Titel: Bericht des Hrn. Francoeur über eine von Hrn. Gourdin, Uhrmacher zu Mayet, Département de la Sarthe, erfundene Uhr.
Fundstelle: Band 50, Jahrgang 1833, Nr. XCV., S. 426
Download: XML
XCV. Bericht des Hrn. Francoeur uͤber eine von Hrn. Gourdin, Uhrmacher zu Mayet, Département de la Sarthe, erfundene Uhr. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Junius 1833, S. 169. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Bericht uͤber Gourdin's erfundene Uhr. Hr. Gourdin machte sich's zur Aufgabe, an den Thurm- und Schloßuhren einige Verbesserungen anzubringen, und erfand dabei ein System, welches sich eben so gut auch an den Schlaguhren fuͤr Zimmer anbringen laͤßt. Das Modell, welches Hr. Gourdin der Gesellschaft vorlegte, ist naͤmlich zu diesem lezten Zweke bestimmt, indem er an demselben auch Zifferblaͤtter anbrachte, welche das Datum, den Tag der Woche und die Mondsphasen angeben. Da jedoch diese lezteren Mechanismen nichts Neues darbieten, so beschraͤnken wir uns hier auf eine Untersuchung der vorzuͤglicheren und neuen Theile der Uhr des Hrn. Gourdin. Hr. Gourdin laͤßt naͤmlich fuͤr die halben Stunden nicht einen einzigen Schlag schlagen, sondern sezt zu diesem Behufe zwei Haͤmmer in Bewegung, von denen jeder auf eine eigene Gloke schlaͤgt. Es ist bekanntlich sehr unbequem, daß man des Nachts, wenn die Uhr nur einen einzigen Schlag macht, nicht weiß, ob dieß ein Uhr Morgens oder die vorhergehende oder folgende halbe Stunde oder endlich irgend eine andere halbe Stunde bedeutet. Diese Unannehmlichkeit findet zwar an den Jura-Uhren, an welchen die ganzen Stunden zwei Mal hinter einander, die halben Stunden aber nur ein einziges Mal geschlagen werden, nicht Statt; doch findet man sie wieder an den Wanduhren. Der Apparat, nach welchem die halben Stunden von zwei Haͤmmern auf zwei Gloken geschlagen werden, ist also unstreitig von Nuzen, und um so schaͤzenswerther, als der zu diesem Zweke dienende Mechanismus einfach und neu ist. Die Thurm- und groͤßeren Pendeluhren sind mit zwei verschiedenen Kraͤften ausgestattet, von denen die eine dem Gehwerke, die andere dem Schlagwerke zukommt; hieraus folgt also, daß die Uhr zwei Mal aufgezogen werden muß. Die oͤffentlichen Uhren sind auch beinahe immer mit zwei Treibgewichten versehen, welche zu gewissen Zeiten aufgezogen werden muͤssen. Die Zwischenzeit von einem Aufziehen bis zum naͤchsten betraͤgt manch Mal mehrere Tage, gewoͤhnlich aber nur 24 Stunden, so daß man die Uhren also taͤglich aufziehen muß. Diese Dauer haͤngt von der Hoͤhe des Falles des Treibgewichtes ab, welches Gewicht, wenigstens fuͤr das Schlagwerk, von bedeutender Schwere seyn muß, indem dadurch die Haͤmmer, deren Gewicht mit jenem der Gloken im Verhaͤltnisse steht, emporgehoben werden muͤssen. Man kann aber das Herabsinken der Gewichte nicht durch Flaschenzugrollen langsamer von Statten gehen machen, ohne daß man gezwungen waͤre, sehr große Gewichte oder einen sehr hohen Fall anzuwenden. Hr. Gourdin suchte nun das Treibgewicht des Schlagwerkes zum Aufziehen des Treibgewichtes des Gehwerkes zu benuzen. Hiernach wird jedes Mal, so oft die Haͤmmer spielen, ein Theil der Kraft, welche dieselben in Bewegung sezte, zum Aufziehen jenes Gewichtes, welches das Gehwerk treibt, verwendet. Waͤhrend