen. Diesem Fehler
wird zwar durch die Laͤnge des Pflugbaumes zum Theil abgeholfen, und wenn der Arbeiter ein Mal
den Gang seines Instrumentes gut kennt, so wird er sich mit demselben weniger
muͤhsam arbeiten, als mit dem Pfluge mit Vordergestell. Allein dessen
ungeachtet ist hierbei eine stete und ununterbrochene Aufmerksamkeit des Arbeiters
noͤthig; seine Augen muͤssen bestaͤndig auf die Spize des
Pflugbaumes gerichtet seyn, damit er selbst den geringsten Abweichungen desselben
alsogleich abhelfen kann; auch muß der Arbeiter die gehoͤrige Gewandtheit und
Geschiklichkeit besizen. Der geringste Fehler endlich in dem Baue dieser
Pfluͤge macht, selbst wenn er fruͤher dem Auge kaum bemerklich war,
den Gang desselben sehr unregelmaͤßig und selbst unmoͤglich,
waͤhrend das Vordergestell diesen Maͤngeln zum Theil abhilft.
Dieß moͤchten wohl die Hauptursachen seyn, warum die sogenannten
Schwingpfluͤge weder in Frankreich noch in England allgemein angenommen
wurden. Ein Mangel, der beiden Arten von Pfluͤgen gemeinschaftlich zukommt,
ist der, daß der Arbeiter bestaͤndig an den Sterzen seines Pfluges verbleiben
muß. Es gibt zwar einige Pfluͤge, wohin z.B. der Versailler Pflug
gehoͤrt, bei denen der Arbeiter seine ermuͤdende Stellung fuͤr
einige Augenblike verlassen kann; allein selbst bei diesen muß er laͤngstens
nach einer oder zwei Minuten an seine Stelle zuruͤkkehren, und
uͤberdieß darf der Pflug unterdessen durchaus auf kein merkliches Hinderniß
gestoßen seyn. Ueberall und zu allen Zeiten, besonders aber in Frankreich seit den
lezten 30 Jahren, haben sich gewandte Mechaniker mit der Ausmittelung eines
Instrumentes beschaͤftigt, welches die Vorzuͤge der Pfluͤge mit
Vordergestell und jene der Schwingpfluͤge in sich vereinigte; alle sind sie
jedoch an dieser Aufgabe gescheitert. Einem einfachen Pflugknechte, dem Johann
Joseph Grangé von Harol, war es vorbehalten, bloß
durch sein natuͤrliches Talent und mittelst seiner unbeugsamen Ausdauer
dieses wichtige Problem zu loͤsen, und einen Pflug zu erfinden, der
waͤhrend des Pfluͤgens nicht von Menschenhaͤnden gelenkt zu
werden braucht.
Der Pflug Grangé's arbeitet wirklich von selbst;
der Arbeiter braucht naͤmlich nur die Hoͤhe des Pflugbaumes M, Fig. 1 und 2, mittelst eines durch
die Loͤcher der Pfosten C gestekten Bolzens und
die Laͤnge einer jeden der Ziehketten A je nach
der Tiefe und Breite, die er seinen Furchen geben will, zu reguliren; dann die
Pferde zu lenken, sie am Ende des Feldes anzuhalten, und dann einen leichten Druk
auf den Hebel P anzubringen, wodurch die Spize des
Pflugbaumes emporgehoben wird, so daß die Schar T aus
der Erde herausgehoben wird. Das Ende des Hebels wird hierbei in den Haken
U gebracht, und erst dann wieder frei gelassen, wenn die
Pferde am Anfange der neuen Furche angelangt sind.
Wenn die Neigung des Bodens den Arbeiter noͤthigt, dem Koͤrper des
Pfluges eine andere Stellung zu geben, so geschieht dieß mittelst eines Regulators
H, welcher an seinem unteren Ende auf der Achse,
uͤber die er um 8 Zoll hervorragt, befestigt ist. Dieser Regulator ist seiner
ganzen Hoͤhe nach mit loͤchern versehen, und geht gegen das linke Rad
durch das Pflugstoͤkchen. Dieses Pflugstoͤkchen ist nur mittelst der
Scharniergelenke Z an der Achse befestigt; man braucht
also, um das Streichbrett gegen die rechte Seite zu neigen, das
Pflugstoͤkchen nur an der linken Seite emporzuheben, und es mittelst zweier,
durch die Loͤcher des Regulators gestekter Bolzen auf der gewuͤnschten
Hoͤhe zu befestigen. Man meinte, daß es gut seyn wuͤrde, wenn man den
Koͤrper des Pfluges eben so auf die linke Seite neigen koͤnnte: eine
Modification, die sich, wie wir glauben, sehr leicht anbringen ließe. Man brauchte
naͤmlich zu diesem Behufe nur an der, rechten Seite einen zweiten Regulator
anzubringen; dann wuͤrde aber jeder der Regulatoren ein Kreissegment bilden,
dessen Radius in der Entfernung dieses Regulators von dem entgegengesezten Ende des
Pflugstoͤkchens sein Ende faͤnde. Die Zapfenloͤcher von diesem
wuͤrden leicht schraͤg eingeschnitten seyn.
Man sieht hieraus, daß sich die Arbeit des Pfluͤgers auf sehr wenig
beschraͤnkt, und daß selbst ein etwas verstaͤndiges Kind einen
gewandten und geuͤbten Arbeiter zu ersezen im Stande ist, und daß
saͤmmtliche, von Hrn. Orange in Anwendung gebrachte Mittel eben so einfach
als sinnreich sind. Doch darin besteht weder sein ganzes Verdienst, noch seine
Erfindung selbst; denn alles dieses sind nur Nebensachen.
Die Achse des Vordergestelles ist mit einem Stuͤke Holz von 5 Zoll
Hoͤhe, 4 Zoll Breite und 19 Zoll Laͤnge versehen. In dieses
Stuͤk Holz ist die Achse so eingefalzt, daß sich 4 Zoll von der Hoͤhe
des Holzes von Unten nach Oben an der Achse befinden. Auf diesem Stuͤke,
welches wir im Gegensaze mit dem beweglichen Pflugstoͤkchen das ruhende
Pflugstoͤkchen nennen wollen, ruht der Deichselhalter oder die Gabel L, des Vordergestelles. Diese Gabel hat
beilaͤufig die Form eines geoͤffneten Zirkels; doch folgt ihr rechter
Arm der Linie der Furche, waͤhrend sich der andere Arm merklich dem linken
Rade naͤhert, so daß er sich schief von seinem Vereinigungspunkte mit
ersterem Arme trennt, und dabei einen Winkel von beilaͤufig 20 Graden bildet.
Hieraus folgt, daß diese Gabel, deren Kopf 3 Zoll breit ist, waͤhrend jeder
Arm 2 Zoll Breite hat, an ihrem Ende eine Weite von 15 Zollen darbietet, welche bloß
durch die Abweichung des
linken Armes entsteht. Diese Einrichtung ist deßwegen noͤthig, damit der
Koͤrper des Pfluges der geoͤffneten Furche hinreichend
genaͤhert werden kann.
Unter dem linken Theile der Gabel, ungefaͤhr 8 Zoll von einer senkrechten,
durch den Mittelpunkt der Achse gehenden Linie entfernt, befindet sich eine Kette
G, welche mittelst eines starken Hakens an dieser
Gabel festgemacht ist. Unter dieser Kette befindet sich, auf gleiche Weise
befestigt, eine 7 Fuß lange und 2 Zoll dike Stange, welche unter dem ruhenden
Pflugstoͤkchen durchgeht, daselbst ihren Stuͤzpunkt hat, und auf dem
Griffe oder der Sterze I, auf der ihr zweites Ende
mittelst einer aͤhnlichen Kette befestigt ist, einen Hebel bildet.