nun dieß geschieht, waͤre das Gehwerk der Einwirkung keiner Kraft mehr ausgesezt, so daß man Gefahr liefe, daß dasselbe still stehen, oder wenigstens langsamer, als gewoͤhnlich, gehen moͤchte. Damit dieß jedoch nicht geschehen koͤnne, hat der Erfinder eine Aushuͤlfs-Treibfeder angebracht, welche genau bloß waͤhrend der kurzen Zeit, waͤhlend welcher das Spiel des Schlagwerkes das Treibgewicht des Gehwerkes emporhebt, in Thaͤtigkeit kommt. Dieser leztere Mechanismus wird zwar in der Uhrmacherkunst schon seit sehr langer Zeit benuzt; allein das Verfahren, nach welchem das Gewicht des Gehwerkes durch die Thaͤtigkeit des Schlagwerkes aufgezogen wird, scheine uns neu und gut ausgedacht zu seyn. Die Schlaguhren fuͤr Saͤle etc. koͤnnten sehr wohl mit dieser nuͤzlichen Erfindung ausgestattet werden; man braucht dann immer nur eine einzige Trommel aufzuziehen, um sowohl das Geh- als Schlagwerk in Thaͤtigkeit zu sezen. Und will man die Idee, das Gehwerk durch ein Gewicht in Bewegung zu bringen (was bei den Wanduhren unangenehm waͤre), aufgeben, so ließe sich dieses Gewicht ja sehr leicht durch eine Trommel ersezen, welche jedes Mal, so oft das Schlagwerk arbeitet, durch die Trommel des Schlagwerkes aufgezogen wuͤrde. Man muß jedoch gestehen, daß die Kraͤfte dieser beiden Federn besondere Verhaͤltnisse, auf welche Hr. Gourdin keine Ruͤksicht genommen hat, erfordern wuͤrden. Hr. Gourdin hat außerdem noch einen Mechanismus angegeben, der sich nicht nur an Uhren, sondern in allen Faͤllen anwenden laͤßt, in welchen man zwei von einander entfernte Stuͤke ohne Winkelraͤder in Bewegung sezen will. Dieser Mechanismus, welcher gut arbeiten muß, indem sich keine Ursache einer Stoͤrung seiner Bewegung entdeken laͤßt, wird aus der Beschreibung und Abbildung deutlich werden. Die Commission schlaͤgt vor, Hrn. Gourdin den Dank der Gesellschaft auszudruͤken, und seine Erfindungen durch den Druk bekannt zu machen. Erklaͤrung der Abbildung. Fig. 11 ist ein Aufriß der Uhr. Fig. 12 ist ein senkrechter Durchschnitt eines Theiles des Mechanismus des Schlagwerkes. Fig. 13 ist ein Grundriß der Uhr mit abgenommenen Gloken. Fig. 14 ist der Mechanismus, der den zweiten Durchgang des auf dem Stundenrade befestigten Zapfens aufhebt. Fig. 15 und 16 zeigen die Details des Mechanismus, welcher das Gewicht des Gehwerkes durch den Cylinder des Schlagwerkes aufzieht. Fig. 17 ist die Ausloͤsung, welche den Hammer, der die halben Stunden schlaͤgt, in Bewegung sezt. An allen Figuren beziehen sich gleiche Buchstaben auch auf gleiche Gegenstaͤnde. A ist das große Zifferblatt fuͤr die Stunden und Minuten. B das Zifferblatt fuͤr die Wochentage. C das Zifferblatt, welches die Mondsphasen andeutet. D das Zifferblatt, welches das Datum anzeigt. E, F, G ist der Mechanismus, der den zweiten Durchgang des auf dem Stundenrade befestigten Zapfens a aufhebt, indem dieser Zapfen den Datumzeiger innerhalb 24 Stunden nur ein Mal bewegen darf. 1. Von dem Aufziehapparate, Fig. 15 u. 16. H ist ein Cylinder oder ein Haspel, der sich um seine Achse hh dreht, und der zur Aufnahme der Schnur des Treibgewichtes dient. M, ein Sperrrad, welches an den Triebstok N genietet ist; dieser Triebstok dreht sich um die Achse b, und hat eine Versezungsbewegung von Rechts nach