Man wird hiernach wohl selbst einsehen, daß die Pferde beim Ziehen die Gabel und die
Achse emporzuheben trachten muͤssen, und daß sie dieselben auch wirklich nach
einer Linie emporheben wurden, die von den Schultern der Pferde an die Ferse des
Hauptes R liefe. Diese Wirkung wird aber zum Theil
verhindert, und zwar zuerst durch den Druk, welchen der Zug der Ketten A auf das Pflugstoͤkchen und mittelst des
Pflugbaumes M auf die Achse ausuͤbt, und dann
durch das Drukgewicht, welches mittelst der Ketten G und
D und des Hebels EF
durch die Sterze, deren Richtung durch jene des Pflugbaumes fixirt ist, von Unten
nach Oben auf die Gabel ausgeuͤbt wird. Es sind also alle Theile des Pfluges
durch Punkte gebunden, deren Anordnung das notwendige Resultat der gegenseitigen
Verhaͤltnisse ist, und die Wirkung des Zuges und der Widerstaͤnde,
welche das Instrument erleidet, beschraͤnkt sich darauf, diese Punkte
unveraͤnderlich und unbiegsam zu machen. Diese Unbiegsamkeit wird noch durch
den Hebel B verstaͤrkt. Dieser Hebel, der an
Kraft dem Hebel EF gleich ist, ist naͤmlich
mittelst eines Strikes BJ an der Stuͤze J befestigt, welche das Streichbrett S mit der Sterze vereinigt. Seinen Stuͤzpunkt
erhaͤlt er mittelst eines an dem rechten Pfosten C des Pflugstoͤkchens befestigten Hakens; er erhaͤlt die
Gabel L durch die Kette LB
in horizontaler Stellung, was besonders dann noͤthig ist, wenn der Zug der
Pferde eben aufgehoͤrt hat. Seine Wirkung ist eine doppelte; denn, da er
seinen Stuͤzpunkt auf einem breiten Pfosten hat, so hindert er den
Koͤrper, sich auf die rechte oder linke Seite zu werfen. Man sieht also, daß
die Harmonie der Theile nur mehr durch einen Druk auf den Hebel P aufgehoben werden kann.
Aus dem Gesagten laͤßt sich also mit der landwirthschaftlichen Gesellschaft zu
Nancy schließen, daß dieser Pflug wirklich wie ein sogenannter einfacher oder
Schwingpflug arbeitet, daß die Raͤder nur als Regulatoren bei dem Beginne der
Arbeit des Pfluges und zur Verhinderung des Schiefstehens desselben dienen, so zwar,
daß sie oft die Erde gar nicht beruͤhren. Der Theorie nach kann also ein
solcher Pflug nicht mehr Zug geben, als ein Schwingpflug, und wenn er in der Praxis
ja mehr gibt, so ist dieß lediglich der Einrichtung seines Pflugeisens, seiner Schar
und seiner Streichbretter zuzuschreiben. Wir bedauern daher, daß wir keine Versuche
uͤber die Zugkraft, welche dieser Pflug im Vergleiche mit jenem des Hrn. M.
de Dombasle vom Jahre 1832, beim Pfluͤgen
erfordert, anstellen konnten, eine Luͤke, die wir spaͤter noch
ausfuͤllen zu koͤnnen hoffen.
Vielleicht koͤnnte man den vollkommensten Pflug erhalten, wenn man de Dombasle'schen Schwingpflug vom Jahre 1832 mit dem
Vordergestelle und den Hebeln des Grange'schen Pfluges
verbaͤnde; denn ein auf diese Weise zusammengesezter Pflug wuͤrde, wie
uns scheint, die Vortheile dieses lezteren gewahren, ohne dabei eine groͤßere
Zugkraft zu erfordern, als ersterer. Wir legen diesem lezteren Umstande besondere
Wichtigkeit bei; man braucht nur Pfluͤge von verschiedener Bauart in einem
und demselben Boden arbeiten zu sehen, um sogleich zu bemerken, daß der eine zur
Ueberwindung eines und desselben Widerstandes einen groͤßeren Kraftaufwand
erfordert, als der andere, obwohl sich nur wenige von diesem großen Unterschiede
etwas genaue Rechenschaft zu geben wissen. Wir fuͤgen daher folgende Tabelle
einiger Versuche bei, welche von der landwirthschaftlichen Gesellschaft zu
Châteauroux angestellt wurden, und nach welchen jeder der erwaͤhnten
Pfluͤge auf jeden Kubikfuß gepfluͤgten Bodens die angegebene Menge
Kraft verbrauchte.
Textabbildung Bd. 50, S. 370
Geschwindigkeit per Minute. 1)
Pflug aus dem Berry, mit 4 Pferden bespannt; 2) Pflug Park von Versailles, mit 3
Pferden; 3) Belgischer Pflug von Polders, mit eisernem Streichbrette und mit 2
Pferden bespannt; 4) Gewoͤhnlicher belgischer Pflug, mit
hoͤlzernem Streichbrette und mit 2 Pferden; 5) Brabanter Pflug mit 2
Pferden; 6) Pflug des Hrn. Dombasle, nach einem alten Modelle, mit 2
Pferden
Reducirt man alle diese Geschwindigkeiten auf eine einzige, so ergibt sich:
daß der
erste
Pflug
eine Zugkraft von
10 Kilogr.
699 Gr.,
zweite
–
– –
6 –
173 –
dritte
–
– –
4 –
122 –
vierte
–
– –
4 –
861 –
fuͤnfte
–
– –
3 –
968 –
sechste
–
– –
3 –
646 –
erforderte.
Hieraus folgt also, daß der Pflug aus dem Berry, welcher die schlechteste Arbeit und
Pfluͤgung gibt, und der sogar Wurzeln und Staͤngel ganz und
unzerschnitten laͤßt, unter gleichen Umstaͤnden eine beinahe drei Mal
groͤßere Zugkraft erfordert, als der Pflug des Hrn. Dombasle, und doch ist der gewoͤhnliche Berry'sche Pflug leider
nicht bloß im Berry, sondern in vielen anderen Gegenden Frankreichs, und besonders
im mittaͤgigen Frankreich beinahe der allgemein gebraͤuchliche!
Erklaͤrung der Abbildung in Fig. 1 u. 2.
A sind die Zugketten, welche beilaͤufig 2 Fuß
lang sind. Sie sind mittelst eines Hakens an dem Ende der beiden Arme der Gabel L befestigt, und zwar sehr nahe an der Achse und an den
Raͤdern. Beide Ketten sind gleich. Eine groͤßere Breite kann man der
Furche geben, wenn man die linke Kette verkuͤrzt; die entgegengesezte Wirkung
findet hingegen Statt, wenn man die rechte Kette kuͤrzer macht.
B ist der Hebel, welcher die Deichselhaͤlter oder
die Gabeln traͤgt; er hat eine Laͤnge von 7 Fuß und eine Dike von 2
Zoll. Der vordere Theil, an welchem die Kette BL
haͤngt, ist 15 Zoll von dem Stuͤzpunkte entfernt, der sich selbst
wieder 6 Zoll hoch uͤber dem beweglichen Pflugstoͤkchen befindet.
C sind die Pfosten, welche 2 Fuß Hoͤhe, 2 1/2
Zoll Dike und 4 Zoll Breite haben, und welche in einer Entfernung von 3 Zoll 1 Linie
von einander durch Zapfenloͤcher in dem beweglichen Pflugstoͤkchen
befestigt sind. Sie werden oben durch ein Querholz O,
welches bloß durch Punkte angedeutet ist, in eben derselben Entfernung von einander
erhalten, und sind ihrer ganzen Laͤnge nach mit Loͤchern versehen,
welche im Verbande gestellt sind, und zur Aufnahme eines Bolzens dienen. Der rechte
Pfosten ist nur 3 Zoll weit von dem Ende des beweglichen Pflugstoͤkchens
entfernt.
DE ist die Widerstandskette.
EF, der Drukhebel von 7 Fuß Laͤnge und 2 Zoll
Dike.
G, die vordere Kette an diesem Hebel.
H, der Regulator des beweglichen Pflugstoͤkchens.
Mittelst dieses Regulators und zweier Bolzen, von denen der eine oberhalb, der
andere unterhalb des beweglichen Pflugstoͤkchens durch die Loͤcher des
Regulators gestekt
wird, kann das Pflugstoͤkchen, welches 15 Zoll lang und 7 Zoll hoch ist, nach
Belieben gehoben werden. In Folge hiervon neigen sich die beiden Pfosten gegen die
rechte Seite; der Pflugbaum, welcher unbeweglich zwischen den beiden Pfosten
befestigt ist, folgt dieser Bewegung, wodurch dieselbe dem ganzen Koͤrper des
Pfluges mitgetheilt wird.
I, die Sterze oder der Griff von 4 1/2 Fuß Laͤnge
und 2 oder 3 Zoll Dike, je nachdem der Theil mehr oder weniger weit von dem Haupte
entfernt ist. Sie bildet mit dem Pflugbaume, von Unten gemessen, einen Winkel von
45°. Das Zapfenloch, durch welches dieselbe mit dem Pflugbaume in Verbindung
steht, ist beilaͤufig 20 Zoll von dem Haupte entfernt.