Links. P P' ist die Ausloͤsung oder der Aushebhebel, welcher sich an dem Vorsteker c bewegt. Sein oberer Theil P' tritt in eine Kehle d, welche an dem kanonenartig verlaͤngerten Ende des Triebstokes N angebracht ist. e ist ein Zahn dieser Ausloͤsung, welcher in einen der Einschnitte g des Kappchens oder Zaͤhlrades f eingreift. Man wird hieraus ersehen, daß, wenn man die Ausloͤsung mit ihrem Theile P' von Rechts nach Links gleiten macht, das Zahlrad dieser versezenden Bewegung folgen wird. Der Triebstok N ist so lang, daß er mit dem zweiten Schlagwerksrade N', welches ihn fuͤhrt, hierbei nicht außer Beruͤhrung kommt. Dieser Mechanismus arbeitet nun auf folgende Weise. Wenn sich das Schlagwerk zum Schlagen einer Stunde bewegt, so dreht sich das Kronsperrrad M, indem dasselbe von dem zweiten, in den Triebstok N eingreifenden Rade N' gefuͤhrt wird. Dann stoͤßt der Ausschnitt g, dessen Grund schraͤg zugeschnitten ist, den Zahn e der Ausloͤsung zuruͤk, wodurch das Kronsperrad M los und frei wird. In demselben Augenblike bewegt sich die Ausloͤsung P' von der Rechten zur Linken, und treibt dabei das Kronsperrad M gegen den Cylinder, wo es von dem Zahne J angehalten wird. Wenn nun dieses Rad auf diese Weise mit dem Cylinder oder Haspel H solidarisch gemacht worden, so windet sich, so lange die Stunde schlaͤgt, die Schnur auf diesen lezteren auf. Waͤhrend dieses Durchganges wird der Zahn e der Ausloͤsung von einer Feder leicht gegen den zwischen dem ersten und zweiten Ausschnitte befindlichen Rand des Rades f angedruͤkt, um sogleich, wie sich dieser leztere Ausschnitt darbietet, in denselben einzufallen, und zwar durch die Wirkung einer Feder, die die Ausloͤsung an ihre Stelle zuruͤkzufuͤhren strebt. Dann tritt der obere Theil der Ausloͤsung zuruͤk, und nimmt dabei das Rad M, welches sich von dem Cylinder H losmacht, mit sich. Auf diese Weise wird nun das Treibgewicht aufgezogen, und diese Wirkung erfolgt jedes Mal, so oft die Uhr eine Stunde schlaͤgt, und da die Uhr mit einem Huͤlfsgesperre versehen ist, so wird der Gang des Gehwerkes der Uhr nie unterbrochen. Hieraus ergibt sich, daß das Treibgewicht des Gehwerkes so lange regelmaͤßig aufgezogen seyn wird, als dieß auch mit dem Schlagwerke der Fall ist, und daß alle Stunden regelmaͤßig geschlagen werden. Denn im entgegengesezten Falle wuͤrde die Uhr stehen bleiben, wenn die Schnur ganz abgewunden waͤre, was dann geschehen wuͤrde, wenn die Uhr einige Stunden zu schlagen unterließe. Wuͤrde die Uhr aber mehr als die noͤthigen Stunden schlagen, so wuͤrde sie gleichfalls stehen bleiben; weil das Treibgewicht des Gehwerkes in diesem Falle durch das Schlagwerk zu oft aufgewunden, und auf eine solche Hoͤhe gelangen wuͤrde, daß es von dem unteren Theile des Uhrgehaͤuses oder irgend einem anderen Punkte festgehalten wuͤrde. Diesem lezteren Uebelstande hat Hr. Gourdin durch ein eben so einfaches als sinnreiches Mittel abgeholfen. Die Ausloͤsung IJL, Fig. 16, erfuͤllt naͤmlich diesen Zwek. Diese Ausloͤsung paßt in einen in dem Cylinder H, Fig. 15 angebrachten Falz, und bewegt sich um einen Stift oder Vorsteker, der an dem Punkte L in dem Cylinder befestigt ist. Im Grunde des Falzes befindet sich eine Feder, welche die Ausloͤsung von I bis J immer auf gleicher Hoͤhe mit