J, die Stuͤze oder der Fuß.
K, der Regulator des Zuges.
L, der Deichselhaͤlter oder die Gabel von 3 Fuß
Laͤnge, 30 Linien Dike; ihr Kopf mißt 3 Zoll, die Entfernung der Arme von
einander 11 Zoll, und die Breite der Arme 2 Zoll.
M, der Pflugbaum, welcher 6 1/2 Fuß lang, 3 Zoll dik,
gegen die Sterze 4 und nach Oben bloß 3 Zoll hoch seyn muß. An jenem Theile, der
sich zwischen den Pfosten bewegt, ist derselbe mit einer Doppelung von
beilaͤufig 3 Zoll Dike auf 14 Zoll Laͤnge verstaͤrkt. Dieses
Stuͤk dient dazu, um dem Pflugbaume eine unwandelbar parallele Stellung mit
den Pfosten zu geben.
N, die Kette des oberen Hebels P.
O, das obere Querstuͤk der Pfosten C, welches nicht nur dazu dient, die Pfosten in einer
und derselben Entfernung von einander zu erhalten, sondern welches auch den
Stuͤzpunkt fuͤr den Hebel P bildet. Es ist
zu diesem Behufe in der Mitte so abgerundet, daß das Spiel des eisernen
Buͤgels 00, welcher durch Punkte angedeutet, und mittelst zweier Schrauben in
dem Hebel P befestigt ist, dadurch erleichtert wird.
P, der obere Hebel, dessen Laͤnge 2 1/2 Fuß auf 1
1/2 Zoll Dike betraͤgt. Der vordere Theil desselben, an welchem die Kettet
N haͤngt, ist, von dem Stuͤzpunkte aus
gerechnet, 14 Zoll lang.
R, das Haupt, welches unten mit einer starken
Eisenplatte besezt ist.
S, das Streichbrett.
T, die Schar.
U, der Haken des oberen Hebels P, welcher in einer Entfernung von 3 1/2, Fuß von dem Stuͤzpunkte
O in dem Pflugbaume befestigt ist, und der von dem
Pflugbaume aus gerechnet 11 Zoll hoch ist.
Y, das Pflugeisen.
Z, die Charniere des beweglichen
Pflugstoͤkchens.
Die Raͤder haben 2 Fuß im Durchmesser und 2 1/2 Fuß Geleisweite.
Die Commission sah spaͤter Hrn. Grangé mit
seinem Pfluge bei dem am 2. Junius zu Grignon gehaltenen Concurse fuͤr
Pfluͤge und Pfluͤger arbeiten. Der Pflug war mit zwei Pferden
bespannt, arbeitete in einem ziemlich schweren sandigen Thone 9 Zoll tief mit
groͤßter Leichtigkeit, und gab Furchen von 13 Zoll Breite. Grangé trat hier nicht als Concurrent auf, weil er
die Pferde, die man ihm gab, nicht kannte. Bei diesem Concurse zeigte sich aber die
oben aufgestellte Bemerkung bestaͤtigt, denn den ersten Preis erhielt Hr. Pluchet, der mit einem Pfluge arbeitete, welcher aus
einem Schwingpfluge und einem Brabanter Vordergestell zusammengesezt war, und der
bei den Messungen mit dem Dynamometer durchaus keine groͤßere Zugkraft
zeigte, als sie bei dem Schwingpfluge noͤthig ist. Eben dieß wird also auch
bei dem nach unserer Angabe modificirten Pfluge der Fall seyn, weil auch an diesem
das Vordergestell, welches auf eine unbiegsame Weise mit dem Koͤrper des
Pfluges verbunden ist, nur als Regulator dient: Wir haben uns davon
uͤberzeugt, daß die Raͤder oft den Boden gar nicht beruͤhrten.
Die Erfindung Grangé's verdient uͤbrigens
noch um so mehr Lob und Empfehlung, als dieselbe bei ihrer Einfachheit an jedem
Pfluge mit sehr geringen Kosten, und bei einem Pfluge mit Vordergestell selbst
fuͤr 15 Franken angebracht werden kann.