dem Cylinder erhaͤlt. Wenn nun die Schnur aufgerollt wird, und an dem Punkte I anlangt, so wird dieses Ende der Ausloͤsung in Folge des Drukes der Schnur und des daran aufgehaͤngten Gewichtes herabgedruͤkt, wo sich dann der Zahn J von dem Rade M losmacht, so daß sich dieses mit dem Schlagwerke drehen kann, ohne dabei den Cylinder zu beruͤhren. Dieses Spiel des Mechanismus tritt jedes Mal ein, so oft das Schlagwerk das Treibgewicht des Gehwerkes zu hoch emporhebt, und so oft die Schnur bis an den Punkt I der Ausloͤsung IJL gelangt. Eben dasselbe findet auch Statt, wenn das Schlagwerk abgewunden werden muß, um es mit den Zeigern des Zifferblattes oder mit der zu schlagenden Stunde in Uebereinstimmung zu bringen, ohne daß dadurch im Gange des Gehwerkes irgend eine Stoͤrung entsteht, und ohne daß sich das Gewicht weder hoͤher heben, noch weiter herabsinken kann. Denn wuͤrde die Schnur den Punkt I der Ausloͤsung nicht laͤnger beruͤhren, so wuͤrde das Schlagwerk das Rad M sogleich wieder durch den Zahn J mit dem Cylinder verbinden, damit es denselben sogleich wieder verlassen koͤnnte, wenn das Seil neuerdings wieder bis zu dem Punkte I gelangt waͤre. In diesem Falle befaͤnde sich das Treibgewicht waͤhrend der ganzen Zeit, die noͤthig ist, um das Schlagwerk auf die noͤthige Stunde zu stellen, beinahe immer auf dem Maximum seiner Hoͤhe. 2) Vor dem Schlagwerke der ganzen und halben Stunden auf zwei verschiedenen Gloken. R, Fig. 17 ist eine Ausloͤsung, welche die Aushebung (lévée) h des Hammers in die Zapfen des Rades N' eingreifen macht. Der Mittelpunkt der Bewegung dieser Ausloͤsung befindet sich an dem Zapfen k; in Bewegung wird sie durch das Zaͤhlrad f gesezt. Ihr oberes Ende ist in Form eines Kinnes r zugeschnitten, und ihr unteres Ende m stemmt sich gegen einen der Zapfen der Achse n, auf welcher die Aushebung h befestigt ist. An dem Zaͤhlrade f befinden sich 12 Zapfen oder Stifte, und diese Stifte sind dazu bestimmt durch Vermittelung der Hebel p, t, des Messingdrahtes q, und des Hammers u die zwoͤlf halben Stunden auf die zweite Gloke O zu schlagen. Wenn naͤmlich einer dieser Zapfen oder Stifte auf der schiefen Flaͤche des Kinnstuͤkes r vorwaͤrts schreitet, so entfernt sich der obere Theil der Ausloͤsung, waͤhrend der untere Theil m, indem er sich gegen die Achse n stemmt, diese aus der Stelle treibt, und dadurch die Aushebung h in einen der Zapfen des Rades N' eingreifen macht. Ist ein Schlag geschlagen, so wird der Zapfen des Zaͤhlrades f wieder los, indem er uͤber die schiefe Ebene des Kinnstuͤkes r hinausgeht. In diesem Falle wird die Aushebung h gleichfalls von den Zapfen oder Stiften des Rades N' frei, um wieder seine fruͤhere Stellung einzunehmen, so wie dieß auch die Ausloͤsungen in Folge der Wirkung einer Feder x thun, welche die Ausloͤsung von Links nach Rechts zu treiben streben. 3) Von der Verbindung ohne Winkelraͤder. Die Verbindung der Zifferblaͤtter BCD geschieht an der Uhr des Hrn. Gourdin mittelst der Hebel S, s, T, deren Ende, indem es in die Zaͤhne der Sperrraͤder loz eingreift, diese Raͤder in gehoͤrigem Maße umdreht. V ist die aͤußere oder die große Gloke, auf welche der Stundenhammer v schlaͤgt. X ist der Windfang.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    VII
Tab. VII